Skandinavische Rechtsvereinheitlichung und Softwareschutz: Urheberrecht und Patentrecht: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Anneken Kari Sperr]]''
von ''[[Thomas Dreier]]''
== 1. Begriff und Abgrenzung ==
== 1. Gegenstand und Zweck ==
Der Begriff der skandinavischen Rechtsvereinheitlichung umfasst zunächst die Zusammenarbeit der nordischen Länder bei der Schaffung und Abstimmung von Gesetzgebungsakten mit dem Ziel einer größtmöglichen Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen. Des Weiteren schließt er einen rechtskulturellen Aspekt ([[Rechtskultur]]), die Gemeinschaft der nordischen Juristen, ein, die aus vielfältigen Kontakten, Anknüpfungspunkten und Netzwerken zwischen den Rechtgelehrten, Juristen im öffentlichen Dienst und Anwälten der verschiedenen nordischen Länder besteht.
Software stellt in den modernen Industriegesellschaften ein zentrales Gut dar, ohne das weder ein Computer, noch die Steuerung zahlreicher Geräte, das Internet oder die Telekommunikation funktionieren würde. Die Programme sind komplex, erfordern zumeist einen nicht unerheblichen Investitionsaufwand und können aufgrund ihrer digitalen Natur doch leicht ohne nennenswerte Kosten kopiert werden. Zugleich ist Software ein wesentliches Exportgut der an Rohstoffen meist eher armen Wissens- und Informationsökonomien der Industriestaaten. Daher entstand bereits früh ein Bedürfnis nach einem wirksamen Ausschließlichkeitsschutz von Computerprogrammen, sowohl gegenüber der unerlaubten Kopie, Bearbeitung oder Nachahmung durch Wettbewerber, als auch zur Absicherung ausländischer Absatzmärkte in Ländern, die vielleicht zwar keine eigene Softwareindustrie aufweisen, in denen aber dennoch eine Nachfrage nach Computerprogrammen besteht.


Beide Elemente haben im Laufe der vergangenen gut 150 Jahre zu einer Reihe nahezu gleichlautender Gesetze auf dem Gebiet des Privatrechts geführt. Darüber hinaus haben sie gemeinsame Grundzüge und Rechtstraditionen geschaffen, die es ermöglichen, vom nordischen Recht als einer eigenen Rechtsfamilie ([[Rechtskreislehre]]), einer nordischen Rechtstradition unter den Rechtssystemen der Welt zu sprechen.
Damit stellte sich die Frage, welches der Schutzrechte des [[Geistiges Eigentum (allgemein)|geistigen Eigentum]]s dem Schutzbedürfnis und den Besonderheiten von Computerprogrammen am ehesten Rechnung trägt. In Betracht kommen vor allem das [[Patentrecht]] und das [[Urheberrecht]] sowie der Geheimnisschutz ([[Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)]]). Schützt das Patentrecht technische Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, so ist Schutzgegenstand des Urheberrechts eine individuell gestaltete persönliche geistige Schöpfung, traditionellerweise im Bereich der Literatur und Kunst. Dabei ist das Patentrecht grundsätzlich ebenso technologieoffen wie das Urheberrecht, das die Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst nur beispielhaft und nicht abschließend benennt. Programme haben zum einen rein technisch-funktionalen Charakter, stellen zum anderen jedoch keine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte im klassischen Sinn dar, wie dies für einen Patentschutz Voraussetzung ist. Zugleich sind Programme zwar in Computersprachen verfasst, doch richtet sich diese Sprache nicht an einen Menschen, sondern an die programmverarbeitende Maschine. Keines der beiden traditionellen Schutzrechte will also recht passen.


Kennzeichnend für die skandinavische Rechtsvereinheitlichung ist, dass sie nur in sehr bescheidenem Maße institutionalisiert ist. Sie beruht im Wesentlichen auf einer gemeinsamen Wertegrundlage, einer mehr oder weniger gemeinsamen Sprache und auf persönlichen Kontakten; gleichwohl wird auf vereinzelte gemeinsame Institutionen noch zurückzukommen sein.  
So sind Computerprogramme in Europa 1977 vom Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) wie auch im Zuge der Angleichung der nationalen Patentgesetze vom Patentschutz ausdrücklich ausgeschlossen worden, soweit sich die Anmeldung auf ein Computerprogramm „als solches“ bezieht. Auch die US-amerikanischen Gerichte waren in den 70er-Jahren mit der Gewährung von Patentschutz in Bezug auf Programme zunächst noch zurückhaltend, da sie den durch Patente gewährten Monopolen skeptisch gegenüber standen. Zugleich wurde im Rahmen der ''[[World Intellectual Property Organization]]'' (WIPO) dann zwar mit Arbeiten an einem Sonderschutz für Computerprogramme begonnen, diese Pläne im Jahr 1985 jedoch wieder aufgegeben. Denn inzwischen hatte vor allem die US-Industrie massiv auf die Aufnahme von Computerprogrammen in das System des Urheberrechts gedrängt. Aus ihrer Sicht hat das Urheberrecht einem Sonderschutz wie auch dem Patentrecht gegenüber gleich mehrere Vorteile: So war das Urheberrecht bereits durch internationale Abkommen geregelt, unter denen ein recht einfacher, formloser und – anders als im Patentrecht – nicht von langwierigen und kostspieligen Registrierungsverfahren abhängiger Schutz im Inland wie auf ausländischen Märkten erhältlich ist. Auch die Rechte, die das Urheberrecht mit dem Schutz gegen die 1:1-Kopie und gegen Abwandlungen bestehender Programme gewährt, reichten der Industrie zum damaligen Zeitpunkt weitgehend aus, war die vergleichsweise noch junge Programmindustrie, allen voran diejenige aus Seattle, doch gerade erst im Begriff, den Privatkundenmarkt zu erobern (1982: Einführung des PCs durch IBM). Zwar sind Zweifel an der Eignung des Urheberrechts nie wirklich verstummt, insbesondere im Hinblick auf die überlange Schutzdauer, die Wettbewerber zu lange vom Markteintritt abhält, sowie in Bezug auf umfassende Bearbeitungsrechte, mittels derer der Anbieter Verbesserungen bestehender Programme durch Dritte unterbinden kann. Da überdies nicht ganz klar war, ob die bestehenden Konventionen des internationalen Urheberrechts deren Mitgliedstaaten tatsächlich zur Schutzgewähr ausländischer Computerprogramme verpflichteten, beeilten sich die USA, den Urheberrechtsschutz für Programme international explizit abzusichern, zunächst im Wege bilateraler Handelsabkommen unter Androhung von Handelssanktionen und schließlich durch den Abschluss des Abkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS) im Rahmen des Welthandelsabkommens sowie des WIPO Urheberrechtsvertrages (WCT). Seitdem sind – gesetzestechnisch freilich wenig befriedigend – Computerprogramme durch das Urheberrecht als „literarische Werke“ zu schützen. Die EU hat sich dieser Entwicklung mit ihrer RL 91/‌250 angeschlossen.


In jüngerer Zeit wird die skandinavische Rechtsvereinheitlichung vor allem durch den europäischen Integrationsprozess vor neue Herausforderungen gestellt. Innerhalb der nordischen Diskussion wird das Recht der [[Europäische Union|Europäischen Union]] als übernationales Rechtssystem zum Teil als Bedrohung bzw. jedenfalls als wesentlicher Faktor für den Rückgang der nordischen Zusammenarbeit wahrgenommen. Andere verstehen die Mitgliedschaft in der EU bzw. im EWR ([[Europäischer Binnenmarkt]]) als Anlass zur Revitalisierung und zur Entwicklung neuer Formen der Zusammenarbeit.
Dennoch ist das Bedürfnis für einen darüber hinausgehenden rechtlichen Schutz durch das Patentrecht aus Sicht der Industrie nicht entfallen. Denn das Urheberrecht schützt zum einen nicht davor, dass eine Programmidee in anderer Form programmiert wird als im Ursprungsprogramm. Zum anderen besteht ein Schutzbedürfnis für Erfindungen, deren Kern im Bereich des Steuerungs‑ und Regelungswesens ein Programm ist. Vollends rein programmbasiert sind Innovationen schließlich im Internet, und es wäre nicht recht nachvollziehbar, warum Erfindungen auf einem der gegenwärtig bedeutsamsten Gebiete der Technik nur deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen sein sollten, weil sie ein Programm enthalten. Die Lösung, auf die man sich hier – zumindest innerhalb der Industriestaaten – inzwischen verständigt hat, besteht darin, dass Computerprogramme als solche zwar nach wie vor vom Patentschutz ausgeschlossen sein mögen, dass jedoch Erfindungen, die ein Computerprogramm enthalten, bei Vorliegen der Patentierungsvoraussetzungen durchaus patentiert werden können (sog. programm- bzw. softwarebezogene Erfindungen).


