Unlauterer Wettbewerb und Verkehrsfreiheiten und Unterhalt: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Matthias Leistner]]''
von ''[[Dieter Martiny]]''
== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Begriff und Arten des Unterhalts ==
Die Konturen des schillernden Begriffs des Rechts des unlauteren Wettbewerbs (Lauterkeitsrechts) sind im europäischen Rahmen von erheblicher Unschärfe gekennzeichnet. Europaweit charakteristisch ist immerhin der Marktbezug des Lauterkeitsrechts, es geht in diesem Rechtsgebiet im nationalen Rechtsvergleich jeweils um die Regulierung des Marktverhaltens. Darüber hinaus fällt eine Abgrenzung der Regelungsgebiete und Schutzzwecke des Lauterkeitsrechts unter rechtsvergleichender Perspektive im europäischen Rahmen schwer (auch [[Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)]]).  
Unter Unterhalt versteht man im Allgemeinen im Rahmen eines familienrechtlichen Verhältnisses gewährte Leistungen zur Deckung der Lebensbedürfnisse eines anderen, die von der Bedürftigkeit des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängen. Diese Art von privaten Transferleistungen ist allen europäischen Rechtsordnungen bekannt. Allerdings besteht bezüglich Umfang und Intensität eine beträchtliche Variationsbreite unter den Rechtsordnungen. Auch der Unterhalt selbst, der in den unterschiedlichsten Zusammenhängen zu leisten ist, ist nur in beschränktem Umfang ein einheitliches Konzept.
Im [[Europäisches Internationales Familienrecht|europäischen internationalen Familienrecht]] folgt der Unterhalt bezüglich der [[Zuständigkeit, internationale|internationalen Zuständigkeit]] und der [[Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen]] bislang den Regeln über [[Zivil- und Handelssache]]n. Es besteht eine besondere Zuständigkeit zugunsten des Unterhaltsberechtigten (Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;2 EuGVO <nowiki> [VO&nbsp;44/2001] </nowiki>). Ein Bedürfnis für einen europäischen Begriff des Unterhalts ist bislang vor allem bei der Eingrenzung des Anwendungsbereichs und der besonderen Zuständigkeit für Unterhaltssachen nach dem EuGVÜ aufgetreten. Der Gerichtshof hat die nach Ehescheidung zu zahlende Ausgleichsleistung (''prestation compensatoire'') nach Art.&nbsp;270 des frz. ''Code civil'' zum Unterhalt gezählt. Maßgeblich dafür war, dass es sich um finanzielle Verpflichtungen zwischen den früheren Ehegatten nach der Scheidung handelt, welche sich nach den beiderseitigen Mitteln und Bedürfnissen bestimmen (EuGH Rs.&nbsp;120/79 – ''de Cavel'' ''II'', Slg. 1980, 731).  


Die Begriffe der Unlauterkeit (so insbesondere Art.&nbsp;10<sup>bis</sup> PVÜ als wesentliche Vorgabe des internationalen Rechts in diesem Bereich, die europäische Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken von 2005 (RL&nbsp;2005/29) sowie im nationalen Recht etwa der französische Terminus der ''concurrence déloyale ''im Rahmen des deliktsrechtlichen Fallrechts zu Art.&nbsp;1382 ''Code civil'' und nunmehr auch die Terminologie des neuen deutschen UWG, der sittenwidrigen (so weiterhin §&nbsp;1 des österreich. UWG) oder der gegen Treu und Glauben verstoßenden (so das schweiz. UWG) Wettbewerbshandlungen helfen bei der Definition des eigentlich sanktionierten Marktverhaltens wenig weiter. Ebensowenig kann ein Abstellen auf die Schutzzwecke des Lauterkeitsrechts letztlich zu einer trennscharfen Abgrenzung der Regelungsbereiche des Lauterkeitsrechts und der unlauteren Wettbewerbshandlungen führen, zumal auch diesbezüglich die Auffassung in Europa nicht einheitlich ist ([[Unlauterer Wettbewerb]]). Der Schutzzwecktrias (Schutz der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer, der Mitbewerber und des Allgemeininteresses an unverzerrtem Wettbewerb) nach deutschem und wohl auch nach noch vorherrschendem gemeinschaftsrechtlichen Verständnis des Lauterkeitsrechts kontrastieren teilweise – insbesondere im Vereinigten Königreich und Irland, aber auch im Recht einiger der neuen Mitgliedstaaten – nur fragmentarische Lauterkeitsrechtskonzeptionen, in deren Mittelpunkt im Wesentlichen die verbraucherschützenden Fallgruppen stehen. So lassen sich mit dem Schutz der informationellen Entscheidungsgrundlage der Verbraucher vor Irreführung und des Entscheidungsprozesses der Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung zwar gewisse Kernbereiche eines europäischen Lauterkeitsrechts ausmachen ([[Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)]]; [[Geschäftspraktiken, irreführende]]; [[Geschäftspraktiken, aggressive]]); darüber hinaus bestehen aber sowohl hinsichtlich der normativen Maßstäbe als auch insbesondere hinsichtlich der Reichweite des Schutzes auch der Mitbewerber und der Allgemeininteressen durch das Lauterkeitsrecht ganz erhebliche Differenzen im Recht der Mitgliedstaaten.
Für die Verordnung zum internationalen Unterhaltsrecht bedarf es ebenfalls einer Eingrenzung des Unterhaltsbegriffs. Die Verordnung erstreckt sich auf sämtliche Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts-, eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen (Art.&nbsp;1(1) VO 4/2009). Das [[Europäisches Parlament|Europäische Parlament]] hat in einer legislativen Entschließung vom Dezember 2007 vorgeschlagen, dass solche Pflichten möglichst weit angelegt sein sollten, so dass sie insbesondere alle Anordnungen im Zusammenhang mit regelmäßigen Zahlungen oder der Zahlung pauschaler Beträge, der Eigentumsübertragung oder des Vermögensausgleichs umfassen, die auf der Grundlage der jeweiligen Bedürfnisse bzw. Möglichkeiten der Parteien festgesetzt werden und die Unterhaltscharakter haben.


Diese Differenzen können naturgemäß dazu führen, dass nationale Regelungen des Lauterkeitsrechts im Empfangsstaat einer Marketing- oder Vertriebshandlung, die strenger sind als das entsprechende Regelungsniveau im Herkunftsstaat, als sogenannte Maßnahmen gleicher Wirkung nach der ''Dassonville-''Rechtsprechung zu Art.&nbsp;28 EG/34 AEUV (EuGH Rs.&nbsp;8/74 – ''Dassonville'', Slg. 1974, 837) eine Einschränkung der Grundfreiheiten des EG-Vertrags ([[EG-Vertrag]]; [[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)]]) zur Folge haben. Sie sind demnach in der Folge im Sinne der zur Warenverkehrsfreiheit (Art.&nbsp;28 EG/34 AEUV; [[Warenverkehrsfreiheit]]) ergangenen ''Cassis de Dijon-''Rechtsprechung (EuGH Rs.&nbsp;120/78 – ''Cassis de Dijon'', Slg. 1979, 649) auf ihre Rechtfertigungsfähigkeit als Regelungen zwingender Erfordernisse zum Schutze der Verbraucher oder der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs im Recht der Mitgliedstaaten zu prüfen. Im Mittelpunkt steht die diesbezüglich reiche Rechtsprechung zur Warenverkehrsfreiheit, immer zunehmend sind aber auch entsprechende Urteile zur Dienstleistungsfreiheit (Art.&nbsp;49 EG/56 AEUV; [[Dienstleistungsfreiheit]]) ergangen (EuGH Rs.&nbsp;C-275/92 – ''Schindler'', Slg. 1994, I-1039; EuGH Rs.&nbsp;C-384/93 – ''Alpine Investments'', Slg. 1995, I-1141; EuGH verb. Rs.&nbsp;C-34/95, C-35/95 und C-36/95 – ''De Agostini'', Slg. 1997, I-3843; EuGH Rs.&nbsp;243/01 – ''Gambelli'','' ''Slg. 2003, I-13031). Die [[Niederlassungsfreiheit|Niederlassungs-]] und die [[Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit]] stehen demgegenüber in diesem Bereich vergleichsweise eher im Hintergrund.  
Für das Unterhaltsrecht besteht kein [[Einheitsrecht]]. Das Unterhaltsrecht ist als Teil des Familienrechts regelmäßig in nationalen Zivilgesetzbüchern geregelt (z.B. in Deutschland, Österreich, Frankreich) oder einem Familiengesetzbuch (z.B. in Polen, Tschechien) bzw. in Sondergesetzen (z.B. in England).


