Schiedsverfahren, internationales und Schiffskauf: Unterschied zwischen den Seiten

Aus HWB-EuP 2009
(Unterschied zwischen Seiten)
K 1 Version importiert
 
de>Jentz
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
von ''[[Martin Illmer]]''
von ''[[Tjard-Niklas Trümper]]''
== 1. Begriff und Gegenstand ==
== 1. Begriff und Abgrenzung ==
Das Schiedsverfahren ist eine Form der alternativen Streitbeilegung, die nahezu weltweit Anerkennung findet und insbesondere im internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehr in Form der privaten Schiedsgerichtsbarkeit von zentraler Bedeutung ist. Die Parteien wählen sie aus den verschiedensten Gründen (etwa kürzerer Dauer als staatliche Verfahren, geringere Kosten, Vertraulichkeit, Expertise der Schiedsrichter, flexibles Verfahren mit eigenem Gestaltungsspielraum, Waffengleichheit und Neutralität von Ort und Schiedsrichtern, effiziente Vollstreckung im grenzüberschreitenden Kontext). Die private Schiedsgerichtsbarkeit unterscheidet sich nach Rechtsgrundlage, Parteien und Verfahrensgegenstand von anderen Formen, etwa einer gesetzlich angeordneten Schiedsgerichtsbarkeit (wie sie etwa in den früheren sozialistischen Staaten bestand), der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit (häufig basierend auf völkerrechtlichen Investitionsverträgen), arbeitsrechtliche Schiedsverfahren und völkerrechtlichen Schiedsverfahren zwischen Staaten.
Der praxisgeprägte Begriff „Schiffskauf“ (''ship sale and purchase'', ''vente du navire'', ''vendita di nave'', ''compraventa de buque'', ''skeppsförsäljning'', ''schipkoop'') bezeichnet den Vorgang der vollständigen wirtschaftlichen Übertragung eines Schiffes von einer Person auf eine andere. Der Begriff reicht damit über einen ausschließlich schuldrechtlich verpflichtenden [[Kauf]](vertrag) hinaus und umfasst auch die eigentumsrechtliche Zuordnung des Schiffes, bezeichnet also auch das Erfüllungsgeschäft ([[Eigentumsübertragung (beweglicher Sachen)|Eigentumsübertragung]]). Wie beim gewöhnlichen Kaufvertrag heißen die Parteien beim Schiffskauf Käufer (''buyer'', ''acheteur'', ''compratore'', ''comprador'', ''köpare'', ''koper'') und Verkäufer (''seller'', ''vendeur'', ''venditore'', ''vendedor'', ''säljare'', ''verkoper'').


Die private Schiedsgerichtsbarkeit lässt sich definieren als eine von den Parteien vertraglich vereinbarte Form der Streitbeilegung durch eine oder mehrere von den Parteien direkt oder indirekt eingesetzte Privatperson(en) anstelle staatlicher Gerichte. Die Entscheidung in Form eines Schiedsspruchs hat urteilsgleiche Wirkungen: Der Schiedsspruch hat ''res iudicata'' Wirkung; er ist für die Parteien bindend und aus ihm kann bei ausländischen Schiedssprüchen erst nach einem Anerkennungsverfahren ([[Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche]]) – vollstreckt werden.
Aufgrund der vollständigen Übertragung des Schiffes, also auch des Eigentums am Schiff, muss der Schiffskauf von anderen Schiffsüberlassungsverträgen ([[Chartervertrag) unterschieden werden. Bei Charterverträgen behält der Eigner bzw. ''owner'' – wie es die Bezeichnung schon nahe legt immer das Eigentum am Schiff.


Die private Schiedsgerichtsbarkeit ist von anderen Formen der alternativen Streitbeilegung abzugrenzen. Das grundlegende strukturelle Unterscheidungsmerkmal besteht darin, dass nur das Schiedsgericht den Rechtsstreit für die Parteien verbindlich durch einen vollstreckbaren Ausspruch entscheidet. An der Vergleichsverhandlung (''negotiation'') sind allein die Parteien beteiligt; sie selbst handeln den Vergleich aus. Bei der [[Mediation]] ist mit dem Mediator eine dritte, neutrale Person beteiligt. Diese entscheidet den Rechtsstreit jedoch nicht. Sie unterbreitet in der Regel auch keinen Lösungsvorschlag, sondern führt die Parteien zu einer von ihnen selbst entwickelten Lösung. An der Schlichtung (''conciliation'') ist mit dem Schlichter ebenfalls eine dritte Person beteiligt. Anders als der Mediator macht der Schlichter nach Anhörung der Parteien zwar regelmäßig einen Vorschlag zur Lösung der Streitigkeit. Diesen können die Parteien jedoch annehmen oder ablehnen.
Außerdem umfasst der Schiffskauf im Gegensatz zu Neubauverträgen nur den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand, also bereits gebrauchter Schiffe. Neubauverträge stellen gewöhnlich keine [[Kauf]]-, sondern [[Werkvertrag|Werkverträge]] dar. Diese Unterscheidung ist dadurch gerechtfertigt, dass die praktischen Probleme bei Schiffsneubauten andere sind als bei gebrauchten Schiffen.


Etwas anders verläuft die Abgrenzung zum Schiedsgutachten (''expert determination'','' expertise amiable'') einschließlich der Qualitätsarbitrage (im englischen missverständlich ''commodity arbitration''). Dort entscheidet zwar eine dritte Person verbindlich, doch betrifft diese Entscheidung nicht den Rechtsstreit in seiner Gesamtheit unter Ausschluss der staatlichen Ge-richtsbarkeit, sondern lediglich ein Element der Entscheidung, insbesondere die Feststellung einzelner Tatsachen oder Rechtsfragen.
== 2. Besonderheiten des Kaufgegenstands ==
Seine besondere Prägung erhält der Schiffskauf durch den Kaufgegenstand „Schiff“. Unter einem Schiff versteht man gemeinhin einen schwimmfähigen Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der geeignet und bestimmt ist, auf oder unter dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen (vgl. für Deutschland: BGH, 14.12.1951, NJW&nbsp;1952, 1135; für England: sec. 313 Abs. 1 ''Merchant Shipping Act 1995'', ''Marine Craft Constructors Ltd. v. Erland Blomquist (Engineers) Ltd. ''<nowiki>[1953] 1&nbsp;Lloyd’s Rep. 514 (QB); für Italien: Art.&nbsp;136 </nowiki>''Codice della navigazione'','' Corte di Cassazione'','' sezione I civile'', 15.11.1994, no. 9589, Il Foro Italiano 1994, 3387).


Innerhalb der privaten Schiedsgerichtsbarkeit sind ''ad hoc''-Schiedsverfahren von institutionellen Schiedsverfahren zu unterscheiden. Beim ''ad hoc''-Schiedsverfahren wird einmalig zur Entscheidung des konkreten Rechtsstreits ein Schiedsgericht von den Parteien eingesetzt. In den Grenzen des staatlichen [[Schiedsrecht, staatliches|Schiedsrechts]] unterliegen sämtliche Aspekte des Schiedsverfahrens, von der Bestellung des Schiedsgerichts über die Rechtsverhältnisse mit den Schiedsrichtern bis hin zu den Verfahrensregeln der Parteiautonomie. Bei den heute weit verbreiteten institutionellen Schiedsverfahren wird der administrative Apparat einer Schiedsinstitution (idR als privatrechtliche Vereinigung organisiert) zur Durchführung des Schiedsverfahrens in Anspruch genommen. Häufig geschieht dies durch die von der Schiedsinstitution vorgeschlagene Standardschiedsklausel. Die Parteien unterwerfen sich damit insbesondere der Schiedsordnung der Schiedsinstitution, die als Verfahrensordnung die weitgehend dispositiven Vorschriften staatlicher Schiedsrechte verdrängt und eventuelle Lücken schließt. Die zentralen Aufgaben der Schiedsinstitution bestehen darin, das Verfahren zu administrieren, bei der Bestellung der Schiedsrichter unterstützend mitzuwirken und eine Gebührenordnung zur Verfügung zu stellen. Bisweilen werden die Schiedssprüche auch bereits einer rudimentären, in erster Linie formellen Kontrolle unterzogen, um einen gewissen Mindeststandard zu gewährleisten.
Schiffe, insbesondere kommerziell genutzte Frachtschiffe, unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von anderen Kaufgegenständen. Zunächst befinden sie sich aufgrund ihres internationalen Fahrtgebiets häufig an Orten, die vom Sitz der Parteien weit entfernt sind. Des Weiteren besteht bei Frachtschiffen ein sowohl volks- als auch betriebswirtschaftliches Bedürfnis an deren ständiger Nutzung, da die Unterhaltung eines Schiffes sehr kostenintensiv ist und Einnahmen nur generiert werden, wenn das Schiff verfrachtet wird. Überdies wurden die Liegezeiten im Hafenumschlag im 20.&nbsp;Jahrhundert durch Effizienzsteigerungen drastisch reduziert, so dass Hafenaufenthalte von mehreren Tagen eher die Ausnahme sind. Schließlich handelt es sich bei Schiffen um Sachen, die in einem öffentlichen Register eingetragen werden und damit in mancherlei Hinsicht Immobilien ähneln.


