Leistungsbestimmung, nachträgliche und Leistungskondiktion: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Jens Kleinschmidt]]''
von ''[[Sonja Meier]]''
== 1. Nachträgliche Leistungsbestimmung und Bestimmtheitsgebot ==
== 1. Leistung auf eine Nichtschuld ==
=== a) Regelungskontext ===
In allen europäischen Rechten können Leistungen, die zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit erbracht wurden, zurückgefordert werden, wenn die Verbindlichkeit in Wahrheit nicht besteht. Dasselbe gilt, wenn der Verbindlichkeit eine dauernde Einrede entgegengesetzt werden kann oder wenn zwar eine wirksame Verbindlichkeit besteht, der Leistende aber nicht Schuldner oder der Empfänger nicht Gläubiger ist. Die kontinentaleuropäischen Rechte stellen zu diesem Zweck die ''condictio indebiti'' zur Verfügung, die sie aus dem römisch-gemeinen Recht übernommen haben. Das englische Recht gewährt mit einer ''action for money had and received ''einen funktionsgleichen Rechtsbehelf. In römischer Tradition wurden die Rückforderungsklagen sowohl hier als auch auf dem Kontinent jahrhundertelang in die (eher nichtssagende) Kategorie der Quasikontrakte eingeordnet. Heute bildet die Kondiktion bei Leistung auf eine Nichtschuld häufig (etwa in Deutschland, der Schweiz, Griechenland und Portugal) einen zentralen Bestandteil des [[Bereicherungsrecht]]s. Dasselbe gilt mittlerweile in England, wo sich ein eigenständiges Rechtsgebiet des ''law of restitution'' bzw. ''unjust enrichment'' erst Mitte des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat. Das französische, italienische, spanische und niederländische Recht unterscheiden dagegen zwischen der Rückforderung nichtgeschuldeter Leistungen einerseits und dem allgemeinen Bereicherungsanspruch andererseits, für die jeweils unterschiedliche Regeln gelten.
Der Inhalt eines Vertrages muss bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Stehen die Leistungspflichten nicht fest, sind keine gerichtliche Geltendmachung und keine Zwangsvollstreckung möglich. Diesen überall anerkannten Grundsatz bringen Rechtsordnungen romanischen Ursprungs häufig in dem Erfordernis eines bestimmten oder bestimmbaren Vertragsgegenstands (''objet''<nowiki>; </nowiki>''oggetto''<nowiki>; </nowiki>''objeto'') zum Ausdruck, bei dessen Fehlen kein Vertrag zustande kommt. Nicht selten jedoch schließen die Parteien einen Vertrag, der – trotz Auslegung – nicht alle regelungsbedürftigen Punkte anspricht. Es ist dann Sache der Regeln über den [[Vertragsschluss]] festzustellen, ob die Parteien gleichwohl einen wirksamen Vertrag geschlossen haben. Wenn mit der Durchführung begonnen wurde, spricht viel für einen entsprechenden Parteiwillen. Zur Lückenfüllung stehen dann dispositives Recht, ''implied terms'', Handelsbräuche oder Gepflogenheiten zwischen den Parteien bereit. Probleme entstehen vor allem, wenn sogar ein wesentlicher Vertragsbestandteil, insbesondere die Gegenleistung (der Preis), unbestimmt ist. In vielen Rechtsordnungen (z.B. Italien; Niederlande; Schweiz; Deutschland; England; Frankreich) helfen Gesetzgeber und Rechtsprechung, indem sie – zumindest beschränkt auf manche Vertragstypen – den Vertrag dennoch für wirksam halten und die taxmäßige, übliche, üblicherweise vom Vertragspartner verlangte oder angemessene Vergütung als vereinbart ansehen oder allgemein im Zweifel dem Gläubiger ein Preisbestimmungsrecht einräumen (§&nbsp;316 BGB). Die [[Principles of European Contract Law|PECL]], die [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT PICC]] und der Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]] verallgemeinern dies für alle Fälle, in denen ein Vertrag weder einen Preis noch einen Mechanismus zu seiner Bestimmung vorsieht: Nach Art.&nbsp;6:104 PECL sind die Parteien so zu behandeln, als hätten sie sich auf einen angemessen Preis geeinigt. Art.&nbsp;5.1.7(1) UNIDROIT PICC und Art.&nbsp;II.-9:104 DCFR räumen dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allgemein bzw. üblicherweise in vergleichbaren Umständen berechneten Preis den Vorrang ein und legen nur, wenn ein derartiger Preis nicht verfügbar ist, den angemessenen Preis zugrunde.


=== b) Gegenstand, Zweck und Grundproblematik ===
Hat der Leistende gewusst, dass die zugrunde liegende Verbindlichkeit nicht besteht, und trotzdem freiwillig geleistet, soll ihm die Rückforderung versagt werden. Die gemeinrechtliche ''condictio indebiti'' setzte voraus, dass der Leistende sich über das Bestehen der Verbindlichkeit in einem entschuldbaren Irrtum befunden hatte. Bei der Frage der Entschuldbarkeit wurde häufig zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtümern unterschieden: Während der Tatsachenirrtum ohne weiteres einen Anspruch begründete, konnten rechtsirrtümlich erbrachte Leistungen trotz Fehlens einer zugrunde liegenden Verbindlichkeit nicht zurückgefordert werden. Diese Regel galt zwischen 1802 und 1998 auch im englischen Recht. Der Gedanke, dass jeder zur Kenntnis des Rechts verpflichtet sei, konnte die erzielten Ergebnisse freilich nicht rechtfertigen; vielmehr spielten im Einzelnen unterschiedliche Sachgründe eine Rolle. So sollte nicht jede Rechtsprechungsänderung (die nach herkömmlicher Doktrin lediglich klarstellt, was seit jeher rechtens war) zu einer Flut von Rückforderungsansprüchen aus bereits abgeschlossenen Sachverhalten führen. Häufig betraf der Rechtsirrtum des Leistenden auch lediglich die Klagbarkeit der zugrunde liegenden Verbindlichkeit, die als solche den Güteraustausch rechtfertigte und nur aus besonderen Gründen nicht erzwingbar war. Die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen schließen durch Sonderregeln die Rückforderung von Leistungen aus, die auf eine verjährte Schuld ([[Verjährung]]), eine nur wegen Formmangels nicht klagbare Verbindlichkeit ([[Formerfordernisse]]), eine Wettschuld oder Ähnliches erbracht wurden. Ein solcher Begriff der Naturalobligation, die zwar nicht klagbar ist, aber eine Güterbewegung rechtfertigen kann, war vor 1802 auch dem englischen Recht bekannt und wird hier, nachdem das'' House of Lords ''die Rechtsirrtumsregel 1998 abgeschafft hat (''Kleinwort Benson Ltd. v. Lincoln City Council''<nowiki> [1999] 2 AC 349), nun wiederentdeckt.</nowiki>
Denkbar ist aber auch, dass der Vertrag selbst einen Mechanismus zur Lückenfüllung vorsieht, indem einem Dritten oder einer der Vertragsparteien ein Recht zur verbindlichen nachträglichen Bestimmung der Leistung eingeräumt wird. Indem sie ein Leistungsbestimmungsrecht vereinbaren, handeln die Parteien nicht mehr ihr gesamtes Verhältnis aus. Gleichwohl verzichten sie nicht etwa auf einen Teil ihrer Selbstbestimmung. In der Delegation liegt vielmehr eine Ausübung der Privatautonomie, die – je nach Person des Bestimmungsberechtigten – bestimmte Ziele verfolgt. Die Einschaltung eines Dritten kann dazu dienen, eine Einigungsschwierigkeit zu überwinden oder fehlende Sachkunde wettzumachen, indem die Entscheidung auf eine neutrale und sachverständige Person verlagert wird. Die Übertragung des Bestimmungsrechts auf eine Partei bezweckt demgegenüber häufig eine Vereinfachung der Vertragsabwicklung, wenn sich der Umfang der Leistungen noch nicht festlegen lässt, weil dazu noch weitere Informationen einzuholen sind, weil das Leistungsdatum weit in der Zukunft liegt oder weil rein tatsächlich aus Zeit- oder Kostengründen keine Gelegenheit zur Festlegung besteht. Ein Sonderfall der Leistungsbestimmung durch eine Partei sind Tagespreisklauseln, durch die sich der Verwender den am Tag der Leistung geltenden Preis versprechen lässt. Leistungsbestimmungsrechte können somit auch den Zweck einer Absicherung gegen Marktschwankungen haben. Ein Leistungsbestimmungsrecht kann nicht nur zur Vervollständigung eines Vertrages vereinbart werden, sondern auch als Mechanismus zur Anpassung eines vollständigen und bindenden Vertrages an geänderte Umstände. Relevant wird diese Variante vor allem bei [[Dauerschuldverhältnisse]]n.


