Betriebsrenten und Konzernrecht: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Brigitte Haar]]''
== 1. Praktische Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge ==
== 1. Gegenstand und Zweck ==
Die praktische Bedeutung der betrieblichen Altersvorsorge wird aufgrund des demographischen Wandels und der dadurch mit verursachten Krise der staatlichen Rentensysteme in Zukunft weiter zunehmen. Dies gilt insbesondere für diejenigen kontinentaleuropäischen Länder, in denen, wie etwa in Deutschland, die betriebliche Vorsorge erst schwach entwickelt ist. In Europa und darüber hinaus weltweit bestehen hinsichtlich der Bedeutung der privaten Vorsorge starke Unterschiede. Diese beruhen nicht zuletzt auf einer teilweise sehr großen Bedeutung staatlicher Alterssicherungssysteme wie der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Teilweise beruhen beobachtete Unterschiede auch auf differierenden Definitionen betrieblicher Vorsorge im Gesamtsystem der Alterssicherung. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Zahlen verschiedener Organisationen.  
Das Konzernrecht regelt die schutz- und organisationsrechtlichen sowie hier insbesondere die gesellschaftsrechtlichen Aspekte aller Formen von Unternehmensverbindungen. Als Teildisziplin des Gesellschaftsrechts berührt es eine große Bandbreite wirtschaftsrelevanter Rechtsgebiete, wie z.B. das Steuerrecht, das bilanz- und abschlussprüfungsbezogene Konzernrecht, das [[Kartellrecht]] und das [[Übernahmerecht]] sowie das [[Insolvenz der Kapitalgesellschaft|Insolvenzrecht der Kapitalgesellschaften]]. Sein Regelungsgegenstand sind Unternehmensverbindungen, die sich in der Regel aus mehreren selbständigen Gliedern als Tochtergesellschaften zusammensetzen und unter der einheitlichen Leitung eines herrschenden Unternehmens zusammengefasst werden. Als Kriterium für eine Unternehmensverbindung werden insbesondere für den typischen Fall des Unterordnungskonzerns der Kontrollbegriff oder der beherrschende Einfluss eines Unternehmens in Bezug auf ein anderes abhängiges Unternehmen herangezogen. Betriebswirtschaftlich liegen der Konzernorganisation meist das Bemühen um erhöhte organisatorische Flexibilität, Rationalisierung, Synergieeffekte und steuerliche Vorteile zugrunde. Sobald ein Unternehmen der einheitlichen Leitung eines anderen Unternehmens unterstellt wird, wird auch die Zweckverfolgung dieses abhängigen Unternehmens dem herrschenden Unternehmen anheimgestellt. Den hieraus folgenden Gefahren für die Minderheitsgesellschafter und die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft soll mit Hilfe des Konzernrechts Rechnung getragen werden.


Nach Zahlen der OECD entsprach das von den Pensionsfonds in den OECD-Ländern im Jahre 2007 (2005) verwaltete Vermögen durchschnittlich 75,3 % (86,7 %) des Bruttosozialprodukts. Übertroffen wurde dieser Durchschnitt von Island (134,0 % bzw. 123,2 %) den Niederlanden (132,2 % bzw. 124,9 %), der Schweiz (119,4 % bzw. 117,4 %) sowie jedenfalls in einem der Erhebungszeiträume im Vereinigten Königreich (86,1 % bzw. 70,1 %) und den Vereinigten Staaten von Amerika (74,3 % bzw. 98,9 %). Deutschland kommt nach der OECD auf lediglich 4,1 % (3,9 %), nach der Statistik der Arbeitsgemeinschaft betrieblicher Altersversorgung, die auch die rückstellungsbasierten Versorgungszusagen mit einbezieht, auf immerhin 16 % des Bruttosozialprodukts (2004), nach Zahlen von ''Watson Wyatt Worldwide'' (2008)auf 10%.  
Ungeachtet dieser Regelungserfordernisse nimmt sich der historische Hintergrund dieses Rechtsgebiets eher mager aus. Da in Deutschland die Konzentration durch die grundsätzlich erlaubte Kartellierung gefördert wurde, herrschte zwar schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg die Meinung vor, dass eine diesbezügliche Reform und Regelung nötig sei. Gleichwohl sieht erst das Aktiengesetz von 1965 konzernspezifische, allerdings nur fragmentarische Regeln vor, nachdem das Aktiengesetz von 1937 sich auf Vorschriften zu Unternehmensverträgen beschränkt hatte. Ungeachtet bemerkenswerter Fortentwicklungen in der deutschen Rechtsprechung und Lehre im Laufe der Jahrzehnte fehlt im übrigen europäischen Ausland und auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ein kodifiziertes oder gar harmonisiertes Konzernrecht. Eine Ausnahme bilden lediglich Portugal, das sich 1986 zu einer gesetzlichen Regelung entschloss, sowie Teilkodifikationen in Slowenien, Tschechien und Ungarn. Auf europäischer Ebene zielte man zunächst ohne Erfolg auf eine Vollharmonisierung ab. So sah das ursprüngliche Statut für eine Europäische Aktiengesellschaft gläubiger- und minderheitenschützende Vorschriften vor. Darüber hinaus schlug die [[Europäische Kommission]] in zwei Entwürfen von Richtlinienvorschlägen ([[Richtlinie]]), dem Vorentwurf einer Konzernrechts-RL I. Teil von 1974, II. Teil von 1975 und dem Vorentwurf der Neunten Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL), jeweils eine Normierung des Konzernrechts vor.


Aufgrund der Finanzmarktkrise ist das von Pensionsfonds und anderen Trägern der betrieblichen Vorsorge verwaltete Vermögen zum Teil deutlich zurückgegangen. Nach ''Watson Wyatt Worldwide'' betrugen die zur Bedeckung von Betriebsrenten gehaltenen Vermögenswerte in den 11 wichtigsten Märkten (USA, Japan, das Vereinigte Königreich, Kanada, die Niederlande, Australien, die Schweiz, Deutschland, Frankreich, und Hong Kong) Ende 2007 noch 82 % des Bruttosozialproduktes, bis Ende 2008 war dieser Wert auf 61 % des Bruttosozialproduktes gesunken.  
== 2. Rechtsentwicklung ==
Auch ohne ein kodifiziertes Konzernrecht bedürfen die im Rahmen einer Konzernierung auftretenden Interessenkonflikte einer rechtlichen Regelung. Insbesondere in Großbritannien werden Konzernkonflikte durchgängig mit den herkömmlichen Instrumenten des Zivil- und Gesellschaftsrechts bewältigt. Auch in den übrigen Mitgliedstaaten ist das Konzernrecht auf eingrenzbare gesellschaftsrechtliche Sachverhalte beschränkt. Betroffen sind insbesondere die Konzernbildung, die übernahmerechtlich geregelt und auf diese Weise dem erforderlichen Minderheitenschutz zugeführt wird, und die generelle Konzernproblematik ganz überwiegend unter Rückgriff auf das allgemeine Instrumentarium des Zivil- und Gesellschaftsrechts gewährleistet werden soll. Erst in jüngerer Zeit wurden im Zuge der Reform des Gesellschaftsrechts in Italien 2003 in Art. 2497–2497-sexies ''Codice civile'' konzernspezifische Regeln eingeführt, die neben erhöhter Transparenz Barabfindungsrechte der ausscheidenden Minderheitsgesellschafter (Art. 2497-quater'' Codice civile'') sowie eine Haftung der Konzernobergesellschaft für die Verletzung der Grundsätze richtiger gesellschaftsrechtlicher und unternehmerischer Leitung (Art. 2497 ''Codice civile'') vorsehen.


