Pensionsfonds und Personalstatut: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Markus Roth]]''
von ''[[Kurt Siehr]]''
== 1. Internationale Entwicklung ==
== 1. Begriff ==
Pensionsfonds können im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge ([[Betriebsrenten]]) die Risiken des Alters, der Versorgung von Hinterbliebenen und der Invalidität abdecken. Internationale Vorbilder für Pensionsfonds finden sich in praktisch allen Ländern mit stark ausgeprägter betrieblicher Vorsorge, zuvorderst in den USA und in England. Grund für diese international größere Bedeutung ist nicht zuletzt das Steuerrecht, aber auch das größere Gewicht der betrieblichen Vorsorge in diesen Ländern (dazu näher unter [[Betriebsrenten]]). Bei dem Rekurs auf ausländische Vorbilder ist weiter zu berücksichtigen, dass im Jahr 2006 die zehn größten Pensionsfonds international solche der öffentlichen Hand waren. Dies gilt auch für die USA mit dem wohl bekanntesten Pensionsfonds, dem ''California Public Employee Retirement System'' (CalPERS). Weltweit größer als CalPERS sind der japanische ''Government Pension Investment Fund'', der norwegische ''Government Pension Fund'' und der niederländische ABP. Alle diese Pensionsfonds verwalteten im Jahre 2006 jeweils über USD 200 Mrd., wobei der norwegische ''Government Pension Fund'' auch als ''Sovereign Wealth Fund'' eingeordnet wird. Zur Bedeckung von Betriebsrentenansprüchen im engeren Sinne wurden in Europa im Jahre 2006 insgesamt Vermögenswerte in Höhe von EUR 4.200 Mrd. gehalten, Pensionsfonds verwalteten davon EUR 2.880 Mrd.
Der Begriff „Personalstatut“ ist doppeldeutig. Im normalen Leben bezeichnet er den Personenstand (''personal status'', ''état civil'', ''stato civile'') als den persönlichen Status einer Person im Sinne von verheiratet, geschieden, verwitwet oder in einer Partnerschaft lebend ([[Personenstandswesen]]). Meistens jedoch wird der Begriff im [[Internationales Privatrecht|IPR]] in einem anderen Sinne benutzt.


== 2. Der Anwendungsbereich der Pensionsfonds-RL ==
== 2. Personalstatut im internationalen Privatrecht ==
Der Pensionsfonds ist zentraler Regelungsgegenstand der RL 2003/‌41 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionsfonds-RL). Der Pensionsfonds-RL unterliegen grundsätzlich alle Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung; eine versicherungsförmige Ausgestaltung wird ermöglicht. Ein europarechtliches Näheverhältnis zwischen Pensionsfonds und Versicherungen signalisiert die Schaffung des beratenden Ausschusses für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung. Eine gemeinsame Aufsicht über Versicherungen und Pensionsfonds, wie nach dem deutschen Versicherungsaufsichtsgesetz, ist damit aber keineswegs vorgegeben. Vielmehr ist den Besonderheiten des Pensionsfonds und insbesondere der Möglichkeit einer Ausfallhaftung des Arbeitgebers Rechnung zu tragen.
Im IPR bezeichnet der Terminus „Personalstatut“ (''personal statute'', ''statut personnel'', ''statuto personale'', ''personeel statuut'', ''lei pessoal'', ''ley personal'') diejenige Rechtsordnung, welche die persönlichen Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person regelt. Unterschiedlich sind lediglich die Anknüpfung des Personalstatuts und dessen Umfang. Dieser moderne Begriff des Personalstatuts unterscheidet sich vom ''statutum personale'' der Statutentheorie dadurch, dass ein ''statutum personale ''aus einer Sachnorm bestand, die ihren eigenen Anwendungsbereich nach persönlichen Merkmalen eines oder der Beteiligten bestimmte.


