Schiffskauf: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 31. August 2021, 18:07 Uhr
1. Begriff und Abgrenzung
Der praxisgeprägte Begriff „Schiffskauf“ (ship sale and purchase, vente du navire, vendita di nave, compraventa de buque, skeppsförsäljning, schipkoop) bezeichnet den Vorgang der vollständigen wirtschaftlichen Übertragung eines Schiffes von einer Person auf eine andere. Der Begriff reicht damit über einen ausschließlich schuldrechtlich verpflichtenden Kauf(vertrag) hinaus und umfasst auch die eigentumsrechtliche Zuordnung des Schiffes, bezeichnet also auch das Erfüllungsgeschäft (Eigentumsübertragung). Wie beim gewöhnlichen Kaufvertrag heißen die Parteien beim Schiffskauf Käufer (buyer, acheteur, compratore, comprador, köpare, koper) und Verkäufer (seller, vendeur, venditore, vendedor, säljare, verkoper).
Aufgrund der vollständigen Übertragung des Schiffes, also auch des Eigentums am Schiff, muss der Schiffskauf von anderen Schiffsüberlassungsverträgen ([[Chartervertrag) unterschieden werden. Bei Charterverträgen behält der Eigner bzw. owner – wie es die Bezeichnung schon nahe legt – immer das Eigentum am Schiff.
Außerdem umfasst der Schiffskauf im Gegensatz zu Neubauverträgen nur den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand, also bereits gebrauchter Schiffe. Neubauverträge stellen gewöhnlich keine Kauf-, sondern Werkverträge dar. Diese Unterscheidung ist dadurch gerechtfertigt, dass die praktischen Probleme bei Schiffsneubauten andere sind als bei gebrauchten Schiffen.
2. Besonderheiten des Kaufgegenstands
Seine besondere Prägung erhält der Schiffskauf durch den Kaufgegenstand „Schiff“. Unter einem Schiff versteht man gemeinhin einen schwimmfähigen Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der geeignet und bestimmt ist, auf oder unter dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen (vgl. für Deutschland: BGH, 14.12.1951, NJW 1952, 1135; für England: sec. 313 Abs. 1 Merchant Shipping Act 1995, Marine Craft Constructors Ltd. v. Erland Blomquist (Engineers) Ltd. [1953] 1 Lloyd’s Rep. 514 (QB); für Italien: Art. 136 Codice della navigazione, Corte di Cassazione, sezione I civile, 15.11.1994, no. 9589, Il Foro Italiano 1994, 3387).
Schiffe, insbesondere kommerziell genutzte Frachtschiffe, unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von anderen Kaufgegenständen. Zunächst befinden sie sich aufgrund ihres internationalen Fahrtgebiets häufig an Orten, die vom Sitz der Parteien weit entfernt sind. Des Weiteren besteht bei Frachtschiffen ein sowohl volks- als auch betriebswirtschaftliches Bedürfnis an deren ständiger Nutzung, da die Unterhaltung eines Schiffes sehr kostenintensiv ist und Einnahmen nur generiert werden, wenn das Schiff verfrachtet wird. Überdies wurden die Liegezeiten im Hafenumschlag im 20. Jahrhundert durch Effizienzsteigerungen drastisch reduziert, so dass Hafenaufenthalte von mehreren Tagen eher die Ausnahme sind. Schließlich handelt es sich bei Schiffen um Sachen, die in einem öffentlichen Register eingetragen werden und damit in mancherlei Hinsicht Immobilien ähneln.
