Benelux und Bereicherungsrecht: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Liane Schmiedel]]''
von ''[[Sonja Meier]]''
== 1. Begriff und Geschichte ==
== 1. Grundgedanken ==
Benelux ist zum einen die Kurzbezeichnung für die geographische Region der Länder Belgien, Niederlande (''Nederlanden'') und Luxemburg. Mit Benelux wird jedoch zugleich auch die zwischen diesen Ländern mit Vertrag vom 3.2.1958 ins Leben gerufene ''L’Union Economique Benelux'' (''Benelux Economische Unie'', hier: Benelux-Wirtschaftsunion) sowie der Vertrag ''L’Traité Union Economique'' Benelux (''Benelux Unieverdrag'' – hier: UV) selbst bezeichnet.
„Es entspricht der natürlichen Gerechtigkeit, dass niemand sich zum Nachteil eines anderen unrechtmäßig bereichern darf.“ Dieser dem römischen Juristen ''Pomponius'' zugeschriebene Satz (D. 12,6,14 und D. 50,17,206) ist heute überall in Europa anerkannt. Überall gibt es auch Rechtsbehelfe, mit denen Vermögensverschiebungen, die vom Recht nicht gebilligt werden, korrigiert werden können. Über die Funktion des ''Pomponius''-Satzes herrscht freilich bis heute keine Einigkeit. Handelt es sich um eine schlichte Billigkeitsmaxime oder umgekehrt um eine konkretisierbare und damit unmittelbar anwendbare Rechtsregel? Der Furcht vor einer uferlosen Billigkeitsjurisprudenz hat dabei stets das Bestreben gegenübergestanden, die bestehenden Ansprüche auf Herausgabe eines erlangten Vermögensvorteils systematisch zu erfassen und in ihren Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen miteinander abzustimmen. Heute wird der ''Pomponius''-Satz entweder als Rechtsregel oder doch zumindest als Rechtsprinzip anerkannt, das die anerkannten Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken bringt und auch zur Begründung neuer Rückforderungsansprüche herangezogen werden kann.


Aufgrund der gemeinsamen politischen Geschichte der beteiligten Länder entstand schon Anfang des vorigen Jahrhunderts die Idee einer verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Durch den Abbau von Zöllen und Handelsbeschränkungen sowie eine gemeinsame Außenhandels- und Finanzpolitik sollte der Aufbau der, unter anderem vom Ersten Weltkrieg stark geschädigten, Wirtschaft beschleunigt werden. Bereits am 25.7.1921 wurde daher der Vertrag über eine Wirtschafts- und Währungsunion zwischen Belgien und Luxemburg (''Union Economique Belgo-Luxembourgeoise'' – UEBL) unterzeichnet, der bis heute gilt (zuletzt verlängert 2002). Durch diesen Vertrag wurde zwischen Belgien und Luxemburg eine Freihandelszone mit einer einheitlichen Zollgrenze nach außen geschaffen und in der Folge 1944 die beiden Währungen zusammengeschlossen. Daneben einigten sich bereits 1932 Belgien und Luxemburg mit den Niederlanden in der Konvention von Ouchy auf eine Senkung der Handelstarife, die jedoch aufgrund der Widerstände von Drittstaaten gegen die einseitige Begünstigung nicht umgesetzt werden konnte. Erst 1944 kam es schließlich zur Gründung der Benelux-Zollunion, aufgrund derer am 1.1.1948 die innergemeinschaftlichen Zölle abgeschafft wurden und ein gemeinsamer Außenhandelstarif in Kraft trat. Die Bemühungen zu einer vollständigen Wirtschaftsunion wurden fortgesetzt und führten 1949 zur Gründung einer Vorunion. Weitere Verträge auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit folgten, bis 1958 schließlich der Benelux-Vertrag, der zum 1.11.1960 in Kraft trat, abgeschlossen wurde.
== 2. Gemeinrechtliche Bausteine ==
Das römisch-gemeine Recht kannte keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch, wohl aber eine Reihe von Klagen, die sich auf die Herausgabe eines Vermögensvorteils richteten, den der Beklagte (im Folgenden: der Bereicherte) in irgendeiner Weise auf Kosten des Klägers (im Folgenden: der Entreicherte) erlangt hatte. In der gemeinrechtlichen Wissenschaft wurden sie von Anfang an mit dem Bereicherungsverbot des ''Pomponius'' in Verbindung gebracht.


== 2. Gegenstand der Benelux-Wirtschaftsunion ==
Rechtsgrundlose oder fehlgeschlagene Leistungen konnten mit der ''condictio indebiti'' oder anderen Kondiktionen zurückgefordert werden ([[Leistungskondiktion]]). Die ''condictio'', etwa in Gestalt der ''condictio sine causa'' oder ''ex iniusta causa'', erfasste aber auch Fälle, in denen eine Sache des Entreicherten nicht durch seine Zuwendung, sondern auf andere Weise, etwa durch einen Naturvorgang oder einen Dritten, in das Vermögen des Bereicherten geraten war und ein rechtlicher Grund dafür, das Empfangene behalten zu dürfen, fehlte. Einen Sonderfall betraf die ''condictio furtiva'', die gegen einen Dieb und seine Erben erhoben werden konnte und sich auf die Sachrückgabe oder auf Wertersatz richtete.
Durch diesen Vertrag wurde zwischen den Ländern zunächst eine Wirtschaftsunion errichtet (Art. 1(1) UV). Die Union umfasst die Koordination der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik der beteiligten Länder sowie eine gemeinschaftliche Außenwirtschaftspolitik. Innerhalb der Länder wurde zudem ein freier Binnenmarkt geschaffen. Der Personen-, der Waren-, der Kapital- und der Dienstleistungsverkehr (Art. 2-5 UV) wurden von allen zwischenstaatlichen Beschränkungen freigestellt. Hinsichtlich der Personen und der Güter galt nunmehr der Gleichbehandlungsgrundsatz. Die gemeinsame Außenwirtschaftspolitik umfasst einen gemeinsamen Zolltarif sowie die Festlegung gemeinschaftlicher Ein- und Ausfuhrkontingente (Art. 11 UV). Im Verhältnis zu Drittstaaten sollte auch im Übrigen eine gemeinsame Handelspolitik, unter anderem durch den gemeinschaftlichen Abschluss entsprechender Verträge (Art. 10 UV), verfolgt werden. Des Weiteren wurde in Art. 12 UV eine koordinierte Währungspolitik vorgesehen, die nach dem Zusammenbruch des ''Bretton Woods''-Systems 1971 zur Einführung eines festen Wechselkursmechanismus zwischen den Staaten führte. Mit Abschluss des Protokolls zur Beseitigung von Kontrollen und Formalitäten an den Binnengrenzen sowie von Behinderungen des freien Verkehrs von 1960 und der Konvention über die Vereinheitlichung des Zollgebiets der Benelux von 1969 gab es zwischen den Ländern praktisch keine Handelsbeschränkungen mehr. Die Benelux-Wirtschaftsunion war damit der erste vollkommen freie internationale Wirtschafts- und Arbeitsraum.


== 3. Institutioneller Charakter und Organe der Benelux-Wirtschaftsunion ==
In anderen Fällen arbeitete man mit einer analogen Geschäftsführerklage (''actio negotiorum gestorum utilis''): Scheiterte bei der [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag]] (GoA) der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers daran, dass er das fremde Geschäft zum eigenen Vorteil geführt hatte, konnte er den Geschäftsherrn zumindest insoweit in Anspruch nehmen, als dieser durch die Geschäftsführung bereichert war. Auf diese Weise war es möglich, demjenigen zu helfen, der gut- oder bösgläubig Verwendungen auf fremdes Eigentum gemacht hatte. Umgekehrt konnte der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer analog herangezogen werden, um einen Erlösherausgabeanspruch zu begründen, wenn der Bereicherte gutgläubig fremdes Eigentum an einen Dritten veräußert hatte.
Die Benelux-Wirtschaftsunion besitzt Rechtspersönlichkeit soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist (Art. 95 UV), jedoch soll sie nach dem Willen der Gründungsstaaten keine Völkerrechtspersönlichkeit besitzen. Ihren Organen ist keine Handlungskompetenz gegenüber Drittstaaten eingeräumt. Neben der Benelux-Wirtschaftsunion besteht die UEBL, innerhalb derer ebenfalls bereits ein gemeinsamer Binnenmarkt verwirklicht wurde, gemäß Art. 94 UV fort, soweit sie eine engere Kooperation darstellt. Der Vertrag über die Gründung der Zollunion von 1944 wurde dagegen aufgehoben.