Die Pensionsfonds-RL gilt nicht für Systeme der sozialen Sicherung, Versicherungen und Organismen für gemeinsame Anlage in Wertpapieren nach der OGAW-RL (RL 85/‌611). Sie gilt weiter nicht für Wertpapierdienstleister, Kreditinstitute, Lebensversicherungen, Einrichtungen, die nach dem Umlageverfahren arbeiten sowie Unternehmen, die im Hinblick auf die Auszahlung der Versorgungsleistungen an ihre Beschäftigten Pensionsrückstellungen bilden. Schließlich gilt sie nicht für Einrichtungen, bei denen die Beschäftigten der Trägerunternehmen keine gesetzlichen Leistungsansprüche haben und das Trägerunternehmen die Vermögenswerte jederzeit ablösen kann und seiner Verpflichtung zur Zahlung von Altersversorgungsleistungen nicht zwangsläufig nachkommen muss.
a) Bei ''natürlichen Personen'' wird das Personalstatut entweder an die Staatsangehörigkeit oder an den Wohnsitz/‌gewöhnlichen Aufenthalt (''domicile''/‌''habitual residence'') der betreffenden Person oder Personen angeknüpft. Die [[Anknüpfung]] an die Staatsangehörigkeit geht auf ''Pasquale Stanislao Mancini'' (1817–1888) und dessen Idee eines internationalen Privatrechts auf Grundlage der „nazionalità“ zurück, beherrschte die Haager Übereinkommen bis zum Zweiten Weltkrieg und wird heute noch von manchen nationalen IPR-Gesetzen befolgt (z.B. Art. 7 ff. EGBGB; Art. 5 griech. ZGB; Art. 20 ital. IPR-Gesetz, § 9 österreich. IPR-Gesetz, Art. 8 ff. poln. IPR-Gesetz, Art. 15 portug. ''Código civil'', Art. 9 span. ''Código civil'', Art. 9 ff. türk. IPR-Gesetz, § 11 ungar. IPR-VO). Diese Kodifikationen wollen offenbar die ehemals gemeinsame Linie der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit wegen deren leichteren Feststellbarkeit und Stabilität aufrechterhalten. Im Rahmen der [[Europäische Union|Europäischen Union]] gelingt dies aber immer weniger. Die langsame Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip wird zumindest von fünf Faktoren begünstigt: (1) Immer mehr Personen haben mehrere Staatsangehörigkeiten, und folglich ist zweifelhaft, an welche dieser Angehörigkeiten anzuknüpfen ist. (2) Es gibt viele gemischt-nationale [[Ehe]]n (''mariages mixtes''), bei denen der Gleichberechtigung zuliebe – an ein gemeinsames Merkmal anzuknüpfen ist und eine gemeinsame Staatsangehörigkeit fehlt. (3) Im [[Kindschaftsrecht, internationales|internationalen Kindschaftsrecht]] steht das Wohl des Kindes im Vordergrund, und die nächste Rechtsordnung, welche das Kindeswohl garantieren kann, ist häufig das Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt und nicht sein Heimatrecht. (4) Im interlokalen und transnationalen Rechtsverkehr verbietet sich die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, und zwar entweder weil eine Gliedstaatszugehörigkeit fehlt oder weil die Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat in einer Gemeinschaft als Diskriminierung von Ausländern verboten ist (vgl. Art. 12 EG/‌18 AEUV). (5) Sofern man bei einer Vereinheitlichung auch die Staaten des ''[[common law]]''-Rechtskreises einbinden will, empfiehlt sich die Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip; denn dieses ist ihnen seit langem fremd. Heute knüpfen deshalb die meisten Haager Übereinkommen primär an den [[Gewöhnlicher Aufenthalt|gewöhnlichen Aufenthalt]] an. Auch die EG plant, in den Verordnungen zum Ehe- und Erbrecht in erster Linie das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt von Personen zu berufen, und nationale IPR-Kodifikationen bekennen sich ebenfalls zum Aufenthalts- bzw. Wohnsitzprinzip (z.B. schweiz. IPRG).


== 3. Rechtsform von Pensionsfonds und Beteiligung der Arbeitnehmer ==
b) Bei ''Mehrstaatern'', also bei Personen, die mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzen, bereitet die Bestimmung des Personalstatuts auf der Grundlage des Staatsangehörigkeitsprinzips Schwierigkeiten. An welche dieser Staatsangehörigkeiten ist anzuknüpfen oder welche Hilfsanknüpfung ist zu wählen? Sehr verbreitet ist die Regel, dass bei einem Mehrstaater an die Angehörigkeit zu dem Staat angeknüpft wird, zu dem die Person die engsten Beziehungen, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl. etwa Art. 3 § 2 Nr. 2 belg. ''Code de droit international privé'', Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB, § 9 Abs. 1 S. 3 österreich. IPR-Gesetz, Art. 23 Abs. 2 schweiz. IPRG). Eingeschränkt wird diese Regel freilich häufig für inländische Mehrstaater. Für sie soll die inländische Staatsangehörigkeit vorgehen und das inländische Heimatrecht maßgebend sein (z.B. Art. 3 § 2 Nr. 1 belg. ''Code de droit international privé'', Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB, § 9 Abs. 1 S. 2 österreich. IPR-Gesetz, Art. 19 Abs. 2 S. 2 ital. IPR-Gesetz). Diese Regel dürfte im innereuropäischen Rechtsverkehr als Diskriminierung ausländischer Mehrstaater ungültig und daher insoweit nicht anwendbar sein.
Von der Pensionsfonds-RL nicht vorausgesetzt wird die Rechtsfähigkeit der Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung. Besitzen die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß den einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften keine Rechtspersönlichkeit, so wendet der betreffende Mitgliedstaat diese Richtlinie entweder auf die Einrichtung selbst oder auf die zugelassenen Stellen an, die für die Verwaltung der betreffenden Einrichtung verantwortlich und in ihrem Namen tätig sind. In Deutschland waren Pensionsfonds bis 1934 als unternehmenseigene Fonds akzeptiert; seit 2001 sind sie als externe Träger der betrieblichen Altersversorgung mit eigener Rechtspersönlichkeit im Versicherungsaufsichtsgesetz geregelt.


