Ehe und Ehegüterrecht: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Dagmar Coester-Waltjen]]''
von ''[[Walter Pintens]]''
== 1. Entwicklung ==
== 1. Allgemeines ==
In fast allen Staaten Europas (Ausnahme: Vatikanstaat und Andorra) ist die Ehe heute ein rechtliches, staatlichen Regelungen unterliegendes Institut, das einen formalisierten, freiwilligen Ehekonsens der Eheschließungswilligen voraussetzt und als personale, grundsätzlich zeitlich unbegrenzte Gemeinschaft zweier Menschen gedacht ist. Das Vorhandensein oder die Zeugung von Kindern mag Folge dieser Lebensgemeinschaft sein, ist aber nicht notwendiges Element. Emotionale und sexuelle Beziehungen der Ehepartner sind in der Regel kennzeichnend, aber ebenfalls nicht notwendige Voraussetzungen. Dies alles ist das Ergebnis einer jahrtausendelangen Entwicklung. Dennoch bestehen in Grundverständnis und Grundfragen, und erst recht in den einzelnen Regelungen in den europäischen Rechtsordnungen, zum Teil erhebliche Unterschiede.
Die europäischen kontinentalen Rechtssysteme überlassen die vermögensrechtlichen Folgen der [[Ehe]] nicht dem allgemeinen Vermögensrecht, sondern regeln diese hauptsächlich im Ehegüterrecht. Auch wenn in den meisten Rechtssystemen das Recht der allgemeinen Ehewirkungen (''régime primaire'') einige vermögensrechtliche Regelungen z.B. über die [[Familienwohnung]] und die gesamtschuldnerische Haftung ([[Gesamtschuld]]) für Haushaltsschulden beinhaltet, welche unabhängig vom Ehegüterstand (''régime sécondaire'') gelten, bleibt dieser Ehegüterstand das Kernstück. Die Ehegatten genießen meistens eine große Privatautonomie ([[Vertragsfreiheit]]), indem sie durch [[Ehevertrag]] einen Ehegüterstand wählen können, anderenfalls findet der gesetzliche Güterstand Anwendung.


Dass die Ehe als ''Rechts''verhältnis aufgefasst und nicht nur – wie im frühen römischen Recht – als soziale Tatsache gewertet wird, ist vor allem auf christlich-religiösen Einfluss zurückzuführen: Die orthodoxe wie auch die römisch-katholische Kirche betrachten die Ehe als Sakrament; der sakramentale Charakter hindert die freie Disponibilität und verlangt nach rechtlicher Bindung und Regulierung. Dabei hindert der sakrale Charakter allerdings – anders als im hinduistischen Recht – nicht die (bereits im [[römisches Recht|römischen Recht]] einsetzende) Betonung des Ehekonsenses von Mann und Frau als ''essentialium'' der Eheschließung, die damit (auch) vertragsrechtlichen Charakter erhält. Auch andere monotheistische Religionen – wie das Judentum und später die protestantischen Kirchen – sehen die Eheschließung als einen Vertrag an. Die Ehe ist aber in diesen Religionen, obgleich auch diese religiösen Rechte eherechtliche Regelungen enthalten, kein Sakrament und damit nicht grundsätzlich unauflösbar. Die islamische Grundkonzeption der Ehe ist insoweit ähnlich, wobei allerdings ursprünglich entweder Bräutigam und Brautfamilie Partner des islamischen Ehevertrages waren oder die Braut bei diesem Akt durch ihre Familie (i.d.R. den Wali) vertreten werden musste (z.T. auch heute noch vertreten werden muss) ([[islamisches Recht]]).
Das ''[[common law]]'' kennt kein eigentliches Ehegüterrecht und deshalb auch keinen gesetzlichen Güterstand. Seit dem ''Married Women’s Property Act 1882 ''hat die Ehe in England und Wales keinen Einfluss auf das Vermögen, jedenfalls nicht während der Ehe. Dies bedeutet, dass die Ehegatten aufgrund des gemeinen Rechts grundsätzlich in Gütertrennung leben (s. aber unten 2.d)). Die Rechtslage in Irland und Schottland ist ähnlich.


In Europa konnte sich zunächst nur das christlich-religiöse Eheverständnis – die Ehe als freiwillig eingegangene, lebenslange Bindung eines Mannes und einer Frau – als Leitbild durchsetzen. Es überlagerte und verdrängte sodann andere vorgefundene Formen (beispielsweise des germanischen Rechts). Dabei war und ist der Streit um die Regelungskompetenz für dieses Rechtsinstitut ein lang währender; er hält letztlich noch immer an. Familie, Staat, Kirche und Individuum stehen in den Fragen, was die Ehe ist, wer sie schließen kann, wie sie gestaltet und wie sie eventuell aufgelöst wird, in einem Konkurrenzverhältnis. In Europa nahmen zunächst die römisch-katholische Kirche und die Ostkirchen den Regelungsprimat in Anspruch. Durch die Betonung des Ehekonsenses der Eheschließenden selbst (siehe ''Romeo und Julia'') drängte die in Westeuropa vorherrschende römisch-katholische Kirche den Einfluss der [[Familie]] ein Stück weit zurück und beschränkte mit ausgedehnten Ehehindernissen der Verwandtschaft und der Schwägerschaft die Möglichkeiten der Akkumulierung von Macht und Vermögen in den europäischen Herrscherhäusern. Die herausragende Bedeutung des Konsenses der Eheschließenden (1. Lateranisches Konzil 1215) ist damit unter anderem auch ein Produkt der mittelalterlichen Machtkämpfe. Diese Akzeptanz wurde „erkauft“ mit der Bereitschaft der (West‑)Kirche zu einer Formalisierung und Publizität der Eheschließung durch das in Teilen Europas Geltung beanspruchende Dekret ''Tametsi'' (auf dem Konzil von Trient 1545-1573). Die Formalisierung und Publizität der Eheschließung sowie die Abspaltung der protestantischen Kirchen im 16. Jahrhundert bereiteten den Boden für eine staatliche Regulierung der Ehe, zunächst in starker Anlehnung an das kirchliche Recht (so die'' Ordonnance de Blois'' 1579) oder in Personalunion von König und Kirche (so in England seit ''Heinrich VIII.).'' Die Idee der Ehe als grundsätzlich unauflösbarer Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die nur mit dem Segen der Kirche wirksam zustande kommen kann, hielt sich in den vorwiegend römisch-katholischen oder christlich-orthodoxen Ländern Europas sehr lange, und der religiöse Wertekanon spiegelt sich auch heute noch in dem institutionellen Ehedenken (die Ehe als naturrechtlich vorgegebene Institution) einiger Rechtsordnungen wider.
== 2. Gesetzlicher Güterstand ==
Bezüglich des gesetzlichen Güterstandes lassen sich in Europa vier verschiedene Grundansätze feststellen, namentlich die Errungenschaftsgemeinschaft (dazu unten a)), Partizipationssysteme (dazu unten b)) und die Gütertrennung (dazu unten c)) sowie die ''common law''-Rechtsordnungen, die im Grunde keinen echten Güterstand kennen (dazu unten d)). Darüber hinaus haben die Niederlande als einziges europäisches Land die Universalgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand (Art. 93 BW).


Mit der graduellen Übernahme der Regelungszuständigkeit in die staatliche Kompetenz wurden eherechtliche Regelungen auch zur Verfolgung staatlicher oder allgemein gesellschaftlicher Ziele nutzbar gemacht, wovon Eheverbote zum Beispiel für Verarmte, Ehebeschränkungen für Beamte und hohe Militärs, die unseligen Rassengesetze und häufig sehr paternalistische Regelungen zur Ausgestaltung der Ehe (vgl. z.B. § 174 Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten) zeugen. Gegentendenzen gibt es bereits seit der Aufklärung; an das säkularisierte Eherecht wird seitdem die Forderung gestellt, dem Individuum in der Frage des Eheschlusses, der Ausgestaltung der Ehe und ihrer Auflösung den notwendigen Freiraum einzuräumen. Wie weit dieser Freiraum gehen soll oder muss, wie weit staatliche Regulierung und Kontrolle notwendig und legitim sind, ist eine von jeder Gesellschaft und jeder Epoche zu regelnde Ordnungsfrage, die von dem jeweiligen Eheverständnis beeinflusst wird.
=== a) Errungenschaftsgemeinschaft ===
Die Rechtssysteme der romanischen Rechtsfamilie sind dem napoleonischen Modell treu geblieben und kennen als gesetzlichen Güterstand eine beschränkte Gütergemeinschaft, die als eine Errungenschaftsgemeinschaft zu qualifizieren ist. Wichtigstes Merkmal dieser Errungenschaftsgemeinschaft ist die Schaffung eines Gesamtguts, welches das während der Ehe entgeltlich erworbene Vermögen umfasst.


