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Aktuelle Version vom 28. September 2021, 17:07 Uhr

von Reto M. Hilty

1. Begriff und Charakteristika des Lizenzvertrags

Durch Lizenzvertrag (licence agreement, contrat de licence) wird die Nutzung eines Rechts des geistigen Eigentums bzw. eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses gestattet. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten richten sich nach der privatautonomen Entscheidung der Parteien. Ein gemeineuropäisch anerkannter Kanon der den Vertrag prägenden Merkmale besteht nicht. Aus rechtsvergleichender Perspektive sind aber folgende Elemente als typisch hervorzuheben: (i) Beteiligt sind wenigstens zwei Parteien, nämlich ein Lizenzgeber und ein Lizenznehmer; (ii) der Lizenzgeber gestattet dem Lizenznehmer die beschränkte oder unbeschränkte Nutzung des ihm zustehenden Vertragsgegenstandes; (iii) das Vertragsverhältnis ist i.d.R. auf eine bestimmte oder unbestimmte Dauer gerichtet; (iv) üblicherweise ist der Lizenznehmer zur Erbringung einer Gegenleistung verpflichtet.

Als Gegenstand eines Lizenzvertrags kommen zum einen Güter in Frage, an denen der Lizenzgeber über eine rechtliche Abwehrposition verfügt (echte Lizenzverträge), so gewerbliche Schutzrechte, das Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte, aber auch gewisse Persönlichkeits- und Namensrechte. Möglich ist ferner die Lizenzierung faktisch exklusiver Güter, insbesondere von Geheimnissen bzw. Know-how (unechte Lizenzverträge).

Lizenzgeber kann sein, wer eine entsprechende rechtliche oder faktische Ausschließlichkeitsposition innehat, im Rahmen eines Unterlizenzverhältnisses aber auch der Lizenznehmer selbst. Möglich sind auch Kreuzlizenzen, bei welchen sich die Parteien gegenseitig Lizenzen erteilen und dabei wechselseitig als Lizenznehmer und Lizenzgeber agieren; bei komplexeren Parteiverhältnissen werden Lizenzgegenstände oft in Lizenzpools eingebracht.

Der Lizenzgeber ist typischerweise zur Genussverschaffung und ‑erhaltung verpflichtet; dazu kann die Beschränkung weiterer Lizenzvergaben oder auch der eigenen Nutzung kommen. Vereinbart sein können auch Pflichten zur Verbesserung des Lizenzgegenstandes, Garantiezusagen, Meistbegünstigungsklauseln oder Wettbewerbsabreden; letztere können Gegenstand kartellrechtlicher Beurteilung sein (Geistiges Eigentum und Wettbewerbsbeschränkung).

Die (außer bei einer Freilizenz) übliche Pflicht des Lizenznehmers zur Gegenleistung besteht meist in der Form einer Geldzahlung, mangels Pauschalvereinbarung verbunden mit einer Abrechnungspflicht (z.B. umsatz- bzw. gewinnabhängige oder gemischte Lizenzgebühr). Zusätzlich vereinbart sein können Pflichten zur Ausübung, zur Verbesserung des Lizenzgegenstandes, zu bestimmter Kennzeichnung oder Werbung, aber auch Nichtangriffsklauseln.

Welches materielle Vertragsrecht zur Anwendung gelangt, ist streitig und wird rechtsvergleichend uneinheitlich beurteilt. In Deutschland wird mehrheitlich von einem Vertrag sui generis ausgegangen; in der Praxis finden sich aber – nebst der Anwendung des allgemeinen Vertragsrechts – häufig wenig systematische Rückgriffe auf besondere Vertragstypen (insb. Miet- und Kaufrecht). In anderen Rechtsordnungen wird die Nähe zu den Gebrauchsüberlassungsverträgen stärker betont (z.B. in Frankreich, contrat de louage). Jedenfalls wird der Lizenzvertrag meist als Risikogeschäft angesehen, bei dem keine der Parteien den wirtschaftlichen Erfolg des Vertrages voraussehen und garantieren kann. Dies führt zu einer tendenziellen Abschwächung der Haftung des Lizenzgebers, es sei denn, er habe entsprechende Garantien übernommen oder ein Mangel (z.B. das mangelnde Funktionieren einer Erfindung) werde als voraussehbar beurteilt. Bei nachträglicher Nichtigkeit wird eine Rückzahlung der Lizenzgebühren im Allgemeinen abgelehnt.