Die Frage, ob auf nationale und internationale private Schiedsverfahren dasselbe oder aber verschiedene gesetzliche Regelungen anzuwenden sind, wird in Europa uneinheitlich beantwortet ([[Schiedsrecht, staatliches]]). Verschiedene Regime sehen Frankreich und die Schweiz vor. Das französische Recht grenzt in Art.&nbsp;1492 CPC nach dem objektiven Kriterium ab, ob Interessen des internationalen Handels betroffen sind, während das Schweizer Recht in Art.&nbsp;176 IPRG auf das subjektive Kriterium von Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt der Parteien in verschiedenen Staaten abstellt. Das UNCITRAL'' Model Law'' wurde an sich nur für internationale Schiedsverfahren entworfen. Es grenzt diese in Art.&nbsp;1(3) anhand subjektiver (Geschäftseinrichtung in verschiedenen Staaten) und hilfsweise objektiver (Sitz des Schiedsgerichts, Erfüllungsort der vertraglichen Hauptpflichten oder engste Verbindung des Streitgegenstandes mit einem anderen Staat als dem der Geschäftseinrichtungen) Kriterien von nationalen Schiedsverfahren ab. Zahlreiche europäische Staaten haben das ''Model Law'' jedoch als einheitliches Regime für nationale wie internationale Schiedsverfahren übernommen bzw. sich daran orientiert ([[Schiedsrecht, staatliches]]). Dadurch wird eine schwierige Abgrenzung vermieden und eine Stärkung der Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt erreicht: Statt für internationale Schiedsverfahren ein liberaleres Sonderregime zu schaffen, wird dieses auch auf nationale Schiedsverfahren angewendet. Im Ergebnis spielt die Abgrenzung daher für die Anwendung des staatlichen Schiedsrechts (welche idR nur einen Schiedssitz im Inland voraussetzt, vgl. etwa §&nbsp;1025 Abs.&nbsp;1 und 2 ZPO und sec. 2 Abs. 1–3 ''Arbitration Act 1996'') in den meisten europäischen Rechtsordnungen keine Rolle. Dagegen setzt die Anwendung des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen von 1958 ein grenzüberschreitendes Element voraus. Auch das Europäische (Genfer) Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1961 ist nach Art.&nbsp;1(1)(a) nur auf Schiedsvereinbarungen zur Entscheidungen von Rechtsstreitigkeiten im internationalen Handel (objektives Kriterium) zwischen Parteien mit Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in verschiedenen Vertragsstaaten (subjektives Kriterium) anwendbar.
== 3. Interessen der Vertragsparteien ==
Aufgrund der Besonderheiten des Kaufgegenstands befinden sich die Parteien in einer etwas anderen Lage als bei einem gewöhnlichen Kauf. Der Käufer befindet sich grundsätzlich in einer Position, die durch ein Informationsdefizit und ein hohes finanzielles Risiko gekennzeichnet ist. Unklar für den Käufer sind vor allem der tatsäch-liche Erhaltungszustand des Schiffes, die Kosten für dessen Unterhaltung sowie die Möglichkeit, ob die Klassifikationsgesellschaft, die das Schiff klassifiziert – also die technische Sicherheit überprüft – zukünftig Sicherheitsbedenken erheben wird. Praktische Probleme für die Informationsbeschaffung stellen neben den teilweise gegenläufigen Interessen des Verkäufers besonders die kurzen Hafenaufenthalte des Schiffes dar. Dadurch steht nur eine äußerst kurze Zeit zur Untersuchung einer sehr komplexen Sache zur Verfügung. Überdies müssen derartige Inspektionen häufig an weit entfernten Orten durchgeführt werden, was die Vertragskosten erheblich erhöht.


== 2. Geschichte und Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Der Verkäufer hingegen hat ein Interesse daran, dass Schiff nach dem Verkauf endgültig aus seinen Büchern zu streichen, und möchte sich im Nachgang des Kaufvertrages nicht mehr mit diesem befassen.
Private Schiedsverfahren sind seit alters her als Formen der Streitentscheidung anerkannt. So konnten im [[römisches Recht|römischen Recht]] Fremde wie römische Bürger vereinbaren, ihre zivilrechtlichen Streitigkeiten durch ein privates Schiedsgericht entscheiden zu lassen. In der klassischen Zeit wurde die Schiedsgerichtsbarkeit rein privatrechtlich begründet. Grundlage war allein die Schiedsvereinbarung, deren Durchsetzung durch gegenseitige Vertragsstrafeversprechen für den Fall der Nichtbeachtung des Schiedsspruchs (''compromissum'') abgesichert war. In der nachklassischen Zeit wurde die rein vertragliche Begründung der Bindung an den Schiedsspruch durch eine Vollstreckungsklage des obsiegenden Klägers, die ''actio in factum'', bzw. eine Einrede des obsiegenden Beklagten, die ''exceptio veluti pacti'', ergänzt. Dies entspricht dem heute vorherrschenden Regelungsmodell der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen mit Hilfe staatlicher Gerichte. Der hybride Charakter der Schiedsgerichtsbarkeit als rechtsprechungsgleicher Streitentscheidung auf vertraglicher Grundlage ist damit bereits im römischen Recht angelegt.


Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren private Schiedsgerichte in den meisten europäischen Rechtsordnungen anerkannt. Sie betrafen allerdings meist rein lokale bzw. nationale Streitigkeiten. Das Verhältnis zur staatlichen Gerichtsbarkeit war jedoch vor allem in England schwierig und von einer ständigen Konkurrenz beherrscht ([[Schiedsrecht, staatliches]]).
== 4. Die Norwegian Saleform ==
Im europäischen Rechtsraum hat sich spätestens seit der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhundert für Schiffskäufe der Formularkaufvertrag ''Norwegian Saleform'' etabliert. Dieser wurde von norwegischen Schiffsmaklern für den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand entwickelt und über die norwegische Schiffsmaklervereinigung (''Norsk Skipsmegler Forbund''), ihrerseits Mitglied des [[BIMCO (''Baltic and International Maritime Council''), hat sich die ''Norwegian Saleform'' zum europaweiten Standardformular entwickelt. BIMCO hat die ''Norwegian Saleform'' schließlich in die Reihe der verbandsempfohlenen Dokumente aufgenommen. Seither ist die ''Norwegian Saleform'' mehrfach überarbeitet worden, europaweite Verbreitung erfuhren die Fassungen von 1948, 1956, 1966, 1983, 1987 und 1993. Heutzutage werden größtenteils nur noch die Fassungen von 1987 und 1993 verwendet. Es überrascht im Übrigen nicht, dass praktische Vereinheitlichungsbemühungen von Schiffsmaklern ausgingen und nicht von Schiffseignern. Schließlich sind es die Schiffsmakler, die auf Seiten eines verkaufswilligen Schiffseigners oder eines Kaufinteressenten den Markt sondieren und die Verhandlungen mit der anderen Seite führen. Bei dieser Tätigkeit stellt es eine erhebliche Arbeitserleichterung dar, wenn man als Geschäftsgrundlage ein von beiden Seiten anerkanntes Vertragsformular wählt und auf dieser Grundlage die Verhandlungen führt.


Nach ersten Schritten durch das Genfer Protokoll von 1923 (sicherte Schiedsklauseln über zukünftige Streitigkeiten ab) und das Genfer Übereinkommen von 1927 (betreffend Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, sofern Vollstreckbarerklärung im Ursprungsstaat erfolgt war) – beide Abkommen sind heute faktisch durch das New Yorker Übereinkommen nach dessen Art.&nbsp;VII(2) abgelöst – wurden die Anstrengungen zur Harmonisierung bestimmter Aspekte in grenzüberschreitenden, internationalen Schiedsverfahren erst nach dem zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen.
Neben den ''essentialia negotii'' – d.h. den Parteien, der genauen Bezeichnung der Leistung des Verkäufers, also dem Schiff, und dem Verkaufspreis – finden sich in dem Vertragsformular der ''Norwegian Saleform'' vor allem Bestimmungen zur An- und Bezahlung (clause&nbsp;2&nbsp;und&nbsp;3), zu möglichen Inspektionen (clause&nbsp;4&nbsp;und&nbsp;6), zur Übergabe des Schiffes sowie diverser Dokumente und zur Übernahme von Vorräten und Treibstoff (clause&nbsp;5,&nbsp;7&nbsp;und&nbsp;8), zu den Vertragskosten (clause 10), zur Beschaffenheit des Schiffes bei Übergabe sowie dessen Lastenfreiheit (clause&nbsp;9&nbsp;und&nbsp;11) und zu Leistungsstörungen (clause&nbsp;14&nbsp;und&nbsp;15). Außerdem enthält die ''Norwegian Saleform'' sowohl eine Schieds- als auch eine Rechtswahlklausel (clause&nbsp;15).


Den Grundstein der Erfolgsgeschichte der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit legte 1958 das New Yorker Übereinkommen. Es stellt die [[Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche]] in mittlerweile 142 Staaten und damit fast weltweit sicher. Das Europäische Übereinkommen von 1961, welches eine ähnliche Zielsetzung im Ost-West-Handel verfolgte, war ein weiterer Schritt in Richtung Internationalisierung. Es erlangte jedoch bei weitem nicht die Bedeutung des New Yorker Übereinkommens und ist heute abgesehen von Art.&nbsp;IX kaum noch von praktischer Relevanz.
Das bedeutendste Merkmal der ''Norwegian Saleform'' findet sich in clause&nbsp;11, wonach der Verkäufer das Schiff in dem Zustand zu übergeben hat, in dem es sich zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Käufer befunden hat (sog. ''as i''s-Prinzip, „gekauft wie gesehen“). Diese Bestimmung stellt einen weitgehenden Gewährleistungsausschluss (''caveat emptor'') dar. Allerdings wird der Gewährleistungsausschluss teilweise aufgeweicht, indem darauf abgestellt wird, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss (''Norwegian Saleform''&nbsp;1987 clause&nbsp;11(2): „…&nbsp;with present class free of recommendations.“; ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 clause&nbsp;11(2): „…&nbsp;with her class maintained without condition/‌recommendation,&nbsp;…“). Insofern wird für die Frage der Mangelhaftigkeit des Schiffes nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien, sondern auf den objektiven Maßstab der Klassifikationsgesellschaft abgestellt, die das Schiff klassifiziert. Von entscheidender Bedeutung für den Schiffskauf sind daher die Tätigkeit der Klassifikationsgesellschaften und die Beachtung internationaler sowie eigener Klassifizierungs- und Sorgfaltsstandards. Absolute Sicherheit für eine sorgfältige Überwachung der Klasse des Schiffes gibt es dabei jedoch nicht; dennoch genießen die Klassifikationsgesellschaften, die in der ''International Associaton of Classification Societies ''(IACS) verbunden sind, einen sehr guten Ruf (vgl. auch RL&nbsp;94/‌57). Diese Einbeziehung eines Dritten in den Schiffskauf birgt indes natürlich auch Konfliktpotenzial, insbesondere zwischen Käufer und Klassifikationsgesellschaft.


