Sozialpartnervereinbarung und Speditionsvertrag: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Abbo Junker]]''
von ''[[Helga Jesser-Huß]]''
== 1. Geschichte und Entwicklung  ==
== 1. Begriff und Abgrenzung ==
Die von ''Jacques Delors'' entwickelte Idee des sozialen Dialogs wurde am 31.1.1985 durch die Initiierung eines Sozialen Dialogs auf dem Brüsseler Schloss Val Duchesse erstmals umgesetzt und im Jahre 1987 in Art. 118b EG i.d.F. der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) verankert. Art. 118b verpflichtete die Kommission, sich darum zu bemühen „den Dialog zwischen den Sozialpartnern auf europäischer Ebene zu entwickeln“; dabei konnten vertragliche Beziehungen ein Ergebnis des Dialogs sein. Bei der Maastrichter Regierungskonferenz von 1991 sollte eine Erweiterung der sozialpolitischen Kompetenzen im Wege einer Änderung des [[EG-Vertrag]]es erfolgen. Allerdings sperrte sich das Vereinigte Königreich gegen jegliche Ausdehnung sozialrechtlicher Kompetenzen. Dieserhalb wurde dem weiterhin unveränderten EG-Vertrag ein Protokoll über die Sozialpolitik beigefügt, das zu einem „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ führte. Das Protokoll nahm Bezug auf ein Abkommen zwischen den 11 Mitgliedstaaten der [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] über die Sozialpolitik (AüS), das keine Geltung für das Vereinigte Königreich entfaltete. Dieses Abkommen stärkte nicht nur den sozialen Dialog, sondern bestimmte auch erstmals rechtlich die Rolle der Sozialpartner. Nach dem 1997 vollzogenen Regierungswechsel im Vereinigten Königreich gelang es am 2.10.1997, die Bestimmungen des AüS fast wortgleich in den Vertrag von Amsterdam zu übernehmen (Art. 138 f. EG). Mit dem Vertrag von Nizza wurde die Liste der Gebiete (Art. 137 EG/‌153 AEUV), in denen die Gemeinschaft zur Verwirklichung der sozialen Ziele (Art. 136 EG/‌151, 152 AEUV) tätig werden kann, ergänzt.
Durch den Speditionsvertrag verpflichtet sich der Spediteur gegen Entrichtung der vereinbarten Vergütung zur Organisation von Güterbeförderungen oder, mit den Worten des § 453 HGB oder Art. 439 OR, zur „Besorgung der Versendung“. Wie die Tätigkeit von Frachtführern sind speditionelle Tätigkeiten auf die Ortsveränderung von Gütern gerichtet. Im Gegensatz zum [[Transportvertrag]] übernimmt der Spediteur jedoch nicht die Ortsveränderung, er verspricht lediglich, andere damit zu betrauen. Dieser Hauptpflicht genügt der Spediteur durch den Abschluss derjenigen Frachtverträge mit Beförderern, die im Einzelnen notwendig sind, um das jeweilige Frachtgut an seinen Bestimmungsort zu bringen. Dabei obliegt ihm unter Wahrung der Interessen des Versenders – die Auswahl von Beförderungsstrecke, Beförderungsmittel sowie der jeweiligen Beförderer. Daneben treffen ihn zum Teil auch abhängig von der jeweiligen Vereinbarung verschiedene Nebenpflichten, wie die Abholung und Verpackung des Gutes, die Beischaffung der Begleitpapiere bzw. die Überprüfung auf deren Vollständigkeit, Abschluss von Versicherungen, Verzollung des Gutes etc. Die Frachtverträge, die der Spediteur in Erfüllung der seinem Vertragspartner, dem Versender, gegenüber bestehenden Verpflichtungen, schließt, schließt er im Allgemeinen im eigenen Namen und auf Rechnung des Versenders, sodass er Vertragspartner des Frachtführers und im Verhältnis zu diesem Absender wird. Zwischen dem Frachtführer und dem Versender, dem Auftraggeber des Spediteurs, bestehen keinerlei vertragliche Beziehungen. Anders das ''[[common law]]'', welches streng zwischen der Verpflichtung des ''freight'' ''forwarders'' als ''agent'', der als bloßer Vermittler im Namen seines Vertragspartners auftritt, bzw. als ''principal'' unterscheidet.


== 2. Arten des sozialen Dialogs ==
Im Einzelnen bereitet die Abgrenzung zum [[Transportvertrag|Transport-]] oder Frachtvertrag Schwierigkeiten; entscheidend ist, dass der Spediteur die Güterbeförderung organisiert, der Frachtführer sie hingegen ausführt und den Beförderungserfolg schuldet. Aus dem Speditionsvertrag trifft den Spediteur jedenfalls nicht die Pflicht, die Güter zu befördern. Er kann aber in den von ihm abzuschließenden Frachtvertrag selbst ganz oder teilweise eintreten (''Selbsteintritt'') und übernimmt damit Frachtführerpflichten und ‑rechte. Die Problematik der Abgrenzung resultiert aus der Tatsache, dass die idealtypische Definition des Speditionsvertrages nicht dem Realbild der von Spediteuren durchgeführten Tätigkeiten entspricht. Hier verschwimmen die Grenzen gewerblicher Tätigkeiten, häufig sind Gemischtbetriebe, und die strenge Trennung ist auch dem umgangssprachlichen Gebrauch der Begriffe fremd. Die Grenzen zwischen Spedition und Beförderung sind fließend.
Nach Artikel 137 ff. EG/‌153 ff AEUV werden vier Typen des Sozialdialogs unterschieden. Zum informellen Sozialdialog zählen vielfältige Willensbekundungen der Beteiligten, wie beispielsweise Mitteilungen der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]]. Die Beteiligung der Sozialpartner im Rahmen von Anhörungen und die Förderung des Dialogs zwischen den Sozialpartnern nach Art. 138 EG/‌154 AEUV erfolgt im Rahmen des vertikalen institutionellen Sozialdialogs. Im Bereich des horizontalen institutionellen Sozialdialogs werden die Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern getroffen, die im Wege des legislativen Sozialdialogs dann Bestandteil des Gemeinschaftsrechts oder des nationalen Rechts werden können. Auch werden hier Stellungnahmen der Sozialpartner formuliert. Der legislative Dialog erfolgt im Rahmen der Art. 138(2)-(4) und 139 EG/‌154(2)-(4) und 155 AEUV und ist Bestandteil des Gesetzgebungsverfahrens der Gemeinschaft.


