Familienrecht, internationales und Familienwohnung: Unterschied zwischen den Seiten

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== 1. Personenrecht ==
== 1. Allgemein ==
Das Internationale Personenrecht beschränkt sich auf vier Fragen: Fähigkeit, Geschlecht, Name und Verschollenerklärung.
Familienwohnung und Hausrat erfuhren besonderen Schutz im Zuge der Reformen des Rechts der allgemeinen Ehewirkungen und des Ehegüterrechts während der 1960er und 1970er Jahre. Dieser Schutz betrifft sowohl die Familienwohnung, die Eigentum eines oder beider Ehegatten ist, als auch die Mietwohnung.


=== a) Rechtsfähigkeit ===
Der Begriff der Familienwohnung wird nicht in allen Rechtssystemen identisch definiert. In vielen Rechtssystemen wie in Belgien (Art. 215, § 1, Abs. 1 ZGB) und Frankreich (Art. 215 Abs. 3 ''Code civil'') wird nur die Hauptwohnung und nicht die Zweitwohnung geschützt, in einigen Rechtssystemen wie in Dänemark (§ 18 EhewirkungsG), England und Wales (''Matrimonial Homes Act 1983'') sowie den Niederlanden (Art. 88 ZGB) werden alle Familienwohnungen geschützt.
Die Rechtsfähigkeit einer natürlichen Person (''capacité'', ''capacità'' ''giuridica'') wird – wenn überhaupt eine Kollisionsnorm besteht – nach der ''lex fori'' (z.B. Art. 34 Abs. 1 schweiz. IPRG) oder nach dem [[Personalstatut]] der Person beurteilt (z.B. Art. 7 EGBGB; Art. 5 griech. ZGB; § 12 österreich. IPR-Gesetz; Art. 26 portug. ''Código civil''). Dieses Recht bestimmt insbesondere, wann die Rechtsfähigkeit teilweise oder vollständig beginnt (vor der Geburt als ''nasciturus'' für Erbfälle z.B. nach § 1923 Abs. 2 BGB, mit Geburt oder mit Ablauf einer bestimmten Zeit nach der Geburt) und wann sie aufhört (z.B. mit Gehirntod oder Herzstillstand). Bisher, d.h. seit Abschaffung der Sklaverei, hat die Rechtsfähigkeit natürlicher Personen kollisionsrechtlich keine Rolle gespielt.


=== b) Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit ===
Es besteht eine starke Tendenz dazu, die Familienwohnung auch in [[nichteheliche Lebensgemeinschaft|nichtehelichen Lebensgemeinschaften]]en und insbesondere bei registrierten Partnerschaften – wie etwa in Belgien (Art. 1477 ZGB) oder England – zu schützen.
Die Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit'' ''einer natürlichen Person (''capacité'', ''capacità di agire''), die in aller Regel nur als Teil- oder Vorfrage auftaucht ([[Anknüpfung]]), wird im Allgemeinen nach deren Personalstatut ([[Personalstatut]]) bestimmt. Dieses regelt Beginn und Ende einer Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit. Soweit es noch eine ''Entmündigung'' gibt (in Deutschland ist Art. 8 EGBGB seit Beseitigung der Entmündigung im BGB entfallen), folgt sie eigenen Regeln. Durchweg ist hierfür das Personalstatut maßgebend (§ 15 österreich. IPR-Gesetz), bei Ausländern ist eine gewisse Inlandbeziehung Voraussetzung (z.B. Art. 8 griech. ZGB). Ausländische Entmündigungen werden nach den Regeln der Anerkennung ausländischer Entscheidungen anerkannt oder nicht.


Außerdem enthalten manche IPR-Gesetze ([[internationales Privatrecht]]) noch vier Ergänzungen zur Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit:
== 2. Schutz der Familienwohnung während der Ehe ==
Die meisten kontinentalen Rechtssysteme schützen die Familienwohnung, die zum Eigenvermögen eines Ehegatten oder zum Gesamtgut gehört, über das Recht der allgemeinen Ehewirkungen oder über das [[Ehegüterrecht]]. Das freie Verfügungsrecht wird beschränkt. Veräußerungen und meistens auch andere Rechtsgeschäfte wie z.B. die Vermietung sind nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten möglich. Dies ist geltendes Recht in Belgien (Art. 215 § 1 Abs. 1 ZGB), Dänemark (§ 18 Ehewirkungsgesetz), Frankreich (Art. 215 Abs. 3 ''Code civil''), Litauen (Art. 3.36 ZGB), den Niederlanden (Art. 88 Abs. 1a BW), Norwegen (§ 32 Ehegesetz v. 4.7.1991), Österreich (§ 97 ABGB), Portugal (Art. 1682B ZGB), Schweden (§ 5, §§ 1-2 Ehegesetz) und in der Schweiz (Art. 169 Abs. 1 ZGB). Gleiches gilt für den sich dort befindenden Hausrat, wie z.B. in Belgien (Art. 215 § 1 Abs. 2 ZGB), Dänemark (§ 19 Ehewirkungsgesetz), Deutschland (§ 1369 BGB), den Niederlanden (Art. 88 Abs. 1a BW), Portugal (Art. 1682-1682A ZGB) und Schweden (§ 5 Nr. 3 Ehegesetz) explizit gesetzlich geregelt ist. In Deutschland ist die Familienwohnung nur im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft geschützt, wenn sie mehr als 85 % bis 90 % des Vermögens eines Ehegatten ausmacht. In diesem Fall gilt eine Verfügung über die Familienwohnung als eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen, die nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgen kann (§ 1365 BGB).


(1) Die einmal erlangte Fähigkeit wird durch einen Statutenwechsel (Verlust und Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes) nicht beeinträchtigt wird (z.B. Art. 7 Abs. 2 EGBGB; Art. 35 S. 2 schweiz. IPRG). Es gilt der Satz: ''semel maior semper maior''.
Mehrere Rechtssysteme schützen auch die gemietete Familienwohnung und weisen das Mietrecht beiden Ehegatten zu, auch wenn der Mietvertrag nur von einem Ehegatten – sogar vor der Eheschließung – abgeschlossen wurde wie z.B. in Belgien (Art. 215 § 2 Abs. 1 ZGB), Frankreich (Art. 1751 ''Code civil''), Griechenland (Art. 612 ZGB), Norwegen (§ 41 Ehegesetz v. 4.7.1991) und in der Schweiz.


