Bereicherungsrecht und Bergung: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Sonja Meier]]''
von ''[[Tjard-Niklas Trümper]]''
== 1. Grundgedanken ==
== 1. Regelungsgegenstand und Zweck des Bergungsrechts ==
„Es entspricht der natürlichen Gerechtigkeit, dass niemand sich zum Nachteil eines anderen unrechtmäßig bereichern darf.“ Dieser dem römischen Juristen ''Pomponius'' zugeschriebene Satz (D. 12,6,14 und D. 50,17,206) ist heute überall in Europa anerkannt. Überall gibt es auch Rechtsbehelfe, mit denen Vermögensverschiebungen, die vom Recht nicht gebilligt werden, korrigiert werden können. Über die Funktion des ''Pomponius''-Satzes herrscht freilich bis heute keine Einigkeit. Handelt es sich um eine schlichte Billigkeitsmaxime oder umgekehrt um eine konkretisierbare und damit unmittelbar anwendbare Rechtsregel? Der Furcht vor einer uferlosen Billigkeitsjurisprudenz hat dabei stets das Bestreben gegenübergestanden, die bestehenden Ansprüche auf Herausgabe eines erlangten Vermögensvorteils systematisch zu erfassen und in ihren Anwendungsvoraussetzungen und Rechtsfolgen miteinander abzustimmen. Heute wird der ''Pomponius''-Satz entweder als Rechtsregel oder doch zumindest als Rechtsprinzip anerkannt, das die anerkannten Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken bringt und auch zur Begründung neuer Rückforderungsansprüche herangezogen werden kann.
Unter Bergung versteht man die freiwillige Errettung eines Schiffes oder sonstigen Vermögensgegenstandes zu Wasser aus einer Gefahr, aus der eine eigenständige Rettung nicht möglich ist.


== 2. Gemeinrechtliche Bausteine ==
Beim Bergungsrecht handelt es sich um seerechtliche Vorschriften, also um solche, die zur Regelung der besonderen Bedürfnisse der Schifffahrt bestimmt sind. Dabei ist die Bergung zunächst als gesetzliches Schuldverhältnis ausgestaltet. Die Bergung weist Parallelen zur [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag ''(negotiorum gestio)'']] auf, ist aber in ihrer heutigen Ausgestaltung, die auf das englische ''[[common law]] ''zurückgeht, nicht desselben Ursprungs. Zum einen kennt das ''common law'' traditionell keine ''negotiorum gestio'' und zum anderen hat sich die Bergung als maritimes Rechtsinstitut unabhängig vom allgemeinen Zivilrecht entwickelt. Das Bergungsrecht verschließt sich im Übrigen nicht der Tatsache, dass Bergungen heutzutage weit mehrheitlich auf vertraglicher Grundlage durchgeführt werden. Im Gegenteil, im Einheitsrecht gilt der Vorrang vertraglicher Abreden (vgl. Art. 6 Internationales Übereinkommen von 1989 über Bergung). Überdies kam es immer wieder zu Wechselwirkungen zwischen Standardverträgen, allen voran der ''Lloyd’s Open Form'' (LOF), und Kodifikationen des Bergungsrechts.
Das römisch-gemeine Recht kannte keinen allgemeinen Bereicherungsanspruch, wohl aber eine Reihe von Klagen, die sich auf die Herausgabe eines Vermögensvorteils richteten, den der Beklagte (im Folgenden: der Bereicherte) in irgendeiner Weise auf Kosten des Klägers (im Folgenden: der Entreicherte) erlangt hatte. In der gemeinrechtlichen Wissenschaft wurden sie von Anfang an mit dem Bereicherungsverbot des ''Pomponius'' in Verbindung gebracht.


Rechtsgrundlose oder fehlgeschlagene Leistungen konnten mit der ''condictio indebiti'' oder anderen Kondiktionen zurückgefordert werden ([[Leistungskondiktion]]). Die ''condictio'', etwa in Gestalt der ''condictio sine causa'' oder ''ex iniusta causa'', erfasste aber auch Fälle, in denen eine Sache des Entreicherten nicht durch seine Zuwendung, sondern auf andere Weise, etwa durch einen Naturvorgang oder einen Dritten, in das Vermögen des Bereicherten geraten war und ein rechtlicher Grund dafür, das Empfangene behalten zu dürfen, fehlte. Einen Sonderfall betraf die ''condictio furtiva'', die gegen einen Dieb und seine Erben erhoben werden konnte und sich auf die Sachrückgabe oder auf Wertersatz richtete.
Die Regelungen über die Bergung schaffen einen Anreiz, traditionellerweise in Form des Bergelohns (''salvage award'', ''rémunération'', ''rimunerazione''), das Wagnis der Bergung von Vermögensgegenständen aus Seenot auf sich zu nehmen. Der Bergelohn stellt dabei nicht bloß einen Anreiz dar, ''ad hoc'' ein Schiff zu Bergungszwecken einzusetzen, sondern wird so bemessen, dass die Finanzierung des Bereithaltens professioneller Bergungsschiffe samt Besatzung Berücksichtigung findet. Mittelbar werden durch diesen Anreiz die Risiken der Schifffahrt im Allgemeinen verringert. Als Reaktion auf den Anstieg des Transports gefährlicher Güter, besonders von Öl, und die damit verbundenen Umweltgefahren, dienen die Vorschriften über die Bergung seit Ende des 20. Jahrhunderts auch dem Zweck der Verhinderung oder zumindest der Minimierung von Umweltschäden.


In anderen Fällen arbeitete man mit einer analogen Geschäftsführerklage (''actio negotiorum gestorum utilis''): Scheiterte bei der [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag]] (GoA) der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers daran, dass er das fremde Geschäft zum eigenen Vorteil geführt hatte, konnte er den Geschäftsherrn zumindest insoweit in Anspruch nehmen, als dieser durch die Geschäftsführung bereichert war. Auf diese Weise war es möglich, demjenigen zu helfen, der gut- oder bösgläubig Verwendungen auf fremdes Eigentum gemacht hatte. Umgekehrt konnte der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer analog herangezogen werden, um einen Erlösherausgabeanspruch zu begründen, wenn der Bereicherte gutgläubig fremdes Eigentum an einen Dritten veräußert hatte.
== 2. Ursprünge und Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Erste Nachweise auf das Rechtsinstitut der Bergung gehen auf das Seerecht von Rhodos zurück (ca. 900 v. Chr.), das in der oströmischen Spätantike erneut kodifiziert wurde (D. 45 ff., 6. Jahrhundert n. Chr.) und in weiten Teilen des Mittelmeerraumes Geltung beanspruchte. Aus dem Mittelalter sind mit den ''Rôles d’Oléron'' (12.-14. Jahrhundert) und dem ''Llibre del Consolat de Mar'' (14. Jahrhundert) zwei weitere Rechtstexte bekannt, die ebenfalls in weiten Teilen Europas galten und das europäische Seerecht und mithin das Recht der Bergung prägten. Die Regelungen der ''Rôles d’Oléron'' – nach der westfranzösischen Insel Oléron benannt – galten dabei in West- und Nordeuropa, während das ''Llibre del Consolat de Mar'' im Mittelmeerraum Geltung beanspruchte. Die ''Rôles d’Oléron'' beeinflussten darüber hinaus das spätere neuzeitliche Seerecht der Hanse mit seinen Vorschriften über die Bergung (16. Jahrhundert). Mit Entstehung des Nationalstaatsgedankens kam es in Europa auch im Bereich des Seerechts und damit auch auf dem Gebiet der Bergung zu einer Rechtszersplitterung. Beispiele hierfür sind die von ''Ludwig XIV'' erlassene ''Ordonnance de la marine'' (''[[Ordonnances]]'') aus dem Jahre 1681 sowie das [[Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten|Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten]] von 1794, in dem die Bergung aber nur angesprochen und nicht geregelt wird. In beiden Gesetzeswerken ist der Grundstein für die jeweils aktuelle Kodifikation des Bergungsrechts zu erblicken, fortgesetzt im ''[[Code de Commerce]]'' (1807) und [[Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch|ADHGB]] (1861) bzw. HGB (1897). Das englische ''common law'', weniger durch kodifikatorische Brüche beeinflusst, blickt zurück auf eine ganze Reihe von Gerichtsentscheidungen beginnend im Jahre 1633. Inhaltlich konzentrierten sich bereits die Bergungsvorschriften der Spätantike darauf, dem Berger einen irgendwie gearteten Anspruch auf einen Bergelohn zu gewähren. Im kontinentaleuropäischen Rechtskreis unterschied man traditionell zwischen Bergung (''salvage'','' sauvetage'', ''salvataggio'') – nur im Falle des Verlusts der Verfügungsgewalt – und der allgemeinen Hilfsleistung (''assistance'', ''assistenza''), woran unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft wurden. Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Anstrengungen unternommen, das Bergungsrecht international zu vereinheitlichen. Ergebnis war das vom ''Comité Maritime International ''(CMI) ausgearbeitete internationale Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot von 1910 (IÜS 1910), das im Wesentlichen von allen europäischen Staaten unterzeichnet wurde (insgesamt über 80 Staaten). Im IÜS 1910 einigte man sich auf die Bergung nach dem Vorbild des Rechtsinstituts der ''salvage ''im englischen ''common law'', wonach der Bergelohn mit dem Erfolg der Hilfsmaßnahme steht und fällt (''no cure/no pay'', vgl. Art. 2(2) und Art. 8(1)(a) IÜS 1910). Durch Übernahme der ''common law ''Tradition wurde im IÜS 1910 auch die kontinentaleuropäische Unterscheidung zwischen Hilfsleistung und Bergung aufgegeben, auch wenn diese diplomatischerweise im Titel beibehalten wurde.


