Versicherungsbinnenmarkt und Versicherungsvermittler: Unterschied zwischen den Seiten

Aus HWB-EuP 2009
(Unterschied zwischen Seiten)
K 1 Version importiert
 
de>Jentz
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
von ''[[Jürgen Basedow]]''
von ''[[Helmut Heiss]]''
== 1. Anforderungen des EG-Vertrages und Entwicklung ==
== 1. Wirtschaftliche Bedeutung ==
Gemäß Art. 14 EG/26 AEUV war die Gemeinschaft verpflichtet, den [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarkt]] bis Ende 1992 schrittweise durch geeignete Maßnahmen zu verwirklichen. Danach umfasst der Binnenmarkt „einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags gewährleistet ist“. Zwar ist diese Bestimmung erst mit der Einheitlichen Europäischen Akte 1986 eingeführt worden. Doch ist der Auftrag, die [[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)|Grundfreiheiten]] zu verwirklichen und dadurch im Grundsatz für alle Wirtschaftszweige einen Gemeinsamen Markt zu schaffen, von Anfang an ein Kernbestandteil der Römischen Verträge gewesen. Gerade in der Versicherungswirtschaft erwies sich dieser Auftrag aber wegen zahlreicher gegenläufiger Interessen als besonders schwierig. Wie auch in anderen Branchen befürchteten die Anbieter eine Gefährdung ihrer angestammten Märkte durch ausländische Konkurrenz. Im Gegensatz zu anderen Märkten spielten aber im Versicherungswesen auch Verbraucherschutzinteressen eine besondere, beharrende Rolle. Hinzu kamen Eigeninteressen der Mitgliedstaaten, für die die Kapitalsammelbecken ihrer eigenen Versicherungsunternehmen stets ein Reservoir für die Kreditfinanzierung des Staates gewesen waren, das durch eine Öffnung des Versicherungsmarktes in Gefahr zu geraten schien. Diese seltene Konkordanz integrationsfeindlicher Interessen erklärt den sehr schleppenden Fortgang der Vergemeinschaftung der Versicherungsmärkte, die bis heute nicht vollendet worden ist.  
Dem Vermittler kommt im Versicherungswesen eine herausragende Bedeutung zu. Es entspricht einer Erfahrungstatsache, dass das Produkt „Versicherungsschutz“ nicht von den Nachfragern eingekauft, sondern von geschulten Vertriebsorganen verkauft wird. Der Direktvertrieb In Form von Vertragsabschlüssen in Verkaufsniederlassungen des Unternehmens spielt dem gegenüber eine untergeordnete Rolle. Der Vertrieb über Telefon (''Call Centers'', die freilich ihrerseits Versicherungsvermittler sein können) sowie über Internet hat zwar in der jüngeren Vergangenheit deutlich an Bedeutung gewonnen, der Vertrieb über Versicherungsvermittler ist aber nach wie vor die wichtigste Absatzform.


Zwar konnten sich die Mitgliedstaaten in den siebziger Jahren auf zwei Richtlinien (RL 73/239 und RL 79/267) einigen, mit denen die [[Niederlassungsfreiheit]] zuerst für die Nichtlebensversicherung und später für die Lebensversicherung verwirklicht wurde. Diese Richtlinien gestatteten es den Versicherern anderer EG-Mitgliedstaaten, über inländische Niederlassungen das Versicherungsgeschäft im Inland zu betreiben. Das Versicherungsgeschäft selbst blieb damit jedoch auf das Inland beschränkt, und die Versicherer mussten auch die zur Bedeckung der inländischen Risiken vorgehaltenen technischen Reserven in ihren inländischen Niederlassungen vorhalten und sich hier der inländischen Versicherungsaufsicht unterwerfen.
Dieser Befund rührt nicht zuletzt vom besonderen Beratungsinteresse des Kunden her. Versicherungen sind Rechtsprodukte, die durch Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) des Versicherers sowie das dahinterstehende Versicherungsvertragsrecht ([[Versicherungsvertrag]]) entscheidend geprägt werden. Der Versicherungsschutz wird juristisch im Wege primärer, sekundärer und tertiärer Risikobeschreibungen in den AVB definiert, er ist sinnlich als solcher nicht wahrnehmbar. Der Versicherer, der diese Produkte entwickelt, befindet sich in einer Situation umfassender Informiertheit. Der Kunde, für den Versicherungsabschlüsse regelmäßig untypische Geschäfte sind, besitzt dagegen kaum versicherungstechnisches und versicherungsrechtliches Fachwissen, welches ihm ein umfängliches Verständnis vom Versicherungsprodukt vermitteln würde (asymmetrische Informationsverteilung). Die [[Informationspflichten (Versicherungsrecht)]], welche die europäischen Richtlinien aber auch die nationalen Versicherungsvertragsgesetze dem Versicherer verstärkt auferlegen, sind nur partiell geeignet, diese Asymmetrie auszugleichen. Auch die tatsächliche Erfahrung des Versicherungsnehmers mit bestimmten Policen ist kein taugliches Instrument, der Gefahr einer Negativselektion aufgrund informationeller Unterlegenheit wirkungsvoll zu begegnen. In wichtigen Sparten (Feuerversicherung, Lebensversicherung, etc.) fehlt es nämlich entweder überhaupt an einem Versicherungsfall (Feuerschäden kommen bei den meisten Versicherungsnehmern nie vor; in der Risikolebensversicherung tritt der Versicherungsfall nur einmal ein). Versicherungen werden daher mangels hinreichender Beurteilungsfähigkeit des Kunden als Vertrauensgüter angesehen. Der Kunde ist damit in besonderem Maße auf sachgerechte Beratung seitens des Vermittlers angewiesen, auf dessen Empfehlung er sich in der Regel verlassen wird.