Anders als die [[Europäische Gemeinschaft]] (EG) ist die Benelux-Wirtschaftsunion keine supranationale Organisation, sondern lediglich eine intergouvernmentale Struktur. So können zum einen Entscheidungen innerhalb der Benelux-Wirtschaftsunion nicht gegen den erklärten Willen der Mitgliedstaaten getroffen werden (Art. 18 UV), zum anderen sind die Befugnisse der Organe äußerst schwach ausgeprägt. Des Weiteren richten sich die innerhalb der Benelux getroffenen Maßnahmen grundsätzlich nur an die Mitgliedstaaten und bedürfen der Umsetzung in nationales Recht. Unmittelbar die Bürger der Mitgliedstaaten bindende Maßnahmen sind nicht vorgesehen. Die Verträge und Abkommen, die zur Durchsetzung der Ziele geschlossen werden, bedürfen ebenfalls jeweils der Ratifikation durch die Nationalparlamente.  
Eine wichtige Rolle spielte schließlich die ''actio de in rem verso''. Ursprünglich betraf sie Fälle, in denen ein Gewaltunterworfener Verträge mit Dritten geschlossen hatte. Als funktionaler Ersatz für die nicht anerkannte [[Stellvertretung]] erlaubte sie dem Dritten, den Prinzipal insoweit in Anspruch zu nehmen, als die Leistung des Dritten an den Gewaltunterworfenen dem Prinzipal zugute gekommen war. Später wurde sie auf Fälle erweitert, in denen ein Gewaltfreier im Interesse eines Dritten kontrahierte: Gewährte A ein Darlehen an B, der unerkannt für C handelte, konnte A Rückzahlung von C verlangen, soweit B die Darlehenssumme an diesen weitergeleitet hatte. Diese ''actio in rem verso utilis'' richtete sich auf die erhaltene Bereicherung und wurde im 18. Jahrhundert auch auf Zweipersonenfälle ausgeweitet, etwa wenn an einen Minderjährigen geleistet wurde, der Vertrag mangels Zustimmung des Vormunds unwirksam war und die Kondiktion gegen den Minderjährigen wegen der mit ihr verbundenen strengen Haftung ausschied ([[Leistungskondiktion]]). Die Versionsklage des ''usus modernus'' kam immer dann in Betracht, wenn das Vermögen des Beklagten direkt oder indirekt durch Aufwendungen des Klägers vermehrt worden war, und bildete damit in vielen Rechtsordnungen den Grundstein eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs.


Das höchste Organ der Benelux-Wirtschaftsunion ist das Ministerkomitee, das aus je drei Regierungsmitgliedern der beteiligten Länder gebildet wird. In ihm werden zum einen die Beschlüsse zur Ausführung der Verträge und Protokolle getroffen (Art. 16 UV), daneben obliegt es ihm, die Wirtschaftsverträge zwischen den Benelux- und Drittstaaten zu entwerfen und auszuhandeln. Unterzeichnet werden diese Verträge jedoch von Vertretern der Staaten, nicht vom Ministerkomitee selbst. Schließlich kommen ihm organisatorische Befugnisse gegenüber den weiteren Organen der Benelux-Wirtschaftsunion und das Recht zur Einsetzung von gemeinsamen Dienststellen, Arbeitsgruppen und Ausschüssen zu. Als Mittel der Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung in der Benelux-Wirtschaftsunion sind bindende Beschlüsse und nicht bindende Empfehlungen des Ministerkomitees vorgesehen.  
Es waren die spanischen Spätscholastiker des 16. Jahrhunderts ([[Scholastik]]), die erstmals die gemeinrechtlichen Bausteine zu einer allgemeinen Bereicherungsklage zusammenfügten. Im Rahmen nichtrechtsgeschäftlicher Verbindlichkeiten unterschied man zwischen außervertraglichen Ansprüchen auf Ersatz eines eingetretenen Schadens einerseits und Bereicherungsansprüchen auf Auskehr eines empfangenen Vorteils andererseits, ein Gedanke, der von der Naturrechtslehre ([[Naturrecht]]) aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.


Zentrales Administrativorgan ist das Generalsekretariat in Brüssel. Es koordiniert die Arbeit der einzelnen Stellen und ist verantwortlich für die verwaltungstechnische Umsetzung. Weitere Organe sind der Rat der Wirtschaftsunion (Unionsrat) sowie der interparlamentarische Rat (Benelux-Parlament). Der Unionsrat kooridiniert die Arbeit der sieben Ausschüsse (Außenhandel, Finanzen, Industrie und Handel, Landwirtschaft, Zölle und Steuern, Verkehr, Soziales) und fünf Sonderausschüsse (Statistik, Haushalt, Ausschreibungen, Gesundheit, Mittelstand), die gemäß Art. 28 und 29 UV für die Arbeit in den einzelnen Politikfelder der Union eingesetzt sind, und besitzt ein Vorschlagsrecht für Maßnahmen zur Umsetzung des Unionsvertrages. Er setzt sich aus hohen Beamten der Ministerien der jeweiligen Länder zusammen. Das Benelux-Parlament, das aus 49 Abgeordneten besteht, wird ausschließlich als beratendes Gremium tätig. Es kann Entschließungen zu Fragen der Benelux-Wirtschaftsunion, der kulturellen Annäherung, der außenpolitischen Zusammenarbeit und der Rechtsvereinheitlichung treffen, ist jedoch nicht direkt an der Beschlussfassung und den Verträgen beteiligt. Es besteht allerdings eine ständige Übung der Regierungen, das Benelux-Parlament regelmäßig vor dem Abschluss von Verträgen und Abkommen anzuhören. Als weiteres beratendes Organ ist daneben momentan noch der Wirtschafts- und Sozialbeirat, zusammengesetzt aus Vertretern der ökonomischen und sozialen Betriebsorganisationen der einzelnen Länder, vorgesehen.
== 3. Das Bereicherungsrecht der Kodifikationen ==
Positivrechtlicher Anknüpfungspunkt für einen allgemeinen Bereicherungsanspruch war häufig die gemeinrechtliche Versionsklage, die auch in das preußische [[Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten|ALR]] und das österreichische [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] aufgenommen wurde. In Frankreich lehnte der Gesetzgeber eine Aufnahme in den ''Code civil'' ab, weil er meinte, mit der ''condictio'' ''indebiti'' und den analogen Geschäftsführungsklagen auskommen zu können, doch die Versionsklage wurde hier als allgemeiner Bereicherungsanspruch von der Rechtsprechung im berühmten ''Boudier''-Urteil 1892 eingeführt (Cass. req., 15.6.1892, DP 1892, 1, 596). Rechtsordnungen, die in der Tradition der Versionsklage stehen (neben den genannten etwa auch das spanische, italienische und niederländische Recht), unterscheiden auch heute zwischen der ''condictio'' ''indebiti''/''sine'' ''causa'' als Rückforderungsanspruch bei rechtsgrundlosen Leistungen einerseits und dem allgemeinen Bereicherungsanspruch andererseits. Dieser setzt in der Regel eine Bereicherung des Anspruchsgegners, eine korrespondierende Entreicherung des Anspruchstellers, einen Kausalzusammenhang sowie das Fehlen eines rechtlichen Grundes voraus und ist zumeist subsidiär zu anderen möglichen Ansprüchen. Grundsätzlich ist der Anspruch auf die Auskehr der Bereicherung gerichtet; in den Niederlanden nimmt er die Form eines durch die Bereicherung des Anspruchsgegners begrenzten Schadensersatzanspruchs an. Die Leistungskon- diktion wird manchmal als ein aliud, zunehmend aber als ein Spezialfall des allgemeinen Bereicherungsanspruchs verstanden.


Für Streitigkeiten zwischen den Ländern über die Auslegung der Verträge und Beschlüsse sehen Art. 41 ff. UV ein Schiedsrichterkollegium vor, das über Streitigkeiten zwischen den Organen schlichten soll und Rechtsgutachten zu Fragen des UV auf Antrag des Ministerkomitees erstellen kann. In der Praxis ist das Schiedsrichterkollegium jedoch bedeutungslos geblieben.
Die Lösung des deutschen Rechts beruht auf der Ablehnung der Versionsklage durch die Pandektisten und auf ''Friedrich Carl v.'' ''Savignys'' Lehre von der ''condictio sine causa generalis'' als allgemeiner Bereicherungsklage, die sämtliche Fälle der rechtsgrundlosen Bereicherung des Beklagten aus dem Vermögen des Klägers umfasst. Das BGB gewährt daher einen einheitlichen Bereicherungsanspruch, wenn jemand etwas durch Leistung des Anspruchstellers oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten erlangt hat. Eine solche die Leistungskondiktion einschließende Generalklausel findet sich auch im schweizerischen, portugiesischen und griechischen Recht. In Deutschland hat sie von Anfang an Probleme bereitet: Strittig war hier nicht nur, ob und auf welche Weise der allgemeine Bereicherungsanspruch beschränkt werden musste, um überhaupt handhabbar zu sein, sondern auch, ob es sich tatsächlich um einen Einheitstatbestand oder um eine Zusammenfassung unterschiedlich gearteter Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken handelt. Weitgehend durchgesetzt hat sich die auf ''Walter'' ''Wilburg'' und ''Ernst'' ''von Caemmerer'' zurückgehende Trennungslehre. Sie unterscheidet zwischen der Leistungskondiktion bei fehlgeschlagenen zweckgerichteten Zuwendungen, der Eingriffskondiktion, die sich auf die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines Rechts stützt, der Verwendungskondiktion bei Aufwendungen auf fremdes Eigentum und der Rückgriffskondiktion bei Tilgung fremder Schulden, wobei die Tatbestandsmerkmale „auf Kosten“ und „ohne rechtlichen Grund“ je nach Kondiktionsart unterschiedlich bestimmt werden müssen.