== 2. Nordische Gesetzeszusammenarbeit ==
== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Die Zusammenarbeit der nordischen Länder bei der Schaffung und Anpassung von Gesetzgebungsakten begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Den Auftakt machte nach allgemeiner Auffassung das erste Nordische Juristentreffen im Jahre 1872, an dem zahlreiche erfolgreiche und bekannte Juristen aus Schweden, Dänemark und Norwegen konkrete Initiativen für gemeinsame Gesetze entwickelten. Finnland kam erst nach seiner Unabhängigkeit vom Russischen Reich im Jahre 1918 hinzu. Island hat sich aufgrund von mangelnden Ressourcen häufig aus der aktiven Beteiligung an der Gesetzeszusammenarbeit herausgehalten, deren Resultate aber für sich nutzbar gemacht.
<nowiki>Über Art. 9(1) TRIPS, an den alle WTO-Mitgliedstaaten gebunden sind, ist der Programmschutz durch das Urheberrecht inzwischen zu einem weltweiten, recht homogenen Gesetzgebungsstandard geworden. Anfängliche Schwierigkeiten, die manche der EU-Mitgliedstaaten damit hatten, die Schutzvoraussetzung des urheberrechtlichen Programmschutzes mit einem traditionell von der Schöpferpersönlichkeit geprägten Begriff der Originalität in Einklang zu bringen, sind längst überwunden (so hat etwa Frankreich das klassische Kriterium, demzufolge ein urheberrechtlich geschütztes Werk den „Stempel der Persönlichkeit“ seines Schöpfers in sich tragen muss, für Computerprogramme in das Erfordernis eines „persönlichen Beitrags“ uminterpretiert). Auch die anfänglich in den einzelnen Mitgliedstaaten noch stark unterschiedlichen Anforderungen an die Schöpfungshöhe urheberrechtlich schutzfähiger Programme wurden durch die RL&nbsp;91/‌250 vereinheitlicht (in Deutschland war nach der Inkasso-Programm-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1985 [BGH 9.5.1985, NJW 1986, 192] ein das Können des Durchschnittsprogrammierers erheblich übersteigendes </nowiki>Programmierergebnis Schutzvoraussetzung, wohingegen in Großbritannien wohl alle Programme geschützt waren, sofern sie nicht kopiert und nicht banal waren). Sollten sich insoweit in der Praxis nach wie vor unterschiedliche nationale Traditionen erhalten haben, so spielen diese angesichts der heutigen Komplexität von Programmen jedoch keine Rolle mehr. Im Übrigen funktioniert der urheberrechtliche Programmschutz gegen die 1:1-Kopie problemlos (tritt hier in der Praxis allerdings in Konkurrenz zu dem weit einfacher nachzuweisenden Markenschutz ([[Markenrecht]])). Hinsichtlich Bearbeitungen hat der urheberrechtliche Programmschutz – wohl aufgrund der stark gewachsenen Möglichkeiten, eigenständige Software ohne Rückgriff auf fremde Programme zu entwickeln, wie auch aufgrund der zunehmenden Zahl von Open-Source-Produkten – insgesamt wohl nicht die Bedeutung erlangt, die man je nach Standpunkt erhofft oder befürchtet hatte. Nicht einmal die im Zuge der Verabschiedung besonders heftig umkämpfte Schrankenbestimmung des Dekompilierens, mit der das wettbewerbsrechtliche Problem der Herstellung interoperabler, kompatibler Produkte geregelt werden sollte, hat in der Praxis zu nennenswerten Streitigkeiten geführt (unklar bleibt allerdings, weshalb das Gericht Erster Instanz diese Vorschrift bei der Beurteilung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung angesichts der Weigerung von Microsoft, seinen Wettbewerbern Schnittstellen offen zu legen, völlig unbeachtet gelassen hat; s. EuG Rs.&nbsp;T-201/‌04 – ''Microsoft'', Slg. 2007, II-3601). Insgesamt handelt es sich bei Computerprogrammen um den ersten digitalen Schutzgegenstand, der im Urheberrecht Aufnahme gefunden hat. Einige der für Computerprogramme entwickelten und zunächst speziell auf diese zugeschnittenen Lösungen sind nachfolgend auf traditionelle Werke in digitaler Form übertragen worden. Den darin liegenden „Paradigmenwechsel“ des Urheberrechts hat ein Teil der Literatur schon frühzeitig beklagt.


Neben der sprachlichen Nähe zwischen den nordischen Ländern, dem geografischen Aspekt und den historisch-politischen Idealen Skandinaviens war die Gesetzeszusammenarbeit während der vergangenen ca. 150 Jahre im Wesentlichen von vier Faktoren geprägt: ''Zunächst'' bestand gerade nach dem Niedergang des Skandinavismus, einer politischen Bewegung, die im 19.&nbsp;Jahrhundert eine Vereinigung der skandinavischen Länder anstrebte, die romantisierte Vorstellung von einem gemeinsamen nordischen Rechtserbe, das es wieder zu beleben und zu entwickeln galt. Diese Vorstellung war zum einen in einzelnen tatsächlichen Gemeinsamkeiten begründet, die in die altnordische, klassisch-norrøne Zeit (1050–1350) zurückreichten. Zum anderen bestanden weitgehende Parallelen zwischen den Rechtsordnungen in Dänemark und Norwegen (eingeschränkt auch Island) auf der einen und Schweden und Finnland auf der anderen Seite. Gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts kann also eine gewisse Annäherung zwischen der westnordischen und der ostnordischen Rechtstradition konstatiert werden. Ein ''weiterer Faktor'' waren die Einsparungen und die qualitative Verbesserung der Gesetzgebung, die durch die Zusammenarbeit dieser relativ kleinen Nationalstaaten erzielt werden konnten. Gemeinsame Rechtsgrundlagen wurden ''außerdem'' für den wirtschaftlichen Handelsverkehr zwischen den nordischen Ländern als wünschenswert und ökonomisch günstig erachtet. ''Schließlich'' wird die skandinavische Rechtsvereinheitlichung gegen Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts als Gegenbewegung gegen die Internationalisierung dieser Zeit verstanden. Unter dem Druck neuer europäischer Strömungen entschieden sich die nordischen Juristen bewusst für eine eigene Rechtstradition als dritte Alternative zum kontinentaleuropäischen romanisch-deutschen und angloamerikanischen Recht. Dies ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass das [[römisches Recht|römische Recht]] in Skandinavien nur begrenzt rezepiert worden war, u.a. auch aufgrund der geringen Anzahl an Universitäten ([[Rezeption]]). Zugleich war man inspiriert vom deutschen Reich mit seiner Entwicklung hin zu einem einheitlichen Rechtssystem.
Bewegter ist dagegen die – noch immer nicht abgeschlossene – Entwicklung der Patentierbarkeit computerbezogener Erfindungen verlaufen. Hatten sich die drei großen Patentämter der USA, Europas und Japans zu Beginn noch um eine zumindest in der sprachlichen Umschreibung weitgehend einheitliche Erteilungspraxis bemüht, so waren die USA mit der ''State Street Bank''-Entscheidung des ''United States Court of Appeals for the Federal Circuit'' (''State Street Bank & Trust Co. v. Signature Financial Group Inc.'' 23.7.1998, 149 F.3d 1368) aus diesem internationalen Konsens ausgeschert. Unter Hinweis auf Art.&nbsp;27 TRIPS, nach dem Patentschutz diskriminierungslos für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik („inventions … in all fields of technology“) zu gewähren ist, wurde danach kein Gegenstand vom Patentschutz grundsätzlich für ausgeschlossen erachtet (patentierbar ist grundsätzlich ''anything under the sun''). Mithin waren in den USA – im Gegensatz zu Europa – auch Geschäftsmethoden, die mittels Software automatisiert werden, patentfähig (Bekanntheit erlangt haben das ''Hyperlink''-Patent der ''British Telecom'' sowie das ''One-click-through''-Patent des Amazon-Firmengründers ''Jeff Bezos'', die, wären sie nicht für unwirksam erklärt worden bzw. hätte der Inhaber nicht auf die Ausübung verzichtet, sämtliche Internetanbieter für die Nutzung eines vergleichsweise trivialen Patents auf 20 Jahre hinaus zu Lizenzzahlungen verpflichtet hätten). Mit der Entscheidung ''In re Bilski'' scheint das US-amerikanische Patenberufungsgericht inzwischen jedoch eine Kehrtwende eingeleitet zu haben.  


Im Wesentlichen bedurfte die nordische Gesetzeszusammenarbeit keiner festen Rahmenvereinbarungen oder besonderer Institutionen. Zwar wurde mit den Art.&nbsp;2–7 des Abkommens von Helsinki (1962) eine gewisse Verpflichtung zur Zusammenarbeit vereinbart, diese Bestimmungen bleiben jedoch vage und werden selten erwähnt. Die Errichtung des Nordischen Rates (1952) und des Nordischen Ministerrates (1971) stellte die Gesetzeszusammenarbeit unter eine stärkere politische Steuerung. In den vergangenen Jahrzehnten war das nordische ''Embetsmannskomiteen for lovgivningssaker'' (Staatsbeamtenkomitee für Gesetzgebungsfragen), das sich aus Repräsentanten der verschiedenen nationalen Justizministerien zusammensetzt, das wichtigste Einzelorgan. Es bereitet u.a. die jährlichen nordischen Justizministerkonferenzen vor und bildet je nach Bedarf besondere Arbeitsgruppen. Von gewisser Dauer und daher besonders erwähnenswert sind hier vor allem die nordischen Expertengruppen für Familien- und Sorgerecht und für Strafrecht.
Die Patentierung von Erfindungen unter Einbeziehung von Software bewegt sich in einem Spannungsfeld: auf der einen Seite soll Patentschutz nicht gänzlich versagt werden, auf der anderen Seite soll der Ausschließlichkeitsschutz aber auch nicht zu weit reichen. Im Zentrum steht dabei die Suche nach einer geeigneten Umschreibung, wann bei einer Programmerfindung von einem „technischen“ Beitrag ausgegangen werden kann und wann nicht. Die europäische wie auch die deutsche Erteilungspraxis hat hier nach jeweils eher zögerlichem Beginn den Kreis patentfähiger softwarebezogener Erfindungen zunächst zunehmend ausgeweitet. Erst in letzter Zeit wird offensichtlich versucht, in gewisser Hinsicht wieder stärkere Grenzen zu ziehen. Zwar sind nach wie vor nicht sämtliche Unterschiede in den Ansätzen der nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten beseitigt, die in manchen Fällen über die nationalen Patente ein- und desselben europäischen Bündelpatents zu befinden haben. Doch haben regelmäßig stattfindende Richtersymposien dazu beigetragen, diese Unterschiede in Grenzen zu halten. Auch unter einem künftigen Gemeinschaftspatent ([[Europäisches Patent – Gemeinschaftspatent]]) ist mit Änderungen kaum zu rechnen, zumal dieses in der gegenwärtig vorgeschlagenen Form hinsichtlich der patentfähigen Gegenstände wie auch der Schutzvoraussetzungen auf das EPÜ aufsetzt.


