Umwandlung/‌Spaltung/‌‌Verschmelzung und Umwelthaftung: Unterschied zwischen den Seiten

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== 1. Begriffe und Funktion ==
== 1. Begriff der Umwelthaftung ==
Zum Wettbewerb zwischen Unternehmen am Markt gehört der Wettbewerb um optimale Unternehmensorganisation, um die optimalen „Grenzen des Unternehmens“ und um die dem Zweck des Unternehmens am besten entsprechende Rechtsform. Die Entscheidung über die Grenzen des Unternehmens, die mit einer Entscheidung über die Grenzen der Gesellschaft einhergehen kann aber nicht muss, orientiert sich an einem Vergleich von Kosten und Nutzen der Koordination in einer Organisation gegenüber der dezentralen Koordination am Markt. Die Entscheidung über die Rechtsform hat u.a. die verschiedenen organisations-, haftungs-, finanzierungs- und steuerrechtlichen Implikationen einzubeziehen. Es ist ein wesentliches Kennzeichen eines modernen Gesellschaftsrechts, dass es in beiden Hinsichten eine einfache, flexible, zügige und kostengünstige Anpassung der Strukturen eines Verbandes an die sich ständig ändernden Umweltbedingungen erlaubt.
Das Umwelthaftungsrecht stellt kein geschlossenes Rechtsgebiet dar, sondern einen deskriptiven Begriff zur Kennzeichnung der Gesamtheit derjenigen Rechtsnormen, die die Haftung für durch Umwelteinwirkungen vermittelte Schäden umfassen, also für Schäden, die über eines der Umweltmedien Luft, Wasser und Boden verursacht werden. Das Umwelthaftungsrecht in Europa befindet sich in ständiger Weiterentwicklung und wird bestimmt durch eine Vielzahl von Rechtsakten nationaler, europäischer und internationaler Provenienz.


Der Oberbegriff für die wichtigsten Formen einer derartigen Umstrukturierung von Gesellschaften ist im deutschen Recht der Begriff der Umwandlung. Zu unterscheiden sind die übertragende und die formwechselnde Umwandlung. Die ''übertragende Umwandlung ''verändert die Grenzen der Gesellschaft. Für sie stehen im deutschen Recht die Formen der Verschmelzung (§§ 2–122 UmwG), der Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung; §§ 123–173 UmwG) und der Vermögensübertragung (§§ 174–189 UmwG) zur Verfügung. Die ''formwechselnde Umwandlung'' ist in den §§ 190–304 UmwG geregelt und dient allein der identitätswahrenden Änderung der Organisationsform.
Innerhalb des Umwelthaftungsrechts lassen sich zwei verschiedene Arten von Schäden unterscheiden, nämlich Beeinträchtigungen von Individualrechtsgütern, die durch den Umweltpfad, also über eines der drei Umweltmedien Luft, Wasser und Boden, verursacht werden, und Beeinträchtigungen der Umwelt selbst, die sog. ökologischen Schäden. Die erstgenannte Gruppe der Individualschäden ist dem Haftungsrecht seit jeher geläufig, wenn sie auch lange Zeit nicht unter dem Begriff der Umwelthaftung erfasst und diskutiert wurde. Bereits in der Antike hatte es das Privatrecht mit Fällen zu tun, in denen eine Person einen Schaden erlitt, weil ein anderer das Wasser verschmutzt, den Boden verunreinigt oder die Luft verpestet hatte. Die ökologischen Schäden als solche begleiten die Menschheit ebenfalls schon immer, beispielhaft belegt durch die Entwaldung ganzer Landstriche wie etwa des Libanon oder der Osterinsel und die Ausrottung der großen Säugetierarten <nowiki>Amerikas durch von Alaska einwandernde Bevölkerungsgruppen. Das traditionelle Haftungsrecht verhielt sich diesen ökologischen Schäden gegenüber indessen mehr oder weniger gleichgültig; allenfalls waren sie insoweit zu restituieren, als sie zugleich eine Eigentumsverletzung darstellten. Reine ökologische Schäden an Umweltgütern, die keinem Rechtssubjekt zugeordnet sind, wie etwa Beeinträchtigungen von wilden, nicht jagdbaren Tieren und Tierarten, von Lebensräumen und Ökosystemen wie Flüssen, Seen oder Meeren ([[Meeresverschmutzung, Entschädigung]]) und von natürlichen Funktionszusammenhängen wie dem Klima waren nicht ersatzfähig. Diese Rechtslage hat sich mit der Umwelthaftungs-RL (RL&nbsp;2004/‌35) geändert, die für bestimmte Kategorien ökologischer Schäden eine gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung geschaffen hat (s.u. 3.). Die Richtlinie ist die Grundlage für das deutsche Umweltschadensgesetz; in vielen anderen Mitgliedstaaten steht die Umsetzung noch aus.</nowiki>


Kennzeichnend für alle Formen der ''übertragenden Umwandlung ''ist die Übertragung von Vermögen kraft Gesamtrechtsnachfolge. In der Systematik des UmwG bildet die ''Verschmelzung'' insoweit den Grundtatbestand, auf den bei der Regelung von Spaltung und Vermögensübertragung verwiesen wird. Unterschieden werden die Verschmelzung durch Aufnahme, bei der ein oder mehrere Rechtsträger (übertragende Ge-sellschaften) ihr gesamtes Aktiv- und Passivvermögen im Wege der Auflösung auf einen bereits bestehenden anderen Rechtsträger (übernehmende Gesellschaft) übertragen, und die Verschmelzung durch Neugründung, bei der der übernehmende Rechtsträger im Zuge der Verschmelzung neu gegründet wird. In beiden Fällen erhalten die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger Anteile oder Mitgliedschaften des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers. Eine Gegenleistung in Geld ist nach deutschem Recht nicht vorgesehen – Zuzahlungen in Bar sind auf höchstens 10&nbsp;% beschränkt. Die übertragende Gesellschaft erlischt ''ipso iure'', ohne dass es einer Liquidation der übertragenden Gesellschaften bedarf. Die'' Spaltung ''soll die Übertragung von Vermögens''teilen'' als Gesamtheit, also ''uno actu'' kraft Eintragung ins Register ermöglichen. Unterschieden werden die Form der Aufspaltung, der Abspaltung oder der Ausgliederung. Bei der Aufspaltung teilt ein Rechtsträger sein gesamtes Vermögen auf und überträgt die Vermögensteile im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (§&nbsp;131 Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;1 UmwG) auf mindestens zwei andere schon bestehende oder neu gegründete Rechtsträger. Als Gegenleistung werden Anteile der übernehmenden oder neuen Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers gewährt. Der übertragende Rechtsträger wird ohne Abwicklung aufgelöst. Bei der Abspaltung wird nur ein Teil des Vermögens im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger übertragen, der übertragende Rechtsträger bleibt im Übrigen bestehen. Die Ausgliederung ähnelt im Prinzip der Abspaltung; jedoch werden die als Gegenleistung gewährten Anteile der übernehmenden oder neuen Rechtsträger an den übertragenden Rechtsträger selbst und nicht an die Anteilsinhaber ausgegeben. Die Spaltung in ihren verschiedenen Formen ist eine'' ''Alternative zur fortbestehenden Möglichkeit einer „Realteilung“, also der Übertragung von Vermögensteilen kraft Einzelrechtsnachfolge. Die ''Vermögensübertragung ''in den Formen der Voll- oder Teilübertragung unterscheidet sich von anderen Umwandlungsformen dadurch, dass die Gegenleistung für die Übertragung nicht in Anteilen am übernehmenden Rechtsträger, sondern in einer Geldleistung besteht. Der Anwendungsbereich der Vermögensübertragung ist nach deutschem Recht jedoch eng begrenzt auf Fälle, in denen eine Kapitalgesellschaft ihr Vermögen oder Teile ihres Vermögens auf die öffentliche Hand überträgt, sowie auf Vermögensübertragungen unter Versicherungsunternehmen.
== 2. Nationales Recht ==
Die europäischen Staaten sehen sich im Kern ähnlichen Umweltrisiken ausgesetzt, so dass sich auch für ihr jeweiliges Haftungsrecht ähnliche Herausforderungen ergeben. Die gewählten mitgliedstaatlichen Lösungen reichen von der Anwendung und Weiterentwicklung der traditionellen Haftungssysteme der Verschuldens- und der [[Gefährdungshaftung]] sowie des Nachbarrechts bis zur Schaffung spezieller Haftungsnormen für Schädigungen durch Umweltbeeinträchtigungen.


Die ''formwechselnde Umwandlung'' ist von der übertragenden Umwandlung grundsätzlich verschieden: eine Vermögensübertragung findet hier nicht statt. Es erfolgt lediglich eine Änderung der Rechtsform und rechtlichen Struktur eines Rechtsträgers, unter Wahrung seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Identität.
In allen europäischen Rechtsordnungen gilt die allgemeine Deliktshaftung ([[Deliktsrecht: Allgemeines und lex Aquilia|Deliktsrecht]]) auch für umweltvermittelte Schädigungen. Dabei sind in einigen Ländern die Prinzipien der Verschuldenshaftung mit Blick auf umweltvermittelte Schädigungen modifiziert und weiterentwickelt worden, etwa durch Heraufsetzen des Sorgfaltsstandards beim Betrieb umweltgefährlicher Anlagen oder durch Umkehr der Beweislast für die Sorgfaltspflichtverletzung bei Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Umweltstandards.