Eine Rechtsordnung muss sich fragen, ob sie auch bei Vereinbarung eines derartigen Mechanismus den Vertragsinhalt als bestimmbar und den Vertrag damit schon mit Eingehen dieser Vereinbarung als wirksam ansieht. Die Antwort darauf hat weitreichende Konsequenzen einerseits, wenn eine Partei bereits im Vertrauen auf die Wirksamkeit des Geschäfts weitere Handlungen vornimmt. Die Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrages wegen Unvollständigkeit darf andererseits nicht der anderen Partei dazu dienen, sich aus Opportunität von einem Geschäft loszusagen, das beide Seiten als bindend betrachtet haben. Wenn bei der Leistungsbestimmung Schwierigkeiten auftreten, schließt sich eine weitere Frage an, nämlich die Grundfrage nach der Rolle des Richters im Vertragsgefüge der Parteien: In welchem Umfang sollen Gerichte befugt sein, den Parteien zu helfen, indem sie mit der Schließung von Lücken ihre Verträge „retten“?
Die heutigen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen unterscheiden nicht mehr zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtümern, messen der Rolle des Irrtums aber unterschiedliche Bedeutung zu. Einige Rechtsordnungen halten wie das englische Recht am Irrtum als Voraussetzung der ''condictio indebiti'' fest. Das deutsche Recht verzichtet darauf, gewährt dem Empfänger aber eine Einrede, wenn er nachweisen kann, dass der Leistende das Fehlen der Verbindlichkeit kannte. Das italienische und das französische Recht verlangen nur dann einen Irrtum, wenn auf eine fremde Schuld geleistet wurde. Dieses Irrtumserfordernis besteht sachlich auch in den übrigen Rechten, da bei bewusster Leistung auf eine bestehende Fremdschuld keine Zweckverfehlung vorliegt, die eine Rückforderung rechtfertigen könnte. Das moderne niederländische Recht verzichtet sowohl auf ein Irrtumserfordernis als auch auf eine Einrede der Kenntnis. Hierfür spricht, dass ein Rückforderungsausschluss bei einer freiwilligen Leistung in Kenntnis der fehlenden Verbindlichkeit auch mit dem Vorliegen einer wirksamen Schenkung oder mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens begründet werden kann. Umgekehrt wird sowohl in England als auch auf dem Kontinent trotz Vorliegen eines Irrtums oder Zweifels die Rückforderung dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger annehmen durfte, dass der Leistende ungeachtet des Bestehens der Verbindlichkeit die Angelegenheit endgültig beschließen wollte.


Die Problematik der nachträglichen Leistungsbestimmung wird in der Regel anhand des Kaufpreises diskutiert, stellt sich aber auch bei allen anderen Hauptleistungspflichten, Nebenleistungspflichten und auch bei sonstigen Inhalten der Leistungspflicht – in den beiden letztgenannten Fällen jedoch nicht mit derselben Schärfe, da hier zur Lückenfüllung auf dispositives Recht zurückgegriffen werden kann ([[Leistungspflicht, Inhalt der]]). Die Konzentration auf die Kaufpreisbestimmung hat zudem historische Gründe. Aus dem römischen Kaufrecht ist das Erfordernis des ''pretium certum'' überliefert. Der Kaufpreis musste grundsätzlich bei Vertragsschluss zwar nicht zahlenmäßig bestimmt sein, aber doch objektiv feststehen, auch wenn er den Parteien zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war. Als Ausnahme dazu konnte einem Dritten die nachträgliche Kaufpreisbestimmung überlassen werden. Im klassischen Recht war diese Ausnahme noch umstritten gewesen; erst ''Justinian'' entschied den Streit zugunsten der Ansicht, die einen wirksamen Kauf annahm, allerdings bedingt um die tatsächliche Vornahme der Bestimmung (C.&nbsp;4,38,15). Einer Partei konnte dagegen die Befugnis zur Kaufpreisbestimmung wohl nicht überlassen werden. Bei einer einseitigen Preisfestsetzung wäre eine wichtige Möglichkeit zur Steuerung des Äquivalenzverhältnisses – modern ausgedrückt: die Richtigkeitsgewähr des Vertrages – entfallen. Zudem erlaubte die Festlegung eines Kaufpreises einen wichtigen Rückschluss auf die für den Gefahrübergang wichtige Vertragsperfektion. Bei anderen Schuldverhältnissen (außer ''locatio conductio'') galt das Erfordernis eines ''pretium certum'' nicht in demselben Maße.
== 2. Leistung in Erwartung eines Erfolgs ==
Nach [[römischem Recht waren nur bestimmte Arten von Vereinbarungen als bindende Verträge anerkannt. Soweit ein solcher Vertragstyp nicht vorlag, hatte eine Partei, die selbst geleistet, aber die vereinbarte Gegenleistung nicht erhalten hatte, ursprünglich keinen vertraglichen Anspruch auf die Gegenleistung. In dieser Lage ermöglichte ihr die ''condictio ob rem ''(oder ''condictio causa data causa non secuta''), zumindest ihre eigene schon erbrachte Leistung zurückzuerhalten. Die ''causa'', die nach Ansicht beider Parteien der Leistung zugrunde lag, sich aber nicht verwirklichte, war hier der Empfang der Gegenleistung. Nachdem im Gemeinen Recht die bindende Wirkung aller Arten von Vereinbarungen anerkannt wurde ([[Vertragsfreiheit]]), verlor die ''condictio ob rem'' an Bedeutung. Sie ist zwar heute noch in den meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen anerkannt, vereinzelt auch kodifiziert, beschränkt sich aber auf die seltenen Fälle, in denen der Leistung kein Vertrag zugrunde liegt, etwa dann, wenn die Gegenleistung nicht Vertragsgegenstand sein kann (Arbeitsleistung, um später als Erbe eingesetzt zu werden), oder auch in dem schon im römischen Recht bekannten Fall, dass das von den Parteien erwartete Ereignis keine Gegenleistung ist (Mitgift in Erwartung der Eheschließung, die dann nicht stattfindet).


=== c) Abgrenzungen ===
Das englische Äquivalent ist ein Rückforderungsanspruch wegen ''failure of consideration'', der ebenfalls voraussetzt, dass die Leistung in Erwartung einer Gegenleistung oder eines sonstigen Ereignisses stattfand und dies dem Empfänger bekannt war. Anders als auf dem Kontinent wird der Anspruch aber auch bei vertraglichen Leistungen eingesetzt. Nach englischer Vorstellung beruht der Rückforderungsanspruch bei vertraglichen Leistungsstörungen darauf, dass der Erhalt der Gegenleistung fehlgeschlagen ist, der erkennbar die Grundlage der Leistung gebildet habe. Zweck einer vertraglichen Leistung ist also aus englischer Sicht nicht die Erfüllung einer eigenen Verpflichtung, wie man es im ''civil law'' annimmt, sondern der Erhalt der Gegenleistung.
Eine nachträgliche Konkretisierung des Leistungsinhalts erfolgt auch bei der Gattungsschuld und der Wahlschuld. Dagegen von Anfang an bestimmbar ist die Leistung bei Wertsicherungsklauseln, die den Preis an einen (objektiv bestimmten) Marktpreis oder Index koppeln und damit ebenfalls ein Instrument der Sicherung gegen Marktschwankungen darstellen. Derartige Klauseln können in nationalen Rechten (z.B. Frankreich; Deutschland) Einschränkungen unterliegen, die dem Inflationsschutz dienen sollen. Soweit der Bezugspunkt der Klausel wegfällt, sollte im Zweifel dem Parteiwillen durch Heranziehung eines vergleichbaren Faktors genügt werden (so – mit unterschiedlichen Begründungen – viele nationale Rechte sowie PECL, DCFR und UNIDROIT PICC).


== 2. Nachträgliche Leistungsbestimmung durch einen Dritten ==
Auf die Verwirklichung des mit einer Leistung erstrebten Erfolgs kommt es nicht an, wenn schon die Entgegennahme der Leistung selbst missbilligenswert ist. Wurde etwa geleistet, damit der Empfänger keine Straftaten beging oder eine ihn ohnehin treffende Pflicht erfüllte, stellte das römisch-gemeine Recht zur Rückforderung die ''condictio ob turpem vel iniustam causam'' zur Verfügung. Auch diese Kondiktion hat im heutigen kontinentaleuropäischen Recht nur einen geringen Anwendungsbereich, weil die Einigung der Parteien über den Leistungszweck in der Regel einen Vertrag darstellt, so dass es sich um eine Leistung auf einen wegen [[Sitten- und Gesetzwidrigkeit unwirksamen Vertrag handelt. Das englische Recht kennt in vergleichbaren Sachverhalten besondere Rückforderungsansprüche, die sich auf ''illegality'', ''duress'', ''inequality'' oder ''exploitation'' stützen.
In allen europäischen Vertragsrechtsordnungen ist es möglich, die Leistungsbestimmung auf einen Dritten zu delegieren. Nicht überall finden sich jedoch allgemeine Vorschriften dazu (so aber Deutschland; Italien; Niederlande), teils wird dieser Grundsatz lediglich im Zusammenhang mit bestimmten Vertragstypen im Gesetz ausgesprochen, namentlich bei der Kaufpreisbestimmung (so z.B. Frankreich; Belgien; Österreich; Spanien; England). Der Vertrag wird zweistufig geschlossen: Zu unterscheiden sind die Vereinbarung des Leistungsbestimmungsrechts einerseits und dann die Vornahme der Leistungsbestimmung durch den Dritten andererseits. Hinzu kommt in der Regel eine weitere Vereinbarung, die mit dem Dritten geschlossen wird und vor allem Vergütungs- und Haftungsfragen regelt.