Die Zielrichtung der skandinavischen Gesetzeszusammenarbeit variierte je nach Rechtsgebiet, grundsätzlich wurde aber die Schaffung uniformer Gesetzestexte mit gleicher Struktur und gleichem Begriffsapparat angestrebt. Ein hohes Maß an Übereinstimmung erreichte man insbesondere in einigen zentralen Bereichen des Privat- und Familienrechts. In anderen Rechtsgebieten hat man sich auf gleiche Grundprinzipien oder auf die Vereinheitlichung von Einzelregelungen beschränkt oder lediglich Informationen über die gegenwärtige nationale Gesetzgebung ausgetauscht, in der Hoffung auf gegenseitige Anregung zu analogen Lösungen.
Starke Kritik an der Patentierung softwarebezogener Erfindungen wird vor allem seitens der ''Open-Source''-Gemeinde geübt. Wird der Patentschutz nicht schon als solcher als Innovationshindernis angesehen, so wird seine Anreizfunktion doch zumindest im Programmbereich geleugnet. Denn in der Praxis, so der Vorwurf, werden Patente vornehmlich dazu benutzt, um bestehende Innovationen gegen Weiterentwicklungen durch Wettbewerber abzusichern (strategische Patentierung), und gehortet, um die Verhandlungsstärke gegenüber Partnern von ''joint ventures'' zu erhöhen (Aufbau von Patentportfolios, die in Patentpools eingebracht werden). Überdies widerspreche der Gedanke eines Ausschließlichkeitsrechts dem in der vernetzten Wissensgesellschaft vorherrschenden Aspekt des Kooperierens und Teilens (''sharing''). Zugleich wird befürchtet, die Patentierung könne die Interoperabilität und die Bildung offener Standards behindern und es könnten Entwickler, die von der Patentierung Gebrauch machen, Softwarepatente gegen Open-Source-Entwicklungen geltend machen. Die zunehmende Dichte von Softwarepatenten erhöht überdies die Gefahr der Verletzung fremder Schutzrechte. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind im Gegensatz zu großen Softwareentwicklern oft nicht in der Lage, eigene Patentstrategien zu entwickeln. Diese Kritik der Gegner von Softwarepatenten hat dazu geführt, dass die Revision dieses Punktes im EPÜ im Jahr 2000 verhindert und fünf Jahre später auch der von der Kommission lancierte Vorschlag einer Richtlinie zur Vereinheitlichung des Patentschutzes computerbezogener Erfindungen zu Fall gebracht wurde, obwohl es das Ziel beider Vorschläge war, die Patenterteilung im Programmbereich gerade für kleinere und mittlere Unternehmen transparenter zu gestalten.


Unter den positiven Ergebnissen der Gesetzeszusammenarbeit seien, in chronologischer Reihenfolge, vor allem die größeren Projekte genannt wie etwa die Wechselgesetze aus den 1880er Jahren, die Seerechtsgesetze aus den 1890er Jahren und die gemeinsamen Kaufrechts&#8209;, Vertrags- und Kommissionsgesetze zu Beginn des 20.&nbsp;Jahrhunderts. In den 1920er Jahren wurden die Ehegesetze, Versicherungsvertragsgesetze und Transportrechtsgesetze geschaffen, in den 1930er Jahren die Schuldbrief- und Scheckgesetze, Ergänzungen zu den Seerechtsgesetzen und gemeinsame Konventionen über die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und Rechtswahl im Bereich des Ehe-, Erb- und Konkursrechts. In den 1940er Jahren erarbeitete man gemeinsame Grundprinzipien zum Haftungs- und Schadensrecht, in den 1960er Jahren kamen Gesetze zum Urheber-, Marken- und Patenrecht hinzu sowie eine Konvention zur Durchsetzung von Strafurteilen. Aus den 1970er Jahren sind vor allem die gemeinsamen Aktiengesetze zu nennen. In den 1980er Jahren formulierte man einen Vorschlag zu einem neuen gemeinsamen Kaufrechtsgesetz, der jedoch nur teilweise umgesetzt wurde. In den 1990er Jahren kam es zu einer umfassenden Revision der Seerechtsgesetze.
An der Praxis der Erteilung hat das insgesamt nichts geändert. Nach wie vor wird eine stetig steigende Zahl von Softwarepatenten erteilt. So hat das US-amerikanische Patentamt (USPTO) im Jahr 2004 geschätzte 30.000, 2005 rund 29.000 und 2006 sogar 41.000 Softwarepatente erteilt. Beim europäischen Patentamt (EPA) wird die in den Statistiken nicht gesondert ausgewiesene Zahl bislang erteilter Softwarepatente intern auf rund 30.000 geschätzt, mehrere zehntausend zusätzliche Anmeldungen sollen bereits erfolgt sein, insbesondere durch große Anmelder. Patentschutz für programmbezogene Erfindungen ist in der Praxis also nicht nur in den USA, sondern auch in Europa längst in weitem Umfang Realität geworden.


Keinen Erfolg hatten dagegen zahlreiche schwedische und dänische Initiativen zur Schaffung einer ganzheitlichen Regulierung des zentralen Privatrechts, einem nordischen Zivilgesetzbuch; den letzten Vorschlag hierzu machte der dänische Rechtsgelehrte ''Vinding Kruse ''im Jahre 1948. In den Fällen, in denen grundsätzlich uniforme privatrechtliche Einzelgesetze geschaffen worden sind, finden sich zum Teil nicht unerhebliche Abweichungen in den Details. Im Bereich des öffentlichen Rechts gab es schließlich von je her nur geringe Ambitionen zur Rechtsvereinheitlichung.
== 3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht ==
Auch wenn internationales Konventionsrecht und die europäische RL&nbsp;91/‌250 zu einem urheberrechtlichen Programmschutz „als literarische Werke“ verpflichten, enthält doch insbesondere die Richtlinie eine Reihe von Präzisierungen und – je nach Ausgestaltung des allgemeinen Urheberrechts der EU-Mitgliedstaaten auch – Abweichungen. So ist klargestellt, dass zum geschützten Computerprogramm auch das vorbereitende Entwurfsmaterial gehört. Das Handbuch hingegen hat dagegen ein eigenes rechtliches Schicksal und aus der Datenbank-RL&nbsp;96/‌9 ([[Datenbankschutz]]) ergibt sich, dass ein für die Herstellung oder den Betrieb elektronisch zugänglicher Datenbanken verwendetes Programm ebenfalls selbständig geschützt und nicht Teil der Datenbank ist. Überdies sind Programme unabhängig von der Art ihrer Implementierung in Soft- oder Hardware und auch unabhängig vom verwendeten Speichermedium geschützt. Bei Programmen, die aufgabengemäß in Arbeits- oder Dienstverhältnissen erstellt werden, ist – ebenfalls in Abweichung zu manchen nationalen allgemeinen urheberrechtlichen Regelungen – ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller wirtschaftlichen Rechte berechtigt. Sonderbestimmungen bestehen dann vor allem hinsichtlich der Schrankenbestimmungen. So ist etwa die im allgemeinen Urheberrecht zumeist übliche Zulässigkeit der Kopie zum privaten Gebrauch im Hinblick auf die Schutzinteressen der Rechteinhaber gegenüber der Zirkulation unautorisierter Programmkopien dadurch eingeschränkt, dass zustimmungsfrei lediglich solche Vervielfältigungs- und Bearbeitungshandlungen zulässig sind, die durch einen berechtigten Programmnutzer im Zuge des bestimmungsgemäßen Gebrauchs vorgenommen werden. Zulässig ist weiterhin die Anfertigung einer Sicherungskopie, aber nur dann, wenn der Anbieter des Programms nicht seinerseits rechtzeitigen Ersatz garantiert. Weitere Ausnahmen sollen sicherstellen, dass ein Programmnutzer auch tatsächlich in die dem Programm zugrunde liegenden Ideen Einblick nehmen kann. Dass sich der Programmschutz nur auf dessen konkreten Ausdruck, nicht hingegen auf die dem Programm zugrunde liegenden Ideen erstreckt, entspricht an sich einem allgemeinen urheberrechtlichen Prinzip. Doch ergibt sich bei Programmen das Problem, dass diese dem Nutzer regelmäßig nur in Form des Objektcodes vorliegen und sich die Ideen nur dem ''Sourcecode'' entnehmen lassen, dessen Herstellung jedoch eine dem Rechtsinhaber vorbehaltene Vervielfältigung bzw. Bearbeitung darstellt. Um zu verhindern, dass der Zugriff auf die Ideen zu einer Kopie des gesamten geschützten Programms führt, ist nach der Richtlinie das Dekompilieren eines fremden Programms unter einer Reihe einschränkender Bestimmungen sowohl hinsichtlich des Umfangs (Beschränkung im wesentlichen auf Schnittstelleninformationen) wie auch hinsichtlich der Verwendung der auf diese Weise erlangten Informationen (nur für ein eigenständig geschaffenes Programm) allein zum Zweck der Herstellung der Interoperabilität des neu geschaffenen Programms mit anderen Programmen zulässig. Diese Bestimmung war im Gesetzgebungsverfahren höchst umstritten, ist jedoch − soweit ersichtlich − nie praktisch relevant geworden. Entweder lassen sich Rechtsverletzungen hier kaum nachprüfen, oder aber es ist die Programmentwicklung – nicht zuletzt wegen des Zwangs zur Vernetzung in der Internetökonomie – inzwischen über dieses Problem hinweggegangen. Gleichwohl in Einzelfällen bestehenden Fällen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung begegnet die Rechtsprechung jedenfalls mit den Mitteln des allgemeinen Wettbewerbsrechts (EuG Rs.&nbsp;T-201/‌04 – ''Microsoft'', Slg. 2007, II-3601). Da schließlich das Vertragsrecht ebenso wenig vereinheitlicht ist wie die Dogmatik der Lizenzerteilung, bestehen zum Teil noch erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was die räumliche und inhaltliche Aufspaltbarkeit und auch die nationale Erschöpfungswirkung ([[Geistiges Eigentum (Erschöpfung)]]) beim Softwarevertrieb anbelangt. So haben sich in der Praxis eine ganze Reihe spezialisierter, auf die jeweilige Softwarenutzung und die nationale Rechtsordnung zugeschnittener Vertriebs- und Nutzungsverträge herausgebildet (z.B. ''Application-Service-Providing'' (ASP)- und ''Outsourcing''-Verträge; ''Grid-Computing''). Auch die Open-Source-Bewegung hat sich recht erfolgreich das Urheberrecht zunutze gemacht, um auf diese Weise für die Offenheit des ''Codes'' und für nicht-proprietäre Vermarktungsformen zu sorgen (mittels Erteilung einer nichtausschließlichen Nutzungslizenz, die auflösend bedingt an die Einhaltung der Lizenzbedingungen geknüpft ist, die ihrerseits eine mehr oder minder große Rechtsfreiheit vorschreiben).