Die vom Recht bereitgestellten Möglichkeiten der Umwandlung werden in der Praxis in erheblichem Umfang genutzt. Dies gilt in Deutschland wie in anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen, die – trotz vieler Unterschiede im Detail – ebenfalls die Möglichkeit einer Vermögensübertragung zwischen Unternehmen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vorsehen. So werden etwa die Verschmelzung (''fusion''<nowiki>; </nowiki>''statutory merger''<nowiki>; </nowiki>''amalgamation'') und die Spaltung (''scission''<nowiki>; </nowiki>''corporate division'' oder ''corporate separation'' in den Formen des ''split-up'', ''split-off'' und ''spin-off'') vielfach zu einer Neuordnung derjenigen Unternehmensbereiche eingesetzt, die als wirtschaftliche Einheit mit einer gewissen Selbständigkeit agieren sollen. Die Spaltung kann auch der Vorbereitung der Veräußerung von Unternehmensteilen, der Isolierung von Haftungsrisiken oder der Erbauseinandersetzung dienen. Die Verschmelzung kann unter anderem ein Vehikel der Unternehmensakquisition sein, wenn der Kaufpreis im Wesentlichen im Wege des Anteilstausches gezahlt werden soll. In all diesen Fällen ist die Umwandlung allerdings nicht der einzig mögliche Weg, um das wirtschaftlich gewünschte Ergebnis zu erzielen, das alternativ – wenngleich u.U. mit höherem Aufwand – im Wege der Einbringung, der Anteilsveräußerung oder der Veräußerung von Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrechtsnachfolge, ggf. unter späterer Liquidation der übertragenden Gesellschaft verfolgt werden kann (sog. „wirtschaftliche Umwandlung“).  
Die mehr oder weniger stark ausgeprägte Verwaltungsrechtsakzessorietät des Umweltdeliktsrechts bietet ein Einfallstor für die europäische Gesetzgebung, die auf diese Weise mittelbar Einfluss auf das jeweilige nationale Umwelthaftungsrecht der Mitgliedstaaten ausübt: Die Statuierung gemeinschaftsrechtlicher Pflichten im Rahmen des Umweltverwaltungsrechts determiniert die mitgliedstaatliche Haftung wegen Pflichtverletzung. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür sind die umfangreichen Pflichten, die den Herstellern von Chemikalien durch die sog. REACH-Verordnung auferlegt worden sind.


== 2. Entwicklungen im mitgliedstaatlichen Umwandlungsrecht auf der Grundlage der Fusions- und der Spaltungs-RL ==
Darüber hinaus besteht in den meisten europäischen Staaten für Schäden an Individualrechtsgütern eine [[Gefährdungshaftung]], wenn auch nicht immer flächendeckend, für jedwede Art von Umweltbeeinträchtigung. Einige Staaten wie Deutschland, Griechenland, Finnland und Schweden haben spezielle Gesetze über die Umwelthaftung erlassen. So legt das deutsche Umwelthaftungsgesetz aus dem Jahre 1990 den Inhabern bestimmter, abschließend aufgezählter Anlagen eine Schadensersatzpflicht ([[Schadensersatz]]) für durch Umwelteinwirkung verursachte Rechtsgutsverletzungen – Tötung, Körper- oder Gesundheitsverletzung oder Sachbeschädigung – auf. In anderen europäischen Staaten, wie etwa Frankreich, Belgien oder Italien, werden traditionelle Gefährdungshaftungstatbestände der jeweiligen Zivilgesetzbücher auf umweltvermittelte Schädigungen angewandt. Im ''common law of torts'' von England und Irland steht eine – in England jedoch sehr restriktiv ausgelegte – verschuldensunabhängige Haftung im Rahmen der ''rule'' in ''Rylands v. Fletcher''<nowiki> [1868] LR 3 HL 330) zur Verfügung. Daneben existieren in vielen europäischen Staaten sektorspezifische Gefährdungshaftungen, wie etwa hinsichtlich des Betriebs von Kraft- oder Bergwerken oder hinsichtlich der Lagerung von Abfall.</nowiki>
Umwandlungsrecht ist in Europa zu einem wichtigen Teil mitgliedstaatliches Recht. In seinen Grundstrukturen ist es jedoch bereits seit Ende der 1970er Jahre durch Europäisches Richtlinienrecht vorgeprägt. Die [[Europäische Kommission]] sah voraus, dass die Schaffung eines [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarktes]] und die damit angestrebte Erweiterung des wirtschaftlichen Aktionsraumes europäischer Unternehmen grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen, insbesondere grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, nahelegen würde. Die 3. gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 9.10.1978 (Fusions-RL [RL&nbsp;78/‌855]) war daher als ein „Basisrechtsakt für ein Europäisches Recht der Strukturmaßnahmen“ konzipiert (''Stefan Grundmann''). Sie regelt das Verfahren, welches in allen Mitgliedstaaten für eine Verschmelzung von Aktiengesellschaften bzw. Gesellschaften entsprechender Rechtsform, d.h. für eine Übertragung des Gesamtvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und ggf. unter Auflösung der übertragenden Gesellschaft ohne Liquidation, bereitstehen muss, sowie einen Basisstandard des Gläubigerschutzes. Geregelt wird die Verschmelzung durch Aufnahme und die Verschmelzung durch Neugründung. Die Verfahrensvorgaben beruhen auf einem dem Aktionärsschutz verpflichteten Informationsmodell, welches auf folgenden Grundpfeilern ruht: einem von den Leitungsorganen der beteiligten Gesellschaften gemeinsam zu erstellenden ''Verschmelzungsplan'' (Art.&nbsp;5) bzw. Vertragsentwurf, der nach den Regeln der Publizitäts-RL (RL&nbsp;68/‌151) zu veröffentlichen ist; einem vom Leitungsorgan jeder beteiligten Gesellschaft gesondert zu erstellendem ''Verschmelzungsbericht ''(Art.&nbsp;9), der die geplante Verschmelzung in ihren wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten, insb. auch mit Blick auf das Wert- und Tauschverhältnis, verständlich erläutert und allen Aktionären zugänglich zu machen ist; einer unabhängigen Prüfung des Verschmelzungsplans und insb. des dort bestimmten Umtauschverhältnisses (Art.&nbsp;10), abgesichert durch eine Fahrlässigkeitshaftung der Prüfer gegenüber den Aktionären; und dem Erfordernis eines Hauptversammlungsbeschlusses mit satzungsändernder Mehrheit (Art.&nbsp;7&nbsp;f.), die sich nach mitgliedstaatlichem Recht bestimmt. Gläubigern, deren Forderungen vor Bekanntmachung des Verschmelzungsplans entstanden und noch nicht fällig sind, muss das mitgliedstaatliche Recht ein angemessenes Schutzsystem bereitstellen (Art. 13–15). Zum Schutz der Aktionäre der übertragenden Gesellschaft wird eine <nowiki>Fahrlässigkeitshaftung der Organmitglieder dieses Verschmelzungspartners gegenüber den Aktionären dieser Gesellschaft eingeführt (Art.&nbsp;20&nbsp;f.). Die 6.&nbsp;gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 17.12. 1982 (Spaltungs-RL [RL&nbsp;82/‌891]) ergänzt die Fusions-RL und soll zugleich dem Risiko einer Umgehung des dort vorgegebenen Schutzniveaus begegnen, welches aus der teilweisen wirtschaftlichen Austauschbarkeit von Spaltung und Verschmelzung folgt. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht dazu, das Instrument der Spaltung bereitzustellen, sondern macht Vorgaben für das Spaltungsverfahren nur insoweit, als die Möglichkeit einer Spaltung nach nationalem Recht existiert. In Aufbau und Regelungsgehalt ist die Richtlinie eng an die Fusionsrichtlinie angelehnt: auch sie betrifft ausschließlich Spaltungen unter Beteiligung einer Aktiengesellschaft. Das Niveau des Gläubiger- und Aktionärsschutzes ist dem der Fusions-RL angepasst.</nowiki>


Auf den Vorgaben dieser Richtlinien bauen die kontinentaleuropäischen Umwandlungsrechte durchgängig auf und ähneln sich demgemäß in ihren Grundstrukturen. Auch bei der Auslegung der einschlägigen Tatbestände sind die europäischen Vorgaben zu berücksichtigen. Zahlreiche kontinentaleuropäische Mitgliedstaaten (Deutschland, Italien, Belgien, Niederland u.a.) haben das in den Richtlinien vorgesehene Regime ferner über die europäischen Vorgaben hinaus auf die GmbH erstreckt. Eine wichtige Ausnahme bildet das englische Recht. Zwar wurden auch hier die 3. und 6.&nbsp;gesellschaftsrechtliche Richtlinie formal umgesetzt. So wurde mit sec. 427A ''Companies Act 1985'' eine Vorschrift in das englische Gesellschaftsrecht aufgenommen, mit der ein ''merger by fusion'' grundsätzlich möglich ist. Da dem englischen Recht die Gesamtrechtsfolge, und damit ein wesentlicher Grund für die Attraktion des Rechtsinstituts der Umwandlung, fremd ist und das englische Recht für den Übergang der mit dem übertragenden Rechtsträger bestehenden Schuldverhältnisse die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner verlangt, spielt der ''merger by fusion'' in der Rechtspraxis keine Rolle. Stattdessen finden Fusionen nach englischem Recht in der Form des Anteilserwerbs statt. Das englische Recht unterscheidet sich damit auch von den US-amerikanischen Gesellschaftsrechtsordnungen, welche den ''statutory merger'' kennen und nutzen.
Die dritte Spur der Umwelthaftung für Individualschäden neben der Verschuldens- und der Gefährdungshaftung ist die Verantwortlichkeit kraft Nachbarrechts, die in den meisten Ländern, mit Ausnahme Schottlands und der Niederlande, kein Verschulden voraussetzt.


