Überweisungsverkehr (grenzüberschreitender): Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 8. September 2021, 10:59 Uhr
von Jan von Hein
1. Einleitung
Trotz der Einführung des Euro und der primärrechtlichen Gewährleistung des freien Zahlungsverkehrs (Art. 56 EG) war der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr (Überweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen) bis vor kurzer Zeit durch eine weitgehende rechtliche und technologische Fragmentierung der mitgliedstaatlichen Rahmenbedingungen geprägt. Nach verschiedenen Harmonisierungsschritten, deren Erfolg eher negativ beurteilt wird, sieht die jüngst verabschiedete RL 2007/64 vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt nun die Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsraums (Single Euro Payment Area) vor (Zahlungsdienste-RL; Artikel ohne Gesetzesangabe beziehen sich im Folgenden auf diese RL). Die RL bietet eine harmonisierte Rechtsgrundlage für Überweisungen und sonstige Zahlungsdienste im Europäischen Binnenmarkt, unabhängig davon, ob der Zahlungsvorgang eine mitgliedstaatliche Grenze überschreitet. Die Zahlungsdienste-RL stellt, abgesehen von enumerativ aufgeführten Ausnahmen, eine Maßnahme der Vollharmonisierung dar (Art. 86).
2. Harmonisierungsschritte
Die bisherige Harmonisierung im Bereich des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs war durch eine Zersplitterung hinsichtlich der Regelungsgegenstände und der gewählten Regelungsformen charakterisiert. Das Recht der grenzüberschreitenden Überweisungen war durch die RL 97/5 harmonisiert worden, die der deutsche Gesetzgeber überschießend umgesetzt, d.h. auch auf inländische Überweisungen erstreckt hat (§§ 676a ff. BGB in der Fassung des Überweisungsgesetzes vom 1999). Die Überweisungs-RL war durch das UNCITRAL-Modellgesetz von 1992 beeinflusst worden. Hinzu kommt die VO 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, aufgrund derer für grenzüberschreitende Überweisungen und Kartenzahlungen i.H.v. bis zu EUR 50.000 kein höheres Entgelt erhoben werden darf als für eine vergleichbare Inlandszahlung. Die Empfehlungen der Europäischen Kommission (KOM(88) 590 endg., KOM(97) 489 endg.) beziehen sich hingegen allein auf Kartenzahlungen. Angesichts der wirtschaftlichen Funktionsäquivalenz der unterschiedlichen Zahlungsdienste war diese Fragmentierung dogmatisch und praktisch unbefriedigend. Die Zahlungsdienste-RL erfasst hingegen nach Art. 4 Nr. 3 nun die Schaffung eines einheitlichen Euro-Zahlungsraums (Single Euro Payment Area) und alle im Anhang aufgeführten Zahlungsdienste (insbesondere Überweisungen, Lastschriften, Kartenzahlungen). Hierin liegt ungeachtet diskutabler Schwächen im Detail – Wechsel und Schecks sind wegen der existierenden Genfer Übereinkommen nicht einbezogen (Art. 3(g)) – ein begrüßenswerter Schritt zur Entwicklung einer kohärenten europäischen Dogmatik des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Während die Überweisungs-RL aufgehoben und die Empfehlungen zu Kartenzahlungen vom Vorrang der Zahlungsdienste-RL verdrängt werden, bleibt VO 2560/2001 in Kraft.
3. Räumlicher Anwendungsbereich der Zahlungsdienste-RL
Die Richtlinie gilt für alle Zahlungsdienste i.S.d. Art. 4 Nr. 3, die innerhalb der Gemeinschaft geleistet werden (Art. 2(1)1). Enger definiert ist der Anwendungsbereich der Titel III und IV, die das Vertragsrecht der Zahlungsdienste harmonisieren. Titel III betrifft die Transparenz der Vertragsbedingungen und Informationspflichten für Zahlungsdienste; Titel IV regelt die Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten. Diese beiden Titel gelten (mit Ausnahme des Art. 73, der das Wertstellungsdatum und die Verfügbarkeit von Geldbeträgen festlegt) nur, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der des Zahlungsempfängers in der Gemeinschaft ansässig sind oder – falls nur ein einziger Zahlungsdienstleister an dem Zahlungsvorgang beteiligt ist – dieser in der Gemeinschaft ansässig ist (Art. 2(1)2). Zudem setzt die Anwendbarkeit der Titel III und IV voraus, dass die jeweiligen Zahlungsdienste in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaates außerhalb der Eurozone erbracht werden (Art. 2 (2)). Entgegen dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission werden Zahlungsdienstleister aus Drittstaaten (z.B. den USA) nicht einbezogen. Insbesondere im Verhältnis zu den USA ist die Inanspruchnahme einer amerikanischen Regelungszuständigkeit für Dollar-Überweisungen im Ausland problematisch. Die Anwendung der Richtlinie auf Zahlungsdienstleister aus den EWR-Staaten und der Schweiz ergibt sich aus der EWR-Schlussakte bzw. den entsprechenden euro-helvetischen Verträgen.
