Datenbankschutz und Verbraucher und Verbraucherschutz: Unterschied zwischen den Seiten

Aus HWB-EuP 2009
(Unterschied zwischen Seiten)
K (1 Version importiert)
 
hwb>Admin
 
Zeile 1: Zeile 1:
von ''[[Matthias Leistner]]''
von ''[[Hannes Rösler]]''
== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Gegenstand und Zweck ==
Sammlungen von Beiträgen und letzthin auch Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellen, werden im Grundsatz als solche (und unbeschadet eines an den einzelnen Elementen bestehenden [[Urheberrecht]]s) aufgrund zwingender Vorgaben des internationalen Urheberrechts seit jeher weltweit urheberrechtlich geschützt. Dieser Schutz ist allerdings insofern lückenhaft, als insbesondere moderne Datenbanken häufig keine originelle Auswahl oder Anordnung der einzelnen Elemente aufweisen, sondern vielmehr auf Vollständigkeit der Auswahl und bloße Praxisgerechtigkeit der Anordnung ausgerichtet sind; so bleibt die in die Zusammenstellung, Prüfung und Präsentation der Daten fließende Investitionsleistung insbesondere aus der Sicht des kontinentaleuropäischen Urheberrechts schutzfrei.  
Der gemeinschaftsrechtliche Verbraucherschutz ist einer der hauptsächlichen Impulsgeber für die Modernisierung des Privatrechts. Regelmäßig bestimmt das durch [[Richtlinie]]n vorgegebene Recht den Schutz von Personen, die zu privaten Zwecken ein [[Rechtsgeschäft]] mit professionellen Parteien abschließen. Dieser personell-typisierte Dualismus geht zurück auf die industrielle Revolution, die zur Ausdifferenzierung von Massenproduktion und ‑distribution auf der einen und Massenkonsumtion auf der anderen Seite geführt hat. Während nun in der Produktions- und Anbietersphäre die gebündelte „Rationalisierung“ und die instrumentelle Vernunft vorherrschen, bestehen in der Sphäre des privaten Endabnehmers von Sach- und Dienstleistungen nach Erkenntnissen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft, Verhaltens- und Hirnforschung Zweifel am Handeln als vollrationaler, gleichwertiger Geschäftspartner.


Vor diesem Hintergrund verfolgt das durch die Datenbank-RL (RL 96/9) von 1996 geschaffene Schutzrecht ''sui generis ''für Datenbankhersteller als ein dem Urheberrecht verwandtes unternehmensbezogenes Leistungsschutzrecht den Zweck, die immaterielle Investitionsleistung des Datenbankherstellers effektiv zu schützen, die sowohl elektronischen als auch nicht-elektronischen Datenbanken zugrundeliegt. Damit sollten nicht nur Unterschiede des rechtlichen Schutzes von Datenbanken im Binnenmarkt eingeebnet, sondern es sollte insbesondere auch durch Schaffung rechtlicher Anreize die europäische Datenbankproduktion angeregt werden.
Eine der Ursachen liegt auch im Folgenden: Der Konsument tätigt Geschäfte mit meist jeweils geringen Transaktionsvolumina, die übermäßige Geistesanstrengungen – etwa bezüglich [[Allgemeine Geschäftsbedingungen|Allgemeiner Geschäftsbedingungen]] und weiterer nicht preis- und leistungsrelevanter Faktoren – unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen-Relation kaum sinnvoll erscheinen lassen. Dies ist bei der Unternehmensseite aufgrund der Bündelungsvorteile genau umgekehrt (''repeat player''). Zudem wird ein rationaler Geschäftsabschluss durch Werbung, Vertriebsumstände und – mit einigen Abstrichen – die Wirkkraft der Marke erschwert. Darum stößt ein reines Informationsmodell, das nur auf den Ausgleich von Asymmetrien durch Informationspflichten setzt, an seine Grenzen.