(2) Heirat macht mündig (z.B. Art. 45a schweiz. IPRG) oder es bleibt bei der Maßgeblichkeit des Personalstatuts einer Person (z.B. Art. 7 Abs. 1 S. 2 EGBGB).
== 3. Schutz der Familienwohnung nach Auflösung der Ehe ==
Bei Eheauflösung durch Ehescheidung ([[Scheidung]]) kennen viele Rechtssysteme die Möglichkeit, die Familienwohnung, die zum Gesamtgut gehört, präferentiell einem Ehegatten in Eigentum zuzuweisen, wie dies etwa in Belgien (Art. 1447 ZGB) und Dänemark (§ 70a TeilungsG) üblich ist, in anderen Systemen ebenfalls, wenn sie den beiden Ehegatten in Miteigentum gehört, wie etwa im französischen Recht (Art. 267 ''Code civil'') In einigen Rechtsordnungen können die Eigentumsverhältnisse nicht geändert werden und es werden nur Nutzungsrechte zugewiesen wie etwa in Deutschland (vgl. bei Trennung § 1361b BGB). Gehört die Wohnung einem Ehegatten, dann weisen die Rechtssysteme meistens keine Eigentumsrechte zu. Häufig werden höchstens auf Zeit beschränkte Mietrechte – wie etwa in Frankreich (Art. 285 ''Code civil'') – zugestanden. Große Ausnahme ist das ''[[common law]]'', wo der Richter mit einem ''property adjustment order'' die Familienwohnung, die Eigentum eines Ehegatten ist, dem anderen Ehegatten in Eigentum zuweisen kann. Auch das norwegische und österreichische Recht kennen Übernahmemöglichkeiten, wobei das Kindesinteresse eine große Rolle spielt.


(3) Bei Verkehrgeschäften zwischen Personen, die sich in demselben Staat befinden, kann sich eine ausländische Partei nicht auf ihre Geschäftsunfähigkeit nach ihrem Personalstatut berufen (z.B. Art. 12 EGBGB; Art. 23 Abs. 2 ital. IPR-Gesetz, Art. 28 Abs. 1 portug. ''Código civil'').
Die meisten Rechtssysteme wie das deutsche und französische gestatten die Zuweisung von Mietrechten.


(4)&nbsp;Durch ausdrückliche oder durch spezielle Vorschriften wird schließlich gesagt, dass die Regeln über die Geschäftsfähigkeit nur für die ''allgemeine'' Geschäftsfähigkeit gelten (z.B. Art.&nbsp;23 Abs.&nbsp;1 S.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz) und nicht für ''besondere''<nowiki> Fähigkeiten wie z.B. die Ehefähigkeit (z.B. Art.&nbsp;27 ital. IPR-Gesetz), die Deliktsfähigkeit (z.B. Art.&nbsp;15(a) Rom&nbsp;II-VO [VO&nbsp;864/2007]) oder die Testierfähigkeit (z.B. Art.&nbsp;94 schweiz. IPRG).</nowiki>
Bei Eheauflösung durch Tod bestehen vergleichbare Regelungen, welche die präferentielle Zuweisung der Familienwohnung die zum Gesamtgut gehört, zulassen und t das [[Erbrecht]] des überlebenden Ehegatten oft so gestalten, dass es die Familienwohnung umfasst. Erbt der Überlebende volles Eigentum, kann er dies entweder mit der Familienwohnung ausfüllen – wie in England – oder ihm diese präferentiell zuweisen lassen wie in Frankreich (Art.&nbsp;1476 ''Code civil''). Erbt er den ganzen Nachlass in Nießbrauch, umfasst dies die Familienwohnung wie etwa in Belgien (Art.&nbsp;1446 ZGB). Reicht das Erbrecht nicht aus, dann kennen die Systeme oft noch ein Wohnrecht wie etwa in Frankreich (Art.&nbsp;274&nbsp;2<sup>0</sup> ''Code civil''). In Belgien ist der Nießbrauch an der Familienwohnung sogar durch das Noterbrecht des überlebenden Ehegatten geschützt (Art.&nbsp;915bis §&nbsp;2 ZGB).


=== c) Geschlecht ===
Es besteht eine starke Tendenz dahingehend, dem überlebenden Ehegatten das Mietrecht an der Familienwohnung unter Ausschluss der anderen Erben zuzuweisen wie in Deutschland (§&nbsp;563 Abs.&nbsp;1 BGB).
Soweit ersichtlich, gibt es keine Kollisionsnormen zur Frage des Geschlechts einer Person. Dies war früher nämlich eine reine Tatsache, die nach den Geschlechtsmerkmalen entschieden wurde. Dies ist heute anders. Eine Person kann sich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen und eine entsprechende Geschlechtsumwandlung beantragen. Ist diese Person kein Inländer, stellt sich dann die Frage nach der Anwendbarkeit des inländischen Rechts. Nach der Rechtsprechung mehrere Staaten (zuletzt: deutsches BVerfG 18.7.2006, BVerfGE 116, 243) ist die Geschlechtumwandlung zumindest dann zulässig, wenn der Antragsteller im Inland wohnt und sein Heimatrecht keine vergleichbare Geschlechtsumwandlung zulässt. Ist diese erfolgt, kann dieser Person die Heirat mit einer Person ihrer früheren Geschlechtszugehörigkeit nicht mehr verweigert werden (EGMR Nr.&nbsp;28957/95 − ''Goodwin/ Vereinigtes Königreich''<nowiki>; EuGH Rs. </nowiki>C-117/01 – ''K.B./National Health Service Pensions Agency'', Slg. 2004, I-541.


=== d) Name ===
== 4. Schutz der Familienwohnung in nichtehelichen Lebens&shy;gemeinschaften ==
Das auf den Namen einer Person anzuwendende Recht wird unter [[Namensrecht]] behandelt.
Registrierte Partnerschaften ([[Nichteheliche Lebensgemeinschaft]]en) kennen meistens den gleichen Schutz der Familienwohnung wie in der Ehe wie etwa in Belgien, England und Wales, Norwegen, Schweden und der Schweiz geregelt ist.