Lizenzen können in gewisse Register für gewerbliche Schutzrechte eingetragen werden, wobei solche Eintragungen je nach Rechtsordnung unterschiedlich wirken. Im deutschen Recht haben sie nur deklaratorische Wirkung, es kommt allein auf die materiellrechtliche Lage an. In anderen Rechtsordnungen (wie Frankreich, Italien, in der Schweiz und Österreich) wirkt die Lizenzierung – wie die Übertragung – von Schutzrechten Dritten gegenüber (außer im Falle der Bösgläubigkeit) erst mit der Eintragung. Das europäische Recht zeigt deutliche Tendenzen zugunsten der letztgenannten Lösung, d.h. einer Publizitätswirkung der betreffenden Register.

Abzugrenzen ist der Lizenzvertrag primär von Übertragungsverträgen. Kennzeichen des Lizenzvertrags ist dabei, dass der Lizenzgeber die Herrschaft über den Vertragsgegenstand grundsätzlich behält und die genannten Pflichten (dauer‑)schuldrechtlicher Natur sind; sie enden durch Ablauf der Vertragszeit oder durch Kündigung ex nunc. Bei der Übertragung findet demgegenüber eine Verfügung über den Vertragsgegenstand statt, welche in ein Austauschverhältnis mündet (i.d.R. Kaufv). Angesichts des Wesens immaterieller Vertragsgegenstände kann der Übertragungsvertrag indessen unterschiedliche, vom Lizenzvertrag nicht stets einfach zu unterscheidende Formen annehmen, so im Falle teilweiser bzw. beschränkter Übertragung.

Weiterhin abzugrenzen ist der Lizenzvertrag von Dienstleistungsverträgen, bei denen nicht die Nutzung eines „fertigen“ Immaterialguts, sondern z.B. seine Herstellung im Vordergrund steht. Besondere Formen von Lizenzverträgen stellen sodann etwa Franchiseverträge (Franchising) dar, bei welchen der Franchisenehmer Produkte oder Dienstleistungen des Franchisegebers unter der Verpflichtung vertreibt, Vorgaben betreffend Ausstattung, Namen, Kennzeichen etc. einzuhalten. Bei gesellschaftsähnlichen Lizenzverträgen verfolgen die Parteien ein gemeinsames Ziel, woraus sich gesteigerte Treuepflichten ergeben können.

2. Arten von Lizenzverträgen

Die Möglichkeiten der Ausgestaltung eines Lizenzvertrages sind mannigfaltig; dies führte in der Praxis des Lizenzrechts zu gewissen, nicht abschließenden Kategorienbildungen. Übergeordnet ist dabei die Differenzierung danach, ob die Parteien auf konsensualer Basis zu einem Vertragsschluss gelangen oder ob die Nutzungserlaubnis unter gegebenen Bedingungen auf gesetzlicher Anordnung in den Schutzrechtserlassen beruht (konditionale Lizenzen, etwa die Zwangslizenz nach Art. 12 Biotechnologie-RL (RL 98/‌44).