3. Interessen der Vertragsparteien
Aufgrund der Besonderheiten des Kaufgegenstands befinden sich die Parteien in einer etwas anderen Lage als bei einem gewöhnlichen Kauf. Der Käufer befindet sich grundsätzlich in einer Position, die durch ein Informationsdefizit und ein hohes finanzielles Risiko gekennzeichnet ist. Unklar für den Käufer sind vor allem der tatsäch-liche Erhaltungszustand des Schiffes, die Kosten für dessen Unterhaltung sowie die Möglichkeit, ob die Klassifikationsgesellschaft, die das Schiff klassifiziert – also die technische Sicherheit überprüft – zukünftig Sicherheitsbedenken erheben wird. Praktische Probleme für die Informationsbeschaffung stellen neben den teilweise gegenläufigen Interessen des Verkäufers besonders die kurzen Hafenaufenthalte des Schiffes dar. Dadurch steht nur eine äußerst kurze Zeit zur Untersuchung einer sehr komplexen Sache zur Verfügung. Überdies müssen derartige Inspektionen häufig an weit entfernten Orten durchgeführt werden, was die Vertragskosten erheblich erhöht.
Der Verkäufer hingegen hat ein Interesse daran, dass Schiff nach dem Verkauf endgültig aus seinen Büchern zu streichen, und möchte sich im Nachgang des Kaufvertrages nicht mehr mit diesem befassen.
4. Die Norwegian Saleform
Im europäischen Rechtsraum hat sich spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert für Schiffskäufe der Formularkaufvertrag Norwegian Saleform etabliert. Dieser wurde von norwegischen Schiffsmaklern für den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand entwickelt und über die norwegische Schiffsmaklervereinigung (Norsk Skipsmegler Forbund), ihrerseits Mitglied des [[BIMCO (Baltic and International Maritime Council), hat sich die Norwegian Saleform zum europaweiten Standardformular entwickelt. BIMCO hat die Norwegian Saleform schließlich in die Reihe der verbandsempfohlenen Dokumente aufgenommen. Seither ist die Norwegian Saleform mehrfach überarbeitet worden, europaweite Verbreitung erfuhren die Fassungen von 1948, 1956, 1966, 1983, 1987 und 1993. Heutzutage werden größtenteils nur noch die Fassungen von 1987 und 1993 verwendet. Es überrascht im Übrigen nicht, dass praktische Vereinheitlichungsbemühungen von Schiffsmaklern ausgingen und nicht von Schiffseignern. Schließlich sind es die Schiffsmakler, die auf Seiten eines verkaufswilligen Schiffseigners oder eines Kaufinteressenten den Markt sondieren und die Verhandlungen mit der anderen Seite führen. Bei dieser Tätigkeit stellt es eine erhebliche Arbeitserleichterung dar, wenn man als Geschäftsgrundlage ein von beiden Seiten anerkanntes Vertragsformular wählt und auf dieser Grundlage die Verhandlungen führt.
Neben den essentialia negotii – d.h. den Parteien, der genauen Bezeichnung der Leistung des Verkäufers, also dem Schiff, und dem Verkaufspreis – finden sich in dem Vertragsformular der Norwegian Saleform vor allem Bestimmungen zur An- und Bezahlung (clause 2 und 3), zu möglichen Inspektionen (clause 4 und 6), zur Übergabe des Schiffes sowie diverser Dokumente und zur Übernahme von Vorräten und Treibstoff (clause 5, 7 und 8), zu den Vertragskosten (clause 10), zur Beschaffenheit des Schiffes bei Übergabe sowie dessen Lastenfreiheit (clause 9 und 11) und zu Leistungsstörungen (clause 14 und 15). Außerdem enthält die Norwegian Saleform sowohl eine Schieds- als auch eine Rechtswahlklausel (clause 15).