=== e) Verschollen- oder Todeserklärung ===
Nichteheliche Lebensgemeinschaften, welche nicht die Form einer registrierten Partnerschaft angenommen haben, kennen nicht den gleichen Schutz. In vielen Rechtssystemen bestehen aber Minimalregelungen, die z.B. eine Übernahme der Familienwohnung (Norwegen) oder eine Fortsetzung des Mietvertrags bei Auflösung des Zusammenlebens ermöglichen (Frankreich, Norwegen). Ein weitgehend mit der Ehe vergleichbarer Schutz ist in Schweden zu finden.
Die Verschollen- oder Todeserklärung einer natürlichen Person (''déclaration'' ''d’absence'', ''dichiarazione di scomparsa'') wird unterschiedlich geregelt. Entweder wird die zuständige inländische Instanz festgelegt und dann bestimmt, dass die ''lex fori'' anzuwenden ist (z.B. Art.&nbsp;41 schweiz. IPRG), oder es wird das letzte Personalstatut berufen und hilfsweise bei Fremden die ''lex fori'' (z.B. Art.&nbsp;9 EGBGB; §&nbsp;14 österreich. IPR-Gesetz). Die Anerkennung ausländischer Verschollen- oder Todeserklärungen richtet sich nach den Bestimmungen des Rechts über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (z.B. §§&nbsp;108, 109 dt. FamFG; Art.&nbsp;31 schweiz. IPRG).


== 2. Eherecht ==
Ähnlich wie der Ehegatte genießt auch der überlebende registrierte Partner eine exklusive Zuweisung des Mietrechts an der gemeinsamen Wohnung unter Ausschluss der übrigen Erben wie in Deutschland (§&nbsp;563 Abs.&nbsp;1 BGB).
Das internationale Eherecht ([[Ehe]]) besteht aus der Verlobung, Eheschließung, den Ehewirkungen (persönliche und güterrechtliche) ([[Ehegüterrecht]]) und der Ehescheidung ([[Scheidung]]). Hinzu kommt heute noch das Recht [[Nichteheliche Lebensgemeinschaft|nichtehelicher Lebensgemeinschaften]].


=== a) Verlobung ===
== 5. Familienwohnung und Partnergewalt ==
Die Verlobung ist in den meisten IPR-Gesetzen nicht geregelt. Eine Ausnahme macht das italienische IPR-Gesetz. Nach Art.&nbsp;26 dieses Gesetzes richten sich das Eheversprechen und die Rechtsfolgen seiner Verletzung nach dem gemeinsamen Heimatrecht des Versprechenden oder, in Ermangelung eines solchen gemeinsamen Heimatrechts, nach italienischem Recht. In anderen Rechtsordnungen ist anerkannt, dass sich die Wirksamkeit einer Verlobung nach dem Personalstatut jedes Verlobten richtet und die Verletzung einer Verlobung nach dem Personalstatut des Inanspruchgenommenen (so BGH 21.11. 1958, BGHZ 28,&nbsp;375; BGH 28.2.1996, BGHZ 132,&nbsp;105) oder nach dem Grundsatz des schwächeren Rechts, also nach dem [[Personalstatut]] der Person, welches die schwächeren Wirkungen vorsieht.
In den letzten Jahren haben die meisten Rechtssysteme Regeln aufgenommen, welche zulassen den Ehegatten, der sich an Partnergewalt schuldig macht, durch Urteil oder behördliche Anweisung aus der Familienwohnung zu verweisen wie z.B. in Belgien (Art.&nbsp;223 Abs.&nbsp;3 ZGB), England und Wales (Art.&nbsp;33 ''Family Law Act 1996''), Frankreich (Art.&nbsp;220-1 Abs.&nbsp;3 ''Code civil''), Deutschland (§&nbsp;1361b Abs.&nbsp;2 BGB) und Österreich (§&nbsp;38a Sicherheitspolizeigesetz). Weiterhin geregelt ist den an Partnergewalt schuldigen Ehegatten bei einer Ehescheidung die präferentielle Zuweisung der Familienwohnung zu verweigern wie etwa in Belgien (Art.&nbsp;1447 Abs.&nbsp;2 ZGB).


=== b) Eheschließung ===
== 6. Familienwohnung und Menschenrechte  ==
Die Eheschließung wird unterschiedlich angeknüpft. Entweder wird für jede Person deren Personalstatut berufen (z.B. Art.&nbsp;13 Abs.&nbsp;1 EGBGB; Art.&nbsp;27 Satz&nbsp;1 ital. IPR-Gesetz; §&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 österreich. IPR-Gesetz), oder es wird nur für die inländische Eheschließung das maßgebende Recht festgelegt (normalerweise die ''lex fori'' für eine zuständige inländische Instanz, z.B. Art.&nbsp;43, 44 schweiz. IPRG) und für ausländische Eheschließungen die Voraussetzung ihrer Anerkennung bestimmt (z.B. Art.&nbsp;45 schweiz. IPRG). Die Haager Eheschließungskonvention von 1978 (''Convention of 14 March 1978 on the Celebration and Recognition of the Validity of Marriages'', Übereinkommen vom 14.3.1978 über die Eheschließung und die Anerkennung der Gültigkeit ausländischer Eheschließungen), die seit dem 1.5.1991 in Australien, Luxemburg und den Niederlanden gilt, schlägt einen Mittelweg ein, indem sie bei enger Beziehung mindestens eines Eheschließenden die ''lex fori'' beruft und, wenn sie fehlt, für jeden Eheschließenden das Sachrecht des Staates beruft, auf welches das IPR des Forumstaates verweist (Art.&nbsp;3).
Die Empfehlung Nr.&nbsp;R(81)15 des Ministerkomitees des [[Europarat (Privatrechtsvereinheitlichung)|Europarates]] vom 16.10.1981 hat die Mitgliedstaaten aufgerufen, Gesetzgebung zu verabschieden, welche Verfügungen über Familienwohnung und Hausrat ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verhindert.