Eine wichtige Rolle spielte schließlich die ''actio de in rem verso''. Ursprünglich betraf sie Fälle, in denen ein Gewaltunterworfener Verträge mit Dritten geschlossen hatte. Als funktionaler Ersatz für die nicht anerkannte [[Stellvertretung]] erlaubte sie dem Dritten, den Prinzipal insoweit in Anspruch zu nehmen, als die Leistung des Dritten an den Gewaltunterworfenen dem Prinzipal zugute gekommen war. Später wurde sie auf Fälle erweitert, in denen ein Gewaltfreier im Interesse eines Dritten kontrahierte: Gewährte A ein Darlehen an B, der unerkannt für C handelte, konnte A Rückzahlung von C verlangen, soweit B die Darlehenssumme an diesen weitergeleitet hatte. Diese ''actio in rem verso utilis'' richtete sich auf die erhaltene Bereicherung und wurde im 18. Jahrhundert auch auf Zweipersonenfälle ausgeweitet, etwa wenn an einen Minderjährigen geleistet wurde, der Vertrag mangels Zustimmung des Vormunds unwirksam war und die Kondiktion gegen den Minderjährigen wegen der mit ihr verbundenen strengen Haftung ausschied ([[Leistungskondiktion]]). Die Versionsklage des ''usus modernus'' kam immer dann in Betracht, wenn das Vermögen des Beklagten direkt oder indirekt durch Aufwendungen des Klägers vermehrt worden war, und bildete damit in vielen Rechtsordnungen den Grundstein eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs.
Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhundert erwies sich das IÜS 1910 als ungeeignet, die mit Seenotlagen verbundenen Probleme zu lösen. Diese haben sich nämlich dadurch gewandelt, dass einerseits die Zahl der relevanten Notlagen gesunken und heute vergleichsweise gering ist, während andererseits die von Schiffen in Seenot ausgehenden Gefahren enorm gestiegen sind. Angesichts der großen Gefahren, nicht zuletzt für die Umwelt, folgt die Notwendigkeit professioneller Bergungsflotten, deren Betreiber sich dann jedoch damit konfrontiert sehen, diese kostenintensiv und mit unsicherer Erwerbsaussicht vorhalten zu müssen. Vor diesem Hintergrund geht es heutzutage auch weniger darum, einen Anreiz für die einzelne Bergung zu schaffen, als vielmehr darum, einen finanziellen Anreiz für das Vorhalten einer einsatzbereiten Bergungsflotte an sich zu vermitteln. Aufgrund dessen wurde das Internationale Übereinkommen von 1989 über Bergung (IÜB 1989) nach Vorarbeiten des CMI und unter der Ägide der ''[[International Maritime Organization]]'' (IMO) abgeschlossen. Wichtigste Neuerung war die Einführung einer Sondervergütung (''special compensation'', ''indemnité spéciale'', vgl. Art. 14 IÜB 1989), einer in Teilen erfolgsunabhängigen Kostenerstattung im Falle der Bergung von Schiffen, die eine Umweltgefahr darstellen. Hierdurch wurde versucht, die Spannung zwischen Praxis und praktischer Notwendigkeit zu lösen. Die Sondervergütung stellt sicher, dass der Berger zumindest einen Teil seiner Kosten erstattet bekommt, und wird daher gemeinhin ''safety net'' bezeichnet. Durch die Sondervergütung halten Elemente aus dem Recht der [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag ''(negotiorum gestio)'']] Einzug in das Rechtsinstitut der Bergung, denn bei der Sondervergütung geht es wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag um einen erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch, den ein Berger bis dato nicht erwerben konnte. Ratifiziert haben das IÜB 1989 die meisten EU-Staaten sowie Kroatien, Norwegen, Russland und die Schweiz (insgesamt mehr als 50 Staaten). In Deutschland findet sich das IÜB 1989 etwa in den §§ 740-753a HGB wieder, Frankreich ratifizierte das IÜB 1989 per ''Loi No. 2001-74'' vom 31.1.2001 und Italien per ''Legge No.'' ''129/95'' vom 12.4.1995. Das Vereinigte Königreich erklärte das IÜB 1989 durch den ''Merchant Shipping (Salvage and Pollution) Act 1994'' für verbindlich.


Es waren die spanischen Spätscholastiker des 16. Jahrhunderts ([[Scholastik]]), die erstmals die gemeinrechtlichen Bausteine zu einer allgemeinen Bereicherungsklage zusammenfügten. Im Rahmen nichtrechtsgeschäftlicher Verbindlichkeiten unterschied man zwischen außervertraglichen Ansprüchen auf Ersatz eines eingetretenen Schadens einerseits und Bereicherungsansprüchen auf Auskehr eines empfangenen Vorteils andererseits, ein Gedanke, der von der Naturrechtslehre ([[Naturrecht]]) aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.
Aufgrund einer Entscheidung des ''House of Lords'' erwies sich die Sondervergütung im Sinne des Art.&nbsp;14 IÜB&nbsp;1989 allerdings als unzureichend. In ''The Nagasaki Spirit''<nowiki> [1997] 1 Lloyd’s Rep. 323, 332 urteilte das </nowiki>''House of Lords'' nämlich, dass im Rahmen der Sondervergütung nach Art.&nbsp;14 IÜB&nbsp;1989 nur Kosten zu erstatten seien und kein irgendwie gearteter Anspruch auf Lohn oder Gewinn bestünde. Reaktion hierauf waren Gespräche zwischen Vertretern der Bergungsschifffahrt (''International Salvage Union'') und der Versicherungswirtschaft (''International Group of P&I Clubs'', ''Lloyd’s Underwriters’ Association ''und ''Underwriters Association of London''), die in der Vereinbarung einer tarifierten Entlohnung für Bergungsmaßnahmen im Jahre 1999 mündeten. Kernstück der Industrievereinbarung bildet die ''Special Compensation Protection & Indemnity Club ''(''SCOPIC'') ''clause''. Wenn eine Bergungsmaßnahme auf Grundlage eines Vertrages, der die ''SCOPIC clause ''beinhaltet, ausgeführt wird, so kann der Berger ohne weitere Voraussetzungen einen Bergungstarif beanspruchen, der jährlicher Revision durch ein paritätisch besetztes Komitee unterliegt (''Salvage Liaison Committee'').


== 3. Das Bereicherungsrecht der Kodifikationen ==
Mit der Vereinbarung des ''SCOPIC''-Systems haben die beteiligten Wirtschaftskreise auf bemerkenswerte Weise die Defizite des dispositiven Bergungsrechts zunächst selbst überwunden. Dennoch werden neuerdings wieder Stimmen lauter, insbesondere aus Richtung der ''International Salvage Union'', die den Abschluss einer neuen internationalen Bergungskonvention verlangen.
Positivrechtlicher Anknüpfungspunkt für einen allgemeinen Bereicherungsanspruch war häufig die gemeinrechtliche Versionsklage, die auch in das preußische [[Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten|ALR]] und das österreichische [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] aufgenommen wurde. In Frankreich lehnte der Gesetzgeber eine Aufnahme in den ''Code civil'' ab, weil er meinte, mit der ''condictio'' ''indebiti'' und den analogen Geschäftsführungsklagen auskommen zu können, doch die Versionsklage wurde hier als allgemeiner Bereicherungsanspruch von der Rechtsprechung im berühmten ''Boudier''-Urteil 1892 eingeführt (Cass. req., 15.6.1892, DP 1892, 1, 596). Rechtsordnungen, die in der Tradition der Versionsklage stehen (neben den genannten etwa auch das spanische, italienische und niederländische Recht), unterscheiden auch heute zwischen der ''condictio'' ''indebiti''/''sine'' ''causa'' als Rückforderungsanspruch bei rechtsgrundlosen Leistungen einerseits und dem allgemeinen Bereicherungsanspruch andererseits. Dieser setzt in der Regel eine Bereicherung des Anspruchsgegners, eine korrespondierende Entreicherung des Anspruchstellers, einen Kausalzusammenhang sowie das Fehlen eines rechtlichen Grundes voraus und ist zumeist subsidiär zu anderen möglichen Ansprüchen. Grundsätzlich ist der Anspruch auf die Auskehr der Bereicherung gerichtet; in den Niederlanden nimmt er die Form eines durch die Bereicherung des Anspruchsgegners begrenzten Schadensersatzanspruchs an. Die Leistungskon- diktion wird manchmal als ein aliud, zunehmend aber als ein Spezialfall des allgemeinen Bereicherungsanspruchs verstanden.


