Restatements: Unterschied zwischen den Versionen
hwb>Admin |
Admin (Diskussion | Beiträge) K (1 Version importiert) |
(kein Unterschied)
|
Version vom 31. August 2021, 18:07 Uhr
von Ralf Michaels
1. Begriff
Restatement heißt Neuformulierung. Das Restatement ist also kein Gesetz und wird typischerweise auch nicht durch den Gesetzgeber erlassen. Vielmehr formulieren Private, in der Regel Wissenschaftler und Praktiker, das geltende Recht in zugänglicher Form neu, typischerweise systematisiert und auf das Wesentliche konzentriert. Das Restatement lässt sich damit von anderen Akten abgrenzen, auch wenn die Übergänge teilweise fließend sind. Der Hauptunterschied zur Kodifikation liegt im fehlenden Geltungsbefehl. Ansonsten sieht ein Restatement inhaltlich einer Kodifikation ähnlich, die meisten Kodifikationen sind inhaltlich zu großem Teil Restatements bestehenden Rechts. Man kann das Restatement daher als Privatkodifikation bezeichnen. Gegenüber Prinzipien und allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind die Regeln eines Restatements grundsätzlich spezifischer formuliert, so dass sie als Regeln angewandt werden können. Faktisch verbergen sich allerdings hinter vielen als Prinzipien bezeichneten Werken tatsächlich Restatements in Regelform. Der wichtigste Unterschied zum Modellgesetz schließlich liegt darin, dass das Restatement das Recht abbildet wie es ist, während das Modellgesetz das Recht vorschlägt, wie es sein sollte; freilich sind auch hier die Grenzen fließend.
In einem weiteren Sinne waren die juristischen Enzyklopädien des Natur- und Vernunftrechts ebenso Restatements wie die systematischen Darstellungen nationalen Rechts in der Pandektistik (Pandektensystem) und im französischen Privatrecht des 18. und 19. Jahrhunderts. All diese wissenschaftlichen Werke wollten die Gesamtheit des Rechts nicht bloß auflisten sondern als System darstellen. In einem engeren Sinne dagegen bezieht sich der Begriff des Restatements auf die so genannten Restatements of the Law des American Law Institute (ALI) sowie auf von diesen Restatements beeinflusste spätere Projekte; nur in diesem engeren Sinne wird er hier erläutert.
2. Die US-amerikanischen Restatements of the Law
Anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts konstatierten Praktiker und Wissenschaftler in den USA eine doppelte Krise ihres Rechts: Mangel an Rechtssicherheit und übermäßige Komplexität. Als Gründe für den Mangel an Rechtssicherheit erkannte man Uneinigkeit über die tragenden Prinzipien des common law, unklare Begriffsbildung, schlecht formulierte Gesetze, Masse des Fallmaterials sowie Anzahl und Eigenart neuer Rechtsfragen. Hauptgründe für die Komplexität waren der Mangel an Systematik und die Unterschiede im common law unterschiedlicher Bundesstaaten. Zur Bekämpfung gründete man 1923 das American Law Institute (ALI) “to promote the clarification and simplification of the law and its better adaptation to social needs, to secure the better administration of justice, and to encourage and carry on scholarly and scientific legal work.” Das Hauptinstrument sollten dabei Restatements grundlegender Rechtsgebiete sein, die das geltende Recht zugänglich machen sollten. Die Lösung sah man in einer wissenschaftlichen Systematisierung aus dem Fallmaterial zu destillierender Rechtsregeln. Weil dieser Ansatz auch dem europäisch beeinflussten Formalismus des 19. Jahrhunderts entsprach, sind jedenfalls die Restatements der ersten Generation von Anfang an als formalistisch-konservativ kritisiert worden; jüngere Beurteilungen sind differenzierter.
Der Erstellungsprozess dauert viele Jahre und ist durch einen intensiven andauernden Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis gekennzeichnet. Nachdem das ALI aufgrund sorgfältiger Voruntersuchung ein Thema als geeignet erkennt, beruft es als reporter typischerweise einen Wissenschaftler, der mit einer Gruppe von assistant reporters zunächst einen ersten Entwurf (first draft) vorlegt. Dieser Entwurf wird dann von einer kleinen Gruppe von Beratern diskutiert, die Praktiker und Wissenschaftler umfasst, was zu einem revidierten Entwurf (revised draft) führt. Diesen revidierten Entwurf diskutiert der Rat des ALI, eine Gruppe von etwa sechzig prominenten Richtern, Anwälten und Professoren. Nach der Diskussion wird er entweder zur Überarbeitung an den reporter zurückgegeben oder als vorläufiger Entwurf (tentative draft) der jährlichen Versammlung des ALI vorgelegt, das über viertausend Mitglieder umfasst. Diese Versammlung diskutiert nun den vorläufigen Entwurf und nimmt ihn entweder an oder, häufiger, gibt ihn zurück an den reporter für weitere Änderungen.
