Private Limited Company (in England und Wales)
von Heribert Hirte
1. Gegenstand; Terminologie
Die Private Limited Company (nachfolgend Limited) und die Public Limited Company (nachfolgend: Plc) sind die gewöhnlichen Gesellschaftsformen im englischen Geschäftsleben. Die Limited ist die in England am weitesten verbreitete Gesellschaftsform. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass eine Limited im Gegensatz zur Plc ihre Geschäftsanteile nicht der Öffentlichkeit zum Kauf anbieten kann (sec. 81 Financial Services and Markets Act 2000). Rechtsquellen des englischen Gesellschaftsrechts sind das Fallrecht (case law), das Gesetzesrecht (primary and secondary legislation) einschließlich der europarechtlichen Vorgaben sowie Regeln der vom Gesetzgeber anerkannten Körperschaften (z.B. Financial Services Authority oder das Accounting Standards Board).
Die bisherigen gesetzlichen Grundlagen für Limited und Plc waren im Companies Act 1985 (CA 1985) enthalten, der durch den völlig neuen, überwiegend 2008 in Kraft getretenen Companies Act 2006 (CA 2006) ersetzt worden ist. Für einzelne spezielle Bereiche sind darüber hinaus weitere Gesetze zu beachten, wie etwa der Financial Services and Markets Act 2000 für den Investorenschutz, der Business Names Act 1985 für die Firmierung und der Company Directors Disqualification Act 1986, der mögliche Betätigungsverbote für Personen in leitender Funktion von Gesellschaften regelt. Besonders wichtig ist der Insolvency Act 1986 (IA 1986), der über die verschiedenen Insolvenzverfahren (administration, insolvent liquidation) hinaus auch alle Fälle der Liquidation von Gesellschaften betrifft, ergänzt durch den Enterprise Act 2002, der insbesondere die weitgehende Abschaffung der administrative receivership bei der floating charge und deren Integration in das herkömmliche Insolvenzverfahren der administration gebracht hat.
2. Gründung
Eine englische Limited entsteht grundsätzlich mit der Ausstellung des certificate of incorporation durch den Registrar of Companies, den Leiter des Companies House (sec. 15 CA 2006).
a) Gründungsvoraussetzungen
Eine Gründung der Limited (wie jetzt auch der Plc) kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen (sec. 7 Abs. 1 CA 2006). Um die Eintragung ins Companies Register herbeizuführen, müssen die Gründer gemäß sec. 9 CA 2006 das memorandum of association zusammen mit einem Antrag auf Registrierung der Gesellschaft, den weiteren in sec. 9 bestimmten Dokumenten sowie einem statement of compliance einreichen. So scheint auf den ersten Blick die alte Zweiteilung zwischen memorandum of association und den articles of association fortzuleben. Freilich hat sie ihre frühere Bedeutung für die Gesellschaftsverfassung (memorandum of association regeln das Außenverhältnis, articles of association das Innenverhältnis) vollkommen eingebüßt. Das memorandum of association ist als Gründungsvertrag nunmehr auf die Erklärung, eine Gesellschaft nach dem CA 2006 gründen und ihr beitreten zu wollen (und dazu bei einer Gesellschaft mit share capital zumindest einen share zu zeichnen) beschränkt. Es enthält keinerlei weitere Angaben mehr, etwa zu den company’s objects, die im Übrigen gemäß sec. 31 Abs. 1 CA 2006 jetzt, vorbehaltlich von Einschränkungen in den articles, als grundsätzlich unbeschränkt gelten. Das memorandum zählt daher nicht mehr zur company’s constitution, die sich gemäß sec. 17, 29 CA 2006 aus den articles und den special resolutions zusammensetzt.