Die Datenbank-RL etabliert im Wege weitgehend abschließender Harmonisierung einen zweigleisigen Datenbankschutz. Das vorerwähnte traditionelle Urheberrecht des ''Autors'' am Sammelwerk (nunmehr: „Datenbankwerk“) wurde lediglich in gewissen Einzelheiten modifiziert; hinzu kommt neu das verwandte Leistungsschutzrecht des ''Herstellers'' zum Schutz der wesentlichen Investitionen in Datenbanken. Während den immateriellen Schutzgegenstand des Urheberrechts die individuelle geistige Schöpfung des Autors bildet, besteht der Schutzgegenstand des Datenbankherstellerrechts in der immateriellen Investitionsleistung des Datenbankherstellers. Beide immateriellen Schutzgegenstände können in ein und derselben Datenbank als einheitliches materielles Substrat nebeneinander verkörpert sein. Entsprechend sind auch beide Schutzrechte kumulativ anwendbar, so dass an einer einheitlichen Datenbank sowohl Urheberrechte der Autoren als auch Schutzrechte ''sui generis ''der Datenbankhersteller bestehen können.
Als Impulsgeber wirkt der Verbraucherschutz insofern, als sich die moderne Konsumgesellschaft und der daran anknüpfende Schutzgedanke erst mit Beginn der 1960er Jahre herausformte. (Wegmarke ist Präsident ''John F. Kennedys'' Erklärung „Consumers, by definition, include us all“ von 1962). Daher berücksichtigten ältere Gesetzeswerke und der Vertrag von Rom aus dem Jahre 1957 den Verbrauchergedanken im Großen und Ganzen kaum. Allerdings bestehen zum einen enge Verwandtschaften zu klassischen Bereichen – etwa zu den Begrenzungen der Privatautonomie durch das einzelfallabhängige Irrtums- und Sittenwidrigkeitsrecht. Zum anderen lassen sich Vorläufer bis auf ältere Markt- und Berufsordnungen nachzeichnen.
 
Das Verbraucherprivatrecht ist durch seinen typisierenden Ansatz charakterisiert. Es antwortet auf neue strukturelle Herausforderungen und gesteigerte Ungleichgewichte vor, während und nach Abschluss von Massengeschäften. Dazu gehören angesichts der transnationalen Verkehrs- und Kommunikationswege insbesondere Auslands- und Distanzgeschäfte. Kennzeichnenderweise reagiert der Gemeinschaftsgesetzgeber erstens nicht mit Vorschriften, die sich auf grenzüberschreitende Geschäfte beschränken. Vielmehr sind die Rechtsakte der Gemeinschaft zur Verhinderung von völliger Rechtszersplitterung gleichermaßen auf Inlands- wie Auslandssachverhalte anwendbar. Zweitens orientiert sich das Sekundärrecht marktfunktional teils an der Realität, teils aber auch am Wunschbild eines leistungsfähigen, wettbewerbsstimulierenden Verbraucherbinnenmarktes, der „für die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität in der ganzen Gemeinschaft unerlässlich ist“ (vgl. EuGH Rs. C-168/05 – ''Mostaza Claro'', Slg. 2006, I-10421, Rn. 37). Diese beiden Charakteristika unterscheiden das Gemeinschaftsprivatrecht etwa vom völkerrechtlichen UN-Kaufrecht ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]), das teils an die Tradition der ''[[Lex Mercatoria|lex mercatoria]] ''anknüpft.
 
Etwa 80 % des Gemeinschaftsvertragsrechts stammt bislang aus dem Bereich des Konsumentenschutzes. Dabei werden mit dem Informations-, Schutz- und Organisationsansatz grob drei Konzepte verknüpft. Das Informationskonzept und das an Bedeutung gewinnende Schutzkonzept verbinden die vertragsrechtlichen Richtlinien über [[Haustürgeschäfte]] (RL 85/577), Verbraucherkredite (RL 87/102, wobei die neue RL 2008/48 bis Mai 2010 umzusetzen ist, [[Verbraucherkreditrecht der Gemeinschaft]]; [[Verbraucherkredit (Regelungsgrundsätze)]]), den Fernabsatz (RL 97/7, [[Fernabsatzverträge]]), den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen (RL 2002/65), den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (RL 2008/122 [[Teilzeitwohnrechteverträge (Teilzeitnutzungsrechte)]]), Pauschalreisen (RL 90/314 [[Reisevertrag (Pauschalreisen)]]), missbräuchliche Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13) ([[Allgemeine Geschäftsbedingungen]]) und den [[Verbrauchsgüterkauf]] (RL 1999/44). Einen privatrechtlichen Abnehmerschutz gewährt auch die Produkthaftungs-RL (RL 85/374) unterstützt durch das Produktsicherheitsrecht ([[Produkthaftung]]).
 