4. Anbieter, insbesondere Zahlungsinstitute
Die Zahlungsdienste-RL erlaubt die Erbringung von Zahlungsdiensten nicht nur Kreditinstituten, die auch das Einlagengeschäft betreiben, sondern jedem der in Art. 1(1) bestimmten „Zahlungsdienstleister“. Dazu gehören nicht nur herkömmliche Kredit- und E-Geld-Institute, sondern auch „Zahlungsinstitute“, d.h. jede juristische Person, die nach Art. 10 eine Zulassung für die gemeinschaftsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten erhalten hat. Dieser in Deutschland vielfach kritisierte Ansatz entspricht dem britischen Banking Act 2009, der allein das Einlagengeschäft, nicht aber den Zahlungsverkehr als Bankgeschäft einstuft. Überdies kann nach Art. 26 natürlichen Personen und Kleinunternehmen eine Ausnahmegenehmigung für die Erbringung von Zahlungsdiensten erteilt werden. Hiervon verspricht man sich eine Verbesserung der Aufsicht über den existierenden Graumarkt im Bereich der Finanztransfers.
5. Aufsichtsrechtliche Regelungen
Die Zahlungsdienste-RL enthält ausführliche Regelungen zur Aufsicht über Zahlungsinstitute (Art. 5–27), während andere Zahlungsdienstleister nur rudimentär erfasst sind (Diskriminierungsverbot, Art. 28; Untersagungsvorbehalt, Art. 29). Dies ist darauf zurückzuführen, dass Kredit- und E-Geld-Institute anders als bloße Zahlungsinstitute bereits den aufsichtsrechtlichen Erfordernissen der insoweit einschlägigen Richtlinien unterliegen (Aufsicht über Finanzdienstleistungen). Auch die Zahlungsdienste-RL basiert auf den Grundsätzen des Europäischen Passes und der Herkunftslandkontrolle. Die Zahlungsdienste-RL regelt die allgemeinen Zulassungserfordernisse (Art. 5), insbesondere das notwendige Anfangskapital und die entsprechenden Eigenmittel (Art. 7, 8). Entscheidend ist die Abgrenzung der Geschäftsfelder der Zahlungsinstitute von denen der Kredit- und E-Geld-Institute. Das Einlagen- und Kreditgeschäft ist den bloßen Zahlungsinstituten ebenso untersagt wie die Ausgabe von E-Geld (Art. 16). Die Praxistauglichkeit der vorgesehenen Abgrenzungskriterien muss sich noch erweisen.
6. Vertragsrechtliche Regelungen
a) Unterscheidung von Einzelzahlungen und Rahmenverträgen
Die Zahlungsdienste-RL erfasst sowohl Einzelzahlungen, die nicht Gegenstand eines Rahmenvertrages (i.S.d. Art. 4 Nr. 12) sind (Art. 35), als auch Zahlungsvorgänge, die Gegenstand eines Rahmenvertrages sind (Art. 40). Letztere dominieren in der Praxis (Erwägungsgrund 24). Als Einzelzahlung kommt die ohne Girovertrag (§ 676f BGB) auszuführende Barüberweisung in Betracht. Bei Konto-zu-Konto-Überweisungen liegt hingegen ein Girovertrag als Rahmenvertrag zugrunde. Der Begriff des „Zahlungsvorgangs“ wird legaldefiniert als „die bzw. der vom Zahler oder Zahlungsempfänger ausgelöste Bereitstellung, Transfer oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von etwaigen zugrunde liegenden Verpflichtungen im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger“ (Art. 4 Nr. 5). Davon zu unterscheiden ist der zugrunde liegende „Zahlungsauftrag“ i.S.d. Art. 4 Nr. 16, d.h. jeder „Auftrag, den ein Zahler oder Zahlungsempfänger seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs erteilt“. Auch Zahlungsvorgänge, die aufgrund eines Rahmenvertrages abgewickelt werden, setzen jeweils einen Zahlungsauftrag voraus, wie sich aus der für Rahmenverträge geltenden Informationsverpflichtung hinsichtlich der „ordnungsgemäße[n] Ausführung eines Zahlungsauftrags“ ergibt (Art. 42 Nr. 2(a)). Ob der Zahlungsauftrag selbst Vertragscharakter hat (so der geltende § 676a BGB) oder ob es richtlinienkonform wäre, den Zahlungsauftrag – wie im deutschen Recht vor der Umsetzung der Überweisungs-RL – lediglich als Weisung im Rahmen des Girovertragsverhältnisses zu qualifizieren, sagt die Zahlungsdienste-RL zwar nicht ausdrücklich; die einheitliche Verwendung des Terminus „Zahlungsauftrag“ sowohl für Einzelzahlungen, die einen spezifischen Vertragsabschluss voraussetzen (Art. 36), als auch als Grundlage für Zahlungsvorgänge aufgrund eines Rahmenvertrages spricht aber für eine Beibehaltung der gegenwärtigen gesetzgeberischen Konzeption, die den Girovertrag als einen gemischttypischen Vertrag ansieht, der neben eigenständigen auch ausführende Elemente des Überweisungsvertrags enthält.