== 2. Formen betrieblicher Altersvorsorge ==
Auf gesamteuropäischer Ebene blieb der Versuch, auf der Grundlage einer gleich zweifachen Harmonisierung ein europäisches Konzernrecht zu verwirklichen, erfolglos. So haben die konzernrechtlichen Regeln für die [[Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)|Europäische Aktiengesellschaft (''Societas Europaea'')]] nicht ihren Weg in den Verordnungsvorschlag von 1989 gefunden. Auch die breiter auf das gesamte Recht der verbundenen Unternehmen ausgerichtete, bereits oben erwähnte Neunte Richtlinie von 1984/‌85 (Konzernrechts-RL) blieb auf der Strecke. Stattdessen widmete sich die Diskussion im ''Forum Europaeum Konzernrecht'', einer europäisch zusammengesetzten privaten Forschergruppe, in der Folge in ihren Überlegungen der Regelung einzelner konzernspezifischer Interessenkonflikte, ohne dass sich hier das deutsche Modell als maßgeblich erwies. Dies zeigt sich an der kapitalmarktrechtlichen Prägung einzelner vorgeschlagener Regelungselemente wie insbesondere der des Pflichtangebots und der Austrittsrechte (''appraisal rights''), die ihren Ursprung im britischen, stärker am Kapitalmarkt ausgerichteten Recht haben. Diese Gedanken haben zum Teil im Anschluss an Überlegungen der ''High Level Group of Company Law Experts'' Eingang in den Aktionsplan von 2003 gefunden und sind europäisches Recht geworden. Ungeachtet dieser Entwicklung zeichnet sich ein Bedeutungsrückgang einer gesamteuropäischen Konzernrechtsharmonisierung ab, was sich mit dem zunehmenden [[Wettbewerb der Rechtsordnungen]] in Anbetracht der EuGH-Rechtsprechung (EuGH Rs.&nbsp;C-212/‌97 – ''Centros'', Slg. 1999, I-1459''<nowiki>;</nowiki>'' EuGH Rs.&nbsp;C-208/‌00 – ''Überseering'', Slg. 2002, I-9919''<nowiki>; </nowiki>''EuGH Rs.&nbsp;C-167/‌01 – ''Inspire Art'', Slg. 2003, I-10155), mit Systemunterschieden oder Konvergenzen des Gesellschaftsrechts begründen lässt. An die Stelle einer Harmonisierung ist in Ansätzen die Herausbildung eines Konzernrechts in der Rechtsprechung des [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] getreten. Letzterer hat in seinen Judikaten zur grenzüberschreitenden [[Umwandlung/‌Spaltung/‌‌Verschmelzung|Umwandlung]] (EuGH Rs.&nbsp;C-411/‌03 – ''SEVIC'', Slg. 2005, I-10805), zu den Goldenen Aktien in Bezug auf Konzerne mit staatlicher Beteiligung oder solchen unter besonderem staatlichen Einfluss (in Bezug auf Deutschland EuGH Rs.&nbsp;C-112/‌05 – ''Volkswagen-Gesetz'','' ''Slg. 2007, I-8995) sowie denjenigen zur Konzernbesteuerung (erste Leitentscheidung in EuGH Rs.&nbsp;C-446/‌03 – ''Marks & Spencer'', Slg. 2005, I-10837) auf der Grundlage der Grundfreiheiten wichtige Voraussetzungen für ein ''level playing field'' im [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarkt]] präzisiert. Wie in der neueren ''Cartesio-''Entscheidung des EuGH (16.12.2008, Rs.&nbsp;210/‌06, NJW 2009, 569) deutlich geworden ist, fehlt es jedoch noch an einer für die Unternehmensumstrukturierung und &#8209;mobilität wichtigen Regelung der Sitzverlegung. Für die Verwirklichung des Plans der Kommission, die Freiheit der Sitzverlegung als Baustein eines europäischen Konzernrechts herzustellen, müssten die bisher nur als Vorentwurf vorliegenden Arbeiten für eine Vierzehnte Richtlinie über die Sitzverlegung vom 20.4.1997 weiterverfolgt werden. Dessen ungeachtet hat der EuGH mit den genannten Leitentscheidungen maßgebliche Eckdaten für ein europäisches Konzernrecht vorgegeben, das durch eine Kernbereichsharmonisierung und im Übrigen durch einen Wettbewerb zwischen den mitgliedstaatlichen Gesetzgebern gekennzeichnet ist. Insbesondere der Letztgenannte wird in seiner Bedeutung eher zunehmen, wenn im europäischen [[Gesellschaftsrecht]] die Bemühungen der Europäischen Kommission um Subsidiarität und Deregulierung als Leitprinzipien des europäischen Gesellschaftsrechts weiterhin Geltung beanspruchen.
Bei der privaten Vorsorge kann generell zwischen ''reinen Leistungszusagen'' (''defined benefit''), ''reinen Beitragszusagen'' (''defined contribution'') und ''Mischformen'' (''hybrid pensions'') unterschieden werden. Vorab fest vereinbarte Leistungen (''defined benefit'') finden sich vor allem in Form von Betriebsrenten und Leibrentenversprechen. Auf das Ergebnis der Vermögensverwaltung (''defined contribution'') verwiesen ist der Anleger insbesondere bei der Vermögens- und Fondsverwaltung und international bei Betriebsrenten ohne Garantiezusage des Arbeitgebers. Häufig werden nur Teile der erwarteten späteren Rente garantiert. Bei deutschen Kapitallebensversicherungen, aber auch bei Betriebsrentenzusagen über Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds ist von einer Mischform (''hybrid pensions'') auszugehen. Das deutsche Betriebsrentengesetz erkennt, anders als international üblich, eine reine Betragszusage bislang nicht an. Seit den 1970er Jahren wird die Durchführung der betrieblichen Altersvorsorge auf nationaler Ebene in besonderen Gesetzen geregelt. So bestehen etwa in Deutschland nach dem Betriebsrentengesetz mit der Direktzusage, der Unterstützungskasse, der Direktversicherung, der Pensionskasse und neuerdings auch dem Pensionsfonds fünf Durchführungswege.