Zwei zusätzliche Fragen werden häufig bei der Eheschließung geregelt, nämlich die Form der Eheschließung und die Eheschließungsfreiheit.
Auf Grund von Art.&nbsp;8 EMRK kann nicht verhindert werden, dass eine Person mit ihrem Partner in einer Mietwohnung zusammenlebt. Gegenteilige Bestimmungen im Mietvertrag verstoßen gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Gesetzgebung, welche die Fortsetzung des Mietvertrags durch den überlebenden Partner ermöglicht, darf im Lichte der Art.&nbsp;8 und 14 EMRK den gleichgeschlechtlichen Partner ([[Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften]]) nicht ausschließen (EGMR Nr. 40016/98 − ''Karner'').


(1)&nbsp;Die ''Form einer Eheschließung'' müsste sich an und für sich alternativ nach dem Eheschließungsstatut und dem Ortsrecht richten. Viele Rechtsordnungen mit einer obligatorischen Zivilehe (z.B. Deutschland, Frankreich, Schweiz) schreiben für eine Eheschließung im Inland die inländische Form entweder zwingend vor (Inlandsehe – Inlandsform) (z.B. Art.&nbsp;2 Haager Eheschließungskonvention; Art.&nbsp;44 Abs.&nbsp;3 schweiz. IPRG) oder gestatten ausländischen Eheschließenden die Eheschließung vor einer von ihrem Heimatstaat ermächtigten Person (Art.&nbsp;13 Abs.&nbsp;3 S.&nbsp;2 EGBGB). Andere Staaten sind großzügiger. Zum Beispiel kann man in Italien und Spanien auch in religiöser Form gültig heiraten, also vor dem Rabbi, Imam oder Priester (''Legge No.&nbsp;101'' vom 8.3.1989 und ''No.&nbsp;520'' vom 29.11.1995; ''Ley No.&nbsp;24'','' 25 und 26'' vom 12.11.1992). Diese Ehe hat – wenn die staatlichen Voraussetzungen einer Eheschließung gegeben sind – alle Wirkungen einer staatlichen Ehe. Im Gegensatz dazu hat etwa eine nur religiöse Eheschließung in Deutschland keine bürgerlichrechtlichen Wirkungen. Religiöse Rechtsordnungen erkennen jede Eheschließung an, die – wo auch immer – in religiöser Form geschlossen worden ist.
Die Weigerung, die Bestimmungen über die Zuweisung einer Familienwohnung nach Ehescheidung analog auf das nichteheliche Zusammenleben anzuwenden, hat der EGMR im Hinblick auf die ''margin of appreciation'' der Mitgliedstaaten akzeptiert (EGMR Nr. 37784/97 − ''Saucedo Gómez'') ([[Grund- und Menschenrechte: GRCh und EMRK]]).
 
(2)&nbsp;Um die ''Eheschließungsfreiheit'' geht es dann, wenn eine Ehe entweder im Inland geschieden oder eine ausländische Ehescheidung im Inland anerkannt wird und das Personalstatut eines Geschiedenen diesem die Eheschließung verbietet, weil es die Ehescheidung nicht anerkennt und deshalb das bestehende Eheband einer neuen Ehe entgegensteht. Für diesen Fall sehen verschieden IPR-Gesetze vor, dass die geschiedenen Eheleute vom Band der Vorehe befreit sind und wieder heiraten können (Art.&nbsp;13 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;3 EGBGB; Art.&nbsp;27 S.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz; §&nbsp;17 Abs.&nbsp;2 österreich. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;43 Abs.&nbsp;3 schweiz. IPRG). Mit diesen Vorschriften haben diese Staaten auf höchstrichterliche Entscheidungen reagiert, die eine Wiederverheiratung geschiedener Eheleute entgegen ihrem Personalstatut zugelassen haben (BVerfG 4.5.1971, BVerfGE 31,&nbsp;58; BG 3.6.1971, BGE 97 I&nbsp;389; BG 5.2.1976, BGE 102 Ib&nbsp;1).
 
Noch gibt es keine europäische Eheschließung, die auf Grund gemeinsamen Sachrechts geschlossen wird und überall in der EU wirksam ist.
 
=== c) Ehewirkungen ===
Die Ehewirkungen werden üblicherweise in persönliche und güterrechtliche Wirkungen unterteilt.
 
(1)&nbsp;Die Anknüpfung der ''persönlichen'' Ehewirkungen muss heute gleichberechtigungskonform erfolgen. Deshalb wird an ein gemeinsames Merkmal angeknüpft. In aller Regel wird primär das gemeinsame Personalstatut berufen und, wenn ein solches fehlt, subsidiär das Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt (Art.&nbsp;14 Abs.&nbsp;1 EGBGB; §&nbsp;18 Abs.&nbsp;1 österreich. IPR-Gesetz) oder das Recht des Staates, in dem die Ehe ihren Schwerpunkt hat (Art.&nbsp;29 Abs.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;48 Abs.&nbsp;2 schweiz. IPRG). Im Ganzen gesehen, spielen die persönlichen Ehewirkungen keine große Rolle, seitdem der [[Unterhalt]] zwischen ungeschiedenen und geschiedenen Eheleuten in dem Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 geregelt ist. Das Haager Unterhaltsstatutübereinkommen von 1973 soll in Zukunft durch das Haager Protokoll vom 23.11. 2007 über das auf Unterhaltsverpflichtungen anzuwendende Recht ersetzt werden, weil der Art.&nbsp;8 des Haager Übereinkommens von 1973 mit seiner starren Bindung an das Ehescheidungsstatut für den Unterhalt geschiedener Eheleute nicht passte. Nach dem Protokoll soll das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsschuldners gelten, es sei denn, der andere Teil widerspricht und das Recht eines anderen Staates (insbesondere der Staat des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts) hat engere Beziehungen zur Ehe (Art.&nbsp;5). Das Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen von 1973 gilt heute zwischen 22&nbsp;Staaten. Die EuUnth VO (VO&nbsp;4/2009) vom 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen geht zwischen den Mitgliedstaaten der EU diesen Haager Übereinkommen vor.
 
(2)&nbsp;Die ''güterrechtlichen'' Ehewirkungen spielen dagegen eine viel größere Rolle. Zwei Fragen stehen im Vordergrund: Wandelbarkeit und Unwandelbarkeit, Rechtswahl des Güterrechts.
 