== 2. Völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Hintergrund ==
Die Errungenschaftsgemeinschaft ist gesetzlicher Güterstand in Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Portugal. Mit der ''sociedad de gananciales'' kennt Spanien ebenfalls die Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 1344 ''Código civil''). Der ''[[Código civil]]'' gilt aber nur insoweit, als die Foralrechte keine abweichenden Regelungen kennen, welche aufgrund der Verfassung den Vorrang genießen (Art. 13 ''Constitución Española''). Aragon, Baskenland, Galizien und Navarra kennen eine Errungenschaftsgemeinschaft, die in einigen Punkten vom spanischen Recht abweicht.
Die Freiheit, eine Ehe einzugehen, wird in verschiedenen internationalen Konventionen proklamiert (UN-Deklaration vom 10.12.1948; UN-Übereinkunft über den Ehekonsens etc., UN-Pakt über bürgerliche und politische Rechte, EMRK) – allerdings unter dem Vorbehalt der näheren Regelungen durch die nationalen Gesetzgeber. Auch die Verfassungen vieler europäischer Staaten garantieren ausdrücklich die Eheschließungsfreiheit und den Schutz der Ehe. Die GRCh ([[Grund- und Menschenrechte: GRCh und EMRK]]), die die gegenwärtigen Grundrechtestandards in der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] verkörpert, schützt ebenfalls Eheschließungsfreiheit und Privatsphäre (Art. 7, 9). Damit soll das Ermöglichen und Aufrechterhalten der personalen Gemeinschaft und die Abwehr vor Eingriffen in dieselbe insbesondere durch den Staat garantiert werden. Auch die EU-Verträge (Art. 17 EG/20 AEUV) und die europäischen Richtlinien (RL 2003/86 und RL 2004/38) verpflichten die Mitgliedstaaten zur Gewährung von Freizügigkeit unter Beachtung personaler Verbindungen.


Trotz des Gestaltungsspielraums, den die internationalen Abkommen und Verträge sowie die nationalen Verfassungen dem einfachen Gesetzgeber lassen, herrschen heute innerhalb Europas – verfestigt und konkretisiert vor allem durch die Rechtsprechung des [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|EGMR]] – die Prinzipien der Eheschließungsfreiheit, der Ehegestaltungsfreiheit und (weitgehend auch) der Eheauflösungsfreiheit. Dennoch bestehen Unterschiede in der Grundkonzeption wie in den Einzelregelungen.
Die meisten Rechtssysteme aus Mittel- und Osteuropa kennen ebenfalls die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand, so z.B. Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Russland, die Slowakei, Slowenien und Tschechien, die Ukraine und Ungarn.


== 3. Strukturelemente der Ehe ==
Die Zusammenstellung der drei Vermögensmassen (das Eigengut jedes Ehegatten und das Gesamtgut) verläuft in allen genannten Rechtssystemen grundsätzlich nach den gleichen Leitprinzipien. In den meisten Rechtssystemen ist das Eigengut zusammengestellt aus den vor der Ehe erworbenen Gütern und aus den während der Ehe unentgeltlich erworbenen Gütern (z.B. aus Schenkung oder Erbschaft) sowie aus Gütern und Rechten, die eng mit der Person verbunden sind – wie Kleidung, persönliche Gegenständen, Schadensersatz wegen Körperverletzungen und immaterieller Schaden, durch Subrogation oder Wiederanlage erworbene Güter und Berufsgüter. Das Gesamtgut umfasst meist alle Einkünfte, sowohl solche aus Arbeit, einschließlich subsidiärer Einkünfte, als auch solche aus dem Eigengut und alle mit diesen Einkünften erworbenen Güter. Gleiches gilt in den meisten mittel- und osteuropäischen Rechtssystemen. Einige Rechtssysteme sind hingegen differenzierter und unterscheiden zwischen Einkünften aus Arbeit und Einkünften aus dem Eigengut. Im kroatischen, serbischen und slowenischen Recht sind nur die Einkünfte aus Arbeit Bestandteil des Gesamtguts, Einkünfte aus dem Eigengut sind diesem zuzurechnen.  
Herausragendes Kennzeichen der Ehe ist innerhalb Europas jedenfalls heute, dass sie fehlerfrei nur durch den freiwilligen Konsens der Eheschließungswilligen zustande kommen kann. Keine europäische Rechtsordnung sieht einen Zwang zur Eheschließung (beispielsweise bei vorheriger Verführung oder infolge einer von einem Dritten, z.B. einem ''Wali'' im islamischen Recht, zu gebenden Erklärung) vor. Indirekten Zwang durch religiöse Überzeugungen, gesellschaftliche oder familiäre Sanktionen kann das Recht nicht vermeiden, es kann jedoch im Falle eines die freie Willensbestimmung ausschließenden Drucks Korrekturmöglichkeiten (Anfechtung, Aufhebung) vorsehen. Umgekehrt ist Eheschließungswilligen grundsätzlich der Zugang zur Ehe eröffnet. Die rechtlichen Hindernisse sind reduziert worden; staatliche Regelungen, die die Eheschließungsfreiheit beschränken, bedürfen der Legitimation. Dementsprechend sind in allen europäischen Staaten die Eheverbote und die Beschränkungen der Ehefähigkeit in den vergangenen Jahren entscheidend reduziert worden. Die Diskussion um die Ehefähigkeit Minderjähriger (mit oder ohne elterliche Zustimmung) spielt dabei heute angesichts der Absenkung des Volljährigkeitsalters und des gestiegenen faktischen Heiratsalters kaum noch eine Rolle. Höchstgrenzen des Heiratsalters gibt es nicht, auch so genannte Totenbett-Ehen sind zulässig. Einige wenige Rechtsordnungen (Frankreich) erlauben sogar eine ''post-mortem''-Ehe. Auch Eheverbote der Verwandtschaft und Schwägerschaft – einst einen großen Kreis von familiären Beziehungen umfassend – sind deutlich verringert worden. Zum Teil (so z.B. in Schweden) erfassen sie – um sexuelle Beziehungen innerhalb der Kernfamilie zu tabuisieren – allein die direkte Linie und vollbürtige Geschwister. Das aus dem [[kanonisches Recht|kanonischen Recht]] kommende Verbot der Bigamie hat sich in allen europäischen Rechtsordnungen durchgesetzt: Die „europäische“ Ehe ist – jedenfalls theoretisch – monogam. Dies gilt über den ''[[ordre public]]'' grundsätzlich auch dann, wenn die Eheschließungswilligen nach den kollisionsrechtlichen Regelungen ([[internationales Privatrecht]]) einem die Polygamie erlaubenden Recht unterliegen. Allerdings werden in vielen europäischen Staaten die in einer anderen Rechtsordnung nach dieser und nach dem auf die Beteiligten anwendbaren Recht wirksam geschlossenen polygamen Ehen anerkannt. In den Staaten mit vielen Zuwanderern aus islamischen Rechtsordnungen gibt es daher in dieser Hinsicht eine kulturelle und rechtliche Vielfalt des Ehebildes.


Ob die Eheschließungsfreiheit nur die Wahl eines Partners des anderen [[Geschlecht]]s erlaubt, ist seit Beginn der 1990er Jahre eine stark diskutierte Frage. Das traditionelle Eheverständnis in Europa ist sicherlich von dem Bild der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau geprägt. Die internationalen Verträge proklamieren zwar zum Teil die Eheschließungsfreiheit für Männer und Frauen, es wird jedoch verschiedentlich dahin argumentiert, dass diese Garantie sich nicht auf eine Ehe ''zwischen'' Männern und Frauen beschränke. Die GRCh verzichtet auf Geschlechtsbezeichnungen. Der [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|EGMR]] hat nach einer Kehrtwende zur Einbeziehung transsexueller Personen die Eheschließungsfreiheit (noch?) nicht auf gleichgeschlechtliche Partner erstreckt. Einige europäische Rechtsordnungen aber haben die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet (die Niederlande, Belgien, Spanien, Norwegen), andere ermöglichen statt der gleichgeschlechtlichen Ehe (Schweden, Frankreich, Deutschland, Schweiz, Dänemark, Schottland, England, Luxemburg, Andorra, Finnland, Island, Ungarn, Tschechien, Slowenien) oder neben ihr (die Niederlande, Spanien, Belgien) eine andere Art der Formalisierung des Zusammenlebens gleichgeschlechtlicher Partner mit mehr oder weniger eheähnlichen Konsequenzen („registrierte Partnerschaft“ u.ä. [[gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften]]). Dabei gibt es eine große Spannbreite der Regelungsformen und der Regelungsinhalte. Andere Rechtsordnungen stehen sowohl der einen wie auch der anderen Form gleichgeschlechtlicher Partnerschaft ablehnend gegenüber, und in allen Rechtsordnungen ist der Diskussionsprozess noch nicht abgeschlossen.
Bei der Schuldenhaftung wird in allen Errungenschaftssystemen unterschieden zwischen Innen- und Außenverhältnis. Die Schuldenhaftung zeichnet sich aus durch detaillierte Regelungen, welche sich an den Regelungen der Aktiva orientieren. Das Recht der allgemeinen Ehewirkungen oder des gesetzlichen Güterstandes kennt meistens eine spezifische Regel für Schulden für die Kindererziehung und für Haushaltsschulden. Soweit die Schulden dem Lebensstandard der Ehegatten entsprechen, sind sie zumeist Gesamtschulden.