== 3. Europäische Regelungen und Regelungsvorschläge ==
== 3. Regelungsstrukturen ==
Als europäische Regelung betrieblicher Vorsorge zu nennen ist die Pensionsfonds-RL (RL&nbsp;2003/41) die an anderer Stelle ausführlich dargestellt wird ([[Pensionsfonds]]). Spezielle Regelungen treffen die Richtlinie zur Wahrung ergänzender Rentenansprüche (RL&nbsp;98/49) sowie die Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (RL&nbsp;80/987). Die Richtlinie zur Wahrung ergänzender Rentenansprüche dient dem Schutz der Betriebsrentenansprüche bei einem Arbeitsplatzwechsel innerhalb der Europäischen Union. Die Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers sieht die Einrichtung einer Garantieeinrichtung zum Schutz der Betriebsrentenansprüche der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vor. Damit ist keine vollständige Garantie der Betriebsrentenansprüche gefordert, die Mitgliedstaaten können die Zahlungen der Garantieeinrichtung beschränken. Zwingend ist nur ein in der Richtlinie näher geregeltes Mindestniveau. Eine umfassendere Regelung der betrieblichen Vorsorge wurde unter dem Stichwort der Portabilitäts-RL diskutiert, die derzeit allerdings nicht mehr weiterverfolgt wird.
=== a) Konzernkonflikte ===
Mit der zuletzt genannten Entwicklungslinie scheint zugleich der wichtigste Ausgangspunkt für die Regelungsstrukturen im europäischen Konzernrecht auf, das entscheidend durch eine weitgehende Heranziehung der mitgliedstaatlichen Vorschriften gekennzeichnet ist. Auch ohne Konzernrecht werden in allen Mitgliedstaaten spezifische Konzernkonflikte mit Hilfe gesellschafts- und kapitalrechtlicher Normen gelöst. Deutlich wird dies bereits bei der Konzernbildung, bei der es in allen Mitgliedstaaten außer in Deutschland entscheidend auf die Ausübung von Kontrolle ankommt und damit ein unmittelbarer Bezug zur Stimmenmehrheit hergestellt wird. Die Regelungsalternative in Deutschland hingegen erklärt den beherrschenden Einfluss für maßgeblich, der gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muss, aber sich möglicherweise erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände wie einer regelmäßig niedrigen Hauptversammlungspräsenz zu einem herrschenden Einfluss verdichtet. Dieser Unterschied setzt sich hinsichtlich des Konzernbildungsprozesses fort, für den das deutsche Aktienkonzernrecht in §&nbsp;291 AktG den in den meisten übrigen Mitgliedstaaten unbekannten organisationsrechtlichen Beherrschungsvertrag zusätzlich zum bloßen Mehrheitserwerb als Handlungsform und Bestimmungsfaktor der Konzernverfassung im deutschen Recht vorsieht. Der Beherrschungsvertrag rechtfertigt die Nachteilszufügung durch die herrschende Gesellschaft.


Mit der Portabilitäts-RL angesprochen ist der ursprünglich als Vorschlag für eine Richtlinie des [[Europäisches Parlament|Europäischen Parlament]]s und des Rates ([[Rat und Europäischer Rat]]) bezeichnete Entwurf der Kommission zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen. Der Entwurf der Portabilitäts-RL ist bislang insbesondere an deutschem Widerstand gescheitert. Er wurde von der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] zunächst als Richtlinie über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern durch Verbesserung der Begründung und Wahrung von Zusatzrentenansprüchen in modifizierter Form weiterverfolgt. Aus dem Vorschlag herausgenommen wurde die Regelung der Übertragbarkeit von Betriebsrentenansprüchen (Portabilität). Neben dem erwähnten Entwurf bestehen Vorarbeiten interessierter Parteien zum Thema paneuropäischer Pensionspläne, so dass es unter der neuen Kommission zu einer Wiederaufnahme des Vorhabens kommen könnte.  
Mangels Beherrschungsvertrags wird es der Obergesellschaft in den übrigen Mitgliedstaaten, wie auch im deutschen Recht des faktischen Konzerns, untersagt, eine Verletzung der Interessen der abhängigen Gesellschaft anzuregen oder gar hierzu anzuweisen. Ungeachtet dieser Verpflichtung der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft zur Wahrung der Interessen ihrer Gesellschaft lässt sich die Erforderlichkeit einer Ausrichtung an den Konzerninteressen im Rahmen der Geschäftsführung nicht gänzlich von der Hand weisen. Trotz einer langwährenden Ablehnung des möglichen Vorrangs des Konzerninteresses im deutschen Konzernrecht hat mittlerweile auch in der europäischen Diskussion im Hinblick auf die zweite Stufe des Aktionsplans der Europäischen Kommission vom 21.5.2003 eine Führung und Überwachung der Tochtergesellschaft im Konzerninteresse an Bedeutung gewonnen. Dies stützt sich auf Vorschläge des ''Forum Europaeum'' für eine Berücksichtigung von Konzerninteressen, die sich an die ''Rozenblum-''Doktrin des französischen Rechts nach einer gleichnamigen Entscheidung der französischen ''Cour de Cassation'' (Cass. crim. 4.2.1985, Revue Sociale 1985, 648) anlehnen. Voraussetzung hiernach ist für einen Vorrang des Konzerninteresses die Verfestigung der Unternehmensgruppe, die Verfolgung einer kohärenten Unternehmenspolitik sowie die Ausgewogenheit von Vor- und Nachteilen innerhalb der Unternehmensgruppe.


== 4. Externe Bedeckung mit Vermögenswerten  ==
=== b) Konzernhaftung ===
International werden in den angloamerikanischen Ländern die Rentenansprüche der Mitarbeiter durch gesonderte Vermögenswerte gesichert und von Treuhändern gehalten ([[Trust und Treuhand|''Trust'' und Treuhand]]). Sowohl das englische als auch das US-amerikanische Recht sehen vor, dass das die Rentenansprüche besichernde Vermögen als ''trust'' gehalten wird, geregelt ist dies in den USA im Betriebsrentenrecht, in England jedenfalls im Steuerrecht. Entsprechend der internationalen Praxis sehen die OECD ''Guidelines on Funding and Benefit Security in Occupational Pension Plans'' eine Bedeckung von Betriebsrentenplänen mit gesonderten Vermögenswerten vor, ohne allerdings lediglich rückstellungsgedeckte Betriebsrentenzusagen auszuschließen. Blickt man auf das ''trust''-Recht als Grundlage dieses Konzepts betrieblicher Vorsorge, so fällt auf, dass auch die Niederlande und die Schweiz als Länder mit ausgeprägter betrieblicher Vorsorge und einer zwingenden Belegung der Betriebsrentenansprüche mit aus dem Unternehmen ausgelagerten Vermögenswerten die Haager ''Trust''-Übereinkommen gezeichnet haben.
Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Nachteilsausgleich für eine Unternehmensleitung im Konzerninteresse zu Lasten der Tochtergesellschaft stellt sich auch die Frage nach der Konzernhaftung. Zu unterscheiden sind hierbei Modelle einer strikten Strukturhaftung, bei der die bloße Gesellschafterstruktur die Haftung auslöst, und Modelle einer Verhaltenshaftung, die für eine Haftung am Verhalten der Muttergesellschaft anknüpfen. Eine allgemeine Strukturhaftung, die letztlich einer organischen Konzernverfassung nahe steht, hat sich auf gesamteuropäischer Ebene nicht durchsetzen können. Stattdessen zeichnet sich das Konzernhaftungsrecht sowohl auf mitgliedstaatlicher als auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene durch Verhaltenselemente aus. Hier stellt sich die Haftung der Obergesellschaft als Korrelat der Verletzung insbesondere von Verhaltenspflichten der Geschäftsführung dar. Niederschlag gefunden hat der Verhaltensansatz bereits in Art.&nbsp;9 und 10 des Vorentwurfs einer Neunten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL). Besonders offensichtlich ist dieser Ansatz bei den Vorschlägen des ''Forum Europaeum'', der ''High Level Group'' sowie des Aktionsplans zu Geschäftsleiterpflichten in der Krise. Auch in diesem Punkt neigt die Diskussion nicht zu einem strukturorientierten allgemeinen Konzerndurchgriff, sondern befürwortet seit dem ''Forum Europaeum'' eine Anlehnung an die englischen Regeln des ''wrongful trading ''bzw. die französische und belgische ''action en comblement du passif'', die jeweils Merkmale einer Insolvenzverschleppungshaftung aufweisen. Für die Insolvenz wird dann die Frage der internationalen Zuständigkeit von besonderer Bedeutung, da sie das auf die [[Insolvenz, grenzüberschreitende|grenzüberschreitende Insolvenz]] anwendbare Recht präjudiziert (''lex fori concursus ''nach Art.&nbsp;4 EuInsVO, VO&nbsp;1346/‌2000).