Bei der nach sec. 9 Abs. 2 lit. a CA 2006 erforderlichen Firmenbildung müssen die Vorschriften des CA 2006 (sec. 53 ff) und anderer relevanter Gesetze beachtet werden. Es gibt Firmenbestandteile, die absolut verboten sind, und auch solche, die nur mit Zustimmung des verantwortlichen Ministeriums oder der verantwortlichen Aufsichtsbehörde bzw. Vereinigung benutzt werden dürfen (z.B. alle Firmenbestandteile, die auf eine Verbindung mit öffentlichen Organen hindeuten, oder Firmenbestandteile wie bank oder solicitor). Nach sec. 216 IA 1986 ist es außerdem grundsätzlich verboten, die Firma einer insolventen Gesellschaft oder eine ähnliche Firma (prohibited names) für eine andere Gesellschaft zu verwenden. Bei Verstößen droht eine Durchgriffshaftung der bösgläubigen Beteiligten, allerdings nur für die Schulden der neuen Gesellschaft (sec. 217 IA 1986).
b) Companies House
Das Companies House ist für die Registrierung von Gesellschaften bei der Gründung zuständig. Außerdem prüft und bewahrt es die ihm von den Gesellschaften übermittelten Dokumente und Informationen auf. Jedermann kann, ohne ein besonderes Interesse nachzuweisen, über das Companies House die wichtigsten Informationen zu jeder Gesellschaft leicht erhalten, wie etwa die Satzung einer Limited, die letzten Jahresabschlüsse, die Namen der directors und etwaige Sicherungsrechte an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens (charges).
c) Satzung: articles of association
Wie bereits gesagt, besteht die Satzung einer englischen Gesellschaft nicht mehr aus dem memorandum of association, sondern nur noch aus den articles. Die articles of association regeln dabei nach wie vor in erster Linie das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Limited. Dort wird festgelegt, wie die Limited geführt werden soll und welche Funktionen die Gesellschafter auf die directors übertragen. Wenn bei der Gründung der Gesellschaft keine articles beim Companies House mitregistriert werden, gelten automatisch die neuen model articles (verfügbar unter http://www.opsi.gov.uk/si/si2008/uksi_20083229_en_1 [zuletzt abgerufen am 3.7.2009]), die jetzt speziell auf die verschiedenen Gesellschaftsformen des Companies Act (Limited, Plc) zugeschnitten worden (früher bekannt als Table A mit Geltung für alle companies). Die model articles für die Limited finden sich als Schedule 1 der Companies (Model Articles) Regulations 2008. Zur Behandlung früher Memorandumsregelungen mit Satzungsfunktion siehe im Übrigen sec. 28 CA 2006.
3. Organisationsverfassung
a) Geschäftsführer (directors)
Die Rechtsstellung der Geschäftsführer (directors) ist in den sec. 154 ff. des CA 2006 gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführung einer Limited obliegt sowohl nach [[common law als auch nach den articles normalerweise den Geschäftsführern/directors und wird von diesen als Kollektiv – das board of directors – ausgeübt (z.B. Art. 3 Schedule 1). Eine Limited muss mindestens einen Geschäftsführer/director haben (sec. 154 Abs. 1 CA 2006). In den meisten articles of association ist festgelegt, dass der board of directors bestimmte Befugnisse einzelnen Geschäftsführern delegieren oder einen Hauptgeschäftsführer (managing director) benennen darf, dem alle Geschäftsführungsfunktionen übertragen werden (z.B. Art. 5 Schedule 1).
Der CA 2006 schreibt keine besonderen Qualifikationsmerkmale für Geschäftsführer von Limiteds vor (vgl. sec. 154 ff., 157). Geschäftsführer müssen nicht unbedingt natürliche Personen (sec. 155 Abs. 1 – aber mindestens eine natürliche Person erforderlich) und auch nicht Gesellschafter sein. Insolvenzschuldner (bankrupts) (sec. 11 Company Directors Disqualification Act 1986) und Personen, denen gerichtlich die Eignung für das Amt des Geschäftsführers entzogen worden ist (sec. 2-4 und sec. 6-9 Company Directors Disqualification Act 1986), dürfen nicht zu Geschäftsführern bestellt werden.