Die Lösung des deutschen Rechts beruht auf der Ablehnung der Versionsklage durch die Pandektisten und auf ''Friedrich Carl v.'' ''Savignys'' Lehre von der ''condictio sine causa generalis'' als allgemeiner Bereicherungsklage, die sämtliche Fälle der rechtsgrundlosen Bereicherung des Beklagten aus dem Vermögen des Klägers umfasst. Das BGB gewährt daher einen einheitlichen Bereicherungsanspruch, wenn jemand etwas durch Leistung des Anspruchstellers oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten erlangt hat. Eine solche die Leistungskondiktion einschließende Generalklausel findet sich auch im schweizerischen, portugiesischen und griechischen Recht. In Deutschland hat sie von Anfang an Probleme bereitet: Strittig war hier nicht nur, ob und auf welche Weise der allgemeine Bereicherungsanspruch beschränkt werden musste, um überhaupt handhabbar zu sein, sondern auch, ob es sich tatsächlich um einen Einheitstatbestand oder um eine Zusammenfassung unterschiedlich gearteter Bereicherungsansprüche unter einen gemeinsamen Leitgedanken handelt. Weitgehend durchgesetzt hat sich die auf ''Walter'' ''Wilburg'' und ''Ernst'' ''von Caemmerer'' zurückgehende Trennungslehre. Sie unterscheidet zwischen der Leistungskondiktion bei fehlgeschlagenen zweckgerichteten Zuwendungen, der Eingriffskondiktion, die sich auf die Verletzung des Zuweisungsgehalts eines Rechts stützt, der Verwendungskondiktion bei Aufwendungen auf fremdes Eigentum und der Rückgriffskondiktion bei Tilgung fremder Schulden, wobei die Tatbestandsmerkmale „auf Kosten“ und „ohne rechtlichen Grund“ je nach Kondiktionsart unterschiedlich bestimmt werden müssen.
== 3. Regelungsstrukturen ==
Das Bergungsrecht regelt die Rechte und Pflichten der an einer Hilfsmaßnahme beteiligten Personen. Diesbezüglich sind die Bestimmungen des IÜB&nbsp;1989 gemäß dessen Art.&nbsp;2 immer dann maßgeblich, wenn ein (schieds&#8209;)gerichtliches Verfahren in einem Vertragsstaat anhängig ist. Von zentraler Bedeutung sind die Ansprüche auf Bergelohn bzw. auf Sondervergütung. Daneben findet sich aber noch eine Vielzahl anderweitiger Regelungen, u.a. über die Vertretung beim Abschluss von Bergungsverträgen und deren Inhaltskontrolle, die Verteilung des Bergelohns unter den Bergern, die Verjährung von Ansprüchen des Bergers und deren Sicherung.


== 4. Die englische Entwicklung ==
Für eine Hilfsmaßnahme ist der Weg ins Bergungsrecht nur dann eröffnet, wenn auf Tatbestandsseite ein bestimmtes geographisches Element, eine Eigentums- bzw. Vermögenskomponente, ein Gefahrelement sowie das Merkmal der Freiwilligkeit gegeben sind.
In England begegnete man dem Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung aus Furcht vor einer unbestimmten Billigkeitsjudikatur lange mit Misstrauen. Rückforderungsansprüche wegen fehlgeschlagener Leistungen bildeten im 19.&nbsp;Jahrhundert als ''quasi-contracts'' einen Annex zum Vertragsrecht; Ansprüche auf Herausgabe eines durch Eingriff in ein fremdes Recht erzielten Vorteils firmierten unter dem Namen ''waiver of tort''. Daneben kannte auch die equity-Rechtsprechung (''[[equity]]'') einzelne Bereicherungsansprüche, etwa gegen Treuhänder, die pflichtwidrig Gewinne erzielt hatten, oder gegen Dritte, in deren Hände ''trust''-Vermögen gelangt war. Erst in der zweiten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts begann die Wissenschaft, inspiriert durch die US-amerikanischen ''[[Restatements]]'' und angeführt durch das Werk von ''Robert Goff/ Gareth Jones'', die disparaten Fälle unter dem Namen unjust enrichment zusammenzufügen und systematisch zu ordnen. 1991 erkannte schließlich auch das ''House of Lords'' die Existenz eines eigenständigen Bereicherungsrechts an (''Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd''<nowiki>. [1991] 2 AC 548).</nowiki>


Bei der Systembildung ging die englische Rechtswissenschaft eigene Wege: Nach einer von ''Peter Birks'' begründeten Lehre setzt ein Bereicherungsanspruch einen sogenannten ''unjust-factor'' voraus, der die Erlangung eines Vermögensvorteils auf Kosten eines anderen als unrechtmäßig kennzeichnet. Solche ''unjust-factors'' beziehen sich zumeist auf den Willen des Zuwendenden, der fehlerhaft (Irrtum, Zwang, Unterlegenheit, Minderjährigkeit) oder nur bedingt (Ausbleiben der Gegenleistung oder eines anderen Ereignisses, das der Leistung erkennbar zugrunde gelegt worden war) sein kann, doch auch das Verhalten des Empfängers oder ein besonderer rechtspolitischer Grund kommen als ''unjust-factor'' in Frage. Die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung spielt im Tatbestand des Bereicherungsanspruchs gar keine Rolle. Die Tatsache, dass der Zuwendende auf eine gegenüber dem Empfänger bestehende Verbindlichkeit leistete, kann lediglich eine Einrede begründen. Weil nach dem Zweck der Zuwendung nicht gefragt wird, besteht ein Bereicherungsanspruch wegen Irrtums gleichermaßen, wenn der Entreicherte eine in Wahrheit nicht bestehende Verbindlichkeit erfüllt, motivirrtümlich eine Schenkung vornimmt oder unter Verkennung der Eigentumslage eine fremde Sache repariert. Probleme bei der Bestimmung des richtigen ''unjust-factor'', insbesondere bei der Leistung auf nichtige Verträge, haben ''Birks'' 2003 dazu bewogen, seine Lehre aufzugeben und den Bereicherungsanspruch in kontinentaler Tradition nun auf eine ''absence of basis'' zu stützen.
In Bezug auf das geographische Element gilt es vornehmlich, die Anwendung der Vorschriften über die Bergung auf Vorgänge an Land auszuschließen (Geschäftsführung ohne Auftrag), was in allen europäischen Rechtsordnungen geschehen ist. Das IÜB&nbsp;1989 gibt diesbezüglich vor, dass eine Hilfsmaßnahme im Sinne der Konvention bereits vorliegt, soweit es sich um eine Gefahrensituation auf schiffbaren oder sonstigen Gewässern handelt (Art.&nbsp;1(a) IÜB&nbsp;1989). Weiterhin belässt Art.&nbsp;30(1) IÜB&nbsp;1989 den Vertragsstaaten die Möglichkeit, Bergungsmaßnahmen auf Binnengewässern, an denen nur Binnenschiffe (lit.&nbsp;a) bzw. gar keine Schiffe (lit.&nbsp;b) beteiligt sind, vom Anwendungsbereich der im IÜB&nbsp;1989 vereinbarten Regelungen auszunehmen. Von dieser Möglichkeit haben in Europa nur Kroatien, Litauen, Polen und das Vereinigte Königreich Gebrauch gemacht.


== 5. Gemeinsame Strukturen und Probleme ==
Das Bergungsrecht findet nur Anwendung, wenn Gegenstand der Bergung ein Schiff oder ein anderer Vermögensgegenstand ist. Es gilt damit nicht für Fälle ausschließlicher Rettung von Menschenleben. Der Anwendungsbereich in Bezug auf Schiffe und sonstige Vermögensgegenstände ist dabei sehr weit. Nach Art.&nbsp;1(b) IÜB&nbsp;1989 ist ein Schiff jedes Bauwerk, mit dem Schifffahrt betrieben werden kann, während Art.&nbsp;1(c) IÜB&nbsp;1989 einen sonstigen Vermögensgegenstand als jeden Vermögensgegenstand definiert, der nicht dauerhaft und absichtlich mit der Küste verbunden ist, wozu auch Ansprüche auf Fracht zählen. Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich Plattformen oder der Küste vorgelagerte Bohreinrichtungen, wenn diese sich gerade zur Erforschung, Ausbeutung oder Gewinnung mineralischer Ressourcen des Meeresbodens im Einsatz befinden (vgl. Art.&nbsp;3 IÜB&nbsp;1989), sowie Schiffe, die staatliche Immunität genießen (vgl. Art.&nbsp;4 IÜB&nbsp;1989). Das IÜS&nbsp;1910 hingegen hatte einen sehr viel engeren Anwendungsbereich, nämlich Seeschiffe, die an Bord befindlichen Sachen sowie Fracht und Überfahrtsgeld (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;1).
Im Ergebnis kennt die Mehrzahl der europäischen Rechtsordnungen einen Bereicherungsanspruch, der sich aus drei Elementen zusammensetzt: (1)&nbsp;Der Anspruchsgegner muss einen Vermögensgegenstand erlangt haben, und zwar (2)&nbsp;auf Kosten des Anspruchstellers und (3)&nbsp;ungerechtfertigt, d.h. ohne rechtlichen Grund oder in anderer Weise unrechtmäßig. Keine Einigkeit besteht darüber, wie die Merkmale „auf Kosten“ und „ungerechtfertigt“ im Einzelnen auszulegen sind, insbesondere ob der Bereicherungsanspruch einen Vermögensschaden beim Entreicherten voraussetzt. Einzelne Rechtsordnungen kennen daneben weitere Erfordernisse, etwa eine Einheit zwischen Be- und Entreicherung, eine Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung oder eine Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs. Das Bereicherungsrecht wird überall dem Vertrags- und dem Deliktsrecht gegenübergestellt, aber über seinen Anwendungsbereich, seine ratio und seine Existenzberechtigung wird überall kontrovers diskutiert. Gehören die Rückforderung fehlgeschlagener Leistungen, die Gewinnhaftung bei Rechtsverletzungen, der Aufwendungsersatz bei Hilfeleistungen oder der Gesamtschuldnerausgleich zum Bereicherungsrecht oder handelt es sich um eigene Institute? Ist das Bereicherungsrecht in besonderem Maße von der Billigkeit geprägt? Handelt es sich um ein eigenständiges Rechtsgebiet oder hat es nur die ergänzende Funktion, Lücken in anderen Rechtsgebieten zu schließen? Sollte man gar die Einheit des Bereicherungsrechts aufgeben und die einzelnen Ansprüche in diejenigen Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Erfüllungsrecht, Rechtsgüterschutz, Geschäftsführung ohne Auftrag) einordnen, in deren Sachzusammenhang sie entstehen?