Der [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] hat sich also nationalen Verbraucher- oder Lauterkeitsschutzbestimmungen ([[Verbraucher und Verbraucherschutz]]) stets unter der an der Binnenmarktzielsetzung einer Öffnung nationaler Märkte orientierten Perspektive der Maßnahmen gleicher Wirkung, der Rechtfertigungsbedürftigkeit und letztlich des Verhältnismäßigkeitstests und damit sozusagen „negativ“ angenähert. Doch hat der EuGH auf diese Weise, indem er aus den ihm jeweils präsentierten nationalen Bestimmungen stets nur den (meist wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot) europarechtlich unzulässigen Teil präzise „herausschnitt“ und häufig zudem den Weg zu verhältnismäßigen, milderen Alternativen zum Schutze der Verbraucher und der Lauterkeit des Handelsverkehrs andeutete, gewissermaßen nach Art eines Steinmetzes zugleich überraschend klare „positive“ Konturen eines europäischen Lauterkeits- und Verbraucherschutzmodells zu entwickeln vermocht. Man wird in diesem Zusammenhang nicht von einem geschlossenen europäischen Lauterkeits- und Verbraucherrecht sprechen können, doch sind die Entscheidungen des Gerichtshofs über die Jahrzehnte doch von einer erstaunlichen Kohärenz gekennzeichnet, die eine Vorhersehbarkeit der Entscheidungen in gewissem Umfang gewährleistet.
Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden zwischen den einzelnen Arten des Unterhalts. Einheitliche Trends der nationalen Gesetzgebungen sind Regelungen, welche der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Ehegatten, insbesondere nach Scheidung, mehr Rechnung tragen wollen. Gleichzeitig bemüht sich die Gesetzgebung, den Kindesunterhalt zu stärken. Die wissenschaftliche Kommission für Europäisches Familienrecht (''Commission on European Family Law'', CEFL) hat ''[[Principles of European Family Law]]'' betreffend Ehescheidung und nachehelicher Unterhalt aufgestellt (2004).


== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
== 2. Arten des Unterhalts ==
Nachdem der EuGH mit der ''Dassonville''-Entscheidung zuerst den Weg geebnet hatte, um Bestimmungen mitgliedstaatlichen Lauterkeitsrechts am Maßstab der Warenverkehrsfreiheit zu messen und damit die Vollendung bzw. das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes soweit wie möglich abzusichern, gestattete ihm in der Folge die ''Cassis''-Doktrin unter den Kategorien des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Lauterkeit des Geschäftsverkehrs, gewisse Grundzüge eines gemeinschaftsrechtlichen Lauterkeitsrechts zu entwickeln. Hierfür bildete in erster Linie der Gedanke der Verhältnismäßigkeit die entscheidende (wenn auch vergleichsweise schmale) konzeptionelle Grundlage (vgl. allgemein etwa EuGH Rs.&nbsp;261/81 – ''Rau'', Slg. 1982, 3961'' ''<nowiki>[Geeignetheit und Notwendigkeit] und EuGH Rs.&nbsp;178/84 – </nowiki>''Kommission/Deutschland''<nowiki>, Slg. 1987, 1227 [Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne]; </nowiki> siehe auch [[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)]]; [[Verhältnismäßigkeit]]). Dabei war der Kontrollbereich außerordentlich weit gezogen: Unter Geltung der ''Dassonville-''Doktrin konnte potentiell jede Anwendung nationalen Lauterkeitsrechts in den Bereich des Art.&nbsp;28 EG/34 AEUV fallen, sofern ein Rechtsgefälle zum Ursprungsland vorlag. Letztlich wählte der Gerichtshof damit – auch außerhalb der ohnedies lediglich über Art.&nbsp;30 EG/36 AEUV zu rechtfertigenden Fälle unmittelbarer Diskriminierung – grundsätzlich das ''Prinzip gegenseitiger Anerkennung'' zum Maßstab für zulässige Beschränkungen im Bereich mitgliedstaatlichen Rechts des unlauteren Wettbewerbs, welches lediglich dann durchbrochen werden konnte, wenn zwingende Allgemeininteressen die jeweilige nationale Regelung rechtfertigten ([[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)|Grundfreiheiten]]; [[Warenverkehrsfreiheit]]; [[Herkunftslandprinzip]]). Am Maßstab der Verkehrsfreiheiten gemessen wurde auf diese Weise praktisch das gesamte mitgliedstaatliche Lauterkeitsrecht.
Man unterscheidet nach dem Entstehungsgrund der Verpflichtungen mehrere Arten des Unterhalts, nämlich Verwandtenunterhalt, Ehegattenunterhalt sowie nachehelichen Unterhalt. Die Zusammenschau des gesamten Unterhalts ist unterschiedlich stark ausgeprägt.


Die hiermit verbundene Kontrolldichte zumal im Bereich des Lauterkeitsrechts bewog den EuGH in der ''Keck-''Entscheidung zu einer substantiellen Korrektur, aufgrund deren die Reichweite jedenfalls der Warenverkehrsfreiheit auf den ersten Blick erheblich enger gezeichnet wurde (EuGH verb. Rs.&nbsp;C-267/91 und C-268/91 – ''Keck und Mithouard'', Slg. 1993, I-6097). Zu unterscheiden ist nach ''Keck ''zwischen vertriebsbezogenen Regelungen, die bestimmte Modalitäten des Verkaufs beschränken oder verbieten (also zum Beispiel die für das Recht des unlauteren Wettbewerbs typischen Werbebeschränkungen oder Verbote, Ladenschlussregelungen etc.), und warenbezogenen Regelungen, die sich auf die Waren und Erzeugnisse selbst beziehen (also zum Beispiel Bezeichnung, Form, Abmessung, Zusammensetzung, Aufmachung und Etikettierung oder insgesamt die Verpackung der Erzeugnisse etc.). Im zweitgenannten Bereich gilt weiterhin uneingeschränkt die ''Dassonville- ''und ''Cassis de Dijon-''Rechtsprechung, sodass angesichts bestehender Regelungsgefälle letztlich das nationale Lauterkeitsrecht des Empfangsstaates am Maßstab der zwingenden Erfordernisse auf seine Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist. Demgegenüber fallen Regelungen bestimmter Verkaufsmodalitäten als vertriebsbezogene Regelungen nur dann in den Schutzbereich des Art.&nbsp;28 EG/34 AEUV, wenn sie von vornherein nicht für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gleichermaßen gelten (unmittelbare Diskriminierung) oder wenn sie sich nicht – als die eigentlich entscheidende Voraussetzung der ''Keck-''Doktrin – auch im Ergebnis rechtlich oder tatsächlich auf Marketing und Vertrieb aus anderen Mitgliedstaaten ''in genau gleicher Weise auswirken'', wie auf Marketing und Vertriebsmaßnahmen aus dem Empfangsstaat (''Voraussetzung der Marktneutralität'').  
Das umfassende Konzept des Gemeinen Rechts (''[[Ius commune (Gemeines Recht)|ius commune]]''<nowiki>) des Verwandtenunterhalts mit wechselseitigen Unterhaltsansprüchen zwischen Aszendenten und Deszendenten, d.h. in auf- und absteigender Linie, findet sich immer noch in den römisch-rechtlich beeinflussten Rechten Europas wieder (etwa in Deutschland, Frankreich [</nowiki>''obligation alimentaire''<nowiki>], Italien [</nowiki>''alimenti''], Polen). Der Kindesunterhalt ist die wichtigste und intensivste Art des Unterhalts und eine allgemein anerkannte Verpflichtung. Gegenüber den eigenen Kindern besteht eine gesteigerte Unterhaltspflicht (in Frankreich ''obligation d’entretien'','' ''in Italien'' mantenimento''). Eheliche und nichteheliche Kinder werden heute gleich behandelt. Unterhaltsverpflichtet sind die leiblichen Eltern; nur eine Minderheit der Rechtsordnungen kennt eine Unterhaltspflicht von Stiefeltern (z.B. die Niederlande) bzw. eine Verpflichtung gegenüber dem ''child of the family'' (England).  