Die Bestellung der ersten Geschäftsführer einer Limited wird durch die Ausstellung des certificate of incorporation wirksam (sec. 16 Abs. 6 CA 2006). Später richtet sie sich nach den articles of association. Neue Geschäftsführer werden im Regelfall durch Beschluss der Gesellschafterversammlung oder des board of directors bestellt (Art. 17 Schedule 1).
Die gesetzlich geregelte Abberufung von Geschäftsführern erfolgt regelmäßig durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung (sec. 168 CA 2006). Das kann nicht durch die articles of association oder vertraglich ausgeschlossen werden, was den Gesellschaftern die Oberherrschaft über jegliche Gesellschaft sichert.
Die Geschäftsführer leiten die Limited. Dem board of directors obliegt im Außenverhältnis die Vertretung der Gesellschaft. Diese organschaftliche Vertretung war bisher ausschließlich eine gesetzliche Gesamtvertretung. Die Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Personen konnte nur auf Basis rechtsgeschäftlicher Vollmacht (actual authority) erfolgen. Da sec. 40 Abs. 1 CA 2006 jetzt aber nur noch von den directors, nicht mehr vom board of directors spricht, könnte sich die Rechtslage insoweit geändert haben und jedem einzelnen director organschaftliche Vertretungsmacht zukommen (siehe Palmer‘s Company Law: Annotated Guide to the CA 2006, sec. 40, Note to subsection 1).
Im Innenverhältnis besteht die Pflicht der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft, etwaige Einschränkungen ihrer Befugnisse in den articles zu berücksichtigen, was in sec. 39 CA 2006 aber nicht mehr ausdrücklich festgeschrieben wird (anders noch sec. 35 Abs. 3 CA 1985).
Die allgemeinen Pflichten der Geschäftsführer richteten sich traditionell nach common law. Sie bestehen nicht nur für Geschäftsführer, sondern immer auch für sog. „Schattengeschäftsführer“ (shadow directors), d.h. „persons in accordance to whose instructions the directors are accustomed to act“, zu denen insbesondere herrschende Gesellschafter, parent companies, ggf. aber auch übermäßig mitregierende Banken gehören. Ursprünglich schuldeten Geschäftsführer, ähnlich wie die trustees eines trusts (Trust und Treuhand), einer englischen Gesellschaft nur Treuepflichten (fiduciary duties genannt). Dies bedeutet vor allem, dass die Geschäftsführer immer im Interesse der Gesellschaft handeln müssen („to act bona fide in the best interests of the company“). Das Gesellschaftsinteresse wird im englischen Recht grundsätzlich monistisch bestimmt und entspricht dem Interesse der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit. Bei unvermeidbarer Insolvenz treten die Interessen der Gläubiger an die Stelle derjenigen der Gesellschafter, was auch eine gesellschaftsrechtliche Haftung zugunsten der Gläubiger für Fehlverhalten in der Krise begründen kann.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts haften Geschäftsführer nicht nur bei Verletzung von Treuepflichten, sondern auch für Sorgfaltspflichtverletzungen. Für die Begründung dieser Haftung der Geschäftsführer gilt der gemischt objektivsubjektive Fahrlässigkeitsmaßstab, wonach Geschäftsführer zum einen die Anforderungen erfüllen müssen, die allgemein und normalerweise an Geschäftsführer gestellt werden, zum anderen aber auch ihren besonderen persönlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen genügen.