Die Vorschläge der Kommission zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden Versicherungsgeschäfts, also zur Verwirklichung der [[Dienstleistungsfreiheit]] stießen jedoch auf eisernen Widerstand, den erst der [[Europäischer Gerichtshof|Europäische Gerichtshof]] in einem Vertragsverletzungsverfahren mit einem Grundsatzurteil brach (EuGH Rs. 205/84 – ''Kommission/Deutschland'', Slg. 1986, 3755). In dieser Sache beteiligten sich die Niederlande und Großbritannien mit ihrem traditionellen, von den Vorstellungen der Seeversicherung gespeisten liberalen Versicherungsrecht auf Seiten der Kommission als Streithelfer. Die meisten kontinentalen Mitgliedstaaten mit ihrer fürsorglichen, „alpinen“ Versicherungstradition unterstützten demgegenüber die Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission hielt zwei Regelungen des deutschen Rechts für europarechtswidrig: Zum einen die Abhängigkeit der inländischen Geschäftstätigkeit von einer besonderen Zulassung ausländischer Versicherungsunternehmen und zum anderen das Erfordernis einer inländischen Niederlassung. Der Gerichtshof billigte Ersteres und verwarf Letzteres. Es fehle in den Bereichen Eigenkapital und Solvabilität, Art und Bewertung der technischen Reserven sowie Versicherungsbedingungen noch an einer Harmonisierung, so dass der Aufnahmemitgliedstaat durch ein Zulassungserfordernis die Einhaltung seiner im Allgemeininteresse erlassenen zwingenden Bestimmungen wahren dürfe. Dagegen stelle das Niederlassungserfordernis praktisch die Negation der Dienstleistungsfreiheit dar. Es sei mit dem EG-Vertrag nur vereinbar, wenn die von dem Mitgliedstaat verfolgten Allgemeinwohlziele nicht im Rahmen einer Zulassungsregelung erreicht werden könnten; dies sei nicht dargetan worden. (Rn. 52-55 des Urteils).
Dieser Beratungsbedarf ist umso größer, je stärker Versicherungsmärkte internationalisiert und dereguliert sind. Beides ist im europäischen Binnenmarkt der Fall. Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG/ 56 AEUV) ermöglicht grundsätzlich das grenzüberschreitende Anbieten bzw. Nachfragen von Versicherungsschutz. Die Deregulierung des Versicherungsrechts, insbesondere in Form des Verbots einer Vorabkontrolle von Allgemeinen Versicherungsbedingungen, erlaubt eine Produktvielfalt auch auf nationalen Märkten. Der Kunde kann seine durch Internationalisierung und Deregulierung gewonnene Produktwahlmöglichkeit aufgrund der ihm fehlenden Produktbewertungsmöglichkeiten nur teilweise nutzen. Das Risiko einer aversen Selektion liegt somit nahe. Dem Versicherungsvermittler kommt damit auf in Europa deregulierten und internationalisierten Versicherungsmärkten eine entscheidende Rolle für dessen effizientes Funktionieren zu.


Das Urteil des Gerichtshofs verdeutlicht einerseits die Möglichkeit einer richterlichen Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit, andererseits weist es aber auch auf die legitimen Vorbehalte der Mitgliedstaaten gegen die Integration der Versicherungsmärkte hin. Diese Vorbehalte sind letztlich nur im Wege der Rechtsangleichung, also durch gesetzgeberische Maßnahmen, zu überwinden. Einen wesentlichen Fortschritt in diese Richtung brachten die beiden Versicherungsrichtlinien der zweiten Generation (RL 88/357 und RL 90/619), mit denen wiederum getrennt für Nichtlebensversicherung und Lebensversicherung die Dienstleistungsfreiheit verwirklicht wurde. Wesentliche Voraussetzung dafür war ein umfangreiches Bündel von Rechtsangleichungsmaßnahmen, die sich auf die Solvabilität der Unternehmen, die Überwachung durch die Versicherungsaufsicht sowie auf die Verbesserung der Information von Aufnahmestaaten und Versicherungsnehmern bezogen.
== 2. Vermittlertypen, Typenmischung und strukturelle Defizite ==
Die am Markt tätigen Vermittler werden gängig in Versicherungsagenten und Versicherungsmakler eingeteilt. Versicherungsagent ist demnach, wer Versicherungsverträge im Auftrag des Versicherers vermittelt. Unerheblich ist hierbei, ob der Agent als Angestellter des Versicherers oder als selbständig Erwerbstätiger tätig wird. In jedem Falle steht der Agent in einem vertraglichen Schuldverhältnis zum Versicherer und ist diesem daher zur Loyalität verpflichtet. Manche Rechtsordnungen kennen darüber hinaus auch Berufspflichten (insbesondere Beratungspflichten), die der Versicherungsagent dem Kunden gegenüber zu erfüllen hat. Demgegenüber ist Versicherungsmakler, wer vom Versicherungsnehmer beauftragt ist, einen Versicherungsvertrag zu vermitteln. Versicherungsmakler agieren in aller Regel als selbständig Erwerbstätige. Der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer verpflichtet sie zur Geschäftsbesorgung und damit zur Interessenwahrnehmung für den Kunden. Stichwortartig wird gerne gesagt, der Makler schulde dem Kunden ''best advice''. Demnach treffen den Versicherungsmakler – anders als den allgemeinen Handelsmakler – insbesondere folgende Pflichten: (a) eine Pflicht zum Tätigwerden; (b) die Beschaffung „bestmöglichen“ Versicherungsschutzes zu „bestmöglicher“ Prämie; (c) die Vermittlung zu einem liquiden Versicherer. Regelmäßig analysiert der Makler somit das beim Kunden vorliegende Risiko, sichtet den hierfür zur Verfügung stehenden Versicherungsmarkt und gibt dem Kunden eine Vertragsempfehlung. Daher wird der Makler gerne als der ''arbiter of the market'' angesehen.


In den Richtlinien der dritten Generation (RL 92/49 und RL 92/96) wurde – wiederum getrennt für Nichtlebensversicherung und Lebensversicherung – das Prinzip der Heimatstaatskontrolle eingeführt, nach dem die Aufsicht über Versicherungsunternehmen im Prinzip nur noch bei der Aufsichtsbehörde ihres Herkunftslandes liegt. Dies implizierte weitere wesentliche Rechtsangleichungsmaßnahmen. Für das Versicherungsvertragsrecht ([[Versicherungsvertrag]]; [[Versicherungsvertragsrecht, internationales]]) ist dabei besonders bedeutsam der Verzicht auf eine systematische Vorabkontrolle von Versicherungsbedingungen, siehe Art. 39 RL 92/49 und Art. 29 RL 92/96. Damit war im Wesentlichen der auch noch heute bestehende Zustand des Versicherungsbinnenmarkts erreicht; die drei Richtlinien zur Lebensversicherung sind inzwischen in der RL 2002/83 konsolidiert worden. Die verschiedenen Maßnahmen haben aber nur geringe Veränderungen im Versicherungsvertragsrecht bewirkt.  
Die Versicherungspraxis hat Vermittlertypen entwickelt, bei denen sich Elemente des Agententums mit jenen des Maklertums mischen. Das gilt zunächst für die sogenannten Mehrfachagenten. Vertritt ein Agent mehrere Versicherer und kann er daher dem Kunden verschiedene, miteinander konkurrierende Versicherungsprodukte anbieten, so nimmt der Versicherungsagent eine Rolle wahr, die sich dem Versicherungsmakler annähert. Das ist für den Kunden insofern riskant, als er zum Versicherungsagenten in keinem Vertragsverhältnis steht, dieser ihm gegenüber also als Mehrfachagent nicht zu ''best advice'' bei der Empfehlung eines bestimmten Produkts aus seinem Angebot verpflichtet ist. Umgekehrt gibt es Makler, die in einem derartigen Naheverhältnis zu einem Versicherer stehen, dass nicht mehr von einer unabhängigen Beratung des Versicherungskunden ausgegangen werden kann. Derart strukturelle Verflechtungen entstehen durch Kapitalbeteiligung des Versicherers beim Versicherungsmakler (im Extremfall liegt ein „hauseigener“ Makler vor), durch Vereinbarungen zur Exklusivvermittlung („Exklusivmakler“), durch personelle Verflechtungen oder aber finanzielle Begünstigungen. In diesen Fällen tritt der Vermittler zwar dem Kunden gegenüber als Makler auf und schließt mit ihm daher auch einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der ihn zu ''best advice'' verpflichtet, seine wirtschaftliche Situation lässt aber nur das Handeln eines Versicherungsagenten erwarten („Pseudomakler“). Zuletzt gibt es in der Versicherungspraxis Vermittler, die berufsrechtlich sowohl eine Zulassung als Agent als auch als Makler besitzen („Makleragenten“). Alle drei Mischformen sind aus Sicht des Kundenschutzes bedenklich. Bei Mehrfachagenten fühlt sich der Kunde ähnlich wie von einem Makler beraten, ohne dass der Agent eine unabhängige Beratung schulden würde. Beim Makler hat der Kunde zwar Anspruch auf ''best advice'', dieser Anspruch wird jedoch systematisch durch die Bindung an den Versicherer unterlaufen („Pseudomakler“). Beim „Makleragenten“ weiß der Kunde bisweilen nicht, ob der Vermittler gerade als Agent eines Versicherers oder aber als völlig unabhängiger Makler agiert. Bei Beratungsfehlern weiß er daher nicht, ob ihm der Vermittler als Makler oder nur als Agent haftet und ob gegebenenfalls der dahinter stehende Versicherer bzw. welcher von mehreren Versicherern für den Vermittler in Anspruch genommen werden kann (mangelnde Statustransparenz).