Mit der Bedeutung nur rückstellungsgedeckter Betriebsrentenzusagen nimmt Deutschland aber auch im (kontinental&#8209;)europäischen Vergleich eine Sonderstellung ein. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu Ländern mit großer Bedeutung der Betriebsrenten im System der Alterssicherung. In den Niederlanden wird argumentiert, dass die Pensionsfonds auf Grundlage der Grundsätze der ''fiducia cum amico'', der uneigennützigen Treuhand, und damit des kontinentaleuropäischen Pendants des ''trust'', agieren. In der Schweiz ist eine Bedeckung mit gesondertem Vermögen obligatorisch. Eine Bildung nur von Rückstellungen kennen in Europa auch Österreich, Italien, Spanien und Schweden, sie spielt dort aber eine deutlich geringere Rolle. Nach den Zahlen der ''European Federation for Retirement Provision'' betragen die lediglich durch Rückstellungen gedeckten Betriebsrentenzusagen in Europa im Jahre 2006 insgesamt EUR 313.9 Mrd., davon entfallen über 87&nbsp;% oder EUR 273.47 Mrd. auf Deutschland.
Die weiteren Instrumente zum Schutz der außenstehenden Gesellschafter im Rahmen des Konzernierungsprozesses wie Auskaufsrechte der Konzernmutter (''squeeze-out'')'' ''sowie Austritts- (''sell-out)'' und Abfindungsrechte der Minderheitsgesellschafter (''appraisal rights'') bei Konzerneingang und &#8209;ausgang haben mittlerweile in den Mitgliedstaaten aufgrund der Übernahme-RL (RL&nbsp;2004/‌25, [[Übernahmerecht]]) allgemeine Geltung.


Als praktischer Innovationsmotor des deutschen Betriebsrentenrechts hat sich nunmehr die Bilanzierung der Betriebsrentenansprüche nach internationalen Rechnungslegungsstandards und insbesondere IAS/IFRS erwiesen. Für den Konzernabschluss ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Abschluss nach IAS/IFRS auch für deutsche Unternehmen obligatorisch. Insbesondere um eine besseres Rating zu erhalten, unterlegen die deutschen Unternehmen die Betriebsrentenansprüche der Arbeitnehmer zunehmend mit Vermögenswerten (''asset funding''). Eine Befragung von Unternehmehmensleitern hat ergeben, dass dem Rating eine höhere Bedeutung für die Kapitalstruktur des Unternehmens begemessen wird, als der Einflussnahme von Aktionären. Bei den DAX 30-Unternehmen sind so mittlerweile etwa zwei Drittel der Verbindlichkeiten gesondert mit Vermögen belegt. Ein solches ''asset funding'' erlaubt es jedenfalls praktisch, die Verbindlichkeiten nicht gesondert in der Bilanz als Fremdkapital aufzuführen und so eine höhere Rendite auf das verbleibende Kapital auszuweisen. Der Ausweis der Pensionsverbindlichkeiten war bei einer Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch zuletzt auch von der Rechtsprechung als verpflichtend angesehen worden, ohne dass aber die Möglichkeit bestand, die Bilanz durch eine Vermögensunterlegung dieser Verbindlichkeiten zu „verkürzen“. Praktisch erfolgt eine solche Bilanzverkürzung nach IAS/ IFRS, indem mit Vermögen unterlegte Pensionsverbindlichkeiten nicht mehr bilanziert werden müssen. Das 2009 vom Bundestag verabschiedete Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz sieht as nunmehr auch für die Bilanzierung nach Handelsgesetzbuch vor. Abzustellen ist nach dem Handelsgesetzbuch in der Neufassung der entsprechenden Bilanzierungsvorschriften durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz auf einen durchschnittlichen Marktzinssatz bei einer angenommenen Laufzeit von 15 Jahren.
== 4. Vereinheitlichungsprojekte ==
=== a) Misserfolg einer Vollharmonisierung ===
Die Entwicklung eines europäischen Konzernrechts ist eng an die Entwicklung des europäischen [[Gesellschaftsrecht]]s gekoppelt. Hierbei hat die Europäische Kommission zunächst bis Mitte der achtziger Jahre mehrere Versuche unternommen, das Konzernrecht zu harmonisieren. Den Anfang bildete der Verordnungsvorschlag für die ''Societas Europaea'' mit einer an eine organische Ordnung angelehnte Konzernverfassung von 1970, der ebenso wie der Verordnungsvorschlag für die SE ohne konzernrechtliche Regeln von 1989 scheiterte. Bereits der ebenfalls letztlich gescheiterte zweite Vorentwurf einer Neunten Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL) hatte anstelle des Modells einer organischen Konzernverfassung die Unterscheidung zwischen Vertragskonzern, Eingliederung und vertragsloser Abhängigkeit bzw. Konzernverhältnis übernommen. In Anbetracht des Misserfolgs einer Vollharmonisierung sind die weiteren Regelungen durch ihren lediglich fragmentarischen, bereichs- und branchenspezifischen Charakter gekennzeichnet. Bruchstückhaft ist das Recht der ''SE ''in konzernrechtlicher Hinsicht deshalb geblieben, weil die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft vom 8.10.2001 (SE-VO, VO&nbsp;2157/‌2001) keine wie noch die Verordnungsvorschläge von 1970 und 1975 rechtsformgebundenen Konzernrechtsregeln enthielt. Gleichwohl ist der ''SE ''ein konzernrechtsgestaltender Gehalt notwendigerweise immanent. Dies ergibt sich aus der Funktion dieser Gesellschaftsform, für europaweit agierende Unternehmen eine Rechtsform bereit zu halten. In diesem Zusammenhang erweisen sich vor allem die Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Verschmelzung ([[Umwandlung/‌Spaltung/‌‌Verschmelzung]]) und Sitzverlegung ([[Gesellschaftsrecht, internationales]]) sowie zur Errichtung einer internationalen ''Holding'' als bedeutsam für die konzernrechtliche Unternehmenspraxis ([[Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)|Europäische Aktiengesellschaft (''Societas Europaea'')]]).


== 5. Einbeziehung, Verfallbarkeit und Übertragbarkeit (Portabilität) ==
=== b) Konzern- und branchenspezifische Regeln ===
International werden die Einbeziehung in Betriebsrentensystem sowie die Verfallbarkeit und die Übertragbarkeit von Ansprüchen uneinheitlich gehandhabt. Eine Verpflichtung zur Einbeziehung in ein System betrieblicher Altersvorsorge besteht in Europa etwa in der Schweiz, eine sehr hohe Beteiligung weisen auch die Niederlande auf. Die automatische Einbeziehung in Betriebsrentensysteme (''automatic enrollment'') führt nach modernen verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen einer stark ansteigenden Beteiligung der Arbeitnehmer an der betrieblichen Altersvorsorge. Für Deutschland wurde ein ''automatic enrollment'' vom 64.&nbsp;Deutschen Juristentag in Bonn, Abteilung Altersvorsorge, vorgeschlagen. Auf Grundlage des Berichts der ''Pensions Commission'' befindet sich in England eine entsprechende gesetzliche Regelung im Gesetzgebungsverfahren.
Neben den rechtsformgebundenen Regeln ist darüber hinaus auf den Bereich des Konzernbilanz- und &#8209;prüfungsrechts hinzuweisen, in dem durch mehrere Richtlinien eine Harmonisierung verwirklicht worden ist. Für den konsolidierten Konzernabschluss ist hier die Siebente RL&nbsp;83/‌349 einschlägig. Wesentliche weitere Vorgaben zusätzlich zur Konzernbilanz-RL (RL&nbsp;83/‌349) enthält die IAS-VO (VO&nbsp;1606/‌2002), die allen börsennotierten Konzernen für den Konzernabschluss die ''International Accounting Standards'' vorschreibt.