Bei Pensionsfonds ist die [[Mitbestimmung]] international weit verbreitet. Beim weltweit wohl bekanntesten Pensionsfonds, dem in Kalifornien beheimateten US-amerikanischen Pensionsfonds CalPERS stellen die begünstigten Arbeitnehmer sogar den Vorsitzenden des ''board'', Stellvertreter ist ein Vertreter der Pensionäre. In England waren nach dem ''Pensions Act 1995'' grundsätzlich ein Drittel der ''trustees'' von den Mitgliedern des ''schemes'' zu benennen. Der ''Pensions Act 2004'' hat den sogenannten ''employer opt-out'' gestrichen. Die Drittelbeteiligung ist nunmehr zwingend vorgesehen. Weiter enthält der ''Pensions Act 2004'' eine Ermächtigung des ''Secretary of State'', eine paritätische Benennung der ''trustees'' durch die Mitglieder des ''schemes'' festzusetzen. Die von den Berechtigten benannten ''trustees'' können auch an Entscheidungen mitwirken, die ihre eigenen Rechte als ''scheme member'' betreffen. Eine paritätische Mitbestimmung sieht das schweizerische, das dänische und das niederländische Recht vor.
c) Einer'' Unteranknüpfung'' bedarf es dort, wo die Hauptanknüpfung (an Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) das anwendbare Recht noch nicht festlegt ([[Anknüpfung]]). Das ist bei territorial und personal gespaltenen Rechtsordnungen der Fall. Wird das Heimatrecht einer Person durch Anknüpfung an ihre Staatsangehörigkeit berufen und ist das Heimatrecht territorial und/‌oder personal gespalten, so muss die maßgebende Teilrechtsordnung durch Unteranknüpfung bestimmt werden. Dieselbe Aufgabe besteht bei einer territorialen Hauptanknüpfung an Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt dann, wenn die so berufen Rechtsordnung personal gespalten ist. Primär sollte es der durch die Hauptanknüpfung berufenen Rechtsordnung überlassen werden, die maßgebende Teilrechtsordnung durch ihr interlokales oder interpersonales Privatrecht zu bestimmen. Fehlt ein solches interlokales oder interpersonales Privatrecht, so muss die maßgebende Teilrechtsordnung nach dem Prinzip der engsten Beziehung festgelegt werden. Bestimmt muss also werden, zu welcher territorialen oder personalen Rechtsordnung der primär berufenen Rechtsordnung die Person die engsten Beziehungen unterhält.


Die zur Übernahme in Deutschland vorgeschlagene paritätische Mitbestimmung in den Organen der Altersvorsorgeinstitution in der Schweiz ist bemerkenswert. Die Schweiz kennt, wie England, keine unternehmerische Mitbestimmung ([[Mitbestimmung]]). In Deutschland liegt der Fokus der Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf der Beteiligung des Betriebsrats insbesondere bei der Errichtung von Sozialeinrichtungen und im Hinblick auf die Regelung des Entgelts der Arbeitnehmer. Anders als international weithin üblich, kennt das deutsche Betriebsrentenrecht keine zwingende Beteiligung der Arbeitnehmer im Leitungs- oder Aufsichtsgremium externer Altervorsorgeinstitutionen. Eine Vertretung in den Organen ist weder für die Pensionskasse noch für den Pensionsfonds vorgesehen. Es verbleibt bei den allgemeinen Regeln über die unternehmerische Mitbestimmung.
d) Das Personalstatut ''juristischer Personen'' wird gesondert bestimmt. Vor allem zwei Möglichkeiten bestehen. Entweder wird an den statutarischen Sitz angeknüpft (Gründungstheorie, ''theory of place of incorporation'', ''théorie de la constitution ou du siège statutaire'', ''theoria della costituzione'') oder an den tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung des Unternehmens (Sitztheorie, ''real seat theory'', ''théorie du siège'', ''principio della sede''). Die europäischen Rechtsordnungen haben in ihrem autonomen Recht unterschiedlich angeknüpft. Während z.B. das Vereinigte Königreich und die Schweiz (Art. 154 Abs. 1 IPRG) der Gründungstheorie folgen und z.B. Deutschland, Österreich (§ 10 IPR-Gesetz) und Portugal (Art. 33 Abs. 1 ''Código civil'') die Sitztheorie vertreten, hat Italien ein Mischsystem: für ausländische Gesellschaften gilt die Gründungstheorie, für Gesellschaften mit Sitz der Verwaltung in Italien die Sitztheorie (Art. 25 Abs. 1 IPR-Gesetz). Das Haager Übereinkommen vom 1.6.1956 betreffend die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, Vereinen und Stiftungen, das von der Gründungstheorie ausgeht, ist nie in Kraft getreten. Die Sitztheorie verstößt nach der Rechtsprechung des EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags und ist deshalb im innereuropäischen Rechtsverkehr nicht mehr anwendbar ([[Gesellschaftsrecht, internationales]]).


== 4. Aufsicht über Pensionsfonds ==
e) Der ''Umfang des Personalstatuts'' erstreckt sich auf alle Fragen der Begründung, Wirkung und Auflösung von Familienverhältnissen, auf Fragen des Erbrechts und des Vertragsrechts, sofern nicht an den Ort eines Handelns (z.B. Formfragen), den Ort einer Belegenheit (z.B. Erbfolge in Immobiliarvermögen) oder an das Forum (z.B. Fragen der Eheschließung oder Ehescheidung) angeknüpft wird. Für juristische Personen enthält Art. 25 Abs. 2 des ital. IPR-Gesetzes eine gute Aufzählung derjenigen Fragen, die das Personalstatut einer juristischen Person beantwortet.
In Deutschland unterliegen neben Versicherungen auch Pensionskassen und Pensionsfonds der Versicherungsaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Eine solche Erstreckung der Versicherungsaufsicht auf Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge ist international eher unüblich. Insbesondere Länder mit stark ausgebildeter betrieblicher Vorsorge sehen für die Einrichtungen der betrieblichen Vorsorge eine spezielle Aufsicht vor. Auch wenn (wie etwa in Österreich) international nicht selten eine gemeinsame Aufsicht im Rahmen der allgemeinen Finanzmarktaufsicht erfolgt, kennen die hier näher untersuchten Länder mit besonderer Bedeutung von Betriebsrenten alle eine gesonderte Aufsicht über Einrichtungen betrieblicher Vorsorge. In England fällt die individuelle Vorsorge (''personal pension'') unter den Schutz des ''Financial Services and Markets Act 2000'', die betriebliche Vorsorge (''occupational pensions'') unter den Schutz des ''Pensions Act 1995''. Zuständig für die Aufsicht über Betriebsrenten ist nicht die ''Financial Markets Authority'' (FSA), sondern der ''Pensions Regulator''. Der ''Pensions Regulator'' erlässt ''Codes of Practice'' etwa zur Vermögensunterlegung von Beitragszusagen. In den USA besteht eine Bundesaufsicht für Betriebsrenten nach ERISA, genauer eine Aufsicht des ''Department of Labor'' und dort der ''Employee Benefits Security Administration''. In den USA nimmt das ''Department of Labor'' so Aufsichtsfunktion wahr, für Versicherungen besteht eine Aufsicht nach dem Recht der einzelnen Bundesstaaten. In der Schweiz sind auch nach Schaffung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht für die Beaufsichtigung von Betriebsrenten grundsätzlich die Kantone zuständig. Die OECD Empfehlungen für Grundregeln der Regulierung betrieblicher Vorsorge von 2004 sehen ausdrücklich eine Aufsicht über Pensionsfonds und Pensionspläne vor (Core Principles 6). In den folgenden Empfehlungen und Vorschlägen für Empfehlungen sieht die OECD vor, dass Zusagen in der betrieblichen Vorsorge mit Vermögen unterlegt sein sollten.