== 2. Auswirkungen auf das Versicherungsvertragsrecht ==
Zum Problem der Typenmischung treten weitere strukturelle Defizite hinzu, die eine neutrale und fachkundige Beratung des Kunden zweifelhaft erscheinen lassen. Im Vordergrund steht dabei die Qualifikation des Versicherungsvermittlers. In verschiedenen Mitgliedstaaten der [[Europäische Union|EU]] war der Versicherungsvermittler bis vor Kurzem ein nicht regulierter Beruf, der ohne Nachweis spezieller Fachkenntnisse ausgeübt werden konnte. Noch wichtiger ist, dass das herrschende Provisionssystem nicht die Beratung des Kunden, sondern den Abschluss von Verträgen honoriert. Mittels der Provisionsvereinbarung überträgt der Versicherer also seine Verkaufsinteressen auf den Vermittler. Der Vermittler findet sich zwischen einem wirtschaftlichen Anreiz, möglichst viele Abschlüsse zu möglichst hohen Versicherungssummen zu tätigen, und dem Anspruch, dem Kunden umfassende Beratung zukommen zu lassen, wieder. Das Ausrichten der Vermittlertätigkeit auf die Verkaufsinteressen des Versicherers ist bei Agenten im Grundsatz legitim. Von vornherein verfehlt ist dem gegenüber das herrschende Provisionssystem beim Versicherungsmakler. Obwohl dieser nämlich aufgrund eines Auftrags des Versicherungsnehmers tätig wird und diesem daher ''best advice'' schuldet, wird seine Provision (''Courtage'') vom Versicherer geschuldet. Der daraus resultierende Interessenkonflikt ist offenkundig.
Die Kommission erkannte schon früh, dass das Versicherungsvertragsrecht, das in vielen Mitgliedstaaten einseitig oder beidseitig zwingend ausgestaltet ist, zu den Hindernissen für die Verwirklichung des Binnenmarkts zählt. In der Tat wiesen die nationalen Versicherungsvertragsrechte damals erhebliche Unterschiede auf, an denen sich auch durch die zahlreichen Gesetzesnovellen auf einzelstaatlicher Ebene nichts geändert hat. Diese Unterschiede stehen vor dem Hintergrund des zwingenden Charakters der nationalen Gesetze der Verwendung identischer Versicherungsbedingungen in mehreren Mitgliedstaaten entgegen. Sie vereiteln insofern, dass das Gesetz der großen Zahl, das der Versicherungstätigkeit als solcher zugrunde liegt, auch im europaweiten Kontext seine effizienzsteigernde Wirkung entfalten kann.  


Die Kommission wollte das Problem in den siebziger Jahren zunächst in einem zweigleisigen Verfahren lösen. Für Großrisiken und Transportrisiken sah sie eine kollisionsrechtliche Regelung unter weitestgehendem Verzicht auf materielle Rechtsangleichung vor: Sie wollte in erster Linie die Rechtswahlfreiheit verbürgen und subsidiär das Recht des Versicherungsunternehmens berufen ([[Rechtswahl]]; [[Vertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]). Für die kleineren und mittleren Risiken, insbesondere also auch die Verbraucherversicherungen, sollte die Rechtswahl dagegen ausgeschlossen werden. Nach den anfänglichen Vorstellungen der Kommission sollte hier unabdingbar das Recht des Versicherungsunternehmens berufen werden, dies jedoch auf der Grundlage einer Angleichung des materiellen Versicherungsvertragsrechts. Dadurch sollte der Versicherungsnehmer in seinem Vertrauen darein bestärkt werden, dass er durch den Wechsel in eine ihm sonst nicht bekannte Rechtsordnung keine wesentliche Einbuße an subjektiven Rechten erleiden würde (''Schwartz''-Dokument 112).  
== 3. Vermittler-RL ==
Die Vermittler-RL (RL 2002/92) aus dem Jahr 2002 nimmt jedenfalls einen Teil der genannten Strukturprobleme in Angriff. Sie gewährleistet dem Versicherungsvermittlern in ihrem Art. 3(5) zunächst das Recht der freien Niederlassung ([[Niederlassungsfreiheit]]) und des Dienstleistungsverkehrs ([[Dienstleistungsfreiheit]]). Dadurch werden Vermittler in die Lage versetzt, den von ihnen erwarteten Beitrag zur Schaffung eines Versicherungsbinnenmarktes zu leisten.


Innerhalb der Kommission setzte sich jedoch bis zum Ende der siebziger Jahre die Auffassung durch, dass es im Bereich der Jedermann-Versicherungen für eine freie Rechtswahl noch zu früh sei und es deshalb kollisionsrechtlich beim Recht der Risikobelegenheit als Vertragsstatut bleiben solle. Gleichwohl veröffentlichte die Kommission 1979 den Vorschlag für eine Richtlinie zur Angleichung des Versicherungsvertragsrechts, der im Jahr darauf abgeändert wurde. Die materiellrechtliche Rechtsangleichung solle dazu beitragen, eine Ausweitung der freien Wahl zu ermöglichen und auf diese Weise die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs zu erleichtern.  
Versicherungsvermittler bedürfen, um am Markt tätig werden zu können, einer Eintragung (Art. 3(1) i.V.m. Art. 8(1) Vermittler-RL). Die Eintragung setzt ihrerseits die Erfüllung bestimmter beruflicher Erfordernisse voraus. Diese umfassen die persönliche Unbescholtenheit, eine hinreichende fachliche Qualifikation sowie finanzielle Sicherheit (Art. 4 Vermittler-RL). Die Vermittler-RL kennt in ihrem Art. 12(2) und (3) auch Beratungspflichten der Vermittler. Nach Art. 12(3) hat jeder Vermittler die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu erfragen, sodass eine Grundlage für eine bedarfsgerechte Beratung gelegt wird. Die Beratungspflicht selbst folgt nicht der berufsrechtlichen Qualifikation als Versicherungsagent oder Versicherungsmakler, sondern dem individuellen Auftreten des Vermittlers gegenüber dem Kunden. Nach Art. 12(1)(II) hat der Vermittler den Kunden nämlich über die Art seiner Beratungstätigkeit zu informieren. Dabei bestehen drei Möglichkeiten. Der Vermittler kann zum Einen auf Grundlage einer „ausgewogenen Untersuchung“ beraten. Er kann zum Zweiten verpflichtet sein, die Vermittlung ausschließlich zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen vorzunehmen. Zuletzt kann er auch ohne eine solche Verpflichtung einen Rat erteilen, der nicht in einer ausgewogenen Untersuchung fußt. Im Wesentlichen werden hier also die Rollen des Versicherungsmaklers, des Einfachagenten und des Mehrfachagenten nachgezeichnet. Eine Beratungspflicht kennt explizit nur Art. 12(2) für den Fall, dass der Vermittler dem Kunden mitgeteilt hat, er würde auf der Grundlage einer „objektiven Untersuchung“ beraten, also im typischerweise für den Versicherungsmakler. Dieser hat seinen Rat auf eine Analyse zu stützen, die auf einer „hinreichenden“ Zahl von am Markt erhältlichen Versicherungsverträgen basiert und fachlichen Kriterien gerecht werden muss. Auf dieser Grundlage muss der Vermittler dem Kunden eine Vertragsempfehlung geben.