Angesichts des typischerweise vertriebsbezogenen Charakters weiter Bereiche des Lauterkeitsrechts war zuerst in gleichsam formalistischem Verständnis der ''Keck-''Entscheidung argumentiert worden, dass nunmehr weite Bereiche nationalen Lauterkeitsrechts der Kontrolle am Maßstab der Warenverkehrsfreiheit entzogen seien. Tatsächlich hat die ''Keck-''Entscheidung die eigentlich problematische Frage nach dem Vorhandensein spezifischer Belastungen für Einfuhren in der Kategorie der vertriebsbezogenen Regelungen aber lediglich um eine begriffliche Ebene weiterverlagert: Während für produktbezogene Regelungen die ''Keck-''Formel weiterhin letztlich sogar inklusive Wirkung hat, indem sie produktbezogene Regelungen sozusagen ''prima facie ''dem Anwendungsbereich des Beschränkungsverbots zuführt und solcherart stets weiterhin am Maßstab der zwingenden Erfordernisse misst, ist für die vertriebsbezogenen Regelungen die potentielle Eignung zur tatsächlichen Ungleichbehandlung eben aufgrund der Voraussetzung der Marktneutralität schlichtweg ''konkret ''festzustellen, wie es der EuGH unter anderem in den Fällen ''De Agostini'', TK-Heimdienst und ''DocMorris'' zuletzt auch in aller wünschenswerten Klarheit verdeutlicht hat (vgl. EuGH verb. Rs. C-34/95, C-35/95 und C-36/95 – ''De Agostini'', Slg. 1997, I-3843;'' ''EuGH Rs. C-254/98 – ''TK-Heimdienst'', Slg. 2000, I-151; EuGH Rs. C-405/98 ''Gourmet'', Slg. 2001, I-1795; EuGH Rs. C-322/01 ''Deutscher Apothekerverband/Doc Morris'', Slg. 2003, I-4887; bestätigend auch EuGH Rs. C-71/02 – ''Karner/Troostwijk'', Slg. 2004, I-3025). Dabei reicht es für die Kontrolle am Maßstab der Warenverkehrsfreiheit bereits aus, wenn eine vertriebsbezogene Regelung auch nur die Eignung aufweist, den Marktzugang für ausländische Waren stärker zu behindern als für inländische Waren (EuGH Rs. C-322/01 – ''Deutscher Apothekerverband/DocMorris'', Slg. 2003, I-4887). Der diesbezügliche Maßstab ist demnach nicht übermäßig streng, sodass die Warenverkehrsfreiheit im Bereich der Regelung bloßer Verkaufsmodalitäten auch nach ''Keck'' ganz erhebliche Bedeutung behält.  
Unterhalt für Erwachsene wird nicht überall gewährt. Während viele Rechtsordnungen grundsätzlich keine Altersgrenze kennen (z.B. Deutschland, Frankreich, Polen) sind den ''[[common law]]''-Ländern und den nordischen Rechtsordnungen Unterhaltsansprüche Erwachsener unbekannt. Diese sind bei Bedürftigkeit allein auf eigene Anstrengungen bzw. auf soweit zugänglich Sozialleistungen angewiesen. Dagegen entsprechen Unterhaltsansprüche der Eltern der gemeinrechtlichen Verpflichtung der Kinder, die Eltern und gegebenenfalls auch höhere Aszendenten zu ernähren. Diese Verpflichtung trifft in erster Linie die dem Grad nach näheren Deszendenten vor den entfernteren. Sie hat gegenüber der sozialrechtlichen Absicherung nur noch Lückenbüßerfunktion und wird des Öfteren rechtspolitisch in Zweifel gezogen.


Offen bleibt vor diesem Hintergrund im Wesentlichen die Frage nach nationalen Regelungen unlauteren Wettbewerbs betreffend Marketing- und Vertriebsmaßnahmen in genuin grenzüberschreitenden Medien, für die sich die Erschwerungen gerade schon durch die bloßen (selbst die auswirkungsneutralen) ''Differenzen ''in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten ''bezüglich des Vertriebs ''ergeben, da nach allgemeinem Kollisionsrecht stets mosaikartig die Regelungen in sämtlichen substantiell betroffenen Marktorten (Empfangsstaaten) anwendbar wären. Dieses Problem ist seit ''Keck ''insbesondere durch das sich rasant entwickelnde und real grenzüberschreitende Medium des Internet offenbar geworden. Tatsächlich hat sich an dieser Stelle die ''Keck-''Entscheidung auch zum Katalysator für die weitere sekundärrechtliche Harmonisierung des Lauterkeitsrechts entwickelt (s.u. 4.). Nicht beantwortet ist derzeit auch die Frage, inwieweit die Maßstäbe der ''Keck-''Rechtsprechung auf die Dienstleistungsfreiheit übertragen werden können ([[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)]]; [[Dienstleistungsfreiheit]]). Grundsätzlich ist für den Bereich des unlauteren Wettbewerbs das weite Verständnis des Beschränkungsverbots gleichermaßen wie die Rechtfertigungsmöglichkeit durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses in die Dogmatik der Dienstleistungsfreiheit transponiert worden. Die Einschränkungen der ''Keck-''Rechtsprechung sind demgegenüber auf diesen Bereich nie ausdrücklich, insbesondere nicht in der hierfür gelegentlich genannten ''Alpine Investments-''Entscheidung (EuGH Rs.&nbsp;C-384/93, Slg. 1995, I-1141), übertragen worden.
Unterhaltsansprüche können auch auf Schwägerschaft gestützt werden. Doch ist eine Verpflichtung der Schwiegereltern gegenüber den Schwiegerkindern nur einer Minderheit von Rechtsordnungen bekannt (z.B. Frankreich, Italien, Niederlande). Eine wechselseitige Unterhaltspflicht unter Geschwistern, d.h. Seitenverwandten, wie sie etwa noch das preußische Recht kannte, sehen heute nur noch wenige Rechtsordnungen vor (etwa Art.&nbsp;433 Nr.&nbsp;6 ''Codice civile'').  


== 3. Regelungsstrukturen ==
== 3. Unterhaltsansprüche unter Ehegatten ==
Unter vorrangiger Gewichtung der ''integrationspolitischen'' Zwecksetzung der Verkehrsfreiheiten steht im Mittelpunkt der lauterkeitsrechtlichen Konzeption des EuGH die Gewährleistung wirtschaftlich selbstbestimmter Marktentscheidungen im Sinne einer Sicherung hinreichend freier und informierter Entscheidungen eines „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers“ (normatives Leitbild des europäischen Durchschnittsverbrauchers, s. deutlich zum Beispiel EuGH Rs.&nbsp;C-210/96 – ''Gut Springenheide'', Slg. 1998, I-4657; EuGH Rs.&nbsp;C-470/93 – ''Mars'', Slg. 1995, I-1923; auch [[Geschäftspraktiken, irreführende|Werbung, irreführende]]; [[Geschäftspraktiken, aggressive|Werbung, aggressive]]). Der Schutz der informierten Vertragsentscheidungen der Verbraucher durch Herstellung allgemeiner Markttransparenz und (gegebenenfalls) spezifische, markterhaltende Informationspflichten soll sicherstellen, dass über die Wettbewerbsfähigkeit von Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt soweit als möglich fehlerfrei die Abnehmer entscheiden. Deren die Grenzen der Mitgliedstaaten überschreitende Wahlmöglichkeit ist wiederum spiegelbildlich durch möglichst umfassende unternehmerische Freiheit abgesichert, so dass ein Eingriff in die durch die Verkehrsfreiheiten abgesicherte Angebotsfreiheit nur in Betracht kommt, soweit er zur Sicherung der fehlerfreien Vertragsentscheidung geeignet, notwendig und angemessen ist.  
Der Ehegattenunterhalt wird während bestehender [[Ehe]] geleistet. In Deutschland wird er für die Zeit des Zusammenlebens mit dem Konzept des Familienunterhalts erfasst (§&nbsp;1360 BGB). In Frankreich ist der Ehegattenunterhalt Teil der allgemeinen Verpflichtung, zu den Kosten des Haushalts beizutragen (Art.&nbsp;214 ''Code civil''). Ein individueller Anspruch auf Ehegattenunterhalt kommt erst während der Trennung der Ehegatten zum Tragen.