== 3. Europäische Sozialpartner ==
Die Speditionsverträgen idealtypisch zugrundeliegende Tätigkeit liegt in der Organisation von Transportabläufen von Waren für Versender und ist damit essentiell für den (internationalen) Warenaustausch. Sie ist einem zeitlichen Wandel unterworfen; zum einen erweitern Spediteure kontinuierlich ihr Betätigungsfeld, zum anderen werden auf der Verladerseite immer mehr Aufgabenbereiche aus dem eigenen Betrieb auf Fremdunternehmer ausgelagert. Der Begriff der ''Logistik'', der die Organisation und Überwachung des Warenflusses im weitesten Sinn (Punkt 1.10 UN/‌ECE Terminologie) und damit die innerbetriebliche Materialverwaltung, die Verpackung sowie die Endverteilung zum Ort des Verbrauchs umfasst, ist heute untrennbar mit der Tätigkeit von Spediteuren verbunden. Diese verstehen sich zunehmend als umfassende Logistikdienstleister. Dem tragen etwa auch die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2003 (2.1) oder die FIATA ''Rules'' mit ihrer weiten Definition der ''freight forwarding services'' (2.1) Rechnung.
Weder in Art. 138, 139 EG/‌154, 155 AEUV noch an anderer Stelle, sagt das Gemeinschaftsrecht, wer Sozialpartner des sozialen Dialogs ist. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte, haben sich im Bereich von branchenübergreifenden Aktivitäten die europäischen Dachverbände als bislang vorrangige Gesprächspartner der Gemeinschaft etabliert. Auf Arbeitgeberseite sind dies die Europäische Vereinigung der Arbeitgeber- und Industrieverbände (UNICE) und der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und auf Arbeitnehmerseite der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB). Im branchenbezogenen oder sektoralen Bereich gibt es eine Vielzahl von Fachverbänden und ‑gewerkschaften. Nach der Rechtsprechung des [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] existiert allerdings kein Recht der Sozialpartner auf Beteiligung der Sozialpartner nach Art. 138(2) EG/‌154(2) AEUV, was auf die anderen Beteiligungsrechte der Sozialpartner übertragbar sein dürfte. Für die Anhörungsteilnahme nach Art. 138(3) EG/‌154(3) AEUV hat der [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] in der Mitteilung der [[Europäische Kommission|Europäischen Kommission]] KOM(93) 600 endg. verschiedene Bedingungen aufgestellt.


== 4. Beteiligungsrechte der Sozialpartner ==
Durch das wachsende Güterverkehrsvolumen gewinnen diese Tätigkeiten weiter an Bedeutung. Steigendes Transportvolumen bedeutet auch wachsende Belastungen für ohnehin schon überlastete Verkehrswege. Durch bessere Organisation von Transportverläufen und die Ausschöpfung der Ladekapazitäten einzelner Beförderungsmittel durch Komplettladungen können vorhandene Ressourcen effektiver genutzt und durch Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger Straßen und Umwelt entlastet werden. Dazu bedarf es des verstärkten Einsatzes von kombinierten bzw. multimodalen Transportabläufen, deren Organisation Spediteuren obliegt.
Nach Art. 138(1) EG/‌154(1) AEUV hat die Kommission die Aufgabe, die Anhörung der Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene zu fördern, und erlässt alle zweckdienlichen Maßnahmen, um den Dialog zwischen den Sozialpartnern zu erleichtern, wobei sie für Ausgewogenheit bei der Unterstützung der Parteien sorgt. Diese allgemeine Aufgabe wird durch verschiedene Beteiligungsrechte konkretisiert.