Der Initiative der Kommission war kein Erfolg beschieden. ''Ernst'' ''Steindorff'' wies in einer sehr grundlegenden Kritik auf das Auseinanderfallen von Zuständigkeit und anwendbarem Recht hin, das sich aus den Vorstellungen der Kommission ergebe. Da das europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen von 1968 die Zuständigkeit für Streitigkeiten in Versicherungssachen fast ausnahmslos dem Land des Versicherungsnehmers zuwies, müssten die betreffenden Gerichte auch im Stande sein, die Streitigkeiten aufgrund eigenen Rechts zu entscheiden. Die Konzeption der Kommission nötige die Gerichte demgegenüber viel zu häufig, Streitigkeiten über die Schadensregulierung nach ausländischem Versicherungsvertragsrecht zu entscheiden. Als problematisch erwies sich auch der Zusammenhang zwischen Versicherungsvertragsrecht und dem nicht harmonisierten allgemeinen Vertragsrecht. Unterschiede im allgemeinen Vertragsrecht stünden einer einheitlichen Anwendung eines harmonisierten Versicherungsvertragsrechts entgegen.
Die Beratungspflicht und eine daraus resultierende Haftung nehmen freilich nicht wirtschaftliche Bindungen des Vermittlers an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen zurück. Die Vermittler-RL verbietet solche Bindungen auch nicht. Sie sieht, allerdings in einem nur äußerst beschränkten Umfang, Offenlegungspflichten des Vermittlers vor. Dies gilt nach Art. 12(1)(c) und (d) insbesondere für wechselseitige Kapitalbeteiligungen zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler. Andere wirtschaftliche Verflechtungen braucht der Vermittler dem Kunden nicht mitzuteilen. Insbesondere nimmt die Richtlinie damit nicht das zentrale Problem des geltenden Provisionssystems in den Griff. Weder etabliert sie ein Honorarsystem für Versicherungsmakler, nach dem der Kunde den Makler aufwandsgerecht zu entschädigen hätte, noch fordert sie die Offenlegung der vom Versicherer an den Makler gezahlten Provision. Die Fehlanreize des geltenden Provisionssystems für Versicherungsmakler bleiben damit im europäischen Binnenmarkt erhalten.


Die Frist für die Vollendung des Binnenmarkts im Jahre 1992 erzeugte schließlich einen erheblichen Zeitdruck, unter dem die Kommission die Prioritäten bei der Harmonisierung der aufsichtsrechtlichen Fragen setzte. Zwar hatte der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt, dass der Aufnahmemitgliedstaat auch im Bereich der Versicherungsbedingungen berechtigt sei, die Einhaltung seiner eigenen Vorschriften zu verlangen (EuGH Rs. 205/84 – ''Kommission/ Deutschland'', Slg. 1986, 3755, Rn. 40), und damit im Jahre 1986 noch einmal unterstrichen, wie wünschenswert eine Angleichung des Versicherungsvertragsrechts sei. In Anbetracht der Angleichungsprobleme und des Zeitdrucks verzichtete die Kommission jedoch auf ihren Vorschlag zur materiellen Harmonisierung, der 1993 formell zurückgezogen wurde. Die Richtlinien der zweiten Generation weisen stattdessen nur ganz wenige materiellrechtliche Regelungen zum Versicherungsvertragsrecht auf, so insbesondere Informationspflichten und ein Widerrufsrecht in der Lebensversicherung; im Übrigen führen sie ein umfassendes kollisionsrechtliches Regime ein, respektieren also die Eigenständigkeit des nationalen Versicherungsvertragsrechts der Mitgliedstaaten.
== 4. Das Vermittlerrecht der ''Principles of European Insurance Contract Law'' (PEICL) ==
 
Die ''[[Principles of European Insurance Contract Law]]'' (PEICL) enthalten kein eigenständiges Vermittlerrecht. Das hat zum einen mit ihrem Regelungsgegenstand zu tun, der sich auf versicherungsvertragsrechtliche Fragen beschränkt. Deshalb geht es nur um Zurechnungsfragen (Fragen der [[Stellvertretung]]), im Wesentlichen also um die Haftung des Versicherers für seine Agenten und für „Pseudomakler“. Diese Fragen regeln die PEICL in ihren Art. 3:101 und 3:102. Im Übrigen aber regelt das Vermittlerrecht Fragen des Berufsrecht sowie der persönlichen (berufsrechtlichen oder vertragsrechtlichen) Pflichten des Vermittlers gegenüber dem Kunden. Diese Fragen sind daher nicht Gegenstand eines europäischen Versicherungsvertragsrechts. Sie können überdies schon deshalb nicht von den PEICL geregelt werden, weil diese nach ihrem Art. 1:102 als ein optionales Instrument konzipiert sind, das nur dann zur Anwendung gelangt, wenn sich Versicherer und Versicherungsnehmer seine Geltung vertraglich vereinbaren. Eine zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer getroffene Vereinbarung kann aber nicht ohne Zustimmung des Vermittlers dessen Verhältnis zum Kunden regeln.
== 3. Die kollisionsrechtliche „Lösung“ ==
Die Richtlinien von 1988 und 1992 haben ein äußerst kompliziertes System von Kollisionsnormen geschaffen. Sie sind nur anwendbar auf Risiken, die in der Europäischen Union belegen sind; die Belegenheit ist im Einzelnen recht detailliert definiert, folgt aber im Allgemeinen dem gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers. Das Richtlinienrecht gilt auch nur für das Versicherungsgeschäft von Versicherern, die in der Union niedergelassen sind, nicht für drittstaatliche Versicherer. Dementsprechend sind [[Versicherungsvertrag|Versicherungsverträge]] über außerhalb der Union belegene Risiken nach dem Römischen Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht von 1980 zu beurteilen, vgl. dessen Art. 1(3). Versicherungsverträge drittstaatlicher Versicherer über Risiken, die in der Gemeinschaft belegen sind, unterliegen weder dem Römischen Übereinkommen noch den Richtlinien, sondern den Kollisionsregeln des nationalen IPR.
 