Hauptsächlich mit Art. 6 Rom I-VO (VO 593/ 2008) und Art. 15-17 Brüssel I-VO (VO 44/2001) bestehen begünstigende Sondervorschriften im Internationalen Privat- und Prozessrecht ([[Verbraucherverträge (IPR und IZPR)]]). Für das anwendbare Recht bei Produkthaftungsansprüchen gilt dagegen Art. 5 Rom II-VO (VO 864/2007). Die erwähnte kollektive Interessenvertretung (Organisationsansatz) ist nur in einigen Bereichen Erfolg versprechend: Die Unterlassungsklagen-RL (RL 98/27) schafft Klagerechte für Verbraucherverbände und die VO 2006/2004 sieht die Kooperation zwischen ihnen vor. Für grenzüberschreitende Streitsachen gelten nach RL 2002/8 gemeinsame Mindestvorschriften über die Prozesskostenhilfe.
 
Die RL 2000/31 zum [[ Elektronischer Geschäftsverkehr – E‑Commerce|elektronischen Geschäftsverkehr]] sieht nur teilweise Sondervorschriften für den Verbraucher vor. Zudem schafft VO 261/2004 für sämtliche Fluggäste Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung. Zu beachten sind schließlich die kundenschützenden Gemeinschaftsrechtsakte zum Versicherungs-, Bank-, Anleger-, Datenschutz- und Telekommunikationsrecht. Die Dienstleistungs-RL (RL 2006/123) sieht den Verbraucherschutz nur indirekt und ganz am Rande vor.
 
Grundlegend zur Erhaltung von effektiver Wahlfreiheit sind die Vorschriften zum fairen Wettbewerb (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken [RL&nbsp;2005/29]; </nowiki> [[Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen)]]; Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung <nowiki> [RL&nbsp;2006/ 114] </nowiki>; [[Geschäftspraktiken, aggressive]]; [[Geschäftspraktiken, irreführende|Werbung, irreführende]]; [[Werbung, vergleichende]]). Ergänzt werden sie durch spezielle Werbevorschriften z.B. in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (RL&nbsp;89/552 in der Fassung der RL&nbsp;2007/65) und über Tabakprodukte (RL 2003/33) ([[Werbung für Tabakprodukte]]). Auch die Maßnahmen gegen Wettbewerbsbeschränkungen dienen in diesem weiteren Sinne den Konsumentenbelangen.


== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Der (zumal im Bereich der Herstellung leicht und zu geringen Kosten durch Konkurrenten kopierbarer elektronischer Datenbanken) zur Verhinderung von Situationen des Marktversagens notwendige rechtliche Nachahmungsschutz wurde vor der europäischen Harmonisierung in den meisten Staaten Kontinentaleuropas in unterschiedlichem Umfang durch das flexible Institut des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geleistet. Demgegenüber schützte im Vereinigten Königreich und Irland das hinsichtlich der Schutzvoraussetzungen weit gezeichnete ''copyright ''jegliche Zusammenstellungen von Elementen, in die eine substantielle Investition geflossen war; eine ähnliche Rolle für den Schutz auch von Datenbanken spielte im niederländischen Recht das weite Institut des ''geschriftenbescherming ''über den urheberrechtlichen Schutz einfacher Schriftwerke. In den nordischen Mitgliedstaaten existierte mit dem sogenannten Katalogschutz ein spezifisches Leistungsschutzrecht zum Schutz größerer Zusammenstellungen von Daten, das zum losen Vorbild des europäischen Datenbankschutzes geworden ist.
=== a) Querschnittsmaterie ===
Damit sind vielseitige Überschneidungen angesprochen. Sie sind Ausdruck einer Querschnittseigenschaft, die dazu zwingt, den Verbraucherschutz bei zahlreichen Maßnahmen horizontal zu berücksichtigen (Art.&nbsp;153(2) EG/12 AEUV). Aus dem öffentlichen Recht (einschließlich des Strafrechts) sind die Bereiche der technischen Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, Produktkennzeichnung, [[Preisangaben]] (RL&nbsp;98/6) und des Gesundheitsschutzes (Art.&nbsp;152 EG/168 AEUV) von Bedeutung. Vorliegend geht es dagegen um die Richtlinien des Verbraucherprivatrechts: Sie dienen – schon wegen der Kompetenzgrundlagen – vorrangig der Verwirklichung des [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarkt]]es ohne Wettbewerbsverzerrungen (Art.&nbsp;95 EG/114 AEUV), aber ebenfalls der Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Art.&nbsp;3(1)(t), 95(3) und 153 EG bzw. Art.&nbsp;4(2)(f), 12, 114(3) und 169 AEUV) ([[Auslegung des Gemeinschaftsrechts]]). Diese doppelfunktionalen Richtlinien weisen also typischerweise einen doppelten Begründungsstrang auf.
 
=== b) Definition des Verbrauchergeschäfts ===
Der privatrechtliche Verbraucherschutz (im engeren Sinne) braucht zur Erhöhung der Rechtssicherheit und zur Verhinderung von Beweisproblemen klare situations- und personenbezogene Abgrenzungen. Neben dem spezifischen sachlichen Anwendungsbereich jeder Richtlinie lauten die personellen Voraussetzungen fast durchgängig wie folgt: Verbraucher ist jede natürliche Person, die zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugewiesen werden kann (so bereits modellhaft Art.&nbsp;2 der Haustürwiderrufs-RL; begrifflich fehlgehend meint Art.&nbsp;2(4) Pauschalreise-RL den Buchenden).
 
Sein Vertragspartner muss notwendigerweise ein Gewerbetreibender sein. Dieser Gegenpart ist spiegelbildlich jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt (z.B. Art.&nbsp;2(c) Klausel-RL). Insofern kristallisieren sich zwei einheitliche und strikte Typenbegriffe heraus. Freilich macht davon – der noch auf die sechziger Jahre zurückgehende – Art.&nbsp;15(1) Brüssel&nbsp;I-VO eine Ausnahme, indem er zumindest vom Wortlaut her juristische Personen als Verbraucher nicht ausschließt ([[Verbraucherverträge (IPR und IZPR)]]). Letzteres gilt – mit geringer Bedeutung – auch bei Art.&nbsp;9(b) Produkthaftungs-RL.
 
Auf nationaler Ebene bestehen beim Verbraucherschutzkonzept und ‑begriff größere Abweichungen. Bei den Mindestharmonisierungsrichtlinien dürfen die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines höheren nationalen Schutzstandards den geschützten Personenkreis erweitern. Vielfach bemühen sich die Mitgliedstaaten um eine stringente, systembildende und vergleichsweise enge Definition des Verbrauchers im oben aufgezeigten Sinne (z.B. Art.&nbsp;7:5 Abs.&nbsp;1 BW; vertragsartübergreifend: Art.&nbsp;3 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a ''Codice del consumo'' und §&nbsp;13 BGB).
 
Der französische ''Code de la consommation'' weist als Gegenmodell eine uneinheitliche Begriffswahl auf: Teils wird der Verbraucher mit dem Kunden gleichgesetzt, teils lediglich als nichtberuflich Handelnder definiert. Überwiegend ist die Festlegung der Schutzsubjekte der Rechtsprechung überlassen. Dabei werden juristische Personen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Letzteres gilt auch in Spanien nach Art.&nbsp;1 Abs.&nbsp;2, Abs.&nbsp;3 ''Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios'' von 1984, in Österreich nach Art.&nbsp;1 Abs.&nbsp;1 Nr.&nbsp;2 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) sowie nach belgischem, dänischem und griechischem Recht. Das deutsche, italienische, niederländische, polnische und schwedische Recht nehmen dagegen juristische Person aus; ebenso Art. I.-1:105(1) DCFR.
 