Den entscheidenden Schub erhielt die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit in den 1970er Jahren. Der Zunahme des grenzüberschreitenden Handels- und Wirtschaftsverkehrs stand ein auf diese Bedürfnisse nicht zugeschnittenes und in vielen Aspekten mit erheblichen Nachteilen behaftetes System staatlicher internationaler Zuständigkeiten sowie Anerkennungs- und Vollstreckungsregeln gegenüber. Abgesehen vom Brüsseler EWG-Übereinkommen von 1968 existierte kein multilaterales Übereinkommen von nennenswerter Bedeutung, welches die internationale Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen regelte. Die grenzüberschreitende Prozessführung vor staatlichen Gerichten war daher zeit- und kostenaufwändig und wies ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit aufgrund abweichender nationaler Regime auf. Dieses Vakuum eines funktionsfähigen Systems zur Entscheidung grenzüberschreitender Streitigkeiten füllte zunehmend die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit aus. Es bildeten sich internationale Schiedsinstitutionen, häufig angesiedelt bei den Handelskammern. Am bedeutendsten ist die [[Internationale Handelskammer]] (ICC) mit Generalsekretariat in Paris. Am Entstehen einer internationalen Schiedsgerichtsbarkeit hatte sie erheblichen Anteil. Von Bedeutung sind aber etwa auch die ''American Arbitration Association'' (AAA) mit ihrem ''International Centre for Dispute Resolution'' (ICDR), der ''London Court of International Arbitration'' (LCIA), ''Arbitration Institute of the Stockholm Chamber of Commerce'' (SCC), die ''China International Economic and Trade Arbitration Commission'' (CIETAC) sowie zahlreiche industriesektorspezifische Institutionen. Diese Institutionalisierung hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit professioneller wurde und ein qualitativer Mindeststandard gewährleistet war. Außerdem wurde durch sie unerfahrenen Parteien der Zugang zur Schiedsgerichtsbarkeit erheblich erleichtert. Gestützt wurde die Entwicklung nicht zuletzt durch die Liberalisierung der staatlichen [[Schiedsrecht, staatliches|Schiedsrechte]], die durch die Schaffung des UNCITRAL ''Model Law'' im Jahre 1985 entscheidend vorangetrieben wurde. Das ''Model Law'' und die durch dieses geprägten nationalen Schiedsrechte sind mehrheitlich dispositiv ausgestaltet. Die Eingriffs- und Kontrollbefugnisse staatlicher Gerichte sind auf das absolut notwendige Maß reduziert. Dies bietet freie Entfaltungsmöglichkeiten für eine [[Private Rechtsetzung und Codes of Conduct|private Rechtsetzung]] durch Schiedsinstitutionen und andere Interessenverbände. Durch diese Entwicklung der institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen war der Weg für den Erfolg der privaten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit geebnet.
Überdies umfasst der Kauf eines Schiffes die Übergabe einer Vielzahl von Dokumenten, an die – ähnlich dem internationalen Handelskauf – bestimmte Anforderungen gestellt werden. Diese Dokumente dienen größtenteils der Absicherung der Position des Käufers. Um welche Dokumente es sich handelt, ergibt sich aus ''Norwegian Saleform&nbsp;''1987/‌93 clause&nbsp;8; es handelt sich insbesondere um eine abstrakte Verkaufsbestätigung (''bill of sale''), einen Eigentumsnachweis (''certificate of ownership'') sowie einen Nachweis der Lastenfreiheit (''freedom of encumbrances certificate''). Falls der Käufer nach dem Erwerb des Schiffes dessen Flagge oder Klassifikationsgesellschaft wechseln möchte, so müssen diesbezüglich noch weitere Dokumente übergeben werden.


== 3. Europarecht ==
Dem Informationsdefizit des Schiffskäufers widmet sich die ''Norwegian Saleform'' in der Weise, dass drei Verkaufsphasen vorgesehen sind, innerhalb derer sich der Käufer mehr Erkenntnisse über das Schiff verschaffen kann.
Der EuGH hatte sich wiederholt mit dem Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit zum europäischen Primärrecht auseinanderzusetzen. So hat er bereits recht früh festgestellt, dass Schiedsgerichte keine Gerichte eines Mitgliedstaates i.S.d.. Art.&nbsp;234 EG/‌267 AEUV und daher nicht vorlageberechtigt sind (EuGH Rs.&nbsp;102/‌81 – ''Nordsee'', Slg. 1982, 1095, Rn.&nbsp;13). Außerdem kann ein Schiedsspruch wegen Verletzung des ''ordre public'' durch nationale Gerichte aufgehoben werden, wenn er zwingende Vorschriften des Europarechts missachtet (EuGH Rs.&nbsp;C-126/‌97 – ''Eco Swiss'', Slg. 1999, I-3055, Rn.&nbsp;37; betroffen war das Kartellverbot des Art.&nbsp;81 EG). In diesen Fällen dürfte auch ohne Aufhebung die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs an Art.&nbsp;V(2)(b) des New Yorker Übereinkommens scheitern.


Die Sekundärrechtsakte des europäischen internationalen Privat- und Zivilprozessrechts schließen die private Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig von ihrem materiellen Anwendungsbereich aus. Das Feld wird bewusst völkerrechtlichen Übereinkommen, [[Schiedsrecht, staatliches|staatlichen Schiedsrechten]] und [[Private Rechtsetzung und Codes of Conduct|privater Rechtsetzung]] überlassen. Die Vorschrift des Art.&nbsp;293 4.&nbsp;Spiegelstrich EG (im AEUV ersatzlos gestrichen) hat für die Vereinfachung der Förmlichkeiten der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen durch Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten kaum praktische Bedeutung erlangt.
In der ersten Phase muss der Verkäufer dem Käufer die Gelegenheit bieten, die klassifikatorischen Akten (''classification records'') des Schiffes einzusehen, damit der Käufer sich ein Bild über den Zustand des Schiffes machen kann. Sollte in dieser Phase die ''Norwegian Saleform'' bereits unterzeichnet sein (vgl. ''Norwegian Saleform ''1987 clause&nbsp;4(1) sowie ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 clause&nbsp;4(b)(I), so handelt es sich um einen Kauf auf Probe (''sale upon a contingent condition to performance'', ''vente à l'essai'', ''vendita a prova'', ''compra a prueba'', ''ta på öppet köp'', ''koop op proef''), der für die Parteien bindend ist, so lange der Käufer nicht vom Kaufvertrag Abstand nimmt.


So ist die Frage des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts vom Anwendungsbereich der Rom&nbsp;I-VO (VO&nbsp;593/‌2008) nach deren Art.&nbsp;1(2)(e) ausgeschlossen.
Nachdem der Käufer das Schiff auf der Grundlage der klassifikatorischen Akten bereits gebilligt hat, tritt der Schiffskauf in die zweite Phase, in der der Verkäufer dem Käufer eine Untersuchung des Schiffes und der zugehörigen Logbücher zu ermöglichen hat (vgl. ''Norwegian Saleform&nbsp;''1987 clause&nbsp;4(2) sowie ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 clause&nbsp;4(b)(II). Allerdings handelt es sich bei dieser Untersuchungsmöglichkeit nur um eine relativ oberflächliche, insbesondere ohne ein ''opening up'' (vgl. ''Norwegian Saleform&nbsp;''1987 clause&nbsp;4(4) sowie ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 clause&nbsp;4(b)(IV), d.h. ohne Öffnen von Maschine, Tanks, Laderäumen etc. Außerdem muss sich die Untersuchung in den Fahrplan des Schiffes einfügen, weshalb die zur Verfügung stehende Zeit gewöhnlich limitiert ist. Nach der Untersuchung des Schiffes verbleiben dem Käufer 48 Stunden, um sich für oder gegen den Kauf des Schiffes zu entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er frei, ohne Angabe von Gründen vom Kauf des Schiffes Abstand zu nehmen. Schweigen gilt als Ablehnung (''Norwegian Saleform&nbsp;''1987 clause&nbsp;4(4) sowie ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 clause 4(b)(IV)).