Die Rom I-VO (VO 593/2008) hat die drei genannten Gruppen von Verträgen zwar unter dem Dach eines einheitlichen Rechtsinstruments vereinigt, letztlich aber zu einer noch weiter reichenden Zersplitterung geführt ([[Vertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]). Bestimmte Arbeitsunfallversicherungen sind gemäß Art. 1(k) ganz vom Anwendungsbereich ausgenommen, so dass nationales Kollisionsrecht gilt. Für Groß- und Transportrisiken gilt unabhängig von der Belegenheit des Risikos Art. 7(2), für Klein- und Mittelrisiken Art. 7(3), wenn das Risiko in der Union belegen ist. Ist es außerhalb der Union belegen, finden die allgemeinen Vorschriften der Rom I-VO Anwendung. Damit ergibt sich sogar eine Vierteilung der kollisionsrechtlichen Regelungen, die freilich gemäß Art. 27 Rom I-VO innerhalb von fünf Jahren überprüft werden soll.
 
In der Sache sind die Kollisionsnormen für Versicherungsverträge nach der Rom I-VO gegenüber der bisherigen Rechtslage nur wenig verändert. Für Groß- und Transportrisiken ist die [[Rechtswahl]] im Einklang mit Art. 3 Rom I-VO zugelassen; mangels einer Rechtswahl gilt das Recht des Versicherers. Versicherungsverträge über kleine und mittlere, in der Union belegene Risiken unterliegen im Grundsatz dem Recht der Risikobelegenheit, die im Allgemeinen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Versicherungsnehmers anknüpft. Eine Rechtswahl ist nur in bestimmten Fällen und nur begrenzt zugelassen. Die Beachtlichkeit einer weiterreichenden Rechtswahlfreiheit nach nationalem IPR ist nur noch in wenigen Situationen anerkannt. Für Pflichtversicherungsverträge kann jeder Mitgliedstaat, der eine Versicherungspflicht vorschreibt, die Anwendbarkeit seines Rechts anordnen. Für Versicherungsverträge über kleine und mittlere Risiken, die außerhalb der Union belegen sind, gilt dagegen wiederum die volle Rechtswahlfreiheit gemäß Art. 3.
 
Das Kollisionsrecht der Versicherungsrichtlinien, das in die Rom I-VO übernommen worden ist, ist nicht nur übermäßig kompliziert und ohne innere Logik. Es kann auch seinen ursprünglichen Zweck, den Binnenmarkt seiner Verwirklichung näher zu bringen, außer im Bereich der Groß- und Transportrisiken nicht erfüllen. Wenn innerhalb des Binnenmarkts grenzüberschreitende Versicherungsverträge über Klein- und Mittelrisiken nur nach dem Recht des Versicherungsnehmers wirksam abgeschlossen werden können, bedeutet dies für Versicherungsunternehmen, die im Land des Versicherungsnehmers gerade keine Niederlassung gründen wollen, einen unverhältnismäßig großen Aufwand. Er wird verursacht durch die Übersetzung der Policen in die Sprache des Versicherungsnehmers sowie durch die Notwendigkeit, sämtliche Versicherungsbedingungen auf ihre Vereinbarkeit mit den zwingenden Vorschriften der Rechtsordnung im Land des Versicherungsnehmers zu überprüfen. Diese Kosten bilden bereits einen Großteil der Kosten, die für die Begründung einer Zweigniederlassung im Land des Versicherungsnehmers erforderlich wären. Die Dienstleistungsfreiheit soll nach dem Versicherungsurteil des Gerichtshofs gerade „zeitlich begrenzte Tätigkeiten“ ermöglichen, die tendenziell geringere Einkünfte generieren als die Tätigkeit einer Niederlassung; demgemäß ist die Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen nur profitabel, wenn auch die dadurch verursachten Kosten deutlich hinter den Kosten einer Niederlassung zurückbleiben. Dies ist im Bereich der Klein- und Mittelrisiken nach wie vor nicht der Fall, ebenso wenig auch bei den [[Pflichtversicherung]]en. Der Versicherungsbinnenmarkt ist daher in diesen Bereichen durch das Kollisionsrecht der Richtlinien und der Rom I-VO noch nicht verwirklicht worden.
 
== 4. Der Gemeinsame Referenzrahmen und das Versicherungsvertragsrecht ==
In Erkenntnis dieser Zusammenhänge hat sich im Jahre 1999 in Innsbruck eine Projektgruppe ''Restatement of European Insurance Contract Law'' konstituiert. Sie hat sich das Ziel gesetzt, durch eine Harmonisierung des materiellen Versicherungsvertragsrechts zur Verwirklichung des europäischen Versicherungsbinnenmarkts beizutragen. Die Gruppe ist im Jahre 2005 von der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] in das Netzwerk ''Common Principles of European Contract Law (CoPECL)'' aufgenommen worden. Ende 2007 hat sie die ''[[Principles of European Insurance Contract Law]]'' (PEICL) vorgelegt, die neben einem umfangreichen Regelteil zum allgemeinen Versicherungsvertragsrecht auch Vorschriften enthalten, die die [[Schadenversicherung]] im Allgemeinen und die Summenversicherung im Allgemeinen betreffen.
 
Nach den Vorstellungen der Europäischen Kommission sollen die PEICL zusammen mit anderen Regelungen zum allgemeinen Vertragsrecht und möglicherweise noch weiteren Regelungsgegenständen Teil eines Gemeinsamen Referenzrahmens zum Europäischen Vertragsrecht werden, eines unverbindlichen Regelkatalogs, der im Wesentlichen internen Zwecken der europäischen Institutionen dienen soll ([[Common Frame of Reference|Gemeinsamer Referenzrahmen]]).
 
Ein derartiges unverbindliches Regelwerk ist für das Versicherungsvertragsrecht ungeeignet und belanglos. In einem Rechtsgebiet, das innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten durch eine Fülle zwingender Rechtsnormen gekennzeichnet ist, geht es bei der konkreten Rechtsanwendung vor allem darum, die Wertungskonsistenz innerhalb des nationalen Rechtssystems zu bewahren oder herzustellen; eine Auslegung im Lichte unverbindlicher europäischer Normen muss hinter dem primären Zweck der Auslegung zurücktreten. Da die Gemeinschaft bislang auch kaum Regeln zum materiellen Versicherungsvertragsrecht erlassen hat, fehlt auch insofern das praktische Anwendungsfeld für einen Rückgriff auf die PEICL. Einen Beitrag zur Verwirklichung des Binnenmarkts können sie als unverbindliche Regeln naturgemäß auch nicht leisten.
 
Die PEICL sind daher als optionales Instrument konzipiert. Es soll den Parteien des Versicherungsvertrages ermöglicht werden, die PEICL als anwendbares Recht anstelle des sonst maßgeblichen nationalen Versicherungsvertragsrechts zu wählen. Vorbilder für diese Konzeption finden sich im geistigen Eigentum, insbesondere in der VO 40/94 (konsolidiert durch VO 207/ 2009) über die [[Gemeinschaftsmarke]], und im [[Gesellschaftsrecht]], etwa in der VO 2157/2001 über das Statut der [[Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)|Europäischen Aktiengesellschaft (SE)]]. Die Vereinbarung der PEICL hätte zur Folge, dass das sonst anwendbare nationale Recht einschließlich seiner zwingenden Bestimmungen abgewählt und der Vertrag ausschließlich europäischen Normen unterstellt wird. Lücken der PEICL sind gemäß Art. 1:105 nicht durch nationales Recht der Mitgliedstaaten, sondern durch die ''[[Principles of European Contract Law]]'' zu füllen.
 