Erwähnenswert ist außerdem eine umfangreiche rechtsvergleichende Studie zum nordischen Familien- und Erbrecht, die im Jahre 1998 vom Nordischen Ministerrat in Auftrag gegeben wurde. Sie mündete im Jahre 2003 in insgesamt vier Büchern zum dänischen, finnischen, isländischen, norwegischen und schwedischen Erb-, Ehe- Kindschafts- und Sorgerecht. Neben einer Darstellung der jeweiligen nationalen Regelungen ging es vor allem um die Erörterung von Reformerfordernissen und Harmonisierungsmöglichkeiten. Zwar hat diese Studie bislang keine grundlegende neue Gesetzeszusammenarbeit auf diesem Gebiet ausgelöst, sie dient jedoch der Rechtspraxis als wertvolle Orientierungshilfe und bietet der Rechtswissenschaft wie auch dem Gesetzgeber wichtige Anhaltspunkte und Anregungen für Rechtsfortentwicklungen im Einzelnen.
Im Patentrecht geht die inhaltlich entscheidende Fragestellung dahin, wie der für die Patenterteilung erforderliche technische Charakter einer programmbezogenen Erfindung sinnvoll und handhabbar umschrieben werden kann. Die Definition dessen, was im Einzelfall technisch ist, verursacht dann jedoch vor allem in den Fällen erhebliche Schwierigkeiten, bei denen eine Erfindung technische mit nicht-technischen Merkmalen kombiniert. Im Ergebnis lässt sich etwas vereinfacht festhalten, dass jedenfalls das EPA die Anforderungen an die Technizität im Laufe der Zeit zwar nahezu auf Null reduziert hat, statt dessen aber die Voraussetzung der erfinderischen Tätigkeit eher einschränkend handhabt (indem es bei der Prüfung von Erfindungen nur diejenigen Merkmale berücksichtigt, die zu diesem technischen Charakter beitragen, nicht hingegen sonstige Merkmale, die keinen technischen Beitrag leisten. Allerdings ist auch hier noch keine endgültige Einheitlichkeit erzielt, wie die Vorlage an die große Beschwerdekammer des EPA zeigt.). Die deutsche Rechtsprechung nahm ihren Ausgangspunkt demgegenüber in der weit zurückhaltenderen sog. Kerntheorie (nach der eine Erfindung, die sowohl technische als auch nicht-technische Elemente aufweist, auf ihren „Kern“ zu reduzieren ist, so dass, handelte es sich im Kern um ein Computerprogramm, die Erfindung insgesamt wegen ihres nicht-technischen Kerns vom Patentschutz ausgenommen war), zeigte sich dann jedoch mehr und mehr bereit, bei der Frage nach der Patentierbarkeit durchaus auch nicht-technische Elemente zu berücksichtigen. In neuerer Zeit sind allerdings wieder gewisse Anzeichen einer einschränkenderen Praxis zu beobachten. Im Übrigen ähneln die patentrechtlichen Fragestellungen in Bezug auf Software weitgehend denjenigen in Bezug auf Erfindungen auf anderen Gebieten der Technik.


Seit der Nachkriegszeit, insbesondere in den vergangenen Jahrzehnten, ist ein erheblicher Rückgang der nordischen Gesetzeszusammenarbeit festzustellen. Großprojekte werden immer seltener unternommen, und das mit einem geringeren Maß an Einheitlichkeit der Ergebnisse; dies gilt etwa für das Kaufvertragsrecht aus den 1980er Jahren. Ferner haben zunächst gleichlautende Rechtsgrundlagen durch nationale Gesetzesänderungen und unterschiedliche nationale Entwicklungen in Auslegung und Rechtspraxis einen immer unterschiedlicheren Inhalt erhalten. Schließlich wurden im Laufe der Jahre mehrere wichtige, ursprünglich einheitliche nordische Einzelgesetze auf nationaler Ebene novelliert, ohne dass ernsthafte Versuche zur Vereinheitlichung unternommen worden wären. Letzteres gilt etwa für das Versicherungsrecht und das Aktienrecht.
== 4. Vereinheitlichungsprojekte ==
 
Damit hat die Entwicklung des urheber- wie auch des patentrechtlichen Schutzes von Computerprogrammen und softwarebezogenen Erfindungen insgesamt einen Stand weitgehender Konsolidierung erfahren. Allerdings ist die Erteilungspraxis insbesondere im Bereich computerimplementierter Erfindungen inzwischen derart komplex und unübersichtlich, dass sich die Materie wohl nur noch dem erfahrenen Fachmann erschließt. Ohnehin sind abstrahierende Aussagen ohne nähere Befassung mit den Originalanmeldungen nur schwer möglich. Auch das trägt dazu bei, dass eine weitergehende Steuerung mit gesetzgeberischen Mitteln einstweilen nicht zu erwarten ist.
Für diesen Rückgang in der Gesetzeszusammenarbeit sind im Wesentlichen drei Hauptursachen anzuführen: ''Zum einen'' hat sich seit der Nachkriegszeit die Funktion des Rechts und der Gesetzgebung gewandelt; ausgehend von einem ursprünglich eher technischen Verständnis des Rechts als einer Domäne juristischer Fachleute wurde insbesondere die Gesetzgebung zunehmend als Instrument zur politischen Steuerung verstanden. Immer mehr Rechtsbereiche wurden gerade auch mit ihren politischen Bezügen wahrgenommen, immer weniger Bereiche galten als politisch unumstritten. Für die nationalen Politiker stellte das Bemühen um die nordische Rechtsvereinheitlichung ein Hindernis, zumindest aber eine Beeinträchtigung für erwünschte Fortentwicklungen und/‌oder Änderungen des Rechts dar. Eine'' weitere Ursache'' wird in der Ressourcenfrage und in strukturellen Änderungen in der Justizverwaltung gesehen. Inzwischen verfügen alle nordischen Länder zum einen über einen eigenen, gut ausgebauten Apparat zur Gesetzesvorbereitung, zum anderen können immer weniger gute Juristen für langwierige Arbeitsprozesse in internordischen Gesetzgebungsgremien abgestellt werden. Damit lässt die nordische Gesetzeszusammenarbeit heute weniger Einsparungen erwarten, als dies früher der Fall war. Ferner war sie traditionell maßgeblich von bestimmten Schlüsselpersonen in der Justizverwaltung abhängig, die sich über lange Jahre ein nordisches Netzwerk für ihr jeweiliges Fachgebiet aufgebaut haben. Heute wechseln diese zentralen Personen immer häufiger und schneller ihre Positionen, was die frühere Kontinuität in der Justizverwaltung und damit letztlich auch die Möglichkeiten der Zusammenarbeit schwächt. Die'' dritte Ursache'' wird in den besonderen Herausforderungen und Entwicklungen des europäischen Integrationsprozesses gesehen (s. unten 4.).
 
== 3. Die Gemeinschaft der nordischen Juristen ==
Der skandinavische Rechtsraum war und ist für viele Juristen eine attraktive Arena, weil er einerseits groß genug ist, um eine gewisse inhaltliche und qualitative Vielfalt zu bieten, andererseits ist er überschaubar genug, um den einzelnen Akteuren den Überblick über das eigene Fachgebiet zu gewähren und persönliche Kontakte zu ermöglichen. Auch gibt es kaum sprachliche Barrieren; jeder kann in der eigenen Sprache publizieren und rechtspraktisch agieren und zugleich verstehen, was von anderen veröffentlicht worden ist; für Finnland und Island gilt dies etwas eingeschränkter.
 
Ein wichtiges Forum sowohl auf wissenschaftlicher als auch rechtspraktischer Ebene waren und sind die schon erwähnten Nordischen Juristentreffen, die seit 1872 jedes dritte Jahr an wechselnden Orten arrangiert werden. Zwar haben diese über die Jahre ihre Bedeutung als zentrale Arena für die nordische Gesetzeszusammenarbeit verloren, sie finden gleichwohl noch immer großen Anklang.
 