Nach der Pensionsfonds-RL kann der Herkunftsmitgliedstaat zulassen, dass eine Einrichtung für einen begrenzten Zeitraum nicht über ausreichende Vermögenswerte zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen verfügt. Die zuständigen Behörden verlangen von der Einrichtung in diesem Fall einen konkreten und realisierbaren Sanierungsplan, damit die an sich eingreifenden Maßstäbe für die Bedeckung mit Vermögenswerten wieder erfüllt sind. Die betreffende Einrichtung muss einen konkreten und realisierbaren Plan vorgelegen, aus dem hervorgeht, wie die zur vollständigen Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen erforderliche Höhe der Vermögenswerte innerhalb eines angemessenen Zeitraums erreicht werden soll. Der Plan muss auch den Versorgungsanwärtern oder gegebenenfalls ihren Vertretern zugänglich gemacht und/‌oder von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates genehmigt werden.
== 3. Personalstatut im internationalen Zivilverfahrensrecht  ==
a) Das ''[[Europäisches Zivilprozessrecht|Europäische Zivilprozessrecht]]'' knüpft die [[Zuständigkeit, internationale|internationale Zuständigkeit]] der Gerichte primär an den Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 EuGVO (VO 44/‌2001), Art. 3(a) und Art. 8 EuEheVO (VO 2201/‌2003), Art. 3 EuUnthVO (VO 4/‌2009)). Die Staatsangehörigkeit einer Partei spielt entweder gar keine Rolle (vgl. Art. 3(c) und (d) EuUnthVO) oder nur insoweit, als sie zusammen mit anderen Merkmalen die Zuständigkeit eines Gerichtes rechtfertigt (vgl. Art. 3(a) letzter Spiegelstrich EuGVO). Auch kann nach Art. 15(3)(c) EuEheVO ein Verfahren an das Heimatgericht des Kindes abgegeben werden.  


== 5. Anlagevorschriften ==
b) Im ''nationalen Zivilverfahrensrecht'' dominiert auch die Anknüpfung der Zuständigkeit an den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten. Allerdings gibt es dort häufiger eine regelmäßige oder eine Notzuständigkeit für eigene Staatsangehörige. Eine solche Heimatzuständigkeit findet sich z.B. in §§ 98 Abs. 1 Nr. 1, 99 Abs. 1 Nr. 1, 100 Nr. 1 und 101 Nr. 1 dt. FamFG, Art. 9 ital. IPR-Gesetz, Art. 43 Abs. 1 schweiz. IPRG oder § 55 lit. a ungar. IPR-VO. Eine subsidiäre Heimatzuständigkeit sehen z.B. Art. 47. 60 und 67 schweiz. IPRG vor.  
Nach der Pensionsfonds-RL sind die Vermögenswerte zum größtmöglichen Nutzen der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger anzulegen. Im Falle eines möglichen Interessenkonflikts sorgt die Einrichtung oder die Stelle, die das Portfolio verwaltet, dafür, dass die Anlage einzig und allein im Interesse der Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger erfolgt. Das alleinige Abstellen auf die Interessen der Begünstigten (''exclusive benefit rule'') wird in den USA kritisiert. Zutreffend wird man eine Anlage allein im Interesse der Berechtigten nur bei auf das Ergebnis der Vermögensverwaltung ausgerichteten Altersvorsorgeverträgen (betriebsrentenrechtlich: reine Beitragszusagen, ''defined contribution'') annehmen können. Bei Garantieelementen ist das eigene Interesse der Institution privater Vorsorge an einer Vermeidung der Haftung stets zu beachten. Gerechtfertigt werden so insbesondere konservativere Anlagestrategien.


