Incoterms: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. September 2021, 16:27 Uhr

von Ulrich Magnus

1. Gegenstand und Zweck

Die Incoterms (International Commercial Terms, Internationale Handelsklauseln) stellen ein Regelwerk dar, das die Internationale Handelskammer geschaffen hat, um den Inhalt für bestimmte, international besonders gebräuchliche Handelsklauseln über die Lieferung von Waren festzulegen und damit ihre weltweit einheitliche Anwendung zu ermöglichen. Solche Lieferklauseln hatten sich in der Praxis des Überseehandels entwickelt und waren dort zu Standardbedingungen geworden. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als vor allem England den Überseehandel beherrschte, hatten sie sich zu Kürzeln wie etwa CIF (cost, insurance, freight) oder FOB (free on board) verdichtet, die bei internationalen Warenkäufen für eine Reihe von Punkten jeweils eine ganz bestimmte vertragliche Risiko- und Lastenverteilung bezeichnen. Diese Kürzel sind bis heute in der Praxis weit verbreitet. Die abgekürzten Bezeichnungen dienen der Rationalisierung. Mit lediglich drei Buchstaben (wie CIF oder FOB) wird ein ganzer Korb von Rechtsregeln umschrieben, die Lösungen für wichtige Problempunkte bei Überseekäufen, insbesondere den Risikoübergang und die Kostentragung für Versicherung und Transport der Ware, festlegen. Da jeder einzelne Incoterm diese Punkte mit jeweils anderer Lösung regelt, bieten die Incoterms den Parteien insgesamt eine breite Palette alternativer Regelungsmöglichkeiten zur Gestaltung ihrer Vertragsbeziehung. Mit der Wahl eines Incoterms und seiner Aufnahme in den Vertrag ersparen sich die Parteien die nähere Aushandlung und Ausformulierung all der zahlreichen Punkte, die im jeweiligen term geregelt sind.

Die Incoterms dienen aber nicht nur dem Zweck der Rationalisierung. In erster Linie wollen sie dazu beitragen, den internationalen Handel zu vereinfachen und zu erleichtern. Die Festlegung eines international einheitlichen Verständnisses von Vertragsklauseln, die in der Praxis häufig sind und sich bewährt haben, bedeutet dafür einen beachtlichen Schritt. Auch wenn die Incoterms aus sich selbst heraus nicht verbindlich sind, sondern nur sog. soft law darstellen, tragen sie zur faktischen Vereinheitlichung des internationalen Handelsrechts erheblich bei und können insoweit als Teil einer modernen lex mercatoria betrachtet werden. Aus der Handelspraxis entstanden, sind sie Teil dessen, was man als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“ (Hans Großmann-Doerth) bezeichnet hat.

2. Entstehung und Entwicklung der Incoterms

Die Incoterms sind erstmalig 1936 formuliert worden. Die heute in ihnen definierten dreizehn Kurzbezeichnungen waren im internationalen Warenverkehr zu jener Zeit, wie erwähnt, längst üblich. Allerdings legten die nationalen Gerichte diese vom Handel geschaffenen Klauseln nicht überall im gleichen Sinn aus, so dass sich eine gewisse nationale Zersplitterung des Verständnisses der üblich gewordenen Klauseln ergeben hatte. Das veranlasste die Internationale Handelskammer in Paris (International Chamber of Commerce, ICC), unter ihren nationalen Mitgliedsorganisationen zu erheben, wie diese die verbreitetsten Lieferklauseln verstanden. Auf dieser Grundlage entwickelte die ICC eine einheitliche Festlegung des Inhalts der wichtigsten Lieferklauseln des internationalen Warenverkehrs. Seit 1936 haben die Incoterms mehrere Neuauflagen (1953, 1967, 1976, 1980, 1990, 2000) erlebt, die das Regelwerk jeweils der Fortentwicklung der Handelspraxis angepasst haben. Die Neufassungen haben jedoch stets nur Einzelpunkte ergänzt oder modifiziert, nie das Grundgerüst insgesamt geändert. Gegenwärtig ist mit den Incoterms 2000 seit dem 1.1.2000 die sechste Neufassung in Kraft. Auch sie hat gegenüber der vorangehenden Fassung keine grundlegende Änderung, sondern nur einzelne Neuerungen und Ergänzungen gebracht, die freilich im Einzelfall durchaus Bedeutung gewinnen können.