== 6. Zuwendungen durch den Entreicherten ==
Von Bergung kann nur gesprochen werden, wenn Schiff oder Vermögensgegenstand der Gefahr von Beschädigung, Verlust oder Zerstörung ausgesetzt sind. Dabei sind keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadens zu stellen, dieser darf nur nicht gänzlich unwahrscheinlich sein. Art und Erheblichkeit der Gefahr werden jedoch auf einer sekundären Ebene berücksichtigt, nämlich bei Berechnung des Bergelohns (vgl. Art.&nbsp;13 Nr.&nbsp;1(d) IÜB&nbsp;1989). Eine Gefahr liegt erst recht vor, wenn diese bereits in eine Störung umgeschlagen ist, etwa bei Schiffswracks. Gestützt wird dieses ''argumentum a fortiori'' durch eine historische Auslegung des Bergungsrechts, dessen traditioneller Hauptanwendungsfall die Bergung untergegangener Schiffe war.
Beruht die Bereicherung auf einer Handlung des Entreicherten, unterscheiden die kontinentalen Rechte danach, ob er gegenüber dem Bereicherten zweckgerichtet, d.h. im Hinblick auf einen bestimmten Rechtsgrund handelte. Ist dies der Fall, erfolgt die Rückforderung mittels der [[Leistungskondiktion]], entweder außerhalb oder als Sonderfall innerhalb des allgemeinen Bereicherungsanspruchs. Der Entreicherte kann dem Bereicherten aber auch aus anderen Gründen bewusst oder unbewusst einen Vermögensvorteil verschaffen. Hier stellt sich zunächst die Aufgabe, diejenigen Fälle auszuschließen, in denen der Vorteil des Bereicherten nur mittelbare Folge der Handlung des Entreicherten ist, etwa wenn dieser einen Deich baut, der auch die Nachbargrundstücke schützt. Die Rechtsordnungen arbeiten zu diesem Zweck mit einem Unmittelbarkeitserfordernis, einer restriktiven Auslegung des Merkmals „auf Kosten“ oder einem Ausschluss des Bereicherungsanspruchs bei Handlungen im Eigeninteresse.


Direkte Zuwendungen, die anerkanntermaßen einen Bereicherungsanspruch auslösen können, sind Verwendungen auf fremdes Eigentum und die Tilgung fremder Schulden. Die kontinentalen Rechte kennen in der gemeinrechtlichen Tradition eine Reihe spezieller Verwendungsersatzansprüche, die oft anderen Regeln folgen als der allgemeine Bereicherungsanspruch und daher Abstimmungsprobleme aufwerfen ([[Verwendungsersatz]]). Bei der Tilgung fremder Schulden kommt auch ein Regress mittels [[Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio)|Geschäftsführung ohne Auftrag]] oder einer [[Subrogation]] in Betracht. In beiden Fallgruppen stellt sich die grundsätzliche Frage, ob der Bereicherungsanspruch nur in besonderen Konstellationen (etwa wenn der Entreicherte Verwendungen auf eine vermeintlich eigene Sache vornimmt) oder allgemein, und damit auch demjenigen gewährt werden soll, der bewusst und freiwillig das Vermögen eines anderen mehrt. Hinzu kommt, dass die Bereicherung für den Empfänger persönlich ohne Wert sein kann, etwa wenn er sein Eigentum anders verwerten will oder die getilgte Schuld kurz vor Eintritt der Verjährung stand. Das englische Recht missbilligt die unaufgeforderte Einmischung in fremde Angelegenheiten und macht den Bereicherungsanspruch daher von einem besonderen Grund, wie Irrtum oder Zwang, abhängig. Die kontinentalen Rechte neigen demgegenüber dazu, den Empfänger bei aufgedrängter Bereicherung mit einem subjektiven Maßstab bei der Bestimmung der Bereicherung zu schützen.
Berger kann grundsätzlich nur sein, wer nicht bereits aufgrund eines vor Eintritt der Gefahr geschlossenen Vertrages oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Hilfeleistung verpflichtet war; Berger kann also nur sein, wer freiwillig handelt. Es gibt jedoch eine Ausnahme. Diese Ausnahme betrifft Fälle, in denen die konkret geleistete und erforderliche Hilfe außerhalb dessen liegt, was vernünftigerweise von einem zur Hilfeleistung Verpflichteten erwartet werden kann (siehe Art.&nbsp;4 IÜS&nbsp;1910, Art.&nbsp;17 IÜB&nbsp;1989), wenn die Grenze des Zumutbaren also freiwillig überschritten wird. Auch hierin kommt der allgemeine Gedanke des Bergungsrechts zum Tragen, dass man denjenigen belohnen möchte, der freiwillig Gefahren auf sich nimmt, um zu helfen.


== 7. Rechtsverletzung durch den Bereicherten ==
Liegen alle genannten Elemente vor, so unterfällt prinzipiell jede Hilfsmaßnahme dem Recht der Bergung. Damit ist jedoch noch nichts darüber gesagt, ob der Berger durch seine Hilfsmaßnahme einen Anspruch auf Bergelohn oder zumindest Ersatz seiner Aufwendungen gegen den Eigentümer des zu rettenden Gegenstandes oder irgendwelche Rechte an dem zu rettenden Gegenstand selbst erwirbt. Prinzipiell – und hierbei handelt es sich um eines der leitenden Prinzipien des Bergungsrechts – entsteht ein Bergelohnanspruch nämlich nur, wenn die Hilfsmaßnahme – vergleichbar dem [[Werkvertrag]] – erfolgreich ist (''no cure/no pay'', vgl. Art.&nbsp;12 IÜB&nbsp;1989). Einen Erfolg im Sinne des Bergungsrechts stellt seit der Einführung der Sondervergütung gemäß Art.&nbsp;14 IÜB&nbsp;1989 auch die Verhinderung oder Begrenzung von Umweltschäden dar, wobei sich die Sondervergütung, wie bereits eingangs ausgeführt, anders errechnet und dem Berger insbesondere einen Gewinnanspruch versagt. Im Gegensatz zum Bergelohnanspruch stellt die Sondervergütung eine Art teilweisen Aufwendungsersatzanspruch dar und ähnelt damit der ''negotiorum gestio''. Eine erfolgsunabhängige Vergütung erhält der Berger nur, wenn die SCOPIC ''clause ''vereinbart wurde. Der Erfolg einer Hilfsmaßnahme entscheidet freilich nicht über die Anwendbarkeit der bergungsrechtlichen Vorschriften, sondern nur über das Vorliegen eines Anspruches auf Bergelohn (Art.&nbsp;12 IÜB 1989; Art.&nbsp;2 IÜS&nbsp;1910). Der im Erfolgsfalle entstehende Anspruch auf Bergelohn richtet sich gegen die jeweiligen Eigentümer der geborgenen Vermögensgegenstände, die als Teilschuldner zur anteiligen Zahlung verpflichtet sind (vgl. Art.&nbsp;13(2) IÜB&nbsp;1989).
Verschafft sich jemand einen Vermögensvorteil, indem er unberechtigt fremdes Gut nutzt, verwertet oder verbraucht, gewähren die europäischen Rechtsordnungen dem Inhaber des Guts häufig einen Anspruch gegen den Eingreifer auf Auskehrung des Vermögensvorteils. Dieser Anspruch wird freilich nicht überall als Bereicherungsanspruch aufgefasst: In Frankreich und Italien ist wegen der Subsidiarität des Bereicherungsanspruchs in erster Linie der deliktische Schadensersatzanspruch zuständig, während der niederländische Bereicherungsanspruch häufig deswegen ausscheidet, weil er einen Schaden des Entreicherten voraussetzt. In den meisten Rechtsordnungen aber ist der Einwand, dass der Rechtsinhaber den Vorteil selbst nicht erzielen konnte oder wollte, unerheblich, weil ein Schaden oder eine Vermögensminderung des Rechtsinhabers entweder nicht verlangt oder schon darin gesehen werden, dass sein Gut ohne seine Zustimmung verwendet wurde. Gegenstand des Anspruchs ist in der Regel der objektive Wert des Erlangten, also der Preis, den der Eingreifer dem Inhaber für eine rechtmäßige Verwendung hätte leisten müssen. Nur in Sonderfällen, insbesondere bei vorsätzlichen Eingriffen, kann es auch einen Anspruch auf den Gewinn geben, den der Eingreifer erzielt hat ([[Gewinnhaftung]]).