Das bedeutendste Merkmal der Norwegian Saleform findet sich in clause 11, wonach der Verkäufer das Schiff in dem Zustand zu übergeben hat, in dem es sich zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Käufer befunden hat (sog. as is-Prinzip, „gekauft wie gesehen“). Diese Bestimmung stellt einen weitgehenden Gewährleistungsausschluss (caveat emptor) dar. Allerdings wird der Gewährleistungsausschluss teilweise aufgeweicht, indem darauf abgestellt wird, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss (Norwegian Saleform 1987 clause 11(2): „… with present class free of recommendations.“; Norwegian Saleform 1993 clause 11(2): „… with her class maintained without condition/recommendation, …“). Insofern wird für die Frage der Mangelhaftigkeit des Schiffes nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien, sondern auf den objektiven Maßstab der Klassifikationsgesellschaft abgestellt, die das Schiff klassifiziert. Von entscheidender Bedeutung für den Schiffskauf sind daher die Tätigkeit der Klassifikationsgesellschaften und die Beachtung internationaler sowie eigener Klassifizierungs- und Sorgfaltsstandards. Absolute Sicherheit für eine sorgfältige Überwachung der Klasse des Schiffes gibt es dabei jedoch nicht; dennoch genießen die Klassifikationsgesellschaften, die in der International Associaton of Classification Societies (IACS) verbunden sind, einen sehr guten Ruf (vgl. auch RL 94/57). Diese Einbeziehung eines Dritten in den Schiffskauf birgt indes natürlich auch Konfliktpotenzial, insbesondere zwischen Käufer und Klassifikationsgesellschaft.
Überdies umfasst der Kauf eines Schiffes die Übergabe einer Vielzahl von Dokumenten, an die – ähnlich dem internationalen Handelskauf – bestimmte Anforderungen gestellt werden. Diese Dokumente dienen größtenteils der Absicherung der Position des Käufers. Um welche Dokumente es sich handelt, ergibt sich aus Norwegian Saleform 1987/93 clause 8; es handelt sich insbesondere um eine abstrakte Verkaufsbestätigung (bill of sale), einen Eigentumsnachweis (certificate of ownership) sowie einen Nachweis der Lastenfreiheit (freedom of encumbrances certificate). Falls der Käufer nach dem Erwerb des Schiffes dessen Flagge oder Klassifikationsgesellschaft wechseln möchte, so müssen diesbezüglich noch weitere Dokumente übergeben werden.
Dem Informationsdefizit des Schiffskäufers widmet sich die Norwegian Saleform in der Weise, dass drei Verkaufsphasen vorgesehen sind, innerhalb derer sich der Käufer mehr Erkenntnisse über das Schiff verschaffen kann.
In der ersten Phase muss der Verkäufer dem Käufer die Gelegenheit bieten, die klassifikatorischen Akten (classification records) des Schiffes einzusehen, damit der Käufer sich ein Bild über den Zustand des Schiffes machen kann. Sollte in dieser Phase die Norwegian Saleform bereits unterzeichnet sein (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(1) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(I), so handelt es sich um einen Kauf auf Probe (sale upon a contingent condition to performance, vente à l'essai, vendita a prova, compra a prueba, ta på öppet köp, koop op proef), der für die Parteien bindend ist, so lange der Käufer nicht vom Kaufvertrag Abstand nimmt.
Nachdem der Käufer das Schiff auf der Grundlage der klassifikatorischen Akten bereits gebilligt hat, tritt der Schiffskauf in die zweite Phase, in der der Verkäufer dem Käufer eine Untersuchung des Schiffes und der zugehörigen Logbücher zu ermöglichen hat (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(2) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(II). Allerdings handelt es sich bei dieser Untersuchungsmöglichkeit nur um eine relativ oberflächliche, insbesondere ohne ein opening up (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(4) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(IV), d.h. ohne Öffnen von Maschine, Tanks, Laderäumen etc. Außerdem muss sich die Untersuchung in den Fahrplan des Schiffes einfügen, weshalb die zur Verfügung stehende Zeit gewöhnlich limitiert ist. Nach der Untersuchung des Schiffes verbleiben dem Käufer 48 Stunden, um sich für oder gegen den Kauf des Schiffes zu entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er frei, ohne Angabe von Gründen vom Kauf des Schiffes Abstand zu nehmen. Schweigen gilt als Ablehnung (Norwegian Saleform 1987 clause 4(4) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(IV)).