3. Geltung der Incoterms

Die Incoterms sind kein staatlich gesetztes und damit kein automatisch geltendes Recht. Ihre Verfasser haben keine Legitimation, objektives Recht zu setzen. Andererseits stellen die Incoterms nach überwiegender Ansicht im Ganzen auch keine Handelsbräuche dar, die bereits kraft Gewohnheitsrechts gelten und mangels abweichender Parteivereinbarung zu beachten sind. Der gewohnheitsrechtlichen Geltung des gesamten Regelwerks steht zum einen entgegen, dass die Kaufvertragsparteien stets einen einzelnen Incoterm aus dem Angebot der dreizehn alternativen Klauseln aussuchen müssen. Keine dieser Klauseln kann von selbst für den Vertrag gelten. Einer Geltung als Handelsbrauch steht zum andern auch die häufige Änderung von Einzelheiten entgegen. Sofern die Parteien einen Incoterm gewählt haben, können allerdings einzelne seiner Regeln, die seit langem unverändert geblieben sind, inzwischen als Handelsbrauch anzusehen sein, der dann mit der jeweiligen Klausel verbunden ist.

Der Charakter der Incoterms als Angebot dreizehn unterschiedlicher, aber gleichberechtigter Alternativen hat die notwendige Folge, dass die von der ICC gegebene einheitliche Festlegung für jeden Einzelterm nur gilt, wenn die Parteien einen bestimmten Incoterm wirksam in ihrem Vertrag vereinbart haben. Damit stellen die Incoterms der Sache nach international vereinheitlichtes AGB-Recht (Allgemeine Geschäftsbedingungen) dar, das nur Geltung erlangt, wenn die Parteien einen term gewählt haben. Eine Pflicht zur Wahl eines Incoterms besteht in keinem Fall. Eine der Klauseln der Incoterms kommt nur zum Zug, wenn und weil die Parteien von ihrer Nützlichkeit und praktischen Eignung, kurz ihrer Qualität überzeugt waren und sie deshalb in den Vertrag aufgenommen haben.

Ob die Parteien einen Incoterm wirksam in den Vertrag einbezogen haben, richtet sich nicht nach den Incoterms selbst, sondern nach dem dafür maßgebenden Recht, das vorrangig aus internationalem Einheitsrecht wie dem UN-Kaufrecht (CISG) (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)), im Übrigen aus dem Recht folgt, auf das das internationale Privatrecht des befassten Gerichts verweist. Für die Einbeziehung ist grundsätzlich ein Hinweis auf die Incoterms notwendig. Vereinbaren die Parteien z.B. nur „FOB Hamburg“, dann fehlt ein ausdrücklicher Hinweis auf die Incoterms. Es ist unklar, ob diese FOB-Klausel mit dem Inhalt gelten soll, den die Incoterms 2000 festlegen, ob eine frühere Version der Incoterms maßgebend sein soll oder ob auch nur das nationale Verständnis der FOB-Klausel entscheidend sein soll, das von den Festlegungen der ICC abweichen kann. In Deutschland und weiteren Ländern, aber längst nicht überall versteht man „FOB (Verschiffungshafen)“ heute allerdings als eine stillschweigende Bezugnahme auf die Incoterms, und zwar auf die Version, die bei Vertragsschluss in Kraft war. Allerdings empfiehlt die ICC in ihren Vorbemerkungen zu den Incoterms nachdrücklich, Formulierungen wie „FOB Hamburg“ den Zusatz „Incoterms 2000“ (oder der gewünschten Version) hinzuzusetzen, um Streitigkeiten über die Einbeziehungsfrage vorzubeugen.