In Deutschland, wo die bereits seit Mitte des 19.&nbsp;Jahrhunderts bekannte Verschmelzung zunächst noch getrennt für die einzelnen Rechtsformen im AktG, GenG, KapErhG etc. geregelt war, wurde die Fusions-RL zunächst durch eine Anpassung der aktienrechtlichen Vorschriften zur Verschmelzung (§§&nbsp;339–393 AktG a.F.) umgesetzt. Eine wichtige Änderung brachte das UmwG 1994, welches die verstreuten Regelungen – und damit sowohl europäisch vorgeprägte und autonom mitgliedstaatliche Regelungen – erstmals systematisch zusammengefasst, vervollständigt und um neue Umwandlungsmöglichkeiten erweitert hat. Umwandlungsvorgänge wie die Verschmelzung oder der Formwechsel, die bis dahin Kapitalgesellschaften vorbehalten waren, wurden für alle Gesellschaftsformen geöffnet. Die Möglichkeit einer Spaltung wurde neu ins deutsche Recht eingeführt. Das Umwandlungsverfahren ist mit Modifikationen auch über den persönlichen Anwendungsbereich der europäischen Richtlinien hinaus an die dort vorgegebene Grundstruktur angelehnt. Über die Richtlinienvorgaben hinaus geht das Austrittsrecht dissentierender Anteilsinhaber, denen das UmwG bei der Verschmelzung in andere Rechtsformen, der Spaltung auf einen Rechtsträger anderer Rechtsform und beim Formwechsel das Recht einräumt, gegen Abfindung aus der Gesellschaft auszuscheiden. Das Abfindungsangebot muss bereits im Verschmelzungsvertrag bzw. Spaltungsvertrag oder &#8209;plan enthalten sein. Die Angemessenheit der Abfindung unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung im Spruchverfahren.
Der Schutzbereich der nationalen Systeme ist grundsätzlich beschränkt auf Schäden infolge von Tötung, Körper- oder Gesundheitsverletzungen sowie Sachbeschädigungen und sonstigen Eigentumsverletzungen. Im Fall der Verunreinigung des Bodens können neben dem Eigentümer auch solche Personen Ersatz verlangen, die ein qualifiziertes Interesse an dem Grundstück haben, wie etwa der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit oder der Pächter. Ökologische Schäden waren bis zur Umsetzung der Umwelthaftungs-RL in nationales Recht in der Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht ersatzfähig, sofern die beeinträchtigte Ressource nicht einem Eigentümer zugeordnet war und dieser [[Naturalrestitution]] verlangen konnte. Ausnahmen stellen etwa das italienische und portugiesische Recht dar, nach welchen der Staat (Italien) bzw. auch der einzelne Bürger (Portugal) auf Sanierung des ökologischen Schadens klagen kann. Außerdem hält die Rechtsprechung einiger europäischer Staaten wie etwa Belgiens, Frankreichs, Spaniens oder Schwedens den Staat, Privatpersonen sowie Umweltorganisationen für klagebefugt, sofern sie ein qualifiziertes Interesse an der beeinträchtigten Ressource geltend machen können.


Auch hinsichtlich der Konzeption des Gläubigerschutzes bleiben zwischen den Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede bestehen. Die Fusions-RL verlangt von den Mitgliedstaaten als Mindestschutz einen Anspruch auf Einräumung von Sicherheiten (Art.&nbsp;13). An diesem Modell orientiert sich auch das deutsche Recht. Der Gläubigerschutz wird ergänzt durch eine Schadensersatzhaftung der Organe der übertragenden Rechtsträger auch gegenüber den Gläubigern (§&nbsp;25 UmwG). Bei der Spaltung, die zu einer Aufteilung der den Gläubigern ursprünglich zur Verfügung stehenden Haftungsmasse führt, sieht das deutsche Recht in Übereinstimmung mit einer von der Spaltungs-RL ausdrücklich akzeptierten Option eine gesamtschuldnerische Haftung der beteiligten Rechtsträger vor. Andere Rechtsordnungen (z.B. Großbritannien, Frankreich) räumen den Gläubigern bei Umwandlungen weitergehend ein Vetorecht ein. Durch die europäischen Richtlinien nicht vorgegeben ist ferner, zu welchem Zeitpunkt eine Umwandlung wirksam wird. In Deutschland ist dies der Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister. Frankreich stellt demgegenüber jedenfalls bei der Verschmelzung durch Aufnahme auf den Zeitpunkt des letzten Hauptversammlungsbeschlusses ab.
== 3. Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung ==
=== a) Entstehung ===
Grundlage der gemeinschaftsrechtlichen Umwelthaftung ist die RL&nbsp;2004/‌35 vom 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, die bis zum 30.4.2007 in nationales Recht umzusetzen war. Der Verabschiedung der Richtlinie vorausgegangen ist ein über fünfzehn Jahre währender Entstehungsprozess, der von der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] durch einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Abfallhaftung eingeleitet worden war. Der Richtlinienvorschlag sah eine Gefährdungshaftung für durch Abfallerzeugung verursachte Körper- und Sachschäden sowie für ökologische Schäden vor, ist jedoch nie in Kraft getreten. Die Europäische Kommission konzentrierte sich vielmehr auf die Schaffung eines umfassenden Umwelthaftungsrechts, dessen mögliche Grundzüge sie im Jahre 2000 in ihrem Weißbuch zur Umwelthaftung vorstellte. Darin strebte die Kommission eine Rahmenrichtlinie zur Umwelthaftung an, die eine verschuldensunabhängige Haftung für Gesundheits- und Sachschäden sowie ökologische Schäden infolge gefährlicher Tätigkeiten mit einer verschuldensabhängigen Haftung für durch sonstige Tätigkeiten verursachte Schäden an der biologischen Vielfalt kombinieren sollte. Erst im Jahre 2002 gab die Europäische Kommission diesen umfassenden Ansatz auf und konzentrierte sich mit dem Vorschlag zur Umwelthaftungs-RL ganz auf die Regelung der Haftung für ökologische Schäden.


Der Schutz der Arbeitnehmerinteressen im Rahmen von Umwandlungen wird zwar durch europäisches Recht beeinflusst (siehe u.a. RL 2001/‌23 vom 12.3.2001 – Betriebsübergangs-RL), ist jedoch in der Fusions- und Spaltungsrichtline nicht vollständig harmonisiert. Das deutsche UmwG enthält in den §§&nbsp;321&nbsp;ff. einschlägige Regelungen.
=== b) Zweck ===
Gemäß Art.&nbsp;1 besteht das Ziel der Umwelthaftungs-RL darin, einen gemeinschaftsrechtlichen Rahmen für die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden auf Grundlage des Verursacherprinzips zu schaffen. Die Richtlinie will keine Harmonisierungsmaßnahme sein, sondern dient dem Umweltschutz. Folgerichtig steht es den Mitgliedstaaten gemäß Art.&nbsp;16 der Richtlinie frei, strengere Vorschriften für die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden zu erlassen.  