Konditionale Lizenzen sind stets negativer Natur, d.h. sie bedeuten einzig einen (gesetzlich erzwungenen) Verzicht auf die Geltendmachung der Rechtsposition ohne weitergehende Pflichten des Lizenzgebers. Auch konsensuale Lizenzen können rein negativ vereinbart sein; damit entfällt z.B. eine Haftung des Lizenzgebers für Mängel des Lizenzgegenstands. Üblicherweise ist aber von der positiven Natur der Lizenzerteilung auszugehen, d.h. Vertragsinhalt ist nicht nur der bloße Verzicht, sondern die Verschaffung einer positiven Benutzungsbefugnis mit bestimmten Merkmalen, verbunden mit einer Haftung bei Mängeln, etwa bei vertragswidrigem Bestehen von Rechten Dritter am Lizenzgegenstand.

Zentral für die Kategorisierung von (konsensualen) Lizenzvereinbarungen sind Fragen der Reichweite bzw. der Form der Nutzungsgestattung, dies unter verschiedenen Gesichtspunkten. Zunächst lassen sich nicht-ausschließliche von ausschließlichen Lizenzen unterscheiden; Merkmal der ersteren (einfachen) Lizenzen ist, dass der Lizenzgeber weitere Lizenzen am Vertragsgegenstand erteilen darf. Bei der ausschließlichen Lizenz sind weitere Lizenzerteilungen demgegenüber ausgeschlossen, wobei zuweilen weiter danach unterschieden wird, ob sich der Lizenzgeber seinerseits die Nutzung vorbehält (sole licence). Praktisch denkbar sind aber auch Zwischenformen, indem z.B. nur gewisse weitere Lizenzen erteilt werden dürfen (qualifizierte Lizenzen).

An die Unterscheidung in ausschließliche und nicht ausschließliche Lizenzen knüpft eine dogmatische Diskussion über die Rechtsnatur des Lizenzvertrages an, welche in Europa nicht einheitlich gesehen wird. Während die Mehrzahl der Länder alle Formen des Lizenzvertrags als rein obligatorisches Rechtsgeschäft sieht, fasst die überwiegende Lehre in Deutschland und Österreich nur die einfache Lizenz so auf, während sie die ausschließliche Lizenz als „quasidinglich“ (besser: absolut), d.h. mit Wirkung erga omnes versteht. Die praktische Auswirkung dieser Differenz liegt darin, dass der (ausschließliche) Lizenznehmer ohne diesen Ansatz – theoretisch – weder über ein eigenes Klagerecht gegen Dritte (z.B. bei Rechtsverletzung) noch im Falle einer Veräußerung des Lizenzgegenstandes durch den Lizenzgeber über einen Sukzessionsschutz verfügt. Folge dieser unterschiedlichen Sichtweisen ist, dass auf europäischer Ebene eine Harmonisierung bisher nicht erreicht wurde; so haben die Mitgliedstaaten nach Art. 4(b) der Durchsetzungs-Rl (RL 48/‌2004) „insbesondere“ Lizenznehmern ein Recht, die in der Richtlinie vorgesehenen Rechtsbehelfe bei Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums zu beantragen, nur einzuräumen, „soweit dies nach den Bestimmungen des anwendbaren Rechts zulässig ist und mit ihnen in Einklang steht“ (Geistiges Eigentum (Durchsetzung)). Aus praktischer Sicht ist der Nutzen der absolutrechtlichen Konstruktion der ausschließlichen Lizenz heute zweifelhaft; weder entspricht sie notwendigerweise dem Willen der Vertragsparteien, noch spiegelt sie mit ihrer scharfen Zweiteilung die Vertragsrealität. Erreicht werden kann der erwünschte Schutz des Lizenznehmers stattdessen mittels entsprechender gesetzlicher Anordnung, wie dies sowohl auf nationaler (einschließlich Deutschlands) als auch auf europäischer Ebene inzwischen zunehmend geschieht (s.u. 3.). Darüber hinaus können die Parteien selbst entsprechende Wirkungen durch beschränkte Übertragung erreichen; letztlich reduzieren sich die Differenzen damit auf die terminologische Ebene.