Die Incoterms räumen ihrerseits konkreteren vertraglichen Abmachungen der Parteien sowie Handelsbräuchen, z.B. auch örtlichen Hafenusancen, jedoch den Vorrang ein. Die Incoterms greifen insoweit nur subsidiär ein, wenn sich aus den Abmachungen oder Bräuchen nichts Abweichendes ergibt. Auch zwingendes nationales Recht geht den Incoterms vor, während dispositives nationales Recht hinter ihnen zurücksteht.

4. Reichweite der Incoterms

Die Incoterms richten sich ausschließlich an Parteien eines Kaufvertrags und behandeln einige besondere Pflichten aus diesem Vertragsverhältnis. Dazu gehören allerdings auch Verpflichtungen, die sich auf den Transport und die Versicherung der Ware und damit auf andere Verträge im Zusammenhang mit der Warenlieferung beziehen. Die Incoterms legen für diesen praktisch ausgesprochen wichtigen Bereich fest, ob und welche der beiden Kaufvertragsparteien zum Abschluss dieser Verträge verpflichtet ist und wer die entsprechenden Kosten zu tragen hat. Zum Teil bestimmen die Incoterms auch, welchen Inhalt der Transport- und Versicherungsvertrag haben muss, worauf also die Kaufvertragspartei, die zum Abschluss dieser Verträge verpflichtet ist, bei deren Abschluss mit dem Beförderer und Versicherer zu achten und was sie sicherzustellen hat. Dagegen legen die Incoterms weder fest, wie der Kaufvertrag zustande kommt, noch, welche Rechte eine Partei hat, wenn die andere den Vertrag verletzt. Auch die Frage des Eigentumsübergangs richtet sich nicht nach den Incoterms, sondern nach dem dafür maßgebenden nationalen Recht (Eigentumsübertragung).

Da die Incoterms längst nicht alle kaufvertraglichen Fragen behandeln, sondern nur eine Teilregelung enthalten, bedarf es neben ihrer Vereinbarung stets einer weiteren Rechtsordnung, um sonstige kaufvertragliche Probleme zu regeln. Diese Rechtsordnung kann und wird häufig das CISG, im Übrigen das kollisionsrechtlich berufene Recht sein, das den Parteien gewöhnlich die Wahl einer bestimmten Rechtsordnung erlauben wird. Die Incoterms verdrängen diese Ordnung, die für den Kaufvertrag grundsätzlich gilt, nur so weit wie sie reichen, lassen sie aber im Übrigen in Kraft. Speziell mit dem CISG sind die Incoterms in Inhalt und Terminologie so weit aufeinander abgestimmt, dass sie sich nahtlos ergänzen. Die Incoterms erlauben gegenüber der allgemeinen Regelung im CISG Variationen des Zeitpunkts und Ortes des Gefahrübergangs und schaffen zum Teil ergänzende Pflichten, die zu den im CISG geregelten Pflichten hinzutreten. Die Geltung des CISG im Übrigen berühren die Incoterms dagegen nicht. Insbesondere bedeuten sie keinen – stillschweigenden – Ausschluss des CISG.

Da die Incoterms wie AGB zu betrachten sind, unterliegen sie prinzipiell der Inhaltskontrolle für vorformulierte Standardbedingungen nach dem anwendbaren nationalen Recht für Allgemeine Geschäftsbedingungen (das CISG regelt die AGB-Kontrolle ebenfalls nicht). Wegen der weltweiten Anerkennung und Verbreitung der Incoterms dürfte es allerdings so gut wie ausgeschlossen sein, dass einzelne Regelungen in den Incoterms oder gar ganze terms dem nationalen Verdikt der Unangemessenheit und AGB-Widrigkeit verfallen. Allenfalls wenn eine Partei den Inhalt einer Klausel standardmäßig verändert, mag dieser Fall in Betracht kommen.