Die Schiedsgerichtsbarkeit als solche ist vom Anwendungsbereich der Brüssel&nbsp;I-VO (VO&nbsp;44/‌‌2001) nach deren Art.&nbsp;1(2)(d) ausgenommen. Diese recht unpräzise Formulierung bereitet in der Praxis große Schwierigkeiten. Das Verhältnis der Brüssel&nbsp;I-VO zur Schiedsgerichtsbarkeit ist weithin ungeklärt und umstritten. Einigkeit besteht insofern, als das Schiedsverfahren selbst (geregelt durch die staatlichen [[Schiedsrecht, staatliches|Schiedsrechte]] und institutionelle Schiedsordnungen) sowie die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (geregelt durch das New Yorker Übereinkommen) vom Anwendungsbereich der Brüssel&nbsp;I-VO ausgeschlossen sind. Unklarheit herrscht allerdings in der Frage, ob und inwiefern Verfahren vor mitgliedstaatlichen Gerichten zur Unterstützung von Schiedsverfahren unter die Brüssel&nbsp;I-VO fallen bzw. mit dieser vereinbar sind. Der Schlosser-Bericht zum EuGVÜ (ABl. 1979 C 59/‌71) enthält nur einige Beispiele, nennt jedoch keine abstrakt-generellen Kriterien. Die Rechtsprechung des EuGH ist bislang einzelfallbezogen (Verfahren zur Bestellung eines Schiedsrichters vor einem staatlichen Gericht fällt unter den Ausschluss – EuGH Rs.&nbsp;C-190/‌89 – ''Marc Rich'', Slg. 1989, I-3855, Rn. 19&nbsp;ff.; Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem staatlichen Gericht zur Sicherung der im Schiedsverfahren geltend gemachten Hauptforderung dagegen nicht – EuGH Rs.&nbsp;C-391/‌95 – ''van Uden'', Slg. 1998, I-7091, Rn. 31&nbsp;ff.) und es lassen sich ihr nur schwer zu verallgemeinernde Aussagen entnehmen. Festzustehen scheint allenfalls, dass das Verfahren vor dem staatlichen Gericht im direkten Zusammenhang mit einem laufenden oder künftigen Schiedsverfahren stehen und die schiedsrechtliche Frage den Hauptgegenstand des Verfahrens bilden muss. Besondere praktische Relevanz erlangte die Frage im Hinblick auf ''anti-suit injunctions'' ([[Einstweiliger Rechtsschutz]]) durch englische Gerichte zur Durchsetzung englischem Recht unterliegender Schiedsvereinbarungen mit Schiedssitz London. Der EuGH hat kürzlich auf eine Vorlage des ''House of Lords'' (''West Tankers Inc. v. RAS Riunione Adriatica di Sicurta SpA''<nowiki> [2007] UKHL&nbsp;4) hin entschieden, dass </nowiki>''anti-suit injunctions'' zur Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen mit der Brüssel&nbsp;I-VO unvereinbar sind. Sie nehmen dem unter der Verordnung angerufenen staatlichen Gericht die Befugnis, unabhängig über seine Zuständigkeit (einschließlich der Vorfrage der Wirksamkeit und Reichweite der Schiedsvereinbarung) zu entscheiden und der Brüssel&nbsp;I-VO damit ihre praktische Wirksamkeit (Rs.&nbsp;C-185/‌07 – ''West Tankers'', IPRax 2009, 336). Das Grünbuch der Kommission vom 21.4.2009 (KOM(2009) 175 endg.) diskutiert zahlreiche Möglichkeiten der Neujustierung des Verhältnisses von Brüssel&nbsp;I-VO und Schiedsgerichtsbarkeit (basierend auf dem sog. Heidelberg Report, Study JLS/‌C4/‌‌2005/‌03), u.a. die Streichung der Ausnahme des Art.&nbsp;1(2)(d) und einer ausschließlichen Zuständigkeit zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung.
Teilt der Käufer dem Verkäufer innerhalb der 48 Stundenfrist mit, dass er am Kauf des Schiffes festhalten möchte, so tritt der Schiffskauf in die dritte, abschließende Phase. In dieser Phase findet eine letzte Untersuchung des Schiffes statt, in deren Anschluss das Schiff an den Käufer übergeben wird (vgl. ''Norwegian Saleform&nbsp;''1987/‌93 clause&nbsp;6). Im Gegensatz zu den beiden ersten Phasen ist es nicht mehr der Käufer, der das Schiff untersucht. Das Schiff wird vielmehr von einem Inspektor der zuständigen Klassifikationsgesellschaft untersucht, also von einer Person, die keine Partei des Kaufvertrags ist, wohl aber zumindest mit dem Verkäufer in vertraglicher Beziehung steht. Weiterhin werden andere Teile des Schiffes untersucht als diejenigen, die der Käufer in Phase zwei untersuchen konnte. In der dritten Phase geht es nämlich nur noch um die Inspektion der Teile des Schiffes unterhalb der Wasserlinie, insbesondere von Antriebswelle, Ruder und Propeller. Die ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 gibt hinsichtlich dieser Unterwasserinspektion zwei Alternativen vor: entweder Untersuchung in einem Schiffsdock (clause&nbsp;6(a)) oder Untersuchung durch Taucher (clause&nbsp;6(b)); im Zweifelsfalle gilt die erste Alternative (vgl. die Zeilen&nbsp;152 und 153). Soweit die Inspektion Mängel an Unterwasserteilen aufdeckt, sind diese zur Zufriedenheit der Klassifikationsgesellschaft auf Kosten des Verkäufers zu beheben. Derlei Mängel geben dem Käufer unter dem Regime der ''Norwegian Saleform ''jedoch grundsätzlich nicht das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Damit gilt das ''as&nbsp;is''-Prinzip („gekauft wie gesehen“, ''caveat emptor'') gemäß ''Norwegian Saleform ''1987/‌93 clause&nbsp;11 zwar einerseits nicht für Mängel an den erwähnten Teilen unterhalb der Wasserlinie des Schiffes (d.h. Antriebswelle, Ruder und Propeller). Andererseits sind die Mängelbeseitigungsrechte des Käufers nach ''Norwegian Saleform''&nbsp;1987/‌93'' ''clause&nbsp;6 jedoch unvollkommen. Diese Unvollkommenheit entsteht dadurch, dass zum einen die Sachgefahr für die nicht zu inspizierenden Unterwasserteile vollständig auf den Käufer abgewälzt wird und es zum anderen für die Beurteilung der Mangelfreiheit des Schiffes nur noch auf die Sicht der Klassifikationsgesellschaft ankommt. Letzteres kann deshalb problematisch sein, weil durchaus Umstände möglich sind, unter denen die Klasse des Schiffes durch dessen Zustand nicht beeinträchtig wird, der Wert des Schiffes aber schon (siehe anschaulich hierzu die Entscheidung des ''Court of Appeal'' in ''Ateni Maritime Corporation v.'' ''Great Marine Ltd. ''(''The „Great Marine (No.&nbsp;2)“''<nowiki>) [1990] 2 Lloyd’s Rep. 250). Vor dem Hintergrund dieser Unzulänglichkeiten der </nowiki>''Norwegian Saleform ''ist es durchaus üblich, dass zugunsten des Käufers von diesem Regime der clause&nbsp;6 abgewichen wird, z.B. durch Gewährung einer umfassenderen vorvertragliche Inspektion des Schiffes. Derartige Abweichungen zugunsten des Käufers hängen jedoch immer von den Umständen des Einzelfalles und vor allem von der jeweiligen Marktsituation ab. Im Anschluss an die dritte Phase hat der Verkäufer das Schiff zu übergeben (clause&nbsp;5 und 11). Bei Übergabe des Schiffes muss dieses den vereinbarten Zustand aufweisen. Prinzipiell also denselben Zustand wie zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Käufer in Phase zwei, wobei gewöhnliche Abnutzung unberücksichtigt bleiben (clause&nbsp;11: „…&nbsp;fair wear and tear excepted.“).


== 4. Transnationale Regelungsstrukturen ==
Darüber hinaus stellt die ''Norwegian Saleform&nbsp;''1987 in clause&nbsp;11(2) darauf ab, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss, und verpflichtet den Verkäufer, etwaige klasserelevante Mängel der Klassifikationsgesellschaft anzuzeigen. Diese Pflicht bezieht sich also einerseits auf den Kaufgegenstand und andererseits auf das Verhalten des Verkäufers vor Übergabe. Besondere Aufmerksamkeit wurde dieser Klausel in der Entscheidung des ''Court of Appeal'' in ''Compania de Navegación Pohing S.A. v.'' ''Sea Tanker Shipping Ltd. ''(''The „Buena Trader“''<nowiki>) [1978] 2 Lloyd’s Rep. 325 zuteil.</nowiki>
Internationale Schiedsverfahren sind heute stark durch transnationale Regelwerke geprägt. Es ist zwar anerkannt, dass auch internationale Schiedsverfahren nicht vollständig vom staatlichen Schiedsrecht abgekoppelt (sog. „Delokalisierung“), sondern in einem staatlichen [[Schiedsrecht, staatliches|Schiedsrecht]] – in der Regel dem Schiedsrecht am Sitz des Schiedsgerichts – verankert sind, doch weisen die meisten modernen Schiedsgesetze nur einige wenige zwingende Normen auf. Sie betreffen im Wesentlichen die Unparteilichkeit des Schiedsgerichts, verfahrensrechtliche Mindeststandards ([[Faires Verfahren]]; rechtliches Gehör) sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen. Zahlreiche Aspekte des Verfahrens vor dem Schiedsgericht sind jedoch dispositiv ausgestaltet. Dies reicht von den Möglichkeiten der Wahl des auf die Streitentscheidung anwendbaren Rechts im Hauptvertrag über die Regelungen betreffend Zusammensetzung und Bestellung des Schiedsgerichts bis hin zur Ausgestaltung und Durchführung des Verfahrens. Dies ermöglicht es den Parteien, sich einen umfassenden, auf den konkreten Fall zugeschnittenen Streitentscheidungsmechanismus zu schaffen. Im Falle institutioneller Schiedsverfahren stehen den Parteien in Form der Schiedsordnungen verschiedene Verfahrensordnungen zur Auswahl. Zwar nähern sich die Schiedsordnungen der bedeutenden Schiedsinstitutionen immer stärker an, doch existieren nach wie vor erhebliche und im Einzelfall relevante Unterschiede. Bisweilen bieten Schiedsinstitutionen auch auf besondere Typen von Streitigkeiten zugeschnittene Schiedsordnungen an (etwa die AAA). Die meisten Schiedsordnungen enthalten darüber hinaus Öffnungsklauseln für abweichende, individuelle Regeln, denen sie den Vorrang vor der betreffenden Regelung in der Schiedsordnung einräumen (vgl. Art.&nbsp;14.1 LCIA ''Rules''<nowiki>; Art.&nbsp;1(a) </nowiki>''International Arbitration Rules'' der AAA/‌ICDR; Art.&nbsp;4(2) CIETAC ''Rules''<nowiki>; Art.&nbsp;1.2 und 24.1 DIS Schiedsordnung).</nowiki>