Mit dem CA 2006 wurden die Pflichten der Direktoren umfassend einer gesetzlichen Regelung zugeführt (sec. 170 ff.), die freilich auf dem bisherigen common law aufbaut. Auch für die Rechtsfolgen (z.B. constructive trust betreffs zu Unrecht durch Ausnutzung einer corporate opportunity erlangter Gewinne bleibt das common law zuständig. Nach dem statutory law richten sich die wichtigen Vorschriften zur Begrenzung von Insidergeschäften (sec. 188 ff. CA 2006), denen in einem fokussierten Haftungssystem auch eine tragende Gläubigerschutzfunktion zukommt. Außerdem sind Geschäftsführer verpflichtet, bestimmte Gesellschaftsregister zu führen und das Companies House vorschriftsgemäß und regelmäßig zu informieren, u.a. die erforderlichen Jahresberichte und ‑abschlüsse einzureichen. Für die Verletzung dieser Pflichten können die Geschäftsführer auch strafrechtlich verfolgt werden. Auch der Gesellschaft drohen erhebliche Konsequenzen bis zur Streichung aus dem Gesellschaftsregister. Die Bestellung eines Company Secretary, der nach altem Recht eine tragende Rolle bei Erfüllung dieser Pflichten innehatte, ist bei der Private Limited nicht mehr verpflichtend (sec. 270 CA 2006).
Eine wichtige Rolle für den Gläubigerschutz in der englischen Limited spielt das Insolvenzrecht. Vor allem ist das einfache Antragsrecht der Gläubiger bedeutend, für das nach sec. 123 Abs. 1 lit. a IA 1986 Verzug mit unstreitiger Schuld über GBP 750,- nach Setzung einer dreiwöchigen Frist genügt. Mit Stellung des Insolvenzantrags werden – vorbehaltlich gerichtlicher Genehmigung und ungeachtet der Kenntnis der Geschäftsführer – sämtliche Dispositionen über Gesellschaftsvermögen unwirksam (sec. 127 IA 1986). In der Liquidation einer Gesellschaft kann der liquidator direkt gegen Geschäftsführer wegen wrongful trading vorgehen, die, obwohl sie wussten (oder hätten wissen müssen), dass die Gesellschaft keine realistische Überlebenschance hatte (sec. 214 Abs. 2 lit. b IA 1986), trotzdem notwendige Maßnahmen nicht vorgenommen haben. Zusätzlich kann ein liquidator einen Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer auch wegen fraudulent trading geltend machen (sec. 213 IA 1986). Fraudulent trading stellt eine Straftat dar und bedeutet, dass die Geschäftsführer die Gesellschaft mit dem Ziel geführt haben, die Gläubiger der Gesellschaft zu betrügen. In Fällen vorsätzlichen Gläubigerbetrugs besteht außerdem ein Ausgleichsanspruch nach sec. 423 IA 1986, der unter Umständen auch von den geschädigten Gläubigern direkt geltend gemacht werden kann. Die fallrechtliche Durchgriffshaftung unter der fraud exception kommt heutzutage in der englischen Praxis für Zwecke des Gläubigerschutzes nicht mehr zur Anwendung (Yukong Line/Rendsburg (No 2) [1998] 4 All ER 82 (Comm.)).
b) Gesellschafterversammlung und Gesellschafterbeschlüsse
Das oberste Organ in englischen Gesellschaften ist die Gesellschafterversammlung. Sie entscheidet über Satzungsänderungen und kann die Gesellschaft im Innen und sogar im Außenverhältnis umfassend binden. Sie kann jederzeit die Geschäftsführung an sich ziehen oder Einzelweisungen erteilen. Die Vorschriften zur Gesellschafterversammlung und den Gesellschafterbeschlüssen für die Private Limited wurden im CA 2006 erheblich dereguliert (sec. 281 ff.). Gesellschafterversammlungen müssen nur noch in der Plc grundsätzlich einmal jährlich abgehalten werden (sec. 336 CA 2006). Auch die wichtige unanimous consent doctrine gilt unverändert fort, wie der Vorbehalt in sec. 281 Abs. 4 CA 2006 klarstellt (siehe Palmer’s a.a.O., sec. 281, Note to subsection 4).