In Deutschland ist das UmwG mit seinem Versuch, einen rechtsformübergreifenden Rahmen für das Recht von Unternehmensumwandlungen zu schaffen und dabei konsistente Lösungen für den Schutz der Interessen von Anteilsinhabern und Gläubigern zu konzipieren, zum Ausgangspunkt weiterreichender Überlegungen geworden. So ist insb. die Frage aufgeworfen worden, ob sich das UmwG als „Allgemeiner Teil“ eines Rechts der Umstrukturierung von Unternehmen lesen lässt und seine Regelungen auf Strukturmaßnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs des UmwG, die zu wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnissen führen, entsprechend anzuwenden sind (sog. „Ausstrahlungswirkung des UmwG“). Dies wird von einer starken Meinung im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum bejaht. Die Rspr. ist dem bislang nur teilweise gefolgt.
=== c) Schutzbereich und Haftungsvoraussetzungen ===
Der Schutzbereich der Richtlinie ist auf mehrfache Weise begrenzt: Ersatzfähig sind lediglich Schäden an natürlichen Ressourcen, also ökologische Schäden im Gegensatz zu herkömmlichen Individualschäden. Art.&nbsp;3(3) Umwelthaftungs-RL stellt ausdrücklich klar, dass Ersatzansprüche von Privatpersonen auch dann nicht vom Schutzbereich erfasst sind, wenn der Vermögensschaden in der Folge eines ökologischen Schadens eintritt. Die Betreiber von Hotels an der Meeresküste könnten also keinen Ausgleich verlangen, wenn die Sommersaison wegen übermäßiger Verschmutzung des Wassers oder wegen „Umkippens“ des Meeres ausfällt.  


== 3. Neuere Entwicklung im Recht der Unternehmensumstrukturierung auf Gemeinschaftsebene ==
Aber auch ökologische Schäden werden von der Richtlinie nur ausschnittsweise erfasst, nämlich soweit sie sich als Beeinträchtigungen geschützter Arten, bestimmter natürlicher Lebensräume, als Schädigung von Gewässern oder schließlich als Beeinträchtigung des Bodens darstellen. Werden derartige Nachteile durch Ausübung einer in Anhang&nbsp;III der Richtlinie aufgeführten beruflichen Tätigkeit, insbesondere durch den Betrieb einer umweltgefährlichen Anlage, verursacht, haftet der Betreiber verschuldensunabhängig für Vermeidung und Sanierung bzw. die Kosten entsprechender Maßnahmen. Bei der Ausübung anderer als der in dem Anhang der Richtlinie aufgeführten beruflichen Tätigkeiten wird lediglich für Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume gehaftet, und dies auch nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns des Verursachers.
Die Fusions- und die Spaltungs-RL gewährleisteten noch nicht die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Umstrukturierung von Unternehmen. Art.&nbsp;220 EWG-Vertrag in seiner ursprünglichen, später geänderten Fassung behielt die Regelung dieser Frage einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen den Mitgliedstaaten vor. Die späteren Bemühungen der Kommission um eine Einbeziehung in die gesellschaftsrechtlichen Richtlinien hatten zunächst keinen Erfolg, zumal die Angleichung der nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen nach 1989 zunehmend auf Widerstände stieß.


Entscheidende Anstöße für das europäische Recht der Unternehmensumstrukturierung gingen von der Rspr. des [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] zur [[Niederlassungsfreiheit]] aus. In ''SEVIC'' (EuGH, Rs.&nbsp;C-411/‌03, Slg. 2005, I-10805) stellte der EuGH die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der auf §&nbsp;1 UmwG a.F. beruhenden deutschen Praxis fest, die Möglichkeit von Verschmelzungen generell auf Gesellschaften mit Sitz im Inland zu beschränken und bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen die Eintragung ins nationale Handelsregister ohne weitere Prüfung abzulehnen. Der EuGH sah hierin eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (Art.&nbsp;43, 48 EG/‌49, 54 AEUV), die es den Mitgliedstaaten gebietet, die tatsächliche Teilnahme von Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat am Wirtschaftsleben des Gaststaates unter denselben Bedingungen gestatten, die für die inländischen Wirtschaftsbeteiligten gelten (Rn.&nbsp;18). Zu den Bedingungen der Teilnahme am Wirtschaftsleben zählen auch grenzüberschreitende Verschmelzungen, da sie den Zusammenarbeits- und Umgestaltungsbedürfnissen von Gesellschaften mit Sitz in verschiedenen Mitgliedstaaten entsprechen und für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes wichtige Modalitäten darstellen (Rn.&nbsp;19). Wenn das Recht eines Mitgliedstaates die Möglichkeit von Verschmelzungen auf innerstaatliche Vorgänge beschränkt, liegt darin eine diskriminierende Behandlung, die nur dann aufrechterhalten werden darf, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Rn.&nbsp;22). Eine pauschale Berufung auf den Schutz der Interessen von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern ohne eine konkrete Prüfung, ob die schutzwürdigen Interessen tatsächlich bedroht, genüge den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an eine Rechtfertigung nicht.
=== d) Haftungsfolgen ===
Ist der ökologische Schaden noch nicht eingetreten, besteht aber eine unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens, so verpflichtet Art.&nbsp;5 Umwelthaftungs-RL den Verursacher zur Durchführung von Vermeidungsmaßnahmen; hat sich der ökologische Schaden bereits manifestiert, ist der Betreiber nach Art.&nbsp;6 Umwelthaftungs-RL gehalten, Störungen zu beseitigen und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Der Umfang der Sanierungspflichten ist in Anhang&nbsp;II der Richtlinie näher definiert. Dabei wird für Schäden an geschützten Arten oder natürlichen Lebensräumen sowie an Gewässern eine Hierarchie hergestellt aus (1)&nbsp;„primärer Sanierung“ ''in situ'' durch Wiederherstellung des ''status quo ante'', (2)&nbsp;„ergänzender Sanierung“ an einem anderen Ort für den Fall und insoweit, als die primäre Sanierung nicht zur vollständigen Wiederherstellung der geschädigten Ressource führt, (3)&nbsp;„Ausgleichssanierung“ für den zeitweiligen Ausfall der natürlichen Ressource bis zum Abschluss der primären oder ergänzenden Sanierungsmaßnahmen. Bei Bodenkontaminationen gelten gemäß Anhang&nbsp;II deutlich reduzierte Sanierungspflichten, denn der Schädiger ist gehalten, den Boden lediglich insoweit zu sanieren, dass er kein erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit mehr darstellt.


''Sevic'' gab den letzten Anstoß zur Billigung der RL&nbsp;2005/‌56 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten vom 26.10.2005 (Verschmelzungs-RL) durch die Mitgliedstaaten. Die Richtlinie regelt die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften, sofern mindestens zwei der beteiligten Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen. Im Unterschied zur Fusions-RL ist der Anwendungsbereich der Verschmelzungs-RL nicht auf Aktiengesellschaften beschränkt. Vielmehr müssen die Mitgliedstaaten auch anderen Kapitalgesellschaften die Beteiligung an grenzüberschreitenden Verschmelzungen in dem Umfang gestatten, in welchem diesen eine innerstaatliche Verschmelzung offensteht (Diskriminierungsverbot) (Art.&nbsp;1, Art.&nbsp;4). Das Verschmelzungsverfahren (Verschmelzungsplan/‌‌Verschmelzungsbericht/‌unabhängige Prüfung/‌‌Gesellschafterbeschluss, Art.&nbsp;5-Art.&nbsp;9) ist weitgehend der Fusions-RL und den Art.&nbsp;17&nbsp;ff. SE-VO (VO&nbsp;2157/‌2001) nachgebildet, welche Aktiengesellschaften bereits zuvor die Möglichkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu einer [[Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)|Europäischen Aktiengesellschaft]] (SE) eröffnet hat (Art.&nbsp;2(1), Art.&nbsp;17&nbsp;ff. SE-VO).  
=== e) Aktivlegitimation ===
Anspruchsberechtigt hinsichtlich der Durchführung der Maßnahmen nach Art.&nbsp;5 und 6 Umwelthaftungs-RL sind allein die öffentliche Hand bzw. die zuständige Behörde, nicht aber private Verbände und erst recht nicht Privatpersonen. Anerkannte Umweltverbände und interessierte Privatpersonen sind allerdings dazu ermächtigt, ihrerseits gegen die Behörde vorzugehen und von ihr ein Einschreiten gegen den Verursacher zu verlangen.


Wie zuvor bereits die Fusions- und die Spaltungs-RL, so verweist auch die Verschmelzungs-RL in wichtigen Punkten – etwa hinsichtlich der erforderlichen Beschlussmehrheiten in den beteiligten Gesellschaft und hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Gesellschafter-, Gläubiger- und Arbeitnehmerschutzes auf mitgliedstaatliches Recht. Neben dem Verschmelzungsverfahren regelt die Verschmelzungs-RL vor allem, welches Recht für die Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Verschmelzungsvorgangs maßgeblich ist. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen der Rechtsmäßigkeit der Verschmelzungsbeschlüsse der beteiligten Gesellschaften, die nach dem auf die jeweilige Gesellschaft anwendbaren mitgliedstaatlichen Recht und durch die dortigen Gerichte oder Behörden zu prüfen ist (Art.&nbsp;10), und der Kontrolle der Durchführung der Verschmelzung, welche durch denjenigen Mitgliedstaat erfolgt, dessen Recht die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliegt (Art.&nbsp;11). Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der grenzüberschreitenden Verschmelzung richtet sich nach dem Recht des Sitzstaates der aufnehmenden Gesellschaft (Art. 12).
=== f) Kostentragung ===
Die Kosten der Vermeidungs- und Sanierungstätigkeit sind von dem Verursacher zu tragen, und zwar sowohl im Fall der Selbstvornahme durch den Verpflichteten als auch nach Ersatzvornahme durch die Behörde. Dies gilt nicht, soweit für die Haftung ein Verschulden erforderlich ist und es daran fehlt, und darüber hinaus auch dann nicht, wenn sich der Verursacher auf höhere Gewalt berufen kann. Die besonders kontrovers diskutierten Entlastungsgründe des Handelns in Übereinstimmung mit den Anforderungen eines Genehmigungsbescheids (sog. ''permit defence'') und der Realisierung eines Entwicklungsrisikos stellt Art.&nbsp;8(4) Umwelthaftungs-RL in das Ermessen der Mitgliedstaaten.