Die Vermögenswerte einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne der Pensionsfonds-RL sind so anzulegen, dass die Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität des Portfolios insgesamt gewährleistet wird. Nach der Pensionsfonds-RL haben Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung die Anlagen in angemessener Weise zu streuen, so dass ein übermäßiger Rückgriff auf einen bestimmten Vermögenswert oder Emittenten oder auf eine bestimmte Unternehmensgruppe und größere Risikoballungen in dem Portfolio insgesamt vermieden werden. Anlagen in Vermögenswerten ein und desselben Emittenten oder von Emittenten, die derselben Unternehmensgruppe angehören, dürfen die Einrichtung nicht einer übermäßigen Risikokonzentration aussetzen. Vermögenswerte von der Pensionsfonds-RL unterfallenden Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung sind vorrangig an geregelten Märkten anzulegen. Anlagen in Vermögenswerten, die nicht zum Handel an geregelten Finanzmärkten zugelassen sind, müssen auf jeden Fall auf einem vorsichtigen Niveau gehalten werden. Anlagen in derivaten [[Finanzinstrument]]en sind zulässig, sofern sie zur Verringerung von Anlagerisiken oder zur Erleichterung einer effizienten Portfolioverwaltung beitragen. Ihr Wert muss mit der gebotenen Vorsicht unter Berücksichtigung des Basiswertes angesetzt werden und mit in die Berücksichtigung der Vermögenswerte der Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne der Pensionsfonds-RL einfließen. Ferner hat die Einrichtung ein übermäßiges Risiko in Bezug auf eine einzige Gegenpartei und auf andere Derivat-Geschäfte zu vermeiden.
== 4. Personalstatut im internen Recht ==
Im internen nationalen Recht spricht man nicht von „Personalstatut“. Hier ist von Personenstand, Zivilstand, „personal status“, „état civil“ oder „statuto civile“ die Rede. Damit soll nur angegeben werden, ob jemand verheiratet, geschieden, verwitwet oder partnerschaftlich gebunden ist. Der Ausdruck „ehelich“ oder „unehelich“ geboren ist keine Frage des Personenstandes, weil es diese Differenzierung in modernen Rechtsordnungen nicht mehr gibt. Stattdessen fragt man nur noch, ob die Mutter eines Kindes verheiratet ist oder nicht. In frankophonen Staaten, in denen das innerstaatliche materielle Fremdenrecht zum IPR zählt, wird häufig auch der Status als Ausländer oder Fremder als eine Frage des „état civil“ oder „statut personnel“ bezeichnet.


Nach der Pensionsfonds-RL hindern Mitgliedstaaten die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung nicht daran, bis zu 70 % der die versicherungsrechtlichen Rückstellungen bedeckenden Vermögenswerte, bzw. des gesamten Portfolios bei Systemen, in denen die Versorgungsanwärter die Anlagerisiken tragen, in Aktien, aktienähnlich begebbaren Wertpapieren und Industrieobligationen anzulegen, die zum Handel an geregelten Märkten zugelassen sind. Die Gewichtung dieser Wertpapiere im Anlageportfolio liegt im Ermessen der Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung. Sofern dies aus Gründen der Vorsicht geboten ist, können Mitgliedstaaten jedoch eine niedrigere Obergrenze für diejenigen Einrichtungen festlegen, die Altersversorgungsprodukte mit langjähriger Zinsgarantie anbieten, das Anlagerisiko selbst tragen und die Garantie selbst erstellen. Jedenfalls bis zu 30 % der die versicherungstechnischen Rückstellungen bedeckenden Vermögenswerte können in Vermögenswerten angelegt werden, die auf andere Währung als die der Verbindlichkeiten lauten.
Auf internationaler Ebene nimmt sich die [[Internationale Zivilstandskommission (CIEC)|Internationale Zivilstandskommission]] des Personenstandswesens an. Sie hat sich dabei sowohl um die Harmonisierung und Vereinheitlichung des materiellen Rechts gekümmert als auch – freilich in geringerem Umfang – um die Vereinheitlichung des [[Internationales Privatrecht|IPR]].
 
Nach der Pensionsfonds-RL hindern die Mitgliedstaaten Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung schließlich nicht daran, in Risikokapitalbeträge zu investieren. Die Erwägungsgründe der Richtlinie unterscheiden zwischen der Anlage in Aktien sowie der Anlage in Risikokapitalmärkte innerhalb bestimmter, durch das Vorsichtsprinzip gesetzter Grenzen. Dies lässt darauf schließen, dass der europäische Gesetzgeber, entgegen dem traditionellen deutschen Verständnis, den Einsatz von Aktien nicht als Risikokapital ansieht.
 
Mit Blick auf die Finanzmarktkrise, aber auch wegen der Neuregelung des Versicherungsrechts (''Solvency II'') abzuwarten bleibt, ob an Pensionsfonds erhöhte Solvabilitätsvorschriften gestellt werden, die sich auch auf die Anlagevorschriften auswirken könnten. Aus der Neuregelung der Solvabilitätsvorschriften für Versicherungsunternehmen, ''Solvency II'', wurden Pensionsfonds zunächst ausgeklammert. Es hat aber die Kommission bereits eine Befragung zur Harmonisierung von Art. 17 der Pensionsfonds-RL mit den Vorschriften für Versicherungsunternehmen durchgeführt.
 
== 6. Information ==
Vorgesehen wird von der Pensionsfonds-RL eine Produktinformation. Nach der Pensionsfonds-RL muss die ausreichende Information der Versorgungsanwärter über die Bedingungen, nach denen das Altersversorgungssystem funktioniert, sichergestellt werden, was vor allem die Rechte und Pflichten der Beteiligten des Altersversorgungssystems, die mit dem Altersversorgungssystem verbundenen finanziellen, versicherungstechnischen und sonstigen Risiken sowie die Art und Aufteilung dieser Risiken beinhaltet. Das deutsche Recht bedient sich hierfür im Wesentlichen der versicherungsaufsichtsrechtlich verankerten Information über die Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss sowie der bei laufendem Vertrag zu erteilenden Informationen über die Anlagemöglichkeiten, die Struktur des Anlagenportfolios und des Risikopotentials. Nach der Pensionsfonds-RL sind den Versorgungsanwärtern und Leistungsempfängern weiter die Erklärungen zur Anlagepolitik und die Erklärung über die Anlagegrundsätze zugänglich zu machen. Diese europäische Regelung ist zugleich der Grund dafür, dass in Deutschland die Information der Betriebsrentner und betrieblich für ihr Alter vorsorgenden über die Information der versicherungsförmig Vorsorgenden hinausgeht.