Weder das subsidiär anwendbare staatliche Schiedsrecht noch die Schiedsordnungen regeln jedoch Einzelheiten der Durchführung des Schiedsverfahrens, insbesondere den in internationalen Schiedsverfahren zentralen und besonders problematischen Aspekt der Sachverhaltsfeststellung. Da die Parteien häufig in unterschiedlichen Prozessrechtskulturen verwurzelt sind, bestehen häufig grundlegend verschiedene Vorstellungen über die Durchführung des Schiedsverfahrens. Die Hauptdemarkationslinie verläuft in dieser Hinsicht zwischen ''[[common law]]'' und ''civil law'' Jurisdiktionen. Um diese Differenzen zu überbrücken, bildet sich in jüngster Zeit für internationale Schiedsverfahren in vielen Bereichen unabhängig von staatlicher Rechtssetzung eine ''best practice'' heraus, die verfahrensrechtliche Elemente aus ''common law'' und ''civil law'' miteinander verbindet, auch wenn ein leichtes Übergewicht zugunsten des ''common law'' erkennbar ist. Häufig ist diese ''best practice'' in privaten Regelwerken verkörpert, die von internationalen Schiedsinstitutionen oder Berufsverbänden, etwa der ''International Bar Association'' (IBA), unter Beteiligung erfahrener Schiedspraktiker sowohl aus ''common law-'' als auch ''civil law''-Rechtsordnungen ausgearbeitet werden. Dabei werden nicht nur zivilprozessuale Mechanismen staatlicher Prozessrechte koordiniert, sondern diese werden stets an die besonderen Bedürfnisse internationaler Schiedsverfahren zur Entscheidung grenzüberschreitender Streitigkeiten angepasst.
Die ''Norwegian Saleform&nbsp;''1993 enthält mit clause&nbsp;11 eine überarbeitete Bestimmung: „…&nbsp;the vessel shall be delivered with her class maintained without condition/‌recommendation, free of average damage affecting the vessel’s class, and with her classification and national certificates, as well as all other certificates the vessel had at the time of inspection, valid and unextended without condition/‌recommendation by class or the relevant authorities at the time of delivery.” Das ''caveat emptor-''Prinzip wird in dieser Bestimmung stärker aufgeweicht als noch in der Fassung von 1987. Denn nun wird eine bestimmte Beschaffenheit („…free of average damage affecting the vessel’s class…“) des Kaufgegenstandes vereinbart, mit der eine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers korrespondiert. Das Schiff wird also gekauft wie besichtigt, darf darüber hinaus aber keine Schäden aufweisen, die üblicherweise von einer Schiffsversicherung gedeckt sind und Einfluss auf die Klasse des Schiffes haben (vgl. ''Piccinini v.'' ''Partrederiet II ''(''The „Alfred Trigon“'')'' ''<nowiki>[1981] 2 Lloyd’s Rep. 333 (QB)).</nowiki>


Von besonderer praktischer Relevanz sind die IBA'' Rules on the Taking of Evidence in International Commercial Arbitration''. Sie sind ein Paradebeispiel transnationaler, [[Private Rechtsetzung und Codes of Conduct|privater Rechtsetzung]], welche es vermag, ''common law-'' und ''civil law''-Ansätze miteinander in Einklang zu bringen. Gerade daraus rührt ihre große Akzeptanz in internationalen Schiedsverfahren. So sehen sie etwa im Bereich der Dokumentenvorlage eine Mittellösung vor, die über enge Regelungen wie etwa §&nbsp;142 ZPO hinausreicht, dabei jedoch nicht so weit geht wie die US-amerikanische ''discovery'' (vgl. Art.&nbsp;3(2) und (3)). Für die Zeugenvernehmung folgen sie eher dem ''common law'' Ansatz mit ''written witness statements'' gefolgt von ''direct'' und ''cross examination'' durch die Parteien, entwickeln auf seiner Grundlage jedoch moderne, die erkannten Schwächen vermeidende Lösungen wie etwa ''witness'' und ''expert conferencing'' (Art.&nbsp;5 (3) und 8(2)). Beim Einsatz Sachverständiger verfolgen sie parallel das ''common law''-Modell der Parteisachverständigen (Art.&nbsp;5) und das ''civil law''-Modell des vom Schiedsgericht bestellten Sachverständigen (Art.&nbsp;6).
Die Gesamtbetrachtung der Pflichten von Käufer und Verkäufer unter der ''Norwegian Saleform'' ergibt, dass ungeachtet der Aufweichungen in clause&nbsp;11 (und auch clause&nbsp;6) der Schiffskauf weitgehend dem ''caveat emptor ''Prinzip folgt. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass die Möglichkeit des Käufers sich vor Abschluss des Kaufvertrages über den Zustand des Schiffes zu informieren teilweise erheblich eingeschränkt ist. Dadurch steigt die Bedeutung der genauen Beschreibung des Schiffes (Baujahr, Werft, Klasse, Tonnage und Tragfähigkeit, Tiefgang, Ausrüstung, Geschwindigkeit und Verbrauch etc.) sowie der vorvertraglichen Zusicherungen des Verkäufers in erheblichem Maße (vgl. auch BGH, 29.11.2006, BGHZ&nbsp;170, 86; ''Kellogg Brown & Root Inc. v.'' ''Concordia Maritime AG''<nowiki> [2006] EWHC 3358 (QB)). Diese Probleme gehören dem allgemeinen Vertragsrecht an und werden von der </nowiki>''Norwegian Saleform'' nicht berührt, weshalb in der Regel auf das nach der Rechtswahlklausel anwendbare staatliche Recht zurückzugreifen ist.


Die privaten Regelwerke kommen teilweise automatisch bei der Wahl der Schiedsinstitution, die sie erarbeitet hat, zur Anwendung (etwa die ICDR'' Guidelines for Arbitrators Concerning Exchanges of Information''), teilweise können oder müssen sie von den Parteien aber auch unabhängig davon vereinbart werden (etwa die IBA'' Rules on the Taking of Evidence''). Auch für andere Bereiche als die Durchführung des Verfahrens an sich werden private Regelwerke errichtet; so etwa für die Befangenheitsproblematik der Schiedsrichter die IBA'' Guidelines on Conflicts of Interest in International Commercial Arbitration'', welche die in dieser Hinsicht eher allgemein gehaltenen Regelungen der Schiedsordnungen ausfüllen, und die IBA ''Rules of Ethics for International Arbitrators''.
== 5. Übereignung des Schiffes ==
Die Übereignung des Schiffes vom Verkäufer auf den Käufer in Vollziehung des Kaufvertrages ([[Eigentumsübertragung (beweglicher Sachen)|Eigentumsübertragung]]) folgt typischerweise besonderen Regeln, denn Schiffe nehmen in mancherlei Hinsicht (z.B. Registereintragung) eine Zwischenposition zwischen Mobilien und Immobilien ein. Diese Regeln sind dem jeweils anwendbaren (und zwingenden) staatlichen Recht zu entnehmen und nicht der ''Norwegian Saleform''. Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Vorschriften des [[Sachenrecht, internationales|internationalen Sachenrechts]] (hier: Besonderheit der ''lex libri siti''). In sachlicher Hinsicht ist allen europäischen Rechtsordnungen gemein, dass es für den Eigentumsübergang einer Einigung bedarf. Verbunden wird die Übereignung häufig mit einer tatsächlichen Handlung und/‌oder mit einer Registereintragung, wobei Letztere nicht unbedingt konstitutive Voraussetzungen für den Eigentumsübergang darstellen. Die ''Norwegian Saleform'' stellt diesbezüglich mit der offen formulierten clause&nbsp;8 einen Rahmen zur Verfügung, der es ermöglicht, den Vertrag so anzupassen, dass Übereignung, Flaggen- und Registerwechsel nach jeder Rechtsordnung möglich sind.


Durch das Entstehen neuer Schiedsinstitutionen und Schiedsordnungen, spezifisch problemorientierter privater Regelungswerke und die Herausbildung einer international akzeptierten ''best practice'' entwickelt sich ein immer umfassenderes System transnationaler Regeln für internationale Schiedsverfahren, die in nationalen Schiedsverfahren kaum eine Rolle spielen. Bisweilen ist bereits von einer ''lex mercatoria arbitralis'' die Rede. Ungeachtet dieser transnationalen Vereinheitlichungstendenzen ist seit einigen Jahrzehnten ein weltweiter Konkurrenzkampf zwischen Schiedsplätzen und Schiedsinstitutionen entbrannt. Die Schiedsinstitutionen vermarkten von ihnen administrierte Schiedsverfahren als ein „Produkt“ zur Streitbeilegung. Aber auch Schiedsplätze buhlen unter Anpreisung ihrer liberal ausgestalteten, aber dennoch das Schiedsverfahren ausreichend unterstützenden lokalen Schiedsrechte und anderer vermeintlicher ''soft factors'' um Fälle. Die Streitbeilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten durch Schiedsverfahren ist aufgrund der freien Wählbarkeit des Schiedssitzes als Wirtschaftsgut eines weltweiten Wettbewerbs erkannt worden.
Rechtsvereinheitlichung hat in diesem Bereich bisher nicht stattgefunden. Insbesondere ist der Versuch der Europäischen Gemeinschaft gescheitert, ein europäisches Schiffsregister zu schaffen. Ob neuerliche Bestrebungen in diese Richtung (KOM(2006) 275&nbsp;endg.) von Erfolg gekrönt sein werden, bleibt abzuwarten. Aus völkerrechtlicher Sicht geben die ''Convention on the high seas'' von 1958 sowie Art.&nbsp;92 des Seerechtsübereinkommens von 1982 die Rahmenbedingungen vor.