In Frankreich erfasst der Verbraucherschutz weitgehend auch Unternehmer, die atypische Verträge abschließen (''Cour de Cassation'','' ''Cass. civ. 1<sup>re</sup> 5.3.2002, Bull. civ. IV, no.&nbsp;78, 60; gegen den „non-professionnel“ im Gemeinschaftsrecht EuGH Rs.&nbsp;C-361/89 – ''Di Pinto'', Slg. 1991, I-1189). Dagegen ist das deutsche Recht selbst bei den Geschäften zur Existenzgründung streng: Personen, die im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln, sind Unternehmer i.S.d. §&nbsp;14 BGB (BGH 24.2.2005, BGHZ&nbsp;162,&nbsp;253; ebenso für Art.&nbsp;15-17 Brüssel&nbsp;I-VO EuGH Rs.&nbsp;C-269/95 – ''Benincasa'', Slg. 1997, I-3767). Entgegengesetzt bejaht Art.&nbsp;1 Abs.&nbsp;3 österreich. KSchG hier eine Verbrauchertätigkeit. Als weitere Besonderheit des deutschen Rechts kann auch ein Angestellter ein Verbraucher i.S.d. §&nbsp;13 BGB sein. Dafür darf der Geschäftszweck nicht einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet sein.
 
Hinsichtlich der privat-gewerblich gemischten Geschäfte enthalten Art.&nbsp;I.-1:105(1) DCFR sowie §&nbsp;1 Abs.&nbsp;1 schwed. Verbraucherkaufgesetz (''Konsumentköplag'') von 1990 eine Klarstellung: Erfasst sind auch Verträge, die zwischen Gewerbetreibenden und einem Verbraucher „hauptsächlich“ zu dessen privatem Zweck abgeschlossen werden. Die deutschen Gerichte prüfen hier, welche Nutzung überwiegt (OLG Celle 11.8.2004, NJW-RR&nbsp;2004, 1645). Das Gemeinschaftsrecht hilft bei der Frage nur bedingt. Nicht durchsetzen konnte sich bei der Verbrauchsgüterkauf-RL eine Erfassung von Geschäften, die teilweise zu gewerblichen Zwecken erfolgen (KOM(95) 520 endg. hatte diese Erweiterung noch vorgeschlagen). Nur Art.&nbsp;9(b)(ii) Produkthaftungs-RL erwähnt das Kriterium der Hauptsächlichkeit. Dagegen muss bei der Brüssel&nbsp;I-VO der beruflich-gewerbliche Zweck „nebensächlich“ und von einer ganz untergeordneten Rolle sein (so EuGH Rs.&nbsp;C- 464/01 – ''Gruber'', Slg. 2005, I-439; [[Verbraucherverträge (IPR und IZPR)]]).
 
=== c) Integrations- oder Exklusionslösung bei der Umsetzung? ===
Das Verbraucherrecht ist heute integraler Bestandteil des Privatrechts. Der rechtssystematisch überzeugende Standort ist darum die Hauptkodifikation ([[Kodifikation]]). Dass die Integration keinen „Systembruch“ mit sich bringen muss, belegen der DCFR, das ''[[Burgerlijk Wetboek]]'' und das [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]. Letzteres enthält seit 2000 bzw. 2002 fast sämtliche Verbrauchervorschriften (vorrangig §§&nbsp;13, 241a, 310 Abs.&nbsp;3, 312&nbsp;ff., 355&nbsp;ff., 474&nbsp;ff., 481&nbsp;ff., 491&nbsp;ff., 499&nbsp;ff., 505, 506, 661a BGB). Vormals fand sich der Verbraucherschutz in einer Reihe von Sondergesetzen. Diese Zweispurigkeit setzte bereits 1894 mit dem Abzahlungsgesetz ein, und zwar nicht zuletzt aus Furcht, andernfalls das bürgerlichrechtliche Leitbild der Gleichheit und Selbstbestimmung aller Rechtssubjekte zu beschädigen. Doch diese Sorge ist unberechtigt. Das modernisierte BGB regelt systemkonform neben dem Bürger-Bürger-Rechtsverhältnis, dem professionellen b2b (ergänzt um das HGB) nun auch das spezielle b2c-Geschäft.
 