=== a) Regelungsprobleme und Lösungen in den nationalen Rechtsordnungen ===
== 3. Rechtsgrundlosigkeit vs. unjust-Gründe ==
Regelungsbedürftig sind in erster Linie das Verfahren und die Kontrolle der Drittentscheidung. Die Auswahl des Dritten können die Parteien in ihrem Vertrag selbst treffen oder einer sachkundigen Stelle übertragen. In Frankreich, England oder den Niederlanden ist der Spruch eines nicht unparteilichen Dritten unverbindlich. In Deutschland kann außerhalb von [[Allgemeine Geschäftsbedingungen|[Allgemeinen Geschäftsbedingungen]] auch ein Dritter, der einer Partei nahesteht, die Leistung bestimmen; als Schutz vor Parteinahme des Dritten hält die Rechtsprechung die nachträgliche Kontrolle der Drittentscheidung für ausreichend. Welchen Entscheidungsmaßstab der Dritte zugrundezulegen und an welchen Vorgaben er sich zu orientieren hat, legen die Parteien fest. Vielen Rechtsordnungen ist die Unterscheidung zwischen billigem Ermessen und freiem Belieben geläufig, die auf die gemeinrechtrechtliche Gegenüberstellung von ''arbitrium boni viri'' und ''arbitrium merum'' zurückgeht. Im Zweifel gilt nach deutschem Recht der Maßstab des billigen Ermessens (ebenso Belgien; Italien). In Frankreich wird der Dritte hingegen als, insoweit freierer, gemeinsamer Vertreter (''mandataire commun'') eingeordnet. Grundlegend unterscheiden sich die Lösungen in der Frage, was gilt, wenn der Dritte die Bestimmung nicht vornehmen kann oder will und somit, unterstellt die Parteien finden nicht privatautonom eine Lösung, ein Vertragsbestandteil offen bleibt. Einige Rechtsordnungen (z.B. grds. Frankreich; Österreich; Spanien) sehen deshalb wie früher das [[römisches Recht|römische Recht]] den Vertrag als unwirksam an. Andere (z.B. Deutschland; Italien; Niederlande; grds. England) ermächtigen den Richter, den Vertrag zu retten und die erforderliche Leistungsbestimmung vorzunehmen. Nur wo es den Parteien auf die Entscheidung genau jenes Dritten ankam, was insbesondere bei Einräumung des Maßstabs des freien Beliebens in Betracht kommt, ist der Vertrag unwirksam, zumal dem Richter in diesem Fall ein objektiver Maßstab fehlen würde, an dem er seine Entscheidung ausrichten könnte. Eine weitere Lösungsmöglichkeit besteht darin, dass das Gericht nicht in der Sache entscheidet, sondern nur – falls es den Parteien nicht auf einen bestimmten Dritten ankam – die Person des Dritten austauscht (Belgien; speziell für die Kaufpreisbestimmung Italien). Damit bleibt die Drittentscheidung soweit wie möglich in privater Hand, doch kann mit dieser Lösung auch eine beträchtliche Verlängerung des Verfahrens einhergehen.
Neben den genannten ''condictiones'' kannte das Gemeine Recht auch eine ''condictio ob causam finitam'' für den Fall, dass die einer Leistung zugrunde liegende Verbindlichkeit erst nachträglich wegfiel, sowie die allgemeine ''condictio sine causa'', die schon das römische Recht als Auffangtatbestand genutzt hatte. Die gemeinrechtliche ''condictio sine causa generalis'' diente als Oberbegriff für alle ''condictiones'', der ihren gemeinsamen Leitgedanken zum Ausdruck brachte, nämlich das Fehlen einer ''causa'', die das Behalten des Empfangenen rechtfertigte. Die für die Rückforderung von Zuwendungen eingesetzten ''condictiones'' beruhten auf dem Gedanken der Zweckverfehlung: Die zugrunde gelegte ''causa'' bestand nicht, verwirklichte sich nicht oder fiel weg, oder die Parteien waren sich über die ''causa'' nicht einig. Die heutigen kontinentaleuropäischen Rückforderungsansprüche wegen Erfüllung einer Nichtschuld (so etwa das französische, italienische, spanische und österreichische Recht) oder wegen rechtsgrundloser Leistung (so das deutsche, schweizerische und niederländische Recht) beruhen darauf, dass eine Zuwendung im Hinblick auf einen Rechtsgrund erfolgt, der nicht besteht. Dieser Rechtsgrund ist im Regelfall eine klagbare Verbindlichkeit, kann aber auch eine Naturalobligation oder eine Zweckvereinbarung sein. Sofern eine Rechtsordnung mit einem Irrtumserfordernis oder einer Einrede der Kenntnis arbeitet, werden diese zumeist nicht angewendet, wenn unter Zwang, durch einen Minderjährigen oder unter Vorbehalt der Rückforderung geleistet wurde: Zentrales Merkmal ist die Rechtsgrundlosigkeit, nicht der Irrtum.


Charakteristisch für die Bestimmung des Dritten ist, dass sie grundsätzlich vor Gericht angefochten werden kann. Der richterliche Überprüfungsmaßstab entspricht aber nicht notwendig dem Entscheidungsmaßstab des Dritten: Eine nach billigem Ermessen zu treffende Bestimmung kann etwa in vielen Ländern nur dann vom Gericht für unverbindlich erklärt werden, wenn sie offenbar unbillig ist (Italien; Deutschland; Österreich; Spanien; Belgien; Niederlande: ''onaanvaardbaar''<nowiki>; Frankreich: </nowiki>''erreur grossière''). Dieses Kriterium verweist auf das römische Recht (''manifesta iniquitas'') und verhindert zugleich, dass der Richter in zu vielen Fällen sein Ermessen an die Stelle des Ermessens eines aufgrund seiner Sachkunde ausgewählten Dritten setzt. Durfte der Dritte nach freiem Belieben entschieden, kann das Gericht seine Entscheidung hingegen nur auf Gesetzes&#8209; oder Sittenverstöße (Deutschland) bzw. Bösgläubigkeit (Belgien; Italien; Spanien) überprüfen. In der Frage, welche Folgen die erfolgreiche Anfechtung einer Drittbestimmung hat, zeigen sich wiederum unterschiedliche Haltungen gegenüber richterlicher „Vertragshilfe“: Während etwa das französische Recht den Vertrag, vorbehaltlich einer neuen Drittbestimmung, grundsätzlich als unwirksam ansieht, kann – sofern nicht eine Entscheidung nach freiem Belieben vereinbart war – in Deutschland, Österreich, Italien oder den Niederlanden der Richter an die Stelle des Dritten treten und die Bestimmung selbst vornehmen. In der Praxis wird er sich dabei sachverständig beraten lassen, so dass die Benennung eines neuen Dritten als unnötige Komplizierung erschiene. Zurückhaltung in der Kontrolle der Drittentscheidung üben englische Gerichte; die benachteiligte Partei ist auf Haftungsansprüche gegen den Dritten verwiesen.
Die in England seit Jahrhunderten anerkannten, ursprünglich ''actions for money had and received'' genannten Rückforderungsklagen wegen Irrtums, Zwangs bzw. Ausbeutung und ''failure of consideration'' mögen ursprünglich Äquivalente der römischen ''condictiones indebiti'', ''ob turpem causam'' und ''ob rem'' gewesen sein. Im Lauf der Zeit hat sich die Rechtsentwicklung aber vom Kontinent entfernt. Das englische Äquivalent zur ''condictio indebiti'' erforderte ursprünglich die irrtümliche Annahme einer klagbaren Verbindlichkeit. Nachdem sich diese Voraussetzung als zu eng herausgestellt hat, soll nun jeder Irrtum genügen, unabhängig von seinem Gegenstand. Während die kontinentale Rechtsentwicklung die Rechtsgrundlosigkeit betont und das gemeinrechtliche Irrtumserfordernis zurückdrängt, konzentriert sich das englische Recht umgekehrt auf den Irrtum. Der Rechtsgrund spielt nur insoweit eine Rolle, als einem Bereicherungsanspruch wegen Irrtums eine Einrede entgegensteht, wenn auf eine wirksame Verbindlichkeit geleistet wurde. Die englische Literatur ab den 1970er Jahren, angeführt durch ''Peter Birks'', hat diesen Gedanken zu einem System der sog. ''unjust''-Gründe erweitert. Eine Zuwendung kann nur dann zurückgefordert werden, wenn sie aus einem besonderen Grund ungerechtfertigt ist, sei es, weil sie nicht vom Willen des Zuwendenden getragen wurde (''unjust''-Gründe Irrtum, Zwang, Minderjährigkeit, Ausbeutung), sei es, weil der Wille nur bedingt war (''unjust''-Grund ''failure of consideration''), oder sei es aus besonderen rechtspolitischen Gründen (''policy-motivated unjust-factors'').