Über die Zeit hat sich der Charakter der Restatements stark gewandelt. Zwischen 1932 und 1944 entstanden die ersten Restatements, und zwar in Feldern des common law, die aus europäischer Sicht weitgehend zum Privatrecht gehören: Stellvertretung, Vertragsrecht, Deliktsrecht, Restitutionsrecht, Sachenrecht, Trusts, Sicherheiten, internationales Privatrecht und Gerichtsentscheidungen. Diese Restatements der ersten Generation bestanden weitgehend nur aus Regeln und kurzen Erläuterungen und vermittelten damit einen Eindruck der Einheitlichkeit und Eindeutigkeit, der bald als realitätsfremd kritisiert wurde. Das ab 1952 verfasste Second Restatement, das Fortentwicklungen des Rechts verarbeitet, nahm diese Kritik auf und fügte neue Felder hinzu: Mietrecht, Auswärtige Beziehungen. Viele seiner Regeln sind offener formuliert und zielen weniger auf Einheitlichkeit ab; oft sind sie sogar bewusst untereinander im Konflikt. Werden die Regeln so unwichtiger, so sind andererseits die Kommentare und Nachweise zum geltenden Recht wichtiger geworden; sie widmen sich auch der Frage, inwieweit die einzelstaatlichen Regelungen von der Lösung des Restatement abweichen. Zurzeit wird ein Third Restatement erstellt, das neue, auch nichtprivatrechtliche, Fächer hinzufügt; geplant sind Restatements auch für Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Recht des internationalen Handels.
Die neuere Form mit Regeln und ausführlichen Kommentaren ermöglicht es den reporters, offen Lösungen vorzuschlagen, die unter Umständen nicht dem geltenden Recht in der Mehrheit der Staaten entsprechen. Manchmal setzen sich diese Lösungsvorschläge aufgrund der Autorität der Restatements oder ihrer Reporter durch. Neuere Restatements wie etwa Agency (2006) lassen auch weltweite Rechtsvergleichung einfließen und gehen damit über die Ursprungsidee bloßer Neuformulierung hinaus. Einige Lösungen in Restatements sind offen rechtspolitischer Natur und erlangen manchmal gerade deshalb großen Einfluss. Obwohl die Restatements keinen offiziellen Charakter haben, spielen sie in der Rechtsprechung eine wichtige Rolle als Referenz. Allerdings bestehen im Einzelnen starke Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen Restatements als auch zwischen den verschiedenen Bundesstaaten.
In Europa meint man manchmal, die Hauptfunktion der US-Restatements bestehe darin, unterschiedliche bundesstaatliche Rechte zu einer Einheit zusammenzuführen und damit eine US-weite Rechtseinheit zu befördern. Solche Unterschiede stellen aber, wie gesehen, nur eines der von den Restatements zu behandelnden Probleme dar, und jedenfalls in neueren Restatements ist man davon abgekommen, US-weite Rechtseinheit anzuordnen, wo sie nicht besteht. Rechtseinheitlichkeit wird in den USA stärker durch andere Mittel angestrebt: Die National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (NCCUSL) erarbeitet wie auch das ALI Modellgesetze; deren Erfolgreichstes, der Uniform Commercial Code, ist durch fast alle Staaten umgesetzt worden, freilich mit Unterschieden im Detail. Auch die Rechtsprechung erzielt eine partielle Einheitlichkeit: Zwar sind die Bundesgerichte nur sehr beschränkt zur Entwicklung von Federal Common law berufen. Wohl aber ziehen Gerichte bei der Auslegung einzelstaatlichen Rechts ganz regelmäßig nachbarstaatliche Gerichtsentscheidungen als persuasive precedent heran.