=== a) Anhörungsrechte ===
== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Nach Art. 138(2) und (3) EG/‌154(2) und (3) AEUV hat die Kommission vor Unterbreitung von Vorschlägen im Bereich der Sozialpolitik die Sozialpartner anzuhören. Die Sozialpartner können von dem Anhörungsrecht durch Übermittlung einer Stellungnahme oder einer Empfehlung an die Kommission Gebrauch machen (Art. 138(3) EG/‌154(3) AEUV). Die Sozialpartner können aber auch von der Möglichkeit des Art. 138(4) EG/‌154(4) AEUV Gebrauch machen und der Kommission mitteilen, dass sie den Prozess nach Art. 139 EG/‌155 AEUV in Gang setzen wollen.
Die Abgrenzung von Spedition und Beförderung anhand der von den Vertragsparteien getroffenen Abreden gestaltet sich schwierig. Relevant ist sie vor allem hinsichtlich der unterschiedlichen Haftungsvorschriften. Während der Spediteur die Organisation der Beförderung verspricht, schuldet der Frachtführer den Beförderungserfolg. Für letzteren hat der Spediteur somit grundsätzlich nicht einzustehen. Er haftet lediglich für eigenes schuldhaftes Verhalten und jenes seiner Leute. Hinsichtlich der von ihm verpflichteten Frachtführer trifft den Spediteur hingegen typischerweise lediglich eine Haftung für Auswahlverschulden. Damit hat er – im Gegensatz zum Frachtführer – nicht die durchgehende Haftung bis zur Ablieferung der Güter an den Empfänger zu tragen und für den Beförderungserfolg einzustehen. Zu bedenken ist, dass auch ein Beförderer den Transport im Allgemeinen nicht selbst bzw. mit eigenen Leuten oder mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss, sondern häufig Subunternehmer einsetzt. Dann ist er ebenso Transportmittler wie der Spediteur, haftet allerdings im Gegensatz zu diesem für den Beförderungserfolg. Da sich die Abreden zwischen Verlader und Spediteur oder Beförderer kaum unterscheiden, resultiert die Beurteilung des Vertrages mehr oder weniger aus dem subjektiven Haftungswillen des Vertragspartners des Verladers. Allerdings unterstellen jene Rechtsordnungen, die den Spediteur für Auswahlverschulden haften lassen, ihn in besonderen Fällen frachtrechtlichen Vorschriften. Das gilt neben dem ''Selbsteintritt'' auch für Sonderformen der Spedition, etwa wenn die Versendung zusammen mit Sendungen anderer Versender (''Sammelladungsspedition'') oder zu fixen Kosten (''Fixkostenspedition'') versprochen wird; diese Sonderformen bilden in der Praxis den Regelfall, nicht hingegen die den Vertragstypus prägende Form, die fremdnützige Geschäftsbesorgungsspedition, bei der der Spediteur auf Rechnung des Versenders tätig wird.


=== b) Rechtsetzungskompetenz ===
Das Dilemma der Vertragsqualifikation mit der Konsequenz unterschiedlicher Haftungsregeln vermeidet jener Regelungsansatz, der auch die Spediteure für die vertragsgemäße Ankunft des Gutes am Bestimmungsort einstehen lässt (zB.: Art. L 132-4 ''Code de commerce'', Art. 439 OR). Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch zum Teil deutliche begriffliche Unterschiede. So entspricht der ''commissionaire de transport'' des französischen Rechts mehr dem Beförderer als dem Spediteur nach deutschem Rechtsverständnis, schuldet er doch den Beförderungserfolg.
Der soziale Dialog nach Art. 138(4), 139 EG/‌‌154(4), 155 AEUV eröffnet die Beteiligung der Sozialpartner an der europäischen Rechtsetzung in zweifacher Weise. Hat die Kommission bereits die Initiative ergriffen, können sie nach Art. 138 (4) EG/‌154(4) AEUV in der Zweiten Konsultationsphase das Gesetzgebungsverfahren an sich ziehen. Zweitens können die europäischen Sozialpartner nach Art. 139(1) EG/‌155(1) AEUV von sich aus die Initiative ergreifen und den Abschluss einer Vereinbarung über einen Gegenstand der europäischen Gesetzgebung anstreben.


Die Umsetzung der von den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarung ist, soweit sie nicht durch die Sozialpartner selbst nach dem jeweiligen nationalen Tarifvertragsrecht oder durch den Mitgliedstaat selbst erfolgt (Art. 139(2) 1. Alt. EG/‌155(2) 1. Alt. AEUV), auf gemeinsamen Antrag der Sozialpartner durch einen Beschluss des Rates auf Vorschlag der Kommission möglich, soweit der Gegenstand vom Regelungsbereich des Art. 137 EG/‌153 AEUV erfasst wird (Art. 139(2) 2. Alt. EG/‌155(2) 2. Alt. AEUV).
Wie gezeigt kommen in weiten Bereichen speditioneller Tätigkeit frachtrechtliche Vorschriften zur Anwendung. Angesichts der Tendenz der Verladerseite, in steigendem Maße Komplettlösungen etwa in Form von Haus-zu-Haus-Beförderungen nachzufragen, die weit mehr als bloße Transportleistungen bzw. deren Organisation umfassen, rückt für den Auftraggeber die Abgrenzung zwischen Speditionsvertrag und Frachtvertrag mehr und mehr in den Hintergrund. Seine Erwartungen im Hinblick auf die Ortsveränderung des Gutes gehen dahin, dass sein Vertragspartner dafür Sorge trägt, dass das zu versendende Gut unbeschädigt, vollständig und pünktlich beim Empfänger einlangt, die durchgehende Verantwortung dafür trägt und im Schadensfall haftet. Diese Erwartungshaltung der Verlader findet ihre Entsprechung im Auftreten der Spediteure als umfassende Logistikdienstleister. Im Hinblick auf ihre Rolle bei der Konzeption und Abwicklung multimodaler Transporte sind sie die Unternehmer des [[multimodaler Transport|multimodalen Transports]], die zwar häufig Teilleistungen nur vermitteln, aber infolge ihrer durchgehenden Verantwortung für den gesamten Beförderungsverlauf als Beförderer anzusehen sind.