Teilt der Käufer dem Verkäufer innerhalb der 48 Stundenfrist mit, dass er am Kauf des Schiffes festhalten möchte, so tritt der Schiffskauf in die dritte, abschließende Phase. In dieser Phase findet eine letzte Untersuchung des Schiffes statt, in deren Anschluss das Schiff an den Käufer übergeben wird (vgl. Norwegian Saleform 1987/93 clause 6). Im Gegensatz zu den beiden ersten Phasen ist es nicht mehr der Käufer, der das Schiff untersucht. Das Schiff wird vielmehr von einem Inspektor der zuständigen Klassifikationsgesellschaft untersucht, also von einer Person, die keine Partei des Kaufvertrags ist, wohl aber zumindest mit dem Verkäufer in vertraglicher Beziehung steht. Weiterhin werden andere Teile des Schiffes untersucht als diejenigen, die der Käufer in Phase zwei untersuchen konnte. In der dritten Phase geht es nämlich nur noch um die Inspektion der Teile des Schiffes unterhalb der Wasserlinie, insbesondere von Antriebswelle, Ruder und Propeller. Die Norwegian Saleform 1993 gibt hinsichtlich dieser Unterwasserinspektion zwei Alternativen vor: entweder Untersuchung in einem Schiffsdock (clause 6(a)) oder Untersuchung durch Taucher (clause 6(b)); im Zweifelsfalle gilt die erste Alternative (vgl. die Zeilen 152 und 153). Soweit die Inspektion Mängel an Unterwasserteilen aufdeckt, sind diese zur Zufriedenheit der Klassifikationsgesellschaft auf Kosten des Verkäufers zu beheben. Derlei Mängel geben dem Käufer unter dem Regime der Norwegian Saleform jedoch grundsätzlich nicht das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Damit gilt das as is-Prinzip („gekauft wie gesehen“, caveat emptor) gemäß Norwegian Saleform 1987/93 clause 11 zwar einerseits nicht für Mängel an den erwähnten Teilen unterhalb der Wasserlinie des Schiffes (d.h. Antriebswelle, Ruder und Propeller). Andererseits sind die Mängelbeseitigungsrechte des Käufers nach Norwegian Saleform 1987/93 clause 6 jedoch unvollkommen. Diese Unvollkommenheit entsteht dadurch, dass zum einen die Sachgefahr für die nicht zu inspizierenden Unterwasserteile vollständig auf den Käufer abgewälzt wird und es zum anderen für die Beurteilung der Mangelfreiheit des Schiffes nur noch auf die Sicht der Klassifikationsgesellschaft ankommt. Letzteres kann deshalb problematisch sein, weil durchaus Umstände möglich sind, unter denen die Klasse des Schiffes durch dessen Zustand nicht beeinträchtig wird, der Wert des Schiffes aber schon (siehe anschaulich hierzu die Entscheidung des Court of Appeal in Ateni Maritime Corporation v. Great Marine Ltd. (The „Great Marine (No. 2)“) [1990] 2 Lloyd’s Rep. 250). Vor dem Hintergrund dieser Unzulänglichkeiten der Norwegian Saleform ist es durchaus üblich, dass zugunsten des Käufers von diesem Regime der clause 6 abgewichen wird, z.B. durch Gewährung einer umfassenderen vorvertragliche Inspektion des Schiffes. Derartige Abweichungen zugunsten des Käufers hängen jedoch immer von den Umständen des Einzelfalles und vor allem von der jeweiligen Marktsituation ab. Im Anschluss an die dritte Phase hat der Verkäufer das Schiff zu übergeben (clause 5 und 11). Bei Übergabe des Schiffes muss dieses den vereinbarten Zustand aufweisen. Prinzipiell also denselben Zustand wie zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Käufer in Phase zwei, wobei gewöhnliche Abnutzung unberücksichtigt bleiben (clause 11: „… fair wear and tear excepted.“).
Darüber hinaus stellt die Norwegian Saleform 1987 in clause 11(2) darauf ab, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss, und verpflichtet den Verkäufer, etwaige klasserelevante Mängel der Klassifikationsgesellschaft anzuzeigen. Diese Pflicht bezieht sich also einerseits auf den Kaufgegenstand und andererseits auf das Verhalten des Verkäufers vor Übergabe. Besondere Aufmerksamkeit wurde dieser Klausel in der Entscheidung des Court of Appeal in Compania de Navegación Pohing S.A. v. Sea Tanker Shipping Ltd. (The „Buena Trader“) [1978] 2 Lloyd’s Rep. 325 zuteil.