==Literatur==
==Literatur==
''Wolfgang Blomeyer'','' ''Betriebsrente durch Pensionsfonds, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1997, 1397 ff.; ''Werner Nussbaum'', Das System der beruflichen Vorsorge in den USA im Vergleich zum schweizerischen Recht, 1999; ''René Maatman'','' ''Dutch Pension Funds, Fiduciary duties and investing, 2004; ''Martin Jenkins'', ''Martin Poore'', Blackstone’s Guide to The Pensions Act 2004, 2005; ''Gordon L. Clark'','' Alicia H Munnell'','' J. Michael Orszag ''(Hg.), Oxford Handbook of Pensions an Retirement Income, 2006; ''Peter Hanau'','' Marco S. Arteaga'','' Volker Rieble'','' Annektarin Veit'', Entgeltumwandlung, Direktversicherung, Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds, 2. Aufl. 2006; ''Gavin Moffatt'', ''Dave Pollard'', ''Alec Ure'', Tolley’s Guide to The Pensions Act 2004, 2006;'' Markus Roth'', Private Altersvorsorge: Betriebsrentenrecht und individuelle Vorsorge: Eine rechtsvergleichende Gesamtschau, 2009.
''Albert Venn Dicey'','' ''The Law of Domicile as a Branch of the Law of England, 1879; ''Albert Venn Dicey'', ''Emile Stocquart'','' ''Le statut personnel anglais ou la loi du domicile envisagée comme branche du droit anglais, 1887; ''Ernst Wolff'','' ''Personalstatut für Gesellschaften, Vereine und Stiftungen, Entwurf eines Abkommens der 7. Haager Konferenz für internationales Privatrecht, in: Festschrift für Martin Wolff, 1952, 374 ff.; ''Eduard Wahl'','' ''Zur Entwicklung des Personalstatuts im europäischen Raum, Rückblick und Ausblick, in: Eduard Wahl, Rolf Serick, Hubert Niederländer (Hg.), Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung, 1967, 123 ff.; ''Alexander N. Makarov'','' ''Personalstatut und persönlicher Status, in: Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg, 1967, 115 ff.; ''Andreas Bucher'', Staatsangehörigkeit- und Wohnsitzprinzip: Eine rechtsvergleichende Übersicht, Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht 38 (1972) 76 ff.; ''Michel Verwilghen ''(Hg.), Nationalité et statut personnel. Leur interaction dans les traités internationaux et dans les législations nationales, 1984; ''Christian Rochat'', La dislocation du statut personnel, 1986; ''Heinz-Peter Mansel'','' ''Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, 1988; ''Albert Bastenier'','' ''Le statut personnel des musulmans, 1992; ''Hans-Georg Ebert'','' ''Das Personalstatut arabischer Länder, 1996; ''Jamal Jamil Nasir'','' ''The Islamic Law of Personal Status, 3. Aufl. 2002; ''Myriam Hunter-Henin'','' ''Pour une redéfinition du statut personnel, 2004.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Pension_Funds]]
[[en:Personal_Law]]

Version vom 28. September 2021, 18:21 Uhr

von Kurt Siehr

1. Begriff

Der Begriff „Personalstatut“ ist doppeldeutig. Im normalen Leben bezeichnet er den Personenstand (personal status, état civil, stato civile) als den persönlichen Status einer Person im Sinne von verheiratet, geschieden, verwitwet oder in einer Partnerschaft lebend (Personenstandswesen). Meistens jedoch wird der Begriff im IPR in einem anderen Sinne benutzt.

2. Personalstatut im internationalen Privatrecht

Im IPR bezeichnet der Terminus „Personalstatut“ (personal statute, statut personnel, statuto personale, personeel statuut, lei pessoal, ley personal) diejenige Rechtsordnung, welche die persönlichen Verhältnisse einer natürlichen oder juristischen Person regelt. Unterschiedlich sind lediglich die Anknüpfung des Personalstatuts und dessen Umfang. Dieser moderne Begriff des Personalstatuts unterscheidet sich vom statutum personale der Statutentheorie dadurch, dass ein statutum personale aus einer Sachnorm bestand, die ihren eigenen Anwendungsbereich nach persönlichen Merkmalen eines oder der Beteiligten bestimmte.