Als Verfallbarkeit bezeichnet wird der Verlust der Betriebsrentenansprüche der Arbeitnehmer insbesondere bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Das deutsche Betriebsrentengesetz erklärt Betriebsrentenansprüche nach fünf Jahren für unverfallbar. In England sieht der ''Pension Schemes Act'' ''1993'' vor, dass ein Plan die Unverfallbarkeit von Ansprüchen spätestens nach zwei Jahren vorsehen muss. Die Höchstfrist von zwei Jahren muss nicht in einer Periode, sie kann in mehreren Perioden erfüllt werden. In der Schweiz und in den Niederlanden sind die Betriebsrentenzusagen sofort unverfallbar, was in der Schweiz sicher auch am Charakter der betrieblichen Vorsorge als Pflichtversicherung liegt. Differenzierte Regelungen kennen Österreich hinsichtlich des Durchführungswegs und die USA mit der Unterscheidung zwischen ''defined benefit'' und ''defined contribution'' sowie einem Wahlrecht des Arbeitgebers zwischen einer stufenweisen Unverfallbarkeit über einen längeren beziehungsweise einer vollumfänglichen Unverfallbarkeit zu einem einheitlichen Zeitpunkt.  
Schließlich ist als dritter wichtiger Bereich einer europäischen Konzernrechtsvereinheitlichung das branchenspezifische Konzernrecht zu nennen, das besondere Regelungen für Banken, Versicherungen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu Zwecken einer konsolidierten europäischen Aufsicht über Finanzdienstleistungsunternehmen im [[Europäischer Bankenmarkt|europäischen Bankenmarkt]] und im [[Versicherungsbinnenmarkt]] trifft. Hierfür ist im Bankenbereich die Bankenrechts-RL (RL&nbsp;2000/‌12) vom 20.3.2000 und für den Versicherungssektor die Richtlinie der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen (RL&nbsp;98/‌78, auch Solvency II) einschlägig. Ein übergreifendes europäisches Allfinanzkonzernrecht enthalten schließlich die Regeln zur Beaufsichtigung bei Finanzkonglomeraten in der Finanzkonglomerate-RL von 2002 (RL&nbsp;2002/‌87).
 
Die Europäische Kommission wollte wohl in Anlehnung an die englische Regelung im ''Pension Schemes Act'' ''1993'' die Frist für die Unverfallbarkeit europaweit auf zwei Jahre vereinheitlichen, ein für den Erwerb von Rentenansprüchen festgelegtes Mindestalter sollte 21 Jahre nicht übersteigen dürfen. Konkret sah der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen (Portabilitäts-RL, KOM (2005) 507 endg.) eine abgestufte Regelung vor. Nach einer Beschäftigungsdauer von einem Jahr oder gegebenenfalls spätestens bei Erreichen des vorgeschriebenen Mindestalters von höchstens 21 Jahren sollzen die Arbeitnehmer Mitglied eines Zusatzrentensystems werden können. Nach einer Mitgliedschaft von maximal zwei Jahren sollten die Arbeitnehmer dann eine Rentenanwartschaft erwerben. Eine mit steigender Betriebszugehörigkeit steigende, gestaffelte Unverfallbarkeit nach US-amerikanischem Vorbild ist mit dem Entwurf der Portabilitäts-RL unvereinbar. Der geänderte Vorschlag einer Richtlinie über Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern durch Verbesserung der Begründung und Wahrung von Zusatzrentenansprüchen (Zusatzrenten-RL, KOM(2007) 603 endg.) sieht nunmehr ein Mindestalter von 21 Jahren vor, Unverfallbarkeit soll grundsätzlich nach einem Jahr eintreten, bis zum 25.&nbsp;Lebensjahr beträgt diese Frist fünf Jahre. Eine weitere Verkürzung der Verfallfristen wird vom Europäischen Parlament vorgesehen; die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.
 
Hinsichtlich einer Übertragung von Betriebsrentenverträgen sind national und international verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. Zu fragen ist zunächst danach, ob eine Vertragsposition überhaupt übertragbar ist. Neben einem Recht des Arbeitnehmers auf Mitnahme seines Altersvorsorgevermögens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nennen sind Übertragungen und die Beendigung von Verträgen durch den Arbeitgeber, schließlich Wahlmöglichkeiten des Arbeitnehmers bei reinen Beitragszusagen. In der Schweiz ist die Portabilität von Betriebsrenten im Freizügigkeitsgesetz geregelt. Unterschiedliche Praktiken zum Übergang von Pensionsverpflichtungen finden sich etwa in England, es wird dort insbesondere zwischen ''share''- und ''asset deals'' unterschieden.
 
== 6. Anpassung von Betriebsrenten  ==
Die Frage von Anpassungen der Betriebsrenten stellt sich nach dem Ausscheiden und in der Auszahlungsphase. In England darf nach dem ''Pension Schemes Act 1993'' kein Berechtigter schlechter behandelt werden, weil er vorzeitig aus einem Pensionsplan ausscheidet. Dabei wird zwischen dem sogenannten ''long service benefit'' auf Grundlage eines Verbleibens im Pensionsplan auf derselben Position bis zum Renteneintritt und einem so genannten ''short service benefit'' bei vorzeitigem Ausscheiden unterschieden. Auch kurzzeitig Beschäftigte müssen an Erhöhungen der Rentenzahlungen teilhaben. Eine Indexierung wird nun auf europäischer Ebene vorgeschlagen. Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen vom 20.10.2005 sieht wohl in Anlehnung an die englische Regelung im ''Pension Schemes Act 1993'' vor, dass die Mitgliedstaaten die Maßnahmen ergreifen, die ihnen notwendig erscheinen, um eine faire Anpassung der ruhenden Rentensysteme sicherzustellen und damit zu gewährleisten, dass ausscheidende Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden. Nach den Erwägungsgründen könnte dies durch eine Anpassung ruhender Ansprüche in Abhängigkeit von der Entwicklung verschiedener Referenzgrößen, darunter der Inflationsrate, dem Lohnniveau, der aktuellen Rentenleistungen und der vom Zusatzversorgungsträger erzielten Kapitalrendite geschehen. Der geänderte Vorschlag der Kommission sieht nunmehr einen Gleichlauf mit den Ansprüchen aktiver Arbeitnehmer oder von Rentenempfängern vor und nennt dafür verschiedene Regelungsmodelle
 
International ist die Rechtslage hinsichtlich von Anpassungspflichten uneinheitlich, in den USA besteht keine Pflicht zur Anpassung der Betriebsrenten. In den 1990er Jahren sollen nur 10&nbsp;% der traditionellen ''defined benefit''-Pläne mittlerer und großer US-amerikanischer Unternehmen eine Anpassung an gestiegene Lebenshaltungskosten vorgesehen haben. Demgegenüber sehen die europäischen Betriebsrentenvorschriften eine Anpassung vor. Die Regelung im englischen ''Pensions Schemes Act'' ''1993'' wurde bereits erwähnt. In der Schweiz folgt aus der Mindestverzinsung der betrieblichen Altersvorsorge mittelbar auch eine Anpassung der Betriebsrenten. In Deutschland sind dem Betriebsrentengesetz unterfallende Leistungszusagen in der Auszahlungsphase grundsätzlich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen anzupassen. Sonderregeln gelten für ertragsabhängig gestaltete Leistungszusagen insbesondere über Versicherungen und Pensionsfonds. Für in jüngster Zeit gegebene Zusagen kann auch eine pauschale Erhöhung von jährlich einem Prozent vorgesehen werden. Dies erleichtert für die Unternehmen die Berechenbarkeit der Rentenlast, überträgt aber das Inflationsrisiko weitgehend auf den Arbeitnehmer. Bei einem vorzeitigen Ausscheiden sieht das deutsche Betriebsrentenrecht bis zum Bezug der Betriebsrente keine Anpassungen vor.