Aus der Sicht der Parteien von herausragender Bedeutung sind schließlich Begrenzungen der Berechtigung des Lizenznehmers; möglich sind solche sowohl in sachlicher (Herstellungs-, Vertriebs-, Gebrauchslizenz etc.), räumlicher (Gebietslizenz), mengenmäßiger (Quotenlizenz) oder zeitlicher Hinsicht.

Leistungsstörungen resultieren namentlich aus der Missachtung derartiger vertraglicher Begrenzungen der Lizenzberechtigung, wobei gegebenenfalls nicht nur Vertragspflichten, sondern – mangels eines eingeräumten Nutzungsrechts – auch involvierte Schutzrechte verletzt sein können. Schon im Vorfeld des Vertragsschlusses ist der Lizenzvertrag durch weitreichende Informationspflichten und entsprechende vorvertragliche Haftungskonstellationen gekennzeichnet. Weiterhin typisch sind einerseits Probleme mit Bezug auf den Lizenzgegenstand, der sich nachträglich – aber mit Wirkung ex tunc – als rechtlich inexistent herausstellen kann (z.B. ein erteiltes Patent für eine Entwicklung, die bereits zum Stand der Technik gehört) oder der entgegen der Zusicherung des Lizenzgebers mangels Erteilung nie entsteht. Oftmals stellen sich solche Rechtsmängel erst nach Jahre der Nutzung heraus, was in jenen Rechtsordnungen eine besondere dogmatische Herausforderung bedeutet, welche derartige Konstellationen als ursprüngliche Unmöglichkeit qualifizieren und daran die Folge der Vertragsnichtigkeit knüpfen. Vielschichtige Problemkonstellationen ergeben sich im Übrigen, wenn Drittpersonen involviert sind, so namentlich dann, wenn ältere Rechte mit dem Lizenzgegenstand konfligieren oder wenn der Lizenzgegenstand ohne Überbindung der Lizenzgebereigenschaft veräußert wird. Letztere Problematik wird heute oft – und insb. auch im Gemeinschaftsrecht – registerrechtlich aufgefangen (s.u. 3.); beim Urheberrecht steht dieser Ausweg mangels entsprechender Register jedoch nicht zur Verfügung.

3. Der Lizenzvertrag im inter­nationalen und europäischen Recht

Wie in den meisten nationalen Rechtsordnungen hat der Lizenzvertrag weder auf internationaler noch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene eine eingehende Regelung erfahren. Seine Zulässigkeit wird vielmehr vorausgesetzt, was sich in sektoralen Regelungen sowohl im Recht des geistigen Eigentums (wo zuweilen zwischen einer punktuellen Übertragung der Rechte und einer dauernden Nutzungsgestattung durch Lizenzierung unterschieden wird; s.a. Art. 9(4) Vermiet- und Verleih-RL (RL 2006/‌115) als auch des Wettbewerbsrechts zeigt.

Bezogen auf das Recht des geistigen Eigentums wird der Begriff des Lizenzvertrages bzw. der Lizenz in mehreren Rechtsakten der Gemeinschaft verwendet; Regelungen der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien fehlen jedoch, da die Harmonisierung jeweils nur die Schutzrechte als solche – „als Gegenstand des Vermögens“ (Art. 16–24 VO 40/‌94 = Art. 16–24 VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 27–34 VO 6/‌2002; Art. 22–28 VO 2100/‌94) – erfasst, nicht hingegen die entsprechenden vertragsrechtlichen Fragen. Für jene verweisen die europäischen Rechtsakte regelmäßig auf die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, wobei mangels abweichender spezifischer Anordnung auch die Gemeinschaftsrechte (Gemeinschaftsmarke, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, Sortenschutz) – wie auch das vom Gemeinschaftsrecht unabhängig bestehende europäische (Bündel‑) Patent (Patentrecht; Europäisches Patent – Gemeinschaftspatent) – jenen mitgliedstaatlichen Regelungen unterliegen, die für ein entsprechendes nationales Schutzrecht gelten würden (Art. 16 VO 40/‌94 = Art. 16 VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 27 VO 6/‌2002; Art. 22 VO 2100/‌94; Art. 74 EPÜ).