Insgesamt ist festzustellen, dass der Gerichtshof auf dieser Grundlage ein regelrechtes Konzept des Verbraucherschutzes durch Information, gestützt durch entsprechende individuelle Rechte der Nachfragerseite (Informationsmodell) verfolgt (s. EuGH Rs.&nbsp;C-362/88 – ''GB-Inno-BM'', Slg. 1990, I-667). Am deutlichsten wird dieses Konzept mit Blick auf die gefestigte Rechtsprechung zum Vorrang der Information des Verbrauchers durch Etikettierung gegenüber produktspezifischen Verkehrsverboten, in deren Rahmen es auch ursprünglich entwickelt wurde (s. grundlegend schon EuGH Rs.&nbsp;120/78 – ''Cassis de Dijon'', Slg. 1979, 649; auch [[Warenverkehrsfreiheit]]). Ganz allgemein sieht der EuGH grundsätzlich die Sicherstellung einer ''informierten ''Verbraucherentscheidung der europäischen Durchschnittsverbraucher (die die zur Verfügung gestellte Information nach diesem normativen Leitbild auch stets rational zur Kenntnis nehmen und verarbeiten) als im Vergleich zu Werbe- oder Vertriebsverboten ausreichendes, milderes – und damit gemäß ''Cassis ''in den meisten Fällen allein binnenmarktkonformes – Mittel zur Verfolgung von Verbraucherschutzzwecken an.  
Zwar divergieren die europäischen Rechtsordnungen stark auch bezüglich des nachehelichen Unterhalts. Die CEFL-''Principles'' nehmen dennoch für sich in Anspruch, neueren Tendenzen zu entsprechen. Sie folgen dem überwiegenden Ansatz der ''civil law''-Länder mit selbständigen Unterhaltsansprüchen. Das englische Recht stellt nämlich einen umfassenden ''financial relief'' in den Mittelpunkt (sec. 21&nbsp;ff. ''Matrimonial Causes Act 1973''). Dabei können einem Ehegatten Vermögenswerte zugesprochen werden; ihm wird nur dann Unterhalt zuerkannt, wenn keine Kapitalabfindung möglich ist. Unterhalt und güterrechtliche Konsequenzen der Ehescheidung werden nicht voneinander getrennt.


Dieses Informationsmodell des EuGH weist insofern gewisse Schwächen auf, als es die inhärenten Limitierungen des Entscheidungsverhaltens der Verbraucher hinsichtlich der ''Informationsaufnahme ''und ‑''verarbeitung ''(insbesondere die kognitive Überforderung mit einem „Zuviel“ an Information, zumal in Situationen der Massengeschäfte des täglichen Lebens) bisher nicht immer hinreichend berücksichtigt. Andererseits ist die Rechtsprechung des EuGH nicht von vornherein auf ein rein integrationsorientiertes Modell des normativen europäischen Durchschnittsverbrauchers verengt. Vielmehr beruht die wesentlich auf die Sicherstellung angemessener Verbraucherinformation fokussierte Perspektive wohl auch darauf, dass der Gerichtshof selten über weitergehende Werbebeschränkungen mitgliedstaatlichen Rechts zu entscheiden hatte, die durch legitime Zielsetzungen gerechtfertigt gewesen wären. Wo dies der Fall war, war der EuGH durchaus bereit, mit Blick auf besonders schutzwürdige Verbrauchergruppen (s. EuGH Rs.&nbsp;382/87 – ''Buet'','' ''Slg. 1989, 1235, 1242) und auch auf regionale und nationale Besonderheiten (s. EuGH Rs.&nbsp;C-220/98 – ''Estée Lauder'', Slg. 2000, I-117) weiterhin Differenzierungen im Irreführungsschutz und strengere Regelungen bis hin zu bereichsspezifischen Vertriebsverboten auch zum Schutz eines von unlauteren Einflüssen freien ''Entscheidungsprozesses'' zuzulassen. Diese Entwicklung mag sich künftig noch in dem Maße verstärken, wie sich die lauterkeitsrechtliche Rechtsprechung des EuGH, die bisher den Schwerpunkt europäischen Fallrechts im unlauteren Wettbewerb bildete, auf die Interpretation der einschlägigen Richtlinien in diesem Bereich ([[Unlauterer Wettbewerb]]; [[Geschäftspraktiken, aggressive]]; [[Geschäftspraktiken, irreführende]]; [[Werbung, vergleichende]]) verlagert (s. auch unten 4.).  
Nach den CEFL-''Principles'' ist die Gewährung des nachehelichen Unterhalts unabhängig von der Form der Ehescheidung (''Principle'' 2:1). Ausgangspunkt ist die Selbstverantwortung; grundsätzlich sorgt jeder Ehegatte nach der Ehescheidung für seinen eigenen Unterhalt (''Principle'' 2:2). Die Stärkung der Eigenverantwortung, insbesondere von Frauen und Müttern, war auch ein Hauptziel der deutschen Unterhaltsrechtsreform von 2007 (vgl. §§&nbsp;1569&nbsp;ff. BGB) und ist auch ein Anliegen anderer Rechtsordnungen. Der Erfolg einer solchen Politik setzt freilich eine entsprechende Sozial- und Arbeitsmarktpolitik voraus.


Bausteine einer schlüssigen lauterkeitsrechtlichen Konzeption des Schutzes der informationellen Entscheidungsgrundlage und auch ansatzweise des Schutzes des freien und unbeeinflussten Entscheidungsprozesses lassen sich in der Rechtsprechung des EuGH zu den Verkehrsfreiheiten also durchaus identifizieren. Dennoch bleiben gewisse Bereiche – wie etwa die Frage eines Schutzes der Privatsphäre durch den in einem Teil der Mitgliedstaaten anerkannten lauterkeitsrechtlichen Schutzes vor reiner Belästigung – bei der Entwicklung des europäischen Lauterkeitsrechts durch den Gerichtshof bisher weitgehend außen vor. Von einem umfassenden europäischen Richterrecht des unlauteren Wettbewerbs kann daher derzeit ebensowenig die Rede sein wie auch nur von einem vollständigen Fundament.
Für die Gewährung von Unterhalt gehen die CEFL-''Principles'' von allgemein anerkannten Voraussetzungen aus. Nachehelicher Unterhalt erfordert auf Seiten des Unterhaltsberechtigten unzureichende Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse und auf Seiten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten die Leistungsfähigkeit, diese Bedürfnisse zu befriedigen (''Principle'' 2:3).  


== 4. Vereinheitlichungsprojekte ==
Bei der Beurteilung eines Unterhaltsanspruchs sind nach den CEFL-''Principles'' insbesondere eine Reihe von Umständen zu berücksichtigen wie die Erwerbsmöglichkeit, das Alter und der Gesundheitszustand der Ehegatten, die Sorge für die Kinder, die Aufteilung der Aufgaben während der Ehe, die Dauer der Ehe, Lebensverhältnisse während der Ehe und eine neue Ehe oder dauerhafte Lebensgemeinschaft (''Principle'' 2:4).  
Im Kollisionsrecht steht der Rechtsprechung zu den Verkehrsfreiheiten seit 2007 mit Art.&nbsp;6(1) Rom&nbsp;II-VO (VO&nbsp;864/2007) eine europäische Einheitsregel gegenüber, die seit dem 11.1.2009 anwendbar ist ([[Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]). Art.&nbsp;6(1) Rom&nbsp;II-VO legt im grundsätzlichen Einklang mit dem Kollisionsrecht der Mehrzahl der Mitgliedstaaten für außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Marktortprinzip als Kollisionsregel fest. Doch ist auch diese Regelung im Lichte des vorrangigen primärrechtlichen Rahmens der Verkehrsfreiheiten zu lesen, so dass es richtigerweise bei der (partiellen) Überformung des Kollisionsrechts durch das Prinzip gegenseitiger Anerkennung auf Grundlage der Verkehrsfreiheiten bleibt. Insbesondere das Problem der ''Multi-State''-Wettbewerbshandlungen ist auch durch die Rom II-VO im Bereich des Lauterkeitsrechts gerade nicht gelöst worden.