==Literatur==
==Literatur==
''Heinz-Dietrich Steinmeyer'', Betriebliche Altersversorgung und Arbeitsverhältnis, 1991; ''Werner Nussbaum'', Das System der beruflichen Vorsorge in den USA im Vergleich zum schweizerischen Recht, 1999; ''Claudia Bittner'', Europäisches und internationales Betriebsrentenrecht, 2000; ''René Maatman'','' ''Dutch Pension Funds, Fiduciary duties and investing, 2004; ''Heinz-Dietrich Steinmeyer'', Private und betriebliche Altersvorsorge zwischen Sicherheit und Selbstverantwortung, Gutachten F zum 65. Deutschen Juristentag in Bonn 2004, 2004; ''Wolfgang'' ''Blomeyer'', ''Christian Rolfs'', ''Klaus Otto'', Betriebsrentengesetz: Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 4.&nbsp;Aufl. 2006; ''Gordon L. Clark'','' Alicia H. Munnell'','' J. Michael Orszag ''(Hg.), Oxford Handbook of Pensions and Retirement Income, 2006; ''Peter'' ''Hanau'','' Marco S. Arteaga'','' Volker Rieble'','' Annekatrin Veit'', Entgeltumwandlung, Direktversicherung, Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Pensionsfonds, 2.&nbsp;Aufl. 2006; ''Yu-Wie Hu'', The Impact of Pension Funds on Financial Markets, ''OECD'' Financial Market Trends 91 (2006/2) 145&nbsp;ff.; ''Markus Roth'', Private Altersvorsorge: Betriebsrentenrecht und individuelle Vorsorge: Eine rechtsvergleichende Gesamtschau, 2009.
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Version vom 12. September 2016, 13:27 Uhr

von Brigitte Haar

1. Gegenstand und Zweck

Das Konzernrecht regelt die schutz- und organisationsrechtlichen sowie hier insbesondere die gesellschaftsrechtlichen Aspekte aller Formen von Unternehmensverbindungen. Als Teildisziplin des Gesellschaftsrechts berührt es eine große Bandbreite wirtschaftsrelevanter Rechtsgebiete, wie z.B. das Steuerrecht, das bilanz- und abschlussprüfungsbezogene Konzernrecht, das Kartellrecht und das Übernahmerecht sowie das Insolvenzrecht der Kapitalgesellschaften. Sein Regelungsgegenstand sind Unternehmensverbindungen, die sich in der Regel aus mehreren selbständigen Gliedern als Tochtergesellschaften zusammensetzen und unter der einheitlichen Leitung eines herrschenden Unternehmens zusammengefasst werden. Als Kriterium für eine Unternehmensverbindung werden insbesondere für den typischen Fall des Unterordnungskonzerns der Kontrollbegriff oder der beherrschende Einfluss eines Unternehmens in Bezug auf ein anderes abhängiges Unternehmen herangezogen. Betriebswirtschaftlich liegen der Konzernorganisation meist das Bemühen um erhöhte organisatorische Flexibilität, Rationalisierung, Synergieeffekte und steuerliche Vorteile zugrunde. Sobald ein Unternehmen der einheitlichen Leitung eines anderen Unternehmens unterstellt wird, wird auch die Zweckverfolgung dieses abhängigen Unternehmens dem herrschenden Unternehmen anheimgestellt. Den hieraus folgenden Gefahren für die Minderheitsgesellschafter und die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft soll mit Hilfe des Konzernrechts Rechnung getragen werden.

Ungeachtet dieser Regelungserfordernisse nimmt sich der historische Hintergrund dieses Rechtsgebiets eher mager aus. Da in Deutschland die Konzentration durch die grundsätzlich erlaubte Kartellierung gefördert wurde, herrschte zwar schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg die Meinung vor, dass eine diesbezügliche Reform und Regelung nötig sei. Gleichwohl sieht erst das Aktiengesetz von 1965 konzernspezifische, allerdings nur fragmentarische Regeln vor, nachdem das Aktiengesetz von 1937 sich auf Vorschriften zu Unternehmensverträgen beschränkt hatte. Ungeachtet bemerkenswerter Fortentwicklungen in der deutschen Rechtsprechung und Lehre im Laufe der Jahrzehnte fehlt im übrigen europäischen Ausland und auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ein kodifiziertes oder gar harmonisiertes Konzernrecht. Eine Ausnahme bilden lediglich Portugal, das sich 1986 zu einer gesetzlichen Regelung entschloss, sowie Teilkodifikationen in Slowenien, Tschechien und Ungarn. Auf europäischer Ebene zielte man zunächst ohne Erfolg auf eine Vollharmonisierung ab. So sah das ursprüngliche Statut für eine Europäische Aktiengesellschaft gläubiger- und minderheitenschützende Vorschriften vor. Darüber hinaus schlug die Europäische Kommission in zwei Entwürfen von Richtlinienvorschlägen (Richtlinie), dem Vorentwurf einer Konzernrechts-RL I. Teil von 1974, II. Teil von 1975 und dem Vorentwurf der Neunten Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL), jeweils eine Normierung des Konzernrechts vor.

2. Rechtsentwicklung

Auch ohne ein kodifiziertes Konzernrecht bedürfen die im Rahmen einer Konzernierung auftretenden Interessenkonflikte einer rechtlichen Regelung. Insbesondere in Großbritannien werden Konzernkonflikte durchgängig mit den herkömmlichen Instrumenten des Zivil- und Gesellschaftsrechts bewältigt. Auch in den übrigen Mitgliedstaaten ist das Konzernrecht auf eingrenzbare gesellschaftsrechtliche Sachverhalte beschränkt. Betroffen sind insbesondere die Konzernbildung, die übernahmerechtlich geregelt und auf diese Weise dem erforderlichen Minderheitenschutz zugeführt wird, und die generelle Konzernproblematik ganz überwiegend unter Rückgriff auf das allgemeine Instrumentarium des Zivil- und Gesellschaftsrechts gewährleistet werden soll. Erst in jüngerer Zeit wurden im Zuge der Reform des Gesellschaftsrechts in Italien 2003 in Art. 2497–2497-sexies Codice civile konzernspezifische Regeln eingeführt, die neben erhöhter Transparenz Barabfindungsrechte der ausscheidenden Minderheitsgesellschafter (Art. 2497-quater Codice civile) sowie eine Haftung der Konzernobergesellschaft für die Verletzung der Grundsätze richtiger gesellschaftsrechtlicher und unternehmerischer Leitung (Art. 2497 Codice civile) vorsehen.