Die Begründung des Restitutionsanspruchs ist auf zweierlei Art möglich. Im englischen Recht wird ''restitution'' traditionell als eine neben der Schadensersatzhaftung mögliche Sanktion bei einer widerrechtlichen Handlung, etwa einem Delikt oder einer Treuepflichtverletzung, angesehen. Es besteht daher keine Einigkeit darüber, ob ''restitution for wrongs'' überhaupt Bestandteil des Bereicherungsrechts ist oder nicht vielmehr zum Delikts- bzw. Treuhandrecht gehört. Insbesondere im deutschen Recht hat sich demgegenüber der Gedanke des Zuweisungsgehalts entwickelt: Der Anspruch beruht nicht auf der rechtswidrigen Handlung als solcher, sondern darauf, dass in eine Rechtsposition eingegriffen wurde, die dem Betroffenen zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung zugewiesen ist. Ein Bereicherungsanspruch scheidet dann aber aus, wenn der durch eine Rechtsverletzung erzielte Gewinn dem Rechtsinhaber nicht zugewiesen war, etwa wenn er durch die Veröffentlichung herabwürdigender Fotos erzielt wurde oder in der Belohnung eines Dritten für eine Körperverletzung besteht. Zunehmend findet sich daher die auch ins niederländische Gesetzbuch und in den Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]] aufgenommene Kombinationslösung, wonach Vermögensvorteile aus Rechtsverletzungen nicht nur durch das Bereicherungsrecht, sondern in besonderen Fällen auch im Rahmen des Deliktsrechts abgeschöpft werden können (Art. 6:104 BW, Art. VI.-6:101(4) DCFR).
Die Berechnung der Höhe des Bergelohns richtet sich dann nach billigem Ermessen in Ansehung des konkreten Einzelfalls, wobei typischerweise eine fast unüberschaubare Vielzahl von Kriterien – vgl. den ''Court of Appeal'' in ''The City of Chester'' (1884) L.R.&nbsp;9 P.D. 182'' ''– bei der Bemessung zu berücksichtigen ist (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;13 IÜB&nbsp;1989; Art.&nbsp;8 IÜS&nbsp;1910). Zu diesen Kriterien zählen u.a.: der Wert des geborgenen Gegenstands, das Ausmaß des Erfolgs, die Gefahr, die Aufwendungen und Sachkunde und auch die Verhütung bzw. Begrenzung von Umweltschäden. Nach Art.&nbsp;13 IÜB&nbsp;1989 muss der Bergelohn so bemessen werden, dass ein Anreiz für die Durchführung von Bergungsmaßnahmen besteht. Hierdurch unterscheidet sich der Bergelohnanspruch deutlich vom allgemeinen Aufwendungsersatzanspruch (''quantum meruit'') und damit auch von der ''negotiorum gestio''. Hinsichtlich der Höhe von Bergelohnansprüchen kann als allgemeine Aussage festgehalten werden, dass auf die einzelne Bergungsmaßnahme bezogen recht hohe Beträge zu zahlen sind. 10-25&nbsp;% des Gesamtwertes der geretteten Vermögenswerte sind keine Ausnahme; absolute Grenze stellt der Wert des geretteten Vermögens dar (Art.&nbsp;13 Nr.&nbsp;3 IÜB&nbsp;1989). Wenn man aber die eingangs gemachte Feststellung berücksichtigt, dass immer weniger Fälle vorkommen, bei denen eine Bergung in Betracht kommt, und dass in diesen Fällen dann zumeist kostenintensives Spezialgerät benötigt wird, erscheint das zunächst üppig erscheinende Niveau von Bergelohnansprüchen in einem anderen Licht. Überdies ist zu berücksichtigen, dass Bergungsansprüche grundsätzlich Versicherungsschäden darstellen, die von der ''Protection & Indemnity (P&I)''-Versicherung, einer Seeversicherung, gedeckt werden.


== 8. Mittelbare Bereicherung ==
Anders als der Bergelohnanspruch entstehen bestimmte Pflichten des Bergers – das Vorliegen der oben genannten Bedingungen unterstellt – mit Beginn der Hilfsmaßnahme, also ''ab initio''. Diese Pflichten sind sowohl Leistungs- als auch Nebenleistungspflichten, wie die allgemeine Sorgfaltspflicht (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;8(1)(a) IÜB&nbsp;1989 oder auch LOF cl.&nbsp;A.), die Pflicht, Umweltschäden zu verhindern oder jedenfalls zu minimieren (vgl. Art.&nbsp;8(1)(b) IÜB&nbsp;1989 oder LOF cl.&nbsp;B.), sowie die Kooperationspflicht mehrerer Berger untereinander (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;8(1)(c) und (d) IÜB&nbsp;1989).
Besondere Probleme bereiten Fälle der mittelbaren Bereicherung, sei es, dass ein Vermögensvorteil vom Entreicherten zunächst an einen Dritten und dann an den Bereicherten gerät, sei es, dass der Entreicherte eine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten erfüllt und dabei zugleich das Vermögen des Bereicherten mehrt. Dem Bestreben, dem Entreicherten zumindest bei Insolvenz des Dritten einen Anspruch gegen den unzweifelhaft bereicherten Empfänger zu gewähren, steht der Gedanke des Verkehrsschutzes gegenüber, wonach der Empfänger sich nur mit dem Dritten auseinandersetzen muss, von dem er die Bereicherung empfangen hat, und durch Fehler im Verhältnis zwischen dem Entreicherten und dem Dritten nicht benachteiligt werden darf. Ein direkter Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger wird überall zumindest dann zugelassen, wenn dieser eine Sache erhielt, die sich zu diesem Zeitpunkt im Eigentum des Entreicherten befand, eine Vindikation aber inzwischen wegen Vermischung, Einbau oder Weiterveräußerung nicht mehr möglich ist. Besonders weit kann diese dingliche Verbindungslinie zwischen Entreicherten und Bereicherten im englischen Recht gehen, das neben dem Eigentum ''at law'' auch Eigentum ''in equity'' anerkennt, das bei fehlerhaften Vermögensverschiebungen häufig beim ursprünglich Berechtigten verbleibt und sich auch auf Geldsummen und dingliche Surrogate beziehen kann. Überall wird der Empfänger aber dann vor Restitutionsansprüchen geschützt, wenn nach den jeweiligen sachenrechtlichen Vorschriften ein entgeltlicher gutgläubiger Erwerb stattgefunden hat ([[Erwerb vom Nichtberechtigten]]).


Hatte der Entreicherte kein dingliches Recht am vom Bereicherten empfangenen Gegenstand, hängt ein Bereicherungsanspruch davon ab, inwieweit die jeweilige Rechtsordnung eine Versionsklage zulässt. Besonders weit geht das französische Recht, nach dem selbst Leistungen zurückgefordert werden können, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit dem Dritten erbracht hat, solange nur ein Rechtsgrund im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem Bereicherten fehlt und der Dritte insolvent ist. Andere Rechte, etwa das englische, schließen dagegen die Rückforderung von Leistungen aus, die der Entreicherte auf einen wirksamen Vertrag mit einem Dritten erbracht hat. Besonders restriktiv ist das deutsche Recht, wonach ein Anspruch gegen den Bereicherten grundsätzlich auch dann ausgeschlossen ist, wenn der Vertrag mit dem Dritten unwirksam war. Ausnahmen zu den Beschränkungen der Versionsklage werden in den meisten Rechtsordnungen für den Fall anerkannt, dass der Empfänger die Bereicherung unentgeltlich erworben hat.
Den Eigentümer sowie den Kapitän eines Schiffes treffen mit Beginn der Hilfsmaßnahmen entsprechende Pflichten, vor allem muss mit dem Berger kooperiert werden (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;8(2)(a) IÜB&nbsp;1989 oder LOF cl.&nbsp;F.), wobei wiederum eine Pflicht besteht, Umweltschäden zu verhindern oder zumindest zu minimieren (vgl.&nbsp;Art.&nbsp;8(2)(b) IÜB&nbsp;1989). Weiterhin muss dem Berger auf Verlangen Sicherheit geleistet werden (Art.&nbsp;21(1) IÜB&nbsp;1989) und der Eigner eines geborgenen Schiffes muss sicherstellen, dass die Ladungseigner, die zur anteiligen Zahlung von Bergelohn verpflichtet sind, ihre Ladung nicht ohne vorherige Sicherheitsleistung löschen.


== 9. Vereinheitlichungsprojekte ==
Überdies sind Bergelohnansprüche traditionellerweise durch Schiffsgläubigerrechte, also ein pfandähnliches Recht am geborgenen Schiff, gesichert. Diese Schiffsgläubigerrechte werden vom IÜB&nbsp;1989 zwar nicht geregelt, aber deren Existenz nach nationalem Recht wird in Art.&nbsp;20 IÜB&nbsp;1989 vorausgesetzt.
Ausführliche Modellregeln zum Bereicherungsrecht finden sich in Buch&nbsp;VII des Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]], der hierbei einen eigenständigen, von den europäischen Rechtsordnungen losgelösten Ansatz verfolgt. Nach der Grundregel des Art.&nbsp;VII.-2:101 ist eine Bereicherung ungerechtfertigt, wenn nicht der Bereicherte aufgrund eines Rechtsgeschäfts, eines Urteils oder einer Rechtsvorschrift ein Recht auf die Bereicherung hatte oder der Entreicherte dem Bereicherungsvorgang ohne Willensmängel zustimmte. Sieht man von dem ungewöhnlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis ab, kommt der Entwurf hiermit sachlich der ''unjust-factor''-Lehre der englischen Literatur nahe. Sonderregeln gibt es zur deliktischen Gewinnhaftung und zum Eingriff in Trustvermögen (Art.&nbsp;VI.-6:101(4) und Art.&nbsp;X.-7:203). Eine Kollisionsnorm zu Schuldverhältnissen aus ungerechtfertigter Bereicherung enthält Art.&nbsp;10 der Rom&nbsp;II-VO (VO 864/2007).
 