(i)&nbsp;Viele Rechtsordnungen unterstellen das Ehegüterrecht ''unwandelbar'' dem gemeinsamen [[Personalstatut]] der Eheleute im Zeitpunkt der Eheschließung (Art.&nbsp;51 belg. ''Code de droit int. privé''<nowiki>; Art.&nbsp;15(1) EGBGB; §&nbsp;19 österreich. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;2078 peruanischer </nowiki>''Código civil''<nowiki>; Art.&nbsp;53 portug. </nowiki>''Código civil''<nowiki>; Art.&nbsp;3089 </nowiki>''Code civil du Québec''<nowiki>; Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;1 türk. </nowiki>IPR-Gesetz; Art.&nbsp;4(1) Haager Ehegüterrechtskonvention von 1978, die seit dem 1.9.1992 in Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden gilt). Andere Rechtsordnungen bevorzugen dagegen eine ''wandelbare'' Anknüpfung an das jeweilige gemeinsame Merkmal und müssen zu der Frage Stellung nehmen, ob der Wandel des Ehegüterrechtsstatuts zurückwirkt (so z.B. Art.&nbsp;55 schweiz. IPRG; Art.&nbsp;30 ital. IPR-Gesetz) oder nicht, d.h. erst ab dem Wandel gilt (so z.B. Art.&nbsp;20 Abs.&nbsp;2 rumänisches IPR-Gesetz; §&nbsp;39 Abs.&nbsp;4 ungar. IPR-VO). Allerdings können die Parteien eine Rückwirkung ausschließen (z.B. Art.&nbsp;55 Abs.&nbsp;2 schweiz. IPRG).
 
(ii)&nbsp;Die Eheleute können nach manchen Rechtsordnungen vor der Eheschließung (so Art.&nbsp;3 der Haager Ehegüterrechtskonvention von 1978) oder danach (so Art.&nbsp;6 der Haager Ehegüterrechtskonvention von 1978) oder jederzeit (z.B. Art. 50 belg. ''Code de droit int. privé''<nowiki>; Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;2 EGBGB; Art.&nbsp;52 schweiz. IPRG) das auf ihr Güterrecht anwendbare Recht </nowiki>''wählen. ''Allerdings ist die Rechtswahl eingeschränkt, wobei allerdings das österreichsche Recht eine solche Einschränkung nicht vorsieht (§&nbsp;19 österreich. IPR-Gesetz). Gewählt werden kann in aller Regel nur ein Recht des Staates, mit dem zumindest ein Ehegatte oder das Objekt im Zeitpunkt der Rechtswahl eng verbunden ist. Das sind z.B. das Heimatrecht eines Ehegatten (z.B. Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;1 EGBGB; Art.&nbsp;30 Abs.&nbsp;1 S.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;52 Abs.&nbsp;2 schweiz IPRG; Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;1 und Art.&nbsp;6 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;1 Haager Ehegüterrechtskonvention von 1978), das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt eines Ehepartners (Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;2 EGBGB; Art.&nbsp;30 Abs.&nbsp;1 S.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;2 und Art.&nbsp;6 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;2 Haager Ehegüterrechtskonvention von 1978) oder das Recht, in dem unbewegliches Vermögen belegen ist (Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;3 EGBGB). Verbreitet ist auch die Zulassung einer Wahl nur des inländischen Ehegüterrechts (Art.&nbsp;53 Abs.&nbsp;3 portug. ''Código civil''). Ausgeschlossen ist dagegen die Rechtswahl von einigen alten IPR-Gesetzen (z.B. §&nbsp;39 ungar. IPR-VO).
 
(iii)&nbsp;Eine zulässige Rechtswahl des Ehegüterrechts ist ''formell'' gültig, wenn die dem gewählten Recht oder dem Recht am Ort der Rechtswahl entspricht (z.B. Art.&nbsp;15 Abs.&nbsp;3 und 14 Abs.&nbsp;4 EGBGB; Art.&nbsp;30 Abs.&nbsp;2 ital. IPR-Gesetz; §&nbsp;8 österreich. IPR-Gesetz: Art.&nbsp;56 schweiz. IPRG).
 
(iv)&nbsp;Eingeschränkt wird die Wirkung einer Rechtswahl durch einen gewissen ''Verkehrsschutz.'' Ein gewählter ausländischer Güterstand eines im Inland wohnhaften Ehegatten ist nämlich nur dann wirksam, wenn er entweder ins inländische Güterrechtsregister eingetragen ist (z.B. Art.&nbsp;16 Abs.&nbsp;1 EGBGB) oder wenn er Dritten bekannt war (z.B. Art.&nbsp;30 Abs.&nbsp;3 ital. IPR-Gesetz, Art.&nbsp;57 Abs.&nbsp;2 schweiz. IPRG). Da das nur selten der Fall sein dürfte, gilt für die im Inland wohnhaften Ehegatten gegenüber Dritten das inländische Ehegüterrecht.
 
(v)&nbsp;Einen ''europäischen Güterstand'', den Eheleute vereinbaren können, gibt es noch nicht. Es wird jedoch versucht, einen solchen sachrechtlichen Güterstand bereitzustellen. Dazu gibt es seit Mitte 2006 ein Grünbuch (KOM(2006) 400 endg.) mit Kollisionsnormen zum Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung.
 
=== d) Ehescheidungsrecht ===
Bisher haben die Staaten der [[Europäische Union|Europäischen Union]] (EU) vergeblich versucht, das internationale Ehescheidungsrecht in der EU zu vereinheitlichen. Es bleibt deshalb einstweilen beim nationalen Kollisionsrecht, soweit nicht Haager Übereinkommen (z.B. die Haager Konvention zur Anerkennung ausländischer Ehescheidungen von 1970) einzelne Aspekte regeln.
 
(1)&nbsp;Eine Ehe wird entweder grundsätzlich nach der ''lex'' ''fori'' (''in foro proprio'') ''geschieden'' (z.B. englisches IPR; Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;1 schweiz. IPRG) oder nach dem gemeinsamen [[Personalstatut]] der Eheleute im Zeitpunkt der Klage (z.B. Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 EGBGB; Art.&nbsp;16 griech. ZGB; Art.&nbsp;31 Abs.&nbsp;1 ital. IPR-Gesetz). Kann die Ehe danach nicht geschieden werden (was heute nur noch selten vorkommt, z.B. bei Malta und den Philippinen), wird inländisches Recht angewandt, falls der Kläger enge Beziehungen zum Inland hat oder ein inländisches Gericht zuständig ist (z.B. Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;1 S.&nbsp;2 EGBGB; Art.&nbsp;31 Abs. 2 ital. IPR-Gesetz; Art.&nbsp;61 Abs.&nbsp;3 schweiz. IPRG).
 