Mögliche Anwendungsfelder der PEICL sind Standardversicherungen, die über das Internet vermarktet werden und bei denen eine individuelle Risikoprüfung durch den Versicherer vor Ort unterbleibt, darüber hinaus aber auch Versicherungsverträge in innergemeinschaftlichen Grenzgebieten und die Policen solcher Versicherungsnehmer, die „euromobil“ im Laufe ihres Lebens in verschiedenen Mitgliedstaaten der Union wohnen, so dass ihr Versicherungsschutz nach den geltenden Kollisionsnormen mit jedem Umzug einem anderen nationalen Versicherungsvertragsrecht unterstellt wäre. Die PEICL bieten demgegenüber eine gemeinsame und kontinuierliche Rechtsgrundlage, falls sie in allen Mitgliedstaaten anstelle des sonst anwendbaren nationalen Rechts anerkannt werden. Auch wenn die PEICL für Risiken aller Art vereinbart werden können, sind sie doch zwingend nur für kleine und mittlere Risiken; diesbezüglich können die Parteien sie nur insgesamt ausschließen, nicht aber einzelne Bestimmungen.


== Literatur==
== Literatur==
''Schwartz-''Dokument“: Errichtung des Gemeinsamen Marktes für Schadensversicherungen, Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 1972, 101 ff; ''Ernst Steindorff'', Rechtsangleichung in der EG und Versicherungsvertrag, Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 144 (1980) 447 ff; ''Wulf-Henning Roth'', Internationales Versicherungsvertragsrecht, 1985; ''Fritz Reichert-Facilides'', ''Hans Ulrich Jessurun d’Oliveira'', International Insurance Contract Law in the EC, 1993; ''Fritz Reichert-Facilides'', Europäisches Versicherungsvertragsrecht? in: Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, 119 ff; ''Jürgen Basedow'', Die Gesetzgebung zum Versicherungsvertrag zwischen europäischer Integration und Verbraucherpolitik, in: Fritz Reichert-Facilides, Anton K. Schnyder'' ''(Hg.), Versicherungsrecht in Europa: Kernperspektiven am Ende des 20. Jahrhunderts, 2000, 13 ff; ''Jürgen Basedow'', ''Till Fock'' (Hg.), Europäisches Versicherungsvertragsrecht, Bde. I-III 2002/2003; ''Francesco Seatzu'', Insurance in Private International Law, 2003; ''Helmut Heiss'', Europäischer Versicherungsvertrag, Versicherungsrecht 2005, 1 ff.; ''Jürgen Basedow'', Der Gemeinsame Referenzrahmen und das Versicherungsvertragsrecht, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 15 (2007) 280 ff.; ''Jürgen Basedow'', ''John Birds'', ''Malcolm Clarke'', ''Herman Cousy'', ''Helmut Heiss ''(Hg.), Principles of European Insurance Contract Law, 2009.
''Annemarie Matusche-Beckmann'', Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 1990; ''Ulrich Hübner'', Deregulierung und Versicherungsvermittlung: Verbraucherschutz durch Beratung?, in: Festschrift für Egon Lorenz, 1994, 317 ff.; ''Annemarie Matusche-Beckmann'', Probleme bei der Abgrenzung des Versicherungsmaklers vom Versicherungsagenten, Versicherungsrecht 1995, 1391 ff.; ''Jochen Taupitz'', Macht und Ohnmacht der Verbraucher auf dem dekontrollierten europäischen Versicherungsmarkt, Versicherungsrecht 1995, 1125 ff.; ''Helmut Heiss'', ''Bernhard Lorenz'', Europäisches Versicherungsvermittlerrecht für Österreich, 1996; ''Attila Fenyves'', ''Klaus G. Koban'', ''Martin Schauer'', Die Versicherungsvermittlungs-Richtlinie, 2003; ''Manfred Werber'', Status und Pflichten der Versicherungsvermittler, insbesondere des Versicherungsmaklers, vor dem Hintergrund der Reformarbeiten, Zeitschrift für Versicherungswesen 2004, 419 ff.; ''Peter Reiff'', Versicherungsvermittlerrecht im Umbruch, 2006; ''idem'', Das Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, Versicherungsrecht 2007, 717 ff.;;'' Jürgen Basedow'', ''John Birds'', ''Malcolm Clarke'', ''Herman Cousy'', ''Helmut Heiss'' (Hg.), Principles of European Insurance Contract Law (PEICL), 2009


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Internal_Market_(Insurance)]]
[[en:Insurance_Intermediaries]]

Version vom 29. September 2021, 15:32 Uhr

von Helmut Heiss

1. Wirtschaftliche Bedeutung

Dem Vermittler kommt im Versicherungswesen eine herausragende Bedeutung zu. Es entspricht einer Erfahrungstatsache, dass das Produkt „Versicherungsschutz“ nicht von den Nachfragern eingekauft, sondern von geschulten Vertriebsorganen verkauft wird. Der Direktvertrieb In Form von Vertragsabschlüssen in Verkaufsniederlassungen des Unternehmens spielt dem gegenüber eine untergeordnete Rolle. Der Vertrieb über Telefon (Call Centers, die freilich ihrerseits Versicherungsvermittler sein können) sowie über Internet hat zwar in der jüngeren Vergangenheit deutlich an Bedeutung gewonnen, der Vertrieb über Versicherungsvermittler ist aber nach wie vor die wichtigste Absatzform.

Dieser Befund rührt nicht zuletzt vom besonderen Beratungsinteresse des Kunden her. Versicherungen sind Rechtsprodukte, die durch Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) des Versicherers sowie das dahinterstehende Versicherungsvertragsrecht (Versicherungsvertrag) entscheidend geprägt werden. Der Versicherungsschutz wird juristisch im Wege primärer, sekundärer und tertiärer Risikobeschreibungen in den AVB definiert, er ist sinnlich als solcher nicht wahrnehmbar. Der Versicherer, der diese Produkte entwickelt, befindet sich in einer Situation umfassender Informiertheit. Der Kunde, für den Versicherungsabschlüsse regelmäßig untypische Geschäfte sind, besitzt dagegen kaum versicherungstechnisches und versicherungsrechtliches Fachwissen, welches ihm ein umfängliches Verständnis vom Versicherungsprodukt vermitteln würde (asymmetrische Informationsverteilung). Die Informationspflichten (Versicherungsrecht), welche die europäischen Richtlinien aber auch die nationalen Versicherungsvertragsgesetze dem Versicherer verstärkt auferlegen, sind nur partiell geeignet, diese Asymmetrie auszugleichen. Auch die tatsächliche Erfahrung des Versicherungsnehmers mit bestimmten Policen ist kein taugliches Instrument, der Gefahr einer Negativselektion aufgrund informationeller Unterlegenheit wirkungsvoll zu begegnen. In wichtigen Sparten (Feuerversicherung, Lebensversicherung, etc.) fehlt es nämlich entweder überhaupt an einem Versicherungsfall (Feuerschäden kommen bei den meisten Versicherungsnehmern nie vor; in der Risikolebensversicherung tritt der Versicherungsfall nur einmal ein). Versicherungen werden daher mangels hinreichender Beurteilungsfähigkeit des Kunden als Vertrauensgüter angesehen. Der Kunde ist damit in besonderem Maße auf sachgerechte Beratung seitens des Vermittlers angewiesen, auf dessen Empfehlung er sich in der Regel verlassen wird.