Abgrenzungen sind in mehrere Richtungen erforderlich: (i)&nbsp;Statt einer Vertragsergänzung oder &#8209;anpassung wird einem Dritten häufig die Feststellung oder Klärung von Tatsachen übertragen (z.B. Qualitätsarbitrage). In vielen Rechtsordnungen werden die Regeln über die Leistungsbestimmung durch einen Dritten auch hierauf angewendet, in anderen haben sich eigene Regeln herausgebildet. Der Übergang zwischen beiden Gestaltungen ist fließend; gemeinsamer Oberbegriff ist das „Schiedsgutachten“ (''expert determination''). (ii)&nbsp;Zu unterscheiden ist die Leistungsbestimmung durch einen Dritten ferner von nicht bindenden Entscheidungen und Vorschlägen eines Dritten, wie sie z.B. bei der [[Mediation]] anzutreffen sind. (iii)&nbsp;Vielerorts (z.B. England; Deutschland; Niederlande; Schweden) kann die Aufgabe des Leistungsbestimmers auch ein Schiedsgericht wahrnehmen. Die trennscharfe Abgrenzung – insbesondere von Schiedsverfahren und feststellenden Drittentscheidungen – erweist sich als schwierig, da das in vielen Rechtsordnungen (z.B. Frankreich; Italien) bemühte Kriterium – Schiedsverfahren zur Streitentscheidung und Leistungsbestimmung zur Vertragsergänzung – oft nicht weiterhilft und zusätzlich der Parteiwille ausgelegt werden muss. Die Ähnlichkeit der Aufgabenstellung hat zu verbreiteten Forderungen geführt, für das Schiedsverfahren geltende Verfahrensregeln teilweise auch auf Schiedsgutachten anzuwenden.
Bei vertraglichen Leistungen stellen die kontinentaleuropäischen Rechte darauf ab, ob der Vertrag als Rechtsgrund besteht. Hierüber entscheidet allein das Vertragsrecht. Fehlt es an einer wirksamen vertraglichen Grundlage, kommt es zur Rückforderung, sei es über die ''condictio indebiti'' oder ''sine causa'', sei es mit Hilfe besonderer Rückabwicklungsregeln für nichtige Verträge oder sei es mit Hilfe des Vertragsrechts selbst, wie es etwa das deutsche Recht im Falle des Rücktritts annimmt ([[Rückabwicklung von Verträgen]]). In England stehen demgegenüber eine Reihe unterschiedlicher ''unjust''-Gründe zur Verfügung: Bleibt die Gegenleistung aus, ist eine Rückforderung unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrags wegen ''failure of consideration'' möglich. Ist der Vertrag angefochten oder unwirksam, kann der besondere Anfechtungs- oder Unwirksamkeitsgrund in manchen Fällen zugleich einen ''unjust''-Grund zur Rückforderung darstellen. Daneben ist es möglich, dass der Leistende tatsachen- oder rechtsirrtümlich von der Wirksamkeit des Vertrags ausging. Dann kann er seinen Anspruch auch auf Irrtum stützen. Das unsystematische Nebeneinander verschiedener ''unjust''-Gründe hat die sog. Swap-Rechtsprechung in den 1990er Jahren dazu bewogen, einen ''unjust''-Grund namens ''no consideration'' anzuerkennen, der schon bei der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags gegeben sein sollte. Diese Hinwendung zu einer Rechtsgrundbetrachtung war Anlass für ''Peter Birks'', das von ihm entwickelte System der ''unjust''-Gründe 2003 aufzugeben und den Rückforderungsanspruch statt dessen in Annäherung an das ''civil law'' mit einer ''absence of basis'' zu begründen.


=== b) Regelungsansätze in den Grundregeln ===
== 4. Zuwendungsgegenstand ==
Sowohl Art.&nbsp;6:106 PECL (sachlich übereinstimmend Art.&nbsp;II.-9:106 DCFR) als auch Art.&nbsp;2.1.14 UNIDROIT PICC sowie (als ''lex specialis'' für die Preisbestimmung) Art.&nbsp;5.1.7(3) UNIDROIT PICC regeln die Bestimmung durch einen Dritten nur fragmentarisch. Sie befassen sich ausschließlich mit den Folgen eines Scheiterns des Bestimmungsmechanismus (jeweils in Ermangelung einer vorrangigen Parteivereinbarung), äußern sich aber nicht zum Entscheidungsmaßstab oder zu Verfahrensanforderungen. Die Zulässigkeit einer Delegation setzen sie voraus. Beide Regelwerke wollen den Vertrag grundsätzlich mit (schieds&#8209;)richterlicher Hilfe aufrechterhalten, falls der Dritte die Entscheidung nicht treffen kann oder will. Doch während nach den PECL vermutet wird, dass die Parteien in diesem Fall das Gericht ermächtigt haben, einen neuen Dritten zu benennen, setzen die UNIDROIT PICC im Falle der Kaufpreisbestimmung einen angemessen Preis an die Stelle des zu bestimmenden Preises und überlassen bei allen anderen Vertragsbedingungen die Folgen vorrangig der Abrede der Parteien einschließlich ''implied terms'' und bleiben somit vage in Bezug auf generelle Lösungen. Die Lösung der PECL ist durchaus problematisch, sofern ein nationales Verfahrensrecht kein Verfahren zur Ersetzung des Dritten vorsieht und eine privatautonome Erweiterung gerichtlicher Zuständigkeiten ablehnt. Das Bestreben, den Vertrag aufrechtzuerhalten, zeigt sich in den PECL ebenso darin, dass eine grob unangemessene Bestimmung des Dritten durch eine angemessene ersetzt werden kann. Die UNIDROIT PICC verweisen in diesem Fall auf ihre allgemeinen Regeln über Täuschung, Drohung oder grobes Missverhältnis.
Gegenstand der römischen ''condictio'' waren ursprünglich nur Geld- und Sachleistungen. In der Regel musste das Eigentum auf den Empfänger übergegangen sein, weil ohne Eigentumsübergang schon die Vindikationsklage zur Verfügung stand. Auch in den heutigen europäischen Rechtsordnungen ist die Vindikation (bzw., in England, ein funktionsähnlicher deliktischer Anspruch) zuständig, wenn der Zuwendende der Eigentümer (in England: ''at law'') des Zuwendungsgegenstandes in den Händen des Bereicherten ist; einige Rechtsordnungen gewähren daneben aber auch eine Kondiktion auf bloße Besitzrückgabe. Bei vertraglichen Sachleistungen ist die Abgrenzung zwischen Vindikation und Leistungskondiktion davon abhängig, ob die jeweilige Rechtsordnung im Sachenrecht dem Kausal- oder dem Abstraktionsprinzip folgt ([[Eigentumsübertragung (beweglicher Sachen)|Eigentumsübertragung]]).


== 3. Nachträgliche Leistungsbe&shy;stimmung durch eine Partei ==
Die römische ''condictio'' umfasste auch andere Gegenstände, etwa ein Schuldversprechen oder einen Erlass. Eine Anwendung auf Werk- oder Dienstleistungen ist dagegen nur bei der ''condictio ob rem'' überliefert und bei den übrigen ''condictiones'' zweifelhaft. In dieser Tradition steht etwa das französische Recht, das im Falle von Arbeits- oder Werkleistungen oder Nutzungseinräumungen nicht mit der ''condictio indebiti'', sondern mit dem allgemeinen Bereicherungsanspruch arbeitet, der auch die ''condictio ob rem'' erfasst. In England hing die Art der Rückforderungsklage ursprünglich vom Zuwendungsgegenstand ab. Die ''action for money had and received'' galt nur für Geldleistungen. Hatte der Kläger eine Schuld des Beklagten getilgt, war die ''action for money paid'' einschlägig; bei Sach- bzw. Werkleistungen hieß der Anspruch ''quantum valebat'' bzw. ''quantum meruit''. Die drei letztgenannten Klagen erforderten einen ''request'' des Beklagten, um Rückforderungsansprüche auszuschließen, wenn dem Beklagten eine von ihm nicht gewollte Leistung aufgedrängt wurde. Die heutige Lehre fordert, alle Arten von Zuwendungsgegenständen im Rahmen des ''law of restitution'' einheitlich zu behandeln und die Probleme einer aufgedrängten Leistung bei der Frage zu behandeln, ob der Beklagte durch die Zuwendung bereichert wurde. Diese Forderung wird in der Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen erfüllt, in denen die ''condictio sine causa'' bei jeder Art von Leistungen anwendbar ist.
Von dem römischen Verbot einer Kaufpreisbestimmung durch eine Partei haben sich die meisten Rechtsordnungen Europas emanzipiert. Sie gestatten grundsätzlich die Delegation der Leistungsbestimmung auf eine Partei, etwa durch Verweis auf Listenpreise zum Zeitpunkt der Lieferung. Das eigentliche Regelungsproblem, einen Ausgleich zwischen der möglichst weitgehenden Befolgung des Parteiwillens auf der einen und dem Schutz des Vertragspartners vor einer willkürlichen Übervorteilung und Ausnutzung von Marktmacht auf der anderen Seite zu schaffen, gehen sie unmittelbar an und gestatten eine Anfechtung der Parteileistungsbestimmung vor Gericht und ihre Ersetzung im Fall der (Österreich: offenbaren) Unbilligkeit. Nur gegenüber Verbrauchern ([[Verbraucher und Verbraucherschutz]]) wird verbreitet mit dem gröberen Instrument der Klauselkontrolle ([[Allgemeine Geschäftsbedingungen]]) eine Delegationsmöglichkeit von vornherein beschränkt; teils bestehen auch wettbewerbsrechtliche Implikationen. Anders hingegen verlief die Entwicklung in Frankreich: Dort wurde lange Jahre der Preis bei vielen Vertragstypen (aber z.B. nicht bei [[Werkvertrag]] oder Geschäftsbesorgung) als Teil des ''objet'' (Art.&nbsp;1129 ''Code civil'') verstanden, der bei Vertragsschluss bestimmt oder zumindest nach einem objektiven, vom Parteiwillen unabhängigen Mechanismus bestimmbar sein müsse (z.B. Marktpreis; als derartiger Mechanismus gilt aber auch die Preisbestimmung durch einen Dritten); die Delegation auf eine Partei, auch durch Verweis auf Listenpreise o.ä. (z.B. in langfristigen Vertriebsverträgen), führte zur Unwirksamkeit. Von diesem Standpunkt ist die französische Rechtsprechung erst Mitte der 1990er Jahre abgerückt und erlaubt nun grundsätzlich die einseitige Bestimmung oder Anpassung des Preises. Im Fall eines Missbrauchs der Bestimmungsbefugnis (''abus dans la fixation du prix'') hat die Gegenseite das Recht auf Vertragsaufhebung ''ex nunc'' und/‌oder Schadensersatz; der Schadensersatz führt funktional zu einer Ersetzung der missbräuchlichen Bestimmung durch das Gericht. Bei bestimmten Vertragstypen, insbesondere bei der Kaufpreisbestimmung (zurückgehend auf das römische ''pretium certum'': Art.&nbsp;1591 ''Code civil''), existiert jedoch ein ausdrückliches gesetzliches Gebot der Bestimmtheit des Preises bei Vertragsschluss, das sich gegenüber der allgemeinen Regel durchsetzt. Ein generelles Verbot der Parteileistungsbestimmung enthält der spanische ''Código civil''<nowiki>; allerdings wird bei manchen Vertragstypen eine Bestimmung nach billigem Ermessen zugelassen, andernfalls wird der Vertrag erst mit der „Annahme“ der Parteileistungsbestimmung durch den Vertragspartner wirksam. Und während es traditionell im italienischen Recht als unzulässig galt, einer Partei ein Leistungsbestimmungsrecht einzuräumen, ist neuerdings eine Ansicht im Vordringen, die zumindest die Parteileistungsbestimmung nach billigem Ermessen erlauben will.</nowiki>