(2)&nbsp;Ehen können in den meisten Staaten im Inland nur durch ''Gericht'' oder vor einer ''Amtsperson'' geschieden werden. Das betonen einige IPR-Gesetze ausdrücklich (z.B. Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;2 EGBGB). Eine Privatscheidung durch Übergabe eines Scheidebriefs (''ghet'') oder durch Verstoßung vor Zeugen (''talaq''<nowiki>) ist vor einer staatlichen Scheidung unwirksam und hat im Inland keine Folgen. Wenn sie jedoch im Ausland vorgenommen wird, kann sie anerkannt werden [s.u. 2&nbsp;d (4)].</nowiki>
 
(3)&nbsp;Die ''Scheidungsfolgen ''sind häufig sehr viel gravierender. Das anwendbare Recht bestimmt sich sehr unterschiedlich, je nachdem um welche Frage es sich handelt.
 
(i)&nbsp;Der ''nacheheliche Unterhalt ''wird nach den Haager Konventionen von 1973 und in Zukunft vom Haager Protokoll von 2007 (s.o. 2&nbsp;c (1)) geregelt.
 
(ii)&nbsp;Der ''Güterstand''<nowiki> wird aufgelöst, und dabei richtet sich das Güterrechtsstatut nach dem auf das Güterrecht anzuwendenden Recht [s.o. 2&nbsp;c (2)].</nowiki>
 
(iii)&nbsp;Echte Scheidungsfolgen sind jedoch der ''Versorgungsausgleich'' des deutschen und die Teilung der Vorsorgeleistungen des schweizerischen Rechts. Sie werden nach dem Scheidungsstatut beurteilt (so ausdrücklich Art.&nbsp;17 Abs.&nbsp;3 EGBGB).
 
(iv)&nbsp;Die Personensorge für ''gemeinsame Kinder'' und deren Unterhalt sind auch Scheidungsfolgen, die sich allerdings nach Kindesrecht richten (s.u.&nbsp;3.).
 
(4)&nbsp;Für das ''Verfahren'' in Ehesachen gilt die EuEheVO, auch Brüssel&nbsp;IIa-VO (VO&nbsp;2201/2003). Sie regelt in Art.&nbsp;3-7 die Zuständigkeit für Ehesachen (Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und Ungültigerklärung einer Ehe) und enthält in den Art.&nbsp;21-39 die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus Mitgliedstaaten der EU. Danach sind die Gerichte von Mitgliedstaaten nach Art.&nbsp;3 dann zuständig, wenn einer der Ehegatten (Antragsgegner oder Antragsteller) seinen einfachen oder durch eine gewisse Aufenthaltsdauer qualifizierten gewöhnlichen Aufenthalt im Forumstaat hat. Nur soweit sich keine Zuständigkeit aus der EuEheVO ergibt, richtet sich die Zuständigkeit nach dem autonomen Recht jedes Mitgliedstaates.
 
Eine in einem Mitgliedstaat gefällte Entscheidung wird nach Art.&nbsp;21-22 in den anderen Mitgliedstaaten nicht ''anerkannt'', wenn sie dem ''[[ordre public]]'' des Anerkennungsstaates widerspricht, wenn sie das rechtliche Gehör im Sinne des Art.&nbsp;22 lit.&nbsp;b verletzt oder wenn sie einer Entscheidung widerspricht, die früher ergangen ist und, wenn es sich um eine ausländische Entscheidung handelt, anzuerkennen ist. Die Unzuständigkeit des ausländischen Gerichts ist kein Nichtanerkennungsgrund, und die Zuständigkeit darf auch nicht über den ordre public nachgeprüft werden (Art.&nbsp;24). Eine ''révision au fond'' ist ausgeschlossen (Art.&nbsp;26). Ehescheidungen aus Nichtmitgliedstaten werden nach nationalen Anerkennungsvorschriften (z.B. § 107 dt. FamFG) anerkannt.
 
=== e) Nichteheliche Lebensgemeinschaften ===
Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaften wird separat behandelt ([[Nichteheliche Lebensgemeinschaft]]).
 
== 3. Vormundschaftsrecht ==
Soweit Erwachsene bevormundet werden sollen, wird in Zukunft das Haager Erwachsenenschutzübereinkommen von 2000 gelten. Daneben gibt es noch autonome Kollisionsnormen, die das auf die [[Vormundschaft (rechtliche Fürsorge) für Minderjährige|Vormundschaft]] anzuwendende Recht regeln und ähnliche Maßnahmen (Betreuung, Pflegschaft, Beistandschaft) zur Schutze Erwachsener ([[Erwachsenenschutz]]).
 
== 4. Internationales Kindschaftsrecht ==
Zum internationalen Familienrecht gehört außerdem auch das internationale Kindschaftsrecht, das in einem eigenen Stichwort behandelt wird ([[Kindschaftsrecht, internationales]]).
 
== 5. Europäisches Familienrecht ==
Das [[Europäisches Internationales Familienrecht|europäische internationale Familienrecht]] befindet sich in einem chaotischen Zustand. Nicht nur gibt es das Nebeneinander von internationalen Instrumenten und nationalem IPR, sondern häufig gibt es noch Überschneidungen und Überlappungen von internationalen Instrumenten. Es wird Zeit, dass auch das europäische internationale Familienrecht vereinheitlicht wird. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen: Zum einen kann man für gewisse internationale Beziehungen (etwa für Eheschließung und das Ehegüterrecht) Einheitsrecht schaffen, und zum anderen muss eine Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts auch auf diesem Gebiet flächendeckend erfolgen.
 
Ein Anfang ist bereits gemacht. Die EuEheVO regelt die Zuständigkeit in Ehesachen sowie die Anerkennung und Vollstreckung solcher Entscheidungen aus Mitgliedstaaten der EU. Die EuUnthVO behandelt das gesamte internationale Unterhaltsrecht in all seinen Aspekten: Zuständigkeit, anzuwendendes Recht, Anerkennung und Vollstreckung sowie Zusammenarbeit. Im Übrigen hat das europäische IPR einen Rückschlag erlitten; denn Schweden hat es abgelehnt, einem Vorschlag für eine Verordnung über das auf die Scheidung anwendbare Recht (KOM (2006) 399 endg.) zuzustimmen.
 