==Literatur==
== 6. Rechtsvereinheitlichung ==
''Peter Schlosser'', Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2.&nbsp;Aufl. 1989; ''Jonathan L. Greenblatt'','' Peter Griffin'', Towards Harmonization of International Arbitration Rules, Arbitration International 17 (2001) 101&nbsp;ff; ''Siegfried H. Elsing'','' John M. Townsend'', Bridging the Common Law-Civil Law Divide in Arbitration, Arbitration International 18 (2002) 59&nbsp;ff.; ''Karl-Heinz Schwab'','' Gerhard Walter'', Schiedsgerichtsbarkeit, 7.&nbsp;Aufl. 2005; ''Jean-François Poudret'','' Sébastien Besson'', Comparative Law of International Arbitration, 2.&nbsp;Aufl. 2007; ''Ingrid Naumann'', Englische anti-suit injunctions zur Durchsetzung von Schiedsvereinbarungen, 2008; ''Burkhard Hess'','' Thomas Pfeiffer'','' Peter Schlosser'' (Hg.), The Brussels I Regulation 44/‌2001. Application and Enforcement in the EU, 2008, Rn.&nbsp;105&nbsp;ff (= Study JLS/‌C4/‌2005/‌03, oft auch als „Heidelberg Report“ bezeichnet); ''Jens-Peter Lachmann'', Handbuch der Schiedsgerichtspraxis, 3.&nbsp;Aufl. 2009; ''Gary Born'', International Commercial Arbitration, 2 Bde., 2009; ''Frank-Bernd Weigand'' (Hg.), Practitioner’s Handbook on International Commercial Arbitration, 2.&nbsp;Aufl. 2009; ''Ben Steinbrück'', ''Martin Illmer'', Brussels I and Arbitration: Declaratory Relief as an Antidote to Torpedo Actions under a reformed Brussels I Regulation, SchiedsVZ 2009, 188&nbsp;ff.
Eng verbunden mit dem internationalen Einsatzgebiet vieler Schiffe ist die Tatsache, dass sich beim Schiffskauf zumeist Parteien aus verschiedenen Ländern gegenüberstehen. Die Übertragung eines Schiffes stellt also einen Vorgang dar, bei dem sich das Bedürfnis an Rechtsvereinheitlichung geradezu aufdrängt. Aufgrund der engen Verbindungen des Kaufrechts mit dem allgemeinen Vertragsrecht und auch dem Recht der Eigentumsübertragung – Rechtsmaterien die europaweit als sehr unterschiedlich und schwer zu vereinheitlichen gelten – hat lange Zeit keine Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Schiffskaufs stattgefunden.
 
Bemerkenswert ist, dass Art.&nbsp;2(e) CISG Schiffe von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Diese Ausnahme vom Anwendungsbereich hat ihren Grund in der Registrierungspflicht vieler Schiffe. Man wollte Konflikte zwischen dem maßgebenden Registerrecht und dem CISG (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht) vermeiden.
 
Diese Zurückhaltung der Rechtsvereinheitlichung des Schiffskaufs wurde von der ''[[Studygroup on a European Civil Code'' abgelegt. Nach Art.&nbsp;1:104 a) PESL gelten die ''Principles of European Law – Sales'' ausdrücklich auch für den An- und Verkauf von Schiffen, und zwar unabhängig davon, ob diese besonderen Registrierungspflichten unterliegen.
 
In Ermangelung staatlichen [[Einheitsrecht]]s hat die Vertragspraxis Formulardokumente entwickelt, die mittlerweile vom Markt akzeptiert werden, und auf diese Weise ein einheitliches Recht des Schiffskaufs geschaffen. Im europäischen Rechtsraum werden Schiffskäufe seit Jahrzehnten nahezu ausschließlich auf der Grundlage der von BIMCO (''Baltic and International Maritime Council'') empfohlenen ''Norwegian Saleform'' abgeschlossen (s. unter 4.).
 
Aus dem asiatischen Rechtsraum stammt der Standardvertrag ''Nipponsale'', der in weiten Teilen der ''Norwegian Saleform'' ähnelt. In Europa und der westlichen Hemisphäre werden Schiffe zumeist nur dann auf der Grundlage von ''Nipponsale ''verkauft, wenn der Verkäufer aus Japan stammt.
 
'''Literatur.''' ''Christian Breitzke'', Die Norwegian Saleform, 1970; ''Folke Grauers'', Fel i sålt skepp, 1980; ''René Rodière'', ''Emmanuel du Pontavice'', Droit maritime, 12.&nbsp;Aufl. 1997, 83&nbsp;ff.;'' Iain Goldrein'', ''Paul Turner'', Ship sale and purchase, 5.&nbsp;Aufl. 2008; ''Christopher Hill'', Maritime Law, 6.&nbsp;Aufl. 2003, 48&nbsp;ff.; ''Thor Falkanger'', ''Hans Jacob Bull'', ''Lasse Brautaset'', Scandinavian maritime law, 2.&nbsp;Aufl. 2004, 107&nbsp;ff.; ''Malcolm Strong'', ''Paul Herring'', Sale of Ships – The Norwegian Saleform, 2004; ''Jürgen Basedow'', ''Wolfgang Wurmnest'', Die Dritthaftung von Klassifikationsgesellschaften, 2004; ''Jürgen Basedow'', ''Wolfgang Wurmnest'', Third-Party Liability of Classification Societies, 2005; ''Sergio M. Carbone'', ''Pierangelo Celle'', ''Marco Lopez de Gonzalo'', Il Diritto Marittimo, 3.&nbsp;Aufl. 2006, 35&nbsp;ff.; ''José Luis Gabaldón García'', ''José María Ruiz Soroa'', Manual de Derecho de la Navegación Marítima, 3.&nbsp;Aufl. 2006, 298&nbsp;ff.; ''Nicolai Lagoni'', The Liability of Classification Societies, 2007; ''Aleka Mandaraka-Sheppard'', Modern Maritime Law and Risk Management, 2.&nbsp;Aufl. 2007, 467&nbsp;ff.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Arbitration_(International)]]
[[en:Ship_Sale_and_Purchase]]

Version vom 28. September 2021, 19:04 Uhr

von Tjard-Niklas Trümper

1. Begriff und Abgrenzung

Der praxisgeprägte Begriff „Schiffskauf“ (ship sale and purchase, vente du navire, vendita di nave, compraventa de buque, skeppsförsäljning, schipkoop) bezeichnet den Vorgang der vollständigen wirtschaftlichen Übertragung eines Schiffes von einer Person auf eine andere. Der Begriff reicht damit über einen ausschließlich schuldrechtlich verpflichtenden Kauf(vertrag) hinaus und umfasst auch die eigentumsrechtliche Zuordnung des Schiffes, bezeichnet also auch das Erfüllungsgeschäft (Eigentumsübertragung). Wie beim gewöhnlichen Kaufvertrag heißen die Parteien beim Schiffskauf Käufer (buyer, acheteur, compratore, comprador, köpare, koper) und Verkäufer (seller, vendeur, venditore, vendedor, säljare, verkoper).

Aufgrund der vollständigen Übertragung des Schiffes, also auch des Eigentums am Schiff, muss der Schiffskauf von anderen Schiffsüberlassungsverträgen ([[Chartervertrag) unterschieden werden. Bei Charterverträgen behält der Eigner bzw. owner – wie es die Bezeichnung schon nahe legt – immer das Eigentum am Schiff.

Außerdem umfasst der Schiffskauf im Gegensatz zu Neubauverträgen nur den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand, also bereits gebrauchter Schiffe. Neubauverträge stellen gewöhnlich keine Kauf-, sondern Werkverträge dar. Diese Unterscheidung ist dadurch gerechtfertigt, dass die praktischen Probleme bei Schiffsneubauten andere sind als bei gebrauchten Schiffen.

2. Besonderheiten des Kaufgegenstands

Seine besondere Prägung erhält der Schiffskauf durch den Kaufgegenstand „Schiff“. Unter einem Schiff versteht man gemeinhin einen schwimmfähigen Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, der geeignet und bestimmt ist, auf oder unter dem Wasser fortbewegt zu werden und dabei Personen oder Sachen zu tragen (vgl. für Deutschland: BGH, 14.12.1951, NJW 1952, 1135; für England: sec. 313 Abs. 1 Merchant Shipping Act 1995, Marine Craft Constructors Ltd. v. Erland Blomquist (Engineers) Ltd. [1953] 1 Lloyd’s Rep. 514 (QB); für Italien: Art. 136 Codice della navigazione, Corte di Cassazione, sezione I civile, 15.11.1994, no. 9589, Il Foro Italiano 1994, 3387).

Schiffe, insbesondere kommerziell genutzte Frachtschiffe, unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von anderen Kaufgegenständen. Zunächst befinden sie sich aufgrund ihres internationalen Fahrtgebiets häufig an Orten, die vom Sitz der Parteien weit entfernt sind. Des Weiteren besteht bei Frachtschiffen ein sowohl volks- als auch betriebswirtschaftliches Bedürfnis an deren ständiger Nutzung, da die Unterhaltung eines Schiffes sehr kostenintensiv ist und Einnahmen nur generiert werden, wenn das Schiff verfrachtet wird. Überdies wurden die Liegezeiten im Hafenumschlag im 20. Jahrhundert durch Effizienzsteigerungen drastisch reduziert, so dass Hafenaufenthalte von mehreren Tagen eher die Ausnahme sind. Schließlich handelt es sich bei Schiffen um Sachen, die in einem öffentlichen Register eingetragen werden und damit in mancherlei Hinsicht Immobilien ähneln.

3. Interessen der Vertragsparteien

Aufgrund der Besonderheiten des Kaufgegenstands befinden sich die Parteien in einer etwas anderen Lage als bei einem gewöhnlichen Kauf. Der Käufer befindet sich grundsätzlich in einer Position, die durch ein Informationsdefizit und ein hohes finanzielles Risiko gekennzeichnet ist. Unklar für den Käufer sind vor allem der tatsäch-liche Erhaltungszustand des Schiffes, die Kosten für dessen Unterhaltung sowie die Möglichkeit, ob die Klassifikationsgesellschaft, die das Schiff klassifiziert – also die technische Sicherheit überprüft – zukünftig Sicherheitsbedenken erheben wird. Praktische Probleme für die Informationsbeschaffung stellen neben den teilweise gegenläufigen Interessen des Verkäufers besonders die kurzen Hafenaufenthalte des Schiffes dar. Dadurch steht nur eine äußerst kurze Zeit zur Untersuchung einer sehr komplexen Sache zur Verfügung. Überdies müssen derartige Inspektionen häufig an weit entfernten Orten durchgeführt werden, was die Vertragskosten erheblich erhöht.