Ein weiteres Strukturelement der Ehe ist der formalisierte Eheschluss. Die von allen staatlichen Rechten geforderte Formalisierung muss aber nicht notwendig stets vor einer staatlichen Einrichtung erfolgen. Zwar ermöglichen fast alle europäischen Staaten die zivile Eheschließung (Standesbeamter, ''civil registrar''), viele erlauben daneben aber auch die kirchliche Eheschließung als Alternative. Dabei wird das Vorliegen der Eheschließungsvoraussetzungen häufig durch das Erfordernis einer staatlichen Bescheinigung hierüber sichergestellt. Dem Bedürfnis nach Statusklarheit wird in der Regel durch die Notwendigkeit einer anschließenden staatlichen Registrierung entsprochen. Anders als in einigen außereuropäischen Rechtsordnungen ist die alleinige Möglichkeit einer religiösen Eheschließung nur noch in Andorra und im Vatikanstaat gegeben, in denen ausschließlich kanonisches Recht gilt.
Das Eigengut unterliegt der Eigenverwaltung. Die meisten Rechtssysteme kennen Ausnahmen, welche hauptsächlich die Familienwohnung und den Hausrat betreffen. Das Gesamtgut unterliegt der Einzelverwaltung. Für wichtige Rechtsgeschäfte ist die Zustimmung beider Ehegatten erforderlich.


Durch diese Formalisierung des Eheschlusses unterschied sich die Ehe viele Jahrhunderte lang von anderen Formen des Zusammenlebens. Mit der Einführung registrierter Partnerschaften – zunächst in den skandinavischen Ländern und begrenzt auf gleichgeschlechtliche Paare, später geographisch und personell ausgeweitet – ist dieser Unterschied auf die ''Art'' der Formalisierung reduziert worden. Allerdings sind Voraussetzungen und Folgen einer Registrierung der Partnerschaft zwar in der Regel nicht mit denen der Ehe identisch, häufig aber doch weitgehend dem Eherecht angeglichen. Es gibt daher in Europa formalisierte (verschieden- oder gleichgeschlechtliche) Lebenspartnerschaften, die nicht als Ehe einzuordnen sind, die aber in Voraussetzungen und Folgen der Ehe sehr ähneln. Rechtstatsächlich gibt es daneben nach wie vor Paare (unterschiedlichen und gleichen Geschlechts), die ohne Eheschließung oder andere Arten von Formalisierung dauerhaft zusammenleben. Für diese „[[nichteheliche Lebensgemeinschaft|nichtehelichen Lebensgemeinschaften]]“ sieht in Europa u.a. das Recht Sloweniens und der autonomen Region Galizien eine volle Erstreckung des Eherechts vor (außerhalb Europas z.B. auch Brasilien). Einige europäische Rechtsordnungen halten begrenzte Regelungen für den Fall des Auseinandergehens der Gemeinschaft vor und/oder berücksichtigen den sozialen Tatbestand in verschiedenen Rechtsnormen. Wie weit Gesetzgeber und Richter den Willen zu einem wechselseitigen Füreinandereinstehenwollen und eine gegenseitige Verantwortungsübernahme, die mit der Ehe üblicherweise verbunden ist, auch bei diesen formfreien Partnerschaften unterstellen dürfen, ist in der Diskussion. Den speziellen Schutz und die Förderung, den EMRK und verschiedene nationale Verfassungen der Ehe garantieren, können die formfreien Partnerschaften aber in der Regel nicht oder nur begrenzt in Anspruch nehmen. Vertreter einer funktionalen Betrachtungsweise sehen hierin allerdings eine unzulässige Diskriminierung.
In einer Errungenschaftsgemeinschaft ist eine Vermögensaufteilung erst möglich, wenn die Gütergemeinschaft liquidiert ist. Hierzu ist eine Bilanz aufzustellen, wobei die Vergütungen von großer Bedeutung sind. Jedes Mal, wenn das Eigengut aus dem Gesamtgut, oder ''vice versa'', einen Vorteil gezogen hat, hat das zweite Vermögen Anspruch auf eine Vergütung durch das erste Vermögen, um eine ungerechtfertigte Bereicherung zu vermeiden. Hat z.B. das Gesamtgut in ein Haus investiert, das Bestandteil des Eigenguts der Frau ist, dann ist das Eigengut zu einer Vergütung an das Gesamtgut verpflichtet. Gleiches gilt, wenn das Gesamtgut eine eigene Schuld des Mannes bezahlt hat. Die Vergütungen werden in der Regel nominell berechnet, aber viele Rechtssysteme machen eine Ausnahme für Investitionen, die für den Erwerb, die Verbesserung oder die Instandhaltung eines Guts gedient haben. In diesem Fall partizipiert das vergütungsberechtigte Vermögen an der Wertsteigerung dieses Gutes.


Der besondere Schutz der Ehe als personaler Gemeinschaft wird u.a. in aufenthaltsrechtlichen und asylrechtlichen Regelungen berücksichtigt; die Ehe erfährt in vielen europäischen Rechtsordnungen Privilegierungen und Förderung (z.B. im Steuerrecht, bei staatlichen Leistungen). Bezüglich Zuordnung und der Rechtsstellung von Kindern ([[Elterliche Verantwortung]]) ist die Bedeutung der ehelichen Herkunft aber auf dem Rückzug.
Die Errungenschaftsgemeinschaften teilen das Gesamtgut in zwei gleiche Hälften auf und verleihen jedem Ehegatten einen dinglichen Anspruch. Das Eigengut bleibt unberührt. Wertsteigerungen des eigenen Vermögens kommen ausschließlich diesem Vermögen zugute. Der Richter verfügt weder über die Möglichkeit, von der Aufteilung des Gesamtgutes in zwei gleiche Hälften abzuweichen, noch kann er das eigene Vermögen umverteilen, auch wenn einige Rechtssysteme, wie z.B. das polnische, hier Abweichungen kennen. In vielen Rechtssystemen besteht überdies die Möglichkeit, einem Ehe-gatten bestimmte Vermögensbestandteile des Gesamtgutes – insbesondere die [[Familienwohnung]] – bevorzugt zuzuweisen. Dieser Ehegatte muss sich dann den Wert des zugeteilten Gutes auf seinen Anteil am Gesamtgut anrechnen lassen und gegebenenfalls einen Aufpreis bezahlen, wenn dieser Wert größer ist als sein Anteil am Gesamtgut.


Die mit der Eheschließung begründete rechtliche Verbindung untersteht in allen Rechtsordnungen besonderen eherechtlichen Regelungen. Geprägt sind diese im heutigen Europa weitgehend durch die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das jahrhundertelang vorherrschende patriarchalische Ehebild ist fast völlig (aus dem Recht) verschwunden. Die Fähigkeit von Ehegatten, Verträge – auch miteinander – einzugehen, ist unbestritten. Weitgehend können die Eheleute ihre rechtlichen Verhältnisse in der Ehe (z.B. Namenswahl, Rollenverteilung, Vermögenszuordnung) privatautonom durch einen vor oder während der Ehe geschlossenen Vertrag regeln. ([[Ehevertrag]]; [[Vertragsfreiheit]]; [[Sitten- und Gesetzwidrigkeit von Verträgen|Sittenwidrigkeit]]; [[Ehegüterrecht]]). Staatliche Regelungen des Eheinhalts und der Ehegestaltung sind weitgehend auf dem Rückzug; staatliche Regelungen und Eingriffe (z.B. Schutz des [[Persönlichkeitsrecht]]s; Gewaltschutz; Inhaltskontrolle von Verträgen) sind weitgehend zum Schutz des schwächeren Ehepartners gedacht. Größere Divergenzen bestehen zwischen den europäischen Rechtsordnungen in der Frage, ob und wie weit den Ehepartnern die Disposition über die Auflösung der Ehe und deren Folgen gegeben ist.  
=== b) Partizipationssysteme ===
Die gesetzlichen Güterstände der nordischen und germanischen Rechtsfamilie beruhen auf einem Partizipationssystem. Während der Ehe gilt Gütertrennung. Es werden prinzipiell alle Schulden zum Eigengut gerechnet, es sei denn, dass die Ehegatten sich aufgrund des gemeinen Schuldrechts gemeinschaftlich oder gesamthänderisch verbunden haben. Schulden für die Erziehung der Kinder und den Haushalt sind auch hier gesamthänderisch. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbst. Verfügungen über Familienwohnung und Hausrat unterliegen Beschränkungen. Bei Auflösung der Ehe partizipieren die Ehegatten jedoch jeweils am Vermögen des anderen. Hierbei sind allerdings zwei Typen zu unterscheiden.