Zwischen den Universitätsjuristen bestehen seit je her enge persönliche Kontakte, die jedoch auch durch gewachsene Traditionen aufrechterhalten werden. So ist es üblich und erforderlich, in der wissenschaftlichen Arbeit Referenzen aus der Lehre und Rechtspraxis der anderen nordischen Länder aufzugreifen. In den Prüfungsausschüssen von Doktorarbeiten und in den Kommissionen zur Berufung neuer Professoren wird grundsätzlich die Teilnahme eines ausländischen, zumeist nordischen Rechtswissenschaftlers vorausgesetzt. Auf diese Weise wird ein gemeinsamer rechtswissenschaftlicher Standard gewährleistet.
 
Ein weiteres Band sind die gemeinsamen juristischen Fachzeitschriften. Zu nennen sind hier vor allem die ''Tidskrift for Rettsvitenskap ''(TfR), des Weiteren Zeitschriften in den Bereichen Immaterialgüterrecht, Völkerrecht, Strafrecht, Rechtssoziologie, Kriminologie und Verwaltung (''Nordisk Immateriellt Rättsskyld''<nowiki>; </nowiki>''Nordic Journal of International Law''<nowiki>; </nowiki>''Retfærd''<nowiki>; </nowiki>''Nordisk'' ''Tidskrift'' ''for'' ''Kriminalvitenskab''<nowiki>; </nowiki>''Nordisk'' ''Administrativt'' ''Tidsskrift''). Von der Universität Stockholm wird ferner das Jahrbuch ''Scandinavian Studies in Law'' herausgegeben.
 
Unter den Studenten sind Auslandssemester an anderen nordeuropäischen Fakultäten wenig verbreitet, ein Austausch findet jedoch etwa durch die sog. ''Studentjuriststevnene'' statt, einem einwöchigen Arrangement intensiven fachlichen und sozialen Austauschs für etwa 60 Studenten aller nordischen Fakultäten, das seit 1843 jedes dritte Jahr stattfindet. Ferner sind hier der nordische Moot Court für Menschenrechte zu nennen sowie die jährlich arrangierte ''Nordisk Uke'' (Nordische Woche), die den Austausch zwischen den gewählten Studentenvertretern ermöglicht.
 
In der Rechtspraxis beschränkt sich die Zusammenarbeit auf Kooperationsverträge zwischen den größeren Anwaltsfirmen der jeweiligen nordischen Länder. Zwar gibt es eine nordische Urteilssammlung, doch wird sie selten verwendet; auch enthalten die gerichtlichen Entscheidungen kaum Verweisungen auf die Rechtspraxis der Nachbarländer.
 
Im Bereich des Seerechts ist die Zusammenarbeit der nordischen Juristen sehr weit fortgeschritten: zusätzlich zur engen Gesetzeszusammenarbeit hat der Nordische Ministerrat ein Nordisches Institut für Seerecht (''Nordisk institutt for sjørett'', NIFS) mit Sitz in Oslo eingerichtet, das u.a. Gastwissenschaftler und Studenten der anderen nordischen Länder aufnimmt, jährliche Richterseminare arrangiert und eine eigene, viel genutzte nordische Urteilssammlung für See- und Transportrecht herausgibt (''Nordiske dommer i sjøfartsanliggender)''.
 
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Austausch und fachliche Kooperation in der Gemeinschaft der nordischen Juristen deutlich weiter entwickelt und stärker ausgeprägt sind, als die anderer Professionen.
 
== 4. Nordische Rechtsvereinheitlichung und Europäische Integration ==
Traditionell hatten internationale Rechtsentwicklungen die skandinavische Rechtsvereinheitlichung beflügelt; die Gesetzeszusammenarbeit verlief vor allem dort erfolgreich, wo es um die gemeinsame Umsetzung und Weiterentwicklung völkerrechtlicher Traktate ging. Gleichwohl stellt der europäische Integrationsprozess nicht nur neue Herausforderungen dar, er wird auch mehr als eine Bedrohung denn als ein Anlass zur Renaissance nordischer Rechtsvereinheitlichung wahrgenommen. Dies ist mit den Besonderheiten dieser neuartigen Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechtssystems zu erklären, die sich nicht nur in ihren Voraussetzungen und Zielen, sondern auch in ihrem institutionalisierten Verfahren und in ihren Ergebnissen von der nordischen Rechtsvereinheitlichung unterscheidet. Neben den oben bereits angeführten spezifisch skandinavischen Aspekten (Wandlung der Funktion des Rechts und ökonomisch-strukturelle Änderungen innerhalb der nationalen Justizverwaltungen) tragen vor allem vier Faktoren der Europäisierung des Rechts zum Rückgang der nordischen Rechtsvereinheitlichung bei:
 
''Erstens ''hinterlässt die Europäisierung des Rechts immer weniger Raum für nationale oder nordische Sonderregelungen. Dies gilt etwa für das Verbraucherrecht, Gesellschaftsrecht, das Immaterialgüterrecht, Transportrecht und das Versicherungsrecht, teilweise auch für das Umweltrecht und Arbeitsrecht. Zum Teil überschneiden sich die Regelungsgegenstände des europäischen Rechts und des nordischen Rechts auch nur, was etwa für das Schengen-Abkommen und die nordischen Regelungen zur Passfreiheit wie auch für die Zusammenarbeit der nationalen Polizeibehörden gilt. Damit reduziert sich die spezifisch nordische Gesetzeszusammenarbeit auf diejenigen Rechtsbereiche, die (noch) nicht oder aber nur in geringerem Maße vom europäischen Integrationsprozess erfasst sind, wie teilweise das Vertragsrecht, das Kaufrecht und das Familienrecht.
 
''Zweitens ''hemmt die Erwartung zukünftiger Gesetzesvorhaben der [[Europäische Union|Europäischen Union]] die nordische Rechtsvereinheitlichung, da eigene skandinavische Gesetzgebungsinitiativen und die dafür erforderliche Investition von Ressourcen selbst dann kaum als viel versprechend erscheinen, wenn europäische Bestimmungen noch in weiter Ferne liegen. So wurde Ende der 1980er Jahre etwa eine Revision des nordischen Vertragsrechts gestoppt, weil eine europäische Richtlinie zu missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen, die spätere RL&nbsp;93/‌13 vom 5.4.1993, angekündigt worden war.
 
''Drittens ''hat sich innerhalb der nordischen Länder das Ideal einer nordischen Rechtsgemeinschaft hin zum Ideal eines gemeinsamen europäischen Rechtssystems gewandelt. Dies gilt ganz besonders für Finnland, das den europäischen Integrationsprozess in stärkerem Maße und vorbehaltsloser noch als Schweden und Dänemark mitverfolgt. Für die EFTA-Staaten Norwegen und Island gilt dies naturgemäß in etwas geringerem Ausmaß.
 
''Viertens ''erfordern die Umsetzung von rechtlichen Vorgaben der EU und des EWR ins nationale Recht wie auch die laufenden europäischen Gesetzgebungsprozesse zeitlich und personell einen hohen Einsatz der Mitgliedstaaten, so dass für eine zusätzliche, rein skandinavische Zusammenarbeit immer weniger Ressourcen zur Verfügung stehen.
 
Im Ergebnis bleibt neben und im Rahmen des europäischen Integrationsprozesses nur in zwei Bereichen Raum für eine Fortsetzung der skandinavischen Rechtvereinheitlichung: Zum einen kann in denjenigen Rechtsbereichen, in denen bereits übereinstimmende nordische Regelungen erzielt worden sind und die nicht oder kaum vom Europarecht berührt werden, eine Zusammenarbeit aufrecht erhalten und auch in Zukunft eine Abstimmung angestrebt werden. Dies ist etwa bei der Revision der Seerechtsgesetze in den 1990er Jahren geglückt. Zum anderen gibt es den mehrfach erklärten und in verschiedenen Traktaten festgehaltenen politischen Willen zur nordischen Zusammenarbeit ''innerhalb ''der EU, d.h. bei der Umsetzung von bestehenden europarechtlichen Vorgaben, bei der Verwaltung des bestehenden und bei der Ausformung des zukünftigen Europarechts (vgl. etwa die Schlusserklärung des EU-Beitritts von Schweden und Finnland (Nr.&nbsp;28), Art.&nbsp;121 des EWR-Abkommens, Art.&nbsp;33 des Abkommens von Helsinki sowie das Programm zur nordischen Zusammenarbeit des Nordischen Ministerrates von 1993). Bislang haben jedoch u.a. divergierende nationale Interessen, teilweise auch eine Konkurrenzsituation, ferner der unterschiedliche Grad der Beteiligung der nordischen Länder an der EU, der Wunsch zur Vermeidung einer nordischen Blockbildung innerhalb der EU, häufiger Zeitdruck bei der Umsetzung von Europarecht sowie weitere Faktoren zur Folge, dass diese Möglichkeiten zur Zusammenarbeit der nordischen Länder ''innerhalb'' der EU noch vergleichsweise wenig genutzt werden.
 
== 5. Ausblick ==
Die Europäisierung des Rechts hat bislang keinen signifikanten Einfluss auf die tradierte Gemeinschaft der nordischen Juristen als dem rechtskulturellen Aspekt der nordischen Rechtsvereinheitlichung, sie verstärkt jedoch den Rückgang der nordischen Gesetzeszusammenarbeit in erheblichem Maße. Zwar bestünde auch innerhalb des europäischen Integrationsprozesses durchaus Raum für eine Fortentwicklung der traditionellen Gesetzeszusammenarbeit hin zu einer stärkeren Kooperation hinsichtlich der Verwaltung und Umsetzung europarechtlicher Vorgaben. Diese Möglichkeiten werden jedoch aus praktischen und politischen Gründen bislang nur teilweise und zögerlich genutzt. Die weitere Entwicklung hängt hier vor allem von dem Bewusstsein der politischen Akteure für den Wert der Fortsetzung der nordischen Rechtsvereinheitlichung ab, die vor allem von den Juristen selbst als wichtige Tradition geschätzt wird.