Im materiellen Recht des unlauteren Wettbewerbs hatte die Rechtsprechung zur Irreführungs-RL (RL&nbsp;84/450) gegenüber der Rechtsprechung zu den Verkehrsfreiheiten im Bereich des Rechts des unlauteren Wettbewerbs ursprünglich ganz im Hintergrund gestanden. Mittlerweile existieren aber umfassendere sekundärrechtliche Maßnahmen der Gemeinschaft jedenfalls im Bereich des verbraucherschützenden Lauterkeitsrechts ([[Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)]]). Insbesondere die allenthalben als gewisse Rücknahme des Kontrollbereichs der Grundfreiheiten im Lauterkeitsrecht empfundene ''Keck-''Doktrin ist an dieser Stelle zum Katalysator der wesentlichen Vereinheitlichungsprojekte im Lauterkeitsrecht geworden. Zumal die E‑Commerce-RL (RL&nbsp;2000/31) mit der sekundärrechtlichen Anordnung des Binnenmarkt-Herkunftslandprinzips ([[Elektronischer Geschäftsverkehr – E‑Commerce]]; [[Herkunftslandprinzip]]) im koordinierten Bereich, welches angesichts zahlreicher Ausnahmen seine wesentlichste Bedeutung für Internet-Marketing und ‑vertrieb entfaltet, lässt sich durchaus als eine medienspezifische Reaktion auf die durch die ''Keck-''Entscheidung drohenden Probleme für die Tätigkeit in grenzüberschreitenden Medien im Binnenmarkt auffassen. Die Unlautere Geschäftspraktiken-RL von 2005 ([[Unlauterer Wettbewerb]]) kann dann ihrerseits wiederum mindestens zum Teil als eine Reaktion auf die gelegentlich (zu Unrecht) befürchteten Gefahren eines materiell-rechtlichen ''race to the bottom ''aufgrund des Binnenmarkt-Herkunftslandprinzips der E‑Commerce-RL eingeordnet werden.  
Nach den CEFL-''Principles'' ist Unterhalt in regelmäßigen Abständen und im Voraus zu gewähren (''Principle'' 2:5(1)). Damit nehmen sie nicht das ''clean break principle'', d.h. die Abwicklung mit Hilfe einer einmaligen und endgültigen Leistung zum Ausgangspunkt. Vorgesehen ist jedoch, dass die zuständige Behörde auf Antrag eines oder beider Ehegatten eine Unterhaltsabfindung unter Berücksichtigung der Umstände des Falles anordnen kann (''Principle'' 2:5(2)). Einige Rechtsordnungen gehen insoweit weiter. So sieht der französische ''[[Code civil]]'' in erster Linie eine einmalige ''prestation compensatoire'' vor, welche Nachteile ausgleichen soll. In der Praxis wird aber vielfach nur laufender Unterhalt zugesprochen.


So wird nunmehr im Verhältnis zur bisher überragenden Bedeutung der Rechtsprechung zu den Verkehrsfreiheiten vermehrt die Rechtsprechung des EuGH zumal zu den Vorschriften der Unlautere Geschäftspraktiken-RL in den Mittelpunkt des europäischen Rechts des unlauteren Wettbewerbs rücken. Die Rechtsprechung zu den Verkehrsfreiheiten behält aber ihre Relevanz außerhalb des koordinierten Bereichs der einschlägigen Richtlinien, mithin insbesondere für Werbe- oder Vertriebsmaßnahmen im rein gewerblichen Bereich, die nicht in grenzüberschreitenden elektronischen Medien stattfinden. Zudem ist bezüglich der Unlautere Geschäftspraktiken-RL hervorzuheben, dass ihre Grundkonzeptionen, insbesondere die Voraussetzung der Eignung einer unlauteren Geschäftpraktik zur wesentlichen Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens der gruppenspezifisch angesprochenen Durchschnittsverbraucher, an die Rechtsprechung des EuGH zu den Verkehrsfreiheiten anschließen, sodass diese Rechtsprechung auch für die Interpretation der materiellen Vorschriften der Richtlinie gewissen Anhalt bietet.
Die CEFL-''Principles'' kennen auch eine allgemeine Härteklausel, wie sie sich im Allgemeinen in den geltenden europäischen Regelungen findet. In Fällen außergewöhnlicher Härte für den Unterhaltsverpflichteten kann die zuständige Behörde den Unterhalt wegen des Verhaltens des unterhaltsberechtigten Ehegatten versagen, beschränken oder beenden (''Principle'' 2:6).
 
Die CEFL-''Principles'' nehmen auch zur Mehrheit von Unterhaltsansprüchen Stellung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu befriedigen, ist den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder Vorrang zu geben (''Principle'' 2:7(a)). Die Bevorzugung minderjähriger Kinder war auch eines der Ziele der deutschen Unterhaltsrechtsreform von 2007. Die CEFL-''Principles'' entsprechen der Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen, die einen Gleichrang zwischen der Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen ersten und dem zweiten Ehegatten vorsehen (§§&nbsp;1582, 1609 BGB). Sie bestimmen allerdings nur, dass eine etwaige Unterhaltspflicht des unterhaltsverpflichteten Ehegatten gegenüber einem neuen Ehegatten zu berücksichtigen ist (''Principle'' 2:7 (b)).
 
Die CEFL-''Principles'' sehen auch eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts vor. Grundsätzlich wird Unterhalt lediglich für einen begrenzten Zeitraum gewährt; nur ausnahmsweise kann Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zugesprochen werden (''Principle'' 2:8). Auch dies entspricht einer Tendenz, wie sie nunmehr auch im deutschen Recht Ausdruck gefunden hat. In den Niederlanden etwa kann eine gerichtliche Befristung bis zur Dauer einer kurzen Ehe bzw. bis zu einer Höchstdauer von 12&nbsp;Jahren erfolgen (Art.&nbsp;157 BW).
 
Die nacheheliche Unterhaltspflicht endet, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte eine neue Ehe oder eine dauerhafte Lebensgemeinschaft eingeht (''Principle'' 2:9(1)). Der Wegfall des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt bei Eingehen einer dauerhaften Lebensgemeinschaft ist auch bei der deutschen Unterhaltsrechtsreform in §&nbsp;1579 Nr.&nbsp;2 BGB verankert worden. Die CEFL-''Principles'' lassen den Unterhaltsanspruch nicht wieder aufleben. Nach der Beendigung der Unterhaltspflicht entsteht sie nicht wieder, wenn die neue Ehe oder die dauerhafte Beziehung endet (''Principle'' 2:9(2)). Im Übrigen endet die Unterhaltspflicht sowohl mit dem Tod des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltsverpflichteten (''Principle'' 2:9(3)).
 
Ein besonders schwieriges Kapitel stellen Unterhaltsvereinbarungen dar. Hier besteht zum einen ein Bedürfnis nach der Ausübung von Privatautonomie und Flexibilität, auf der anderen Seite muss der Schutz des schwächeren Ehegatten gewährleistet sein. Die CEFL-''Principles'' gestatten es den Ehegatten, eine Vereinbarung über den Unterhalt nach der Ehescheidung zu treffen. Die Vereinbarung kann den Umfang, die Erfüllung, die Dauer und die Beendigung der Unterhaltspflicht sowie einen möglichen Verzicht auf den Unterhaltsanspruch erfassen (''Principle'' 2:9(1)). Eine gewisse Kontrolle wird dadurch erreicht, dass eine solche Vereinbarung im Einklang mit den nationalen Rechtsordnungen der Schriftform bedarf (''Principle'' 2:9(2)). Eine Inhaltskontrolle ist ebenfalls vorgesehen. Nach den CEFL-''Principles'' überprüft die zuständige Behörde zumindest die Gültigkeit der Unterhaltsvereinbarung (''Principle'' 2:9(3)).
 