Strukturmerkmal einer Ehe ist heute – ungeachtet des grundsätzlich unbefristeten Eingehens dieser Lebensgemeinschaft – die Auflösbarkeit derselben. Abgesehen von Andorra, Malta und dem Vatikanstaat erlauben alle europäischen Rechtsordnungen eine Auflösung der Ehe durch [[Scheidung]]. Bisher ist eine Ehescheidung in den europäischen Rechtsordnungen nur über die Einschaltung einer staatlichen Institution möglich. Als staatliche Institution werden überwiegend – zum Teil speziell für Ehe- und Familiensachen eingerichtete – Gerichte, in den skandinavischen Ländern Verwaltungsbehörden tätig. Eine Scheidung allein durch Registrierung (wie z.B. in Japan) ist bisher in keiner europäischen Rechtsordnung zulässig, nicht einmal dann, wenn es sich um die einverständliche Scheidung eines kinderlosen Ehepaares handelt. Wieweit Privatscheidungen in einer europäischen Rechtsordnung vollzogen oder anerkannt werden, wenn sie nach dem kollisionsrechtlich anwendbaren Recht (z.B. nach einem der verschiedenen [[islamisches Recht|islamischen Recht]]e) zulässig sind, entscheiden das jeweilige [[internationales Privatrecht|internationale Privatrecht]] und internationale Verfahrensrecht.
Im ersten Typus, den man in den nordischen Rechtssystemen findet, ist zu unterscheiden zwischen Vorbehaltsgut und Gemeinschaftsgut. Zum Vorbehaltsgut gehören die Schenkungen und Erbschaften, die unter der Bedingung, dass sie zum Vorbehaltsgut gehören, erworben wurden, sowie eine Anzahl von persönlichen Gütern und Rechten. Alle anderen Güter gehören zum Gemeinschaftsgut. Es materialisiert sich bei der Eheauflösung eine aufgeschobene Gütergemeinschaft. Diese wird aus dem Nettovermögen des Gemeinschaftsguts jedes Ehegatten zusammengestellt. Sind die Passiva höher als die Aktiva, dann ist das Vermögen mit null zu bewerten. Im Hinblick auf die eher restriktive Zusammenstellung des Vorbehaltsgutes ist diese aufgeschobene Gemeinschaft als Universalgemeinschaft zu qualifizieren. Diese Gemeinschaft ist prinzipiell in zwei gleiche Hälften zu teilen, was bedeutet, dass jeder Ehegatte nicht nur an den vom anderen Ehegatten mit seinem Einkommen erworbenen Gütern partizipiert, sondern auch an den Gütern, welche er vor der Ehe besaß oder während der Ehe aus Schenkung oder Erbschaft erhalten hat.


Die verfahrensrechtlichen und materiellrechtlichen Voraussetzungen der Ehescheidung sind sehr unterschiedlich. Bei Einverständnis beider Partner mit der Scheidung sind die Anforderungen in der Regel gering, das Verfahren vereinfacht und beschleunigt. Entsprechend dem zugrunde liegenden Eheverständnis lassen jedoch viele Rechtsordnungen das Einvernehmen der Ehegatten über die Ehescheidung allein nicht ausreichen, sondern verlangen einen Scheidungsgrund, wie zum Beispiel das Scheitern der Ehe. Der streitigen Scheidung muss häufig ein längeres Getrenntleben der Ehegatten vorausgehen. Die meisten Rechtsordnungen verzichten auf die Feststellung einer „Scheidungsschuld“, einige ermöglichen wahlweise die Verschuldensscheidung; eine [[Mediation]] vor, neben oder im Verfahren soll ein friedliches Auseinandergehen bewirken. In ähnlicher Weise variieren die Scheidungsfolgen. Eher selten sind sie verschuldensabhängig geregelt. Ehevertragliche Vereinbarungen werden in der gerichtlichen Auseinandersetzung beispielsweise im englischen Recht vom Richter nur als ein möglicherweise beachtlicher Gesichtspunkt herangezogen, binden ihn aber nicht. Im deutschen Recht sind sie demgegenüber zwar grundsätzlich bindend, können aber einer gerichtlichen Wirksamkeits- oder Ausübungskontrolle unterzogen werden. In dieser Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zeigt sich deutlich die unterschiedliche Gewichtung von Autonomie und Schutz der Beteiligten.
Alle nordischen Rechtssysteme kennen aber die Möglichkeit, dass der Richter aus Billigkeitsgründen von einer Gleichteilung absieht; in Norwegen verfügt jeder Ehegatte über die Möglichkeit, dass vor der Ehe oder erworbenes Vermögen oder solches, das während der Ehe durch Schenkung oder Erbschaft erworben wurde, auf Antrag von der Gleichteilung ausgenommen wird (§ 59 ''Ekteskapslov''). Generell kann z.B. von einer Gleichteilung abgesehen werden, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war. Umgekehrt verfügt der Richter auch über die Möglichkeit, dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten aus Billigkeitsgründen einen Teil des Vorbehaltsgutes zuzusprechen.


== 4. Rechtsharmonisierungs- und Rechtsvereinheitlichungsbe­strebungen ==
Im zweiten Typus entsteht keine aufgeschobene Gemeinschaft, sondern es werden schuldrechtliche Verrechnungen durchgeführt. Vertreter dieses Typus sind die Zugewinngemeinschaft in Deutschland und Griechenland und die schweizerische Errungenschaftsbeteiligung.
Einheitliches materielles Eherecht ist bisher weder über Konventionen des Europarates noch über solche der Haager Konferenz oder anderer internationaler Instrumente geschaffen worden. Der EU fehlt – jedenfalls nach überwiegender Meinung – die Kompetenz zu einer Vereinheitlichung des materiellen Rechts; auf dem Gebiet des internationalen Verfahrensrechts ist sie mit der Brüssel IIa-VO (VO 2201/2003 – als Nachfolgeregelung der Brüssel II-VO) tätig geworden, für den kollisionsrechtlichen Bereich ([[internationales Privatrecht]]) war ein Verordnungsentwurf (Rom III-VO) in der Diskussion. Ob die europarechtlichen Grundsätze der Freizügigkeit eine von kollisionsrechtlichen Regelungen unabhängige Anerkennung der in einem Mitgliedstaat wirksam geschlossenen oder der mit bestimmten Rechtswirkungen versehenen Ehe fordern, ist in der Diskussion. Zu verschiedenen sachrechtlichen Aspekten des Familienrechts und damit auch zur Ehe erarbeitet eine durch die EU geförderte Gruppe von Wissenschaftlern (CEFL) Grundprinzipien, die innerhalb Europas allgemein akzeptabel erscheinen können (''[[Principles of European Family Law]]''). Auf diese Weise sollen für gesetzgeberische oder richterrechtliche Reformen Vorbilder geschaffen und damit eine Rechtsharmonisierung innerhalb Europas vorbereitet werden. Auch Einzelvorschläge zur Gestaltung eines europäischen Eherechts sind unterbreitet worden. Betrachtet man allerdings die sehr unterschiedlichen Ehebilder – von der Ehe als einem allein religiösem Recht unterstehenden Sakrament (Andorra, Vatikanstaat) oder als einer unauflösbaren Verbindung (auch Malta) zwischen Mann und Frau bis zur jederzeit auch einseitig „kündbaren“ Ehe, die unter anderem zwischen Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden kann (so Schweden) oder die in Voraussetzung und Folgen fast keinen Unterschied zu einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aufweist – dann wird trotz der zweifellos vorhandenen Konvergenzen (Abbau der Ehehindernisse, Stärkung der Autonomie der Eheleute vor, während und bei Auflösung der Ehe; Gleichberechtigung von Mann und Frau) deutlich, dass bis zu einer Harmonisierung selbst innerhalb Europas noch ein weiter Weg ist.
 
Bei der deutschen Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) ist bei Auflösung des Güterstandes ein Zugewinnausgleich durchzuführen. Bei Auflösung durch Tod wird hierzu das Erbteil des überlebenden Ehegatten pauschal um ein Viertel erhöht (§ 1371 BGB). Bei Ehescheidung wird der Zugewinn mathematisch berechnet. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, dann hat letzterer Anspruch auf die Hälfte des Überschusses (§ 1378, Abs. 1 BGB). Da der Zugewinn auf das ganze Vermögen eines Ehegatten berechnet wird, führt dies nicht nur zu einer Partizipation in das während der Ehe erworbene Vermögen, sondern ebenfalls in den Zugewinn des vor der Ehe erworbenen Vermögens, was Ausdruck eines doch eher extremen Verständnisses von ehelicher Solidarität ist.
 
In der schweizerischen Errungenschaftsbeteiligung ist die Solidarität nicht so weitgehend, da nur die Errungenschaften zu verrechnen sind und der Mehrwert auf eigenes Vermögen unberücksichtigt bleibt.
 