Die Regelung in Art. 139(2) 1. Alt. EG/‌155(2) 1. Alt. AEUV zeigt, dass die Vereinbarung nach Art. 139(1) EG/‌155(1) AEUV auf einen zweiaktigen Rechtsschöpfungsvorgang angewiesen ist und eine bloß politische, rechtlich aber unverbindliche Vorgabe mit empfehlendem Charakter für die Umsetzungsorgane darstellt. Nur die am Abschluss der Vereinbarung Beteiligten sind an den Inhalt gebunden, nicht aber die Sozialpartner auf mitgliedstaatlicher Ebene oder gar die Mitgliedstaaten selber. Auch wird durch Art. 139(1) EG/‌155(1) AEUV nicht die Setzung normativer Regelungen, d.h. die Basis für den Abschluss europäischer Tarifverträge ermöglicht. Unmittelbare Wirkung entfaltet der Inhalt der Vereinbarung erst durch nationales Kollektivvertragsrecht oder normative Rechtsakte der zuständigen Gesetzgebungsorgane.
== 3. Internationale Rechtsvereinheitlichung ==
Zur selben Zeit als an der Vereinheitlichung des internationalen Straßengüterverkehrsrechts ([[Straßengüterverkehr]]) gearbeitet wurde, bestanden Bestrebungen auch für den internationalen Speditionsvertrag einheitliche Vorschriften zu schaffen. Schließlich gelang es [[UNIDROIT]] wenige Jahre nach dem Inkrafttreten der CMR, einen Übereinkommensentwurf über den internationalen Speditionsvertrag vorzulegen, in welchem der Spediteur grundsätzlich für Auswahlverschulden haften sollte, in drei Fällen jedoch der Frachtführerhaftung unterstellt wurde, und zwar bei der Fixkosten- und Sammelladungsspedition sowie bei Ausstellung eines speziellen Dokuments, des internationalen Speditionsscheins. Im Hinblick auf Arbeiten an einer internationalen verkehrsträgerübergreifenden Vereinheitlichung des Frachtrechts wurde dieser Übereinkommensentwurf jedoch zurückgestellt. Auch dem Übereinkommen, welches die Haftung von Unternehmern von Umschlagbetrieben, einem Teilaspekt speditioneller Tätigkeit, vereinheitlichen sollte, war kein Erfolg beschieden.


Die Durchführung der Vereinbarung nach Art. 139(1) EG/‌155(1) AEUV durch Beschluss des Rates nach Art. 139(2) 2. Alt. EG/‌155(2) 2. Alt. AEUV stellt die europarechtliche Transformation der Vereinbarung dar. Im Gegensatz zur Umsetzung seitens der Sozialpartner oder der Mitgliedstaaten (Art. 139(1) 1. Alt. EG/‌155(1) 1. Alt. AEUV) ist eine Transformation durch Ratsbeschluss nur bei Vereinbarung in den durch Art. 137 EG/‌153 AEUV erfassten Bereichen möglich. Zu beachten ist Art. 137(5)/‌153(5) AEUV, wonach sich Vereinbarungen nicht auf das Arbeitsentgelt, das Koalitionsrecht, das Streikrecht sowie das Aussperrungsrecht beziehen können. Der Rat beschließt bei der Umsetzung der Vereinbarungen mit qualifizierender Mehrheit, es sei denn, die Vereinbarung betrifft einen Bereich des Art. 137(3) EG/‌153(3) AEUV; dann ist ein einstimmiger Beschluss des Rates erforderlich. Die Rechtsnatur des Ratsbeschlusses nach Art. 139 (2) EG/‌155(2) AEUV ist vielfach diskutiert worden. Nach bisheriger Praxis hat der Beschluss nach Systematik, Sinn und Zweck des Art. 139(2) Richtliniencharakter. Verfahrensrechtlich sind der gemeinsame Antrag der Unterzeichnerparteien der Vereinbarung und der Vorschlag der Kommission erforderlich.
Im Rahmen der FIATA wurden schließlich 1996 ''Model Rules'' für speditionelle Tätigkeiten verabschiedet, deren Anwendbarkeit auf den konkreten Vertrag von den Vertragsparteien vereinbart werden kann. Hinsichtlich der Haftung wird unterschieden, ob der Spediteur als Beförderungsmittler (''agent'') oder als Beförderer (''principal'') agiert. Letzteres ist beim Selbsteintritt gegeben, wenn er mit eigenen Beförderungsmitteln den Transport durchführt oder durch Ausstellung eines Beförderungsdokuments oder auf anderem geeigneten Wege zu erkennen gibt, die Beförderung übernehmen zu wollen (7.1). In diesen Fällen unterliegen auch andere speditionelle Tätigkeiten dieser Haftung (7.2). Die Bedeutung dieser ''Model Rules'' in der Praxis ist jedoch begrenzt. Insgesamt mangelt es beim Speditionsvertrag an vereinheitlichten Quellen und die unterschiedlichen nationalen Regelungen lassen ein einheitliches Bild vermissen. Gegenwärtige Bestrebungen zielen auf eine Lösung für den multimodalen Transport mit dem Ziel, Spediteure diesen Haftungsvorschriften zu unterstellen.  