==Literatur==
==Literatur==
''W.E. v. Eyben,'' Retssystemet og retsfølelsen, 1961, 1962; ''Jan Hellner'', Unification of Law in Scandinavia, The American Journal of Comparative Law, 16 (1968) 88&nbsp;ff.; ''Henrik Tamm'', De nordiske juristmøder 1872–1972: Nordisk Retssamvirke gennem 100 år, 1972; ''Gustaf Petrén'', Nordiskt lagstiftningssamarbete, Nordisk tidskrift för vetenskap, konst och industri; 1985, 405&nbsp;ff.; ''Ulf Bernitz'', ''Ola Wiklund ''(Hg.), Nordiskt lagstiftningssamarbete i det nya Europa, 1996; ''Fredrik Sejersted'','' ''Nordisk rettssamarbeid og europeisk integrasjon, in: Johan P. Olsen, Bjørn Otto Sverdrup (Hg.), Europa i Norden: Europeisering av nordisk samarbeid, 1998, 214&nbsp;ff.; ''Peter Lødrup'', Nordisk arverett, 2003; ''Anders Agell'', Nordisk äktenskapsrätt, 2003; ''Anders Agell'', ''Anna Singer'','' Peter Lødrup'', Nordisk børneret Bd.&nbsp;I, 2003; ''Svend Danielsen'', Nordisk børneret, Bd.&nbsp;II, 2003; ''Torstein Frantzen'', Harmonisering av familie- og arveretten i Norden: hvorfor det?, Tidsskrift for familierett, arverett og barnevernrettslige spørsmål, 2004, 236&nbsp;ff.
''Bridget Czarnota'', ''Robert'' ''Hart'', Legal Protection of Computer Programs in Europe, 1991; ''Thomas Dreier'', Die internationale Entwicklung des Rechtsschutzes von Computerprogrammen, in: Michael Lehmann (Hg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2.&nbsp;Aufl. 1993, 31&nbsp;ff; ''Robert Gehring'', ''Bernd Lutterbeck'', Software-Patente im Spiegel von Softwareentwicklung und Open Source Software, in: Festschrift für Wolfgang Kilian, 2004, 301&nbsp;ff.; ''Rainer Moufang'', Softwarebezogene Erfindungen im Patentrecht, in: Festschrift für Gert Kolle und Dieter Stauder, 2005, 225&nbsp;ff.; ''Lionel Bently'', Computer Programs Directive, in: Thomas Dreier, Bernt Hugenholtz (Hg.), Concise European Copyright Law, 2006, 211&nbsp;ff.; ''Till Jäger'', ''Axel Metzger'', Open Source Software, 2.&nbsp;Aufl. 2006; ''Hanns'' ''Ullrich'', ''Mathias Lejeune'' (Hg.), Der internationale Softwarevertrag, 2.&nbsp;Aufl. 2006; ''Erwin Basinski'', ''Michel de Beaumont'', ''Jürgen Betten'', ''Jose Antonio Faria Correa'', ''Stephan Freischem'', Patentschutz für computer-softwarebezogene Erfindungen, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2007, 44&nbsp;ff.; ''Axel von Hellfeld'', Ist nur Technik Stand der Technik? Zum neuen Neuheitsbegriff im Europäischen Patentamt und dessen Anwendung auf rechnergestützte Erfindungen, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2008, 1007&nbsp;ff.; ''Thomas Dreier'', ''Rupert Vogel'', Software- und Computerrecht, 2008; ''Fritz Teufel'', Aktuelles aus dem Bereich Softwarepatentierung: Das Computerprogramm „als solches“. Mitt. 2009, 249.


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[[en:Software_Protection_(Copyright_and_Patent_Law)]]

Version vom 29. September 2021, 09:38 Uhr

von Thomas Dreier

1. Gegenstand und Zweck

Software stellt in den modernen Industriegesellschaften ein zentrales Gut dar, ohne das weder ein Computer, noch die Steuerung zahlreicher Geräte, das Internet oder die Telekommunikation funktionieren würde. Die Programme sind komplex, erfordern zumeist einen nicht unerheblichen Investitionsaufwand und können aufgrund ihrer digitalen Natur doch leicht ohne nennenswerte Kosten kopiert werden. Zugleich ist Software ein wesentliches Exportgut der an Rohstoffen meist eher armen Wissens- und Informationsökonomien der Industriestaaten. Daher entstand bereits früh ein Bedürfnis nach einem wirksamen Ausschließlichkeitsschutz von Computerprogrammen, sowohl gegenüber der unerlaubten Kopie, Bearbeitung oder Nachahmung durch Wettbewerber, als auch zur Absicherung ausländischer Absatzmärkte in Ländern, die vielleicht zwar keine eigene Softwareindustrie aufweisen, in denen aber dennoch eine Nachfrage nach Computerprogrammen besteht.

Damit stellte sich die Frage, welches der Schutzrechte des geistigen Eigentums dem Schutzbedürfnis und den Besonderheiten von Computerprogrammen am ehesten Rechnung trägt. In Betracht kommen vor allem das Patentrecht und das Urheberrecht sowie der Geheimnisschutz (Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)). Schützt das Patentrecht technische Erfindungen, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, so ist Schutzgegenstand des Urheberrechts eine individuell gestaltete persönliche geistige Schöpfung, traditionellerweise im Bereich der Literatur und Kunst. Dabei ist das Patentrecht grundsätzlich ebenso technologieoffen wie das Urheberrecht, das die Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst nur beispielhaft und nicht abschließend benennt. Programme haben zum einen rein technisch-funktionalen Charakter, stellen zum anderen jedoch keine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte im klassischen Sinn dar, wie dies für einen Patentschutz Voraussetzung ist. Zugleich sind Programme zwar in Computersprachen verfasst, doch richtet sich diese Sprache nicht an einen Menschen, sondern an die programmverarbeitende Maschine. Keines der beiden traditionellen Schutzrechte will also recht passen.

So sind Computerprogramme in Europa 1977 vom Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) wie auch im Zuge der Angleichung der nationalen Patentgesetze vom Patentschutz ausdrücklich ausgeschlossen worden, soweit sich die Anmeldung auf ein Computerprogramm „als solches“ bezieht. Auch die US-amerikanischen Gerichte waren in den 70er-Jahren mit der Gewährung von Patentschutz in Bezug auf Programme zunächst noch zurückhaltend, da sie den durch Patente gewährten Monopolen skeptisch gegenüber standen. Zugleich wurde im Rahmen der World Intellectual Property Organization (WIPO) dann zwar mit Arbeiten an einem Sonderschutz für Computerprogramme begonnen, diese Pläne im Jahr 1985 jedoch wieder aufgegeben. Denn inzwischen hatte vor allem die US-Industrie massiv auf die Aufnahme von Computerprogrammen in das System des Urheberrechts gedrängt. Aus ihrer Sicht hat das Urheberrecht einem Sonderschutz wie auch dem Patentrecht gegenüber gleich mehrere Vorteile: So war das Urheberrecht bereits durch internationale Abkommen geregelt, unter denen ein recht einfacher, formloser und – anders als im Patentrecht – nicht von langwierigen und kostspieligen Registrierungsverfahren abhängiger Schutz im Inland wie auf ausländischen Märkten erhältlich ist. Auch die Rechte, die das Urheberrecht mit dem Schutz gegen die 1:1-Kopie und gegen Abwandlungen bestehender Programme gewährt, reichten der Industrie zum damaligen Zeitpunkt weitgehend aus, war die vergleichsweise noch junge Programmindustrie, allen voran diejenige aus Seattle, doch gerade erst im Begriff, den Privatkundenmarkt zu erobern (1982: Einführung des PCs durch IBM). Zwar sind Zweifel an der Eignung des Urheberrechts nie wirklich verstummt, insbesondere im Hinblick auf die überlange Schutzdauer, die Wettbewerber zu lange vom Markteintritt abhält, sowie in Bezug auf umfassende Bearbeitungsrechte, mittels derer der Anbieter Verbesserungen bestehender Programme durch Dritte unterbinden kann. Da überdies nicht ganz klar war, ob die bestehenden Konventionen des internationalen Urheberrechts deren Mitgliedstaaten tatsächlich zur Schutzgewähr ausländischer Computerprogramme verpflichteten, beeilten sich die USA, den Urheberrechtsschutz für Programme international explizit abzusichern, zunächst im Wege bilateraler Handelsabkommen unter Androhung von Handelssanktionen und schließlich durch den Abschluss des Abkommens über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (TRIPS) im Rahmen des Welthandelsabkommens sowie des WIPO Urheberrechtsvertrages (WCT). Seitdem sind – gesetzestechnisch freilich wenig befriedigend – Computerprogramme durch das Urheberrecht als „literarische Werke“ zu schützen. Die EU hat sich dieser Entwicklung mit ihrer RL 91/‌250 angeschlossen.

Dennoch ist das Bedürfnis für einen darüber hinausgehenden rechtlichen Schutz durch das Patentrecht aus Sicht der Industrie nicht entfallen. Denn das Urheberrecht schützt zum einen nicht davor, dass eine Programmidee in anderer Form programmiert wird als im Ursprungsprogramm. Zum anderen besteht ein Schutzbedürfnis für Erfindungen, deren Kern im Bereich des Steuerungs‑ und Regelungswesens ein Programm ist. Vollends rein programmbasiert sind Innovationen schließlich im Internet, und es wäre nicht recht nachvollziehbar, warum Erfindungen auf einem der gegenwärtig bedeutsamsten Gebiete der Technik nur deshalb vom Patentschutz ausgeschlossen sein sollten, weil sie ein Programm enthalten. Die Lösung, auf die man sich hier – zumindest innerhalb der Industriestaaten – inzwischen verständigt hat, besteht darin, dass Computerprogramme als solche zwar nach wie vor vom Patentschutz ausgeschlossen sein mögen, dass jedoch Erfindungen, die ein Computerprogramm enthalten, bei Vorliegen der Patentierungsvoraussetzungen durchaus patentiert werden können (sog. programm- bzw. softwarebezogene Erfindungen).