=== c) Gütertrennung ===
Die Balearen, Katalonien und Valencia kennen die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand. Bei Ehescheidung kommt weder eine aufgeschobene Gemeinschaft zustande, noch finden Verrechnungen statt. Katalonien spricht aber dem Ehegatten, der den Haushalt geführt hat oder im Betrieb des anderen Ehegatten mitgearbeitet hat, einen Ausgleich zu. Das valenzianische Recht kennt eine vergleichbare Regelung, welche nicht im Ehegüterrecht, sondern im Recht der allgemeinen Ehewirkungen verankert ist.
 
=== d) Auf dem Wege zu einer aufgeschobenen Gemeinschaft im ''common law''? ===
Seit dem ''Matrimonial Causes Act 1973'' verfügt ein englischer Richter im Fall einer Ehescheidung über eine große Ermessensfreiheit, um eine Umverteilung der Vermögen der Ehegatten durchzuführen. Nach Verständnis der ''common law''-Rechtssysteme ist eine inhaltliche Trennung zwischen Vermögensteilung und Unterhalt weitgehend unbekannt. Unter Mitberücksichtigung des ''clean break''-Prinzips operiert das ''common law ''mit'' package solutions'', Globallösungen, welche Vermögensaufteilung und Unterhaltsleistung ineinanderfließen lassen. Bei Eheauflösung durch Tod führt die Anwendung der ''family provisions'' zu vergleichbare Lösungen ([[Erbrecht]]).
 
Der ''Matrimonial Causes Act 1973'' verpflichtet den Richter hierbei, dem Kindesinteresse Rechnung zu tragen, einen ''clean break'' anzustreben und alle Elemente des Falles zu berücksichtigen, insbesondere das aktuelle und potentielle Einkommen, die finanzielle Bedürftigkeit, die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Ehegatten, sowie den Beitrag, den sie zum Wohl der Familie geleistet haben bzw. in Zukunft leisten werden.
 
Die Anwendung des ''Matrimonial Causes Act 1973 ''lief in der Vergangenheit in der Praxis darauf hinaus, dem Antragssteller ''reasonable requirements'' zu garantieren. Dies bedeutete, dass der vermögendere Ehegatte nicht verpflichtet war, sein Vermögen mit dem bedürftigen Ehegatten völlig zu teilen. Die Umverteilung wurde nur durchgeführt bis zur Höhe, die dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten ermöglichte, den ehelichen Lebensstandard fortzuführen. Mit der Entscheidung ''White v. White ''<nowiki>[2001] AC&nbsp;596 wies das </nowiki>''House of Lords'' die Beschränkung der Umverteilung auf ''reasonable requirements'' ab. Hat jeder Ehegatte auf gleiche Weise zum Familienwohl beigetragen, dann spielt es nunmehr keine Rolle, welcher Ehegatte das Vermögen aufgebaut hat, und eine Gleichteilung ist angewiesen – es sei denn, es liegen gute Gründe für eine ungleiche Aufteilung vor. Eine Schiefteilung ist z.B. üblich, wenn die Quelle des Reichtums außerhalb der Ehe liegt, wie bei einer Schenkung oder einer Erbschaft; alles, was als Arbeitsertrag zu betrachten ist, ist aber grundsätzlich gleich zu verteilen, es sei denn, es liegt ein außerordentlicher Beitrag vor (''Miller v. Miller and'' ''McFarlane v. McFarlane ''<nowiki>[2006] UKHL 24 (HL)).</nowiki>
 
=== e) Rechtsvergleichende Bewertung ===
Bei einem Vergleich des ''common law'' mit dem kontinentalen Recht wird deutlich, dass große Ähnlichkeit besteht zwischen dem englischen Recht und den kontinentalen Partizipationssystemen. So weist einiges darauf hin, dass das englische Recht ohne formelles Ehegüterrecht in der Praxis mehr und mehr zu einer Art aufgeschobener Gütergemeinschaft tendiert, aber unter Beibehaltung einer großen richterlichen Ermessensfreiheit.
 
Sowohl in den Errungenschaftssystemen als in den Partizipationssystemen wird der Autonomie der Ehegatten während der Ehe großes Gewicht beigemessen, was nicht nur in der Zusammenstellung der Vermögensmassen, sondern auch in den Regeln über deren Verwaltung zum Ausdruck kommt. In beiden Systemen wird aber auch auf die Solidarität zwischen Ehegatten Wert gelegt, auch wenn sie sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Bei den Gemeinschaftssystemen wird diese Solidarität schon während der Ehe durch die Schöpfung eines Gesamtguts, das von beiden Ehegatten verwaltet wird, realisiert. So wird schon während der Ehe eine Teilhabe eines Ehegatten am Vermögen des anderen Ehegatten realisiert, was einen wesentlichen Unterschied zu den Partizipationssystemen bedeutet. Da Partizipationssysteme auf Gütertrennung beruhen, kennen sie naturgemäß während der Ehe keine Teilhabe, sondern nur eine beschränkte Solidarität, die meistens nur über die allgemeinen Ehewirkungen bewerkstelligt wird.
 
Die Solidarität bei Eheauflösung wird in Gemeinschafts- und Partizipationssystemen unterschiedlich zum Ausdruck gebracht. In Gemeinschaftssystemen wird die Solidarität durch die Gleichteilung des Gesamtguts realisiert. Sie bleibt aber auf die Errungenschaften während der Ehe beschränkt, jeder Ehegatte hat einen dinglichen Anspruch auf die Hälfte des Gesamtguts. Das Eigengut wird nicht mitberücksichtigt, auch wenn sogar hier eine gewisse Solidarität nicht zu verkennen ist, da die Einkünfte des Eigenguts meistens Bestandteil des Gesamtguts sind. Außer präferentiellen Zuweisungen verfügt der Richter über keine Ermessensfreiheit und kann keine Umverteilung durchführen.
 
Partizipationssysteme führen hingegen zu einer aufgeschobenen Gemeinschaft oder zu einer Verrechnung. Die Vermögensmasse, die zu verteilen oder zu verrechnen ist, unterscheidet sich je nach Rechtssystem. In den meisten Rechtssystemen, welche eine breite Vermögensmasse bilden, verfügt der Richter über eine Ermessensfreiheit, um die zu teilende Vermögensmasse aus Billigkeitsgründen einzuschränken.
 
== 3. Europäische Perspektiven ==
Im Hinblick auf eine Harmonisierung der europäischen Güterrechtssysteme ist festzustellen, dass die Rechtssysteme sehr unterschiedlich bleiben. Gemeinschaftssysteme verleihen dem Ehegatten weniger Autonomie als Partizipationssysteme, aber sie erlauben dem Ehegatten, der keine oder eher bescheidene Einkünfte hat, über eine gewisse Autonomie zu verfügen, da er unmittelbar Gesamtgut erwirbt und an der Verwaltung dieser Vermögensmasse teilnimmt. Partizipationssysteme verleihen den Ehegatten eine viel größere Autonomie, die meistens nur durch das Recht der allgemeinen Ehewirkungen beschränkt wird. Der Ehegatte, der kein eigenes Vermögen hat oder aufbaut, kann diese Autonomie nicht genießen, da er während der Ehe keine Rechte erwirbt und deshalb nicht an der Verwaltung beteiligt ist. Er kann nur alltägliche Ausgaben mit Geldern bestreiten, die ihm vom anderen Ehegatten kraft seiner Beitragspflicht zur Verfügung gestellt werden. Partizipationssysteme sind daher auch besser geeignet für Ehegatten, die wirtschaftlich selbständig sind, Gemeinschaftssysteme hingegen, wenn dies nicht der Fall ist.
 
Bei der Teilhabe bei Eheauflösung sind ebenfalls große Unterschiede festzustellen: Die zu teilende Vermögensmasse ist unterschiedlich; das eine System verteilt auf mathematischer Grundlage, das andere System erlaubt dem Richter eine große Ermessensfreiheit, die ihm ermöglicht, aus Billigkeitsgründen von den Grundregeln abzuweichen. Trotzdem haben die Rechtssysteme hier viel Gemeinschaftliches und ein ''common core'' ist durchaus festzustellen. Gemeinschaftssysteme erreichen mit einer Gleichteilung, dass jeder Ehegatte an dem Wohlstand teilhat, den der andere Ehegatte während der Ehe aufgebaut hat. Partizipationssysteme erreichen das gleiche Ziel, entweder mit einer Teilung der aufgeschobenen Gemeinschaft oder einer Verrechnung oder mit einer Umverteilung. Die richterliche Ermessensfreiheit und die Ausnahmen zu diesen Grundregeln führen in den meisten Rechtsordnungen dazu, dass auch in diesen Systemen die Teilhabe auf das beschränkt bleibt, was die Ehegatten außer durch Erbe oder Schenkung während der Ehe erworben haben. Grundgedanke in beiden Systemen ist, dass jeder Ehegatte an dem während der Ehe vom anderen Ehegatten erworbenen Vermögen teilhaben soll, unabhängig von der Aufgabenverteilung in der Ehe, da dieser Erwerb auf den Leistungen beider Ehegatten beruht.
 