Besondere Bedeutung kommt dagegen dem Benelux-Gerichtshof zu, der durch Vertrag vom 31.3.1965 nach dem Vorbild des [[Europäischer Gerichtshof|Europäischen Gerichtshof]]s (EuGH) errichtet wurde und 1974 seine Arbeit aufgenommen hat. Dieser besteht aus jeweils drei Richtern des höchsten Gerichts der beteiligten Länder sowie Generalanwälten. Der Gerichtshof soll zum einen die einheitliche Auslegung und Entwicklung des Gemeinschaftsrechts sicherstellen. Der Gerichtshof entscheidet zu diesem Zwecke im Wege des Vorlageverfahrens über die Interpretation von Gemeinschaftsrecht. Jeder nationale Richter kann dazu Streitfragen, in denen Rechte aus dem Gemeinschaftsrecht berührt werden, dem Gerichtshof vorlegen (Art. 6(2) ''Traité du 23 mars 1965 relatif à l’institution et au statur d’une Cour Justice''). Er ist dazu in der Regel verpflichtet, wenn es keine Möglichkeit der rechtlichen Anfechtung seiner Entscheidung mehr gibt (Art. 6(3)). Der Gerichtshof gibt in diesem Fall ein bindendes Urteil über die Auslegung der entsprechenden Norm. Dieses Urteil bindet jedoch nur das vorlegende Gericht und die nachfolgenden Instanzen. Anders als im Rahmen des Vorlageverfahrens vor dem EuGH unterliegen der Überprüfung durch den Benelux-Gerichtshof auch nur die Verträge, Protokolle, Abkommen sowie Beschlüsse des Ministerkomitees und Beschlüsse des Büros für Geistiges Eigentum, die ihm zur Überprüfung ausdrücklich zugewiesen wurden. Neben dem Vorlageverfahren kann der Gerichtshof zur Wahrung der Einheitlichkeit im Rahmen seiner Überprüfungskompetenz auf Anfrage der Regierungen der beteiligten Länder Gutachten zu Fragen der Auslegung von Gemeinschaftsrecht erstellen (Art. 10). Die zweite Aufgabe des Gerichtshofs besteht in der Entscheidung über Beamtenrechtsstreitigkeiten, die durch Beamte der Union sowie Mitarbeiter des Büros für Geistiges Eigentum vor ihn gebracht werden können. Aufgrund der intergouvernementalen Struktur der Benelux-Wirtschaftsunion besitzt der Gerichtshof, anders als der EuGH und das Europäische Gericht erster Instanz, dagegen keine Befugnisse für Individualklagen oder Streitigkeiten der Organe bzw. der Mitgliedstaaten der Benelux-Wirtschaftsunion untereinander. Über Maßnahmen der Organe kann er nur begrenzt im Rahmen der nicht bindenden Gutachten befinden.
== 4. Die englische Entwicklung ==
In England begegnete man dem Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung aus Furcht vor einer unbestimmten Billigkeitsjudikatur lange mit Misstrauen. Rückforderungsansprüche wegen fehlgeschlagener Leistungen bildeten im 19.&nbsp;Jahrhundert als ''quasi-contracts'' einen Annex zum Vertragsrecht; Ansprüche auf Herausgabe eines durch Eingriff in ein fremdes Recht erzielten Vorteils firmierten unter dem Namen ''waiver of tort''. Daneben kannte auch die equity-Rechtsprechung (''[[equity]]'') einzelne Bereicherungsansprüche, etwa gegen Treuhänder, die pflichtwidrig Gewinne erzielt hatten, oder gegen Dritte, in deren Hände ''trust''-Vermögen gelangt war. Erst in der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts begann die Wissenschaft, inspiriert durch die US-amerikanischen ''[[Restatements]]'' und angeführt durch das Werk von ''Robert Goff/ Gareth Jones'', die disparaten Fälle unter dem Namen unjust enrichment zusammenzufügen und systematisch zu ordnen. 1991 erkannte schließlich auch das ''House of Lords'' die Existenz eines eigenständigen Bereicherungsrechts an (''Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd''<nowiki>. [1991] 2 AC 548).</nowiki>


== 4. Rechtsvereinheitlichung im Bereich des Wirtschaftsrechts  ==
Bei der Systembildung ging die englische Rechtswissenschaft eigene Wege: Nach einer von ''Peter Birks'' begründeten Lehre setzt ein Bereicherungsanspruch einen sogenannten ''unjust-factor'' voraus, der die Erlangung eines Vermögensvorteils auf Kosten eines anderen als unrechtmäßig kennzeichnet. Solche ''unjust-factors'' beziehen sich zumeist auf den Willen des Zuwendenden, der fehlerhaft (Irrtum, Zwang, Unterlegenheit, Minderjährigkeit) oder nur bedingt (Ausbleiben der Gegenleistung oder eines anderen Ereignisses, das der Leistung erkennbar zugrunde gelegt worden war) sein kann, doch auch das Verhalten des Empfängers oder ein besonderer rechtspolitischer Grund kommen als ''unjust-factor'' in Frage. Die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung spielt im Tatbestand des Bereicherungsanspruchs gar keine Rolle. Die Tatsache, dass der Zuwendende auf eine gegenüber dem Empfänger bestehende Verbindlichkeit leistete, kann lediglich eine Einrede begründen. Weil nach dem Zweck der Zuwendung nicht gefragt wird, besteht ein Bereicherungsanspruch wegen Irrtums gleichermaßen, wenn der Entreicherte eine in Wahrheit nicht bestehende Verbindlichkeit erfüllt, motivirrtümlich eine Schenkung vornimmt oder unter Verkennung der Eigentumslage eine fremde Sache repariert. Probleme bei der Bestimmung des richtigen ''unjust-factor'', insbesondere bei der Leistung auf nichtige Verträge, haben ''Birks'' 2003 dazu bewogen, seine Lehre aufzugeben und den Bereicherungsanspruch in kontinentaler Tradition nun auf eine ''absence of basis'' zu stützen.
Neben der Herstellung des gemeinsamen Binnenmarktes widmete sich die Benelux-Wirtschaftsunion in den Anfangsjahren vor allen Dingen der Angleichung der Rechtsnormen im wirtschaftlichen Bereich. Schon vor der Gründung der Benelux-Wirtschaftsunion war 1948 zum Zweck der Rechtsangleichung eine Belgisch-Niederländisch-Luxemburgische Kommission zur Prüfung der Vereinheitlichung des Rechts ins Leben gerufen worden. Bedeutung für den europäischen Rechtsraum haben insbesondere der Vertrag über das Markenrecht 1962 (''Convention Benelux en matière de marques de produits'') und der Vertrag über Muster und Modelle von 1966 ''(Convention Benelux en matière de dessins ou modèles'') erhalten. Mit diesen wurde innerhalb des Benelux-Gebietes ein einheitlicher Rahmen für das Marken- und Geschmacksmusterrecht ([[Markenrecht]]; [[Geschmacksmusterrecht]]) geschaffen. Die Registrierung von Marken, Mustern und Modellen übernahmen nunmehr für den Benelux-Raum das Büro für Marken und das Büro für Muster und Modelle. Im Jahr 2001 und 2002 wurden das Markenrecht und das Recht der Muster und Modelle durch das Einheitliche Gesetz über Marken 2001 und das Einheitliche Gesetz über Muster und Modelle 2002 umfassend vereinheitlicht. All diese Regelungen wurden dann schließlich zum 1.9.2006 durch den Vertrag über das Geistige Eigentum (''Convention Benelux en matière de propriété intellectuelle'') ersetzt. In diesem wird nunmehr sowohl das Recht der Marken als auch der Muster und Modelle einheitlich geregelt. Die Einführung einer neuen beschleunigten Gesetzgebungsprozedur ermöglicht zukünftig die schnelle Anpassung an internationale Rechtsentwicklungen (Internationale Verträge können nun durch einen Beschluss des Ministerkomitees innerhalb der Benelux-Wirtschaftsunion umgesetzt werden.). Gleichzeitig wurden die beiden bisher getrennt operierenden Büros aufgelöst. Verantwortlich für die Registrierung und Verwaltung der Marken und Muster ist jetzt ein gemeinsames Büro, ''L’Office Benelux de la Propriété intellectuelle'','' das nunmehr internationale Rechtspersönlichkeit besitzt''.


Weitere rechtsvereinheitlichende Schritte wurden im Bereich des Versicherungsrechts unternommen. So wurde mit dem Vertrag über die verpflichtende Unfallversicherung von Kraftfahrzeugen von 1966, in Kraft seit 1976, eine einheitliche Rechtsgrundlage für Ansprüche aus Unfäl- len mit Kraftfahrzeugen geschaffen. Eine Rechtsvereinheitlichung fand durch Vertrag von 1973 auch im Bereich des Zwangsgeldes statt. Eine ebenfalls angedachte Vereinheitlichung des [[internationales Privatrecht|internationalen Privatrechts]] scheiterte dagegen. Zwar wurde bereits 1951 zwischen den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ein dementsprechender Vertrag geschlossen (Vertrag zur Einführung eines einheitlichen Gesetzes betreffend das Internationale Privatrecht in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg). Der 1969 daraus hervorgegangene Benelux-Vertrag zur Verabschiedung eines einheitlichen Gesetzes zum internationalen Privatrecht wurde jedoch nie ratifiziert. Auch die Verträge zur Vereinheitlichung des Rechts des [[Handelsvertreter]]s und der [[Vertragsstrafe]] von 1973 wurden nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert, bildeten jedoch teilweise die Grundlage für entsprechende nationale Rechtsvorschriften.
== 5. Gemeinsame Strukturen und Probleme ==
Im Ergebnis kennt die Mehrzahl der europäischen Rechtsordnungen einen Bereicherungsanspruch, der sich aus drei Elementen zusammensetzt: (1)&nbsp;Der Anspruchsgegner muss einen Vermögensgegenstand erlangt haben, und zwar (2)&nbsp;auf Kosten des Anspruchstellers und (3)&nbsp;ungerechtfertigt, d.h. ohne rechtlichen Grund oder in anderer Weise unrechtmäßig. Keine Einigkeit besteht darüber, wie die Merkmale „auf Kosten“ und „ungerechtfertigt“ im Einzelnen auszulegen sind, insbesondere ob der Bereicherungsanspruch einen Vermögensschaden beim Entreicherten voraussetzt. Einzelne Rechtsordnungen kennen daneben weitere Erfordernisse, etwa eine Einheit zwischen Be- und Entreicherung, eine Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung oder eine Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs. Das Bereicherungsrecht wird überall dem Vertrags- und dem Deliktsrecht gegenübergestellt, aber über seinen Anwendungsbereich, seine ratio und seine Existenzberechtigung wird überall kontrovers diskutiert. Gehören die Rückforderung fehlgeschlagener Leistungen, die Gewinnhaftung bei Rechtsverletzungen, der Aufwendungsersatz bei Hilfeleistungen oder der Gesamtschuldnerausgleich zum Bereicherungsrecht oder handelt es sich um eigene Institute? Ist das Bereicherungsrecht in besonderem Maße von der Billigkeit geprägt? Handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsgebiet oder hat es nur die ergänzende Funktion, Lücken in anderen Rechtsgebieten zu schließen? Sollte man gar die Einheit des Bereicherungsrechts aufgeben und die einzelnen Ansprüche in diejenigen Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Erfüllungsrecht, Rechtsgüterschutz, Geschäftsführung ohne Auftrag) einordnen, in deren Sachzusammenhang sie entstehen?