Die Grundsätze, welche bei der Bewertung der Unternehmen und der auf dieser basierenden Festlegung der Verschmelzungswertrelation und des Umtauschverhältnisses anwendbar sind, werden in der Richtlinie nicht gesondert geregelt. Sie richten sich nach dem jeweils auf die beteiligten Verschmelzungspartner anwendbaren mitgliedstaatlichen Recht. Dies kann dazu führen, dass in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Kernaspekt grenzüberschreitender Verschmelzungen teilweise divergierende mitgliedstaatliche Grundsätze aufeinandertreffen. Die Wirksamkeit der Transaktion hängt jedoch davon ab, dass die Verschmelzungswertrelation im Ergebnis den rechtlichen Anforderungen aller beteiligten Rechtsordnungen genügt. Die fehlende Harmonisierung in diesem Punkt kann in der Praxis Schwierigkeiten bereiten und stellt die Transaktionspraxis vor die Herausforderung, einen gemeinsamen Bewertungsstandard für grenzüberschreitende Verschmelzungen zu entwickeln.
=== g) Haftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ===
Insgesamt enthält die Richtlinie ein Haftungssystem, das dem Modell der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit auf Gefahrvermeidung und &#8209;beseitigung näher steht als der zivilrechtlichen Haftung auf [[Schadensersatz]]. Staatliche Behörden werden dazu ermächtigt und verpflichtet, Schäden an kollektiven Gemeinschaftsgütern zu vermeiden und zu sanieren, primär durch Zugriff auf den Verursacher, in zweiter Linie durch eigene Anstrengungen. Die Richtlinie weist aber auch einige zivilrechtliche Haftungselemente auf, etwa die Unterscheidung zwischen Verschuldens- und Gefährdungshaftung sowie die Anerkennung traditioneller privatrechtlicher Entlastungsgründe, etwa höherer Gewalt (vgl. Art.&nbsp;4(1), Art.&nbsp;8(4)(b). Sie nimmt damit eine Zwitterstellung auf der Grenze zwischen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Haftung ein.


Durch die neuere Rspr. des EuGH zur Niederlassungsfreiheit haben ferner auch die seit langem existierenden Pläne der Kommission zur Verabschiedung einer Sitzverlegungsrichtlinie neuen Auftrieb erlangt, die über die im Rahmen des SE-Statuts und der Verschmelzungs-RL bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus eine rechtsformwechselnde Sitzverlegung über die Grenze ermöglichen soll (siehe zuletzt ''Commission Staff Working Paper'' vom 12.12.2007: ''Impact Assessment on the Directive on cross-border transfer of registered office'', SEC(2007) 1707).
== 4. Das Kollisionsrecht der Umwelthaftung ==
Das Kollisionsrecht der Umwelthaftung ist mit der im Januar 2009 in Kraft getretenen Rom&nbsp;II-VO (VO&nbsp;864/‌2007) gemeinschaftsrechtlich geregelt worden. Art.&nbsp;7 Rom&nbsp;II-VO enthält eine spezielle Anknüpfungsregel für Ansprüche wegen Umweltschäden, die durch Beeinträchtigung von Umweltmedien verursacht worden sind. Diese Regelung gilt für Personen- und Sachschäden genauso wie für ökologische Schäden, nicht aber für die Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand nach der Umwelthaftungs-RL, sofern letztere – wie in Deutschland – öffentlich-rechtlicher Natur sind. Der Geschädigte hat die Wahl zwischen dem aufgrund der Regelanknüpfung in Art.&nbsp;4 Rom&nbsp;II-VO maßgeblichen Recht des Erfolgsorts und dem speziell von Art.&nbsp;7 Rom&nbsp;II-VO zur Verfügung gestellten Recht des Handlungsorts. Art.&nbsp;7 Rom&nbsp;II-VO bewirkt damit eine Haftungsverschärfung in denjenigen Fällen, in denen am Handlungsort strengere Umweltstandards gelten als im Staat des Erfolgsorts.  


Von großer praktischer Bedeutung sind die steuerrechtlichen Implikationen grenzüberschreitender Umstrukturierungen. Die steuerliche Behandlung grenzüberschreitender Zusammenschlüsse und Spaltungen im weiten, wirtschaftlichen Sinne – d.h. in all jenen Konstellationen, in denen ein Unternehmen oder Unternehmensteil unter bloßem Austausch der Anteile und ohne Auszahlung liquider Mittel an die veräußernden Anteilsinhaber erfolgt – ist Gegenstand der Fusionsbesteuerungs-RL (RL&nbsp;90/‌‌434) vom 23.7.1990. Die Richtlinie untersagt grundsätzlich eine Besteuerung von (tatsächlich weder bei den Gesellschaften noch den Anteilsinhabern in realisierbarer Weise anfallenden) Gewinnen aus einer grenzüberschreitenden Transaktion, etwa die Besteuerung von im Rahmen der Umstrukturierung aufgedeckten stillen Reserven. Eine solche Besteuerung würde in der Praxis häufig dazu führen, dass die grenzüberschreitende Transaktion unterbleibt. Die Richtlinie soll bewirken, dass die Besteuerung bis zur tatsächlichen Realisierung der Gewinne aufgeschoben wird. Die Fusionsbesteuerungs-RL ist allerdings in einigen Mitgliedstaaten bislang nur ungenügend umgesetzt. Vor diesem Hintergrund erlangt auch hier die auf die Grundfreiheiten ([[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)|Grundfreiheiten]] (allgemeine Grundsätze) gestützte Rspr. des EuGH zur Besteuerung grenzüberschreitender Unternehmensumstrukturierungen besondere Relevanz.
== 5. Internationale Übereinkommen ==
Eine weitere Säule des Umwelthaftungsrechts in Europa bilden internationale Übereinkommen. Das einzige umfassende, d.h. nicht nur sektorspezifische Übereinkommen ist das Lugano-Übereinkommen des Europarats vom 21.6.1993, das jedoch nicht in Kraft getreten ist. Es sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Betreibers einer gefährlichen Tätigkeit für sämtliche dadurch verursachten Personen- und Sachschäden sowie ökologischen Schäden, einschließlich der Kosten für Verhütungsmaßnahmen, vor.


== 4. Rückwirkungen auf mitgliedstaatliches Recht ==
Neben diesem umfassenden, aber praktisch bisher bedeutungslosen Umwelthaftungsübereinkommen existieren eine Reihe sektoraler Übereinkommen, die ihrerseits nur zum Teil in Kraft getreten sind und die hier nur exemplarisch behandelt werden können. Kennzeichnend für diese sektoralen Übereinkommen ist die Anordnung einer Gefährdungshaftung für einzelne, besonders gefährliche Tätigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug. So sieht das Internationale Übereinkommen für Ölverschmutzungsschäden von 1969 eine verschuldensunabhängige Haftung des Eigentümers eines Schiffes vor, das Öl als Bulkladung führt ([[Meeresverschmutzung, Entschädigung]]). Flankiert wird dieses Haftungsübereinkommen durch das Übereinkommen über die Errichtung eines Internationalen Fonds von 1971, das die Stellung des Geschädigten verbessert, indem es für die Schadensersatzzahlung einen Fonds eintreten lässt, sofern bestehende Haftungshöchstgrenzen überschritten sind, der Schuldner nicht leistungsfähig ist oder der Ersatzanspruch an einem Haftungsausschlussgrund scheitert.
Die Verschmelzungs-RL war bis zum Dezember 2007 in mitgliedstaatliches Recht umzusetzen. Dies ist in Deutschland mit der Einfügung eines eigenen Abschnitts über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften in das UmwG geschehen (siehe §§&nbsp;122a&nbsp;ff. UmwG). Eine grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften ist nicht vorgesehen, wenngleich ihre Zulassung auf der Grundlage des in ''SEVIC ''statuierten Diskriminierungsverbots gemeinschaftsrechtlich geboten erscheint. Die §§&nbsp;122a&nbsp;ff. UmwG knüpfen im Grundsatz an das Recht der inländischen Verschmelzung an, weisen jedoch einige Besonderheiten auf. Bedeutsam sind insb. die Sonderregelungen zum Schutz der Interessen von Minderheitsgesellschaftern und Gläubigern, die bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung in besonderer Weise berührt sein können. So sieht §&nbsp;122i UmwG einen Anspruch dissentierender Anteilsinhaber auf eine angemessene Barabfindung vor, wenn die Verschmelzung zu einem Wegzug aus Deutschland führt. Kein Anteilsinhaber soll gezwungen werden, die mit einem Wechsel in eine ausländische Rechtsform verbundene Änderung seiner Rechte und Pflichten hinzunehmen. Das den Gläubigern bei Inlandsverschmelzungen gemäß §&nbsp;22 UmwG zustehende Recht auf Sicherheitsleistung in Bezug auf potentiell gefährdete Forderungen wird bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen durch §&nbsp;122j UmwG vorverlagert.