== 4. Unterhaltsansprüche von Kindern ==
Auch für die Unterhaltsansprüche von Kindern ist die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners Voraussetzung der Unterhaltsverpflichtung; der Schuldner muss überhaupt in der Lage sein, Unterhalt leisten zu können. Hierbei werden ihm Anstrengungen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zugemutet. Allerdings müssen ihm genügende Mittel für seinen eigenen Unterhalt bleiben (in Deutschland Selbstbehalt). Allerdings ist häufig auch ein Mindestunterhalt festgesetzt (vgl. §&nbsp;1612a BGB). Eine weitere Grundvoraussetzung von Unterhaltsansprüchen ist die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, die aber bei Kindern im Allgemeinen gegeben ist.
 
Nach der Art der Leistung unterscheidet man mehrere Arten von Unterhalt. Der Unterhalt kann als Naturalunterhalt oder als Geld-/Barunterhalt geleistet werden. Das deutsche Recht kennt als eigene Kategorie des Naturalunterhalts den Betreuungsunterhalt für das minderjährige Kind. Seine Versorgung wird grundsätzlich als gleichwertig mit der Leistung von Barunterhalt durch den anderen Teil angesehen.
 
Die Methoden der Unterhaltsberechnung differieren stark. Während teilweise eine individuelle Bemessung im Vordergrund steht (z.B. in Frankreich, Polen), gibt es ganz überwiegend Tendenzen zu einer gewissen Standardisierung. Verwendet werden insbesondere von der Rechtsprechung entwickelte Prozentsätze oder Bruchteile (Österreich) aber auch Tabellenwerte (Deutschland). In England erfolgt eine behördliche Festsetzung des Kindesunterhalts durch die ''Child Support Agency'' nach einer bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Formel (siehe ''Child Support Act 1995''). Den Kindesunterhalt für die Zukunft ausschließende Vereinbarungen sind grundsätzlich nicht möglich.
 
Der Unterhaltsanspruch wird im Allgemeinen in zivilprozessualen Verfahren durchgesetzt. Das Vereinigte Königreich hat für die Durchsetzung von Kindesunterhalt allerdings eine eigene Behörde, die ''Child Support Agency'', geschaffen.
 
Ist der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig oder zahlt er nicht, so kann vielfach Unterhaltsvorschuss aus öffentlichen Mitteln in Anspruch genommen werden. Insofern hat der [[Europarat (Privatrechtsvereinheitlichung)|Europarat]] eine Empfehlung zur Einführung solcher Leistungen (''advance maintenance payments'') gegeben. Hier besteht ein enger Bezug zur sozialen Sicherheit und zur Abdeckung von Lebensrisiken durch Sozialleistungen. Einige Sozialleistungen stehen stets zur Verfügung. Andere sind lediglich subsidiär und kommen nur bei einem Ausfall der privaten Leistungen in Betracht. Hier ist – wie beim deutschen Unterhaltsvorschuss – regelmäßig ein Rückgriff gegen den Unterhaltsschuldner möglich.


== Literatur==
== Literatur==
''Jürgen Basedow'','' ''Der kollisionsrechtliche Gehalt der Produktfreiheiten im europäischen Binnenmarkt: favor offerentis, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 59 (1995) 1&nbsp;ff.; ''Rolf Sack'','' ''Auswirkungen der Art.&nbsp;30, 36 und 59&nbsp;ff. EG-Vertrag auf das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1998, 871&nbsp;ff.; ''Stephen Weatherill'', Recent Case Law concerning the Free Movement of Goods: Mapping the Frontier of Market Deregulation, Common Market Law Review 36 (1999) 51&nbsp;ff.; ''Gregor Schmid'', Freier Dienstleistungsverkehr und Recht des unlauteren Wettbewerbs, 2000; ''Nina Dethloff'', Europäisierung des Wettbewerbsrechts, 2001; ''Anja Hucke'', Wettbewerbsrecht in Europa, 2001; ''Peter W. Heermann'','' ''Warenverkehrsfreiheit und deutsches Unlauterkeitsrecht, 2004; ''Tobias Lettl'','' ''Der lauterkeitsrechtliche Schutz vor irreführender Werbung in Europa, 2004; ''Jochen Glöckner'','' ''Europäisches Lauterkeitsrecht, 2006; ''Matthias Leistner'','' ''Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb: Eine grundlagenorientierte Studie unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Perspektive, 2007.  
''Dieter Henrich'', ''Dieter Schwab'' (Hg.), Familiäre Solidarität: Die Begründung und die Grenzen der Unterhaltspflicht unter Verwandten im europäischen Vergleich, 1997; ''Dieter Martiny'', Unterhaltsrang und ‑rückgriff, 2&nbsp;Bde., 2000; ''Sibylle Hofer'', ''Dieter Schwab'', ''Dieter Henrich ''(Hg.), Scheidung und nachehelicher Unterhalt im europäischen Vergleich, 2003; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Walter Pintens'', ''Frédérique Ferrand'', ''Cristina Gonzalez Beilfuss'', ''Maarit Jänterä-Jareborg'', ''Nigel Lowe'', ''Dieter Martiny'', Principles of European Family Law Regarding Divorce and Maintenance Between Former Spouses, 2004; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Dieter Martiny'', Prinzipien zum Europäischen Familienrecht betreffend Ehescheidung und nachehelicher Unterhalt, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 14 (2006) 6&nbsp;ff.; ''Andreas Mom'', ''Katharina Boele-Woelki'', Europäisierung des Unterhaltsrechts: Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, Familie, Partnerschaft, Recht 2006, 232&nbsp;ff; ''Alexander Bergmann'','' Murad Ferid'','' Dieter Henrich'' (Hg.), Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, 20&nbsp;Bde. (Loseblatt).


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Version vom 14. September 2016, 13:24 Uhr

von Dieter Martiny

1. Begriff und Arten des Unterhalts

Unter Unterhalt versteht man im Allgemeinen im Rahmen eines familienrechtlichen Verhältnisses gewährte Leistungen zur Deckung der Lebensbedürfnisse eines anderen, die von der Bedürftigkeit des Berechtigten und der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängen. Diese Art von privaten Transferleistungen ist allen europäischen Rechtsordnungen bekannt. Allerdings besteht bezüglich Umfang und Intensität eine beträchtliche Variationsbreite unter den Rechtsordnungen. Auch der Unterhalt selbst, der in den unterschiedlichsten Zusammenhängen zu leisten ist, ist nur in beschränktem Umfang ein einheitliches Konzept. Im europäischen internationalen Familienrecht folgt der Unterhalt bezüglich der internationalen Zuständigkeit und der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen bislang den Regeln über Zivil- und Handelssachen. Es besteht eine besondere Zuständigkeit zugunsten des Unterhaltsberechtigten (Art. 5 Nr. 2 EuGVO [VO 44/2001] ). Ein Bedürfnis für einen europäischen Begriff des Unterhalts ist bislang vor allem bei der Eingrenzung des Anwendungsbereichs und der besonderen Zuständigkeit für Unterhaltssachen nach dem EuGVÜ aufgetreten. Der Gerichtshof hat die nach Ehescheidung zu zahlende Ausgleichsleistung (prestation compensatoire) nach Art. 270 des frz. Code civil zum Unterhalt gezählt. Maßgeblich dafür war, dass es sich um finanzielle Verpflichtungen zwischen den früheren Ehegatten nach der Scheidung handelt, welche sich nach den beiderseitigen Mitteln und Bedürfnissen bestimmen (EuGH Rs. 120/79 – de Cavel II, Slg. 1980, 731).