== 5. Weitere Politikfelder der Benelux-Wirtschaftsunion ==
== 6. Zuwendungen durch den Entreicherten ==
Anders als die Verträge zu den Europäischen Gemeinschaften enthält der UV neben der Vereinbarung über den freien Austausch von Gütern, Arbeitskräften, Dienstleistungen und Kapital nur wenige konkrete Zielbestimmungen. Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wird die Benelux-Wirtschaftsunion jedoch auch in den Bereichen Polizei, Justiz und Inneres sowie, seit den 1980er Jahren, im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit tätig. So wurde bereits 1968 ein Abkommen über die Vollstreckung von Urteilen in Strafsachen abgeschlossen. 1970 folgten Abkommen über den Umgang mit gefährlichen Werkzeugen sowie Waffen und Munition. Allerdings wurden diese Abkommen ebenfalls nicht in allen Mitgliedstaaten ratifiziert. In den letzten Jahren standen insbesondere die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität, der Umweltschutz, die nachhaltige Entwicklung sowie der soziale und kulturelle Bereich im Vordergrund der Zusammenarbeit. Grundlage für die Arbeit im Bereich Justiz, Inneres und Immigration ist seit 1996 das sogenannte Senningen-Memorandum, das 2003 erneuert und ausgeweitet wurde. In Umsetzung dieses Memorandums wurde 2004 unter anderem der Vertrag über die grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit geschlossen. Dieser ermöglicht eine Koordination der Zusammenarbeit der Polizeibehörden auf den unterschiedlichen Ebenen und den Einsatz von Polizeikräften aus den drei Ländern im Staatsgebiet der jeweils anderen Staaten ohne deren vorhe- rige Zustimmung. Vorausgegangen war bereits 1962 der Vertrag über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen.
Beruht die Bereicherung auf einer Handlung des Entreicherten, unterscheiden die kontinentalen Rechte danach, ob er gegenüber dem Bereicherten zweckgerichtet, d.h. im Hinblick auf einen bestimmten Rechtsgrund handelte. Ist dies der Fall, erfolgt die Rückforderung mittels der [[Leistungskondiktion]], entweder außerhalb oder als Sonderfall innerhalb des allgemeinen Bereicherungsanspruchs. Der Entreicherte kann dem Bereicherten aber auch aus anderen Gründen bewusst oder unbewusst einen Vermögensvorteil verschaffen. Hier stellt sich zunächst die Aufgabe, diejenigen Fälle auszuschließen, in denen der Vorteil des Bereicherten nur mittelbare Folge der Handlung des Entreicherten ist, etwa wenn dieser einen Deich baut, der auch die Nachbargrundstücke schützt. Die Rechtsordnungen arbeiten zu diesem Zweck mit einem Unmittelbarkeitserfordernis, einer restriktiven Auslegung des Merkmals „auf Kosten“ oder einem Ausschluss des Bereicherungsanspruchs bei Handlungen im Eigeninteresse.


Mit Fragen des grenzüberschreitenden Transports beschäftigt sich die ''Euro Contrôle Route'', eine Initiative von nunmehr 14 europäischen Staaten, die seit dem Jahr 1999 operiert. Innerhalb dieser werden gemeinsame Kontrollen durchgeführt und an einheitlichen Sicherheitsstandards für den Transportverkehr gearbeitet. Die Benelux-Wirtschaftsunion wirkt außerdem zusammen mit Deutschland und Frankreich im ''Pentalateral Energy Forum'', einer Initiative zur Formung eines regionalen Energiemarktes zur nachhaltigen Sicherung der Versorgung, mit. Weiterer Fokus der Zusammenarbeit sind Fragen der sozialen Sicherung von Grenzarbeitern und des Verbraucherschutzes ([[Verbraucher und Verbraucherschutz]]).
Direkte Zuwendungen, die anerkanntermaßen einen Bereicherungsanspruch auslösen können, sind Verwendungen auf fremdes Eigentum und die Tilgung fremder Schulden. Die kontinentalen Rechte kennen in der gemeinrechtlichen Tradition eine Reihe spezieller Verwendungsersatzansprüche, die oft anderen Regeln folgen als der allgemeine Bereicherungsanspruch und daher Abstimmungsprobleme aufwerfen ([[Verwendungsersatz]]). Bei der Tilgung fremder Schulden kommt auch ein Regress mittels [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag]] oder einer [[Subrogation]] in Betracht. In beiden Fallgruppen stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Bereicherungsanspruch nur in besonderen Konstellationen (etwa wenn der Entreicherte Verwendungen auf eine vermeintlich eigene Sache vornimmt) oder allgemein, und damit auch demjenigen gewährt werden soll, der bewusst und freiwillig das Vermögen eines anderen mehrt. Hinzu kommt, dass die Bereicherung für den Empfänger persönlich ohne Wert sein kann, etwa wenn er sein Eigentum anders verwerten will oder die getilgte Schuld kurz vor Eintritt der Verjährung stand. Das englische Recht missbilligt die unaufgeforderte Einmischung in fremde Angelegenheiten und macht den Bereicherungsanspruch daher von einem besonderen Grund, wie Irrtum oder Zwang, abhängig. Die kontinentalen Rechte neigen demgegenüber dazu, den Empfänger bei aufgedrängter Bereicherung mit einem subjektiven Maßstab bei der Bestimmung der Bereicherung zu schützen.


Nach der Verwirklichung des Binnenmarktes agierte die Benelux-Wirtschaftsunion, mit Ausnahme des Rechts des [[Geistiges Eigentum (allgemein)|geistigen Eigentum]]s, insgesamt weniger als rechtssetzende Körperschaft, denn vielmehr als politische Initiative. Dies liegt zum großen Teil in ihrer Struktur begründet. Anders als die EG kann sich die Benelux-Wirtschaftsunion aufgrund der fehlenden eigenständigen Rechtsetzungsbefugnis nicht unabhängig vom Willen der Mitgliedstaaten weiterentwickeln. So bedürfen alle Abkommen der Ratifikation durch die nationalen Parlamente, die in vielen Fällen verweigert wurde, und auch Beschlüsse des Ministerkomitees können nicht gegen den Willen eines Mitgliedstaates gefasst werden. Die Benelux-Wirtschaftsunion wird daher momentan vor allem als Forum für die Auseinandersetzung mit den die beteiligten Länder gleichermaßen betreffenden, grenzüberschreitenden Fragen genutzt und bietet Raum für, vor allem regional angelegte, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, insbesondere im Naturschutz, der nachhaltigen Entwicklung und der Raumplanung.
== 7. Rechtsverletzung durch den Bereicherten ==
Verschafft sich jemand einen Vermögensvorteil, indem er unberechtigt fremdes Gut nutzt, verwertet oder verbraucht, gewähren die europäischen Rechtsordnungen dem Inhaber des Guts häufig einen Anspruch gegen den Eingreifer auf Auskehrung des Vermögensvorteils. Dieser Anspruch wird freilich nicht überall als Bereicherungsanspruch aufgefasst: In Frankreich und Italien ist wegen der Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs in erster Linie der deliktische Schadensersatzanspruch zuständig, während der niederländische Bereicherungsanspruch häufig deswegen ausscheidet, weil er einen Schaden des Entreicherten voraussetzt. In den meisten Rechtsordnungen aber ist der Einwand, dass der Rechtsinhaber den Vorteil selbst nicht erzielen konnte oder wollte, unerheblich, weil ein Schaden oder eine Vermögensminderung des Rechtsinhabers entweder nicht verlangt oder schon darin gesehen werden, dass sein Gut ohne seine Zustimmung verwendet wurde. Gegenstand des Anspruchs ist in der Regel der objektive Wert des Erlangten, also der Preis, den der Eingreifer dem Inhaber für eine rechtmäßige Verwendung hätte leisten müssen. Nur in Sonderfällen, insbesondere bei vorsätzlichen Eingriffen, kann es auch einen Anspruch auf den Gewinn geben, den der Eingreifer erzielt hat ([[Gewinnhaftung]]).