Da hier das Recht nicht neu erfunden werden muss, kann das allgemeine Privatrecht an verbraucherrechtliche Erfordernisse durch ein höheres Schutzniveau angepasst und damit spezialisiert werden. Neben der klaren Sichtbarkeit des Verbraucherschutzes bietet die Einbeziehungslösung als weiteren Vorzug eine Rechtsvereinfachung gegenüber den in den Mitgliedstaaten überwiegend inselhaften Einzelgesetzen: Sie verhindert Überlappungen, stärkt die Rechtssicherheit und Effizienz. Zudem zwingt die Integration zu einer klareren dogmatischen Herausarbeitung des Verhältnisses zum Willensmängelrecht, fahrlässiger Aufklärungspflichtverletzung und (sonstigem) Schwächerenschutz.
 
Die gegenwärtigen Verbrauchergesetzbücher kommen dagegen ohne Bezugnahme auf den Hauptkodex kaum aus. So stellt der 1993 erlassene ''Code de la Consommation'' ein Sammelgesetz dar. Ähnliches gilt für den ''Codice del consumo'' von 2005 (ebenfalls mit Verbrauchsgüterkauf) und das österreich. KSchG von 1979 (der Verbrauchsgüterkauf findet sich dagegen überwiegend im ABGB). Der ''Code de la Consommation'' vereint die bestehenden Verbraucherschutzvorschriften als ''codification administrative''. Dies erklärt, warum die besagten divergierenden Verbraucherdefinitionen schlicht tradiert wurden. Verbrauchergesetzbücher solcher ''Couleur'' sind ein Kompromiss zwischen voller Anerkennung in der Kernkodifikation und (formaler) Zersplitterung. Letztere ist für das englische Recht kennzeichnend mit seiner ''bolt on''-Umsetzung. Hier wurden einfach die ''Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994'' (später 1999) zur Umsetzung der RL&nbsp;93/13 neben den ''Unfair Contract Terms Act 1977'' gestellt. Allerdings wurden zur Umsetzung der RL&nbsp;1999/44 der ''Sale of Goods Act 1979'' und zwei weitere Gesetze aktualisiert.


Vor diesem Hintergrund stellt sich die durch die Datenbank-RL geschaffene zweigleisige Struktur als eine Kompromisslösung dar, die einerseits im Rahmen der Harmonisierung des ''urheberrechtlichen'' Schutzes von Datenbanken aus der Sicht des britischen ''copyright ''die Schutzvoraussetzungen erhöhte, andererseits mit dem investitionsschützenden Datenbankherstellerrecht ''sui generis ''ein hinsichtlich der Voraussetzungen und hinsichtlich des Schutzumfangs bemerkenswert weitreichendes Leistungsschutzrecht einführte, das aus der Sicht der meisten kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten im Vergleich mit dem flexiblen Instrumentarium des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes eine deutliche Intensivierung des rechtlichen Schutzes für Datenbanken mit sich brachte. Diese Ausdehnung des rechtlichen Schutzes für Datenbanken im europäischen Wirtschaftsraum ist schon bei Erlass der Datenbank-Richtlinie nicht frei von Kritik geblieben. Das neue Investitionsschutzrecht ''sui generis ''führt nach Ansicht seiner Kritiker zu einer dem System des Immaterialgüterrechts fremdartigen Monopolisierung reiner Information, die die Freiheit des Informationszugangs und der Informationsverbreitung über Gebühr einschränkt und potentiell den freien Wettbewerb insbesondere in abgeleiteten Märkten beeinträchtigt ([[Geistiges Eigentum und Wettbewerbsbeschränkung]]).
Insgesamt sind die Divergenzen des gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Verbraucherrechts unübersehbar – und dies, obwohl eine sehr intensive Vorprägung besteht, denn die Gemeinschaft ist hier zum entscheidenden Impulsgeber geworden. Bedauerlicherweise haben die Verbrauchergesetze nicht zu einer stärkeren Vereinheitlichung geführt. Dies hängt teils mit der mangelnden (horizontalen) Kohärenz des Gemeinschaftsrechts zusammen. Darum läge in einer europaweiten Verbraucherrechtsrichtlinie, ‑verordnung oder ‑modellgebung eine große Chance sowohl für die inhaltliche Verdichtung des Gemeinschaftsrechts als auch für die Rechtssicherheit der beteiligten Verkehrskreise.