3. Europäische Restatements
Die Idee der Restatements wurde in Europa aufgenommen, und zwar zuallererst im Vertragsrecht. 1968 regte der Generalsekretär von UNIDROIT, Mario Matteucci, die Erarbeitung eines "restatement of international contract law" an. Zunächst als "progressive codification of the law of international trade" geführt, mündete das Projekt 1994 in die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC). Fast gleichzeitig erschienen 1995 die Principles of European Contract Law. Obwohl sich beide Werke Principles nennen, sind sie doch explizit von der Idee der Restatements inspiriert und diesen auch ähnlich in der Form von Regelwerken mit kurzen Kommentaren und (bei den europäischen Principles) rechtsvergleichenden Hinweisen. Von Anfang an war bei beiden indes das Bestreben stärker als in den USA, auch rechtspolitisch als besser aufgefasste Regeln aufzunehmen. Auch in der Arbeitsweise bestehen Unterschiede. So sind bei den Principles statt eines einzelnen reporter verschiedene reporters für Einzelbereiche tätig; das Endprojekt unterliegt nicht vor der Verabschiedung wie die US-Restatements einer intensiven Diskussion durch Nichtmitglieder der jeweiligen Arbeitsgruppe, insbesondere nicht durch Praktiker.
Der Erfolg dieser Restatements hat zu anderen Restatement-Projekten geführt. Schon dem Namen nach ergibt sich die Parallele beim Restatement of European Insurance Contract Law (2007) (Principles of European Insurance Contract Law), das freilich von Anfang an als Vorarbeit für eine legislative Harmonisierung und zur Implementierung im Gemeinsamen Referenzrahmen gedacht war; hier fließt neben dem Recht der Mitgliedstaaten auch das harmonisierte Recht ein. Ein Restatement soll auch das vom European Labour Law Network geplante Restatement of Labour Law in Europe sein, das 2015 abgeschlossen sein soll (Arbeitsrecht, europäisches). Andere Projekte übernehmen den Begriff der Principles, sind aber in der Sache Restatements ähnlich, wobei der Schwerpunkt häufig auf den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen liegt. Solche Restatements sind etwa die Principles of European Tort Law (2005), sowie die Principles of European Family Law, von denen zwei Teile vorliegen (Divorce and Maintenance between Former Spouses 2004; Parental Responsibilities 2007; Familie). In der Arbeitsweise ähneln beide Projekte den Vertragsrechtsprinzipien, wobei aber stärker auf Fragebögen und Länderberichte rekurriert wird. Diskutiert werden auch Principles of European Property Law. UNIDROIT hat darüber hinaus gemeinsam mit dem ALI weltweite Principles of Transnational Civil Procedure 2004) vorgelegt; der frühere UNIDROIT-Generalsekretär schlägt die Erarbeitung von Principles of Conflict of Laws vor.
Während es bei all diesen Projekten in erster Linie darum geht, nationale Rechtsordnungen zusammenzufassen, stellen die Acquis Principles ein Restatement des geltenden EU-Rechts dar. Allerdings extrapolieren die Principles aus den in speziellen (mehrheitlich zu Verbraucherverträgen erlassenen) Instrumenten enthaltenen Einzelregelungen ein allgemeines Vertragsrecht und treffen zudem zahlreiche rechtspolitische Entscheidungen, so dass das Ergebnis über ein bloß feststellendes Restatement hinausgeht. Daneben ist ein gelegentlich gefordertes Restatement of European Consumer Law zurzeit nicht absehbar.
Kein Restatement im eigentlichen Sinne ist dagegen das Projekt eines Common Core of European Private Law. Hier geht es darum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede europäischer Rechtsordnungen zu sammeln, ohne dass dabei ein systematisches Regelwerk oder eine Bewertung der gefundenen Regeln angestrebt wird. Aus umgekehrtem Grund ist der von der Study Group for a European Civil Code vorgelegte Entwurf für einen Common Frame of Reference (DCFR) kein eigentliches Restatement. Er beruht zwar maßgeblich auf den Principles of European Private Law und in geringerem Maße auf den Acquis Principles, geht aber stärker als beide Vorbilder über den status quo hinaus und muss damit anders als diese in erster Linie als rechtspolitischer Vorschlag seiner Verfasser angesehen werden. Dafür spricht auch, dass, anders als bei den neueren US-amerikanischen Restatements, rechtsvergleichende Untersuchungen bei der Abfassung nur eine geringe Rolle zu spielen scheinen.