Die deutschen Sonder-Schutzbestimmungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen verweisen auf die Besonderheiten der Interessenlage, die bei derartigen Unternehmenstransaktionen nach wie vor besteht. Unter welchen Voraussetzungen diese Besonderheiten eine Ungleichbehandlung inländischer und grenzüberschreitender Transaktionen bzw. eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen, ist in der Rspr. des EuGH bislang nicht abschließend geklärt. Die Entwicklung gemeinschaftsweit einheitlicher gesellschaftsrechtlicher Schutzstandards für Anteilsinhaber, Minderheitsgesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer ist bislang nur punktuell gelungen, bleibt aber gerade im Lichte der neueren Rspr. des EuGH eine Herausforderung.
Schwerwiegende Schadensfälle mit internationalem Bezug können zudem durch Unfälle in Atomkraftwerken und anderen Nuklearanlagen verursacht werden, und deshalb existieren auf diesem Gebiet eine Reihe internationaler Übereinkommen. Zu nennen sind etwa das Pariser Übereinkommen aus dem Jahr 1960 samt dem Brüsseler Zusatzübereinkommen zum Pariser Übereinkommen von 1963. Das Pariser Übereinkommen sieht eine Gefährdungshaftung des Inhabers einer Kernanlage vor und umfasst ökologische Schäden nur insoweit, als sie gleichzeitig einen Individualschaden darstellen. Dies ist erst durch das Protokoll zum Pariser Übereinkommen aus dem Jahre 2004 geändert worden, das auch ökologische Schäden, die nicht zugleich Individualschäden sind, in die Haftung einbezieht.
 
== 6. Vereinheitlichungsprojekte ==
Während die ''[[Principles of European Tort Law]]'' keine spezifischen Regeln für Umweltschäden enthalten, statuiert Art.&nbsp;VI.-2:209 DCFR ein privatrechtliches Entschädigungsregime für ökologische Schäden. Danach stellen Aufwendungen des Staates, die im Zuge der Wiederherstellung wesentlich beeinträchtigter Umweltgüter, wie etwa Luft, Wasser, Boden, Flora und Fauna, entstehen, ersatzfähige Schäden des jeweiligen Verwaltungsträgers dar. Diese Regelung transformiert die primär öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit nach der Umwelthaftungs-RL in eine privatrechtliche Haftung und ebnet darüber hinaus die hoch differenzierten Schutzbereichsschranken dieser Richtlinie ein. Die damit verbundene vollständige Gleichstellung von Schäden an Individualrechtsgütern und Aufwendungen des Staates zur Wiederherstellung von Gemeinschaftsgütern ist in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ohne Vorbild.


==Literatur==
==Literatur==
''Alfred F. Conard'', Fundamental changes in marketable share companies, in: IECL XIII/‌2, Kap.&nbsp;6, 1969; ''Peter Hommelhoff'', ''Karl Riesenhuber'','' ''Strukturmaßnahmen, insbesondere Verschmelzung und Spaltung im Europäischen und deutschen Gesellschaftsrecht, in: Stefan Grundmann (Hg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, 2000, 261&nbsp;ff.; ''Jens Petersen'', Der Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht, 2001; ''York Schnorbus'', Gestaltungsfreiheit im Umwandlungsrecht, 2001; ''Karsten Schmidt'','' ''Integrationswirkung des Umwandlungsgesetzes, in: Festschrift für Peter Ulmer, 2003, 557&nbsp;ff.; ''Stefan Grundmann'', Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, §§&nbsp;25, 26; ''Harald Kallmeyer'', Umwandlungsgesetz, 3.&nbsp;Aufl. 2005; ''Roger Kiem'', Die Ermittlung der Verschmelzungswertrelation bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 2007, 542&nbsp;ff.; ''Maria Doralt'','' ''Cross-Border Mergers, European Company and Financial Law Review 2007, 17&nbsp;ff.; ''Barbara Dauner-Lieb'', ''Stefan Simon'', Kölner Kommentar zum UmwG, 2008; ''Marcus Lutter'','' Martin Winter ''(Hg.), UmwG, Bd.&nbsp;2, 4.&nbsp;Aufl. 2008; ''Marieke Wyckaert'','' Koen Geens'', Cross-border mergers and minority protection. An open-ended harmonization, Utrecht Law Review 4 (2008) 40&nbsp;ff.
''Christian von Bar'' (Hg.), Internationales Umwelthaftungsrecht, Bd.&nbsp;I, 1995; ''Günter Hager'', Europäisches Umwelthaftungsrecht, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 5 (1997) 9&nbsp;ff.; ''Rüdiger Wolfrum'', ''Christine Langenfeld'', Umweltschutz durch internationales Haftungsrecht, 1999; ''Lucas'' ''Bergkamp'', Liability and Environment, 2001; ''Günter Hager'', Der Vorschlag einer europäischen Richtlinie zur Umwelthaftung, Juristenzeitung 2002, 901&nbsp;ff.; ''Michael Faure'' (Hg.), Deterrence, Insurability, and Compensation in Environmental Liability, 2003; ''Reinhard Hendler'', ''Peter Marburger'', ''Michael Reinhardt'', ''Meinhard Schröder'' (Hg.), Umwelthaftung nach neuem EG-Recht, 2005; ''Gerhard Wagner'', Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung aus der Sicht des Zivilrechts, Versicherungsrecht 2005, 177&nbsp;ff.;'' Monika Hinteregger ''(Hg.), Environmental Liability and Ecological Damage in European Law, 2008; ''eadem'', Environmental Liability, in: Helmut Koziol, Rainer Schulze (Hg.), Tort Law of the European Community, 2008, 103&nbsp;ff.


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Version vom 29. September 2021, 13:03 Uhr

von Gerhard Wagner

1. Begriff der Umwelthaftung

Das Umwelthaftungsrecht stellt kein geschlossenes Rechtsgebiet dar, sondern einen deskriptiven Begriff zur Kennzeichnung der Gesamtheit derjenigen Rechtsnormen, die die Haftung für durch Umwelteinwirkungen vermittelte Schäden umfassen, also für Schäden, die über eines der Umweltmedien Luft, Wasser und Boden verursacht werden. Das Umwelthaftungsrecht in Europa befindet sich in ständiger Weiterentwicklung und wird bestimmt durch eine Vielzahl von Rechtsakten nationaler, europäischer und internationaler Provenienz.

Innerhalb des Umwelthaftungsrechts lassen sich zwei verschiedene Arten von Schäden unterscheiden, nämlich Beeinträchtigungen von Individualrechtsgütern, die durch den Umweltpfad, also über eines der drei Umweltmedien Luft, Wasser und Boden, verursacht werden, und Beeinträchtigungen der Umwelt selbst, die sog. ökologischen Schäden. Die erstgenannte Gruppe der Individualschäden ist dem Haftungsrecht seit jeher geläufig, wenn sie auch lange Zeit nicht unter dem Begriff der Umwelthaftung erfasst und diskutiert wurde. Bereits in der Antike hatte es das Privatrecht mit Fällen zu tun, in denen eine Person einen Schaden erlitt, weil ein anderer das Wasser verschmutzt, den Boden verunreinigt oder die Luft verpestet hatte. Die ökologischen Schäden als solche begleiten die Menschheit ebenfalls schon immer, beispielhaft belegt durch die Entwaldung ganzer Landstriche wie etwa des Libanon oder der Osterinsel und die Ausrottung der großen Säugetierarten Amerikas durch von Alaska einwandernde Bevölkerungsgruppen. Das traditionelle Haftungsrecht verhielt sich diesen ökologischen Schäden gegenüber indessen mehr oder weniger gleichgültig; allenfalls waren sie insoweit zu restituieren, als sie zugleich eine Eigentumsverletzung darstellten. Reine ökologische Schäden an Umweltgütern, die keinem Rechtssubjekt zugeordnet sind, wie etwa Beeinträchtigungen von wilden, nicht jagdbaren Tieren und Tierarten, von Lebensräumen und Ökosystemen wie Flüssen, Seen oder Meeren ([[Meeresverschmutzung, Entschädigung]]) und von natürlichen Funktionszusammenhängen wie dem Klima waren nicht ersatzfähig. Diese Rechtslage hat sich mit der Umwelthaftungs-RL (RL 2004/‌35) geändert, die für bestimmte Kategorien ökologischer Schäden eine gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung geschaffen hat (s.u. 3.). Die Richtlinie ist die Grundlage für das deutsche Umweltschadensgesetz; in vielen anderen Mitgliedstaaten steht die Umsetzung noch aus.