=== c) Durchführungskompetenz ===
== 4. Europäische Perspektiven ==
Nach Art. 137(3) EG/‌153(3) AEUV kann ein Mitgliedstaat den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag hin die Durchführung von aufgrund des Art. 137(2) EG/‌153(2) AEUV angenommenen [[Richtlinie]]n übertragen. Der Mitgliedstaat vergewissert sich in diesem Fall, dass die Sozialpartner spätestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Richtlinie nach Art. 249 EG/‌288 AEUV umgesetzt sein muss, im Wege einer Vereinbarung die erforderlichen Vorkehrungen getroffen haben. Damit die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden, muss der Mitgliedstaat notfalls selber tätig werden. In Deutschland wurde von Art. 137(3)/‌‌153(3) AEUV bisher noch nicht Gebrauch gemacht.
Das Bemühen der Europäischen Gemeinschaft um eine auf Dauer tragbare Mobilität ist für den Bereich des Güterverkehrs entscheidend geprägt von Maßnahmen zur Förderung der sogenannten Intermodalität ([[multimodaler Transport]]) mit dem Ziel der Errichtung verkehrsträgerunabhängiger Dienste von Haus zu Haus (KOM(97) 243 endg.). Ausgangspunkt dieser Bemühungen ist unter anderem die Tatsache, dass angesichts eines permanent steigenden Gütertransportvolumens manche Verkehrsträger überlastet sind, während andere zum Teil ohne Investitionsbedarf in die Infrastruktur brachliegende Kapazitäten aufweisen. Ferner steht schon heute die überlastete Straße umweltfreundlicheren Alternativen mit hinreichendem Verlagerungspotential gegenüber. Der Planung und Organisation von Transportabläufen unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kommt somit entscheidende Bedeutung zu, wenn vorhandene Kapazitäten besser genützt und Engpässe künftig vermieden werden sollen. Aus diesem Grund sollen die Rahmenbedingungen der ''Güterverkehrslogistik'', die von der Planung über die Organisation bis zur Durchführung alle Maßnahmen von Güterverkehrsdiensten umfasst, verbessert werden, und zwar sowohl in ihrer rein verkehrsträgerbezogenen („unimodalen“) als auch in ihrer multimodalen Ausprägung. Als unabdingbares Ziel einer optimalen und nachhaltigen Ressourcennutzung im Rahmen des europäischen Verkehrssystems gilt die ''Ko-Modalität'', worunter der effiziente Einsatz von Verkehrsträgern im europäischen Verkehrssystem in unimodaler als auch multimodaler Weise zu verstehen ist (KOM(2006) 336 endg. 3). Diese Aufgaben sollen von sogenannten Güterverkehrskonsolidatoren (''Freight Integrators'') (KOM(2001) 370 endg. 53 f.) wahrgenommen werden. Ihnen obliegt die Auswahl des jeweils leistungsfähigsten Verkehrsträgers in der Transportkette; je nach Beförderungsstrecke und Gut sind die spezifischen Qualitäten der einzelnen Verkehrsträger zu kombinieren und jene zu bevorzugen, die am kostengünstigsten, umweltschonendsten und zuverlässigsten sind. Ziel ist die Bildung vollständiger Ladungen in intermodalen Transporteinheiten, was eine entsprechende Ausbildung voraussetzt. Dabei kommt der Berufsgruppe der Spediteure gewissermaßen als „Architekten des Beförderungsablaufs“ eine Schlüsselrolle zu.


=== d) Kritik am sozialen Dialog ===
Privatrechtliche Maßnahmen wurden bislang seitens der Europäischen Gemeinschaft nicht angedacht. Erwogen wird eine Lösung für den multimodalen Transport.
Im Fokus der Kritiker ist die von ihnen so genannte „parlamentsersetzende Funktion“ des sozialen Dialogs, die mit dem Demokratieprinzip unvereinbar sein soll. Kritiker befürworten eine teleologische Reduktion des Art. 139 EG/‌155 AEUV in der Weise, dass auch bei der Rechtsetzung nach dieser Vorschrift das Europäische Parlament gemäß den Vorgaben des Art. 137 EG/‌153 AEUV zu beteiligen ist. Die institutionsrechtliche und die rechtspolitische Kritik an der Beteiligung der Sozialpartner im sozialen Dialog sind nicht berechtigt; die Mitwirkung ist vielmehr ein legitimes Element gemeinschaftlicher Sozialpolitik.
 
=== e) Autonomie der Sozialpartner ===
Die gewünschte Wirkung des sozialen Dialogs – Sachnähe, Effizienz und Akzeptanz – kann nur erzielt werden, wenn er sich in uneingeschränkter Autonomie der Sozialpartner vollzieht. In Verlautbarung der Kommission wird das Nichteinmischungsprinzip auch mehr oder weniger akzeptiert. Von der herrschenden Meinung wird ein allgemeiner Vorrang des sozialen Dialogs vor Regelungen durch den Gemeinschaftsgesetzgeber, der auch späteren Änderungen einer Sozialpartnervereinbarung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber entgegenstünde, allerdings abgelehnt. Es ist somit wichtig, rechtspolitisch die zentrale Rolle der Sozialpartner für das europäische Arbeitsrecht zu betonen und das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines von Kommissionsaktivitäten unbeeinflussten sozialen Dialogs zu schärfen.
 
== 5. Richtlinien aufgrund von Sozialpartnervereinbarungen ==
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft ([[Rat und Europäischer Rat]]) verschiedene Richtlinien erlassen, die aus dem in Art. 138(4), 139 EG/‌154(4), 155 AEUV geregelten sozialen Dialog hervorgehen. Drei Rahmenvereinbarungen der Sozialpartner sind so in sekundäres Gemeinschaftsrecht umgesetzt worden, und zwar über den Elternurlaub, die Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge. Hinzu kommen Vereinbarungen – z.B. über Telearbeit –, zu denen die Sozialpartner keine Umsetzung durch Ratsbeschluss beantragt haben, sowie eine größere Zahl sektoraler und branchenübergreifender Stellungnahmen.