4. Vergleich
Bei allen Gemeinsamkeiten bestehen mehrere Unterschiede zu den US-Restatements. Das betrifft zunächst die Ausgangslage. In den EU-mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen liegt das Hauptproblem nicht in Rechtsunsicherheit oder Mangel an Systematik – die kontinentaleuropäischen Privatrechte sind traditionell kodifiziert, und auch das englische Recht ist systematischer als das US-amerikanische. Hauptproblem in Europa sind vielmehr die Unterschiede zwischen den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen, die grundsätzlicher sind als in den USA. Das Privatrecht der EU andererseits ist in der Tat bislang unsystematisch. Das liegt jedoch am bislang fragmentarischen Charakter europäischer Rechtsetzung, die sich ohne einiges Zutun schwer in ein umfassendes System erweitern lässt. Ein vollständiges Restatement müsste Gemeinschaftsrecht und Rechte der Mitgliedstaaten verbinden und damit ganz unterschiedliche Privatrechtskonzepte zusammenbringen; das gelingt bislang allenfalls im Ansatz.
Ein weiterer Unterschied betrifft das verwendete Material, das in den USA traditionell aus Fallrecht, in Kontinentaleuropa weitgehend aus Gesetzgebung besteht. Damit ist die Aufgabe in den USA zuallererst, aus konkreten Falllösungen allgemeine Prinzipien zu destillieren; in Europa geht es dagegen häufig nur darum, bereits bestehende abstrakte Rechtsregeln zu vereinheitlichen. Freilich stellt in den USA die wachsende Bedeutung der Gesetzgebung die Verfasser von Restatements vor neue Herausforderungen; in Europa andererseits fließt auch das Fallrecht in die Arbeit ein, wenn auch nicht in gleichem Maße wie in den USA.
Unterschiedlich ist auch die Arbeitsweise. Die US-Restatements entstehen unter der Autorität einer allgemein anerkannten Institution, des ALI. Die europäischen Restatements entstehen dagegen größtenteils in privat gegründeten Arbeitsgruppen; auch der Zusammenschluss der wichtigsten Arbeitsgruppen zum Joint Network on European Private Law ändert das nicht grundsätzlich. Gelegentliche Forderungen nach einem European Law Institute sind bisher nicht umgesetzt worden. Die US-Restatements werden in jahrelangem Austausch zwischen reporters und Außenstehenden, insbesondere auch Praktikern, geprüft und verbessert; erst deren Zustimmung führt zur Verabschiedung. Die europäischen Arbeitsgruppen bestehen dagegen fast ausschließlich aus Akademikern; Austausch mit Außenstehenden, insbesondere Praktikern, wird wenn überhaupt meist erst nach Abschluss gesucht. Der Draft Common Frame of Reference (DCFR) ist nur eine partielle Ausnahme. Er wurde zwar als Vorentwurf vorgelegt, aber die für Stellungnahmen vorgesehene Zeit von einem knappen Jahr war wesentlich kürzer als bei US-Restatements. Auch die während seiner Entstehung gehaltenen „stakeholder meetings“ führten nicht annähernd zu einer so intensiven Beteiligung von Praktikern wie in den USA.
Die Unterschiede in der Arbeitsweise führen zu unterschiedlichen Resultaten. Die US-Restatements haben zwar durchaus auch rechtspolitischen Charakter; reporters schlagen in stärkerem Maße „beste“ Regelungen vor, als das in Europa wahrgenommen wird. Trotzdem ist das Ausmaß solcher rechtspolitischer Entscheidungen kleiner als bei den meisten europäischen Restatements; wo US-Restatements rechtspolitisch vom status quo abgewichen sind, lässt sich das unschwer aus den Kommentaren entnehmen. Alle europäischen Restatements dagegen verbinden bloß deskriptive mit potentiell-präskriptiven Regeln, meist ohne dass der Unterschied klar erkenntlich würde. Rechtsvergleichende Kommentare spielen eine unterschiedlich große Rolle; sie sind recht umfangreich bei den PECL, bislang noch völlig fehlend beim DCFR. Insgesamt sind die europäischen Restatements, der europäischen Kodifikationsgeschichte entsprechend, wesentlich mehr auf Systematik und Kohärenz ausgerichtet als die jüngeren US-amerikanischen Restatements.
Das hängt auch mit Unterschieden in der Zielsetzung zusammen. Die Hauptrolle der Restatements besteht darin, Klarheit in schwierigen Fragen zu gewährleisten und durch Bereitstellung einer Systematik das Finden konsistenter Falllösungen zu erleichtern. Die Restatements sind insofern nicht Rechtsquelle sondern Rechtserkenntnisquelle (secondary, nicht primary source of law). Das können sie nur sein, insoweit die Restatements nicht nur inhaltlich überzeugen sondern vor allem auch zuverlässig das bereits geltende Recht wiedergeben; diese Vermutung wird den bestehenden europäischen Restatements bislang weit weniger zugestanden als ihren US-amerikanischen Vorbildern. Das liegt auch daran, dass die ausführlichen Kommentare der US-Restatements gerade den Zugang zum Recht der jeweiligen Einzelstaaten ermöglichen. In Europa dagegen werden fast alle Restatements mehr oder weniger explizit auch als Vorarbeiten für eine europäische Kodifikation entworfen, die die Einzelstaatlichkeit des Rechts überwinden soll. Das lässt stärkere rechtspolitische Stellungnahmen vielleicht erstrebenswert erscheinen.