2. Nationales Recht

Die europäischen Staaten sehen sich im Kern ähnlichen Umweltrisiken ausgesetzt, so dass sich auch für ihr jeweiliges Haftungsrecht ähnliche Herausforderungen ergeben. Die gewählten mitgliedstaatlichen Lösungen reichen von der Anwendung und Weiterentwicklung der traditionellen Haftungssysteme der Verschuldens- und der Gefährdungshaftung sowie des Nachbarrechts bis zur Schaffung spezieller Haftungsnormen für Schädigungen durch Umweltbeeinträchtigungen.

In allen europäischen Rechtsordnungen gilt die allgemeine Deliktshaftung (Deliktsrecht) auch für umweltvermittelte Schädigungen. Dabei sind in einigen Ländern die Prinzipien der Verschuldenshaftung mit Blick auf umweltvermittelte Schädigungen modifiziert und weiterentwickelt worden, etwa durch Heraufsetzen des Sorgfaltsstandards beim Betrieb umweltgefährlicher Anlagen oder durch Umkehr der Beweislast für die Sorgfaltspflichtverletzung bei Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Umweltstandards.

Die mehr oder weniger stark ausgeprägte Verwaltungsrechtsakzessorietät des Umweltdeliktsrechts bietet ein Einfallstor für die europäische Gesetzgebung, die auf diese Weise mittelbar Einfluss auf das jeweilige nationale Umwelthaftungsrecht der Mitgliedstaaten ausübt: Die Statuierung gemeinschaftsrechtlicher Pflichten im Rahmen des Umweltverwaltungsrechts determiniert die mitgliedstaatliche Haftung wegen Pflichtverletzung. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel dafür sind die umfangreichen Pflichten, die den Herstellern von Chemikalien durch die sog. REACH-Verordnung auferlegt worden sind.

Darüber hinaus besteht in den meisten europäischen Staaten für Schäden an Individualrechtsgütern eine Gefährdungshaftung, wenn auch nicht immer flächendeckend, für jedwede Art von Umweltbeeinträchtigung. Einige Staaten wie Deutschland, Griechenland, Finnland und Schweden haben spezielle Gesetze über die Umwelthaftung erlassen. So legt das deutsche Umwelthaftungsgesetz aus dem Jahre 1990 den Inhabern bestimmter, abschließend aufgezählter Anlagen eine Schadensersatzpflicht (Schadensersatz) für durch Umwelteinwirkung verursachte Rechtsgutsverletzungen – Tötung, Körper- oder Gesundheitsverletzung oder Sachbeschädigung – auf. In anderen europäischen Staaten, wie etwa Frankreich, Belgien oder Italien, werden traditionelle Gefährdungshaftungstatbestände der jeweiligen Zivilgesetzbücher auf umweltvermittelte Schädigungen angewandt. Im common law of torts von England und Irland steht eine – in England jedoch sehr restriktiv ausgelegte – verschuldensunabhängige Haftung im Rahmen der rule in Rylands v. Fletcher [1868] LR 3 HL 330) zur Verfügung. Daneben existieren in vielen europäischen Staaten sektorspezifische Gefährdungshaftungen, wie etwa hinsichtlich des Betriebs von Kraft- oder Bergwerken oder hinsichtlich der Lagerung von Abfall.

Die dritte Spur der Umwelthaftung für Individualschäden neben der Verschuldens- und der Gefährdungshaftung ist die Verantwortlichkeit kraft Nachbarrechts, die in den meisten Ländern, mit Ausnahme Schottlands und der Niederlande, kein Verschulden voraussetzt.

Der Schutzbereich der nationalen Systeme ist grundsätzlich beschränkt auf Schäden infolge von Tötung, Körper- oder Gesundheitsverletzungen sowie Sachbeschädigungen und sonstigen Eigentumsverletzungen. Im Fall der Verunreinigung des Bodens können neben dem Eigentümer auch solche Personen Ersatz verlangen, die ein qualifiziertes Interesse an dem Grundstück haben, wie etwa der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit oder der Pächter. Ökologische Schäden waren bis zur Umsetzung der Umwelthaftungs-RL in nationales Recht in der Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht ersatzfähig, sofern die beeinträchtigte Ressource nicht einem Eigentümer zugeordnet war und dieser Naturalrestitution verlangen konnte. Ausnahmen stellen etwa das italienische und portugiesische Recht dar, nach welchen der Staat (Italien) bzw. auch der einzelne Bürger (Portugal) auf Sanierung des ökologischen Schadens klagen kann. Außerdem hält die Rechtsprechung einiger europäischer Staaten wie etwa Belgiens, Frankreichs, Spaniens oder Schwedens den Staat, Privatpersonen sowie Umweltorganisationen für klagebefugt, sofern sie ein qualifiziertes Interesse an der beeinträchtigten Ressource geltend machen können.

3. Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung

a) Entstehung

Grundlage der gemeinschaftsrechtlichen Umwelthaftung ist die RL 2004/‌35 vom 21.4.2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden, die bis zum 30.4.2007 in nationales Recht umzusetzen war. Der Verabschiedung der Richtlinie vorausgegangen ist ein über fünfzehn Jahre währender Entstehungsprozess, der von der Europäischen Kommission durch einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Abfallhaftung eingeleitet worden war. Der Richtlinienvorschlag sah eine Gefährdungshaftung für durch Abfallerzeugung verursachte Körper- und Sachschäden sowie für ökologische Schäden vor, ist jedoch nie in Kraft getreten. Die Europäische Kommission konzentrierte sich vielmehr auf die Schaffung eines umfassenden Umwelthaftungsrechts, dessen mögliche Grundzüge sie im Jahre 2000 in ihrem Weißbuch zur Umwelthaftung vorstellte. Darin strebte die Kommission eine Rahmenrichtlinie zur Umwelthaftung an, die eine verschuldensunabhängige Haftung für Gesundheits- und Sachschäden sowie ökologische Schäden infolge gefährlicher Tätigkeiten mit einer verschuldensabhängigen Haftung für durch sonstige Tätigkeiten verursachte Schäden an der biologischen Vielfalt kombinieren sollte. Erst im Jahre 2002 gab die Europäische Kommission diesen umfassenden Ansatz auf und konzentrierte sich mit dem Vorschlag zur Umwelthaftungs-RL ganz auf die Regelung der Haftung für ökologische Schäden.

b) Zweck

Gemäß Art. 1 besteht das Ziel der Umwelthaftungs-RL darin, einen gemeinschaftsrechtlichen Rahmen für die Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden auf Grundlage des Verursacherprinzips zu schaffen. Die Richtlinie will keine Harmonisierungsmaßnahme sein, sondern dient dem Umweltschutz. Folgerichtig steht es den Mitgliedstaaten gemäß Art. 16 der Richtlinie frei, strengere Vorschriften für die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden zu erlassen.

c) Schutzbereich und Haftungsvoraussetzungen

Der Schutzbereich der Richtlinie ist auf mehrfache Weise begrenzt: Ersatzfähig sind lediglich Schäden an natürlichen Ressourcen, also ökologische Schäden im Gegensatz zu herkömmlichen Individualschäden. Art. 3(3) Umwelthaftungs-RL stellt ausdrücklich klar, dass Ersatzansprüche von Privatpersonen auch dann nicht vom Schutzbereich erfasst sind, wenn der Vermögensschaden in der Folge eines ökologischen Schadens eintritt. Die Betreiber von Hotels an der Meeresküste könnten also keinen Ausgleich verlangen, wenn die Sommersaison wegen übermäßiger Verschmutzung des Wassers oder wegen „Umkippens“ des Meeres ausfällt.

Aber auch ökologische Schäden werden von der Richtlinie nur ausschnittsweise erfasst, nämlich soweit sie sich als Beeinträchtigungen geschützter Arten, bestimmter natürlicher Lebensräume, als Schädigung von Gewässern oder schließlich als Beeinträchtigung des Bodens darstellen. Werden derartige Nachteile durch Ausübung einer in Anhang III der Richtlinie aufgeführten beruflichen Tätigkeit, insbesondere durch den Betrieb einer umweltgefährlichen Anlage, verursacht, haftet der Betreiber verschuldensunabhängig für Vermeidung und Sanierung bzw. die Kosten entsprechender Maßnahmen. Bei der Ausübung anderer als der in dem Anhang der Richtlinie aufgeführten beruflichen Tätigkeiten wird lediglich für Schädigungen geschützter Arten und natürlicher Lebensräume gehaftet, und dies auch nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns des Verursachers.