Die Umsetzung der Datenbank-RL ist mittlerweile in sämtlichen Mitgliedstaaten erfolgt. Auch liegen erste bahnbrechende Urteile des [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] und ein recht breites Fallrecht mitgliedstaatlicher Gerichte vor. So lässt sich die Kritik am Datenbankschutzrecht angesichts der mittlerweile verfeinerten Regelungsstrukturen des europäisch harmonisierten Rechts differenziert beurteilen.
== 3. Schutzkonzept des Gemeinschaftsrechts ==
=== a) Informationsmodell und andere Instrumente ===
Die beträchtliche Macht der Verbraucher zur Steuerung des Marktsystems geht fehl bei falschen oder unvollständigen Informationen ([[Informationspflichten (Verbrauchervertrag)]]). Informierte Verbraucher fungieren darum nicht als Gegner der Wirtschaftsseite, sondern – wie die Informationsökonomie unterstrichen hat – als Partner im Marktgeschehen. Der Qualitäts- und Preiswettbewerb soll (gerade in liberalisierten Märkten) durch verbraucherseitige Transparenz- und Autonomieerhöhung gefördert werden, etwa durch Vertrauensbildung zum Wechsel bewährter Konsumgewohnheiten, Anbieter, Marken oder Tarife. Davon profitieren der seriöse Marktanbieter und – von mehr fairem Wettbewerb – letztendlich die Verbraucher. Auch darum sind verlässliche Informationen und seriöse Vertriebspraktiken schon im Vorfeld durch das Lauterkeitsrecht zu gewährleisten.  