==Literatur==
==Literatur==
''Christian Arnold'','' ''Die Stellung der Sozialpartner in der europäischen Sozialpolitik, Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 2002, 1261 ff.; ''Ursula Rust'', Art. 98–188 EGV,'' ''in: Hans von der Groeben, Jürgen Schwarze (Hg.),'' ''Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Bd. 3, 6. Aufl. 2003; ''Olaf Deinert'', Partizipation europäischer Sozialpartner an der Gemeinschaftsrechtssetzung, Recht der Arbeit 2004, 211 ff.; ''Abbo Junker'', Die Zukunft des europäischen Arbeitsrechts, Recht der Internationalen Wirtschaft 2006, 721 ff.; ''Maximilian Fuchs'','' Franz Marhold'', Europäisches Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2006; ''Gregor Thüsing'','' ''Europäisches Arbeitsrecht, 2008; ''Roland Schwarze'','' ''Sozialer Dialog im Gemeinschaftsrecht, Teil B 8100, in: Hartmut Oetker, Ulrich Preis (Hg.), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS) (Loseblatt).
''Jobst Baumhöfener'', Der Speditionsvertrag im grenzüberschreitenden Güterverkehr, 1971; ''Johann Georg Helm'','' ''Speditionsrecht, 2. Aufl. 1986; ''Jürgen Basedow'', Der Transportvertrag, 1987; ''Jan Ramberg'', Unification of the Law of International Freight Forwarding, Uniform Law Review 1998, 5 ff.; ''UN/‌‌ECE'', Terminologie des kombinierten Verkehrs, 2001; ''Jan Ramberg'', The Law of Freight Forwarding, 2002; ''David A. Glass'', Freight Forwarding and Multimodal Transport Contracts, 2004; ''Ingo Koller'', Transportrecht, 6. Aufl. 2007; ''Peter'' ''Bydlinski'', §§ 453 ff. HGB, in: Münchener Kommentar zum HGB, Bd. VII, 2. Auf. 2009.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Consultation_and_Agreements_between_Management_and_Work-Force]]
[[en:Forwarding_Contract]]

Version vom 29. September 2021, 09:41 Uhr

von Helga Jesser-Huß

1. Begriff und Abgrenzung

Durch den Speditionsvertrag verpflichtet sich der Spediteur gegen Entrichtung der vereinbarten Vergütung zur Organisation von Güterbeförderungen oder, mit den Worten des § 453 HGB oder Art. 439 OR, zur „Besorgung der Versendung“. Wie die Tätigkeit von Frachtführern sind speditionelle Tätigkeiten auf die Ortsveränderung von Gütern gerichtet. Im Gegensatz zum Transportvertrag übernimmt der Spediteur jedoch nicht die Ortsveränderung, er verspricht lediglich, andere damit zu betrauen. Dieser Hauptpflicht genügt der Spediteur durch den Abschluss derjenigen Frachtverträge mit Beförderern, die im Einzelnen notwendig sind, um das jeweilige Frachtgut an seinen Bestimmungsort zu bringen. Dabei obliegt ihm – unter Wahrung der Interessen des Versenders – die Auswahl von Beförderungsstrecke, Beförderungsmittel sowie der jeweiligen Beförderer. Daneben treffen ihn zum Teil auch abhängig von der jeweiligen Vereinbarung verschiedene Nebenpflichten, wie die Abholung und Verpackung des Gutes, die Beischaffung der Begleitpapiere bzw. die Überprüfung auf deren Vollständigkeit, Abschluss von Versicherungen, Verzollung des Gutes etc. Die Frachtverträge, die der Spediteur in Erfüllung der seinem Vertragspartner, dem Versender, gegenüber bestehenden Verpflichtungen, schließt, schließt er im Allgemeinen im eigenen Namen und auf Rechnung des Versenders, sodass er Vertragspartner des Frachtführers und im Verhältnis zu diesem Absender wird. Zwischen dem Frachtführer und dem Versender, dem Auftraggeber des Spediteurs, bestehen keinerlei vertragliche Beziehungen. Anders das common law, welches streng zwischen der Verpflichtung des freight forwarders als agent, der als bloßer Vermittler im Namen seines Vertragspartners auftritt, bzw. als principal unterscheidet.

Im Einzelnen bereitet die Abgrenzung zum Transport- oder Frachtvertrag Schwierigkeiten; entscheidend ist, dass der Spediteur die Güterbeförderung organisiert, der Frachtführer sie hingegen ausführt und den Beförderungserfolg schuldet. Aus dem Speditionsvertrag trifft den Spediteur jedenfalls nicht die Pflicht, die Güter zu befördern. Er kann aber in den von ihm abzuschließenden Frachtvertrag selbst ganz oder teilweise eintreten (Selbsteintritt) und übernimmt damit Frachtführerpflichten und ‑rechte. Die Problematik der Abgrenzung resultiert aus der Tatsache, dass die idealtypische Definition des Speditionsvertrages nicht dem Realbild der von Spediteuren durchgeführten Tätigkeiten entspricht. Hier verschwimmen die Grenzen gewerblicher Tätigkeiten, häufig sind Gemischtbetriebe, und die strenge Trennung ist auch dem umgangssprachlichen Gebrauch der Begriffe fremd. Die Grenzen zwischen Spedition und Beförderung sind fließend.

Die Speditionsverträgen idealtypisch zugrundeliegende Tätigkeit liegt in der Organisation von Transportabläufen von Waren für Versender und ist damit essentiell für den (internationalen) Warenaustausch. Sie ist einem zeitlichen Wandel unterworfen; zum einen erweitern Spediteure kontinuierlich ihr Betätigungsfeld, zum anderen werden auf der Verladerseite immer mehr Aufgabenbereiche aus dem eigenen Betrieb auf Fremdunternehmer ausgelagert. Der Begriff der Logistik, der die Organisation und Überwachung des Warenflusses im weitesten Sinn (Punkt 1.10 UN/‌ECE Terminologie) und damit die innerbetriebliche Materialverwaltung, die Verpackung sowie die Endverteilung zum Ort des Verbrauchs umfasst, ist heute untrennbar mit der Tätigkeit von Spediteuren verbunden. Diese verstehen sich zunehmend als umfassende Logistikdienstleister. Dem tragen etwa auch die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen 2003 (2.1) oder die FIATA Rules mit ihrer weiten Definition der freight forwarding services (2.1) Rechnung.