Die Norwegian Saleform 1993 enthält mit clause 11 eine überarbeitete Bestimmung: „… the vessel shall be delivered with her class maintained without condition/recommendation, free of average damage affecting the vessel’s class, and with her classification and national certificates, as well as all other certificates the vessel had at the time of inspection, valid and unextended without condition/recommendation by class or the relevant authorities at the time of delivery.” Das caveat emptor-Prinzip wird in dieser Bestimmung stärker aufgeweicht als noch in der Fassung von 1987. Denn nun wird eine bestimmte Beschaffenheit („…free of average damage affecting the vessel’s class…“) des Kaufgegenstandes vereinbart, mit der eine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers korrespondiert. Das Schiff wird also gekauft wie besichtigt, darf darüber hinaus aber keine Schäden aufweisen, die üblicherweise von einer Schiffsversicherung gedeckt sind und Einfluss auf die Klasse des Schiffes haben (vgl. Piccinini v. Partrederiet II (The „Alfred Trigon“) [1981] 2 Lloyd’s Rep. 333 (QB)).
Die Gesamtbetrachtung der Pflichten von Käufer und Verkäufer unter der Norwegian Saleform ergibt, dass ungeachtet der Aufweichungen in clause 11 (und auch clause 6) der Schiffskauf weitgehend dem caveat emptor Prinzip folgt. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass die Möglichkeit des Käufers sich vor Abschluss des Kaufvertrages über den Zustand des Schiffes zu informieren teilweise erheblich eingeschränkt ist. Dadurch steigt die Bedeutung der genauen Beschreibung des Schiffes (Baujahr, Werft, Klasse, Tonnage und Tragfähigkeit, Tiefgang, Ausrüstung, Geschwindigkeit und Verbrauch etc.) sowie der vorvertraglichen Zusicherungen des Verkäufers in erheblichem Maße (vgl. auch BGH, 29.11.2006, BGHZ 170, 86; Kellogg Brown & Root Inc. v. Concordia Maritime AG [2006] EWHC 3358 (QB)). Diese Probleme gehören dem allgemeinen Vertragsrecht an und werden von der Norwegian Saleform nicht berührt, weshalb in der Regel auf das nach der Rechtswahlklausel anwendbare staatliche Recht zurückzugreifen ist.
5. Übereignung des Schiffes
Die Übereignung des Schiffes vom Verkäufer auf den Käufer in Vollziehung des Kaufvertrages (Eigentumsübertragung) folgt typischerweise besonderen Regeln, denn Schiffe nehmen in mancherlei Hinsicht (z.B. Registereintragung) eine Zwischenposition zwischen Mobilien und Immobilien ein. Diese Regeln sind dem jeweils anwendbaren (und zwingenden) staatlichen Recht zu entnehmen und nicht der Norwegian Saleform. Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Vorschriften des internationalen Sachenrechts (hier: Besonderheit der lex libri siti). In sachlicher Hinsicht ist allen europäischen Rechtsordnungen gemein, dass es für den Eigentumsübergang einer Einigung bedarf. Verbunden wird die Übereignung häufig mit einer tatsächlichen Handlung und/oder mit einer Registereintragung, wobei Letztere nicht unbedingt konstitutive Voraussetzungen für den Eigentumsübergang darstellen. Die Norwegian Saleform stellt diesbezüglich mit der offen formulierten clause 8 einen Rahmen zur Verfügung, der es ermöglicht, den Vertrag so anzupassen, dass Übereignung, Flaggen- und Registerwechsel nach jeder Rechtsordnung möglich sind.