Die Incoterms sind weder verbindlich noch gar zwingend. Die Parteien können ihren Inhalt jederzeit einverständlich abändern und etwa Klauseln, die für den Kauf über See gedacht sind, für andere Transportarten verwenden oder Einzelregelungen eines Einzelterms modifizieren oder ergänzen. Allerdings sollten die erprobten und bewährten Klauseln nur dann abgeändert oder anders als vorgesehen verwendet werden, wenn dafür eine deutliche Notwendigkeit besteht und die Änderung oder anderweitige Verwendung inhaltlich klar und eindeutig ist und nicht Anlass zu Zweifelsfragen und damit Streit zwischen den Parteien bietet.

Gedacht sind die Incoterms nur für den Handel mit Waren. Darunter sind bewegliche Sachen in demselben Sinn zu verstehen, den auch das CISG mit diesem Begriff verbindet. In der Einleitung zu den Incoterms 2000 weist die ICC darauf hin, dass Computersoftware keine körperlich greifbare Ware sei. Die Incoterms bezögen sich daher nicht auf sie. Für Standardcomputerprogramme, die abgepackt in großen Stückzahlen verkauft werden, wird das aber kaum gelten können. Jedenfalls können die Parteien für derartige Käufe ohne weiteres die Geltung eines Incoterms vereinbaren.

Obwohl weitgehend im Seehandel entstanden und für den Schiffstransport gedacht, sind die Incoterms heute nicht nur für den Warenverkehr per Schiff, sondern auch für alle anderen Transportarten verwendbar. Allerdings ist dabei auf die einzelne Klausel zu achten. Einige der Klauseln sind nach wie vor nur geeignet, wenn die Ware mit dem Schiff transportiert werden muss (die Klauseln FAS, FOB, CFR, CIF, DES und DEQ).

Die Incoterms eignen sich keineswegs nur für den internationalen Warenhandel. Sie sind ebenso im internen Handel verwendbar, sofern der Vertrag erfordert, dass die Waren transportiert werden müssen. Auch in diesen reinen Inlandsfällen werden die Incoterms deshalb häufig verwendet. Grundsätzlich sind die Incoterms für den Warenhandel zwischen Kaufleuten gedacht. Sie setzen aber nicht voraus, dass Kaufleute im technischen Sinn beteiligt sind. Auch Privatleute können sich für ihre Kaufgeschäfte der Incoterms bedienen.

5. Auslegung der Incoterms

Obwohl die Incoterms Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichstehen, sind sie nicht wie private Willenserklärungen, sondern ähnlich wie gesetzliche Vorschriften objektiv und nach ihrem Zweck international einheitlich auszulegen (Auslegung des internationalen Einheitsrechts). Einige ihrer Begriffe sind zudem in der Einleitung zu den Incoterms und den Präambeln zu den einzelnen terms näher erläutert. Ergeben sich Auslegungszweifel, ist die englische Originalfassung heranzuziehen.

Es sollte nicht übersehen werden, dass der jeweilige Incoterm stets mit einer möglichst präzisen Ortsangabe versehen werden muss. Erst aus ihr ergibt sich, wo die Ware zu liefern, zu verschiffen oder wohin sie zu transportieren ist. Ist die Angabe unpräzise, dann geben einige Incoterms Auslegungsregeln für ihre Konkretisierung (z.B. DEQ, DDU und DDP jeweils unter A.3a). Fehlt die notwendige Ortsangabe ganz und kann sie auch weder konkludent aus dem Vertrag noch aus Parteigepflogenheiten oder Handelsbrauch erschlossen werden, dann geht der jeweilige Incoterm ins Leere.