d) Haftungsfolgen

Ist der ökologische Schaden noch nicht eingetreten, besteht aber eine unmittelbare Gefahr eines solchen Schadens, so verpflichtet Art. 5 Umwelthaftungs-RL den Verursacher zur Durchführung von Vermeidungsmaßnahmen; hat sich der ökologische Schaden bereits manifestiert, ist der Betreiber nach Art. 6 Umwelthaftungs-RL gehalten, Störungen zu beseitigen und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen. Der Umfang der Sanierungspflichten ist in Anhang II der Richtlinie näher definiert. Dabei wird für Schäden an geschützten Arten oder natürlichen Lebensräumen sowie an Gewässern eine Hierarchie hergestellt aus (1) „primärer Sanierung“ in situ durch Wiederherstellung des status quo ante, (2) „ergänzender Sanierung“ an einem anderen Ort für den Fall und insoweit, als die primäre Sanierung nicht zur vollständigen Wiederherstellung der geschädigten Ressource führt, (3) „Ausgleichssanierung“ für den zeitweiligen Ausfall der natürlichen Ressource bis zum Abschluss der primären oder ergänzenden Sanierungsmaßnahmen. Bei Bodenkontaminationen gelten gemäß Anhang II deutlich reduzierte Sanierungspflichten, denn der Schädiger ist gehalten, den Boden lediglich insoweit zu sanieren, dass er kein erhebliches Risiko für die menschliche Gesundheit mehr darstellt.

e) Aktivlegitimation

Anspruchsberechtigt hinsichtlich der Durchführung der Maßnahmen nach Art. 5 und 6 Umwelthaftungs-RL sind allein die öffentliche Hand bzw. die zuständige Behörde, nicht aber private Verbände und erst recht nicht Privatpersonen. Anerkannte Umweltverbände und interessierte Privatpersonen sind allerdings dazu ermächtigt, ihrerseits gegen die Behörde vorzugehen und von ihr ein Einschreiten gegen den Verursacher zu verlangen.

f) Kostentragung

Die Kosten der Vermeidungs- und Sanierungstätigkeit sind von dem Verursacher zu tragen, und zwar sowohl im Fall der Selbstvornahme durch den Verpflichteten als auch nach Ersatzvornahme durch die Behörde. Dies gilt nicht, soweit für die Haftung ein Verschulden erforderlich ist und es daran fehlt, und darüber hinaus auch dann nicht, wenn sich der Verursacher auf höhere Gewalt berufen kann. Die besonders kontrovers diskutierten Entlastungsgründe des Handelns in Übereinstimmung mit den Anforderungen eines Genehmigungsbescheids (sog. permit defence) und der Realisierung eines Entwicklungsrisikos stellt Art. 8(4) Umwelthaftungs-RL in das Ermessen der Mitgliedstaaten.

g) Haftung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht

Insgesamt enthält die Richtlinie ein Haftungssystem, das dem Modell der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit auf Gefahrvermeidung und ‑beseitigung näher steht als der zivilrechtlichen Haftung auf Schadensersatz. Staatliche Behörden werden dazu ermächtigt und verpflichtet, Schäden an kollektiven Gemeinschaftsgütern zu vermeiden und zu sanieren, primär durch Zugriff auf den Verursacher, in zweiter Linie durch eigene Anstrengungen. Die Richtlinie weist aber auch einige zivilrechtliche Haftungselemente auf, etwa die Unterscheidung zwischen Verschuldens- und Gefährdungshaftung sowie die Anerkennung traditioneller privatrechtlicher Entlastungsgründe, etwa höherer Gewalt (vgl. Art. 4(1), Art. 8(4)(b). Sie nimmt damit eine Zwitterstellung auf der Grenze zwischen öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Haftung ein.

4. Das Kollisionsrecht der Umwelthaftung

Das Kollisionsrecht der Umwelthaftung ist mit der im Januar 2009 in Kraft getretenen Rom II-VO (VO 864/‌2007) gemeinschaftsrechtlich geregelt worden. Art. 7 Rom II-VO enthält eine spezielle Anknüpfungsregel für Ansprüche wegen Umweltschäden, die durch Beeinträchtigung von Umweltmedien verursacht worden sind. Diese Regelung gilt für Personen- und Sachschäden genauso wie für ökologische Schäden, nicht aber für die Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand nach der Umwelthaftungs-RL, sofern letztere – wie in Deutschland – öffentlich-rechtlicher Natur sind. Der Geschädigte hat die Wahl zwischen dem aufgrund der Regelanknüpfung in Art. 4 Rom II-VO maßgeblichen Recht des Erfolgsorts und dem speziell von Art. 7 Rom II-VO zur Verfügung gestellten Recht des Handlungsorts. Art. 7 Rom II-VO bewirkt damit eine Haftungsverschärfung in denjenigen Fällen, in denen am Handlungsort strengere Umweltstandards gelten als im Staat des Erfolgsorts.

5. Internationale Übereinkommen

Eine weitere Säule des Umwelthaftungsrechts in Europa bilden internationale Übereinkommen. Das einzige umfassende, d.h. nicht nur sektorspezifische Übereinkommen ist das Lugano-Übereinkommen des Europarats vom 21.6.1993, das jedoch nicht in Kraft getreten ist. Es sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Betreibers einer gefährlichen Tätigkeit für sämtliche dadurch verursachten Personen- und Sachschäden sowie ökologischen Schäden, einschließlich der Kosten für Verhütungsmaßnahmen, vor.

Neben diesem umfassenden, aber praktisch bisher bedeutungslosen Umwelthaftungsübereinkommen existieren eine Reihe sektoraler Übereinkommen, die ihrerseits nur zum Teil in Kraft getreten sind und die hier nur exemplarisch behandelt werden können. Kennzeichnend für diese sektoralen Übereinkommen ist die Anordnung einer Gefährdungshaftung für einzelne, besonders gefährliche Tätigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug. So sieht das Internationale Übereinkommen für Ölverschmutzungsschäden von 1969 eine verschuldensunabhängige Haftung des Eigentümers eines Schiffes vor, das Öl als Bulkladung führt (Meeresverschmutzung, Entschädigung). Flankiert wird dieses Haftungsübereinkommen durch das Übereinkommen über die Errichtung eines Internationalen Fonds von 1971, das die Stellung des Geschädigten verbessert, indem es für die Schadensersatzzahlung einen Fonds eintreten lässt, sofern bestehende Haftungshöchstgrenzen überschritten sind, der Schuldner nicht leistungsfähig ist oder der Ersatzanspruch an einem Haftungsausschlussgrund scheitert.

Schwerwiegende Schadensfälle mit internationalem Bezug können zudem durch Unfälle in Atomkraftwerken und anderen Nuklearanlagen verursacht werden, und deshalb existieren auf diesem Gebiet eine Reihe internationaler Übereinkommen. Zu nennen sind etwa das Pariser Übereinkommen aus dem Jahr 1960 samt dem Brüsseler Zusatzübereinkommen zum Pariser Übereinkommen von 1963. Das Pariser Übereinkommen sieht eine Gefährdungshaftung des Inhabers einer Kernanlage vor und umfasst ökologische Schäden nur insoweit, als sie gleichzeitig einen Individualschaden darstellen. Dies ist erst durch das Protokoll zum Pariser Übereinkommen aus dem Jahre 2004 geändert worden, das auch ökologische Schäden, die nicht zugleich Individualschäden sind, in die Haftung einbezieht.

6. Vereinheitlichungsprojekte

Während die Principles of European Tort Law keine spezifischen Regeln für Umweltschäden enthalten, statuiert Art. VI.-2:209 DCFR ein privatrechtliches Entschädigungsregime für ökologische Schäden. Danach stellen Aufwendungen des Staates, die im Zuge der Wiederherstellung wesentlich beeinträchtigter Umweltgüter, wie etwa Luft, Wasser, Boden, Flora und Fauna, entstehen, ersatzfähige Schäden des jeweiligen Verwaltungsträgers dar. Diese Regelung transformiert die primär öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit nach der Umwelthaftungs-RL in eine privatrechtliche Haftung und ebnet darüber hinaus die hoch differenzierten Schutzbereichsschranken dieser Richtlinie ein. Die damit verbundene vollständige Gleichstellung von Schäden an Individualrechtsgütern und Aufwendungen des Staates zur Wiederherstellung von Gemeinschaftsgütern ist in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ohne Vorbild.

Literatur

Christian von Bar (Hg.), Internationales Umwelthaftungsrecht, Bd. I, 1995; Günter Hager, Europäisches Umwelthaftungsrecht, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 5 (1997) 9 ff.; Rüdiger Wolfrum, Christine Langenfeld, Umweltschutz durch internationales Haftungsrecht, 1999; Lucas Bergkamp, Liability and Environment, 2001; Günter Hager, Der Vorschlag einer europäischen Richtlinie zur Umwelthaftung, Juristenzeitung 2002, 901 ff.; Michael Faure (Hg.), Deterrence, Insurability, and Compensation in Environmental Liability, 2003; Reinhard Hendler, Peter Marburger, Michael Reinhardt, Meinhard Schröder (Hg.), Umwelthaftung nach neuem EG-Recht, 2005; Gerhard Wagner, Die gemeinschaftsrechtliche Umwelthaftung aus der Sicht des Zivilrechts, Versicherungsrecht 2005, 177 ff.; Monika Hinteregger (Hg.), Environmental Liability and Ecological Damage in European Law, 2008; eadem, Environmental Liability, in: Helmut Koziol, Rainer Schulze (Hg.), Tort Law of the European Community, 2008, 103 ff.