Anders als bei den US-Restatements ist für einige Restatements, insbesondere die UNIDROIT- und Lando-Principles sowie neuerdings den Referenzrahmen, intensiv diskutiert worden, ob sie kollisionsrechtlich als anwendbares Recht gewählt werden könnten. Der europäische Gesetzgeber schien einer solchen Möglichkeit lange wohlwollend gegenüberzustehen, bevor er sie letztlich in der Rom I-VO (VO 593/2008) abgelehnt hat (Rechtswahl). Wählbarkeit ist dagegen gegeben in der Schiedsgerichtsbarkeit; allerdings werden die UNIDROIT PICC recht selten, andere Principles praktisch nie gewählt. Ohne Rechtswahl werden die UNIDROIT PICC gelegentlich als zusätzliche Autorität herangezogen, als kollisionsrechtlich anwendbares Recht fast nie.
Alle europäischen Restatements wollen auch als Vorarbeiten für etwaige gemeinschaftliche Rechtsetzung dienen. Es erscheint indes fraglich, ob der Kompromiss zwischen deskriptiv-rechtsvergleichenden und präskriptiv-rechtspolitischen Inhalten, die alle Projekte mehr oder weniger prägt, hierfür nicht hinderlich ist. Die US-Restatements wurden von Anfang an ausdrücklich als Alternative zur Gesetzgebung verstanden; eine bundeseinheitliche Kodifikation ist hier kaum je ernsthaft diskutiert worden. Dem europäischen Gemeinschaftsgesetzgeber wäre vielleicht mehr gedient mit einem stärker beschreibenden Restatement, das Handlungsbedarf klar machen würde. Ob andererseits die rechtspolitischen Vorstellungen von Wissenschaftlern den Gemeinschaftsgesetzgeber deshalb überzeugen, weil sie in Form von Restatements geäußert werden, erscheint eher zweifelhaft. Das gilt in besonderem Maße für den DCFR, der einerseits stark auf rechtspolitischen Vorstellungen beruht, andererseits deutlich macht, dass ein politischer Referenzrahmen noch andere rechtspolitische Ideen aufnehmen müsste.
Literatur
Nathan M. Crystal, Codification and the Rise of the Restatement Movement, Washington Law Review 54 (1978/79) 239 ff; Alan Schwartz & Robert E. Scott, The Political Economy of Private Legislatures, University of Pennsylvania Law Review 143 (1995) 595 ff; Klaus Peter Berger, Formalisierte oder „schleichende“ Kodifizierung des transnationalen Wirtschaftsrechts – Zu den methodischen und praktischen Grundlagen der lex mercatoria, 1996; G. Edward White, The American Law Institute and the Triumph of Modernist Jurisprudence, Law and History Review 15 (1997) 1 ff; Ralf Michaels, Privatautonomie und Privatkodifikation – Zu Anwendbarkeit und Geltung allgemeiner Vertragsrechtsprinzipien, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 67 (1998) 580 ff; Thomas Schindler, Die Restatements und ihre Bedeutung für das amerikanische Privatrecht, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 6 (1998) 277 ff; Wolfgang Wurmnest, Common Core, Grundregeln, Kodifikationsentwürfe, Acquis-Grundsätze – Ansätze internationaler Wissenschaftlergruppen zur Privatrechtsvereinheitlichung in Europa, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 11 (2003) 714 ff; Richard Hyland, The American Restatements and the Uniform Commercial Code, in: Arthur Hartkamp, Martijn Hesselink, Ewoud Hondius, Carla Joustra, Edgar du Perron, Muriel Veldman (Hg.), Towards a European Civil Code, 3. Aufl. 2004, 59 ff; Michael Joachim Bonell, An International Restatement of Contract Law – The UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, 3. Aufl. 2005; Joachim Zekoll, Das American Law Institute – ein Vorbild für Europa?, in: Reinhard Zimmermann (Hg.), Globalisierung und Entstaatlichung des Rechts, Teilbd. II: Nichtstaatliches Recht: Geltung und Genese, 2008, 101 ff.