Dieser Beratungsbedarf ist umso größer, je stärker Versicherungsmärkte internationalisiert und dereguliert sind. Beides ist im europäischen Binnenmarkt der Fall. Die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EG/ 56 AEUV) ermöglicht grundsätzlich das grenzüberschreitende Anbieten bzw. Nachfragen von Versicherungsschutz. Die Deregulierung des Versicherungsrechts, insbesondere in Form des Verbots einer Vorabkontrolle von Allgemeinen Versicherungsbedingungen, erlaubt eine Produktvielfalt auch auf nationalen Märkten. Der Kunde kann seine durch Internationalisierung und Deregulierung gewonnene Produktwahlmöglichkeit aufgrund der ihm fehlenden Produktbewertungsmöglichkeiten nur teilweise nutzen. Das Risiko einer aversen Selektion liegt somit nahe. Dem Versicherungsvermittler kommt damit auf in Europa deregulierten und internationalisierten Versicherungsmärkten eine entscheidende Rolle für dessen effizientes Funktionieren zu.

2. Vermittlertypen, Typenmischung und strukturelle Defizite

Die am Markt tätigen Vermittler werden gängig in Versicherungsagenten und Versicherungsmakler eingeteilt. Versicherungsagent ist demnach, wer Versicherungsverträge im Auftrag des Versicherers vermittelt. Unerheblich ist hierbei, ob der Agent als Angestellter des Versicherers oder als selbständig Erwerbstätiger tätig wird. In jedem Falle steht der Agent in einem vertraglichen Schuldverhältnis zum Versicherer und ist diesem daher zur Loyalität verpflichtet. Manche Rechtsordnungen kennen darüber hinaus auch Berufspflichten (insbesondere Beratungspflichten), die der Versicherungsagent dem Kunden gegenüber zu erfüllen hat. Demgegenüber ist Versicherungsmakler, wer vom Versicherungsnehmer beauftragt ist, einen Versicherungsvertrag zu vermitteln. Versicherungsmakler agieren in aller Regel als selbständig Erwerbstätige. Der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer verpflichtet sie zur Geschäftsbesorgung und damit zur Interessenwahrnehmung für den Kunden. Stichwortartig wird gerne gesagt, der Makler schulde dem Kunden best advice. Demnach treffen den Versicherungsmakler – anders als den allgemeinen Handelsmakler – insbesondere folgende Pflichten: (a) eine Pflicht zum Tätigwerden; (b) die Beschaffung „bestmöglichen“ Versicherungsschutzes zu „bestmöglicher“ Prämie; (c) die Vermittlung zu einem liquiden Versicherer. Regelmäßig analysiert der Makler somit das beim Kunden vorliegende Risiko, sichtet den hierfür zur Verfügung stehenden Versicherungsmarkt und gibt dem Kunden eine Vertragsempfehlung. Daher wird der Makler gerne als der arbiter of the market angesehen.

Die Versicherungspraxis hat Vermittlertypen entwickelt, bei denen sich Elemente des Agententums mit jenen des Maklertums mischen. Das gilt zunächst für die sogenannten Mehrfachagenten. Vertritt ein Agent mehrere Versicherer und kann er daher dem Kunden verschiedene, miteinander konkurrierende Versicherungsprodukte anbieten, so nimmt der Versicherungsagent eine Rolle wahr, die sich dem Versicherungsmakler annähert. Das ist für den Kunden insofern riskant, als er zum Versicherungsagenten in keinem Vertragsverhältnis steht, dieser ihm gegenüber also als Mehrfachagent nicht zu best advice bei der Empfehlung eines bestimmten Produkts aus seinem Angebot verpflichtet ist. Umgekehrt gibt es Makler, die in einem derartigen Naheverhältnis zu einem Versicherer stehen, dass nicht mehr von einer unabhängigen Beratung des Versicherungskunden ausgegangen werden kann. Derart strukturelle Verflechtungen entstehen durch Kapitalbeteiligung des Versicherers beim Versicherungsmakler (im Extremfall liegt ein „hauseigener“ Makler vor), durch Vereinbarungen zur Exklusivvermittlung („Exklusivmakler“), durch personelle Verflechtungen oder aber finanzielle Begünstigungen. In diesen Fällen tritt der Vermittler zwar dem Kunden gegenüber als Makler auf und schließt mit ihm daher auch einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der ihn zu best advice verpflichtet, seine wirtschaftliche Situation lässt aber nur das Handeln eines Versicherungsagenten erwarten („Pseudomakler“). Zuletzt gibt es in der Versicherungspraxis Vermittler, die berufsrechtlich sowohl eine Zulassung als Agent als auch als Makler besitzen („Makleragenten“). Alle drei Mischformen sind aus Sicht des Kundenschutzes bedenklich. Bei Mehrfachagenten fühlt sich der Kunde ähnlich wie von einem Makler beraten, ohne dass der Agent eine unabhängige Beratung schulden würde. Beim Makler hat der Kunde zwar Anspruch auf best advice, dieser Anspruch wird jedoch systematisch durch die Bindung an den Versicherer unterlaufen („Pseudomakler“). Beim „Makleragenten“ weiß der Kunde bisweilen nicht, ob der Vermittler gerade als Agent eines Versicherers oder aber als völlig unabhängiger Makler agiert. Bei Beratungsfehlern weiß er daher nicht, ob ihm der Vermittler als Makler oder nur als Agent haftet und ob gegebenenfalls der dahinter stehende Versicherer bzw. welcher von mehreren Versicherern für den Vermittler in Anspruch genommen werden kann (mangelnde Statustransparenz).

Zum Problem der Typenmischung treten weitere strukturelle Defizite hinzu, die eine neutrale und fachkundige Beratung des Kunden zweifelhaft erscheinen lassen. Im Vordergrund steht dabei die Qualifikation des Versicherungsvermittlers. In verschiedenen Mitgliedstaaten der EU war der Versicherungsvermittler bis vor Kurzem ein nicht regulierter Beruf, der ohne Nachweis spezieller Fachkenntnisse ausgeübt werden konnte. Noch wichtiger ist, dass das herrschende Provisionssystem nicht die Beratung des Kunden, sondern den Abschluss von Verträgen honoriert. Mittels der Provisionsvereinbarung überträgt der Versicherer also seine Verkaufsinteressen auf den Vermittler. Der Vermittler findet sich zwischen einem wirtschaftlichen Anreiz, möglichst viele Abschlüsse zu möglichst hohen Versicherungssummen zu tätigen, und dem Anspruch, dem Kunden umfassende Beratung zukommen zu lassen, wieder. Das Ausrichten der Vermittlertätigkeit auf die Verkaufsinteressen des Versicherers ist bei Agenten im Grundsatz legitim. Von vornherein verfehlt ist dem gegenüber das herrschende Provisionssystem beim Versicherungsmakler. Obwohl dieser nämlich aufgrund eines Auftrags des Versicherungsnehmers tätig wird und diesem daher best advice schuldet, wird seine Provision (Courtage) vom Versicherer geschuldet. Der daraus resultierende Interessenkonflikt ist offenkundig.