Für die Verordnung zum internationalen Unterhaltsrecht bedarf es ebenfalls einer Eingrenzung des Unterhaltsbegriffs. Die Verordnung erstreckt sich auf sämtliche Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts-, eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen (Art. 1(1) VO 4/2009). Das Europäische Parlament hat in einer legislativen Entschließung vom Dezember 2007 vorgeschlagen, dass solche Pflichten möglichst weit angelegt sein sollten, so dass sie insbesondere alle Anordnungen im Zusammenhang mit regelmäßigen Zahlungen oder der Zahlung pauschaler Beträge, der Eigentumsübertragung oder des Vermögensausgleichs umfassen, die auf der Grundlage der jeweiligen Bedürfnisse bzw. Möglichkeiten der Parteien festgesetzt werden und die Unterhaltscharakter haben.

Für das Unterhaltsrecht besteht kein Einheitsrecht. Das Unterhaltsrecht ist als Teil des Familienrechts regelmäßig in nationalen Zivilgesetzbüchern geregelt (z.B. in Deutschland, Österreich, Frankreich) oder einem Familiengesetzbuch (z.B. in Polen, Tschechien) bzw. in Sondergesetzen (z.B. in England).

Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden zwischen den einzelnen Arten des Unterhalts. Einheitliche Trends der nationalen Gesetzgebungen sind Regelungen, welche der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Ehegatten, insbesondere nach Scheidung, mehr Rechnung tragen wollen. Gleichzeitig bemüht sich die Gesetzgebung, den Kindesunterhalt zu stärken. Die wissenschaftliche Kommission für Europäisches Familienrecht (Commission on European Family Law, CEFL) hat Principles of European Family Law betreffend Ehescheidung und nachehelicher Unterhalt aufgestellt (2004).

2. Arten des Unterhalts

Man unterscheidet nach dem Entstehungsgrund der Verpflichtungen mehrere Arten des Unterhalts, nämlich Verwandtenunterhalt, Ehegattenunterhalt sowie nachehelichen Unterhalt. Die Zusammenschau des gesamten Unterhalts ist unterschiedlich stark ausgeprägt.

Das umfassende Konzept des Gemeinen Rechts (ius commune) des Verwandtenunterhalts mit wechselseitigen Unterhaltsansprüchen zwischen Aszendenten und Deszendenten, d.h. in auf- und absteigender Linie, findet sich immer noch in den römisch-rechtlich beeinflussten Rechten Europas wieder (etwa in Deutschland, Frankreich [obligation alimentaire], Italien [alimenti], Polen). Der Kindesunterhalt ist die wichtigste und intensivste Art des Unterhalts und eine allgemein anerkannte Verpflichtung. Gegenüber den eigenen Kindern besteht eine gesteigerte Unterhaltspflicht (in Frankreich obligation d’entretien, in Italien mantenimento). Eheliche und nichteheliche Kinder werden heute gleich behandelt. Unterhaltsverpflichtet sind die leiblichen Eltern; nur eine Minderheit der Rechtsordnungen kennt eine Unterhaltspflicht von Stiefeltern (z.B. die Niederlande) bzw. eine Verpflichtung gegenüber dem child of the family (England).

Unterhalt für Erwachsene wird nicht überall gewährt. Während viele Rechtsordnungen grundsätzlich keine Altersgrenze kennen (z.B. Deutschland, Frankreich, Polen) sind den common law-Ländern und den nordischen Rechtsordnungen Unterhaltsansprüche Erwachsener unbekannt. Diese sind bei Bedürftigkeit allein auf eigene Anstrengungen bzw. auf – soweit zugänglich – Sozialleistungen angewiesen. Dagegen entsprechen Unterhaltsansprüche der Eltern der gemeinrechtlichen Verpflichtung der Kinder, die Eltern und gegebenenfalls auch höhere Aszendenten zu ernähren. Diese Verpflichtung trifft in erster Linie die dem Grad nach näheren Deszendenten vor den entfernteren. Sie hat gegenüber der sozialrechtlichen Absicherung nur noch Lückenbüßerfunktion und wird des Öfteren rechtspolitisch in Zweifel gezogen.

Unterhaltsansprüche können auch auf Schwägerschaft gestützt werden. Doch ist eine Verpflichtung der Schwiegereltern gegenüber den Schwiegerkindern nur einer Minderheit von Rechtsordnungen bekannt (z.B. Frankreich, Italien, Niederlande). Eine wechselseitige Unterhaltspflicht unter Geschwistern, d.h. Seitenverwandten, wie sie etwa noch das preußische Recht kannte, sehen heute nur noch wenige Rechtsordnungen vor (etwa Art. 433 Nr. 6 Codice civile).

3. Unterhaltsansprüche unter Ehegatten

Der Ehegattenunterhalt wird während bestehender Ehe geleistet. In Deutschland wird er für die Zeit des Zusammenlebens mit dem Konzept des Familienunterhalts erfasst (§ 1360 BGB). In Frankreich ist der Ehegattenunterhalt Teil der allgemeinen Verpflichtung, zu den Kosten des Haushalts beizutragen (Art. 214 Code civil). Ein individueller Anspruch auf Ehegattenunterhalt kommt erst während der Trennung der Ehegatten zum Tragen.

Zwar divergieren die europäischen Rechtsordnungen stark auch bezüglich des nachehelichen Unterhalts. Die CEFL-Principles nehmen dennoch für sich in Anspruch, neueren Tendenzen zu entsprechen. Sie folgen dem überwiegenden Ansatz der civil law-Länder mit selbständigen Unterhaltsansprüchen. Das englische Recht stellt nämlich einen umfassenden financial relief in den Mittelpunkt (sec. 21 ff. Matrimonial Causes Act 1973). Dabei können einem Ehegatten Vermögenswerte zugesprochen werden; ihm wird nur dann Unterhalt zuerkannt, wenn keine Kapitalabfindung möglich ist. Unterhalt und güterrechtliche Konsequenzen der Ehescheidung werden nicht voneinander getrennt.

Nach den CEFL-Principles ist die Gewährung des nachehelichen Unterhalts unabhängig von der Form der Ehescheidung (Principle 2:1). Ausgangspunkt ist die Selbstverantwortung; grundsätzlich sorgt jeder Ehegatte nach der Ehescheidung für seinen eigenen Unterhalt (Principle 2:2). Die Stärkung der Eigenverantwortung, insbesondere von Frauen und Müttern, war auch ein Hauptziel der deutschen Unterhaltsrechtsreform von 2007 (vgl. §§ 1569 ff. BGB) und ist auch ein Anliegen anderer Rechtsordnungen. Der Erfolg einer solchen Politik setzt freilich eine entsprechende Sozial- und Arbeitsmarktpolitik voraus.

Für die Gewährung von Unterhalt gehen die CEFL-Principles von allgemein anerkannten Voraussetzungen aus. Nachehelicher Unterhalt erfordert auf Seiten des Unterhaltsberechtigten unzureichende Mittel zur Befriedigung seiner Bedürfnisse und auf Seiten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten die Leistungsfähigkeit, diese Bedürfnisse zu befriedigen (Principle 2:3).

Bei der Beurteilung eines Unterhaltsanspruchs sind nach den CEFL-Principles insbesondere eine Reihe von Umständen zu berücksichtigen wie die Erwerbsmöglichkeit, das Alter und der Gesundheitszustand der Ehegatten, die Sorge für die Kinder, die Aufteilung der Aufgaben während der Ehe, die Dauer der Ehe, Lebensverhältnisse während der Ehe und eine neue Ehe oder dauerhafte Lebensgemeinschaft (Principle 2:4).

Nach den CEFL-Principles ist Unterhalt in regelmäßigen Abständen und im Voraus zu gewähren (Principle 2:5(1)). Damit nehmen sie nicht das clean break principle, d.h. die Abwicklung mit Hilfe einer einmaligen und endgültigen Leistung zum Ausgangspunkt. Vorgesehen ist jedoch, dass die zuständige Behörde auf Antrag eines oder beider Ehegatten eine Unterhaltsabfindung unter Berücksichtigung der Umstände des Falles anordnen kann (Principle 2:5(2)). Einige Rechtsordnungen gehen insoweit weiter. So sieht der französische Code civil in erster Linie eine einmalige prestation compensatoire vor, welche Nachteile ausgleichen soll. In der Praxis wird aber vielfach nur laufender Unterhalt zugesprochen.