== 6. Verhältnis der Benelux-Wirtschaftsunion zur EG ==
Die Begründung des Restitutionsanspruchs ist auf zweierlei Art möglich. Im englischen Recht wird ''restitution'' traditionell als eine neben der Schadensersatzhaftung mögliche Sanktion bei einer widerrechtlichen Handlung, etwa einem Delikt oder einer Treuepflichtverletzung, angesehen. Es besteht daher keine Einigkeit darüber, ob ''restitution for wrongs'' überhaupt Bestandteil des Bereicherungsrechts ist oder nicht vielmehr zum Delikts- bzw. Treuhandrecht gehört. Insbesondere im deutschen Recht hat sich demgegenüber der Gedanke des Zuweisungsgehalts entwickelt: Der Anspruch beruht nicht auf der rechtswidrigen Handlung als solcher, sondern darauf, dass in eine Rechtsposition eingegriffen wurde, die dem Betroffenen zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung zugewiesen ist. Ein Bereicherungsanspruch scheidet dann aber aus, wenn der durch eine Rechtsverletzung erzielte Gewinn dem Rechtsinhaber nicht zugewiesen war, etwa wenn er durch die Veröffentlichung herabwürdigender Fotos erzielt wurde oder in der Belohnung eines Dritten für eine Körperverletzung besteht. Zunehmend findet sich daher die auch ins niederländische Gesetzbuch und in den Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]] aufgenommene Kombinationslösung, wonach Vermögensvorteile aus Rechtsverletzungen nicht nur durch das Bereicherungsrecht, sondern in besonderen Fällen auch im Rahmen des Deliktsrechts abgeschöpft werden können (Art. 6:104 BW, Art. VI.-6:101(4) DCFR).
Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Römischen Verträge zur Gründung der EWG bestand die Benelux-Wirtschaftsunion, wenn auch noch nicht durch einen Vertrag verfestigt, als gemeinsame Initiative bereits. Die beteiligten Länder wollten diese Wirtschaftunion unabhängig vom Tempo der Integration und der Herstellung des gemeinsamen Binnenmarktes innerhalb der EWG ([[Europäischer Binnenmarkt]]) weiter verfolgen. In den EWG-Vertrag wurde daher eine Klausel aufgenommen, welche die Durchführung der Benelux-Wirtschaftsunion neben der EWG gestattete, soweit deren Ziele nicht bereits durch die EWG erreicht werden (Art.&nbsp;233 EWGV). Die Benelux-Wirtschaftsunion genießt deshalb auch heute noch, nunmehr gemäß Art.&nbsp;306 EG/ Art.&nbsp;350 AEUV, Bestandsschutz, soweit sie im Verhältnis zur EU eine engere Kooperation darstellt.


Das Modell der Benelux-Wirtschaftsunion ist auf der anderen Seite auch nicht ohne Einfluss auf die EG geblieben. Von den beteiligten Ländern ging nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft 1955 ein entscheidender Impuls zu den Römischen Verträgen aus. Als erster vollständig freier internationaler Wirtschafts- und Arbeitsraum entfaltete die Benelux-Wirtschaftsunion zudem Vorbildwirkung für die entsprechenden Initiativen innerhalb der EG. Neben dem gemeinschaftlichen Binnenmarkt diente so unter anderem das Protokoll zur Beseitigung von Kontrollen und Formalitäten an den Binnengrenzen sowie von Behinderungen des freien Verkehrs von 1960 als Vorbild für das, mittlerweile vergemeinschaftete, Schengener Abkommen von 1985, und der im Rahmen der koordinierten Währungspolitik eingeführte Wechselkursmechanismus war Vorbild für den ECU. Die Benelux-Wirtschaftsunion wird deshalb in der Literatur gelegentlich auch als Keimzelle der EG bezeichnet.
== 8. Mittelbare Bereicherung ==
Besondere Probleme bereiten Fälle der mittelbaren Bereicherung, sei es, dass ein Vermögensvorteil vom Entreicherten zunächst an einen Dritten und dann an den Bereicherten gerät, sei es, dass der Entreicherte eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten erfüllt und dabei zugleich das Vermögen des Bereicherten mehrt. Dem Bestreben, dem Entreicherten zumindest bei Insolvenz des Dritten einen Anspruch gegen den unzweifelhaft bereicherten Empfänger zu gewähren, steht der Gedanke des Verkehrsschutzes gegenüber, wonach der Empfänger sich nur mit dem Dritten auseinandersetzen muss, von dem er die Bereicherung empfangen hat, und durch Fehler im Verhältnis zwischen dem Entreicherten und dem Dritten nicht benachteiligt werden darf. Ein direkter Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger wird überall zumindest dann zugelassen, wenn dieser eine Sache erhielt, die sich zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des Entreicherten befand, eine Vindikation aber inzwischen wegen Vermischung, Einbau oder Weiterveräußerung nicht mehr möglich ist. Besonders weit kann diese dingliche Verbindungslinie zwischen Entreicherten und Bereicherten im englischen Recht gehen, das neben dem Eigentum ''at law'' auch Eigentum ''in equity'' anerkennt, das bei fehlerhaften Vermögensverschiebungen häufig beim ursprünglich Berechtigten verbleibt und sich auch auf Geldsummen und dingliche Surrogate beziehen kann. Überall wird der Empfänger aber dann vor Restitutionsansprüchen geschützt, wenn nach den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften ein entgeltlicher gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat ([[Erwerb vom Nichtberechtigten]]).


Durch die zunehmende Integration innerhalb der EG und der [[Europäische Union|Europäischen Union]] (EU) ist die Benelux-Wirtschaftsunion von ihrer Zielsetzung her jedoch heute zum großen Teil überholt. So ist insbesondere der gemeinsame Binnenmarkt mittlerweile auch in der Europäischen Gemeinschaft voll verwirklicht. Als Betätigungsfeld bleiben ihr die Politikfelder, in denen die Vergemeinschaftung innerhalb der EU noch nicht so weit fortgeschritten ist und die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht, wie zum Beispiel der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums (RL&nbsp;2004/48, [[Geistiges Eigentum (Durchsetzung)]]). Die Benelux-Wirtschaftsunion dient den beteiligten Ländern daneben als Forum für die Koordination ihrer politischen Positionen innerhalb der EU und gegenüber anderen internationalen Organisationen. Die dadurch erzielten Ergebnisse sind jedoch aufgrund der durchaus unterschiedlichen außenpolitischen Interessen der beteiligten Länder divers. Es bleibt abzuwarten, ob die Benelux-Union aufgrund des am 17.6.2008 abgeschlossenen neuen Vertrages, der eine erweiterte Zielsetzung enthält und die Befugnisse der Organe verstärkt, in Zukunft wieder mehr Bedeutung erlangen kann.
Hatte der Entreicherte kein dingliches Recht am vom Bereicherten empfangenen Gegenstand, hängt ein Bereicherungsanspruch davon ab, inwieweit die jeweilige Rechtsordnung eine Versionsklage zulässt. Besonders weit geht das französische Recht, nach dem selbst Leistungen zurückgefordert werden können, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit dem Dritten erbracht hat, solange nur ein Rechtsgrund im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Bereicherten fehlt und der Dritte insolvent ist. Andere Rechte, etwa das englische, schließen dagegen die Rückforderung von Leistungen aus, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit einem Dritten erbracht hat. Besonders restriktiv ist das deutsche Recht, wonach ein Anspruch gegen den Bereicherten grundsätzlich auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Vertrag mit dem Dritten unwirksam war. Ausnahmen zu den Beschränkungen der Versionsklage werden in den meisten Rechtsordnungen für den Fall anerkannt, dass der Empfänger die Bereicherung unentgeltlich erworben hat.


== 7. Vertrag zur Erneuerung der Benelux-Wirtschaftsunion  ==
== 9. Vereinheitlichungsprojekte ==
Die Laufzeit der Benelux-Wirtschaftsunion war auf 50 Jahre begrenzt (Art.&nbsp;99 UV). Am 17.6.2008 wurde daher ein neuer Vertrag betreffend die Benelux-Wirtschaftsunion, ''Traité portant revision du Traité instituant l'Union économique Benelux signe le 3 fevrier 1958'' (''Verdrag tot herziening van het op 3 februari 1958 gesloten verdrag tot instelling van de Benelux Economische Unie'', hier: HUV), unterzeichnet, der jedoch noch der Ratifizierung durch die beteiligten Vertragsstaaten bedarf.
Ausführliche Modellregeln zum Bereicherungsrecht finden sich in Buch&nbsp;VII des Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]], der hierbei einen eigenständigen, von den europäischen Rechtsordnungen losgelösten Ansatz verfolgt. Nach der Grundregel des Art.&nbsp;VII.-2:101 ist eine Bereicherung ungerechtfertigt, wenn nicht der Bereicherte aufgrund eines Rechtsgeschäfts, eines Urteils oder einer Rechtsvorschrift ein Recht auf die Bereicherung hatte oder der Entreicherte dem Bereicherungsvorgang ohne Willensmängel zustimmte. Sieht man von dem ungewöhnlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis ab, kommt der Entwurf hiermit sachlich der ''unjust-factor''-Lehre der englischen Literatur nahe. Sonderregeln gibt es zur deliktischen Gewinnhaftung und zum Eingriff in Trustvermögen (Art.&nbsp;VI.-6:101(4) und Art.&nbsp;X.-7:203). Eine Kollisionsnorm zu Schuldverhältnissen aus ungerechtfertigter Bereicherung enthält Art.&nbsp;10 der Rom&nbsp;II-VO (VO 864/2007).
 