Die Regelwerke (Art.&nbsp;6:105 PECL; Art.&nbsp;II.-9:105 DCFR; beschränkt auf den Preis Art.&nbsp;5.1.7(2) UNIDROIT PICC) gehen unausgesprochen davon aus, dass einer Partei die Befugnis zur Leistungsbestimmung übertragen werden kann. Ausdrücklich und abweichend von manchen nationalen Rechtsordnungen regeln sie allein das Problem eines Missbrauchs der Bestimmungsbefugnis: Erst bei grober Unangemessenheit tritt ein – im Streitfall gerichtlich zu bestimmender – angemessener Preis an die Stelle des Bestimmten. Alle Regelwerke erklären diesen Mechanismus für unabdingbar.
== 5. Parteien ==
Gläubiger der Kondiktion ist der Leistende, also derjenige, dem die Zuwendung zugerechnet werden kann. Eine tatsächliche Vermögensminderung wird in den europäischen Rechtsordnungen heute zumeist nicht verlangt. Schuldner ist der Empfänger. Hat ein Dritter von der Zuwendung profitiert, kommt gegen ihn nicht die Kondiktion, sondern ein allgemeiner Bereicherungsanspruch in Frage ([[Bereicherungsrecht]]). Nicht immer sind die Parteien diejenigen, zwischen denen die unmittelbare Vermögensverschiebung stattgefunden hat. So rechnen die kontinentaleuropäischen Rechte in römischer Tradition im Falle einer Anweisung die Zuwendung durch den Angewiesenen dem Anweisenden zu, während das englische Recht Zuwendungen oder Empfangnahmen durch einen ''agent'' dem ''principal'' zuschreibt. Keine Einigkeit besteht aber darüber, unter welchen Umständen eine Partei nur Hilfsperson ist; so können etwa Banken, die einen Zahlungsauftrag ausführen oder Geld für den Kontoinhaber entgegennehmen, im englischen Recht Schuldner und Gläubiger eines Rückforderungsanspruchs sein, während sie im deutschen Recht als Angewiesene oder Zahlstelle grundsätzlich aus der Rückabwicklung herausgehalten werden.


== 4. Einheitsrecht ==
== 6. Gegenstand der Rückforderung ==
Das Gemeinschaftsprivatrecht spricht die nachträgliche Leistungsbestimmung nur ansatzweise an. Zu erwähnen ist zum einen Art.&nbsp;6 der Handelsvertreter-RL (RL&nbsp;86/‌653), der dem Handelsvertreter bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung einen Anspruch auf die für Ort und Ware übliche Vergütung gewährt. Zum anderen enthalten die Buchstaben j bis l des Anhangs Nr.&nbsp;1 zur Klausel-RL (RL&nbsp;93/‌13) mögliche missbräuchliche Klauseln, die dem Unternehmer gegenüber einem Verbraucher einseitige Bestimmungs- oder Änderungsmöglichkeiten einräumen (siehe nunmehr Art.&nbsp;II.-9:411(1)(i)-(k) DCFR; zwischen den nationalen Rechten bestehen aufgrund des Beispielcharakters des Anhangs Divergenzen).
In den kontinentaleuropäischen Rechten richtet sich der Anspruch grundsätzlich auf die tatsächliche Rückgängigmachung der Zuwendung, sei es die Rückübereignung einer Sache oder den Erlass einer rechtsgrundlos eingegangenen Verbindlichkeit. Ein Wertersatzanspruch, wie ihn das englische Recht vorsieht, besteht auf dem Kontinent nur, wenn die tatsächliche Rückgängigmachung nicht möglich ist. Darüber hinaus kennt das englische Recht auch dingliche Bereicherungsansprüche: Selbst wenn das Eigentum ''at law'' durch die Zuwendung auf den Empfänger überging, kann der Irrtum oder die Zweckverfehlung manchmal dazu führen, dass dem Zuwendenden Eigentum ''in equity'' zusteht. In diesem Fall kann er mit Hilfe seiner dinglichen Rechtsposition nicht nur Ansprüche auf wertvolle Surrogate des Zuwendungsgegenstands erheben, sondern auch seinen Rückforderungsanspruch in der Insolvenz des Empfängers durchsetzen, soweit sich das Zugewendete oder sein Surrogat noch im Empfängervermögen befinden.


Das UN-Kaufrecht ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]) kennt ebenfalls das Bestimmtheitsgebot: Um Vertragsofferte zu sein, muss ein Vorschlag so bestimmt sein, dass im Falle der Annahme ein durchführbarer Vertrag zustande kommt. Dies schließt die Vereinbarung der Befugnis eines Dritten oder einer Partei zur nachträglichen Leistungsbestimmung nicht aus. Jedoch kann die Wirksamkeit des Leistungsbestimmungsrechts einer Partei an dem für die Gültigkeit des Vertrages heranzuziehenden nationalen Recht scheitern. Berühmt ist der (eher theoretisch gebliebene) Streit über das Problem des unbestimmten Kaufpreises im UN-Kaufrecht. Eine Offerte muss nach Art.&nbsp;14(1)2 CISG auch einen Preis oder einen (wirksamen) Mechanismus zu seiner Bestimmung vorsehen. Erst wenn ein Vertrag ohne ausdrückliche oder stillschweigende Preisfestsetzung wirksam geschlossen wurde, vermutet Art.&nbsp;55 CISG die Vereinbarung des üblichen Marktpreises. Das Spannungsverhältnis zwischen beiden Vorschriften löst sich (nach freilich umstrittener Ansicht) auf, wenn berücksichtigt wird, dass einerseits Preise oder Bestimmungsmechanismen in einer Branche allgemein bekannt und damit stillschweigend vereinbart sein können und andererseits Art.&nbsp;14 CISG – sofern er nicht überhaupt von der Ratifikation ausgenommen wurde – ausdrücklich, stillschweigend oder durch Handelsbräuche oder Gepflogenheiten abbedungen werden kann. Eine Abbedingung wird regelmäßig in der Vereinbarung einer nachträglichen Preisbestimmung durch eine Partei oder einen Dritten liegen; diese Preisbestimmung hat dem Gutglaubensgebot des UN-Kaufrechts zu genügen.
Ein späterer Wegfall der Bereicherung war bei der römisch-gemeinrechtlichen ''condictio'' grundsätzlich unerheblich. Der Anspruch richtete sich auf das Erhaltene, nicht auf das, was noch beim Empfänger vorhanden war. Nur bei der Leistung von Speziessachen wurde mit Hilfe der allgemeinen Unmöglichkeitsregeln eine gewisse Haftungsmilderung für den gutgläubigen Empfänger erreicht: Ging die Sache ohne sein Verschulden unter, wurde er frei; veräußerte er die Sache gutgläubig, schuldete er nur den erhaltenen Kaufpreis. In dieser Tradition stehen die französischen, italienischen, österreichischen und niederländischen Kodifikationen, die Sonderregeln insbesondere für Sachleistungen vorsehen, während es grundsätzlich keine Einrede des Bereicherungswegfalls gibt. Auch im englischen Recht richtete sich die Haftung des Empfängers bis 1991 strikt auf das Erhaltene, falls nicht ausnahmsweise eine ''estoppel''-Einrede wegen Erweckung eines besonderen Vertrauenstatbestands zur Hilfe kam. Die strikte Haftung hat in allen genannten Rechten dazu geführt, dass gegenüber minderjährigen Empfängern nicht der gewöhnliche Rückforderungsanspruch einschlägig ist, sondern ein Anspruch, der sich lediglich auf die Bereicherung richtet.
 
Eine allgemeine Einrede des Wegfalls der Bereicherung zugunsten des gutgläubigen Empfängers wurde insbesondere im 19.&nbsp;Jahrhundert in Deutschland favorisiert und dann in die Kodifikationen in Deutschland und in der Schweiz aufgenommen. Sie beruht auf dem Gedanken, dass der Anspruch auf der ungerechtfertigten Bereicherung des Empfängers beruht und daher wegfällt, soweit diese Bereicherung nicht mehr gegeben und dem Empfänger keine Bösgläubigkeit vorzuwerfen ist. Damit ihm durch die Rückforderung kein Schaden entsteht, soll er geschützt werden, soweit er das Erhaltene verloren oder nachteilige Dispositionen im Vertrauen auf den Empfang getroffen hat. Eine Einrede der ''change of position'', die zumindest nachteilige Dispositionen des gutgläubigen Empfängers betrifft, führte das ''House of Lords'' 1991 auch für das englische Bereicherungsrecht ein (''Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd.''<nowiki> [1991] 2 AC 548). Die sachliche Berechtigung der Einrede ist allerdings zumindest in denjenigen Fällen zweifelhaft, in denen der Empfänger an der fehlgeschlagenen Zuwendung beteiligt war. Bei Leistungen auf einen Austauschvertrag kommt hinzu, dass der Empfänger das Erhaltene bewusst gegen eine Gegenleistung austauschte und es unbillig wäre, wenn er von seiner Rückerstattungspflicht befreit würde, seine Gegenleistung aber zurückfordern oder zurückbehalten könnte </nowiki> ([[Rückabwicklung von Verträgen]]).
 