a) Bei natürlichen Personen wird das Personalstatut entweder an die Staatsangehörigkeit oder an den Wohnsitz/‌gewöhnlichen Aufenthalt (domicile/‌habitual residence) der betreffenden Person oder Personen angeknüpft. Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit geht auf Pasquale Stanislao Mancini (1817–1888) und dessen Idee eines internationalen Privatrechts auf Grundlage der „nazionalità“ zurück, beherrschte die Haager Übereinkommen bis zum Zweiten Weltkrieg und wird heute noch von manchen nationalen IPR-Gesetzen befolgt (z.B. Art. 7 ff. EGBGB; Art. 5 griech. ZGB; Art. 20 ital. IPR-Gesetz, § 9 österreich. IPR-Gesetz, Art. 8 ff. poln. IPR-Gesetz, Art. 15 portug. Código civil, Art. 9 span. Código civil, Art. 9 ff. türk. IPR-Gesetz, § 11 ungar. IPR-VO). Diese Kodifikationen wollen offenbar die ehemals gemeinsame Linie der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit wegen deren leichteren Feststellbarkeit und Stabilität aufrechterhalten. Im Rahmen der Europäischen Union gelingt dies aber immer weniger. Die langsame Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip wird zumindest von fünf Faktoren begünstigt: (1) Immer mehr Personen haben mehrere Staatsangehörigkeiten, und folglich ist zweifelhaft, an welche dieser Angehörigkeiten anzuknüpfen ist. (2) Es gibt viele gemischt-nationale Ehen (mariages mixtes), bei denen – der Gleichberechtigung zuliebe – an ein gemeinsames Merkmal anzuknüpfen ist und eine gemeinsame Staatsangehörigkeit fehlt. (3) Im internationalen Kindschaftsrecht steht das Wohl des Kindes im Vordergrund, und die nächste Rechtsordnung, welche das Kindeswohl garantieren kann, ist häufig das Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt und nicht sein Heimatrecht. (4) Im interlokalen und transnationalen Rechtsverkehr verbietet sich die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit, und zwar entweder weil eine Gliedstaatszugehörigkeit fehlt oder weil die Anknüpfung an die Zugehörigkeit zu einem Mitgliedstaat in einer Gemeinschaft als Diskriminierung von Ausländern verboten ist (vgl. Art. 12 EG/‌18 AEUV). (5) Sofern man bei einer Vereinheitlichung auch die Staaten des common law-Rechtskreises einbinden will, empfiehlt sich die Abkehr vom Staatsangehörigkeitsprinzip; denn dieses ist ihnen seit langem fremd. Heute knüpfen deshalb die meisten Haager Übereinkommen primär an den gewöhnlichen Aufenthalt an. Auch die EG plant, in den Verordnungen zum Ehe- und Erbrecht in erster Linie das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt von Personen zu berufen, und nationale IPR-Kodifikationen bekennen sich ebenfalls zum Aufenthalts- bzw. Wohnsitzprinzip (z.B. schweiz. IPRG).

b) Bei Mehrstaatern, also bei Personen, die mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzen, bereitet die Bestimmung des Personalstatuts auf der Grundlage des Staatsangehörigkeitsprinzips Schwierigkeiten. An welche dieser Staatsangehörigkeiten ist anzuknüpfen oder welche Hilfsanknüpfung ist zu wählen? Sehr verbreitet ist die Regel, dass bei einem Mehrstaater an die Angehörigkeit zu dem Staat angeknüpft wird, zu dem die Person die engsten Beziehungen, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (vgl. etwa Art. 3 § 2 Nr. 2 belg. Code de droit international privé, Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB, § 9 Abs. 1 S. 3 österreich. IPR-Gesetz, Art. 23 Abs. 2 schweiz. IPRG). Eingeschränkt wird diese Regel freilich häufig für inländische Mehrstaater. Für sie soll die inländische Staatsangehörigkeit vorgehen und das inländische Heimatrecht maßgebend sein (z.B. Art. 3 § 2 Nr. 1 belg. Code de droit international privé, Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB, § 9 Abs. 1 S. 2 österreich. IPR-Gesetz, Art. 19 Abs. 2 S. 2 ital. IPR-Gesetz). Diese Regel dürfte im innereuropäischen Rechtsverkehr als Diskriminierung ausländischer Mehrstaater ungültig und daher insoweit nicht anwendbar sein.

c) Einer Unteranknüpfung bedarf es dort, wo die Hauptanknüpfung (an Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) das anwendbare Recht noch nicht festlegt (Anknüpfung). Das ist bei territorial und personal gespaltenen Rechtsordnungen der Fall. Wird das Heimatrecht einer Person durch Anknüpfung an ihre Staatsangehörigkeit berufen und ist das Heimatrecht territorial und/‌oder personal gespalten, so muss die maßgebende Teilrechtsordnung durch Unteranknüpfung bestimmt werden. Dieselbe Aufgabe besteht bei einer territorialen Hauptanknüpfung an Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt dann, wenn die so berufen Rechtsordnung personal gespalten ist. Primär sollte es der durch die Hauptanknüpfung berufenen Rechtsordnung überlassen werden, die maßgebende Teilrechtsordnung durch ihr interlokales oder interpersonales Privatrecht zu bestimmen. Fehlt ein solches interlokales oder interpersonales Privatrecht, so muss die maßgebende Teilrechtsordnung nach dem Prinzip der engsten Beziehung festgelegt werden. Bestimmt muss also werden, zu welcher territorialen oder personalen Rechtsordnung der primär berufenen Rechtsordnung die Person die engsten Beziehungen unterhält.

d) Das Personalstatut juristischer Personen wird gesondert bestimmt. Vor allem zwei Möglichkeiten bestehen. Entweder wird an den statutarischen Sitz angeknüpft (Gründungstheorie, theory of place of incorporation, théorie de la constitution ou du siège statutaire, theoria della costituzione) oder an den tatsächlichen Sitz der Hauptverwaltung des Unternehmens (Sitztheorie, real seat theory, théorie du siège, principio della sede). Die europäischen Rechtsordnungen haben in ihrem autonomen Recht unterschiedlich angeknüpft. Während z.B. das Vereinigte Königreich und die Schweiz (Art. 154 Abs. 1 IPRG) der Gründungstheorie folgen und z.B. Deutschland, Österreich (§ 10 IPR-Gesetz) und Portugal (Art. 33 Abs. 1 Código civil) die Sitztheorie vertreten, hat Italien ein Mischsystem: für ausländische Gesellschaften gilt die Gründungstheorie, für Gesellschaften mit Sitz der Verwaltung in Italien die Sitztheorie (Art. 25 Abs. 1 IPR-Gesetz). Das Haager Übereinkommen vom 1.6.1956 betreffend die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, Vereinen und Stiftungen, das von der Gründungstheorie ausgeht, ist nie in Kraft getreten. Die Sitztheorie verstößt nach der Rechtsprechung des EuGH gegen die Niederlassungsfreiheit des EG-Vertrags und ist deshalb im innereuropäischen Rechtsverkehr nicht mehr anwendbar (Gesellschaftsrecht, internationales).