Der Verkäufer hingegen hat ein Interesse daran, dass Schiff nach dem Verkauf endgültig aus seinen Büchern zu streichen, und möchte sich im Nachgang des Kaufvertrages nicht mehr mit diesem befassen.

4. Die Norwegian Saleform

Im europäischen Rechtsraum hat sich spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert für Schiffskäufe der Formularkaufvertrag Norwegian Saleform etabliert. Dieser wurde von norwegischen Schiffsmaklern für den Verkauf von Schiffen aus zweiter Hand entwickelt und über die norwegische Schiffsmaklervereinigung (Norsk Skipsmegler Forbund), ihrerseits Mitglied des [[BIMCO (Baltic and International Maritime Council), hat sich die Norwegian Saleform zum europaweiten Standardformular entwickelt. BIMCO hat die Norwegian Saleform schließlich in die Reihe der verbandsempfohlenen Dokumente aufgenommen. Seither ist die Norwegian Saleform mehrfach überarbeitet worden, europaweite Verbreitung erfuhren die Fassungen von 1948, 1956, 1966, 1983, 1987 und 1993. Heutzutage werden größtenteils nur noch die Fassungen von 1987 und 1993 verwendet. Es überrascht im Übrigen nicht, dass praktische Vereinheitlichungsbemühungen von Schiffsmaklern ausgingen und nicht von Schiffseignern. Schließlich sind es die Schiffsmakler, die auf Seiten eines verkaufswilligen Schiffseigners oder eines Kaufinteressenten den Markt sondieren und die Verhandlungen mit der anderen Seite führen. Bei dieser Tätigkeit stellt es eine erhebliche Arbeitserleichterung dar, wenn man als Geschäftsgrundlage ein von beiden Seiten anerkanntes Vertragsformular wählt und auf dieser Grundlage die Verhandlungen führt.

Neben den essentialia negotii – d.h. den Parteien, der genauen Bezeichnung der Leistung des Verkäufers, also dem Schiff, und dem Verkaufspreis – finden sich in dem Vertragsformular der Norwegian Saleform vor allem Bestimmungen zur An- und Bezahlung (clause 2 und 3), zu möglichen Inspektionen (clause 4 und 6), zur Übergabe des Schiffes sowie diverser Dokumente und zur Übernahme von Vorräten und Treibstoff (clause 5, 7 und 8), zu den Vertragskosten (clause 10), zur Beschaffenheit des Schiffes bei Übergabe sowie dessen Lastenfreiheit (clause 9 und 11) und zu Leistungsstörungen (clause 14 und 15). Außerdem enthält die Norwegian Saleform sowohl eine Schieds- als auch eine Rechtswahlklausel (clause 15).

Das bedeutendste Merkmal der Norwegian Saleform findet sich in clause 11, wonach der Verkäufer das Schiff in dem Zustand zu übergeben hat, in dem es sich zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Käufer befunden hat (sog. as is-Prinzip, „gekauft wie gesehen“). Diese Bestimmung stellt einen weitgehenden Gewährleistungsausschluss (caveat emptor) dar. Allerdings wird der Gewährleistungsausschluss teilweise aufgeweicht, indem darauf abgestellt wird, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss (Norwegian Saleform 1987 clause 11(2): „… with present class free of recommendations.“; Norwegian Saleform 1993 clause 11(2): „… with her class maintained without condition/‌recommendation, …“). Insofern wird für die Frage der Mangelhaftigkeit des Schiffes nicht auf die subjektiven Vorstellungen der Parteien, sondern auf den objektiven Maßstab der Klassifikationsgesellschaft abgestellt, die das Schiff klassifiziert. Von entscheidender Bedeutung für den Schiffskauf sind daher die Tätigkeit der Klassifikationsgesellschaften und die Beachtung internationaler sowie eigener Klassifizierungs- und Sorgfaltsstandards. Absolute Sicherheit für eine sorgfältige Überwachung der Klasse des Schiffes gibt es dabei jedoch nicht; dennoch genießen die Klassifikationsgesellschaften, die in der International Associaton of Classification Societies (IACS) verbunden sind, einen sehr guten Ruf (vgl. auch RL 94/‌57). Diese Einbeziehung eines Dritten in den Schiffskauf birgt indes natürlich auch Konfliktpotenzial, insbesondere zwischen Käufer und Klassifikationsgesellschaft.

Überdies umfasst der Kauf eines Schiffes die Übergabe einer Vielzahl von Dokumenten, an die – ähnlich dem internationalen Handelskauf – bestimmte Anforderungen gestellt werden. Diese Dokumente dienen größtenteils der Absicherung der Position des Käufers. Um welche Dokumente es sich handelt, ergibt sich aus Norwegian Saleform 1987/‌93 clause 8; es handelt sich insbesondere um eine abstrakte Verkaufsbestätigung (bill of sale), einen Eigentumsnachweis (certificate of ownership) sowie einen Nachweis der Lastenfreiheit (freedom of encumbrances certificate). Falls der Käufer nach dem Erwerb des Schiffes dessen Flagge oder Klassifikationsgesellschaft wechseln möchte, so müssen diesbezüglich noch weitere Dokumente übergeben werden.

Dem Informationsdefizit des Schiffskäufers widmet sich die Norwegian Saleform in der Weise, dass drei Verkaufsphasen vorgesehen sind, innerhalb derer sich der Käufer mehr Erkenntnisse über das Schiff verschaffen kann.

In der ersten Phase muss der Verkäufer dem Käufer die Gelegenheit bieten, die klassifikatorischen Akten (classification records) des Schiffes einzusehen, damit der Käufer sich ein Bild über den Zustand des Schiffes machen kann. Sollte in dieser Phase die Norwegian Saleform bereits unterzeichnet sein (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(1) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(I), so handelt es sich um einen Kauf auf Probe (sale upon a contingent condition to performance, vente à l'essai, vendita a prova, compra a prueba, ta på öppet köp, koop op proef), der für die Parteien bindend ist, so lange der Käufer nicht vom Kaufvertrag Abstand nimmt.

Nachdem der Käufer das Schiff auf der Grundlage der klassifikatorischen Akten bereits gebilligt hat, tritt der Schiffskauf in die zweite Phase, in der der Verkäufer dem Käufer eine Untersuchung des Schiffes und der zugehörigen Logbücher zu ermöglichen hat (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(2) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(II). Allerdings handelt es sich bei dieser Untersuchungsmöglichkeit nur um eine relativ oberflächliche, insbesondere ohne ein opening up (vgl. Norwegian Saleform 1987 clause 4(4) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(IV), d.h. ohne Öffnen von Maschine, Tanks, Laderäumen etc. Außerdem muss sich die Untersuchung in den Fahrplan des Schiffes einfügen, weshalb die zur Verfügung stehende Zeit gewöhnlich limitiert ist. Nach der Untersuchung des Schiffes verbleiben dem Käufer 48 Stunden, um sich für oder gegen den Kauf des Schiffes zu entscheiden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er frei, ohne Angabe von Gründen vom Kauf des Schiffes Abstand zu nehmen. Schweigen gilt als Ablehnung (Norwegian Saleform 1987 clause 4(4) sowie Norwegian Saleform 1993 clause 4(b)(IV)).

Teilt der Käufer dem Verkäufer innerhalb der 48 Stundenfrist mit, dass er am Kauf des Schiffes festhalten möchte, so tritt der Schiffskauf in die dritte, abschließende Phase. In dieser Phase findet eine letzte Untersuchung des Schiffes statt, in deren Anschluss das Schiff an den Käufer übergeben wird (vgl. Norwegian Saleform 1987/‌93 clause 6). Im Gegensatz zu den beiden ersten Phasen ist es nicht mehr der Käufer, der das Schiff untersucht. Das Schiff wird vielmehr von einem Inspektor der zuständigen Klassifikationsgesellschaft untersucht, also von einer Person, die keine Partei des Kaufvertrags ist, wohl aber zumindest mit dem Verkäufer in vertraglicher Beziehung steht. Weiterhin werden andere Teile des Schiffes untersucht als diejenigen, die der Käufer in Phase zwei untersuchen konnte. In der dritten Phase geht es nämlich nur noch um die Inspektion der Teile des Schiffes unterhalb der Wasserlinie, insbesondere von Antriebswelle, Ruder und Propeller. Die Norwegian Saleform 1993 gibt hinsichtlich dieser Unterwasserinspektion zwei Alternativen vor: entweder Untersuchung in einem Schiffsdock (clause 6(a)) oder Untersuchung durch Taucher (clause 6(b)); im Zweifelsfalle gilt die erste Alternative (vgl. die Zeilen 152 und 153). Soweit die Inspektion Mängel an Unterwasserteilen aufdeckt, sind diese zur Zufriedenheit der Klassifikationsgesellschaft auf Kosten des Verkäufers zu beheben. Derlei Mängel geben dem Käufer unter dem Regime der Norwegian Saleform jedoch grundsätzlich nicht das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Damit gilt das as is-Prinzip („gekauft wie gesehen“, caveat emptor) gemäß Norwegian Saleform 1987/‌93 clause 11 zwar einerseits nicht für Mängel an den erwähnten Teilen unterhalb der Wasserlinie des Schiffes (d.h. Antriebswelle, Ruder und Propeller). Andererseits sind die Mängelbeseitigungsrechte des Käufers nach Norwegian Saleform 1987/‌93 clause 6 jedoch unvollkommen. Diese Unvollkommenheit entsteht dadurch, dass zum einen die Sachgefahr für die nicht zu inspizierenden Unterwasserteile vollständig auf den Käufer abgewälzt wird und es zum anderen für die Beurteilung der Mangelfreiheit des Schiffes nur noch auf die Sicht der Klassifikationsgesellschaft ankommt. Letzteres kann deshalb problematisch sein, weil durchaus Umstände möglich sind, unter denen die Klasse des Schiffes durch dessen Zustand nicht beeinträchtig wird, der Wert des Schiffes aber schon (siehe anschaulich hierzu die Entscheidung des Court of Appeal in Ateni Maritime Corporation v. Great Marine Ltd. (The „Great Marine (No. 2)“) [1990] 2 Lloyd’s Rep. 250). Vor dem Hintergrund dieser Unzulänglichkeiten der Norwegian Saleform ist es durchaus üblich, dass zugunsten des Käufers von diesem Regime der clause 6 abgewichen wird, z.B. durch Gewährung einer umfassenderen vorvertragliche Inspektion des Schiffes. Derartige Abweichungen zugunsten des Käufers hängen jedoch immer von den Umständen des Einzelfalles und vor allem von der jeweiligen Marktsituation ab. Im Anschluss an die dritte Phase hat der Verkäufer das Schiff zu übergeben (clause 5 und 11). Bei Übergabe des Schiffes muss dieses den vereinbarten Zustand aufweisen. Prinzipiell also denselben Zustand wie zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Käufer in Phase zwei, wobei gewöhnliche Abnutzung unberücksichtigt bleiben (clause 11: „… fair wear and tear excepted.“).