2. Tendenzen der Rechtsentwicklung

Über Art. 9(1) TRIPS, an den alle WTO-Mitgliedstaaten gebunden sind, ist der Programmschutz durch das Urheberrecht inzwischen zu einem weltweiten, recht homogenen Gesetzgebungsstandard geworden. Anfängliche Schwierigkeiten, die manche der EU-Mitgliedstaaten damit hatten, die Schutzvoraussetzung des urheberrechtlichen Programmschutzes mit einem traditionell von der Schöpferpersönlichkeit geprägten Begriff der Originalität in Einklang zu bringen, sind längst überwunden (so hat etwa Frankreich das klassische Kriterium, demzufolge ein urheberrechtlich geschütztes Werk den „Stempel der Persönlichkeit“ seines Schöpfers in sich tragen muss, für Computerprogramme in das Erfordernis eines „persönlichen Beitrags“ uminterpretiert). Auch die anfänglich in den einzelnen Mitgliedstaaten noch stark unterschiedlichen Anforderungen an die Schöpfungshöhe urheberrechtlich schutzfähiger Programme wurden durch die RL 91/‌250 vereinheitlicht (in Deutschland war nach der Inkasso-Programm-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1985 [BGH 9.5.1985, NJW 1986, 192] ein das Können des Durchschnittsprogrammierers erheblich übersteigendes Programmierergebnis Schutzvoraussetzung, wohingegen in Großbritannien wohl alle Programme geschützt waren, sofern sie nicht kopiert und nicht banal waren). Sollten sich insoweit in der Praxis nach wie vor unterschiedliche nationale Traditionen erhalten haben, so spielen diese angesichts der heutigen Komplexität von Programmen jedoch keine Rolle mehr. Im Übrigen funktioniert der urheberrechtliche Programmschutz gegen die 1:1-Kopie problemlos (tritt hier in der Praxis allerdings in Konkurrenz zu dem weit einfacher nachzuweisenden Markenschutz (Markenrecht)). Hinsichtlich Bearbeitungen hat der urheberrechtliche Programmschutz – wohl aufgrund der stark gewachsenen Möglichkeiten, eigenständige Software ohne Rückgriff auf fremde Programme zu entwickeln, wie auch aufgrund der zunehmenden Zahl von Open-Source-Produkten – insgesamt wohl nicht die Bedeutung erlangt, die man je nach Standpunkt erhofft oder befürchtet hatte. Nicht einmal die im Zuge der Verabschiedung besonders heftig umkämpfte Schrankenbestimmung des Dekompilierens, mit der das wettbewerbsrechtliche Problem der Herstellung interoperabler, kompatibler Produkte geregelt werden sollte, hat in der Praxis zu nennenswerten Streitigkeiten geführt (unklar bleibt allerdings, weshalb das Gericht Erster Instanz diese Vorschrift bei der Beurteilung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung angesichts der Weigerung von Microsoft, seinen Wettbewerbern Schnittstellen offen zu legen, völlig unbeachtet gelassen hat; s. EuG Rs. T-201/‌04 – Microsoft, Slg. 2007, II-3601). Insgesamt handelt es sich bei Computerprogrammen um den ersten digitalen Schutzgegenstand, der im Urheberrecht Aufnahme gefunden hat. Einige der für Computerprogramme entwickelten und zunächst speziell auf diese zugeschnittenen Lösungen sind nachfolgend auf traditionelle Werke in digitaler Form übertragen worden. Den darin liegenden „Paradigmenwechsel“ des Urheberrechts hat ein Teil der Literatur schon frühzeitig beklagt.

Bewegter ist dagegen die – noch immer nicht abgeschlossene – Entwicklung der Patentierbarkeit computerbezogener Erfindungen verlaufen. Hatten sich die drei großen Patentämter der USA, Europas und Japans zu Beginn noch um eine zumindest in der sprachlichen Umschreibung weitgehend einheitliche Erteilungspraxis bemüht, so waren die USA mit der State Street Bank-Entscheidung des United States Court of Appeals for the Federal Circuit (State Street Bank & Trust Co. v. Signature Financial Group Inc. 23.7.1998, 149 F.3d 1368) aus diesem internationalen Konsens ausgeschert. Unter Hinweis auf Art. 27 TRIPS, nach dem Patentschutz diskriminierungslos für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik („inventions … in all fields of technology“) zu gewähren ist, wurde danach kein Gegenstand vom Patentschutz grundsätzlich für ausgeschlossen erachtet (patentierbar ist grundsätzlich anything under the sun). Mithin waren in den USA – im Gegensatz zu Europa – auch Geschäftsmethoden, die mittels Software automatisiert werden, patentfähig (Bekanntheit erlangt haben das Hyperlink-Patent der British Telecom sowie das One-click-through-Patent des Amazon-Firmengründers Jeff Bezos, die, wären sie nicht für unwirksam erklärt worden bzw. hätte der Inhaber nicht auf die Ausübung verzichtet, sämtliche Internetanbieter für die Nutzung eines vergleichsweise trivialen Patents auf 20 Jahre hinaus zu Lizenzzahlungen verpflichtet hätten). Mit der Entscheidung In re Bilski scheint das US-amerikanische Patenberufungsgericht inzwischen jedoch eine Kehrtwende eingeleitet zu haben.

Die Patentierung von Erfindungen unter Einbeziehung von Software bewegt sich in einem Spannungsfeld: auf der einen Seite soll Patentschutz nicht gänzlich versagt werden, auf der anderen Seite soll der Ausschließlichkeitsschutz aber auch nicht zu weit reichen. Im Zentrum steht dabei die Suche nach einer geeigneten Umschreibung, wann bei einer Programmerfindung von einem „technischen“ Beitrag ausgegangen werden kann und wann nicht. Die europäische wie auch die deutsche Erteilungspraxis hat hier nach jeweils eher zögerlichem Beginn den Kreis patentfähiger softwarebezogener Erfindungen zunächst zunehmend ausgeweitet. Erst in letzter Zeit wird offensichtlich versucht, in gewisser Hinsicht wieder stärkere Grenzen zu ziehen. Zwar sind nach wie vor nicht sämtliche Unterschiede in den Ansätzen der nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten beseitigt, die in manchen Fällen über die nationalen Patente ein- und desselben europäischen Bündelpatents zu befinden haben. Doch haben regelmäßig stattfindende Richtersymposien dazu beigetragen, diese Unterschiede in Grenzen zu halten. Auch unter einem künftigen Gemeinschaftspatent (Europäisches Patent – Gemeinschaftspatent) ist mit Änderungen kaum zu rechnen, zumal dieses in der gegenwärtig vorgeschlagenen Form hinsichtlich der patentfähigen Gegenstände wie auch der Schutzvoraussetzungen auf das EPÜ aufsetzt.

Starke Kritik an der Patentierung softwarebezogener Erfindungen wird vor allem seitens der Open-Source-Gemeinde geübt. Wird der Patentschutz nicht schon als solcher als Innovationshindernis angesehen, so wird seine Anreizfunktion doch zumindest im Programmbereich geleugnet. Denn in der Praxis, so der Vorwurf, werden Patente vornehmlich dazu benutzt, um bestehende Innovationen gegen Weiterentwicklungen durch Wettbewerber abzusichern (strategische Patentierung), und gehortet, um die Verhandlungsstärke gegenüber Partnern von joint ventures zu erhöhen (Aufbau von Patentportfolios, die in Patentpools eingebracht werden). Überdies widerspreche der Gedanke eines Ausschließlichkeitsrechts dem in der vernetzten Wissensgesellschaft vorherrschenden Aspekt des Kooperierens und Teilens (sharing). Zugleich wird befürchtet, die Patentierung könne die Interoperabilität und die Bildung offener Standards behindern und es könnten Entwickler, die von der Patentierung Gebrauch machen, Softwarepatente gegen Open-Source-Entwicklungen geltend machen. Die zunehmende Dichte von Softwarepatenten erhöht überdies die Gefahr der Verletzung fremder Schutzrechte. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind im Gegensatz zu großen Softwareentwicklern oft nicht in der Lage, eigene Patentstrategien zu entwickeln. Diese Kritik der Gegner von Softwarepatenten hat dazu geführt, dass die Revision dieses Punktes im EPÜ im Jahr 2000 verhindert und fünf Jahre später auch der von der Kommission lancierte Vorschlag einer Richtlinie zur Vereinheitlichung des Patentschutzes computerbezogener Erfindungen zu Fall gebracht wurde, obwohl es das Ziel beider Vorschläge war, die Patenterteilung im Programmbereich gerade für kleinere und mittlere Unternehmen transparenter zu gestalten.

An der Praxis der Erteilung hat das insgesamt nichts geändert. Nach wie vor wird eine stetig steigende Zahl von Softwarepatenten erteilt. So hat das US-amerikanische Patentamt (USPTO) im Jahr 2004 geschätzte 30.000, 2005 rund 29.000 und 2006 sogar 41.000 Softwarepatente erteilt. Beim europäischen Patentamt (EPA) wird die in den Statistiken nicht gesondert ausgewiesene Zahl bislang erteilter Softwarepatente intern auf rund 30.000 geschätzt, mehrere zehntausend zusätzliche Anmeldungen sollen bereits erfolgt sein, insbesondere durch große Anmelder. Patentschutz für programmbezogene Erfindungen ist in der Praxis also nicht nur in den USA, sondern auch in Europa längst in weitem Umfang Realität geworden.