== 7. Vereinheitlichungsprojekte ==
In den Modellgesetzen und im Einheitsrecht finden sich häufig einzelne Regeln zur Rückforderung vertraglicher Leistungen, etwa Art.&nbsp;81–84 CISG, Art.&nbsp;9:305–309 PECL und Art.&nbsp;7.3.6 UNIDROIT PICC für den Fall der Vertragsaufhebung wegen Nichterfüllung, Art.&nbsp;4:115 PECL und Art.&nbsp;3.17 UNIDROIT PICC bei einer Anfechtung wegen Willensmängeln und Art.&nbsp;15:104 PECL bei rechts- und sittenwidrigen Verträgen. Der ''[ Code Européen des Contrats (Avant‑projet)]]'' regelt alle diese Fälle in einer einheitlichen Vorschrift (Art.&nbsp;160). Der Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]] enthält zum einen vertragliche Rückabwicklungsregeln für die Fälle der Vertragsaufhebung, des Widerrufs und der Kündigung (Art.&nbsp;III.-3:510–514 i.V.m. Art.&nbsp;II.-5:105, III.-1:108–109), zum anderen einen eigenen Abschnitt zum [[Bereicherungsrecht]] (Buch&nbsp;VII), der auch bei Leistungen auf unwirksame und angefochtene Verträge und beim Widerruf von Schenkungen anwendbar ist (Art.&nbsp;II.-7:212, II.-7:303, IV.H.-4:103). Kollisionsnormen finden sich in Art.&nbsp;12 der Rom I-VO (VO&nbsp;593/‌2008) und in Art.&nbsp;10 der Rom II-VO (VO&nbsp;864/‌2007).


==Literatur==
==Literatur==
''René David'', L’arbitrage en droit civil, technique de régulation des contrats, in: Mélanges dédiés à Gabriel Marty, 1978, 383&nbsp;ff.; ''Walther J. Habscheid'', Das Schiedsgutachten als Mittel der Streitentscheidung und der Streitvorbeugung: Eine rechtsvergleichende Untersuchung, in: Festschrift für Winfried Kralik, 1986, 189&nbsp;ff.; ''Denis Tallon'', La détermination du prix dans les contrats (étude de droit comparé), 1989; ''Wolfgang Witz'', Der unbestimmte Kaufpreis: Ein rechtsvergleichender Beitrag zur Bedeutung des pretium certum, 1989; ''Hein Kötz'', Europäisches Vertragsrecht, Bd.&nbsp;I, 1996, 62&nbsp;ff.; ''Reinhard Zimmermann'', The Law of Obligations, 1996, 253&nbsp;ff.; ''Martin Borowsky'', Das Schiedsgutachten im Common Law: Ein rechtsvergleichender Beitrag zum Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit, 2001; ''Eva Luig'', Der internationale Vertragsschluß, 2003, 43&nbsp;ff.; ''Emmanuel Gardounis'', La détermination du prix dans le contrat: Étude comparée entre le droit Français et le droit Hellénique, 2007; ''John Kendall'', Expert Determination, 4.&nbsp;Aufl. 2008.
''Izhak Englard'', Restitution of Benefits Conferred Without Obligation, in: IECL X, Kap.&nbsp;5, 1991; ''Reinhard Zimmermann'', The Law of Obligations, 1996, 834&nbsp;ff.; ''Konrad Zweigert'','' Hein Kötz'', Einführung in die Rechtsvergleichung, 3.&nbsp;Aufl. 1996, 568&nbsp;ff.; ''Sonja Meier'', Irrtum und Zweckverfehlung, 1999; ''Peter Schlechtriem'', Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa, Bd.&nbsp;I, 2000; ''Thomas Krebs'', Restitution at the Crossroads, 2001; ''Peter Birks'', Unjust Enrichment, 2.&nbsp;Aufl. 2005; ''Christiane C. Wendehorst'', Die Leistungskondiktion und ihre Binnenstruktur in rechtsvergleichender Perspektive, in: Reinhard Zimmermann (Hg.), Grundstrukturen eines europäischen Bereicherungsrechts, 2005, 47&nbsp;ff.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Contractual_Terms,_Subsequent_Determination]]
[[en:Restitution_in_Case_of_Undue_Transfer_]]

Version vom 28. September 2021, 18:05 Uhr

von Sonja Meier

1. Leistung auf eine Nichtschuld

In allen europäischen Rechten können Leistungen, die zur Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit erbracht wurden, zurückgefordert werden, wenn die Verbindlichkeit in Wahrheit nicht besteht. Dasselbe gilt, wenn der Verbindlichkeit eine dauernde Einrede entgegengesetzt werden kann oder wenn zwar eine wirksame Verbindlichkeit besteht, der Leistende aber nicht Schuldner oder der Empfänger nicht Gläubiger ist. Die kontinentaleuropäischen Rechte stellen zu diesem Zweck die condictio indebiti zur Verfügung, die sie aus dem römisch-gemeinen Recht übernommen haben. Das englische Recht gewährt mit einer action for money had and received einen funktionsgleichen Rechtsbehelf. In römischer Tradition wurden die Rückforderungsklagen sowohl hier als auch auf dem Kontinent jahrhundertelang in die (eher nichtssagende) Kategorie der Quasikontrakte eingeordnet. Heute bildet die Kondiktion bei Leistung auf eine Nichtschuld häufig (etwa in Deutschland, der Schweiz, Griechenland und Portugal) einen zentralen Bestandteil des Bereicherungsrechts. Dasselbe gilt mittlerweile in England, wo sich ein eigenständiges Rechtsgebiet des law of restitution bzw. unjust enrichment erst Mitte des 20. Jahrhunderts herausgebildet hat. Das französische, italienische, spanische und niederländische Recht unterscheiden dagegen zwischen der Rückforderung nichtgeschuldeter Leistungen einerseits und dem allgemeinen Bereicherungsanspruch andererseits, für die jeweils unterschiedliche Regeln gelten.

Hat der Leistende gewusst, dass die zugrunde liegende Verbindlichkeit nicht besteht, und trotzdem freiwillig geleistet, soll ihm die Rückforderung versagt werden. Die gemeinrechtliche condictio indebiti setzte voraus, dass der Leistende sich über das Bestehen der Verbindlichkeit in einem entschuldbaren Irrtum befunden hatte. Bei der Frage der Entschuldbarkeit wurde häufig zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtümern unterschieden: Während der Tatsachenirrtum ohne weiteres einen Anspruch begründete, konnten rechtsirrtümlich erbrachte Leistungen trotz Fehlens einer zugrunde liegenden Verbindlichkeit nicht zurückgefordert werden. Diese Regel galt zwischen 1802 und 1998 auch im englischen Recht. Der Gedanke, dass jeder zur Kenntnis des Rechts verpflichtet sei, konnte die erzielten Ergebnisse freilich nicht rechtfertigen; vielmehr spielten im Einzelnen unterschiedliche Sachgründe eine Rolle. So sollte nicht jede Rechtsprechungsänderung (die nach herkömmlicher Doktrin lediglich klarstellt, was seit jeher rechtens war) zu einer Flut von Rückforderungsansprüchen aus bereits abgeschlossenen Sachverhalten führen. Häufig betraf der Rechtsirrtum des Leistenden auch lediglich die Klagbarkeit der zugrunde liegenden Verbindlichkeit, die als solche den Güteraustausch rechtfertigte und nur aus besonderen Gründen nicht erzwingbar war. Die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen schließen durch Sonderregeln die Rückforderung von Leistungen aus, die auf eine verjährte Schuld (Verjährung), eine nur wegen Formmangels nicht klagbare Verbindlichkeit (Formerfordernisse), eine Wettschuld oder Ähnliches erbracht wurden. Ein solcher Begriff der Naturalobligation, die zwar nicht klagbar ist, aber eine Güterbewegung rechtfertigen kann, war vor 1802 auch dem englischen Recht bekannt und wird hier, nachdem das House of Lords die Rechtsirrtumsregel 1998 abgeschafft hat (Kleinwort Benson Ltd. v. Lincoln City Council [1999] 2 AC 349), nun wiederentdeckt.

Die heutigen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen unterscheiden nicht mehr zwischen Tatsachen- und Rechtsirrtümern, messen der Rolle des Irrtums aber unterschiedliche Bedeutung zu. Einige Rechtsordnungen halten wie das englische Recht am Irrtum als Voraussetzung der condictio indebiti fest. Das deutsche Recht verzichtet darauf, gewährt dem Empfänger aber eine Einrede, wenn er nachweisen kann, dass der Leistende das Fehlen der Verbindlichkeit kannte. Das italienische und das französische Recht verlangen nur dann einen Irrtum, wenn auf eine fremde Schuld geleistet wurde. Dieses Irrtumserfordernis besteht sachlich auch in den übrigen Rechten, da bei bewusster Leistung auf eine bestehende Fremdschuld keine Zweckverfehlung vorliegt, die eine Rückforderung rechtfertigen könnte. Das moderne niederländische Recht verzichtet sowohl auf ein Irrtumserfordernis als auch auf eine Einrede der Kenntnis. Hierfür spricht, dass ein Rückforderungsausschluss bei einer freiwilligen Leistung in Kenntnis der fehlenden Verbindlichkeit auch mit dem Vorliegen einer wirksamen Schenkung oder mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens begründet werden kann. Umgekehrt wird sowohl in England als auch auf dem Kontinent trotz Vorliegen eines Irrtums oder Zweifels die Rückforderung dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger annehmen durfte, dass der Leistende ungeachtet des Bestehens der Verbindlichkeit die Angelegenheit endgültig beschließen wollte.