Gesellschafterbeschlüsse bedürfen einer einfachen Mehrheit (ordinary resolution) oder in besonderen Fällen (z.B. bei Satzungsänderungen) einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen (special resolutions) (sec. 282, 283 CA 2006). Das Konzept der extraordinary resolution wurde aufgegeben.
c) Minderheitenschutz
Einzelne Minderheitsgesellschafter können im Namen der Gesellschaft klagen (derivative action, d.h. actio pro societate), typischerweise gegen einen betrügerischen Geschäftsführer, der durch die Mehrheitsgesellschafter geschützt wird, oder gegen die Mehrheitsgesellschafter, die sich aus Gesellschaftsmitteln bereichert haben. Diese seit langem durch das Fallrecht anerkannte Art von Klagen ist durch sec. 260 ff. CA 2006 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Solche Klagen haben in der bisherigen Praxis allerdings selten Erfolg.
Minderheitsgesellschafter können nach sec. 994 CA 2006 aber auch ein Ersuchen (petition) um Abhilfe an das Gericht richten, wenn die Gesellschaft in einer Art und Weise geführt wird, die unbillig ist und die Interessen der Minderheitsgesellschafter verletzt (unfair prejudice). In der Praxis wird eine solche petition besonders oft genutzt, um einem Minderheitsaktionär die Austrittsmöglichkeit aus der Limited zu geben, in der er von den Mehrheitsgesellschaftern benachteiligt wird.
4. Finanzverfassung
Der CA 2006 legt für Limiteds kein Mindestkapital (minimum alloted share capital) fest. Eine Limited kann auch von einem Gesellschafter gegründet werden, der einen einzigen Geschäftsanteil zu GBP 1,- oder auch nur einen Penny hält. Vor diesem Hintergrund hat das Verbot der Unterpariemission kaum praktische Bedeutung. Insbesondere steht es debt/equity swaps auch bei kriselnden Gesellschaften nicht im Weg (Re Mercantile Trading Co, Schroeders’s Case (1871) L.R. 11 Eq. 13 (HL)). Geschäftsanteile müssen nicht unbedingt für Bargeld, sondern können auch gegen Sacheinlagen (money’s worth), auch durch Erbringung von Dienstleistungen, zugeteilt werden. Die Bewertung von Sacheinlagen in einer Limited, für die keine gesetzlichen Regeln gelten, wird grundsätzlich den Geschäftsführern der Limited überlassen. Die grundsätzlich bestehenden Bezugsrechte der Gesellschafter (sec. 561 CA 2006) können ohne Weiteres durch die articles ausgeschlossen werden (sec. 567 (1) CA 2006). Die Kapitalaufbringung der Limited ist durch den CA 2006 noch weiter dereguliert worden. So können bei entsprechender Verankerung in der Gesellschaftsverfassung (articles) auch allein durch die Geschäftsführer neue Anteile ausgegeben (alloted) werden (sec. 550 CA 2006). Das Kapital einer Limited kann sich aus mehreren Klassen von Geschäftsanteilen zusammensetzen, etwa aus Stammanteilen (ordinary shares) und Vorzugsanteilen (preference shares). Die Rechte, die mit verschiedenen Anteilsklassen verbunden sind, werden in den articles of association festgelegt.
Auch wenn es keine strenge Kapitalaufbringung kennt, so verlangt das englische Recht doch Kapitalerhaltung, also im Grundsatz wie das deutsche die Bindung des eingebrachten Kapitals (capital maintenance): Dazu beschränkt es Rückflüsse auf konsolidierte Gewinne (sec. 830 CA 2006, also keine „Privatentnahmen“). Das gilt auch für den – grundsätzlich zulässigen – Rückkauf eigener Anteile (sec. 692 CA 2006). Freilich laufen die Kapitalerhaltungsvorschriften einschließlich der common law-Regeln gegen verdeckte Gewinnausschüttungen (Aveling Barford) bei den typischerweise niedrigen Kapitalziffern i.d.R. ins Leere. Auch ist die Kapitalherabsetzung bei der Limited jetzt schon mit bloßem solvency test möglich (sec. 642 ff. CA 2006), während das Verbot der financial assistance bei der Limited sogar vollkommen gestrichen wurde (siehe sec. 677 ff. CA 2006).