Der Vertrag trägt der Entwicklung der Benelux-Wirtschaftsunion, über eine bloße Wirtschaftsunion hinaus, hin zu einer umfassenderen politischen Zusammenarbeit, Rechnung. Neben der Wirtschaftsunion und dem gemeinsamen Binnenmarkt werden die Bereiche Justiz und Inneres sowie die nachhaltige Entwicklung des Lebensraums als Ziele mit in den Vertrag aufgenommen (Art.&nbsp;2 HUV). Auch äußerlich wird durch die Umbenennung der ''L’Union Economique Benelux'' in ''Union Benelux'' (Benelux-Union) der gewandelte Charakter zum Ausdruck gebracht. Zur Verwirklichung der Ziele ist nunmehr ein jeweils auf vier Jahre angelegtes Arbeitsprogramm aufzustellen (Art.&nbsp;3 HUV). Der Schiedsgerichtshof und der Wirtschafts- und Sozialrat, die nie wirkliche Bedeutung erlangt haben, werden abgeschafft. Dagegen wird der Benelux-Gerichtshof als sechstes Organ mit in den Vertrag aufgenommen. Geregelt wird nunmehr auch die internationale Rechtspersönlichkeit der Benelux-Union (Art.&nbsp;28 HUV). Dem Ministerkomitee und dem Generalsekretariat wird ermöglicht, dienstliche Beziehungen zu auswärtigen (Regional&#8209;)Körperschaften, Staaten und internationalen Organisationen zu unterhalten (Art.&nbsp;25 HUV). Der Vertrag läuft nunmehr unbegrenzt (Art.&nbsp;39 HUV). Er kann jedoch von den beteiligten Staaten nach einem Zeitablauf von zehn Jahren mit einer dreijährigen Kündigungsfrist gekündigt werden (Art.&nbsp;39(2) HUV).


==Literatur==
==Literatur==
''Frohlinde von Berg'', Die Juristische Struktur der Belgisch-Niederländisch-Luxemburgischen Wirtschaftsunion, 1965;'' Beschoten'','' C.D. Van'','' ''Ontwerp Benelux-verdrag houdende eenvormige wet betreffende het internationaal privaatrecht van 3 juli 1969, 1971; ''Secretariaat-Generaal van de Benelux Economische Unie'', Benelux-Overeenkomst betreffende de agentuurovereenkomst, nach 1973; ''Rudolf Kraßer'','' Marcel Gotzen'', Das Benelux-Warenzeichenrecht, 1973; ''Frédéric Dumon'', La Cour de Justice Benelux, Benelux Gerechtshof, 1980 und 1983; ''Mario Hirsch'', Benelux ist mehr als nur ein geographischer Begriff: Ein Motor der europäischen Integration in: ''Eckart D. Stratenschulte'', ''Danuta Kneip'', Staatenkooperation in der Europäischen Union, 2003; ''Charles Gielen'', Kort begrip van het Benelux merkenrecht, 2006; ''Jan Wouters'', ''Luk van Langenhove'', ''Maarten Vidal'', ''Philippe de Lombaerde'', ''Wouter de Vriendt'', De Benelux: tijd voor een wedergeboorte?, 2006; ''Raphaël Mathieu'', Le Benelux: Laboratoire de l’intégration ou structure résiduaire au sein de l’Union européenne?, 2006; ''Irene G.C. Janssen'', Benelux: Closer Cooperation within the EU?, 2006; ''Jan Wouters'', ''Maarten Vidal'', De Benelux: betekenis voor de rechtspraktizijn, in: ''VGR-Alumni'', Recht in Beweging – 14<sup>de</sup> VGR-Alumni dag, 2007.
''Eltjo Schrage'' (Hg.), Unjust Enrichment: The Comparative Legal History of the Law of Restitution, 1995; ''Konrad Zweigert'', ''Hein Kötz'', Einführung in die Rechtsvergleichung, 3.&nbsp;Aufl. 1996, 538&nbsp;ff.; ''Peter Schlechtriem'', Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa: Eine rechtsvergleichende Darstellung, Bd.&nbsp;I, 2000, Bd.&nbsp;II, 2001; ''Frank L. Schäfer'', Das Bereicherungsrecht in Europa: Einheits- und Trennungslehren im gemeinen, deutschen und englischen Recht, 2001; ''David Johnston'', ''Reinhard Zimmermann'' (Hg.), Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, 2002; ''Jack Beatson'', ''Eltjo Schrage'' (Hg.), Cases, Materials and Texts on Unjustified Enrichment, 2003; ''Reinhard Zimmermann'' (Hg.), Grundstrukturen eines Europäischen Bereicherungsrechts, 2005; ''Sonja Meier'', No Basis: A Comparative View, in: Andrew Burrows, Lord Rodger of Earlsferry (Hg.), Mapping the Law: Essays in Memory of Peter Birks, 2006, 343&nbsp;ff.; ''Ernst von Caemmerer'', ''Peter Schlechtriem'' (Hg.), Restitution/Unjust Enrichment and Negotiorum Gestio, IECL X, 2007; ''Daniel Visser'', Unjustified Enrichment in Comparative Perspective, in: Mathias Reimann, Reinhard Zimmermann (Hg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2008, 969&nbsp;ff.


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Version vom 28. September 2021, 15:04 Uhr

von Sonja Meier

1. Grundgedanken

„Es entspricht der natürlichen Gerechtigkeit, dass niemand sich zum Nachteil eines anderen unrechtmäßig bereichern darf.“ Dieser dem römischen Juristen Pomponius zugeschriebene Satz (D. 12,6,14 und D. 50,17,206) ist heute überall in Europa anerkannt. Überall gibt es auch Rechtsbehelfe, mit denen Vermögensverschiebungen, die vom Recht nicht gebilligt werden, korrigiert werden können. Über die Funktion des Pomponius-Satzes herrscht freilich bis heute keine Einigkeit. Handelt es sich um eine schlichte Billigkeitsmaxime oder umgekehrt um eine konkretisierbare und damit unmittelbar anwendbare Rechtsregel? Der Furcht vor einer uferlosen Billigkeitsjurisprudenz hat dabei stets das Bestreben gegenübergestanden, die bestehenden Ansprüche auf Herausgabe eines erlangten Vermögensvorteils systematisch zu erfassen und in ihren Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen miteinander abzustimmen. Heute wird der Pomponius-Satz entweder als Rechtsregel oder doch zumindest als Rechtsprinzip anerkannt, das die anerkannten Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken bringt und auch zur Begründung neuer Rückforderungsansprüche herangezogen werden kann.

2. Gemeinrechtliche Bausteine

Das römisch-gemeine Recht kannte keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch, wohl aber eine Reihe von Klagen, die sich auf die Herausgabe eines Vermögensvorteils richteten, den der Beklagte (im Folgenden: der Bereicherte) in irgendeiner Weise auf Kosten des Klägers (im Folgenden: der Entreicherte) erlangt hatte. In der gemeinrechtlichen Wissenschaft wurden sie von Anfang an mit dem Bereicherungsverbot des Pomponius in Verbindung gebracht.

Rechtsgrundlose oder fehlgeschlagene Leistungen konnten mit der condictio indebiti oder anderen Kondiktionen zurückgefordert werden (Leistungskondiktion). Die condictio, etwa in Gestalt der condictio sine causa oder ex iniusta causa, erfasste aber auch Fälle, in denen eine Sache des Entreicherten nicht durch seine Zuwendung, sondern auf andere Weise, etwa durch einen Naturvorgang oder einen Dritten, in das Vermögen des Bereicherten geraten war und ein rechtlicher Grund dafür, das Empfangene behalten zu dürfen, fehlte. Einen Sonderfall betraf die condictio furtiva, die gegen einen Dieb und seine Erben erhoben werden konnte und sich auf die Sachrückgabe oder auf Wertersatz richtete.

In anderen Fällen arbeitete man mit einer analogen Geschäftsführerklage (actio negotiorum gestorum utilis): Scheiterte bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers daran, dass er das fremde Geschäft zum eigenen Vorteil geführt hatte, konnte er den Geschäftsherrn zumindest insoweit in Anspruch nehmen, als dieser durch die Geschäftsführung bereichert war. Auf diese Weise war es möglich, demjenigen zu helfen, der gut- oder bösgläubig Verwendungen auf fremdes Eigentum gemacht hatte. Umgekehrt konnte der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer analog herangezogen werden, um einen Erlösherausgabeanspruch zu begründen, wenn der Bereicherte gutgläubig fremdes Eigentum an einen Dritten veräußert hatte.

Eine wichtige Rolle spielte schließlich die actio de in rem verso. Ursprünglich betraf sie Fälle, in denen ein Gewaltunterworfener Verträge mit Dritten geschlossen hatte. Als funktionaler Ersatz für die nicht anerkannte Stellvertretung erlaubte sie dem Dritten, den Prinzipal insoweit in Anspruch zu nehmen, als die Leistung des Dritten an den Gewaltunterworfenen dem Prinzipal zugute gekommen war. Später wurde sie auf Fälle erweitert, in denen ein Gewaltfreier im Interesse eines Dritten kontrahierte: Gewährte A ein Darlehen an B, der unerkannt für C handelte, konnte A Rückzahlung von C verlangen, soweit B die Darlehenssumme an diesen weitergeleitet hatte. Diese actio in rem verso utilis richtete sich auf die erhaltene Bereicherung und wurde im 18. Jahrhundert auch auf Zweipersonenfälle ausgeweitet, etwa wenn an einen Minderjährigen geleistet wurde, der Vertrag mangels Zustimmung des Vormunds unwirksam war und die Kondiktion gegen den Minderjährigen wegen der mit ihr verbundenen strengen Haftung ausschied (Leistungskondiktion). Die Versionsklage des usus modernus kam immer dann in Betracht, wenn das Vermögen des Beklagten direkt oder indirekt durch Aufwendungen des Klägers vermehrt worden war, und bildete damit in vielen Rechtsordnungen den Grundstein eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs.

Es waren die spanischen Spätscholastiker des 16. Jahrhunderts (Scholastik), die erstmals die gemeinrechtlichen Bausteine zu einer allgemeinen Bereicherungsklage zusammenfügten. Im Rahmen nichtrechtsgeschäftlicher Verbindlichkeiten unterschied man zwischen außervertraglichen Ansprüchen auf Ersatz eines eingetretenen Schadens einerseits und Bereicherungsansprüchen auf Auskehr eines empfangenen Vorteils andererseits, ein Gedanke, der von der Naturrechtslehre (Naturrecht) aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.