Weiterhin finden sich im Gemeinschaftsrecht mehrere Ansatzpunkte, welche dem Typus des Lizenzvertrags gewisse Konturen verleihen. So ergibt sich die Zulässigkeit der sachlich und räumlich beschränkten Lizenzierung nicht nur aus den kartellrechtlichen Anweisungen zur Überprüfung entsprechender Verträge; auch bezogen auf das jeweilige Schutzrecht selbst wird in unterschiedlicher Form klargestellt, dass dieses ganz oder teilweise, ausschließlich oder nicht ausschließlich sowie für das gesamte Gebiet oder einen Teil der Gemeinschaft Gegenstand von Lizenzen sein kann; siehe etwa Art. 8 Markenrechts-RL (RL 104/‌89, konsolidiert durch RL 2008/‌95); Art. 22(1) VO 40/‌94 = Art. 22(1) VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 32(1) VO 6/‌2002; Art. 73 EPÜ; etwas abweichend Art. 27(1) VO 2100/‌94). Ebenso stellt das Gemeinschaftsrecht klar, dass der Verstoß gegen eine zeitliche, sachliche und räumliche Beschränkung der Lizenz durch den Lizenznehmer nicht nur vertragsrechtliche Rechte, sondern auch das zugrunde liegende Schutzrecht verletzt; siehe Art. 8 Markenrechts-RL (RL 89/‌104); Art. 22(2) VO 40/‌94 = Art. 22(2) VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 32(2) VO 6/‌2002; Art. 27(2) VO 2100/‌94.

Punktuell aufgefangen werden im Gemeinschaftsrecht sodann die dogmatischen Differenzen hinsichtlich der Rechtsnatur der (ausschließlichen) Lizenz (s.o. 2.). Zum einen wird unter gewissen Voraussetzungen die Aktivlegitimation des Lizenznehmers für den Fall statuiert, dass Dritte das lizenzierte Recht verletzen. Grundsätzlich erforderlich ist zwar die Zustimmung des Rechtsinhabers, doch kann der ausschließliche Lizenznehmer selbständig agieren, wenn der Lizenzgeber nach Aufforderung innerhalb einer angemessenen Frist die Verletzungsklage nicht selbst erhoben hat. Ferner kann jeder Lizenznehmer einer vom Rechtsinhaber erhobenen Verletzungsklage beitreten, um den Ersatz seines eigenen Schadens geltend zu machen (Art. 22(3),(4) VO 40/‌94 = Art. 22(3),(4) VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 32(3), (4) VO 6/‌2002). Zum andern hält das Gemeinschaftsrecht die konstitutive Wirkung der Registereintragung von Rechtsübertragungen und Lizenzen im Verhältnis zu Dritten fest. Vor der Registereintragung kann es also zum gutgläubigen Erwerb (Erwerb vom Nichtberechtigten) kommen (Art. 23 VO 40/‌94 = Art. 23 VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]); Art. 33 VO 6/‌2002; für die Übertragung Art. 23(4) VO 2100/‌94).

Bezogen auf das Wettbewerbsrecht (Geistiges Eigentum und Wettbewerbsbeschränkung) hat der Lizenzvertrag im Rahmen des sog. Lizenzkartellrechts eine punktuelle gesetzliche Regelung erfahren; dabei geht es um die Frage, inwieweit Vertragsklauseln wettbewerbsbehindernde Vereinbarungen i.S.v. Art. 81 EG/‌101 AEUV darstellen. Diese Problematik wird auch auf der Ebene des internationalen Rechts angesprochen (Art. 40 TRIPS), da Lizenzpraktiken, die den Wettbewerb beschränken, auch nachteilige Auswirkungen auf den Handel haben und die Weitergabe und Verbreitung von Technologie behindern können.