6. Inhalt

Im Kern geht es den Incoterms darum, in dreizehn gleichwertigen Varianten den Ort der Lieferung und des damit verbundenen Risikoübergangs sowie den Punkt des Übergangs der sonstigen Kosten und Lasten so präzise wie möglich festzulegen. Alle dreizehn Incoterms sind nach demselben Muster aufgebaut. Sie unterscheiden zwischen den Pflichten des Verkäufers (geregelt unter A. 1–10) und den spiegelbildlichen Pflichten des Käufers (unter B. 1–10). Für beide Seiten werden in stets gleicher Reihenfolge stets dieselben zehn Punkte geregelt. Ihnen ist eine erklärende Präambel vorangestellt, die den wesentlichen Zweck der jeweiligen Klausel und zum Teil auch einzelne Begriffe erläutert. Damit wird den Parteien die Wahl eines bestimmten Incoterm für ihren Vertrag erheblich erleichtert. Mit dieser Wahl ist stets ein ganz bestimmtes Risiko- und Kostenpotential verbunden, das jede Seite bei ihrer Gesamtkalkulation des Kaufgeschäfts zu berücksichtigen hat.

Unter den folgenden Überschriften legen die Incoterms für jeden term jeweils gesondert fest, wen von beiden Parteien bei jedem Einzelpunkt in welchem Umfang welche Pflicht trifft: 1. Lieferung vertragsgemäßer Ware/‌Zahlung des Kaufpreises; 2. Lizenzen, Genehmigungen und Formalitäten; 3. Beförderungs- und Versicherungsvertrag; 4. Lieferung; 5. Gefahrenübergang; 6. Kostenteilung; 7. Benachrichtigung des Käufers/‌Verkäufers; 8. Liefernachweis, Transportdokument oder entsprechende elektronische Mitteilung; 9. Prüfung – Verpackung – Kennzeichnung; 10. Sonstige Verpflichtungen.

In ihrem Aufbau und Regelungsgehalt sind die Incoterms als ein Kontinuum angelegt, das die mit dem Kaufgeschäft verbundenen Zusatzlasten – die Aus- und Einfuhrkosten, die Transport- und Versicherungskosten etc. – von der Seite des Käufers allmählich auf die Seite des Verkäufers verschiebt. Die dreizehn Klauseln sind dazu in vier Gruppen (E-, F-, C- und D-Klauseln) unterteilt, die zwischen der Abholklausel (EXW), bei der der Käufer die Ware beim Verkäufer abzuholen hat, und der Ankunftsklausel, bei der der Verkäufer die Ware dem Käufer sozusagen vollständig vor die Tür stellen muss (DDP), alle denkbaren Abstufungen vorsehen.

Die E‑Gruppe enthält nur einen Incoterm: EXW = Ex works = Ab Werk (…benannter Ort). Diese reine Abholklausel belastet den Käufer am stärksten. Der Käufer muss die Ware am vereinbarten Lieferort abholen, wo sie ihm der Verkäufer nur unverpackt zur Verfügung zu stellen hat. Alles Übrige – Aufladen, Freimachung für den Ex- und Import, Transport und Versicherung – ist Sache des Käufers. Die Gefahr geht mit der Lieferung (dem Bereitstellen) bzw. mit dem Ablauf der dafür vereinbarten Zeit auf den Käufer über.

Gegenüber der Klausel EXW verschieben die drei F-Klauseln FCA, FAS und FOB die Lasten bereits deutlich zugunsten des Käufers. Im Rahmen dieser Klauseln hat der Verkäufer die Ware für den Export freizumachen und die entsprechenden Kosten zu tragen. Er muss die Ware ferner, soweit erforderlich, für den Transport verpacken und hat sie auf eigene Kosten bis zu ihrem vereinbarten Abgangsort, beim Seetransport bis zum Schiff zu transportieren, das der Käufer auf eigene Kosten zu besorgen hat, der auch alle weiter entstehenden Kosten und Lasten, z.B. für die Durchfuhr durch andere Länder, tragen muss. Unter den F-Klauseln eignet sich die Klausel FCA = Free carrier = Frei Frachtführer (…benannter Ort) für jede Transportart. Der Verkäufer muss bei ihr die Ware dem Frachtführer übergeben und ggfs. aufladen. Damit geht auch die Gefahr auf den Käufer über. Um den Frachtvertrag und eine Transportversicherung hat sich der Käufer zu kümmern und die Kosten dafür zu tragen. Nur für den Schiffstransport eignen sich die Klauseln FAS und FOB. Die Klausel FAS = Free alongside ship = Frei Längsseite Schiff (…benannter Verschiffungshafen) entspricht der FCA-Klausel, verlangt aber, dass der Verkäufer die Ware an der Längsseite des vorgesehenen Transportschiffs im Verschiffungshafen bereitstellt. Dann gehen auch erst das Risiko und die Last der anfallenden Kosten auf den Käufer über. Diesen Zeitpunkt des Risiko- und Kostenübergangs verschiebt die häufig verwendete Klausel FOB = Free on board = Frei an Bord (…benannter Verschiffungshafen) noch etwas weiter zugunsten des Käufers. Bei FOB muss der Verkäufer die Ware an Bord des Schiffes liefern. Die Gefahr und die Kostenlast geht auf den Käufer erst über, wenn die Ware – erstmals – die Reling des Schiffes überschreitet.