Die ''Commission on European Family Law'' arbeitet auch für den gesetzlichen Güterstand ''[[Principles of European Family Law]]'' aus, welche dem ''common core ''der betreffenden europäischen Rechtssysteme entsprechen, und – wo nötig – mit einem ''better law approach'' korrigiert werden.
 
Eine deutsch-französische Kommission arbeitet derzeit auf der Grundlage der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen ''participation aux acquêts'' einen gemeinsamen Wahlgüterstand aus. Dieser soll in die Zivilgesetzbücher beider Staaten integriert werden und ohne Anknüpfung an Staatsangehörigkeit oder gewöhnlichen Aufenthalt gewählt werden können. Das Projekt betrifft ausschließlich materiellrechtliche Normen und ist internationalprivatrechtlich neutral.
 
Die großen Unterschiede zwischen den Rechtssystemen beeinträchtigen die auf einem ''ius commune ''beruhende Schaffung eines europäischen gesetzlichen Güterstandes erheblich.


==Literatur==
==Literatur==
''Emil Friedberg'', Das Recht der Eheschließung in seiner geschichtlichen Entwicklung, 1865; ''Rudolf Weigand'', Liebe und Ehe im Mittelalter, 1993; ''Dagmar Coester-Waltjen'','' Michael Coester'', Formation of Marriage, in: IECL IV/3, 1991; ''Dieter Henrich'','' Dieter Schwab'' (Hg.), Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, 1999; ''Walter Pintens'', European Family Law (Casebook), 2001; ''Katharina Boele-Woelki'' (Hg.), Perspectives for the Unification and Harmonisation of Family Law in Europe, 2003; ''Nina Dethloff'', Europäische Vereinheitlichung des Familienrechts, Archiv für die civilistische Praxis&nbsp;204 (2004) 545&nbsp;ff.; ''Ingeborg Schwenzer'', Model Family Code from a Global Perspective, 2006; ''Rembert Süß'','' Gerhard Ring'', Eherecht in Europa, 2006; ''Dagmar Coester-Waltjen'', Human Rights and the Harmonisation of Family Law in Europe, in: Katharina Boele-Woelki, Tone Sverdrup (Hg.), European Challenges in Contemporary Family Law, 2008.
''Walter Pintens'' (Hg.), Family and Succession law, Encyclopaedia of Laws, 4 Bde., ab 1997; ''Dieter Henrich'', ''Dieter Schwab'' (Hg.), Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, 1999; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Bente Braat'', ''A.E. Oderkerk'', ''G.J.W. Steenhoff'', Huwelijksvermogensrecht in rechtsvergelijkend perspectief, 2000; ''Bente Braat'', Indépendance et interdépendance patrimoniales des époux dans le régime matrimonial légal des droits français, néerlandais et suisse, EFL-Series, No.&nbsp;6, 2004; ''Sibylle Hofer'', ''Dieter Schwab'', ''Dieter Henrich'' (Hg.), From Status to Contract? Die Bedeutung des Vertrags im europäischen Familienrecht, 2005; ''Andrea Bonomi'', ''Marcus Steiner'' (Hg.), Les régimes matrimoniaux en droit comparé et en droit international privé, 2006; ''Rembert Süß'', ''Gerhard Ring'' (Hg.), Eherecht in Europa, 2006; ''Katharina Boele-Woelki'', ''Bente Braat'', ''Ian Curry-Sumner'' (Hg.), Property Relations Between Spouses, 2009; ''Alexander Bergmann'', ''Murad Ferid'', ''Dieter Henrich'' (Hg), Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 20&nbsp;Bde. (Loseblatt).


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[[en:Marriage]]
[[en:Matrimonial_Property_Law]]

Version vom 28. September 2021, 15:44 Uhr

von Walter Pintens

1. Allgemeines

Die europäischen kontinentalen Rechtssysteme überlassen die vermögensrechtlichen Folgen der Ehe nicht dem allgemeinen Vermögensrecht, sondern regeln diese hauptsächlich im Ehegüterrecht. Auch wenn in den meisten Rechtssystemen das Recht der allgemeinen Ehewirkungen (régime primaire) einige vermögensrechtliche Regelungen z.B. über die Familienwohnung und die gesamtschuldnerische Haftung (Gesamtschuld) für Haushaltsschulden beinhaltet, welche unabhängig vom Ehegüterstand (régime sécondaire) gelten, bleibt dieser Ehegüterstand das Kernstück. Die Ehegatten genießen meistens eine große Privatautonomie (Vertragsfreiheit), indem sie durch Ehevertrag einen Ehegüterstand wählen können, anderenfalls findet der gesetzliche Güterstand Anwendung.

Das common law kennt kein eigentliches Ehegüterrecht und deshalb auch keinen gesetzlichen Güterstand. Seit dem Married Women’s Property Act 1882 hat die Ehe in England und Wales keinen Einfluss auf das Vermögen, jedenfalls nicht während der Ehe. Dies bedeutet, dass die Ehegatten aufgrund des gemeinen Rechts grundsätzlich in Gütertrennung leben (s. aber unten 2.d)). Die Rechtslage in Irland und Schottland ist ähnlich.

2. Gesetzlicher Güterstand

Bezüglich des gesetzlichen Güterstandes lassen sich in Europa vier verschiedene Grundansätze feststellen, namentlich die Errungenschaftsgemeinschaft (dazu unten a)), Partizipationssysteme (dazu unten b)) und die Gütertrennung (dazu unten c)) sowie die common law-Rechtsordnungen, die im Grunde keinen echten Güterstand kennen (dazu unten d)). Darüber hinaus haben die Niederlande als einziges europäisches Land die Universalgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand (Art. 93 BW).

a) Errungenschaftsgemeinschaft

Die Rechtssysteme der romanischen Rechtsfamilie sind dem napoleonischen Modell treu geblieben und kennen als gesetzlichen Güterstand eine beschränkte Gütergemeinschaft, die als eine Errungenschaftsgemeinschaft zu qualifizieren ist. Wichtigstes Merkmal dieser Errungenschaftsgemeinschaft ist die Schaffung eines Gesamtguts, welches das während der Ehe entgeltlich erworbene Vermögen umfasst.

Die Errungenschaftsgemeinschaft ist gesetzlicher Güterstand in Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und Portugal. Mit der sociedad de gananciales kennt Spanien ebenfalls die Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 1344 Código civil). Der Código civil gilt aber nur insoweit, als die Foralrechte keine abweichenden Regelungen kennen, welche aufgrund der Verfassung den Vorrang genießen (Art. 13 Constitución Española). Aragon, Baskenland, Galizien und Navarra kennen eine Errungenschaftsgemeinschaft, die in einigen Punkten vom spanischen Recht abweicht.

Die meisten Rechtssysteme aus Mittel- und Osteuropa kennen ebenfalls die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand, so z.B. Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Russland, die Slowakei, Slowenien und Tschechien, die Ukraine und Ungarn.

Die Zusammenstellung der drei Vermögensmassen (das Eigengut jedes Ehegatten und das Gesamtgut) verläuft in allen genannten Rechtssystemen grundsätzlich nach den gleichen Leitprinzipien. In den meisten Rechtssystemen ist das Eigengut zusammengestellt aus den vor der Ehe erworbenen Gütern und aus den während der Ehe unentgeltlich erworbenen Gütern (z.B. aus Schenkung oder Erbschaft) sowie aus Gütern und Rechten, die eng mit der Person verbunden sind – wie Kleidung, persönliche Gegenständen, Schadensersatz wegen Körperverletzungen und immaterieller Schaden, durch Subrogation oder Wiederanlage erworbene Güter und Berufsgüter. Das Gesamtgut umfasst meist alle Einkünfte, sowohl solche aus Arbeit, einschließlich subsidiärer Einkünfte, als auch solche aus dem Eigengut und alle mit diesen Einkünften erworbenen Güter. Gleiches gilt in den meisten mittel- und osteuropäischen Rechtssystemen. Einige Rechtssysteme sind hingegen differenzierter und unterscheiden zwischen Einkünften aus Arbeit und Einkünften aus dem Eigengut. Im kroatischen, serbischen und slowenischen Recht sind nur die Einkünfte aus Arbeit Bestandteil des Gesamtguts, Einkünfte aus dem Eigengut sind diesem zuzurechnen.

Bei der Schuldenhaftung wird in allen Errungenschaftssystemen unterschieden zwischen Innen- und Außenverhältnis. Die Schuldenhaftung zeichnet sich aus durch detaillierte Regelungen, welche sich an den Regelungen der Aktiva orientieren. Das Recht der allgemeinen Ehewirkungen oder des gesetzlichen Güterstandes kennt meistens eine spezifische Regel für Schulden für die Kindererziehung und für Haushaltsschulden. Soweit die Schulden dem Lebensstandard der Ehegatten entsprechen, sind sie zumeist Gesamtschulden.