b) Informationspflichten
In Bezug auf Art und Umfang der Informationspflichten wird zwischen Einzelzahlungen und Zahlungen aufgrund eines Rahmenvertrages unterschieden. Ein Girovertrag muss als Rahmenvertrag die Anforderungen des Art. 42 Zahlungsdienste-RL erfüllen, d.h. er muss die dort im Einzelnen aufgeführten Informationen über den Zahlungsdienstleister, die Nutzung des Zahlungsdienstes, Entgelte, Zinsen und Wechselkurse, die Kommunikation zwischen den Parteien, Schutz- und Abhilfemaßnahmen, Bedingungen der Änderung und Kündigung des Rahmenvertrages (Art. 44, 45), die Vertragslaufzeit, das auf den Rahmenvertrag anwendbare Recht und die zuständigen Gerichte sowie sonstige Streitbeilegungsverfahren enthalten. Art. 46–48 Zahlungsdienste-RL betreffen die bei einzelnen Zahlungsvorgängen mitzuteilenden Informationen.
c) Entgelte
Gemäß Art. 67(1) sind Zahlungsdienstleister grundsätzlich verpflichtet, den Betrag in voller Höhe zu transferieren und keine Entgelte vom transferierten Betrag abzuziehen. Dies wird mit dem Interesse an einer vollautomatisierten Abwicklung von Zahlungen und dem Interesse an Rechtssicherheit begründet (Erwägungsgrund 40). Abweichende Vereinbarungen sind in Grenzen möglich; es muss aber stets sichergestellt sein, dass der Empfänger die Zahlung in vollständiger Höhe erhält bzw. entsprechend informiert wird (Art. 67(2), (3)). Entgelte für Informations- und Nebenpflichten dürfen nur innerhalb des von Art. 52 gezogenen Rahmens erhoben werden; sie müssen angemessen und an den tatsächlichen Kosten ausgerichtet sein.
d) Autorisierung von Zahlungsvorgängen
Ein Zahlungsvorgang gilt nur dann als vom Zahler autorisiert, wenn dieser zugestimmt hat (Art. 54(1)1). Die Zustimmung bedarf der zwischen den Parteien vereinbarten Form (Art. 54 (2)). Sie kann im voraus oder – sofern vereinbart – nachträglich erteilt werden (Art. 54(1)2). Die Beweislast für den Nachweis der Autorisierung und die ordnungsgemäße Ausführung eines Zahlungsvorgangs legt Art. 59 dem Zahlungsdienstleister auf. Bei einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang sieht Art. 60 eine Erstattungspflicht des Zahlungsdienstleisters vor. Allerdings haftet der Zahler bei vorsätzlicher oder grober Fahrlässigkeit (z.B. bei der Verwahrung der EC- oder Maestro-Karte, die sodann zur Überweisung an einem Terminal eingesetzt wird) auf Schadensersatz; Einzelheiten regelt Art. 61.
e) Ausführung von Zahlungsvorgängen
Die Zahlungsdienste-RL enthält ferner detaillierte Regelungen über den Eingang, die Ablehnung und die Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen (Art. 64–66). Der Zahlungsdienstleister muss bei Zahlungsvorgängen in Euro (Art. 68 (1)(a); für Währungen eines Mitgliedstaates außerhalb der Eurozone gelten die in lit. b und c festgelegten Voraussetzungen) sicherstellen, dass ab dem Eingang des Zahlungsauftrags der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, spätestens am Ende des folgenden Geschäftstages dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird (Art. 69(1)1). Diese sog. d+1-Regel ist eine erhebliche Verkürzung der bisher geltenden Ausführungsfristen von fünf (Ausland) bzw. drei (Inland) Tagen (§ 676a Abs. 2 S. 2 BGB); für eine Übergangszeit bis zum 1.1.2012 können Zahler und Zahlungsdienstleister deshalb eine längere Frist von maximal drei Geschäftstagen vereinbaren (Art. 69(1)2). Wird ein Zahlungsvorgang in Papierform angewiesen, verlängert sich die zulässige Frist um einen Tag (Art. 69(1)3). Für andere als die in Art. 68(1) genannten innergemeinschaftlichen Zahlungsvorgänge kann eine Frist von maximal vier Tagen vereinbart werden (Art. 69(2)2).