Eine weitere deutliche Verbesserung für den Käufer bringen die vier C-Klauseln mit sich. Die Lieferung hat zwar wie unter den F-Klauseln zu erfolgen; auch die Gefahr geht wie nach den F-Klauseln am Abgangsort auf den Käufer über. Ebenso folgt die Verteilung der Freimachungskosten dem Gefahrübergang. Der Verkäufer hat nunmehr aber zusätzlich die Kosten des Transports bis zum Bestimmungsort/‌-hafen zu tragen und zum Teil den Transport auch zu versichern. Der Punkt, an dem die Gefahr übergeht, und der Punkt, an dem die Kostenlast für Transport und ggfs. Versicherung auf den Käufer übergeht, decken sich bei den C-Klauseln im Gegensatz zu den anderen Klauseln nicht. Die C-Klauseln werden daher auch als Zweipunktklauseln im Unterschied zu den übrigen Einpunktklauseln bezeichnet. Innerhalb der C-Klauseln gelten CFR und CIF für Waren, die mit dem Schiff zu transportieren sind, CPT und CIP für alle Transportarten. CFR = Cost, freight = Kosten und Fracht (…benannter Bestimmungshafen) bedeutet, dass der Verkäufer alle Transportkosten bis zum Bestimmungshafen der Ware tragen muss. Die Gefahr geht jedoch nach wie vor mit Überschreiten der Schiffsreling im Verschiffungshafen auf den Käufer über. Die Klausel CIF = Cost, insurance, freight = Kosten, Versicherung, Fracht (…benannter Bestimmungshafen) erweitert die Pflichten des Verkäufers unter der CFR-Klausel noch um die Pflicht, die Ware zugunsten des Käufers für den Transport angemessen zu versichern und die Kosten auch dafür zu tragen. CIF ist der wohl am meisten gebräuchliche Incoterm. Die Klausel CPT = Cost paid to = Frachtfrei (…benannter Bestimmungsort) entspricht der Klausel CFR, gilt jedoch für alle Transportarten und lässt die Gefahr bei der Lieferung (Übergabe) der Ware an den ersten selbständigen Beförderer auf den Käufer übergehen. Die Klausel CIP = Cost, insurance paid = Frachtfrei versichert (…benannter Bestimmungsort) übernimmt die Regelung der CIF-Klausel für alle Transportarten.