Das Eigengut unterliegt der Eigenverwaltung. Die meisten Rechtssysteme kennen Ausnahmen, welche hauptsächlich die Familienwohnung und den Hausrat betreffen. Das Gesamtgut unterliegt der Einzelverwaltung. Für wichtige Rechtsgeschäfte ist die Zustimmung beider Ehegatten erforderlich.

In einer Errungenschaftsgemeinschaft ist eine Vermögensaufteilung erst möglich, wenn die Gütergemeinschaft liquidiert ist. Hierzu ist eine Bilanz aufzustellen, wobei die Vergütungen von großer Bedeutung sind. Jedes Mal, wenn das Eigengut aus dem Gesamtgut, oder vice versa, einen Vorteil gezogen hat, hat das zweite Vermögen Anspruch auf eine Vergütung durch das erste Vermögen, um eine ungerechtfertigte Bereicherung zu vermeiden. Hat z.B. das Gesamtgut in ein Haus investiert, das Bestandteil des Eigenguts der Frau ist, dann ist das Eigengut zu einer Vergütung an das Gesamtgut verpflichtet. Gleiches gilt, wenn das Gesamtgut eine eigene Schuld des Mannes bezahlt hat. Die Vergütungen werden in der Regel nominell berechnet, aber viele Rechtssysteme machen eine Ausnahme für Investitionen, die für den Erwerb, die Verbesserung oder die Instandhaltung eines Guts gedient haben. In diesem Fall partizipiert das vergütungsberechtigte Vermögen an der Wertsteigerung dieses Gutes.

Die Errungenschaftsgemeinschaften teilen das Gesamtgut in zwei gleiche Hälften auf und verleihen jedem Ehegatten einen dinglichen Anspruch. Das Eigengut bleibt unberührt. Wertsteigerungen des eigenen Vermögens kommen ausschließlich diesem Vermögen zugute. Der Richter verfügt weder über die Möglichkeit, von der Aufteilung des Gesamtgutes in zwei gleiche Hälften abzuweichen, noch kann er das eigene Vermögen umverteilen, auch wenn einige Rechtssysteme, wie z.B. das polnische, hier Abweichungen kennen. In vielen Rechtssystemen besteht überdies die Möglichkeit, einem Ehe-gatten bestimmte Vermögensbestandteile des Gesamtgutes – insbesondere die Familienwohnung – bevorzugt zuzuweisen. Dieser Ehegatte muss sich dann den Wert des zugeteilten Gutes auf seinen Anteil am Gesamtgut anrechnen lassen und gegebenenfalls einen Aufpreis bezahlen, wenn dieser Wert größer ist als sein Anteil am Gesamtgut.

b) Partizipationssysteme

Die gesetzlichen Güterstände der nordischen und germanischen Rechtsfamilie beruhen auf einem Partizipationssystem. Während der Ehe gilt Gütertrennung. Es werden prinzipiell alle Schulden zum Eigengut gerechnet, es sei denn, dass die Ehegatten sich aufgrund des gemeinen Schuldrechts gemeinschaftlich oder gesamthänderisch verbunden haben. Schulden für die Erziehung der Kinder und den Haushalt sind auch hier gesamthänderisch. Jeder Ehegatte verwaltet sein Vermögen selbst. Verfügungen über Familienwohnung und Hausrat unterliegen Beschränkungen. Bei Auflösung der Ehe partizipieren die Ehegatten jedoch jeweils am Vermögen des anderen. Hierbei sind allerdings zwei Typen zu unterscheiden.

Im ersten Typus, den man in den nordischen Rechtssystemen findet, ist zu unterscheiden zwischen Vorbehaltsgut und Gemeinschaftsgut. Zum Vorbehaltsgut gehören die Schenkungen und Erbschaften, die unter der Bedingung, dass sie zum Vorbehaltsgut gehören, erworben wurden, sowie eine Anzahl von persönlichen Gütern und Rechten. Alle anderen Güter gehören zum Gemeinschaftsgut. Es materialisiert sich bei der Eheauflösung eine aufgeschobene Gütergemeinschaft. Diese wird aus dem Nettovermögen des Gemeinschaftsguts jedes Ehegatten zusammengestellt. Sind die Passiva höher als die Aktiva, dann ist das Vermögen mit null zu bewerten. Im Hinblick auf die eher restriktive Zusammenstellung des Vorbehaltsgutes ist diese aufgeschobene Gemeinschaft als Universalgemeinschaft zu qualifizieren. Diese Gemeinschaft ist prinzipiell in zwei gleiche Hälften zu teilen, was bedeutet, dass jeder Ehegatte nicht nur an den vom anderen Ehegatten mit seinem Einkommen erworbenen Gütern partizipiert, sondern auch an den Gütern, welche er vor der Ehe besaß oder während der Ehe aus Schenkung oder Erbschaft erhalten hat.

Alle nordischen Rechtssysteme kennen aber die Möglichkeit, dass der Richter aus Billigkeitsgründen von einer Gleichteilung absieht; in Norwegen verfügt jeder Ehegatte über die Möglichkeit, dass vor der Ehe oder erworbenes Vermögen oder solches, das während der Ehe durch Schenkung oder Erbschaft erworben wurde, auf Antrag von der Gleichteilung ausgenommen wird (§ 59 Ekteskapslov). Generell kann z.B. von einer Gleichteilung abgesehen werden, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war. Umgekehrt verfügt der Richter auch über die Möglichkeit, dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten aus Billigkeitsgründen einen Teil des Vorbehaltsgutes zuzusprechen.

Im zweiten Typus entsteht keine aufgeschobene Gemeinschaft, sondern es werden schuldrechtliche Verrechnungen durchgeführt. Vertreter dieses Typus sind die Zugewinngemeinschaft in Deutschland und Griechenland und die schweizerische Errungenschaftsbeteiligung.

Bei der deutschen Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) ist bei Auflösung des Güterstandes ein Zugewinnausgleich durchzuführen. Bei Auflösung durch Tod wird hierzu das Erbteil des überlebenden Ehegatten pauschal um ein Viertel erhöht (§ 1371 BGB). Bei Ehescheidung wird der Zugewinn mathematisch berechnet. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, dann hat letzterer Anspruch auf die Hälfte des Überschusses (§ 1378, Abs. 1 BGB). Da der Zugewinn auf das ganze Vermögen eines Ehegatten berechnet wird, führt dies nicht nur zu einer Partizipation in das während der Ehe erworbene Vermögen, sondern ebenfalls in den Zugewinn des vor der Ehe erworbenen Vermögens, was Ausdruck eines doch eher extremen Verständnisses von ehelicher Solidarität ist.

In der schweizerischen Errungenschaftsbeteiligung ist die Solidarität nicht so weitgehend, da nur die Errungenschaften zu verrechnen sind und der Mehrwert auf eigenes Vermögen unberücksichtigt bleibt.

c) Gütertrennung

Die Balearen, Katalonien und Valencia kennen die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand. Bei Ehescheidung kommt weder eine aufgeschobene Gemeinschaft zustande, noch finden Verrechnungen statt. Katalonien spricht aber dem Ehegatten, der den Haushalt geführt hat oder im Betrieb des anderen Ehegatten mitgearbeitet hat, einen Ausgleich zu. Das valenzianische Recht kennt eine vergleichbare Regelung, welche nicht im Ehegüterrecht, sondern im Recht der allgemeinen Ehewirkungen verankert ist.

d) Auf dem Wege zu einer aufgeschobenen Gemeinschaft im common law?

Seit dem Matrimonial Causes Act 1973 verfügt ein englischer Richter im Fall einer Ehescheidung über eine große Ermessensfreiheit, um eine Umverteilung der Vermögen der Ehegatten durchzuführen. Nach Verständnis der common law-Rechtssysteme ist eine inhaltliche Trennung zwischen Vermögensteilung und Unterhalt weitgehend unbekannt. Unter Mitberücksichtigung des clean break-Prinzips operiert das common law mit package solutions, Globallösungen, welche Vermögensaufteilung und Unterhaltsleistung ineinanderfließen lassen. Bei Eheauflösung durch Tod führt die Anwendung der family provisions zu vergleichbare Lösungen (Erbrecht).

Der Matrimonial Causes Act 1973 verpflichtet den Richter hierbei, dem Kindesinteresse Rechnung zu tragen, einen clean break anzustreben und alle Elemente des Falles zu berücksichtigen, insbesondere das aktuelle und potentielle Einkommen, die finanzielle Bedürftigkeit, die Pflichten und Verantwortlichkeiten der Ehegatten, sowie den Beitrag, den sie zum Wohl der Familie geleistet haben bzw. in Zukunft leisten werden.