Rechtsvereinheitlichung hat in diesem Bereich bisher nicht stattgefunden. Insbesondere ist der Versuch der Europäischen Gemeinschaft gescheitert, ein europäisches Schiffsregister zu schaffen. Ob neuerliche Bestrebungen in diese Richtung (KOM(2006) 275 endg.) von Erfolg gekrönt sein werden, bleibt abzuwarten. Aus völkerrechtlicher Sicht geben die Convention on the high seas von 1958 sowie Art. 92 des Seerechtsübereinkommens von 1982 die Rahmenbedingungen vor.
6. Rechtsvereinheitlichung
Eng verbunden mit dem internationalen Einsatzgebiet vieler Schiffe ist die Tatsache, dass sich beim Schiffskauf zumeist Parteien aus verschiedenen Ländern gegenüberstehen. Die Übertragung eines Schiffes stellt also einen Vorgang dar, bei dem sich das Bedürfnis an Rechtsvereinheitlichung geradezu aufdrängt. Aufgrund der engen Verbindungen des Kaufrechts mit dem allgemeinen Vertragsrecht und auch dem Recht der Eigentumsübertragung – Rechtsmaterien die europaweit als sehr unterschiedlich und schwer zu vereinheitlichen gelten – hat lange Zeit keine Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Schiffskaufs stattgefunden.
Bemerkenswert ist, dass Art. 2(e) CISG Schiffe von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Diese Ausnahme vom Anwendungsbereich hat ihren Grund in der Registrierungspflicht vieler Schiffe. Man wollte Konflikte zwischen dem maßgebenden Registerrecht und dem CISG (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht) vermeiden.
Diese Zurückhaltung der Rechtsvereinheitlichung des Schiffskaufs wurde von der [[Studygroup on a European Civil Code abgelegt. Nach Art. 1:104 a) PESL gelten die Principles of European Law – Sales ausdrücklich auch für den An- und Verkauf von Schiffen, und zwar unabhängig davon, ob diese besonderen Registrierungspflichten unterliegen.
In Ermangelung staatlichen Einheitsrechts hat die Vertragspraxis Formulardokumente entwickelt, die mittlerweile vom Markt akzeptiert werden, und auf diese Weise ein einheitliches Recht des Schiffskaufs geschaffen. Im europäischen Rechtsraum werden Schiffskäufe seit Jahrzehnten nahezu ausschließlich auf der Grundlage der von BIMCO (Baltic and International Maritime Council) empfohlenen Norwegian Saleform abgeschlossen (s. unter 4.).
Aus dem asiatischen Rechtsraum stammt der Standardvertrag Nipponsale, der in weiten Teilen der Norwegian Saleform ähnelt. In Europa und der westlichen Hemisphäre werden Schiffe zumeist nur dann auf der Grundlage von Nipponsale verkauft, wenn der Verkäufer aus Japan stammt.
Literatur. Christian Breitzke, Die Norwegian Saleform, 1970; Folke Grauers, Fel i sålt skepp, 1980; René Rodière, Emmanuel du Pontavice, Droit maritime, 12. Aufl. 1997, 83 ff.; Iain Goldrein, Paul Turner, Ship sale and purchase, 5. Aufl. 2008; Christopher Hill, Maritime Law, 6. Aufl. 2003, 48 ff.; Thor Falkanger, Hans Jacob Bull, Lasse Brautaset, Scandinavian maritime law, 2. Aufl. 2004, 107 ff.; Malcolm Strong, Paul Herring, Sale of Ships – The Norwegian Saleform, 2004; Jürgen Basedow, Wolfgang Wurmnest, Die Dritthaftung von Klassifikationsgesellschaften, 2004; Jürgen Basedow, Wolfgang Wurmnest, Third-Party Liability of Classification Societies, 2005; Sergio M. Carbone, Pierangelo Celle, Marco Lopez de Gonzalo, Il Diritto Marittimo, 3. Aufl. 2006, 35 ff.; José Luis Gabaldón García, José María Ruiz Soroa, Manual de Derecho de la Navegación Marítima, 3. Aufl. 2006, 298 ff.; Nicolai Lagoni, The Liability of Classification Societies, 2007; Aleka Mandaraka-Sheppard, Modern Maritime Law and Risk Management, 2. Aufl. 2007, 467 ff.