== 4. Rechtsvereinheitlichung ==
Die eingangs dargestellten Konventionen von 1910 und 1989 stellen weitestgehend international und europaweit geltendes [[Einheitsrecht]] dar. Dabei kann man die ''Londoner International Salvage Convention'' von 1989 insgesamt durchaus als ein äußerst gelungenes und erfolgreiches Beispiel von internationalem Einheitsrecht bezeichnen. Zudem darf nicht vergessen werden, dass Bergungen heutzutage mehrheitlich auf vertraglicher Grundlage erbracht werden. Vor diesem Hintergrund besteht keine Notwendigkeit, das Bergungsrecht in ein größeres Vereinheitlichungsprojekt einzubeziehen. Das Bergungsrecht hat es ohnehin mit internationalen Konstellationen zu tun, so dass zwangsläufig internationale Lösungen im Wege der Verabschiedung von Einheitsrecht gesucht werden. Konkrete Vorhaben, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verändern, gibt es derzeit nicht.


==Literatur==
==Literatur==
''Eltjo Schrage'' (Hg.), Unjust Enrichment: The Comparative Legal History of the Law of Restitution, 1995; ''Konrad Zweigert'', ''Hein Kötz'', Einführung in die Rechtsvergleichung, 3.&nbsp;Aufl. 1996, 538&nbsp;ff.; ''Peter Schlechtriem'', Restitution und Bereicherungsausgleich in Europa: Eine rechtsvergleichende Darstellung, Bd.&nbsp;I, 2000, Bd.&nbsp;II, 2001; ''Frank L. Schäfer'', Das Bereicherungsrecht in Europa: Einheits- und Trennungslehren im gemeinen, deutschen und englischen Recht, 2001; ''David Johnston'', ''Reinhard Zimmermann'' (Hg.), Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, 2002; ''Jack Beatson'', ''Eltjo Schrage'' (Hg.), Cases, Materials and Texts on Unjustified Enrichment, 2003; ''Reinhard Zimmermann'' (Hg.), Grundstrukturen eines Europäischen Bereicherungsrechts, 2005; ''Sonja Meier'', No Basis: A Comparative View, in: Andrew Burrows, Lord Rodger of Earlsferry (Hg.), Mapping the Law: Essays in Memory of Peter Birks, 2006, 343&nbsp;ff.; ''Ernst von Caemmerer'', ''Peter Schlechtriem'' (Hg.), Restitution/Unjust Enrichment and Negotiorum Gestio, IECL X, 2007; ''Daniel Visser'', Unjustified Enrichment in Comparative Perspective, in: Mathias Reimann, Reinhard Zimmermann (Hg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2008, 969&nbsp;ff.
''Georg Schaps'', ''Hans Jürgen Abraham'', ''Klaus H''. ''Abraham'', Das Seerecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4.&nbsp;Aufl. 1978, Zweiter Teil, Vor&nbsp;§&nbsp;740&nbsp;ff.; ''Hans-Jürgen Puttfarken'', Seehandelsrecht, 1997, 309&nbsp;ff.;'' Rolf Herber'', Seehandelsrecht, 1999, 390&nbsp;ff.; ''Dieter Rabe'', Seehandelsrecht, 4.&nbsp;Aufl. 2000, Vor&nbsp;§&nbsp;740&nbsp;ff.; ''Francis D. Rose'', Kennedy and Rose on the Law of Salvage, 6.&nbsp;Aufl. 2002<nowiki>; </nowiki>''John Reeder'', Brice on Maritime Law of Salvage, 4.&nbsp;Aufl. 2003; ''Thor Falkanger'', ''Hans Jacob Bull'', ''Lasse Brautaset'', Scandinavian maritime law, 2.&nbsp;Aufl. 2004, 446&nbsp;ff.; ''Sergio M. Carbone'', ''Pierangelo Celle'', ''Marco Lopez de Gonzalo'', Il Diritto Marittimo, 3.&nbsp;Aufl. 2006, 353&nbsp;ff.; ''José Luis Gabaldón García'', ''José María Ruiz Soroa'', Manual de Derecho de la Navegación Marítima, 3.&nbsp;Aufl. 2006, 712&nbsp;ff.; ''Aleka Mandaraka-Sheppard'', Modern Maritime Law and Risk Management, 2.&nbsp;Aufl. 2007, 633&nbsp;ff.; ''Martin J''. ''Norris'', ''John D''. ''Kimball'', ''Thomas H''. ''Belknap'', in: John A. Edginton (Hg.), Benedict on Admiralty, Bd.&nbsp;3A, The Law of Salvage, 7.&nbsp;Aufl. 2008.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Unjustified_Enrichment]]
[[en:Salvage]]

Version vom 28. September 2021, 15:05 Uhr

von Tjard-Niklas Trümper

1. Regelungsgegenstand und Zweck des Bergungsrechts

Unter Bergung versteht man die freiwillige Errettung eines Schiffes oder sonstigen Vermögensgegenstandes zu Wasser aus einer Gefahr, aus der eine eigenständige Rettung nicht möglich ist.

Beim Bergungsrecht handelt es sich um seerechtliche Vorschriften, also um solche, die zur Regelung der besonderen Bedürfnisse der Schifffahrt bestimmt sind. Dabei ist die Bergung zunächst als gesetzliches Schuldverhältnis ausgestaltet. Die Bergung weist Parallelen zur Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) auf, ist aber in ihrer heutigen Ausgestaltung, die auf das englische common law zurückgeht, nicht desselben Ursprungs. Zum einen kennt das common law traditionell keine negotiorum gestio und zum anderen hat sich die Bergung als maritimes Rechtsinstitut unabhängig vom allgemeinen Zivilrecht entwickelt. Das Bergungsrecht verschließt sich im Übrigen nicht der Tatsache, dass Bergungen heutzutage weit mehrheitlich auf vertraglicher Grundlage durchgeführt werden. Im Gegenteil, im Einheitsrecht gilt der Vorrang vertraglicher Abreden (vgl. Art. 6 Internationales Übereinkommen von 1989 über Bergung). Überdies kam es immer wieder zu Wechselwirkungen zwischen Standardverträgen, allen voran der Lloyd’s Open Form (LOF), und Kodifikationen des Bergungsrechts.

Die Regelungen über die Bergung schaffen einen Anreiz, traditionellerweise in Form des Bergelohns (salvage award, rémunération, rimunerazione), das Wagnis der Bergung von Vermögensgegenständen aus Seenot auf sich zu nehmen. Der Bergelohn stellt dabei nicht bloß einen Anreiz dar, ad hoc ein Schiff zu Bergungszwecken einzusetzen, sondern wird so bemessen, dass die Finanzierung des Bereithaltens professioneller Bergungsschiffe samt Besatzung Berücksichtigung findet. Mittelbar werden durch diesen Anreiz die Risiken der Schifffahrt im Allgemeinen verringert. Als Reaktion auf den Anstieg des Transports gefährlicher Güter, besonders von Öl, und die damit verbundenen Umweltgefahren, dienen die Vorschriften über die Bergung seit Ende des 20. Jahrhunderts auch dem Zweck der Verhinderung oder zumindest der Minimierung von Umweltschäden.

2. Ursprünge und Tendenzen der Rechtsentwicklung

Erste Nachweise auf das Rechtsinstitut der Bergung gehen auf das Seerecht von Rhodos zurück (ca. 900 v. Chr.), das in der oströmischen Spätantike erneut kodifiziert wurde (D. 45 ff., 6. Jahrhundert n. Chr.) und in weiten Teilen des Mittelmeerraumes Geltung beanspruchte. Aus dem Mittelalter sind mit den Rôles d’Oléron (12.-14. Jahrhundert) und dem Llibre del Consolat de Mar (14. Jahrhundert) zwei weitere Rechtstexte bekannt, die ebenfalls in weiten Teilen Europas galten und das europäische Seerecht und mithin das Recht der Bergung prägten. Die Regelungen der Rôles d’Oléron – nach der westfranzösischen Insel Oléron benannt – galten dabei in West- und Nordeuropa, während das Llibre del Consolat de Mar im Mittelmeerraum Geltung beanspruchte. Die Rôles d’Oléron beeinflussten darüber hinaus das spätere neuzeitliche Seerecht der Hanse mit seinen Vorschriften über die Bergung (16. Jahrhundert). Mit Entstehung des Nationalstaatsgedankens kam es in Europa auch im Bereich des Seerechts und damit auch auf dem Gebiet der Bergung zu einer Rechtszersplitterung. Beispiele hierfür sind die von Ludwig XIV erlassene Ordonnance de la marine (Ordonnances) aus dem Jahre 1681 sowie das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794, in dem die Bergung aber nur angesprochen und nicht geregelt wird. In beiden Gesetzeswerken ist der Grundstein für die jeweils aktuelle Kodifikation des Bergungsrechts zu erblicken, fortgesetzt im Code de Commerce (1807) und ADHGB (1861) bzw. HGB (1897). Das englische common law, weniger durch kodifikatorische Brüche beeinflusst, blickt zurück auf eine ganze Reihe von Gerichtsentscheidungen beginnend im Jahre 1633. Inhaltlich konzentrierten sich bereits die Bergungsvorschriften der Spätantike darauf, dem Berger einen irgendwie gearteten Anspruch auf einen Bergelohn zu gewähren. Im kontinentaleuropäischen Rechtskreis unterschied man traditionell zwischen Bergung (salvage, sauvetage, salvataggio) – nur im Falle des Verlusts der Verfügungsgewalt – und der allgemeinen Hilfsleistung (assistance, assistenza), woran unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft wurden. Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Anstrengungen unternommen, das Bergungsrecht international zu vereinheitlichen. Ergebnis war das vom Comité Maritime International (CMI) ausgearbeitete internationale Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot von 1910 (IÜS 1910), das im Wesentlichen von allen europäischen Staaten unterzeichnet wurde (insgesamt über 80 Staaten). Im IÜS 1910 einigte man sich auf die Bergung nach dem Vorbild des Rechtsinstituts der salvage im englischen common law, wonach der Bergelohn mit dem Erfolg der Hilfsmaßnahme steht und fällt (no cure/no pay, vgl. Art. 2(2) und Art. 8(1)(a) IÜS 1910). Durch Übernahme der common law Tradition wurde im IÜS 1910 auch die kontinentaleuropäische Unterscheidung zwischen Hilfsleistung und Bergung aufgegeben, auch wenn diese diplomatischerweise im Titel beibehalten wurde.

Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhundert erwies sich das IÜS 1910 als ungeeignet, die mit Seenotlagen verbundenen Probleme zu lösen. Diese haben sich nämlich dadurch gewandelt, dass einerseits die Zahl der relevanten Notlagen gesunken und heute vergleichsweise gering ist, während andererseits die von Schiffen in Seenot ausgehenden Gefahren enorm gestiegen sind. Angesichts der großen Gefahren, nicht zuletzt für die Umwelt, folgt die Notwendigkeit professioneller Bergungsflotten, deren Betreiber sich dann jedoch damit konfrontiert sehen, diese kostenintensiv und mit unsicherer Erwerbsaussicht vorhalten zu müssen. Vor diesem Hintergrund geht es heutzutage auch weniger darum, einen Anreiz für die einzelne Bergung zu schaffen, als vielmehr darum, einen finanziellen Anreiz für das Vorhalten einer einsatzbereiten Bergungsflotte an sich zu vermitteln. Aufgrund dessen wurde das Internationale Übereinkommen von 1989 über Bergung (IÜB 1989) nach Vorarbeiten des CMI und unter der Ägide der International Maritime Organization (IMO) abgeschlossen. Wichtigste Neuerung war die Einführung einer Sondervergütung (special compensation, indemnité spéciale, vgl. Art. 14 IÜB 1989), einer in Teilen erfolgsunabhängigen Kostenerstattung im Falle der Bergung von Schiffen, die eine Umweltgefahr darstellen. Hierdurch wurde versucht, die Spannung zwischen Praxis und praktischer Notwendigkeit zu lösen. Die Sondervergütung stellt sicher, dass der Berger zumindest einen Teil seiner Kosten erstattet bekommt, und wird daher gemeinhin safety net bezeichnet. Durch die Sondervergütung halten Elemente aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) Einzug in das Rechtsinstitut der Bergung, denn bei der Sondervergütung geht es wie bei der Geschäftsführung ohne Auftrag um einen erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch, den ein Berger bis dato nicht erwerben konnte. Ratifiziert haben das IÜB 1989 die meisten EU-Staaten sowie Kroatien, Norwegen, Russland und die Schweiz (insgesamt mehr als 50 Staaten). In Deutschland findet sich das IÜB 1989 etwa in den §§ 740-753a HGB wieder, Frankreich ratifizierte das IÜB 1989 per Loi No. 2001-74 vom 31.1.2001 und Italien per Legge No. 129/95 vom 12.4.1995. Das Vereinigte Königreich erklärte das IÜB 1989 durch den Merchant Shipping (Salvage and Pollution) Act 1994 für verbindlich.

Aufgrund einer Entscheidung des House of Lords erwies sich die Sondervergütung im Sinne des Art. 14 IÜB 1989 allerdings als unzureichend. In The Nagasaki Spirit [1997] 1 Lloyd’s Rep. 323, 332 urteilte das House of Lords nämlich, dass im Rahmen der Sondervergütung nach Art. 14 IÜB 1989 nur Kosten zu erstatten seien und kein irgendwie gearteter Anspruch auf Lohn oder Gewinn bestünde. Reaktion hierauf waren Gespräche zwischen Vertretern der Bergungsschifffahrt (International Salvage Union) und der Versicherungswirtschaft (International Group of P&I Clubs, Lloyd’s Underwriters’ Association und Underwriters Association of London), die in der Vereinbarung einer tarifierten Entlohnung für Bergungsmaßnahmen im Jahre 1999 mündeten. Kernstück der Industrievereinbarung bildet die Special Compensation Protection & Indemnity Club (SCOPIC) clause. Wenn eine Bergungsmaßnahme auf Grundlage eines Vertrages, der die SCOPIC clause beinhaltet, ausgeführt wird, so kann der Berger ohne weitere Voraussetzungen einen Bergungstarif beanspruchen, der jährlicher Revision durch ein paritätisch besetztes Komitee unterliegt (Salvage Liaison Committee).

Mit der Vereinbarung des SCOPIC-Systems haben die beteiligten Wirtschaftskreise auf bemerkenswerte Weise die Defizite des dispositiven Bergungsrechts zunächst selbst überwunden. Dennoch werden neuerdings wieder Stimmen lauter, insbesondere aus Richtung der International Salvage Union, die den Abschluss einer neuen internationalen Bergungskonvention verlangen.

3. Regelungsstrukturen

Das Bergungsrecht regelt die Rechte und Pflichten der an einer Hilfsmaßnahme beteiligten Personen. Diesbezüglich sind die Bestimmungen des IÜB 1989 gemäß dessen Art. 2 immer dann maßgeblich, wenn ein (schieds‑)gerichtliches Verfahren in einem Vertragsstaat anhängig ist. Von zentraler Bedeutung sind die Ansprüche auf Bergelohn bzw. auf Sondervergütung. Daneben findet sich aber noch eine Vielzahl anderweitiger Regelungen, u.a. über die Vertretung beim Abschluss von Bergungsverträgen und deren Inhaltskontrolle, die Verteilung des Bergelohns unter den Bergern, die Verjährung von Ansprüchen des Bergers und deren Sicherung.

Für eine Hilfsmaßnahme ist der Weg ins Bergungsrecht nur dann eröffnet, wenn auf Tatbestandsseite ein bestimmtes geographisches Element, eine Eigentums- bzw. Vermögenskomponente, ein Gefahrelement sowie das Merkmal der Freiwilligkeit gegeben sind.

In Bezug auf das geographische Element gilt es vornehmlich, die Anwendung der Vorschriften über die Bergung auf Vorgänge an Land auszuschließen (Geschäftsführung ohne Auftrag), was in allen europäischen Rechtsordnungen geschehen ist. Das IÜB 1989 gibt diesbezüglich vor, dass eine Hilfsmaßnahme im Sinne der Konvention bereits vorliegt, soweit es sich um eine Gefahrensituation auf schiffbaren oder sonstigen Gewässern handelt (Art. 1(a) IÜB 1989). Weiterhin belässt Art. 30(1) IÜB 1989 den Vertragsstaaten die Möglichkeit, Bergungsmaßnahmen auf Binnengewässern, an denen nur Binnenschiffe (lit. a) bzw. gar keine Schiffe (lit. b) beteiligt sind, vom Anwendungsbereich der im IÜB 1989 vereinbarten Regelungen auszunehmen. Von dieser Möglichkeit haben in Europa nur Kroatien, Litauen, Polen und das Vereinigte Königreich Gebrauch gemacht.

Das Bergungsrecht findet nur Anwendung, wenn Gegenstand der Bergung ein Schiff oder ein anderer Vermögensgegenstand ist. Es gilt damit nicht für Fälle ausschließlicher Rettung von Menschenleben. Der Anwendungsbereich in Bezug auf Schiffe und sonstige Vermögensgegenstände ist dabei sehr weit. Nach Art. 1(b) IÜB 1989 ist ein Schiff jedes Bauwerk, mit dem Schifffahrt betrieben werden kann, während Art. 1(c) IÜB 1989 einen sonstigen Vermögensgegenstand als jeden Vermögensgegenstand definiert, der nicht dauerhaft und absichtlich mit der Küste verbunden ist, wozu auch Ansprüche auf Fracht zählen. Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich Plattformen oder der Küste vorgelagerte Bohreinrichtungen, wenn diese sich gerade zur Erforschung, Ausbeutung oder Gewinnung mineralischer Ressourcen des Meeresbodens im Einsatz befinden (vgl. Art. 3 IÜB 1989), sowie Schiffe, die staatliche Immunität genießen (vgl. Art. 4 IÜB 1989). Das IÜS 1910 hingegen hatte einen sehr viel engeren Anwendungsbereich, nämlich Seeschiffe, die an Bord befindlichen Sachen sowie Fracht und Überfahrtsgeld (vgl. Art. 1).

Von Bergung kann nur gesprochen werden, wenn Schiff oder Vermögensgegenstand der Gefahr von Beschädigung, Verlust oder Zerstörung ausgesetzt sind. Dabei sind keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadens zu stellen, dieser darf nur nicht gänzlich unwahrscheinlich sein. Art und Erheblichkeit der Gefahr werden jedoch auf einer sekundären Ebene berücksichtigt, nämlich bei Berechnung des Bergelohns (vgl. Art. 13 Nr. 1(d) IÜB 1989). Eine Gefahr liegt erst recht vor, wenn diese bereits in eine Störung umgeschlagen ist, etwa bei Schiffswracks. Gestützt wird dieses argumentum a fortiori durch eine historische Auslegung des Bergungsrechts, dessen traditioneller Hauptanwendungsfall die Bergung untergegangener Schiffe war.