Die Übertragung von Limited-Anteilen bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Eine spezielle stock transfer form muss vom Käufer und Verkäufer ausgefüllt und zusammen mit dem share certificate des Verkäufers an die Limited übergeben werden. Der company secretary veranlasst dann, dass die Geschäftsführer die Transaktion und Änderung des Gesellschafterregisters genehmigen. Nach Eintragung der Änderung wird dem neuen Besitzer ein neues Zertifikat für seinen Geschäftsanteil ausgestellt.
Vermögensgegenstände, die der Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen überlassen wurden, sollen den Gläubigern zur Verfügung stehen. Daher darf das Kapital nur unter besonderen Voraussetzungen an Gesellschafter zurückgezahlt oder zum Erwerb eigener Geschäftsanteile genutzt werden. Da bei vielen Limiteds das issued capital GBP 1,- beträgt, haben diese Regeln faktisch kaum Gläubigerschutzfunktionen.
5. Sonstiger Gläubiger und Investorenschutz
Die Offenlegungspflichten gelten als „Gegenleistung“ für die beschränkte Haftung und sollen Gläubigern und der Öffentlichkeit ermöglichen, ihre Geschäftspartner besser einschätzen zu können. Jedermann kann sich über das Companies House, bei dem alle wichtigen Informationen, Formulare sowie Jahresabschlüsse, Berichte der Geschäftsführung usw. eingereicht werden, über die Verhältnisse einer Limited informieren. Bei Insolvenzanträgen, Bestellungen von Liquidatoren, Änderungen der articles of association und dem memorandum of association, der Bestellung bzw. Abbestellung von Geschäftsführen und der Änderung des registered office werden Gläubiger normalerweise auch durch Anzeigen in englischen Tageszeitungen benachrichtigt. Einzureichen sind insbesondere der Jahresabschluss (annual accounts), ggf. samt Konzernabschluss, dazu Berichte der Geschäftsführer und auditors sowie der Jahresbericht (annual return).
Limiteds können ihren Gläubigern Sicherungsrechte (charges) am Gesellschaftsvermögen geben. Eine charge kann entweder eine Belastung sein, die sich auf einen bestimmten Vermögensgegenstand bezieht (fixed charge), oder eine „schwebende“ Belastung (floating charge) über eine Klasse von Vermögensgegenständen (z.B. ein Warenlager oder das gesamte Gesellschaftsvermögen). Die Gesellschaft kann über einen gesicherten Vermögensgegenstand nicht ohne die Mitwirkung des Inhabers des Sicherungsrechts verfügen. Bei der floating charge kann die Gesellschaft über einzelne Vermögensgegenstände in ihrem täglichen Geschäft frei verfügen. Der Gläubiger hat zunächst keine Zugriffsrechte auf bestimmte Vermögensgegenstände, bis ein vertraglich geregelter Umstand eintritt, wodurch die floating charge in eine konkrete Belastung eines oder mehrerer bestimmter Vermögensgegenstände umgewandelt wird (the floating charge ‘crystallises’).
Literatur. Peter Millet, Alistair Alcock (Hg.), Gore Brown on Companies, 2 Bde., 50. Aufl. 2004; Horst Eidenmüller (Hg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Roy Goode, Principles of Corporate Insolvency, 3. Aufl. 2005; Alexander Schall, Englischer Gläubigerschutz bei der Limited in Deutschland, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 2005, 965 ff.; idem, The UK Limited Company Abroad, European Business Law Review 16 (2005) 1534 ff.; Heribert Hirte, Thomas Bücker (Hg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006; Alexander Schall, Anspruchsgrundlagen gegen Direktoren und Gesellschafter einer Limited nach englischem Recht, Deutsches Steuerrecht 2006, 1229 ff.; Paul Davies, Gower and Davies‘ Principles of Modern Company Law, 8. Aufl. 2008; Clemens Just, Die englische Limited in der Praxis, 3. Aufl. 2008; Geoffrey Morse (Hg.), Palmer‘s Company Law (Loseblatt).