Auf gesamteuropäischer Ebene blieb der Versuch, auf der Grundlage einer gleich zweifachen Harmonisierung ein europäisches Konzernrecht zu verwirklichen, erfolglos. So haben die konzernrechtlichen Regeln für die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea) nicht ihren Weg in den Verordnungsvorschlag von 1989 gefunden. Auch die breiter auf das gesamte Recht der verbundenen Unternehmen ausgerichtete, bereits oben erwähnte Neunte Richtlinie von 1984/‌85 (Konzernrechts-RL) blieb auf der Strecke. Stattdessen widmete sich die Diskussion im Forum Europaeum Konzernrecht, einer europäisch zusammengesetzten privaten Forschergruppe, in der Folge in ihren Überlegungen der Regelung einzelner konzernspezifischer Interessenkonflikte, ohne dass sich hier das deutsche Modell als maßgeblich erwies. Dies zeigt sich an der kapitalmarktrechtlichen Prägung einzelner vorgeschlagener Regelungselemente wie insbesondere der des Pflichtangebots und der Austrittsrechte (appraisal rights), die ihren Ursprung im britischen, stärker am Kapitalmarkt ausgerichteten Recht haben. Diese Gedanken haben zum Teil im Anschluss an Überlegungen der High Level Group of Company Law Experts Eingang in den Aktionsplan von 2003 gefunden und sind europäisches Recht geworden. Ungeachtet dieser Entwicklung zeichnet sich ein Bedeutungsrückgang einer gesamteuropäischen Konzernrechtsharmonisierung ab, was sich mit dem zunehmenden Wettbewerb der Rechtsordnungen in Anbetracht der EuGH-Rechtsprechung (EuGH Rs. C-212/‌97 – Centros, Slg. 1999, I-1459; EuGH Rs. C-208/‌00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919; EuGH Rs. C-167/‌01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155), mit Systemunterschieden oder Konvergenzen des Gesellschaftsrechts begründen lässt. An die Stelle einer Harmonisierung ist in Ansätzen die Herausbildung eines Konzernrechts in der Rechtsprechung des EuGH getreten. Letzterer hat in seinen Judikaten zur grenzüberschreitenden Umwandlung (EuGH Rs. C-411/‌03 – SEVIC, Slg. 2005, I-10805), zu den Goldenen Aktien in Bezug auf Konzerne mit staatlicher Beteiligung oder solchen unter besonderem staatlichen Einfluss (in Bezug auf Deutschland EuGH Rs. C-112/‌05 – Volkswagen-Gesetz, Slg. 2007, I-8995) sowie denjenigen zur Konzernbesteuerung (erste Leitentscheidung in EuGH Rs. C-446/‌03 – Marks & Spencer, Slg. 2005, I-10837) auf der Grundlage der Grundfreiheiten wichtige Voraussetzungen für ein level playing field im europäischen Binnenmarkt präzisiert. Wie in der neueren Cartesio-Entscheidung des EuGH (16.12.2008, Rs. 210/‌06, NJW 2009, 569) deutlich geworden ist, fehlt es jedoch noch an einer für die Unternehmensumstrukturierung und ‑mobilität wichtigen Regelung der Sitzverlegung. Für die Verwirklichung des Plans der Kommission, die Freiheit der Sitzverlegung als Baustein eines europäischen Konzernrechts herzustellen, müssten die bisher nur als Vorentwurf vorliegenden Arbeiten für eine Vierzehnte Richtlinie über die Sitzverlegung vom 20.4.1997 weiterverfolgt werden. Dessen ungeachtet hat der EuGH mit den genannten Leitentscheidungen maßgebliche Eckdaten für ein europäisches Konzernrecht vorgegeben, das durch eine Kernbereichsharmonisierung und im Übrigen durch einen Wettbewerb zwischen den mitgliedstaatlichen Gesetzgebern gekennzeichnet ist. Insbesondere der Letztgenannte wird in seiner Bedeutung eher zunehmen, wenn im europäischen Gesellschaftsrecht die Bemühungen der Europäischen Kommission um Subsidiarität und Deregulierung als Leitprinzipien des europäischen Gesellschaftsrechts weiterhin Geltung beanspruchen.

3. Regelungsstrukturen

a) Konzernkonflikte

Mit der zuletzt genannten Entwicklungslinie scheint zugleich der wichtigste Ausgangspunkt für die Regelungsstrukturen im europäischen Konzernrecht auf, das entscheidend durch eine weitgehende Heranziehung der mitgliedstaatlichen Vorschriften gekennzeichnet ist. Auch ohne Konzernrecht werden in allen Mitgliedstaaten spezifische Konzernkonflikte mit Hilfe gesellschafts- und kapitalrechtlicher Normen gelöst. Deutlich wird dies bereits bei der Konzernbildung, bei der es in allen Mitgliedstaaten außer in Deutschland entscheidend auf die Ausübung von Kontrolle ankommt und damit ein unmittelbarer Bezug zur Stimmenmehrheit hergestellt wird. Die Regelungsalternative in Deutschland hingegen erklärt den beherrschenden Einfluss für maßgeblich, der gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muss, aber sich möglicherweise erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände wie einer regelmäßig niedrigen Hauptversammlungspräsenz zu einem herrschenden Einfluss verdichtet. Dieser Unterschied setzt sich hinsichtlich des Konzernbildungsprozesses fort, für den das deutsche Aktienkonzernrecht in § 291 AktG den in den meisten übrigen Mitgliedstaaten unbekannten organisationsrechtlichen Beherrschungsvertrag zusätzlich zum bloßen Mehrheitserwerb als Handlungsform und Bestimmungsfaktor der Konzernverfassung im deutschen Recht vorsieht. Der Beherrschungsvertrag rechtfertigt die Nachteilszufügung durch die herrschende Gesellschaft.

Mangels Beherrschungsvertrags wird es der Obergesellschaft in den übrigen Mitgliedstaaten, wie auch im deutschen Recht des faktischen Konzerns, untersagt, eine Verletzung der Interessen der abhängigen Gesellschaft anzuregen oder gar hierzu anzuweisen. Ungeachtet dieser Verpflichtung der Geschäftsleitung der abhängigen Gesellschaft zur Wahrung der Interessen ihrer Gesellschaft lässt sich die Erforderlichkeit einer Ausrichtung an den Konzerninteressen im Rahmen der Geschäftsführung nicht gänzlich von der Hand weisen. Trotz einer langwährenden Ablehnung des möglichen Vorrangs des Konzerninteresses im deutschen Konzernrecht hat mittlerweile auch in der europäischen Diskussion im Hinblick auf die zweite Stufe des Aktionsplans der Europäischen Kommission vom 21.5.2003 eine Führung und Überwachung der Tochtergesellschaft im Konzerninteresse an Bedeutung gewonnen. Dies stützt sich auf Vorschläge des Forum Europaeum für eine Berücksichtigung von Konzerninteressen, die sich an die Rozenblum-Doktrin des französischen Rechts nach einer gleichnamigen Entscheidung der französischen Cour de Cassation (Cass. crim. 4.2.1985, Revue Sociale 1985, 648) anlehnen. Voraussetzung hiernach ist für einen Vorrang des Konzerninteresses die Verfestigung der Unternehmensgruppe, die Verfolgung einer kohärenten Unternehmenspolitik sowie die Ausgewogenheit von Vor- und Nachteilen innerhalb der Unternehmensgruppe.