Berger kann grundsätzlich nur sein, wer nicht bereits aufgrund eines vor Eintritt der Gefahr geschlossenen Vertrages oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Hilfeleistung verpflichtet war; Berger kann also nur sein, wer freiwillig handelt. Es gibt jedoch eine Ausnahme. Diese Ausnahme betrifft Fälle, in denen die konkret geleistete und erforderliche Hilfe außerhalb dessen liegt, was vernünftigerweise von einem zur Hilfeleistung Verpflichteten erwartet werden kann (siehe Art. 4 IÜS 1910, Art. 17 IÜB 1989), wenn die Grenze des Zumutbaren also freiwillig überschritten wird. Auch hierin kommt der allgemeine Gedanke des Bergungsrechts zum Tragen, dass man denjenigen belohnen möchte, der freiwillig Gefahren auf sich nimmt, um zu helfen.

Liegen alle genannten Elemente vor, so unterfällt prinzipiell jede Hilfsmaßnahme dem Recht der Bergung. Damit ist jedoch noch nichts darüber gesagt, ob der Berger durch seine Hilfsmaßnahme einen Anspruch auf Bergelohn oder zumindest Ersatz seiner Aufwendungen gegen den Eigentümer des zu rettenden Gegenstandes oder irgendwelche Rechte an dem zu rettenden Gegenstand selbst erwirbt. Prinzipiell – und hierbei handelt es sich um eines der leitenden Prinzipien des Bergungsrechts – entsteht ein Bergelohnanspruch nämlich nur, wenn die Hilfsmaßnahme – vergleichbar dem Werkvertrag – erfolgreich ist (no cure/no pay, vgl. Art. 12 IÜB 1989). Einen Erfolg im Sinne des Bergungsrechts stellt seit der Einführung der Sondervergütung gemäß Art. 14 IÜB 1989 auch die Verhinderung oder Begrenzung von Umweltschäden dar, wobei sich die Sondervergütung, wie bereits eingangs ausgeführt, anders errechnet und dem Berger insbesondere einen Gewinnanspruch versagt. Im Gegensatz zum Bergelohnanspruch stellt die Sondervergütung eine Art teilweisen Aufwendungsersatzanspruch dar und ähnelt damit der negotiorum gestio. Eine erfolgsunabhängige Vergütung erhält der Berger nur, wenn die SCOPIC clause vereinbart wurde. Der Erfolg einer Hilfsmaßnahme entscheidet freilich nicht über die Anwendbarkeit der bergungsrechtlichen Vorschriften, sondern nur über das Vorliegen eines Anspruches auf Bergelohn (Art. 12 IÜB 1989; Art. 2 IÜS 1910). Der im Erfolgsfalle entstehende Anspruch auf Bergelohn richtet sich gegen die jeweiligen Eigentümer der geborgenen Vermögensgegenstände, die als Teilschuldner zur anteiligen Zahlung verpflichtet sind (vgl. Art. 13(2) IÜB 1989).

Die Berechnung der Höhe des Bergelohns richtet sich dann nach billigem Ermessen in Ansehung des konkreten Einzelfalls, wobei typischerweise eine fast unüberschaubare Vielzahl von Kriterien – vgl. den Court of Appeal in The City of Chester (1884) L.R. 9 P.D. 182 – bei der Bemessung zu berücksichtigen ist (vgl. Art. 13 IÜB 1989; Art. 8 IÜS 1910). Zu diesen Kriterien zählen u.a.: der Wert des geborgenen Gegenstands, das Ausmaß des Erfolgs, die Gefahr, die Aufwendungen und Sachkunde und auch die Verhütung bzw. Begrenzung von Umweltschäden. Nach Art. 13 IÜB 1989 muss der Bergelohn so bemessen werden, dass ein Anreiz für die Durchführung von Bergungsmaßnahmen besteht. Hierdurch unterscheidet sich der Bergelohnanspruch deutlich vom allgemeinen Aufwendungsersatzanspruch (quantum meruit) und damit auch von der negotiorum gestio. Hinsichtlich der Höhe von Bergelohnansprüchen kann als allgemeine Aussage festgehalten werden, dass auf die einzelne Bergungsmaßnahme bezogen recht hohe Beträge zu zahlen sind. 10-25 % des Gesamtwertes der geretteten Vermögenswerte sind keine Ausnahme; absolute Grenze stellt der Wert des geretteten Vermögens dar (Art. 13 Nr. 3 IÜB 1989). Wenn man aber die eingangs gemachte Feststellung berücksichtigt, dass immer weniger Fälle vorkommen, bei denen eine Bergung in Betracht kommt, und dass in diesen Fällen dann zumeist kostenintensives Spezialgerät benötigt wird, erscheint das zunächst üppig erscheinende Niveau von Bergelohnansprüchen in einem anderen Licht. Überdies ist zu berücksichtigen, dass Bergungsansprüche grundsätzlich Versicherungsschäden darstellen, die von der Protection & Indemnity (P&I)-Versicherung, einer Seeversicherung, gedeckt werden.

Anders als der Bergelohnanspruch entstehen bestimmte Pflichten des Bergers – das Vorliegen der oben genannten Bedingungen unterstellt – mit Beginn der Hilfsmaßnahme, also ab initio. Diese Pflichten sind sowohl Leistungs- als auch Nebenleistungspflichten, wie die allgemeine Sorgfaltspflicht (vgl. Art. 8(1)(a) IÜB 1989 oder auch LOF cl. A.), die Pflicht, Umweltschäden zu verhindern oder jedenfalls zu minimieren (vgl. Art. 8(1)(b) IÜB 1989 oder LOF cl. B.), sowie die Kooperationspflicht mehrerer Berger untereinander (vgl. Art. 8(1)(c) und (d) IÜB 1989).

Den Eigentümer sowie den Kapitän eines Schiffes treffen mit Beginn der Hilfsmaßnahmen entsprechende Pflichten, vor allem muss mit dem Berger kooperiert werden (vgl. Art. 8(2)(a) IÜB 1989 oder LOF cl. F.), wobei wiederum eine Pflicht besteht, Umweltschäden zu verhindern oder zumindest zu minimieren (vgl. Art. 8(2)(b) IÜB 1989). Weiterhin muss dem Berger auf Verlangen Sicherheit geleistet werden (Art. 21(1) IÜB 1989) und der Eigner eines geborgenen Schiffes muss sicherstellen, dass die Ladungseigner, die zur anteiligen Zahlung von Bergelohn verpflichtet sind, ihre Ladung nicht ohne vorherige Sicherheitsleistung löschen.

Überdies sind Bergelohnansprüche traditionellerweise durch Schiffsgläubigerrechte, also ein pfandähnliches Recht am geborgenen Schiff, gesichert. Diese Schiffsgläubigerrechte werden vom IÜB 1989 zwar nicht geregelt, aber deren Existenz nach nationalem Recht wird in Art. 20 IÜB 1989 vorausgesetzt.

4. Rechtsvereinheitlichung

Die eingangs dargestellten Konventionen von 1910 und 1989 stellen weitestgehend international und europaweit geltendes Einheitsrecht dar. Dabei kann man die Londoner International Salvage Convention von 1989 insgesamt durchaus als ein äußerst gelungenes und erfolgreiches Beispiel von internationalem Einheitsrecht bezeichnen. Zudem darf nicht vergessen werden, dass Bergungen heutzutage mehrheitlich auf vertraglicher Grundlage erbracht werden. Vor diesem Hintergrund besteht keine Notwendigkeit, das Bergungsrecht in ein größeres Vereinheitlichungsprojekt einzubeziehen. Das Bergungsrecht hat es ohnehin mit internationalen Konstellationen zu tun, so dass zwangsläufig internationale Lösungen im Wege der Verabschiedung von Einheitsrecht gesucht werden. Konkrete Vorhaben, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verändern, gibt es derzeit nicht.

Literatur

Georg Schaps, Hans Jürgen Abraham, Klaus H. Abraham, Das Seerecht in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 1978, Zweiter Teil, Vor § 740 ff.; Hans-Jürgen Puttfarken, Seehandelsrecht, 1997, 309 ff.; Rolf Herber, Seehandelsrecht, 1999, 390 ff.; Dieter Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000, Vor § 740 ff.; Francis D. Rose, Kennedy and Rose on the Law of Salvage, 6. Aufl. 2002; John Reeder, Brice on Maritime Law of Salvage, 4. Aufl. 2003; Thor Falkanger, Hans Jacob Bull, Lasse Brautaset, Scandinavian maritime law, 2. Aufl. 2004, 446 ff.; Sergio M. Carbone, Pierangelo Celle, Marco Lopez de Gonzalo, Il Diritto Marittimo, 3. Aufl. 2006, 353 ff.; José Luis Gabaldón García, José María Ruiz Soroa, Manual de Derecho de la Navegación Marítima, 3. Aufl. 2006, 712 ff.; Aleka Mandaraka-Sheppard, Modern Maritime Law and Risk Management, 2. Aufl. 2007, 633 ff.; Martin J. Norris, John D. Kimball, Thomas H. Belknap, in: John A. Edginton (Hg.), Benedict on Admiralty, Bd. 3A, The Law of Salvage, 7. Aufl. 2008.