Auf europäischer Ebene werden die maßgeblichen Vorgaben in Gruppenfreistellungsverordnungen gemäß Art. 81(3) EG/‌101(3) AEUV konkretisiert; für den Lizenzvertrag vorab relevant ist die Technologietransfer-VO (VO 772/‌ 2004). Im Gegensatz zur Vorgänger-VO 240/‌96, welche im Erwägungsgrund 5 noch den Lizenzvertrag definiert hatte, verwendet die VO 772/‌ 2004 den weiteren Begriff „Technologietransfer-Vereinbarung“; darunter fallen Patentlizenzvereinbarungen, Know-how-Vereinbarungen, Softwarelizenz-Vereinbarungen oder gemischte Patentlizenz-, Know-how- oder Softwarelizenz-Vereinbarungen ebenso wie Vereinbarungen, die sich auf den Erwerb oder Verkauf von Produkten oder auf die Lizenzierung oder die Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum beziehen, sofern diese Bestimmungen nicht den eigentlichen Gegenstand der Vereinbarung bilden und unmittelbar mit der Produktion der Vertragsprodukte verbunden sind. Als Technologietransfer-Vereinbarung gilt zudem „die Übertragung von Patent-, Know-how- oder Software-Rechten sowie einer Kombination dieser Rechte, wenn das mit der Verwertung der Technologie verbundene Risiko zum Teil beim Veräußerer verbleibt, insbesondere wenn der als Gegenleistung für die Übertragung zu zahlende Betrag vom Umsatz abhängt, den der Erwerber mit Produkten erzielt, die mithilfe der übertragenen Technologie produziert worden sind, oder von der Menge dieser Produkte oder der Anzahl der unter Einsatz der Technologie durchgeführten Arbeitsvorgänge“ (Art. 1(1)(b) VO 772/‌2004). Im Kern lehnt sich die europäische Regelung stark an die US-amerikanischen Antitrust Guidelines for the Licensing of Intellectual Property des U.S. Department of Justice und der Federal Trade Commission vom 6.4.1995 an; primäres Kriterium für eine Nichtanwendung des Kartellrechts sind dabei Marktanteilsschwellen (Art. 3 VO 772/‌2004), während bestimmte Vereinbarungen als Kernbeschränkungen definiert werden (Art. 4).

4. Der Lizenzvertrag im Einheitsrecht

Der Lizenzvertrag als eigenständiger Vertragstyp ist in den akademischen Entwürfen für das europäische Vertragsrecht bisher nicht gesondert berücksichtigt worden. Folglich ist im Hinblick auf Fragen der gegenseitigen Rechte und Pflichten, von Leistungsstörungen und dergleichen auf die allgemeinen Regelungen wie etwa die Principles of European Contract Law (PECL) zurückzugreifen. Auch der Draft Common Frame of Reference (DCFR) enthält im Buch IV über besondere Verträge keine Regelung des Lizenzvertrags. Gleichwohl finden sich in diesem jüngsten Text für ein einheitliches europäisches Vertragsrecht gewisse Bezugnahmen auf Verträge über Rechte des geistigen Eigentums. Indirekt kommen einige Grundzüge im DCFR damit auch für den Lizenzvertrag zum Tragen.

Gemäß Art. IV.A.-1:101(2)(c) DCFR sind die Regelungen zum Kauf beweglicher körperlicher Gegenstände auf den Kauf von immateriellen Gütern (Know-how) und Rechten des geistigen Eigentums entsprechend anzuwenden (entsprechend etwa dem deutschen § 453 BGB). Indirekt ergibt sich daraus insoweit eine Abgrenzung dieses Austauschvertrags gegenüber dem Lizenzvertrag (als Dauerschuldverhältnis), als für die Miete als dem Vertrag zur Nutzungsgestattung an körperlichen Gegenständen ebenfalls gesonderte Regelungen bestehen (Art. IV.B.-1:101 ff.). Diese Bestimmungen werden – anders als das Kaufrecht – für Gestattungsverträge an Rechten des geistigen Eigentums und an Know-how aber nicht für entsprechend anwendbar erklärt.