3. Vermittler-RL

Die Vermittler-RL (RL 2002/92) aus dem Jahr 2002 nimmt jedenfalls einen Teil der genannten Strukturprobleme in Angriff. Sie gewährleistet dem Versicherungsvermittlern in ihrem Art. 3(5) zunächst das Recht der freien Niederlassung (Niederlassungsfreiheit) und des Dienstleistungsverkehrs (Dienstleistungsfreiheit). Dadurch werden Vermittler in die Lage versetzt, den von ihnen erwarteten Beitrag zur Schaffung eines Versicherungsbinnenmarktes zu leisten.

Versicherungsvermittler bedürfen, um am Markt tätig werden zu können, einer Eintragung (Art. 3(1) i.V.m. Art. 8(1) Vermittler-RL). Die Eintragung setzt ihrerseits die Erfüllung bestimmter beruflicher Erfordernisse voraus. Diese umfassen die persönliche Unbescholtenheit, eine hinreichende fachliche Qualifikation sowie finanzielle Sicherheit (Art. 4 Vermittler-RL). Die Vermittler-RL kennt in ihrem Art. 12(2) und (3) auch Beratungspflichten der Vermittler. Nach Art. 12(3) hat jeder Vermittler die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu erfragen, sodass eine Grundlage für eine bedarfsgerechte Beratung gelegt wird. Die Beratungspflicht selbst folgt nicht der berufsrechtlichen Qualifikation als Versicherungsagent oder Versicherungsmakler, sondern dem individuellen Auftreten des Vermittlers gegenüber dem Kunden. Nach Art. 12(1)(II) hat der Vermittler den Kunden nämlich über die Art seiner Beratungstätigkeit zu informieren. Dabei bestehen drei Möglichkeiten. Der Vermittler kann zum Einen auf Grundlage einer „ausgewogenen Untersuchung“ beraten. Er kann zum Zweiten verpflichtet sein, die Vermittlung ausschließlich zu einem oder mehreren Versicherungsunternehmen vorzunehmen. Zuletzt kann er auch ohne eine solche Verpflichtung einen Rat erteilen, der nicht in einer ausgewogenen Untersuchung fußt. Im Wesentlichen werden hier also die Rollen des Versicherungsmaklers, des Einfachagenten und des Mehrfachagenten nachgezeichnet. Eine Beratungspflicht kennt explizit nur Art. 12(2) für den Fall, dass der Vermittler dem Kunden mitgeteilt hat, er würde auf der Grundlage einer „objektiven Untersuchung“ beraten, also im typischerweise für den Versicherungsmakler. Dieser hat seinen Rat auf eine Analyse zu stützen, die auf einer „hinreichenden“ Zahl von am Markt erhältlichen Versicherungsverträgen basiert und fachlichen Kriterien gerecht werden muss. Auf dieser Grundlage muss der Vermittler dem Kunden eine Vertragsempfehlung geben.

Die Beratungspflicht und eine daraus resultierende Haftung nehmen freilich nicht wirtschaftliche Bindungen des Vermittlers an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen zurück. Die Vermittler-RL verbietet solche Bindungen auch nicht. Sie sieht, allerdings in einem nur äußerst beschränkten Umfang, Offenlegungspflichten des Vermittlers vor. Dies gilt nach Art. 12(1)(c) und (d) insbesondere für wechselseitige Kapitalbeteiligungen zwischen Versicherer und Versicherungsvermittler. Andere wirtschaftliche Verflechtungen braucht der Vermittler dem Kunden nicht mitzuteilen. Insbesondere nimmt die Richtlinie damit nicht das zentrale Problem des geltenden Provisionssystems in den Griff. Weder etabliert sie ein Honorarsystem für Versicherungsmakler, nach dem der Kunde den Makler aufwandsgerecht zu entschädigen hätte, noch fordert sie die Offenlegung der vom Versicherer an den Makler gezahlten Provision. Die Fehlanreize des geltenden Provisionssystems für Versicherungsmakler bleiben damit im europäischen Binnenmarkt erhalten.

4. Das Vermittlerrecht der Principles of European Insurance Contract Law (PEICL)

Die Principles of European Insurance Contract Law (PEICL) enthalten kein eigenständiges Vermittlerrecht. Das hat zum einen mit ihrem Regelungsgegenstand zu tun, der sich auf versicherungsvertragsrechtliche Fragen beschränkt. Deshalb geht es nur um Zurechnungsfragen (Fragen der Stellvertretung), im Wesentlichen also um die Haftung des Versicherers für seine Agenten und für „Pseudomakler“. Diese Fragen regeln die PEICL in ihren Art. 3:101 und 3:102. Im Übrigen aber regelt das Vermittlerrecht Fragen des Berufsrecht sowie der persönlichen (berufsrechtlichen oder vertragsrechtlichen) Pflichten des Vermittlers gegenüber dem Kunden. Diese Fragen sind daher nicht Gegenstand eines europäischen Versicherungsvertragsrechts. Sie können überdies schon deshalb nicht von den PEICL geregelt werden, weil diese nach ihrem Art. 1:102 als ein optionales Instrument konzipiert sind, das nur dann zur Anwendung gelangt, wenn sich Versicherer und Versicherungsnehmer seine Geltung vertraglich vereinbaren. Eine zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer getroffene Vereinbarung kann aber nicht ohne Zustimmung des Vermittlers dessen Verhältnis zum Kunden regeln.

Literatur

Annemarie Matusche-Beckmann, Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 1990; Ulrich Hübner, Deregulierung und Versicherungsvermittlung: Verbraucherschutz durch Beratung?, in: Festschrift für Egon Lorenz, 1994, 317 ff.; Annemarie Matusche-Beckmann, Probleme bei der Abgrenzung des Versicherungsmaklers vom Versicherungsagenten, Versicherungsrecht 1995, 1391 ff.; Jochen Taupitz, Macht und Ohnmacht der Verbraucher auf dem dekontrollierten europäischen Versicherungsmarkt, Versicherungsrecht 1995, 1125 ff.; Helmut Heiss, Bernhard Lorenz, Europäisches Versicherungsvermittlerrecht für Österreich, 1996; Attila Fenyves, Klaus G. Koban, Martin Schauer, Die Versicherungsvermittlungs-Richtlinie, 2003; Manfred Werber, Status und Pflichten der Versicherungsvermittler, insbesondere des Versicherungsmaklers, vor dem Hintergrund der Reformarbeiten, Zeitschrift für Versicherungswesen 2004, 419 ff.; Peter Reiff, Versicherungsvermittlerrecht im Umbruch, 2006; idem, Das Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts, Versicherungsrecht 2007, 717 ff.;; Jürgen Basedow, John Birds, Malcolm Clarke, Herman Cousy, Helmut Heiss (Hg.), Principles of European Insurance Contract Law (PEICL), 2009