Die in Utrecht angesiedelte ''Commission on European Family Law'' arbeitet vor allem an einem einheitlichen Europäischen Familienrecht, welches vor allem das materielle Familienrecht vereinheitlichen will ([[Europäisches Internationales Familienrecht]]; ''[[Principles of European Family Law]]'').


==Literatur==
==Literatur==
''Alfonso Luis Calvo Caravaca'', ''Javier Carrascosa Gonzales'', ''Esperanza Castellanos Ruiz'','' ''Derecho de familia internacional, 3.&nbsp;Aufl. 2005; ''John Murphy'','' ''International dimensions in family law, 2005; ''Barbara Stark'','' ''International Family Law, 2005; ''Patrick Wautelet ''(Hg.), Actualités du contentieux familial international, 2005; ''Alessio Anceschi'', La familia nel diritto internazionale privato, 2006; ''Marianne Andrae'','' ''Internationales Familienrecht, 2.&nbsp;Aufl. 2006; ''Stefania Bariatti'','' ''La familia nel diritto internazionale privato comunitario, 2007; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Cristina González Beilfuss (''Hg.), Brussels II&nbsp;bis: Its Impact and Application in the Member States, 2007; ''Johan Meeusen'','' Marta Pertegás'', ''Gert Straetmans'', ''Frederik Swennen ''(Hg.), International Family Law for the European Union, 2007; ''Marco Nademleinsky'', ''Matthias Neumayr'','' ''Internationales Familienrecht, 2007; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Tone'' ''Sverdrup ''(Hg.), European Challenges in Contemporary Family Law, 2008.
''Dieter Henrich'', ''Dieter Schwab'' (Hg.), Der Schutz der Familienwohnung in europäischen Rechtsordnungen, 1995; ''Maria Giovanna Cubeddu'','' ''La casa familiare, 2005; ''Rembert Süß'','' Gerhard Ring ''(Hg.), Eherecht in Europa, 2006; ''Isabell Götz'', ''Gerd Brudermüller'','' ''Die gemeinsame Wohnung, 2008; ''Rembert Süß'', Erbrecht in Europa, 2.&nbsp;Aufl. 2008.


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Version vom 28. September 2021, 16:49 Uhr

von Walter Pintens

1. Allgemein

Familienwohnung und Hausrat erfuhren besonderen Schutz im Zuge der Reformen des Rechts der allgemeinen Ehewirkungen und des Ehegüterrechts während der 1960er und 1970er Jahre. Dieser Schutz betrifft sowohl die Familienwohnung, die Eigentum eines oder beider Ehegatten ist, als auch die Mietwohnung.

Der Begriff der Familienwohnung wird nicht in allen Rechtssystemen identisch definiert. In vielen Rechtssystemen wie in Belgien (Art. 215, § 1, Abs. 1 ZGB) und Frankreich (Art. 215 Abs. 3 Code civil) wird nur die Hauptwohnung und nicht die Zweitwohnung geschützt, in einigen Rechtssystemen wie in Dänemark (§ 18 EhewirkungsG), England und Wales (Matrimonial Homes Act 1983) sowie den Niederlanden (Art. 88 ZGB) werden alle Familienwohnungen geschützt.

Es besteht eine starke Tendenz dazu, die Familienwohnung auch in nichtehelichen Lebensgemeinschaftenen und insbesondere bei registrierten Partnerschaften – wie etwa in Belgien (Art. 1477 ZGB) oder England – zu schützen.

2. Schutz der Familienwohnung während der Ehe

Die meisten kontinentalen Rechtssysteme schützen die Familienwohnung, die zum Eigenvermögen eines Ehegatten oder zum Gesamtgut gehört, über das Recht der allgemeinen Ehewirkungen oder über das Ehegüterrecht. Das freie Verfügungsrecht wird beschränkt. Veräußerungen und meistens auch andere Rechtsgeschäfte wie z.B. die Vermietung sind nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten möglich. Dies ist geltendes Recht in Belgien (Art. 215 § 1 Abs. 1 ZGB), Dänemark (§ 18 Ehewirkungsgesetz), Frankreich (Art. 215 Abs. 3 Code civil), Litauen (Art. 3.36 ZGB), den Niederlanden (Art. 88 Abs. 1a BW), Norwegen (§ 32 Ehegesetz v. 4.7.1991), Österreich (§ 97 ABGB), Portugal (Art. 1682B ZGB), Schweden (§ 5, §§ 1-2 Ehegesetz) und in der Schweiz (Art. 169 Abs. 1 ZGB). Gleiches gilt für den sich dort befindenden Hausrat, wie z.B. in Belgien (Art. 215 § 1 Abs. 2 ZGB), Dänemark (§ 19 Ehewirkungsgesetz), Deutschland (§ 1369 BGB), den Niederlanden (Art. 88 Abs. 1a BW), Portugal (Art. 1682-1682A ZGB) und Schweden (§ 5 Nr. 3 Ehegesetz) explizit gesetzlich geregelt ist. In Deutschland ist die Familienwohnung nur im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft geschützt, wenn sie mehr als 85 % bis 90 % des Vermögens eines Ehegatten ausmacht. In diesem Fall gilt eine Verfügung über die Familienwohnung als eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen, die nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten erfolgen kann (§ 1365 BGB).

Mehrere Rechtssysteme schützen auch die gemietete Familienwohnung und weisen das Mietrecht beiden Ehegatten zu, auch wenn der Mietvertrag nur von einem Ehegatten – sogar vor der Eheschließung – abgeschlossen wurde wie z.B. in Belgien (Art. 215 § 2 Abs. 1 ZGB), Frankreich (Art. 1751 Code civil), Griechenland (Art. 612 ZGB), Norwegen (§ 41 Ehegesetz v. 4.7.1991) und in der Schweiz.