2. Leistung in Erwartung eines Erfolgs

Nach [[römischem Recht waren nur bestimmte Arten von Vereinbarungen als bindende Verträge anerkannt. Soweit ein solcher Vertragstyp nicht vorlag, hatte eine Partei, die selbst geleistet, aber die vereinbarte Gegenleistung nicht erhalten hatte, ursprünglich keinen vertraglichen Anspruch auf die Gegenleistung. In dieser Lage ermöglichte ihr die condictio ob rem (oder condictio causa data causa non secuta), zumindest ihre eigene schon erbrachte Leistung zurückzuerhalten. Die causa, die nach Ansicht beider Parteien der Leistung zugrunde lag, sich aber nicht verwirklichte, war hier der Empfang der Gegenleistung. Nachdem im Gemeinen Recht die bindende Wirkung aller Arten von Vereinbarungen anerkannt wurde (Vertragsfreiheit), verlor die condictio ob rem an Bedeutung. Sie ist zwar heute noch in den meisten kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen anerkannt, vereinzelt auch kodifiziert, beschränkt sich aber auf die seltenen Fälle, in denen der Leistung kein Vertrag zugrunde liegt, etwa dann, wenn die Gegenleistung nicht Vertragsgegenstand sein kann (Arbeitsleistung, um später als Erbe eingesetzt zu werden), oder auch in dem schon im römischen Recht bekannten Fall, dass das von den Parteien erwartete Ereignis keine Gegenleistung ist (Mitgift in Erwartung der Eheschließung, die dann nicht stattfindet).

Das englische Äquivalent ist ein Rückforderungsanspruch wegen failure of consideration, der ebenfalls voraussetzt, dass die Leistung in Erwartung einer Gegenleistung oder eines sonstigen Ereignisses stattfand und dies dem Empfänger bekannt war. Anders als auf dem Kontinent wird der Anspruch aber auch bei vertraglichen Leistungen eingesetzt. Nach englischer Vorstellung beruht der Rückforderungsanspruch bei vertraglichen Leistungsstörungen darauf, dass der Erhalt der Gegenleistung fehlgeschlagen ist, der erkennbar die Grundlage der Leistung gebildet habe. Zweck einer vertraglichen Leistung ist also aus englischer Sicht nicht die Erfüllung einer eigenen Verpflichtung, wie man es im civil law annimmt, sondern der Erhalt der Gegenleistung.

Auf die Verwirklichung des mit einer Leistung erstrebten Erfolgs kommt es nicht an, wenn schon die Entgegennahme der Leistung selbst missbilligenswert ist. Wurde etwa geleistet, damit der Empfänger keine Straftaten beging oder eine ihn ohnehin treffende Pflicht erfüllte, stellte das römisch-gemeine Recht zur Rückforderung die condictio ob turpem vel iniustam causam zur Verfügung. Auch diese Kondiktion hat im heutigen kontinentaleuropäischen Recht nur einen geringen Anwendungsbereich, weil die Einigung der Parteien über den Leistungszweck in der Regel einen Vertrag darstellt, so dass es sich um eine Leistung auf einen wegen [[Sitten- und Gesetzwidrigkeit unwirksamen Vertrag handelt. Das englische Recht kennt in vergleichbaren Sachverhalten besondere Rückforderungsansprüche, die sich auf illegality, duress, inequality oder exploitation stützen.

3. Rechtsgrundlosigkeit vs. unjust-Gründe

Neben den genannten condictiones kannte das Gemeine Recht auch eine condictio ob causam finitam für den Fall, dass die einer Leistung zugrunde liegende Verbindlichkeit erst nachträglich wegfiel, sowie die allgemeine condictio sine causa, die schon das römische Recht als Auffangtatbestand genutzt hatte. Die gemeinrechtliche condictio sine causa generalis diente als Oberbegriff für alle condictiones, der ihren gemeinsamen Leitgedanken zum Ausdruck brachte, nämlich das Fehlen einer causa, die das Behalten des Empfangenen rechtfertigte. Die für die Rückforderung von Zuwendungen eingesetzten condictiones beruhten auf dem Gedanken der Zweckverfehlung: Die zugrunde gelegte causa bestand nicht, verwirklichte sich nicht oder fiel weg, oder die Parteien waren sich über die causa nicht einig. Die heutigen kontinentaleuropäischen Rückforderungsansprüche wegen Erfüllung einer Nichtschuld (so etwa das französische, italienische, spanische und österreichische Recht) oder wegen rechtsgrundloser Leistung (so das deutsche, schweizerische und niederländische Recht) beruhen darauf, dass eine Zuwendung im Hinblick auf einen Rechtsgrund erfolgt, der nicht besteht. Dieser Rechtsgrund ist im Regelfall eine klagbare Verbindlichkeit, kann aber auch eine Naturalobligation oder eine Zweckvereinbarung sein. Sofern eine Rechtsordnung mit einem Irrtumserfordernis oder einer Einrede der Kenntnis arbeitet, werden diese zumeist nicht angewendet, wenn unter Zwang, durch einen Minderjährigen oder unter Vorbehalt der Rückforderung geleistet wurde: Zentrales Merkmal ist die Rechtsgrundlosigkeit, nicht der Irrtum.

Die in England seit Jahrhunderten anerkannten, ursprünglich actions for money had and received genannten Rückforderungsklagen wegen Irrtums, Zwangs bzw. Ausbeutung und failure of consideration mögen ursprünglich Äquivalente der römischen condictiones indebiti, ob turpem causam und ob rem gewesen sein. Im Lauf der Zeit hat sich die Rechtsentwicklung aber vom Kontinent entfernt. Das englische Äquivalent zur condictio indebiti erforderte ursprünglich die irrtümliche Annahme einer klagbaren Verbindlichkeit. Nachdem sich diese Voraussetzung als zu eng herausgestellt hat, soll nun jeder Irrtum genügen, unabhängig von seinem Gegenstand. Während die kontinentale Rechtsentwicklung die Rechtsgrundlosigkeit betont und das gemeinrechtliche Irrtumserfordernis zurückdrängt, konzentriert sich das englische Recht umgekehrt auf den Irrtum. Der Rechtsgrund spielt nur insoweit eine Rolle, als einem Bereicherungsanspruch wegen Irrtums eine Einrede entgegensteht, wenn auf eine wirksame Verbindlichkeit geleistet wurde. Die englische Literatur ab den 1970er Jahren, angeführt durch Peter Birks, hat diesen Gedanken zu einem System der sog. unjust-Gründe erweitert. Eine Zuwendung kann nur dann zurückgefordert werden, wenn sie aus einem besonderen Grund ungerechtfertigt ist, sei es, weil sie nicht vom Willen des Zuwendenden getragen wurde (unjust-Gründe Irrtum, Zwang, Minderjährigkeit, Ausbeutung), sei es, weil der Wille nur bedingt war (unjust-Grund failure of consideration), oder sei es aus besonderen rechtspolitischen Gründen (policy-motivated unjust-factors).

Bei vertraglichen Leistungen stellen die kontinentaleuropäischen Rechte darauf ab, ob der Vertrag als Rechtsgrund besteht. Hierüber entscheidet allein das Vertragsrecht. Fehlt es an einer wirksamen vertraglichen Grundlage, kommt es zur Rückforderung, sei es über die condictio indebiti oder sine causa, sei es mit Hilfe besonderer Rückabwicklungsregeln für nichtige Verträge oder sei es mit Hilfe des Vertragsrechts selbst, wie es etwa das deutsche Recht im Falle des Rücktritts annimmt (Rückabwicklung von Verträgen). In England stehen demgegenüber eine Reihe unterschiedlicher unjust-Gründe zur Verfügung: Bleibt die Gegenleistung aus, ist eine Rückforderung unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrags wegen failure of consideration möglich. Ist der Vertrag angefochten oder unwirksam, kann der besondere Anfechtungs- oder Unwirksamkeitsgrund in manchen Fällen zugleich einen unjust-Grund zur Rückforderung darstellen. Daneben ist es möglich, dass der Leistende tatsachen- oder rechtsirrtümlich von der Wirksamkeit des Vertrags ausging. Dann kann er seinen Anspruch auch auf Irrtum stützen. Das unsystematische Nebeneinander verschiedener unjust-Gründe hat die sog. Swap-Rechtsprechung in den 1990er Jahren dazu bewogen, einen unjust-Grund namens no consideration anzuerkennen, der schon bei der Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags gegeben sein sollte. Diese Hinwendung zu einer Rechtsgrundbetrachtung war Anlass für Peter Birks, das von ihm entwickelte System der unjust-Gründe 2003 aufzugeben und den Rückforderungsanspruch statt dessen in Annäherung an das civil law mit einer absence of basis zu begründen.