Durch das wachsende Güterverkehrsvolumen gewinnen diese Tätigkeiten weiter an Bedeutung. Steigendes Transportvolumen bedeutet auch wachsende Belastungen für ohnehin schon überlastete Verkehrswege. Durch bessere Organisation von Transportverläufen und die Ausschöpfung der Ladekapazitäten einzelner Beförderungsmittel durch Komplettladungen können vorhandene Ressourcen effektiver genutzt und durch Verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger Straßen und Umwelt entlastet werden. Dazu bedarf es des verstärkten Einsatzes von kombinierten bzw. multimodalen Transportabläufen, deren Organisation Spediteuren obliegt.

2. Tendenzen der Rechtsentwicklung

Die Abgrenzung von Spedition und Beförderung anhand der von den Vertragsparteien getroffenen Abreden gestaltet sich schwierig. Relevant ist sie vor allem hinsichtlich der unterschiedlichen Haftungsvorschriften. Während der Spediteur die Organisation der Beförderung verspricht, schuldet der Frachtführer den Beförderungserfolg. Für letzteren hat der Spediteur somit grundsätzlich nicht einzustehen. Er haftet lediglich für eigenes schuldhaftes Verhalten und jenes seiner Leute. Hinsichtlich der von ihm verpflichteten Frachtführer trifft den Spediteur hingegen typischerweise lediglich eine Haftung für Auswahlverschulden. Damit hat er – im Gegensatz zum Frachtführer – nicht die durchgehende Haftung bis zur Ablieferung der Güter an den Empfänger zu tragen und für den Beförderungserfolg einzustehen. Zu bedenken ist, dass auch ein Beförderer den Transport im Allgemeinen nicht selbst bzw. mit eigenen Leuten oder mit eigenen Fahrzeugen durchführen muss, sondern häufig Subunternehmer einsetzt. Dann ist er ebenso Transportmittler wie der Spediteur, haftet allerdings im Gegensatz zu diesem für den Beförderungserfolg. Da sich die Abreden zwischen Verlader und Spediteur oder Beförderer kaum unterscheiden, resultiert die Beurteilung des Vertrages mehr oder weniger aus dem subjektiven Haftungswillen des Vertragspartners des Verladers. Allerdings unterstellen jene Rechtsordnungen, die den Spediteur für Auswahlverschulden haften lassen, ihn in besonderen Fällen frachtrechtlichen Vorschriften. Das gilt neben dem Selbsteintritt auch für Sonderformen der Spedition, etwa wenn die Versendung zusammen mit Sendungen anderer Versender (Sammelladungsspedition) oder zu fixen Kosten (Fixkostenspedition) versprochen wird; diese Sonderformen bilden in der Praxis den Regelfall, nicht hingegen die den Vertragstypus prägende Form, die fremdnützige Geschäftsbesorgungsspedition, bei der der Spediteur auf Rechnung des Versenders tätig wird.

Das Dilemma der Vertragsqualifikation mit der Konsequenz unterschiedlicher Haftungsregeln vermeidet jener Regelungsansatz, der auch die Spediteure für die vertragsgemäße Ankunft des Gutes am Bestimmungsort einstehen lässt (zB.: Art. L 132-4 Code de commerce, Art. 439 OR). Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch zum Teil deutliche begriffliche Unterschiede. So entspricht der commissionaire de transport des französischen Rechts mehr dem Beförderer als dem Spediteur nach deutschem Rechtsverständnis, schuldet er doch den Beförderungserfolg.

Wie gezeigt kommen in weiten Bereichen speditioneller Tätigkeit frachtrechtliche Vorschriften zur Anwendung. Angesichts der Tendenz der Verladerseite, in steigendem Maße Komplettlösungen etwa in Form von Haus-zu-Haus-Beförderungen nachzufragen, die weit mehr als bloße Transportleistungen bzw. deren Organisation umfassen, rückt für den Auftraggeber die Abgrenzung zwischen Speditionsvertrag und Frachtvertrag mehr und mehr in den Hintergrund. Seine Erwartungen im Hinblick auf die Ortsveränderung des Gutes gehen dahin, dass sein Vertragspartner dafür Sorge trägt, dass das zu versendende Gut unbeschädigt, vollständig und pünktlich beim Empfänger einlangt, die durchgehende Verantwortung dafür trägt und im Schadensfall haftet. Diese Erwartungshaltung der Verlader findet ihre Entsprechung im Auftreten der Spediteure als umfassende Logistikdienstleister. Im Hinblick auf ihre Rolle bei der Konzeption und Abwicklung multimodaler Transporte sind sie die Unternehmer des multimodalen Transports, die zwar häufig Teilleistungen nur vermitteln, aber infolge ihrer durchgehenden Verantwortung für den gesamten Beförderungsverlauf als Beförderer anzusehen sind.