Die für den Käufer komfortabelste Gruppe sind die D-Klauseln. Umgekehrt belasten sie den Verkäufer am stärksten. Sie stellen Ankunftsklauseln dar. Der Lieferort liegt bei ihnen gewöhnlich nicht mehr im Land des Verkäufers, sondern im Land des Käufers. Der Verkäufer muss die Ware dorthin schaffen und insoweit die Transportkosten und alle im Übrigen bis dahin anfallenden Kosten übernehmen. Dazu gehören nun auch Kosten für die Durchfuhr durch andere Länder. Auch die Gefahr geht erst mit der Lieferung am vereinbarten Lieferort auf den Käufer über. Von den fünf D-Klauseln eignen sich DES und DEQ nur für mit dem Schiff transportierte Waren, DAF, DDU und DDP dagegen für alle Transportarten. Die Klausel DAF = Delivered at frontier = geliefert Grenze (…benannter Ort) verpflichtet den Verkäufer, die Ware am vereinbarten Grenzort unentladen und für die Ausfuhr freigemacht zur Verfügung zu stellen. Um die Entladung, Einfuhr und den Weitertransport muss sich der Käufer kümmern. Die gleiche Regelung trifft die Klausel DES = Delivered ex ship = geliefert ab Schiff (…benannter Bestimmungshafen) für den Schiffstransport. Es ist Sache des Käufers, die Ware aus dem Schiff im Bestimmungshafen zu entladen, sie für den Import freizumachen und weiterzubefördern. Bei der Klausel DEQ = Delivered ex quai = geliefert am Kai (…benannter Bestimmungshafen) hat dagegen der Verkäufer für die Entladung der Ware zu sorgen und die Ware am Kai bereitzustellen. Die Einfuhrfreimachung bleibt aber Sache des Käufers. Die Klausel DDU = Delivered duty unpaid = geliefert unverzollt (…benannter Bestimmungsort) verpflichtet den Verkäufer zur Lieferung am vereinbarten Ort und zur Freimachung für den Export und etwaige Durchfuhren. Lieferung bedeutet nur, die Ware unentladen am Lieferort fristgerecht zur Verfügung zu stellen. Alles Weitere hat dann der Käufer zu erledigen und die Kosten dafür zu tragen. Auch noch die Restpflichten des Käufers, die Ware für den Import freizumachen und ggfs. Einfuhrzoll zu zahlen, entfallen unter der Klausel DDP = Delivered duty paid = geliefert verzollt (…benannter Bestimmungsort). Lediglich die Entladung fällt dem Käufer hier zur Last. Diese Klausel stellt für den Käufer die bequemste, für den Verkäufer die belastendste Variante dar.

7. Zukunft

Für die Erleichterung des internationalen Warenverkehrs leisten die Incoterms bemerkenswerte Dienste. Sie ergänzen die bisherigen staatlichen Bemühungen zur Vereinheitlichung des internationalen Handelsrechts auf eine sinnvolle, den Parteiinteressen besonders angemessene Weise. Die rasche Anpassung der Incoterms an Veränderungen der Handelspraxis, etwa an den Containerverkehr und die Nutzung elektronischer Kommunikation, hat gewährleistet, dass sie ihre praktische Nützlichkeit bewahrt haben. Ihre institutionelle Verankerung bei der ICC sichert, dass sie auch künftigen Veränderungen rasch und flexibel angepasst werden können. Gegenwärtig bereitet die ICC schon die nächste Neufassung vor. Diese Incoterms 3000 werden weiteren technischen Neuerungen Rechnung tragen und in ihrem Wortlaut auch etwas benutzerfreundlicher ausfallen. Sie dürften voraussichtlich 2010 verabschiedet werden.

Literatur

Frédéric Eisemann, Die Incoterms im internationalen Warenkaufrecht, 1967; Jürgen Basedow, Die Incoterms und der Container oder wie man kodifizierte Usancen reformiert, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 43 (1979) 116 ff.; Frédéric Eisemann, Werner Melis, Incoterms 1980, 1982; Jan Ramberg, Incoterms 2000, ICC Publication No. 620, 1999; Jens Bredow, Bodo Seiffert, Incoterms 2000, 2000; Burghard Piltz, Incoterms 2000, Recht der Internationalen Wirtschaft 2000, 485 ff.; Wolfgang Lehr, Die neuen Incoterms 2000, Versicherungsrecht 2000, 548 ff.; Ulrich Magnus, Jan Lüsing, CISG und INCOTERMS, Leistungsverzug und Fixgeschäft, Internationales Handelsrecht 2007, 1 ff.; Adolf Baumbach, Klaus J. Hopt, Hanno Merkt, Handelsgesetzbuch, 34. Aufl. 2009.

Abgerufen von Incoterms – HWB-EuP 2009 am 22. November 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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