f) Haftung bei fehlerhaften oder nicht ausgeführten Zahlungsvorgängen
Der Zahlungsdienstleister haftet unter den in Art. 75 im Einzelnen geregelten Voraussetzungen für eine nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung des Zahlungsauftrages. Für die Überweisung gilt Art. 75(1), der vom Zahler ausgelöste Zahlungsaufträge betrifft. Zwar handelt es sich entgegen dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag nicht mehr explizit um eine verschuldensunabhängige Haftung. Die Exkulpationsmöglichkeiten des Zahlungsdienstleisters sind aber sehr begrenzt. Erwägungsgrund 46 führt hierzu aus: „Ein reibungslos und zügig funktionierendes Zahlungssystem setzt voraus, dass der Nutzer sich auf die ordnungsgemäße und fristgerechte Ausführung seiner Zahlung durch den Zahlungsdienstleister verlassen kann. In der Regel ist der Zahlungsdienstleister in der Lage, die mit einem Zahlungsvorgang verbundenen Risiken einzuschätzen. Er ist es, der das Zahlungssystem vorgibt, Vorkehrungen trifft, um fehlgeleitete oder falsch zugewiesene Geldbeträge zurückzurufen, und in den meisten Fällen darüber entscheidet, welche zwischengeschalteten Stellen an der Ausführung eines Zahlungsvorgangs beteiligt werden. Daher ist es außer im Falle ungewöhnlicher und unvorhersehbarer Ereignisse voll und ganz gerechtfertigt, dem Zahlungsdienstleister für die Ausführung eines vom Nutzer entgegengenommenen Zahlungsauftrags die Haftung zu übertragen, wobei die Handlungen und Unterlassungen des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers, für deren Auswahl allein der Zahlungsempfänger verantwortlich ist, ausgenommen sind.“ Der Haftungsausschluss für unvorhersehbare Ereignisse findet sich in Art. 78. Trotz der auf den ersten Blick streng anmutenden Haftung ergibt sich eine deutliche Privilegierung der Zahlungsdienstleister durch die Vorschrift über fehlerhafte „Kundenidentifikatoren“ (Art. 74). Darunter versteht man vom Zahlungsdienstnutzer angegebene Kombination aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen, anhand derer der Zahlungsempfänger und/oder dessen Konto ermittelt werden kann (Art. 4 Nr. 21). Wird der Zahlungsauftrag in Übereinstimmung mit diesem „Kundenidentifikator“ abgewickelt, so gilt er im Hinblick auf die Identität des Zahlungsempfängers als korrekt ausgeführt (Art. 74(1)). Hat der Zahlungsdienstnutzer den Identifikator fehlerhaft angegeben, ist die Haftung des Zahlungsdienstleisters ausgeschlossen (Art. 74 (2)1); er soll sich jedoch bemühen, im Rahmen des Zumutbaren an der Wiedererlangung des fehlgeleiteten Betrages mitzuwirken. Zieht man in Betracht, dass die gängigen Kundenidentifikatoren, die Internationale Bankkontonummer (IBAN) und die internationale Bankkontonummer (BIC) 22 bzw. 11 Stellen aufweisen, ist es im Lichte des Verbraucherschutzes nicht unbedenklich, die Zahlungsdienstleister von jeglicher Verpflichtung zu entlasten, Unstimmigkeiten in Bezug auf die namentliche Bezeichnung des Zahlungsempfängers nachzugehen. In zeitlicher Hinsicht wird die Haftung des Zahlungsdienstleisters durch die in Art. 58 niedergelegte Ausschlussfrist begrenzt (Anzeige nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge unverzüglich, spätestens aber 13 Monate nach dem Tag der Belastung). Das einzelstaatliche Recht kann eine zusätzliche Entschädigung vorsehen (Art. 76). Der gegenüber dem Kunden haftpflichtige Zahlungsdienstleister kann weitere Zahlungsdienstleister oder zwischengeschaltete Stellen gemäß Art. 77 in Regress nehmen.