3. Internationale Rechtsvereinheitlichung

Zur selben Zeit als an der Vereinheitlichung des internationalen Straßengüterverkehrsrechts (Straßengüterverkehr) gearbeitet wurde, bestanden Bestrebungen auch für den internationalen Speditionsvertrag einheitliche Vorschriften zu schaffen. Schließlich gelang es UNIDROIT wenige Jahre nach dem Inkrafttreten der CMR, einen Übereinkommensentwurf über den internationalen Speditionsvertrag vorzulegen, in welchem der Spediteur grundsätzlich für Auswahlverschulden haften sollte, in drei Fällen jedoch der Frachtführerhaftung unterstellt wurde, und zwar bei der Fixkosten- und Sammelladungsspedition sowie bei Ausstellung eines speziellen Dokuments, des internationalen Speditionsscheins. Im Hinblick auf Arbeiten an einer internationalen verkehrsträgerübergreifenden Vereinheitlichung des Frachtrechts wurde dieser Übereinkommensentwurf jedoch zurückgestellt. Auch dem Übereinkommen, welches die Haftung von Unternehmern von Umschlagbetrieben, einem Teilaspekt speditioneller Tätigkeit, vereinheitlichen sollte, war kein Erfolg beschieden.

Im Rahmen der FIATA wurden schließlich 1996 Model Rules für speditionelle Tätigkeiten verabschiedet, deren Anwendbarkeit auf den konkreten Vertrag von den Vertragsparteien vereinbart werden kann. Hinsichtlich der Haftung wird unterschieden, ob der Spediteur als Beförderungsmittler (agent) oder als Beförderer (principal) agiert. Letzteres ist beim Selbsteintritt gegeben, wenn er mit eigenen Beförderungsmitteln den Transport durchführt oder durch Ausstellung eines Beförderungsdokuments oder auf anderem geeigneten Wege zu erkennen gibt, die Beförderung übernehmen zu wollen (7.1). In diesen Fällen unterliegen auch andere speditionelle Tätigkeiten dieser Haftung (7.2). Die Bedeutung dieser Model Rules in der Praxis ist jedoch begrenzt. Insgesamt mangelt es beim Speditionsvertrag an vereinheitlichten Quellen und die unterschiedlichen nationalen Regelungen lassen ein einheitliches Bild vermissen. Gegenwärtige Bestrebungen zielen auf eine Lösung für den multimodalen Transport mit dem Ziel, Spediteure diesen Haftungsvorschriften zu unterstellen.

4. Europäische Perspektiven

Das Bemühen der Europäischen Gemeinschaft um eine auf Dauer tragbare Mobilität ist für den Bereich des Güterverkehrs entscheidend geprägt von Maßnahmen zur Förderung der sogenannten Intermodalität (multimodaler Transport) mit dem Ziel der Errichtung verkehrsträgerunabhängiger Dienste von Haus zu Haus (KOM(97) 243 endg.). Ausgangspunkt dieser Bemühungen ist unter anderem die Tatsache, dass angesichts eines permanent steigenden Gütertransportvolumens manche Verkehrsträger überlastet sind, während andere zum Teil ohne Investitionsbedarf in die Infrastruktur brachliegende Kapazitäten aufweisen. Ferner steht schon heute die überlastete Straße umweltfreundlicheren Alternativen mit hinreichendem Verlagerungspotential gegenüber. Der Planung und Organisation von Transportabläufen unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kommt somit entscheidende Bedeutung zu, wenn vorhandene Kapazitäten besser genützt und Engpässe künftig vermieden werden sollen. Aus diesem Grund sollen die Rahmenbedingungen der Güterverkehrslogistik, die von der Planung über die Organisation bis zur Durchführung alle Maßnahmen von Güterverkehrsdiensten umfasst, verbessert werden, und zwar sowohl in ihrer rein verkehrsträgerbezogenen („unimodalen“) als auch in ihrer multimodalen Ausprägung. Als unabdingbares Ziel einer optimalen und nachhaltigen Ressourcennutzung im Rahmen des europäischen Verkehrssystems gilt die Ko-Modalität, worunter der effiziente Einsatz von Verkehrsträgern im europäischen Verkehrssystem in unimodaler als auch multimodaler Weise zu verstehen ist (KOM(2006) 336 endg. 3). Diese Aufgaben sollen von sogenannten Güterverkehrskonsolidatoren (Freight Integrators) (KOM(2001) 370 endg. 53 f.) wahrgenommen werden. Ihnen obliegt die Auswahl des jeweils leistungsfähigsten Verkehrsträgers in der Transportkette; je nach Beförderungsstrecke und Gut sind die spezifischen Qualitäten der einzelnen Verkehrsträger zu kombinieren und jene zu bevorzugen, die am kostengünstigsten, umweltschonendsten und zuverlässigsten sind. Ziel ist die Bildung vollständiger Ladungen in intermodalen Transporteinheiten, was eine entsprechende Ausbildung voraussetzt. Dabei kommt der Berufsgruppe der Spediteure gewissermaßen als „Architekten des Beförderungsablaufs“ eine Schlüsselrolle zu.

Privatrechtliche Maßnahmen wurden bislang seitens der Europäischen Gemeinschaft nicht angedacht. Erwogen wird eine Lösung für den multimodalen Transport.

Literatur

Jobst Baumhöfener, Der Speditionsvertrag im grenzüberschreitenden Güterverkehr, 1971; Johann Georg Helm, Speditionsrecht, 2. Aufl. 1986; Jürgen Basedow, Der Transportvertrag, 1987; Jan Ramberg, Unification of the Law of International Freight Forwarding, Uniform Law Review 1998, 5 ff.; UN/‌‌ECE, Terminologie des kombinierten Verkehrs, 2001; Jan Ramberg, The Law of Freight Forwarding, 2002; David A. Glass, Freight Forwarding and Multimodal Transport Contracts, 2004; Ingo Koller, Transportrecht, 6. Aufl. 2007; Peter Bydlinski, §§ 453 ff. HGB, in: Münchener Kommentar zum HGB, Bd. VII, 2. Auf. 2009.