3. Das Bereicherungsrecht der Kodifikationen

Positivrechtlicher Anknüpfungspunkt für einen allgemeinen Bereicherungsanspruch war häufig die gemeinrechtliche Versionsklage, die auch in das preußische ALR und das österreichische ABGB aufgenommen wurde. In Frankreich lehnte der Gesetzgeber eine Aufnahme in den Code civil ab, weil er meinte, mit der condictio indebiti und den analogen Geschäftsführungsklagen auskommen zu können, doch die Versionsklage wurde hier als allgemeiner Bereicherungsanspruch von der Rechtsprechung im berühmten Boudier-Urteil 1892 eingeführt (Cass. req., 15.6.1892, DP 1892, 1, 596). Rechtsordnungen, die in der Tradition der Versionsklage stehen (neben den genannten etwa auch das spanische, italienische und niederländische Recht), unterscheiden auch heute zwischen der condictio indebiti/sine causa als Rückforderungsanspruch bei rechtsgrundlosen Leistungen einerseits und dem allgemeinen Bereicherungsanspruch andererseits. Dieser setzt in der Regel eine Bereicherung des Anspruchsgegners, eine korrespondierende Entreicherung des Anspruchstellers, einen Kausalzusammenhang sowie das Fehlen eines rechtlichen Grundes voraus und ist zumeist subsidiär zu anderen möglichen Ansprüchen. Grundsätzlich ist der Anspruch auf die Auskehr der Bereicherung gerichtet; in den Niederlanden nimmt er die Form eines durch die Bereicherung des Anspruchsgegners begrenzten Schadensersatzanspruchs an. Die Leistungskon- diktion wird manchmal als ein aliud, zunehmend aber als ein Spezialfall des allgemeinen Bereicherungsanspruchs verstanden.

Die Lösung des deutschen Rechts beruht auf der Ablehnung der Versionsklage durch die Pandektisten und auf Friedrich Carl v. Savignys Lehre von der condictio sine causa generalis als allgemeiner Bereicherungsklage, die sämtliche Fälle der rechtsgrundlosen Bereicherung des Beklagten aus dem Vermögen des Klägers umfasst. Das BGB gewährt daher einen einheitlichen Bereicherungsanspruch, wenn jemand etwas durch Leistung des Anspruchstellers oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten erlangt hat. Eine solche die Leistungskondiktion einschließende Generalklausel findet sich auch im schweizerischen, portugiesischen und griechischen Recht. In Deutschland hat sie von Anfang an Probleme bereitet: Strittig war hier nicht nur, ob und auf welche Weise der allgemeine Bereicherungsanspruch beschränkt werden musste, um überhaupt handhabbar zu sein, sondern auch, ob es sich tatsächlich um einen Einheitstatbestand oder um eine Zusammenfassung unterschiedlich gearteter Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken handelt. Weitgehend durchgesetzt hat sich die auf Walter Wilburg und Ernst von Caemmerer zurückgehende Trennungslehre. Sie unterscheidet zwischen der Leistungskondiktion bei fehlgeschlagenen zweckgerichteten Zuwendungen, der Eingriffskondiktion, die sich auf die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines Rechts stützt, der Verwendungskondiktion bei Aufwendungen auf fremdes Eigentum und der Rückgriffskondiktion bei Tilgung fremder Schulden, wobei die Tatbestandsmerkmale „auf Kosten“ und „ohne rechtlichen Grund“ je nach Kondiktionsart unterschiedlich bestimmt werden müssen.

4. Die englische Entwicklung

In England begegnete man dem Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung aus Furcht vor einer unbestimmten Billigkeitsjudikatur lange mit Misstrauen. Rückforderungsansprüche wegen fehlgeschlagener Leistungen bildeten im 19. Jahrhundert als quasi-contracts einen Annex zum Vertragsrecht; Ansprüche auf Herausgabe eines durch Eingriff in ein fremdes Recht erzielten Vorteils firmierten unter dem Namen waiver of tort. Daneben kannte auch die equity-Rechtsprechung (equity) einzelne Bereicherungsansprüche, etwa gegen Treuhänder, die pflichtwidrig Gewinne erzielt hatten, oder gegen Dritte, in deren Hände trust-Vermögen gelangt war. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann die Wissenschaft, inspiriert durch die US-amerikanischen Restatements und angeführt durch das Werk von Robert Goff/ Gareth Jones, die disparaten Fälle unter dem Namen unjust enrichment zusammenzufügen und systematisch zu ordnen. 1991 erkannte schließlich auch das House of Lords die Existenz eines eigenständigen Bereicherungsrechts an (Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 AC 548).

Bei der Systembildung ging die englische Rechtswissenschaft eigene Wege: Nach einer von Peter Birks begründeten Lehre setzt ein Bereicherungsanspruch einen sogenannten unjust-factor voraus, der die Erlangung eines Vermögensvorteils auf Kosten eines anderen als unrechtmäßig kennzeichnet. Solche unjust-factors beziehen sich zumeist auf den Willen des Zuwendenden, der fehlerhaft (Irrtum, Zwang, Unterlegenheit, Minderjährigkeit) oder nur bedingt (Ausbleiben der Gegenleistung oder eines anderen Ereignisses, das der Leistung erkennbar zugrunde gelegt worden war) sein kann, doch auch das Verhalten des Empfängers oder ein besonderer rechtspolitischer Grund kommen als unjust-factor in Frage. Die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung spielt im Tatbestand des Bereicherungsanspruchs gar keine Rolle. Die Tatsache, dass der Zuwendende auf eine gegenüber dem Empfänger bestehende Verbindlichkeit leistete, kann lediglich eine Einrede begründen. Weil nach dem Zweck der Zuwendung nicht gefragt wird, besteht ein Bereicherungsanspruch wegen Irrtums gleichermaßen, wenn der Entreicherte eine in Wahrheit nicht bestehende Verbindlichkeit erfüllt, motivirrtümlich eine Schenkung vornimmt oder unter Verkennung der Eigentumslage eine fremde Sache repariert. Probleme bei der Bestimmung des richtigen unjust-factor, insbesondere bei der Leistung auf nichtige Verträge, haben Birks 2003 dazu bewogen, seine Lehre aufzugeben und den Bereicherungsanspruch in kontinentaler Tradition nun auf eine absence of basis zu stützen.

5. Gemeinsame Strukturen und Probleme

Im Ergebnis kennt die Mehrzahl der europäischen Rechtsordnungen einen Bereicherungsanspruch, der sich aus drei Elementen zusammensetzt: (1) Der Anspruchsgegner muss einen Vermögensgegenstand erlangt haben, und zwar (2) auf Kosten des Anspruchstellers und (3) ungerechtfertigt, d.h. ohne rechtlichen Grund oder in anderer Weise unrechtmäßig. Keine Einigkeit besteht darüber, wie die Merkmale „auf Kosten“ und „ungerechtfertigt“ im Einzelnen auszulegen sind, insbesondere ob der Bereicherungsanspruch einen Vermögensschaden beim Entreicherten voraussetzt. Einzelne Rechtsordnungen kennen daneben weitere Erfordernisse, etwa eine Einheit zwischen Be- und Entreicherung, eine Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung oder eine Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs. Das Bereicherungsrecht wird überall dem Vertrags- und dem Deliktsrecht gegenübergestellt, aber über seinen Anwendungsbereich, seine ratio und seine Existenzberechtigung wird überall kontrovers diskutiert. Gehören die Rückforderung fehlgeschlagener Leistungen, die Gewinnhaftung bei Rechtsverletzungen, der Aufwendungsersatz bei Hilfeleistungen oder der Gesamtschuldnerausgleich zum Bereicherungsrecht oder handelt es sich um eigene Institute? Ist das Bereicherungsrecht in besonderem Maße von der Billigkeit geprägt? Handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsgebiet oder hat es nur die ergänzende Funktion, Lücken in anderen Rechtsgebieten zu schließen? Sollte man gar die Einheit des Bereicherungsrechts aufgeben und die einzelnen Ansprüche in diejenigen Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Erfüllungsrecht, Rechtsgüterschutz, Geschäftsführung ohne Auftrag) einordnen, in deren Sachzusammenhang sie entstehen?

6. Zuwendungen durch den Entreicherten

Beruht die Bereicherung auf einer Handlung des Entreicherten, unterscheiden die kontinentalen Rechte danach, ob er gegenüber dem Bereicherten zweckgerichtet, d.h. im Hinblick auf einen bestimmten Rechtsgrund handelte. Ist dies der Fall, erfolgt die Rückforderung mittels der Leistungskondiktion, entweder außerhalb oder als Sonderfall innerhalb des allgemeinen Bereicherungsanspruchs. Der Entreicherte kann dem Bereicherten aber auch aus anderen Gründen bewusst oder unbewusst einen Vermögensvorteil verschaffen. Hier stellt sich zunächst die Aufgabe, diejenigen Fälle auszuschließen, in denen der Vorteil des Bereicherten nur mittelbare Folge der Handlung des Entreicherten ist, etwa wenn dieser einen Deich baut, der auch die Nachbargrundstücke schützt. Die Rechtsordnungen arbeiten zu diesem Zweck mit einem Unmittelbarkeitserfordernis, einer restriktiven Auslegung des Merkmals „auf Kosten“ oder einem Ausschluss des Bereicherungsanspruchs bei Handlungen im Eigeninteresse.