4. Zuwendungsgegenstand

Gegenstand der römischen condictio waren ursprünglich nur Geld- und Sachleistungen. In der Regel musste das Eigentum auf den Empfänger übergegangen sein, weil ohne Eigentumsübergang schon die Vindikationsklage zur Verfügung stand. Auch in den heutigen europäischen Rechtsordnungen ist die Vindikation (bzw., in England, ein funktionsähnlicher deliktischer Anspruch) zuständig, wenn der Zuwendende der Eigentümer (in England: at law) des Zuwendungsgegenstandes in den Händen des Bereicherten ist; einige Rechtsordnungen gewähren daneben aber auch eine Kondiktion auf bloße Besitzrückgabe. Bei vertraglichen Sachleistungen ist die Abgrenzung zwischen Vindikation und Leistungskondiktion davon abhängig, ob die jeweilige Rechtsordnung im Sachenrecht dem Kausal- oder dem Abstraktionsprinzip folgt (Eigentumsübertragung).

Die römische condictio umfasste auch andere Gegenstände, etwa ein Schuldversprechen oder einen Erlass. Eine Anwendung auf Werk- oder Dienstleistungen ist dagegen nur bei der condictio ob rem überliefert und bei den übrigen condictiones zweifelhaft. In dieser Tradition steht etwa das französische Recht, das im Falle von Arbeits- oder Werkleistungen oder Nutzungseinräumungen nicht mit der condictio indebiti, sondern mit dem allgemeinen Bereicherungsanspruch arbeitet, der auch die condictio ob rem erfasst. In England hing die Art der Rückforderungsklage ursprünglich vom Zuwendungsgegenstand ab. Die action for money had and received galt nur für Geldleistungen. Hatte der Kläger eine Schuld des Beklagten getilgt, war die action for money paid einschlägig; bei Sach- bzw. Werkleistungen hieß der Anspruch quantum valebat bzw. quantum meruit. Die drei letztgenannten Klagen erforderten einen request des Beklagten, um Rückforderungsansprüche auszuschließen, wenn dem Beklagten eine von ihm nicht gewollte Leistung aufgedrängt wurde. Die heutige Lehre fordert, alle Arten von Zuwendungsgegenständen im Rahmen des law of restitution einheitlich zu behandeln und die Probleme einer aufgedrängten Leistung bei der Frage zu behandeln, ob der Beklagte durch die Zuwendung bereichert wurde. Diese Forderung wird in der Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen erfüllt, in denen die condictio sine causa bei jeder Art von Leistungen anwendbar ist.

5. Parteien

Gläubiger der Kondiktion ist der Leistende, also derjenige, dem die Zuwendung zugerechnet werden kann. Eine tatsächliche Vermögensminderung wird in den europäischen Rechtsordnungen heute zumeist nicht verlangt. Schuldner ist der Empfänger. Hat ein Dritter von der Zuwendung profitiert, kommt gegen ihn nicht die Kondiktion, sondern ein allgemeiner Bereicherungsanspruch in Frage (Bereicherungsrecht). Nicht immer sind die Parteien diejenigen, zwischen denen die unmittelbare Vermögensverschiebung stattgefunden hat. So rechnen die kontinentaleuropäischen Rechte in römischer Tradition im Falle einer Anweisung die Zuwendung durch den Angewiesenen dem Anweisenden zu, während das englische Recht Zuwendungen oder Empfangnahmen durch einen agent dem principal zuschreibt. Keine Einigkeit besteht aber darüber, unter welchen Umständen eine Partei nur Hilfsperson ist; so können etwa Banken, die einen Zahlungsauftrag ausführen oder Geld für den Kontoinhaber entgegennehmen, im englischen Recht Schuldner und Gläubiger eines Rückforderungsanspruchs sein, während sie im deutschen Recht als Angewiesene oder Zahlstelle grundsätzlich aus der Rückabwicklung herausgehalten werden.

6. Gegenstand der Rückforderung

In den kontinentaleuropäischen Rechten richtet sich der Anspruch grundsätzlich auf die tatsächliche Rückgängigmachung der Zuwendung, sei es die Rückübereignung einer Sache oder den Erlass einer rechtsgrundlos eingegangenen Verbindlichkeit. Ein Wertersatzanspruch, wie ihn das englische Recht vorsieht, besteht auf dem Kontinent nur, wenn die tatsächliche Rückgängigmachung nicht möglich ist. Darüber hinaus kennt das englische Recht auch dingliche Bereicherungsansprüche: Selbst wenn das Eigentum at law durch die Zuwendung auf den Empfänger überging, kann der Irrtum oder die Zweckverfehlung manchmal dazu führen, dass dem Zuwendenden Eigentum in equity zusteht. In diesem Fall kann er mit Hilfe seiner dinglichen Rechtsposition nicht nur Ansprüche auf wertvolle Surrogate des Zuwendungsgegenstands erheben, sondern auch seinen Rückforderungsanspruch in der Insolvenz des Empfängers durchsetzen, soweit sich das Zugewendete oder sein Surrogat noch im Empfängervermögen befinden.

Ein späterer Wegfall der Bereicherung war bei der römisch-gemeinrechtlichen condictio grundsätzlich unerheblich. Der Anspruch richtete sich auf das Erhaltene, nicht auf das, was noch beim Empfänger vorhanden war. Nur bei der Leistung von Speziessachen wurde mit Hilfe der allgemeinen Unmöglichkeitsregeln eine gewisse Haftungsmilderung für den gutgläubigen Empfänger erreicht: Ging die Sache ohne sein Verschulden unter, wurde er frei; veräußerte er die Sache gutgläubig, schuldete er nur den erhaltenen Kaufpreis. In dieser Tradition stehen die französischen, italienischen, österreichischen und niederländischen Kodifikationen, die Sonderregeln insbesondere für Sachleistungen vorsehen, während es grundsätzlich keine Einrede des Bereicherungswegfalls gibt. Auch im englischen Recht richtete sich die Haftung des Empfängers bis 1991 strikt auf das Erhaltene, falls nicht ausnahmsweise eine estoppel-Einrede wegen Erweckung eines besonderen Vertrauenstatbestands zur Hilfe kam. Die strikte Haftung hat in allen genannten Rechten dazu geführt, dass gegenüber minderjährigen Empfängern nicht der gewöhnliche Rückforderungsanspruch einschlägig ist, sondern ein Anspruch, der sich lediglich auf die Bereicherung richtet.

Eine allgemeine Einrede des Wegfalls der Bereicherung zugunsten des gutgläubigen Empfängers wurde insbesondere im 19. Jahrhundert in Deutschland favorisiert und dann in die Kodifikationen in Deutschland und in der Schweiz aufgenommen. Sie beruht auf dem Gedanken, dass der Anspruch auf der ungerechtfertigten Bereicherung des Empfängers beruht und daher wegfällt, soweit diese Bereicherung nicht mehr gegeben und dem Empfänger keine Bösgläubigkeit vorzuwerfen ist. Damit ihm durch die Rückforderung kein Schaden entsteht, soll er geschützt werden, soweit er das Erhaltene verloren oder nachteilige Dispositionen im Vertrauen auf den Empfang getroffen hat. Eine Einrede der change of position, die zumindest nachteilige Dispositionen des gutgläubigen Empfängers betrifft, führte das House of Lords 1991 auch für das englische Bereicherungsrecht ein (Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 AC 548). Die sachliche Berechtigung der Einrede ist allerdings zumindest in denjenigen Fällen zweifelhaft, in denen der Empfänger an der fehlgeschlagenen Zuwendung beteiligt war. Bei Leistungen auf einen Austauschvertrag kommt hinzu, dass der Empfänger das Erhaltene bewusst gegen eine Gegenleistung austauschte und es unbillig wäre, wenn er von seiner Rückerstattungspflicht befreit würde, seine Gegenleistung aber zurückfordern oder zurückbehalten könnte (Rückabwicklung von Verträgen).

7. Vereinheitlichungsprojekte

In den Modellgesetzen und im Einheitsrecht finden sich häufig einzelne Regeln zur Rückforderung vertraglicher Leistungen, etwa Art. 81–84 CISG, Art. 9:305–309 PECL und Art. 7.3.6 UNIDROIT PICC für den Fall der Vertragsaufhebung wegen Nichterfüllung, Art. 4:115 PECL und Art. 3.17 UNIDROIT PICC bei einer Anfechtung wegen Willensmängeln und Art. 15:104 PECL bei rechts- und sittenwidrigen Verträgen. Der [ Code Européen des Contrats (Avant‑projet)]] regelt alle diese Fälle in einer einheitlichen Vorschrift (Art. 160). Der Draft DCFR enthält zum einen vertragliche Rückabwicklungsregeln für die Fälle der Vertragsaufhebung, des Widerrufs und der Kündigung (Art. III.-3:510–514 i.V.m. Art. II.-5:105, III.-1:108–109), zum anderen einen eigenen Abschnitt zum Bereicherungsrecht (Buch VII), der auch bei Leistungen auf unwirksame und angefochtene Verträge und beim Widerruf von Schenkungen anwendbar ist (Art. II.-7:212, II.-7:303, IV.H.-4:103). Kollisionsnormen finden sich in Art. 12 der Rom I-VO (VO 593/‌2008) und in Art. 10 der Rom II-VO (VO 864/‌2007).

Literatur

Izhak Englard, Restitution of Benefits Conferred Without Obligation, in: IECL X, Kap. 5, 1991; Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, 834 ff.; Konrad Zweigert, Hein Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, 568 ff.; Sonja Meier, Irrtum und Zweckverfehlung, 1999; Peter Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa, Bd. I, 2000; Thomas Krebs, Restitution at the Crossroads, 2001; Peter Birks, Unjust Enrichment, 2. Aufl. 2005; Christiane C. Wendehorst, Die Leistungskondiktion und ihre Binnenstruktur in rechtsvergleichender Perspektive, in: Reinhard Zimmermann (Hg.), Grundstrukturen eines europäischen Bereicherungsrechts, 2005, 47 ff.