Darüber hinaus stellt die Norwegian Saleform 1987 in clause 11(2) darauf ab, dass das Schiff über eine vorbehaltlos aufrechterhaltene Klasse verfügen muss, und verpflichtet den Verkäufer, etwaige klasserelevante Mängel der Klassifikationsgesellschaft anzuzeigen. Diese Pflicht bezieht sich also einerseits auf den Kaufgegenstand und andererseits auf das Verhalten des Verkäufers vor Übergabe. Besondere Aufmerksamkeit wurde dieser Klausel in der Entscheidung des Court of Appeal in Compania de Navegación Pohing S.A. v. Sea Tanker Shipping Ltd. (The „Buena Trader“) [1978] 2 Lloyd’s Rep. 325 zuteil.

Die Norwegian Saleform 1993 enthält mit clause 11 eine überarbeitete Bestimmung: „… the vessel shall be delivered with her class maintained without condition/‌recommendation, free of average damage affecting the vessel’s class, and with her classification and national certificates, as well as all other certificates the vessel had at the time of inspection, valid and unextended without condition/‌recommendation by class or the relevant authorities at the time of delivery.” Das caveat emptor-Prinzip wird in dieser Bestimmung stärker aufgeweicht als noch in der Fassung von 1987. Denn nun wird eine bestimmte Beschaffenheit („…free of average damage affecting the vessel’s class…“) des Kaufgegenstandes vereinbart, mit der eine entsprechende Verpflichtung des Verkäufers korrespondiert. Das Schiff wird also gekauft wie besichtigt, darf darüber hinaus aber keine Schäden aufweisen, die üblicherweise von einer Schiffsversicherung gedeckt sind und Einfluss auf die Klasse des Schiffes haben (vgl. Piccinini v. Partrederiet II (The „Alfred Trigon“) [1981] 2 Lloyd’s Rep. 333 (QB)).

Die Gesamtbetrachtung der Pflichten von Käufer und Verkäufer unter der Norwegian Saleform ergibt, dass ungeachtet der Aufweichungen in clause 11 (und auch clause 6) der Schiffskauf weitgehend dem caveat emptor Prinzip folgt. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass die Möglichkeit des Käufers sich vor Abschluss des Kaufvertrages über den Zustand des Schiffes zu informieren teilweise erheblich eingeschränkt ist. Dadurch steigt die Bedeutung der genauen Beschreibung des Schiffes (Baujahr, Werft, Klasse, Tonnage und Tragfähigkeit, Tiefgang, Ausrüstung, Geschwindigkeit und Verbrauch etc.) sowie der vorvertraglichen Zusicherungen des Verkäufers in erheblichem Maße (vgl. auch BGH, 29.11.2006, BGHZ 170, 86; Kellogg Brown & Root Inc. v. Concordia Maritime AG [2006] EWHC 3358 (QB)). Diese Probleme gehören dem allgemeinen Vertragsrecht an und werden von der Norwegian Saleform nicht berührt, weshalb in der Regel auf das nach der Rechtswahlklausel anwendbare staatliche Recht zurückzugreifen ist.

5. Übereignung des Schiffes

Die Übereignung des Schiffes vom Verkäufer auf den Käufer in Vollziehung des Kaufvertrages (Eigentumsübertragung) folgt typischerweise besonderen Regeln, denn Schiffe nehmen in mancherlei Hinsicht (z.B. Registereintragung) eine Zwischenposition zwischen Mobilien und Immobilien ein. Diese Regeln sind dem jeweils anwendbaren (und zwingenden) staatlichen Recht zu entnehmen und nicht der Norwegian Saleform. Das anwendbare Recht bestimmt sich nach den Vorschriften des internationalen Sachenrechts (hier: Besonderheit der lex libri siti). In sachlicher Hinsicht ist allen europäischen Rechtsordnungen gemein, dass es für den Eigentumsübergang einer Einigung bedarf. Verbunden wird die Übereignung häufig mit einer tatsächlichen Handlung und/‌oder mit einer Registereintragung, wobei Letztere nicht unbedingt konstitutive Voraussetzungen für den Eigentumsübergang darstellen. Die Norwegian Saleform stellt diesbezüglich mit der offen formulierten clause 8 einen Rahmen zur Verfügung, der es ermöglicht, den Vertrag so anzupassen, dass Übereignung, Flaggen- und Registerwechsel nach jeder Rechtsordnung möglich sind.

Rechtsvereinheitlichung hat in diesem Bereich bisher nicht stattgefunden. Insbesondere ist der Versuch der Europäischen Gemeinschaft gescheitert, ein europäisches Schiffsregister zu schaffen. Ob neuerliche Bestrebungen in diese Richtung (KOM(2006) 275 endg.) von Erfolg gekrönt sein werden, bleibt abzuwarten. Aus völkerrechtlicher Sicht geben die Convention on the high seas von 1958 sowie Art. 92 des Seerechtsübereinkommens von 1982 die Rahmenbedingungen vor.

6. Rechtsvereinheitlichung

Eng verbunden mit dem internationalen Einsatzgebiet vieler Schiffe ist die Tatsache, dass sich beim Schiffskauf zumeist Parteien aus verschiedenen Ländern gegenüberstehen. Die Übertragung eines Schiffes stellt also einen Vorgang dar, bei dem sich das Bedürfnis an Rechtsvereinheitlichung geradezu aufdrängt. Aufgrund der engen Verbindungen des Kaufrechts mit dem allgemeinen Vertragsrecht und auch dem Recht der Eigentumsübertragung – Rechtsmaterien die europaweit als sehr unterschiedlich und schwer zu vereinheitlichen gelten – hat lange Zeit keine Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Schiffskaufs stattgefunden.

Bemerkenswert ist, dass Art. 2(e) CISG Schiffe von seinem Anwendungsbereich ausnimmt. Diese Ausnahme vom Anwendungsbereich hat ihren Grund in der Registrierungspflicht vieler Schiffe. Man wollte Konflikte zwischen dem maßgebenden Registerrecht und dem CISG (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht) vermeiden.

Diese Zurückhaltung der Rechtsvereinheitlichung des Schiffskaufs wurde von der [[Studygroup on a European Civil Code abgelegt. Nach Art. 1:104 a) PESL gelten die Principles of European Law – Sales ausdrücklich auch für den An- und Verkauf von Schiffen, und zwar unabhängig davon, ob diese besonderen Registrierungspflichten unterliegen.

In Ermangelung staatlichen Einheitsrechts hat die Vertragspraxis Formulardokumente entwickelt, die mittlerweile vom Markt akzeptiert werden, und auf diese Weise ein einheitliches Recht des Schiffskaufs geschaffen. Im europäischen Rechtsraum werden Schiffskäufe seit Jahrzehnten nahezu ausschließlich auf der Grundlage der von BIMCO (Baltic and International Maritime Council) empfohlenen Norwegian Saleform abgeschlossen (s. unter 4.).

Aus dem asiatischen Rechtsraum stammt der Standardvertrag Nipponsale, der in weiten Teilen der Norwegian Saleform ähnelt. In Europa und der westlichen Hemisphäre werden Schiffe zumeist nur dann auf der Grundlage von Nipponsale verkauft, wenn der Verkäufer aus Japan stammt.

Literatur. Christian Breitzke, Die Norwegian Saleform, 1970; Folke Grauers, Fel i sålt skepp, 1980; René Rodière, Emmanuel du Pontavice, Droit maritime, 12. Aufl. 1997, 83 ff.; Iain Goldrein, Paul Turner, Ship sale and purchase, 5. Aufl. 2008; Christopher Hill, Maritime Law, 6. Aufl. 2003, 48 ff.; Thor Falkanger, Hans Jacob Bull, Lasse Brautaset, Scandinavian maritime law, 2. Aufl. 2004, 107 ff.; Malcolm Strong, Paul Herring, Sale of Ships – The Norwegian Saleform, 2004; Jürgen Basedow, Wolfgang Wurmnest, Die Dritthaftung von Klassifikationsgesellschaften, 2004; Jürgen Basedow, Wolfgang Wurmnest, Third-Party Liability of Classification Societies, 2005; Sergio M. Carbone, Pierangelo Celle, Marco Lopez de Gonzalo, Il Diritto Marittimo, 3. Aufl. 2006, 35 ff.; José Luis Gabaldón García, José María Ruiz Soroa, Manual de Derecho de la Navegación Marítima, 3. Aufl. 2006, 298 ff.; Nicolai Lagoni, The Liability of Classification Societies, 2007; Aleka Mandaraka-Sheppard, Modern Maritime Law and Risk Management, 2. Aufl. 2007, 467 ff.