e) Der Umfang des Personalstatuts erstreckt sich auf alle Fragen der Begründung, Wirkung und Auflösung von Familienverhältnissen, auf Fragen des Erbrechts und des Vertragsrechts, sofern nicht an den Ort eines Handelns (z.B. Formfragen), den Ort einer Belegenheit (z.B. Erbfolge in Immobiliarvermögen) oder an das Forum (z.B. Fragen der Eheschließung oder Ehescheidung) angeknüpft wird. Für juristische Personen enthält Art. 25 Abs. 2 des ital. IPR-Gesetzes eine gute Aufzählung derjenigen Fragen, die das Personalstatut einer juristischen Person beantwortet.

3. Personalstatut im internationalen Zivilverfahrensrecht

a) Das Europäische Zivilprozessrecht knüpft die internationale Zuständigkeit der Gerichte primär an den Wohnsitz des Beklagten (Art. 2 EuGVO (VO 44/‌2001), Art. 3(a) und Art. 8 EuEheVO (VO 2201/‌2003), Art. 3 EuUnthVO (VO 4/‌2009)). Die Staatsangehörigkeit einer Partei spielt entweder gar keine Rolle (vgl. Art. 3(c) und (d) EuUnthVO) oder nur insoweit, als sie zusammen mit anderen Merkmalen die Zuständigkeit eines Gerichtes rechtfertigt (vgl. Art. 3(a) letzter Spiegelstrich EuGVO). Auch kann nach Art. 15(3)(c) EuEheVO ein Verfahren an das Heimatgericht des Kindes abgegeben werden.

b) Im nationalen Zivilverfahrensrecht dominiert auch die Anknüpfung der Zuständigkeit an den Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten. Allerdings gibt es dort häufiger eine regelmäßige oder eine Notzuständigkeit für eigene Staatsangehörige. Eine solche Heimatzuständigkeit findet sich z.B. in §§ 98 Abs. 1 Nr. 1, 99 Abs. 1 Nr. 1, 100 Nr. 1 und 101 Nr. 1 dt. FamFG, Art. 9 ital. IPR-Gesetz, Art. 43 Abs. 1 schweiz. IPRG oder § 55 lit. a ungar. IPR-VO. Eine subsidiäre Heimatzuständigkeit sehen z.B. Art. 47. 60 und 67 schweiz. IPRG vor.

4. Personalstatut im internen Recht

Im internen nationalen Recht spricht man nicht von „Personalstatut“. Hier ist von Personenstand, Zivilstand, „personal status“, „état civil“ oder „statuto civile“ die Rede. Damit soll nur angegeben werden, ob jemand verheiratet, geschieden, verwitwet oder partnerschaftlich gebunden ist. Der Ausdruck „ehelich“ oder „unehelich“ geboren ist keine Frage des Personenstandes, weil es diese Differenzierung in modernen Rechtsordnungen nicht mehr gibt. Stattdessen fragt man nur noch, ob die Mutter eines Kindes verheiratet ist oder nicht. In frankophonen Staaten, in denen das innerstaatliche materielle Fremdenrecht zum IPR zählt, wird häufig auch der Status als Ausländer oder Fremder als eine Frage des „état civil“ oder „statut personnel“ bezeichnet.

Auf internationaler Ebene nimmt sich die Internationale Zivilstandskommission des Personenstandswesens an. Sie hat sich dabei sowohl um die Harmonisierung und Vereinheitlichung des materiellen Rechts gekümmert als auch – freilich in geringerem Umfang – um die Vereinheitlichung des IPR.

Literatur

Albert Venn Dicey, The Law of Domicile as a Branch of the Law of England, 1879; Albert Venn Dicey, Emile Stocquart, Le statut personnel anglais ou la loi du domicile envisagée comme branche du droit anglais, 1887; Ernst Wolff, Personalstatut für Gesellschaften, Vereine und Stiftungen, Entwurf eines Abkommens der 7. Haager Konferenz für internationales Privatrecht, in: Festschrift für Martin Wolff, 1952, 374 ff.; Eduard Wahl, Zur Entwicklung des Personalstatuts im europäischen Raum, Rückblick und Ausblick, in: Eduard Wahl, Rolf Serick, Hubert Niederländer (Hg.), Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung, 1967, 123 ff.; Alexander N. Makarov, Personalstatut und persönlicher Status, in: Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg, 1967, 115 ff.; Andreas Bucher, Staatsangehörigkeit- und Wohnsitzprinzip: Eine rechtsvergleichende Übersicht, Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht 38 (1972) 76 ff.; Michel Verwilghen (Hg.), Nationalité et statut personnel. Leur interaction dans les traités internationaux et dans les législations nationales, 1984; Christian Rochat, La dislocation du statut personnel, 1986; Heinz-Peter Mansel, Personalstatut, Staatsangehörigkeit und Effektivität, 1988; Albert Bastenier, Le statut personnel des musulmans, 1992; Hans-Georg Ebert, Das Personalstatut arabischer Länder, 1996; Jamal Jamil Nasir, The Islamic Law of Personal Status, 3. Aufl. 2002; Myriam Hunter-Henin, Pour une redéfinition du statut personnel, 2004.