Mehrere Aspekte des Lizenzvertragsrechts kommen sodann in den Sonderregelungen zum Handelsvertreter- (Handelsvertreter), Franchise- (Franchising) und Vertriebsvertrag (Vertrieb) indirekt zum Tragen. Dass diese Vertragstypen wiederum vom Lizenzvertrag zu unterscheiden sind, ergibt sich freilich zunächst aus Art. IV.E.-1:101 DCFR, wonach dieser Teil des Entwurfs für einen DCFR Verträge erfasst, bei denen eine selbständig unternehmerisch tätige Partei die Waren und Dienstleistungen der anderen Partei auf den Markt bringt. Der Lizenzvertrag hingegen soll den Lizenznehmer typischerweise (von reinen Vertriebslizenzen abgesehen) erst in die Lage versetzen, Waren oder Dienstleistungen selbst herzustellen oder herstellen zu lassen und sich hierbei der Rechte des geistigen Eigentums bzw. des Know-hows des Lizenzgebers zu bedienen. Dennoch finden sich für den Lizenzvertrag relevante Gesichtspunkte insbesondere im Abschnitt zum Franchising hinsichtlich der Befugnis und zugleich Verpflichtung des Franchisenehmers zur Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums und Know-hows (Art. IV.E.-4:101 DCFR). Wie der Lizenzgeber ist auch der Franchisegeber zur Genussverschaffung und ‑erhaltung verpflichtet (Art. IV.E.-4:201(1), (2), 4:202 DCFR), während die Hauptpflicht des Franchise- wie üblicherweise des Lizenznehmers in der Zahlung der vereinbarten Gebühren liegt (Art. IV.E.-4:301 DCFR).

Angesichts der ausführlichen Regelungen des Handelsvertreter-, Franchise- und Vertriebsvertrages stellt sich freilich die Frage, warum der Lizenzvertrag als oft zugrunde liegender, wirtschaftlich höchst relevanter Vertragstyp nicht seinerseits explizit berücksichtigt wurde. Für die Entwicklung eines gemeineuropäischen Ansatzes spricht insbesondere die regelmäßig grenzüberschreitende Relevanz solcher Rechtsbeziehungen; aber auch die aufgrund stiefmütterlicher Behandlung des Lizenzvertrags durch die nationalen Gesetzgeber bestehende Rechtsunsicherheit ruft im Interesse einer Kostenreduktion für die Wirtschaftsteilnehmer nach Klärungen auf europäischer Ebene.

Literatur

Wolfgang Lüdecke, Ernst Fischer, Lizenzverträge, 1957; Martin Hauser, Der Patentlizenzvertrag im französischen Recht im Vergleich zum deutschen Recht, 1983; David Marchese, Iain C. Baillie, Business Licensing Agreements, 1994; Reto M. Hilty, Lizenzvertragsrecht, 2001; Günter Henn, Patent- und Know-how-Lizenzvertrag, 5. Aufl. 2003; Louis Pahlow, Lizenz und Lizenzvertrag im Recht des Geistigen Eigentums, 2005; Frank L. Fine, The EC Competition Law on Technology Licensing, 2006; Kurt Bartenbach, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 6. Aufl. 2007; Jochen Pagenberg, Dietrich Beier, Lizenzverträge/‌License Agreements, 6. Aufl. 2008; Michael Groß, Der Lizenzvertrag, 9. Aufl. 2008.

Abgerufen von Lizenzverträge – HWB-EuP 2009 am 23. November 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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