3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht

Auch wenn internationales Konventionsrecht und die europäische RL 91/‌250 zu einem urheberrechtlichen Programmschutz „als literarische Werke“ verpflichten, enthält doch insbesondere die Richtlinie eine Reihe von Präzisierungen und – je nach Ausgestaltung des allgemeinen Urheberrechts der EU-Mitgliedstaaten auch – Abweichungen. So ist klargestellt, dass zum geschützten Computerprogramm auch das vorbereitende Entwurfsmaterial gehört. Das Handbuch hingegen hat dagegen ein eigenes rechtliches Schicksal und aus der Datenbank-RL 96/‌9 (Datenbankschutz) ergibt sich, dass ein für die Herstellung oder den Betrieb elektronisch zugänglicher Datenbanken verwendetes Programm ebenfalls selbständig geschützt und nicht Teil der Datenbank ist. Überdies sind Programme unabhängig von der Art ihrer Implementierung in Soft- oder Hardware und auch unabhängig vom verwendeten Speichermedium geschützt. Bei Programmen, die aufgabengemäß in Arbeits- oder Dienstverhältnissen erstellt werden, ist – ebenfalls in Abweichung zu manchen nationalen allgemeinen urheberrechtlichen Regelungen – ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller wirtschaftlichen Rechte berechtigt. Sonderbestimmungen bestehen dann vor allem hinsichtlich der Schrankenbestimmungen. So ist etwa die im allgemeinen Urheberrecht zumeist übliche Zulässigkeit der Kopie zum privaten Gebrauch im Hinblick auf die Schutzinteressen der Rechteinhaber gegenüber der Zirkulation unautorisierter Programmkopien dadurch eingeschränkt, dass zustimmungsfrei lediglich solche Vervielfältigungs- und Bearbeitungshandlungen zulässig sind, die durch einen berechtigten Programmnutzer im Zuge des bestimmungsgemäßen Gebrauchs vorgenommen werden. Zulässig ist weiterhin die Anfertigung einer Sicherungskopie, aber nur dann, wenn der Anbieter des Programms nicht seinerseits rechtzeitigen Ersatz garantiert. Weitere Ausnahmen sollen sicherstellen, dass ein Programmnutzer auch tatsächlich in die dem Programm zugrunde liegenden Ideen Einblick nehmen kann. Dass sich der Programmschutz nur auf dessen konkreten Ausdruck, nicht hingegen auf die dem Programm zugrunde liegenden Ideen erstreckt, entspricht an sich einem allgemeinen urheberrechtlichen Prinzip. Doch ergibt sich bei Programmen das Problem, dass diese dem Nutzer regelmäßig nur in Form des Objektcodes vorliegen und sich die Ideen nur dem Sourcecode entnehmen lassen, dessen Herstellung jedoch eine dem Rechtsinhaber vorbehaltene Vervielfältigung bzw. Bearbeitung darstellt. Um zu verhindern, dass der Zugriff auf die Ideen zu einer Kopie des gesamten geschützten Programms führt, ist nach der Richtlinie das Dekompilieren eines fremden Programms unter einer Reihe einschränkender Bestimmungen sowohl hinsichtlich des Umfangs (Beschränkung im wesentlichen auf Schnittstelleninformationen) wie auch hinsichtlich der Verwendung der auf diese Weise erlangten Informationen (nur für ein eigenständig geschaffenes Programm) allein zum Zweck der Herstellung der Interoperabilität des neu geschaffenen Programms mit anderen Programmen zulässig. Diese Bestimmung war im Gesetzgebungsverfahren höchst umstritten, ist jedoch − soweit ersichtlich − nie praktisch relevant geworden. Entweder lassen sich Rechtsverletzungen hier kaum nachprüfen, oder aber es ist die Programmentwicklung – nicht zuletzt wegen des Zwangs zur Vernetzung in der Internetökonomie – inzwischen über dieses Problem hinweggegangen. Gleichwohl in Einzelfällen bestehenden Fällen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung begegnet die Rechtsprechung jedenfalls mit den Mitteln des allgemeinen Wettbewerbsrechts (EuG Rs. T-201/‌04 – Microsoft, Slg. 2007, II-3601). Da schließlich das Vertragsrecht ebenso wenig vereinheitlicht ist wie die Dogmatik der Lizenzerteilung, bestehen zum Teil noch erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was die räumliche und inhaltliche Aufspaltbarkeit und auch die nationale Erschöpfungswirkung (Geistiges Eigentum (Erschöpfung)) beim Softwarevertrieb anbelangt. So haben sich in der Praxis eine ganze Reihe spezialisierter, auf die jeweilige Softwarenutzung und die nationale Rechtsordnung zugeschnittener Vertriebs- und Nutzungsverträge herausgebildet (z.B. Application-Service-Providing (ASP)- und Outsourcing-Verträge; Grid-Computing). Auch die Open-Source-Bewegung hat sich recht erfolgreich das Urheberrecht zunutze gemacht, um auf diese Weise für die Offenheit des Codes und für nicht-proprietäre Vermarktungsformen zu sorgen (mittels Erteilung einer nichtausschließlichen Nutzungslizenz, die auflösend bedingt an die Einhaltung der Lizenzbedingungen geknüpft ist, die ihrerseits eine mehr oder minder große Rechtsfreiheit vorschreiben).

Im Patentrecht geht die inhaltlich entscheidende Fragestellung dahin, wie der für die Patenterteilung erforderliche technische Charakter einer programmbezogenen Erfindung sinnvoll und handhabbar umschrieben werden kann. Die Definition dessen, was im Einzelfall technisch ist, verursacht dann jedoch vor allem in den Fällen erhebliche Schwierigkeiten, bei denen eine Erfindung technische mit nicht-technischen Merkmalen kombiniert. Im Ergebnis lässt sich etwas vereinfacht festhalten, dass jedenfalls das EPA die Anforderungen an die Technizität im Laufe der Zeit zwar nahezu auf Null reduziert hat, statt dessen aber die Voraussetzung der erfinderischen Tätigkeit eher einschränkend handhabt (indem es bei der Prüfung von Erfindungen nur diejenigen Merkmale berücksichtigt, die zu diesem technischen Charakter beitragen, nicht hingegen sonstige Merkmale, die keinen technischen Beitrag leisten. Allerdings ist auch hier noch keine endgültige Einheitlichkeit erzielt, wie die Vorlage an die große Beschwerdekammer des EPA zeigt.). Die deutsche Rechtsprechung nahm ihren Ausgangspunkt demgegenüber in der weit zurückhaltenderen sog. Kerntheorie (nach der eine Erfindung, die sowohl technische als auch nicht-technische Elemente aufweist, auf ihren „Kern“ zu reduzieren ist, so dass, handelte es sich im Kern um ein Computerprogramm, die Erfindung insgesamt wegen ihres nicht-technischen Kerns vom Patentschutz ausgenommen war), zeigte sich dann jedoch mehr und mehr bereit, bei der Frage nach der Patentierbarkeit durchaus auch nicht-technische Elemente zu berücksichtigen. In neuerer Zeit sind allerdings wieder gewisse Anzeichen einer einschränkenderen Praxis zu beobachten. Im Übrigen ähneln die patentrechtlichen Fragestellungen in Bezug auf Software weitgehend denjenigen in Bezug auf Erfindungen auf anderen Gebieten der Technik.

4. Vereinheitlichungsprojekte

Damit hat die Entwicklung des urheber- wie auch des patentrechtlichen Schutzes von Computerprogrammen und softwarebezogenen Erfindungen insgesamt einen Stand weitgehender Konsolidierung erfahren. Allerdings ist die Erteilungspraxis insbesondere im Bereich computerimplementierter Erfindungen inzwischen derart komplex und unübersichtlich, dass sich die Materie wohl nur noch dem erfahrenen Fachmann erschließt. Ohnehin sind abstrahierende Aussagen ohne nähere Befassung mit den Originalanmeldungen nur schwer möglich. Auch das trägt dazu bei, dass eine weitergehende Steuerung mit gesetzgeberischen Mitteln einstweilen nicht zu erwarten ist.

Literatur

Bridget Czarnota, Robert Hart, Legal Protection of Computer Programs in Europe, 1991; Thomas Dreier, Die internationale Entwicklung des Rechtsschutzes von Computerprogrammen, in: Michael Lehmann (Hg.), Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen, 2. Aufl. 1993, 31 ff; Robert Gehring, Bernd Lutterbeck, Software-Patente im Spiegel von Softwareentwicklung und Open Source Software, in: Festschrift für Wolfgang Kilian, 2004, 301 ff.; Rainer Moufang, Softwarebezogene Erfindungen im Patentrecht, in: Festschrift für Gert Kolle und Dieter Stauder, 2005, 225 ff.; Lionel Bently, Computer Programs Directive, in: Thomas Dreier, Bernt Hugenholtz (Hg.), Concise European Copyright Law, 2006, 211 ff.; Till Jäger, Axel Metzger, Open Source Software, 2. Aufl. 2006; Hanns Ullrich, Mathias Lejeune (Hg.), Der internationale Softwarevertrag, 2. Aufl. 2006; Erwin Basinski, Michel de Beaumont, Jürgen Betten, Jose Antonio Faria Correa, Stephan Freischem, Patentschutz für computer-softwarebezogene Erfindungen, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2007, 44 ff.; Axel von Hellfeld, Ist nur Technik Stand der Technik? Zum neuen Neuheitsbegriff im Europäischen Patentamt und dessen Anwendung auf rechnergestützte Erfindungen, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2008, 1007 ff.; Thomas Dreier, Rupert Vogel, Software- und Computerrecht, 2008; Fritz Teufel, Aktuelles aus dem Bereich Softwarepatentierung: Das Computerprogramm „als solches“. Mitt. 2009, 249.