3. Schutz der Familienwohnung nach Auflösung der Ehe

Bei Eheauflösung durch Ehescheidung (Scheidung) kennen viele Rechtssysteme die Möglichkeit, die Familienwohnung, die zum Gesamtgut gehört, präferentiell einem Ehegatten in Eigentum zuzuweisen, wie dies etwa in Belgien (Art. 1447 ZGB) und Dänemark (§ 70a TeilungsG) üblich ist, in anderen Systemen ebenfalls, wenn sie den beiden Ehegatten in Miteigentum gehört, wie etwa im französischen Recht (Art. 267 Code civil) In einigen Rechtsordnungen können die Eigentumsverhältnisse nicht geändert werden und es werden nur Nutzungsrechte zugewiesen wie etwa in Deutschland (vgl. bei Trennung § 1361b BGB). Gehört die Wohnung einem Ehegatten, dann weisen die Rechtssysteme meistens keine Eigentumsrechte zu. Häufig werden höchstens auf Zeit beschränkte Mietrechte – wie etwa in Frankreich (Art. 285 Code civil) – zugestanden. Große Ausnahme ist das common law, wo der Richter mit einem property adjustment order die Familienwohnung, die Eigentum eines Ehegatten ist, dem anderen Ehegatten in Eigentum zuweisen kann. Auch das norwegische und österreichische Recht kennen Übernahmemöglichkeiten, wobei das Kindesinteresse eine große Rolle spielt.

Die meisten Rechtssysteme wie das deutsche und französische gestatten die Zuweisung von Mietrechten.

Bei Eheauflösung durch Tod bestehen vergleichbare Regelungen, welche die präferentielle Zuweisung der Familienwohnung die zum Gesamtgut gehört, zulassen und t das Erbrecht des überlebenden Ehegatten oft so gestalten, dass es die Familienwohnung umfasst. Erbt der Überlebende volles Eigentum, kann er dies entweder mit der Familienwohnung ausfüllen – wie in England – oder ihm diese präferentiell zuweisen lassen wie in Frankreich (Art. 1476 Code civil). Erbt er den ganzen Nachlass in Nießbrauch, umfasst dies die Familienwohnung wie etwa in Belgien (Art. 1446 ZGB). Reicht das Erbrecht nicht aus, dann kennen die Systeme oft noch ein Wohnrecht wie etwa in Frankreich (Art. 274 20 Code civil). In Belgien ist der Nießbrauch an der Familienwohnung sogar durch das Noterbrecht des überlebenden Ehegatten geschützt (Art. 915bis § 2 ZGB).

Es besteht eine starke Tendenz dahingehend, dem überlebenden Ehegatten das Mietrecht an der Familienwohnung unter Ausschluss der anderen Erben zuzuweisen wie in Deutschland (§ 563 Abs. 1 BGB).

4. Schutz der Familienwohnung in nichtehelichen Lebens­gemeinschaften

Registrierte Partnerschaften (Nichteheliche Lebensgemeinschaften) kennen meistens den gleichen Schutz der Familienwohnung wie in der Ehe wie etwa in Belgien, England und Wales, Norwegen, Schweden und der Schweiz geregelt ist.

Nichteheliche Lebensgemeinschaften, welche nicht die Form einer registrierten Partnerschaft angenommen haben, kennen nicht den gleichen Schutz. In vielen Rechtssystemen bestehen aber Minimalregelungen, die z.B. eine Übernahme der Familienwohnung (Norwegen) oder eine Fortsetzung des Mietvertrags bei Auflösung des Zusammenlebens ermöglichen (Frankreich, Norwegen). Ein weitgehend mit der Ehe vergleichbarer Schutz ist in Schweden zu finden.

Ähnlich wie der Ehegatte genießt auch der überlebende registrierte Partner eine exklusive Zuweisung des Mietrechts an der gemeinsamen Wohnung unter Ausschluss der übrigen Erben wie in Deutschland (§ 563 Abs. 1 BGB).

5. Familienwohnung und Partnergewalt

In den letzten Jahren haben die meisten Rechtssysteme Regeln aufgenommen, welche zulassen den Ehegatten, der sich an Partnergewalt schuldig macht, durch Urteil oder behördliche Anweisung aus der Familienwohnung zu verweisen wie z.B. in Belgien (Art. 223 Abs. 3 ZGB), England und Wales (Art. 33 Family Law Act 1996), Frankreich (Art. 220-1 Abs. 3 Code civil), Deutschland (§ 1361b Abs. 2 BGB) und Österreich (§ 38a Sicherheitspolizeigesetz). Weiterhin geregelt ist den an Partnergewalt schuldigen Ehegatten bei einer Ehescheidung die präferentielle Zuweisung der Familienwohnung zu verweigern wie etwa in Belgien (Art. 1447 Abs. 2 ZGB).

6. Familienwohnung und Menschenrechte

Die Empfehlung Nr. R(81)15 des Ministerkomitees des Europarates vom 16.10.1981 hat die Mitgliedstaaten aufgerufen, Gesetzgebung zu verabschieden, welche Verfügungen über Familienwohnung und Hausrat ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verhindert.

Auf Grund von Art. 8 EMRK kann nicht verhindert werden, dass eine Person mit ihrem Partner in einer Mietwohnung zusammenlebt. Gegenteilige Bestimmungen im Mietvertrag verstoßen gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Gesetzgebung, welche die Fortsetzung des Mietvertrags durch den überlebenden Partner ermöglicht, darf im Lichte der Art. 8 und 14 EMRK den gleichgeschlechtlichen Partner (Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften) nicht ausschließen (EGMR Nr. 40016/98 − Karner).

Die Weigerung, die Bestimmungen über die Zuweisung einer Familienwohnung nach Ehescheidung analog auf das nichteheliche Zusammenleben anzuwenden, hat der EGMR im Hinblick auf die margin of appreciation der Mitgliedstaaten akzeptiert (EGMR Nr. 37784/97 − Saucedo Gómez) (Grund- und Menschenrechte: GRCh und EMRK).

Literatur

Dieter Henrich, Dieter Schwab (Hg.), Der Schutz der Familienwohnung in europäischen Rechtsordnungen, 1995; Maria Giovanna Cubeddu, La casa familiare, 2005; Rembert Süß, Gerhard Ring (Hg.), Eherecht in Europa, 2006; Isabell Götz, Gerd Brudermüller, Die gemeinsame Wohnung, 2008; Rembert Süß, Erbrecht in Europa, 2. Aufl. 2008.