Die CEFL-Principles kennen auch eine allgemeine Härteklausel, wie sie sich im Allgemeinen in den geltenden europäischen Regelungen findet. In Fällen außergewöhnlicher Härte für den Unterhaltsverpflichteten kann die zuständige Behörde den Unterhalt wegen des Verhaltens des unterhaltsberechtigten Ehegatten versagen, beschränken oder beenden (Principle 2:6).

Die CEFL-Principles nehmen auch zur Mehrheit von Unterhaltsansprüchen Stellung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, die Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu befriedigen, ist den Unterhaltsansprüchen minderjähriger Kinder Vorrang zu geben (Principle 2:7(a)). Die Bevorzugung minderjähriger Kinder war auch eines der Ziele der deutschen Unterhaltsrechtsreform von 2007. Die CEFL-Principles entsprechen der Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen, die einen Gleichrang zwischen der Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen ersten und dem zweiten Ehegatten vorsehen (§§ 1582, 1609 BGB). Sie bestimmen allerdings nur, dass eine etwaige Unterhaltspflicht des unterhaltsverpflichteten Ehegatten gegenüber einem neuen Ehegatten zu berücksichtigen ist (Principle 2:7 (b)).

Die CEFL-Principles sehen auch eine zeitliche Begrenzung des Unterhalts vor. Grundsätzlich wird Unterhalt lediglich für einen begrenzten Zeitraum gewährt; nur ausnahmsweise kann Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zugesprochen werden (Principle 2:8). Auch dies entspricht einer Tendenz, wie sie nunmehr auch im deutschen Recht Ausdruck gefunden hat. In den Niederlanden etwa kann eine gerichtliche Befristung bis zur Dauer einer kurzen Ehe bzw. bis zu einer Höchstdauer von 12 Jahren erfolgen (Art. 157 BW).

Die nacheheliche Unterhaltspflicht endet, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte eine neue Ehe oder eine dauerhafte Lebensgemeinschaft eingeht (Principle 2:9(1)). Der Wegfall des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt bei Eingehen einer dauerhaften Lebensgemeinschaft ist auch bei der deutschen Unterhaltsrechtsreform in § 1579 Nr. 2 BGB verankert worden. Die CEFL-Principles lassen den Unterhaltsanspruch nicht wieder aufleben. Nach der Beendigung der Unterhaltspflicht entsteht sie nicht wieder, wenn die neue Ehe oder die dauerhafte Beziehung endet (Principle 2:9(2)). Im Übrigen endet die Unterhaltspflicht sowohl mit dem Tod des Unterhaltsberechtigten als auch des Unterhaltsverpflichteten (Principle 2:9(3)).

Ein besonders schwieriges Kapitel stellen Unterhaltsvereinbarungen dar. Hier besteht zum einen ein Bedürfnis nach der Ausübung von Privatautonomie und Flexibilität, auf der anderen Seite muss der Schutz des schwächeren Ehegatten gewährleistet sein. Die CEFL-Principles gestatten es den Ehegatten, eine Vereinbarung über den Unterhalt nach der Ehescheidung zu treffen. Die Vereinbarung kann den Umfang, die Erfüllung, die Dauer und die Beendigung der Unterhaltspflicht sowie einen möglichen Verzicht auf den Unterhaltsanspruch erfassen (Principle 2:9(1)). Eine gewisse Kontrolle wird dadurch erreicht, dass eine solche Vereinbarung im Einklang mit den nationalen Rechtsordnungen der Schriftform bedarf (Principle 2:9(2)). Eine Inhaltskontrolle ist ebenfalls vorgesehen. Nach den CEFL-Principles überprüft die zuständige Behörde zumindest die Gültigkeit der Unterhaltsvereinbarung (Principle 2:9(3)).

4. Unterhaltsansprüche von Kindern

Auch für die Unterhaltsansprüche von Kindern ist die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners Voraussetzung der Unterhaltsverpflichtung; der Schuldner muss überhaupt in der Lage sein, Unterhalt leisten zu können. Hierbei werden ihm Anstrengungen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zugemutet. Allerdings müssen ihm genügende Mittel für seinen eigenen Unterhalt bleiben (in Deutschland Selbstbehalt). Allerdings ist häufig auch ein Mindestunterhalt festgesetzt (vgl. § 1612a BGB). Eine weitere Grundvoraussetzung von Unterhaltsansprüchen ist die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, die aber bei Kindern im Allgemeinen gegeben ist.

Nach der Art der Leistung unterscheidet man mehrere Arten von Unterhalt. Der Unterhalt kann als Naturalunterhalt oder als Geld-/Barunterhalt geleistet werden. Das deutsche Recht kennt als eigene Kategorie des Naturalunterhalts den Betreuungsunterhalt für das minderjährige Kind. Seine Versorgung wird grundsätzlich als gleichwertig mit der Leistung von Barunterhalt durch den anderen Teil angesehen.

Die Methoden der Unterhaltsberechnung differieren stark. Während teilweise eine individuelle Bemessung im Vordergrund steht (z.B. in Frankreich, Polen), gibt es ganz überwiegend Tendenzen zu einer gewissen Standardisierung. Verwendet werden insbesondere von der Rechtsprechung entwickelte Prozentsätze oder Bruchteile (Österreich) aber auch Tabellenwerte (Deutschland). In England erfolgt eine behördliche Festsetzung des Kindesunterhalts durch die Child Support Agency nach einer bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Formel (siehe Child Support Act 1995). Den Kindesunterhalt für die Zukunft ausschließende Vereinbarungen sind grundsätzlich nicht möglich.

Der Unterhaltsanspruch wird im Allgemeinen in zivilprozessualen Verfahren durchgesetzt. Das Vereinigte Königreich hat für die Durchsetzung von Kindesunterhalt allerdings eine eigene Behörde, die Child Support Agency, geschaffen.

Ist der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig oder zahlt er nicht, so kann vielfach Unterhaltsvorschuss aus öffentlichen Mitteln in Anspruch genommen werden. Insofern hat der Europarat eine Empfehlung zur Einführung solcher Leistungen (advance maintenance payments) gegeben. Hier besteht ein enger Bezug zur sozialen Sicherheit und zur Abdeckung von Lebensrisiken durch Sozialleistungen. Einige Sozialleistungen stehen stets zur Verfügung. Andere sind lediglich subsidiär und kommen nur bei einem Ausfall der privaten Leistungen in Betracht. Hier ist – wie beim deutschen Unterhaltsvorschuss – regelmäßig ein Rückgriff gegen den Unterhaltsschuldner möglich.

Literatur

Dieter Henrich, Dieter Schwab (Hg.), Familiäre Solidarität: Die Begründung und die Grenzen der Unterhaltspflicht unter Verwandten im europäischen Vergleich, 1997; Dieter Martiny, Unterhaltsrang und ‑rückgriff, 2 Bde., 2000; Sibylle Hofer, Dieter Schwab, Dieter Henrich (Hg.), Scheidung und nachehelicher Unterhalt im europäischen Vergleich, 2003; Katharina Boele-Woelki, Walter Pintens, Frédérique Ferrand, Cristina Gonzalez Beilfuss, Maarit Jänterä-Jareborg, Nigel Lowe, Dieter Martiny, Principles of European Family Law Regarding Divorce and Maintenance Between Former Spouses, 2004; Katharina Boele-Woelki, Dieter Martiny, Prinzipien zum Europäischen Familienrecht betreffend Ehescheidung und nachehelicher Unterhalt, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 14 (2006) 6 ff.; Andreas Mom, Katharina Boele-Woelki, Europäisierung des Unterhaltsrechts: Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, Familie, Partnerschaft, Recht 2006, 232 ff; Alexander Bergmann, Murad Ferid, Dieter Henrich (Hg.), Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, 20 Bde. (Loseblatt).

Abgerufen von Unlauterer Wettbewerb und Verkehrsfreiheiten – HWB-EuP 2009 am 26. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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