Direkte Zuwendungen, die anerkanntermaßen einen Bereicherungsanspruch auslösen können, sind Verwendungen auf fremdes Eigentum und die Tilgung fremder Schulden. Die kontinentalen Rechte kennen in der gemeinrechtlichen Tradition eine Reihe spezieller Verwendungsersatzansprüche, die oft anderen Regeln folgen als der allgemeine Bereicherungsanspruch und daher Abstimmungsprobleme aufwerfen (Verwendungsersatz). Bei der Tilgung fremder Schulden kommt auch ein Regress mittels Geschäftsführung ohne Auftrag oder einer Subrogation in Betracht. In beiden Fallgruppen stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Bereicherungsanspruch nur in besonderen Konstellationen (etwa wenn der Entreicherte Verwendungen auf eine vermeintlich eigene Sache vornimmt) oder allgemein, und damit auch demjenigen gewährt werden soll, der bewusst und freiwillig das Vermögen eines anderen mehrt. Hinzu kommt, dass die Bereicherung für den Empfänger persönlich ohne Wert sein kann, etwa wenn er sein Eigentum anders verwerten will oder die getilgte Schuld kurz vor Eintritt der Verjährung stand. Das englische Recht missbilligt die unaufgeforderte Einmischung in fremde Angelegenheiten und macht den Bereicherungsanspruch daher von einem besonderen Grund, wie Irrtum oder Zwang, abhängig. Die kontinentalen Rechte neigen demgegenüber dazu, den Empfänger bei aufgedrängter Bereicherung mit einem subjektiven Maßstab bei der Bestimmung der Bereicherung zu schützen.

7. Rechtsverletzung durch den Bereicherten

Verschafft sich jemand einen Vermögensvorteil, indem er unberechtigt fremdes Gut nutzt, verwertet oder verbraucht, gewähren die europäischen Rechtsordnungen dem Inhaber des Guts häufig einen Anspruch gegen den Eingreifer auf Auskehrung des Vermögensvorteils. Dieser Anspruch wird freilich nicht überall als Bereicherungsanspruch aufgefasst: In Frankreich und Italien ist wegen der Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs in erster Linie der deliktische Schadensersatzanspruch zuständig, während der niederländische Bereicherungsanspruch häufig deswegen ausscheidet, weil er einen Schaden des Entreicherten voraussetzt. In den meisten Rechtsordnungen aber ist der Einwand, dass der Rechtsinhaber den Vorteil selbst nicht erzielen konnte oder wollte, unerheblich, weil ein Schaden oder eine Vermögensminderung des Rechtsinhabers entweder nicht verlangt oder schon darin gesehen werden, dass sein Gut ohne seine Zustimmung verwendet wurde. Gegenstand des Anspruchs ist in der Regel der objektive Wert des Erlangten, also der Preis, den der Eingreifer dem Inhaber für eine rechtmäßige Verwendung hätte leisten müssen. Nur in Sonderfällen, insbesondere bei vorsätzlichen Eingriffen, kann es auch einen Anspruch auf den Gewinn geben, den der Eingreifer erzielt hat (Gewinnhaftung).

Die Begründung des Restitutionsanspruchs ist auf zweierlei Art möglich. Im englischen Recht wird restitution traditionell als eine neben der Schadensersatzhaftung mögliche Sanktion bei einer widerrechtlichen Handlung, etwa einem Delikt oder einer Treuepflichtverletzung, angesehen. Es besteht daher keine Einigkeit darüber, ob restitution for wrongs überhaupt Bestandteil des Bereicherungsrechts ist oder nicht vielmehr zum Delikts- bzw. Treuhandrecht gehört. Insbesondere im deutschen Recht hat sich demgegenüber der Gedanke des Zuweisungsgehalts entwickelt: Der Anspruch beruht nicht auf der rechtswidrigen Handlung als solcher, sondern darauf, dass in eine Rechtsposition eingegriffen wurde, die dem Betroffenen zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung zugewiesen ist. Ein Bereicherungsanspruch scheidet dann aber aus, wenn der durch eine Rechtsverletzung erzielte Gewinn dem Rechtsinhaber nicht zugewiesen war, etwa wenn er durch die Veröffentlichung herabwürdigender Fotos erzielt wurde oder in der Belohnung eines Dritten für eine Körperverletzung besteht. Zunehmend findet sich daher die auch ins niederländische Gesetzbuch und in den Draft DCFR aufgenommene Kombinationslösung, wonach Vermögensvorteile aus Rechtsverletzungen nicht nur durch das Bereicherungsrecht, sondern in besonderen Fällen auch im Rahmen des Deliktsrechts abgeschöpft werden können (Art. 6:104 BW, Art. VI.-6:101(4) DCFR).

8. Mittelbare Bereicherung

Besondere Probleme bereiten Fälle der mittelbaren Bereicherung, sei es, dass ein Vermögensvorteil vom Entreicherten zunächst an einen Dritten und dann an den Bereicherten gerät, sei es, dass der Entreicherte eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten erfüllt und dabei zugleich das Vermögen des Bereicherten mehrt. Dem Bestreben, dem Entreicherten zumindest bei Insolvenz des Dritten einen Anspruch gegen den unzweifelhaft bereicherten Empfänger zu gewähren, steht der Gedanke des Verkehrsschutzes gegenüber, wonach der Empfänger sich nur mit dem Dritten auseinandersetzen muss, von dem er die Bereicherung empfangen hat, und durch Fehler im Verhältnis zwischen dem Entreicherten und dem Dritten nicht benachteiligt werden darf. Ein direkter Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger wird überall zumindest dann zugelassen, wenn dieser eine Sache erhielt, die sich zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des Entreicherten befand, eine Vindikation aber inzwischen wegen Vermischung, Einbau oder Weiterveräußerung nicht mehr möglich ist. Besonders weit kann diese dingliche Verbindungslinie zwischen Entreicherten und Bereicherten im englischen Recht gehen, das neben dem Eigentum at law auch Eigentum in equity anerkennt, das bei fehlerhaften Vermögensverschiebungen häufig beim ursprünglich Berechtigten verbleibt und sich auch auf Geldsummen und dingliche Surrogate beziehen kann. Überall wird der Empfänger aber dann vor Restitutionsansprüchen geschützt, wenn nach den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften ein entgeltlicher gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat (Erwerb vom Nichtberechtigten).

Hatte der Entreicherte kein dingliches Recht am vom Bereicherten empfangenen Gegenstand, hängt ein Bereicherungsanspruch davon ab, inwieweit die jeweilige Rechtsordnung eine Versionsklage zulässt. Besonders weit geht das französische Recht, nach dem selbst Leistungen zurückgefordert werden können, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit dem Dritten erbracht hat, solange nur ein Rechtsgrund im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Bereicherten fehlt und der Dritte insolvent ist. Andere Rechte, etwa das englische, schließen dagegen die Rückforderung von Leistungen aus, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit einem Dritten erbracht hat. Besonders restriktiv ist das deutsche Recht, wonach ein Anspruch gegen den Bereicherten grundsätzlich auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Vertrag mit dem Dritten unwirksam war. Ausnahmen zu den Beschränkungen der Versionsklage werden in den meisten Rechtsordnungen für den Fall anerkannt, dass der Empfänger die Bereicherung unentgeltlich erworben hat.

9. Vereinheitlichungsprojekte

Ausführliche Modellregeln zum Bereicherungsrecht finden sich in Buch VII des Draft DCFR, der hierbei einen eigenständigen, von den europäischen Rechtsordnungen losgelösten Ansatz verfolgt. Nach der Grundregel des Art. VII.-2:101 ist eine Bereicherung ungerechtfertigt, wenn nicht der Bereicherte aufgrund eines Rechtsgeschäfts, eines Urteils oder einer Rechtsvorschrift ein Recht auf die Bereicherung hatte oder der Entreicherte dem Bereicherungsvorgang ohne Willensmängel zustimmte. Sieht man von dem ungewöhnlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis ab, kommt der Entwurf hiermit sachlich der unjust-factor-Lehre der englischen Literatur nahe. Sonderregeln gibt es zur deliktischen Gewinnhaftung und zum Eingriff in Trustvermögen (Art. VI.-6:101(4) und Art. X.-7:203). Eine Kollisionsnorm zu Schuldverhältnissen aus ungerechtfertigter Bereicherung enthält Art. 10 der Rom II-VO (VO 864/2007).

Literatur

Eltjo Schrage (Hg.), Unjust Enrichment: The Comparative Legal History of the Law of Restitution, 1995; Konrad Zweigert, Hein Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, 538 ff.; Peter Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa: Eine rechtsvergleichende Darstellung, Bd. I, 2000, Bd. II, 2001; Frank L. Schäfer, Das Bereicherungsrecht in Europa: Einheits- und Trennungslehren im gemeinen, deutschen und englischen Recht, 2001; David Johnston, Reinhard Zimmermann (Hg.), Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, 2002; Jack Beatson, Eltjo Schrage (Hg.), Cases, Materials and Texts on Unjustified Enrichment, 2003; Reinhard Zimmermann (Hg.), Grundstrukturen eines Europäischen Bereicherungsrechts, 2005; Sonja Meier, No Basis: A Comparative View, in: Andrew Burrows, Lord Rodger of Earlsferry (Hg.), Mapping the Law: Essays in Memory of Peter Birks, 2006, 343 ff.; Ernst von Caemmerer, Peter Schlechtriem (Hg.), Restitution/Unjust Enrichment and Negotiorum Gestio, IECL X, 2007; Daniel Visser, Unjustified Enrichment in Comparative Perspective, in: Mathias Reimann, Reinhard Zimmermann (Hg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2008, 969 ff.