7. Internationales Privatrecht
Da die Zahlungsdienste-RL grundsätzlich eine Maßnahme der Vollharmonisierung darstellt (Art. 86), verliert die Bestimmung des anwendbaren mitgliedstaatlichen Rechts im Geltungsbereich der Richtlinie erheblich an praktischer Bedeutung. Es verbleiben aber Spielräume für die in Art. 86 genannten Ausnahmen. Zudem lässt die Richtlinie Rechtsvorschriften, die die Rechtsfolgen in Bezug auf die Haftung für ungenaue Formulierungen oder Fehler bei der Übermittlung von Angaben betreffen, unberührt (Erwägungsgrund 53). Auch in Bezug auf die Entschädigung bei nicht autorisierten oder fehlerhaften Zahlungsvorgängen kann das einzelstaatlichere Recht großzügigere Regelungen vorsehen (Art. 60(2), Art. 76). Die Bedeutung der Bestimmung des anwendbaren Rechts wird auch durch Art. 42 Nr. 7 lit. a verdeutlicht, der vorschreibt, dass die Vertragsklauseln das auf den Rahmenvertrag anwendbare Recht bezeichnen müssen. Die Richtlinie selbst enthält indes – abgesehen von der Festlegung ihres räumlichen Geltungsbereichs in Art. 2 – keine eigenständigen Kollisionsnormen. Für vertragliche Ansprüche gelten daher die allgemeinen Regeln der Rom I-VO (VO 593/2008), wie auch der Verweis auf die verbraucherschützenden Kollisionsnormen des Römischen Schuldvertragsübereinkommen in Erwägungsgrund 51 unterstreicht. Bei Überweisungsverträgen handelt es sich sowohl bei Einzelzahlungen als auch Zahlungen aufgrund eines Rahmenvertrages um Dienstleistungsverträge, die dem Recht des Staates unterliegen, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 4(1)(b) Rom I-VO). Der gewöhnliche Aufenthalt ist bei juristischen Personen entweder der Sitz der Hauptverwaltung oder der beteiligten Zweigniederlassung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Art. 19 Rom I-VO). Eine Rechtswahl ist vorrangig (Art. 3 Rom I-VO), darf aber im Verhältnis zu Verbrauchern nicht dazu führen, dass diesen der Schutz entzogen wird, den sie nach dem Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts genießen, sofern der Dienstleister seine Tätigkeit auf diesen Staat ausgerichtet hat (Art. 6 Rom I-VO). Das anwendbare Recht ist für jedes Rechtsverhältnis gesondert zu bestimmen. Außervertragliche Ansprüche, insbesondere solche bereicherungsrechtlicher Natur, unterliegen der Rom II-VO (VO 864/2007) (Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)). Auch hier gilt eine gesonderte Betrachtung innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen. Direktansprüche des Überweisenden gegen zwischengeschaltete Banken, die im deutschen Recht zum Teil aus der Figur des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte hergeleitet werden, sind im Kontext der Rom-Verordnungen allenfalls als außervertragliche Ansprüche denkbar.
Literatur
Ulrich Burgard, Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2006, 2065 ff.; Dorothee Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht: Nationale und Internationale Bankgeschäfte, 2006, § 6, 157 ff.; Michael Gruson, Die Regelungszuständigkeit der Vereinigten Staaten für ausländische Dollar-Überweisungen und Dollar-Konten, Recht der Internationalen Wirtschaft 2006, 241 ff.; Christian Hofmann, Das Haftungsregime für Kartenzahlungssysteme im europäischen Rechtsvergleich: Eine Bestandsaufnahme vor dem Hintergrund des Vorschlags für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft 106 (2007) 174 ff.; Ulrich Kulke, Die Zahlungsverkehrsrichtlinie und ihre Konsequenzen für den Verbraucher, Verbraucher und Recht 2007, 364 ff.; Mareike Lohmann, Christian Koch, Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2008, 57 ff.; Cornelia Manger-Nestler, Der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum vor dem Hintergrund der Payment Service Directive, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2008, 332 ff.; Frank-Christian Pauli, Wenn der Empfänger zur (Konto‑)Nummer wird: Ein kleiner Fehler des AG München und ein gravierender Fehler des europäischen Gesetzgebers, Neue Juristische Wochenschrift 2008, 2229 ff.; Rhys Bollen, Harmonisation of International Payment Law: A Survey of the Uncitral Model Law on Credit Transfers (Parts I and II), Journal of International Banking Law and Regulation 2008, 44 ff.; 105 ff.; Sideek M. Seyad, A Critical Assessment of the Payment Services Directive, Journal of International Banking Law and Regulation 2008, 218 ff.