b) Konzernhaftung

Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Nachteilsausgleich für eine Unternehmensleitung im Konzerninteresse zu Lasten der Tochtergesellschaft stellt sich auch die Frage nach der Konzernhaftung. Zu unterscheiden sind hierbei Modelle einer strikten Strukturhaftung, bei der die bloße Gesellschafterstruktur die Haftung auslöst, und Modelle einer Verhaltenshaftung, die für eine Haftung am Verhalten der Muttergesellschaft anknüpfen. Eine allgemeine Strukturhaftung, die letztlich einer organischen Konzernverfassung nahe steht, hat sich auf gesamteuropäischer Ebene nicht durchsetzen können. Stattdessen zeichnet sich das Konzernhaftungsrecht sowohl auf mitgliedstaatlicher als auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene durch Verhaltenselemente aus. Hier stellt sich die Haftung der Obergesellschaft als Korrelat der Verletzung insbesondere von Verhaltenspflichten der Geschäftsführung dar. Niederschlag gefunden hat der Verhaltensansatz bereits in Art. 9 und 10 des Vorentwurfs einer Neunten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL). Besonders offensichtlich ist dieser Ansatz bei den Vorschlägen des Forum Europaeum, der High Level Group sowie des Aktionsplans zu Geschäftsleiterpflichten in der Krise. Auch in diesem Punkt neigt die Diskussion nicht zu einem strukturorientierten allgemeinen Konzerndurchgriff, sondern befürwortet seit dem Forum Europaeum eine Anlehnung an die englischen Regeln des wrongful trading bzw. die französische und belgische action en comblement du passif, die jeweils Merkmale einer Insolvenzverschleppungshaftung aufweisen. Für die Insolvenz wird dann die Frage der internationalen Zuständigkeit von besonderer Bedeutung, da sie das auf die grenzüberschreitende Insolvenz anwendbare Recht präjudiziert (lex fori concursus nach Art. 4 EuInsVO, VO 1346/‌2000).

Die weiteren Instrumente zum Schutz der außenstehenden Gesellschafter im Rahmen des Konzernierungsprozesses wie Auskaufsrechte der Konzernmutter (squeeze-out) sowie Austritts- (sell-out) und Abfindungsrechte der Minderheitsgesellschafter (appraisal rights) bei Konzerneingang und ‑ausgang haben mittlerweile in den Mitgliedstaaten aufgrund der Übernahme-RL (RL 2004/‌25, Übernahmerecht) allgemeine Geltung.

4. Vereinheitlichungsprojekte

a) Misserfolg einer Vollharmonisierung

Die Entwicklung eines europäischen Konzernrechts ist eng an die Entwicklung des europäischen Gesellschaftsrechts gekoppelt. Hierbei hat die Europäische Kommission zunächst bis Mitte der achtziger Jahre mehrere Versuche unternommen, das Konzernrecht zu harmonisieren. Den Anfang bildete der Verordnungsvorschlag für die Societas Europaea mit einer an eine organische Ordnung angelehnte Konzernverfassung von 1970, der ebenso wie der Verordnungsvorschlag für die SE ohne konzernrechtliche Regeln von 1989 scheiterte. Bereits der ebenfalls letztlich gescheiterte zweite Vorentwurf einer Neunten Richtlinie von 1984 (Konzernrechts-RL) hatte anstelle des Modells einer organischen Konzernverfassung die Unterscheidung zwischen Vertragskonzern, Eingliederung und vertragsloser Abhängigkeit bzw. Konzernverhältnis übernommen. In Anbetracht des Misserfolgs einer Vollharmonisierung sind die weiteren Regelungen durch ihren lediglich fragmentarischen, bereichs- und branchenspezifischen Charakter gekennzeichnet. Bruchstückhaft ist das Recht der SE in konzernrechtlicher Hinsicht deshalb geblieben, weil die Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft vom 8.10.2001 (SE-VO, VO 2157/‌2001) keine wie noch die Verordnungsvorschläge von 1970 und 1975 rechtsformgebundenen Konzernrechtsregeln enthielt. Gleichwohl ist der SE ein konzernrechtsgestaltender Gehalt notwendigerweise immanent. Dies ergibt sich aus der Funktion dieser Gesellschaftsform, für europaweit agierende Unternehmen eine Rechtsform bereit zu halten. In diesem Zusammenhang erweisen sich vor allem die Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (Umwandlung/‌Spaltung/‌‌Verschmelzung) und Sitzverlegung (Gesellschaftsrecht, internationales) sowie zur Errichtung einer internationalen Holding als bedeutsam für die konzernrechtliche Unternehmenspraxis (Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)).

b) Konzern- und branchenspezifische Regeln

Neben den rechtsformgebundenen Regeln ist darüber hinaus auf den Bereich des Konzernbilanz- und ‑prüfungsrechts hinzuweisen, in dem durch mehrere Richtlinien eine Harmonisierung verwirklicht worden ist. Für den konsolidierten Konzernabschluss ist hier die Siebente RL 83/‌349 einschlägig. Wesentliche weitere Vorgaben zusätzlich zur Konzernbilanz-RL (RL 83/‌349) enthält die IAS-VO (VO 1606/‌2002), die allen börsennotierten Konzernen für den Konzernabschluss die International Accounting Standards vorschreibt.

Schließlich ist als dritter wichtiger Bereich einer europäischen Konzernrechtsvereinheitlichung das branchenspezifische Konzernrecht zu nennen, das besondere Regelungen für Banken, Versicherungen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu Zwecken einer konsolidierten europäischen Aufsicht über Finanzdienstleistungsunternehmen im europäischen Bankenmarkt und im Versicherungsbinnenmarkt trifft. Hierfür ist im Bankenbereich die Bankenrechts-RL (RL 2000/‌12) vom 20.3.2000 und für den Versicherungssektor die Richtlinie der einer Versicherungsgruppe angehörenden Versicherungsunternehmen (RL 98/‌78, auch Solvency II) einschlägig. Ein übergreifendes europäisches Allfinanzkonzernrecht enthalten schließlich die Regeln zur Beaufsichtigung bei Finanzkonglomeraten in der Finanzkonglomerate-RL von 2002 (RL 2002/‌87).

Literatur

Paola Balzarini, Giuseppe Carcano, Guido Mucciarelli (Hg.), I Gruppi di Società, Atti del Convegno internazionale di studi, Venezia, 16-17-18 novembre 1995, Bd. I, 1996; Ernst-Joachim Mestmäcker, Peter Behrens (Hg.), Das Gesellschaftsrecht der Konzerne im internationalen Vergleich, 1991; Forum Europaeum Konzernrecht, Konzernrecht für Europa, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 1998, 672 ff.; Josè Engrácia Antunes, Os Grupos de Sociedades, 2. Aufl. 2002; Klaus J. Hopt, Christa Jessel-Holst, Katharina Pistor (Hg.), Unternehmensgruppen in mittel- und osteuropäischen Ländern, 2003; José Miguel Embid Irujo, Introducciòn al Derecho de los Grupos de Sociedades, 2003; Hans-Georg Koppensteiner, Marko Brus, Susanne Kalss, Friedrich Rüffler, Fabio Padovini, Ulrich Torggler, Eveline Artmann (Hg.), GmbH-Konzernrecht: Stand und Entwicklung im österreichischen, italienischen und slowenischen Recht, 2003; High Level Group of Company Law Experts, A Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe, Report for the Commission, 4th November 2002 (Report II), in: Guido Ferrarini, Klaus J. Hopt, (Hg.), Reforming Company and Takeover Law in Europe, 2004, Annex 3, 925 ff.; Stefan Grundmann, European Company Law, 2007, § 31, 623 ff.; Klaus J. Hopt, Konzernrecht: Die europäische Perspektive, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 171 (2007) 199 ff.

Abgerufen von Betriebsrenten – HWB-EuP 2009 am 27. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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