Die Anwendung des Matrimonial Causes Act 1973 lief in der Vergangenheit in der Praxis darauf hinaus, dem Antragssteller reasonable requirements zu garantieren. Dies bedeutete, dass der vermögendere Ehegatte nicht verpflichtet war, sein Vermögen mit dem bedürftigen Ehegatten völlig zu teilen. Die Umverteilung wurde nur durchgeführt bis zur Höhe, die dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten ermöglichte, den ehelichen Lebensstandard fortzuführen. Mit der Entscheidung White v. White [2001] AC 596 wies das House of Lords die Beschränkung der Umverteilung auf reasonable requirements ab. Hat jeder Ehegatte auf gleiche Weise zum Familienwohl beigetragen, dann spielt es nunmehr keine Rolle, welcher Ehegatte das Vermögen aufgebaut hat, und eine Gleichteilung ist angewiesen – es sei denn, es liegen gute Gründe für eine ungleiche Aufteilung vor. Eine Schiefteilung ist z.B. üblich, wenn die Quelle des Reichtums außerhalb der Ehe liegt, wie bei einer Schenkung oder einer Erbschaft; alles, was als Arbeitsertrag zu betrachten ist, ist aber grundsätzlich gleich zu verteilen, es sei denn, es liegt ein außerordentlicher Beitrag vor (Miller v. Miller and McFarlane v. McFarlane [2006] UKHL 24 (HL)).

e) Rechtsvergleichende Bewertung

Bei einem Vergleich des common law mit dem kontinentalen Recht wird deutlich, dass große Ähnlichkeit besteht zwischen dem englischen Recht und den kontinentalen Partizipationssystemen. So weist einiges darauf hin, dass das englische Recht ohne formelles Ehegüterrecht in der Praxis mehr und mehr zu einer Art aufgeschobener Gütergemeinschaft tendiert, aber unter Beibehaltung einer großen richterlichen Ermessensfreiheit.

Sowohl in den Errungenschaftssystemen als in den Partizipationssystemen wird der Autonomie der Ehegatten während der Ehe großes Gewicht beigemessen, was nicht nur in der Zusammenstellung der Vermögensmassen, sondern auch in den Regeln über deren Verwaltung zum Ausdruck kommt. In beiden Systemen wird aber auch auf die Solidarität zwischen Ehegatten Wert gelegt, auch wenn sie sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. Bei den Gemeinschaftssystemen wird diese Solidarität schon während der Ehe durch die Schöpfung eines Gesamtguts, das von beiden Ehegatten verwaltet wird, realisiert. So wird schon während der Ehe eine Teilhabe eines Ehegatten am Vermögen des anderen Ehegatten realisiert, was einen wesentlichen Unterschied zu den Partizipationssystemen bedeutet. Da Partizipationssysteme auf Gütertrennung beruhen, kennen sie naturgemäß während der Ehe keine Teilhabe, sondern nur eine beschränkte Solidarität, die meistens nur über die allgemeinen Ehewirkungen bewerkstelligt wird.

Die Solidarität bei Eheauflösung wird in Gemeinschafts- und Partizipationssystemen unterschiedlich zum Ausdruck gebracht. In Gemeinschaftssystemen wird die Solidarität durch die Gleichteilung des Gesamtguts realisiert. Sie bleibt aber auf die Errungenschaften während der Ehe beschränkt, jeder Ehegatte hat einen dinglichen Anspruch auf die Hälfte des Gesamtguts. Das Eigengut wird nicht mitberücksichtigt, auch wenn sogar hier eine gewisse Solidarität nicht zu verkennen ist, da die Einkünfte des Eigenguts meistens Bestandteil des Gesamtguts sind. Außer präferentiellen Zuweisungen verfügt der Richter über keine Ermessensfreiheit und kann keine Umverteilung durchführen.

Partizipationssysteme führen hingegen zu einer aufgeschobenen Gemeinschaft oder zu einer Verrechnung. Die Vermögensmasse, die zu verteilen oder zu verrechnen ist, unterscheidet sich je nach Rechtssystem. In den meisten Rechtssystemen, welche eine breite Vermögensmasse bilden, verfügt der Richter über eine Ermessensfreiheit, um die zu teilende Vermögensmasse aus Billigkeitsgründen einzuschränken.

3. Europäische Perspektiven

Im Hinblick auf eine Harmonisierung der europäischen Güterrechtssysteme ist festzustellen, dass die Rechtssysteme sehr unterschiedlich bleiben. Gemeinschaftssysteme verleihen dem Ehegatten weniger Autonomie als Partizipationssysteme, aber sie erlauben dem Ehegatten, der keine oder eher bescheidene Einkünfte hat, über eine gewisse Autonomie zu verfügen, da er unmittelbar Gesamtgut erwirbt und an der Verwaltung dieser Vermögensmasse teilnimmt. Partizipationssysteme verleihen den Ehegatten eine viel größere Autonomie, die meistens nur durch das Recht der allgemeinen Ehewirkungen beschränkt wird. Der Ehegatte, der kein eigenes Vermögen hat oder aufbaut, kann diese Autonomie nicht genießen, da er während der Ehe keine Rechte erwirbt und deshalb nicht an der Verwaltung beteiligt ist. Er kann nur alltägliche Ausgaben mit Geldern bestreiten, die ihm vom anderen Ehegatten kraft seiner Beitragspflicht zur Verfügung gestellt werden. Partizipationssysteme sind daher auch besser geeignet für Ehegatten, die wirtschaftlich selbständig sind, Gemeinschaftssysteme hingegen, wenn dies nicht der Fall ist.

Bei der Teilhabe bei Eheauflösung sind ebenfalls große Unterschiede festzustellen: Die zu teilende Vermögensmasse ist unterschiedlich; das eine System verteilt auf mathematischer Grundlage, das andere System erlaubt dem Richter eine große Ermessensfreiheit, die ihm ermöglicht, aus Billigkeitsgründen von den Grundregeln abzuweichen. Trotzdem haben die Rechtssysteme hier viel Gemeinschaftliches und ein common core ist durchaus festzustellen. Gemeinschaftssysteme erreichen mit einer Gleichteilung, dass jeder Ehegatte an dem Wohlstand teilhat, den der andere Ehegatte während der Ehe aufgebaut hat. Partizipationssysteme erreichen das gleiche Ziel, entweder mit einer Teilung der aufgeschobenen Gemeinschaft oder einer Verrechnung oder mit einer Umverteilung. Die richterliche Ermessensfreiheit und die Ausnahmen zu diesen Grundregeln führen in den meisten Rechtsordnungen dazu, dass auch in diesen Systemen die Teilhabe auf das beschränkt bleibt, was die Ehegatten außer durch Erbe oder Schenkung während der Ehe erworben haben. Grundgedanke in beiden Systemen ist, dass jeder Ehegatte an dem während der Ehe vom anderen Ehegatten erworbenen Vermögen teilhaben soll, unabhängig von der Aufgabenverteilung in der Ehe, da dieser Erwerb auf den Leistungen beider Ehegatten beruht.

Die Commission on European Family Law arbeitet auch für den gesetzlichen Güterstand Principles of European Family Law aus, welche dem common core der betreffenden europäischen Rechtssysteme entsprechen, und – wo nötig – mit einem better law approach korrigiert werden.

Eine deutsch-französische Kommission arbeitet derzeit auf der Grundlage der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen participation aux acquêts einen gemeinsamen Wahlgüterstand aus. Dieser soll in die Zivilgesetzbücher beider Staaten integriert werden und ohne Anknüpfung an Staatsangehörigkeit oder gewöhnlichen Aufenthalt gewählt werden können. Das Projekt betrifft ausschließlich materiellrechtliche Normen und ist internationalprivatrechtlich neutral.

Die großen Unterschiede zwischen den Rechtssystemen beeinträchtigen die auf einem ius commune beruhende Schaffung eines europäischen gesetzlichen Güterstandes erheblich.

Literatur

Walter Pintens (Hg.), Family and Succession law, Encyclopaedia of Laws, 4 Bde., ab 1997; Dieter Henrich, Dieter Schwab (Hg.), Eheliche Gemeinschaft, Partnerschaft und Vermögen im europäischen Vergleich, 1999; Katharina Boele-Woelki, Bente Braat, A.E. Oderkerk, G.J.W. Steenhoff, Huwelijksvermogensrecht in rechtsvergelijkend perspectief, 2000; Bente Braat, Indépendance et interdépendance patrimoniales des époux dans le régime matrimonial légal des droits français, néerlandais et suisse, EFL-Series, No. 6, 2004; Sibylle Hofer, Dieter Schwab, Dieter Henrich (Hg.), From Status to Contract? Die Bedeutung des Vertrags im europäischen Familienrecht, 2005; Andrea Bonomi, Marcus Steiner (Hg.), Les régimes matrimoniaux en droit comparé et en droit international privé, 2006; Rembert Süß, Gerhard Ring (Hg.), Eherecht in Europa, 2006; Katharina Boele-Woelki, Bente Braat, Ian Curry-Sumner (Hg.), Property Relations Between Spouses, 2009; Alexander Bergmann, Murad Ferid, Dieter Henrich (Hg), Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 20 Bde. (Loseblatt).