== 3. Vereinheitlichungsprojekte; Regelungsstrukturen im Einheitsrecht ==
Bei den Verbrauchervertragsrichtlinien setzt die Gemeinschaft in beträchtlichem Umfang auf die Informationsversorgung – etwa im Reise- und ''Time-Sharing''-Recht. Damit gilt der Grundsatz des geringsten bzw. verhältnismäßigen Eingriffs in die Vertragsautonomie zugunsten eines verständigen Verbrauchers. Angesichts der Unübersichtlichkeiten und Asymmetrien sind aber unterstützend weitere vertragsrechtliche Instrumente erforderlich, die einen intensiveren Eingriff in den Grundsatz der Vertragstreue bedeuten. Hervorzuheben sind die Situations-, Vertragstypus- und Abwesenheitswiderrufsrechte nach den Richtlinien über Haustürgeschäfte, ''Time-Sharing'' sowie neuerdings auch Verbraucherkredit und den beiden zum Fernabsatz. Von größter Bedeutung sind die vertragsartübergreifende Klauselkontrolle und die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und Garantien mit ihren zahlreichen halbzwingenden Vorschriften, die Kernbereiche des Zivilrechts europäisieren. Die Gemeinschaft argumentiert hierzu mit dem Verbrauchervertrauen in den Binnenmarkt, das es zu stärken gelte (z.B. Erwägungsgrund 5 Verbrauchsgüterkauf-RL).
Angesichts des punktgenauen Charakters der wesentlichen Vorgaben der Datenbank-RL blieb für die Mitgliedstaaten wenig inhaltlicher Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie. Allerdings unterscheiden sich die Umsetzungskonzepte der Mitgliedstaaten in systematischer Hinsicht. Im Wesentlichen lassen sich zwei unterschiedliche systematische Ansätze bei der Umsetzung beobachten. So haben unter anderem Deutschland, Österreich, Spanien und die skandinavischen Mitgliedstaaten das Datenbankherstellerrecht als verwandtes Schutzrecht unter Rückgriff auf die urheberrechtlichen Verwertungsrechte umgesetzt; hiervon abweichend haben andere Mitgliedstaaten – wie insbesondere das Vereinigte Königreich – neben der Anpassung der urheberrechtlichen Vorschriften das neue Datenbankschutzrecht in einem eigenständigen Sondergesetz unter weitestgehender Orientierung an den Begrifflichkeiten der Richtlinie geregelt. Ein Mittelweg findet sich in Frankreich und Belgien verwirklicht, wo die Bestimmungen über den Datenbankschutz zwar innerhalb des einheitlichen französischen ''Code de la propriété intellectuelle ''bzw. im belgischen Urheberrechtsgesetz aufgenommen, dabei aber in ihrer Formulierung minutiös an die Vorgaben der Richtlinie angelehnt wurden. Wesentliche inhaltliche Unterschiede insbesondere hinsichtlich des Umfangs der dem Datenbankhersteller gewährten Rechte ergeben sich aus den unterschiedlichen systematischen Umsetzungskonzepten nicht.


Die Richtlinie folgt einem weiten Datenbankbegriff, dem sämtliche systematische oder methodische Zusammenstellungen einzelner, unabhängiger Elemente unterfallen. Hiervon sind sowohl elektronische als auch nicht-elektronische Datenbanken erfasst. Entscheidende materielle Voraussetzung des Datenbankschutzes ist das Vorhandensein einer ''wesentlichen'' Investition, wobei im Fallrecht der mitgliedstaatlichen Gerichte – soweit ersichtlich – hinsichtlich des Wesentlichkeitsbegriffs tendenziell keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden. Auch die dem Datenbankhersteller für die Dauer von 15 Jahren eingeräumten Exklusivrechte sind wiederum ihrerseits auf ''wesentliche Teile ''der Datenbank begrenzt. Neuinvestitionen in das ''updating ''bestehender Datenbanken können selbständig schutzfähig sein, so dass kontinuierlich aktualisierte Datenbanken in ihren im Hinblick auf die jeweiligen Aktualisierungsinvestitionen wesentlichen Teilen potentiell „ewigen“ Schutz genießen. Der den Mitgliedstaaten eingeräumte Spielraum für Ausnahmebestimmungen (Schranken) vom leistungsschutzrechtlichen Datenbankschutz ist nach der Richtlinie bemerkenswerterweise sogar enger umrissen als die Optionen für urheberrechtliche Schrankenbestimmungen.
Der Grat zur Bevormundung und Überforderung ist oft schmal. Ohnehin bleibt „der“ europäische Verbraucher eine Fiktion z.B. angesichts von unterschiedlicher Erfahrung, Ausbildung und Geisteskraft. Grundsätzliches Ziel der Gemeinschaft ist die Förderung von effektiver Wahlfreiheit durch Informationen und von Entscheidungsspielräumen durch Weitung der Marktgrenzen. Das [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]]-Grundlagenurteil ''Cassis de Dijon'' verdeutlicht dieses zweite Standbein des Verbraucherrechts: Es spricht sich gegen übertrieben vorsorglichen mitgliedstaatlichen Verbraucherschutz und für die Durchsetzung der [[Warenverkehrsfreiheit]] aus (EuGH Rs.&nbsp;120/78, Slg. 1979, 649; zum Informationsmodell auch EuGH Rs.&nbsp;C 362/88 – ''GB-INNO-BM'', Slg. 1990, I-667).  


Wenngleich das Datenbankschutzrecht Wettbewerber nicht hindert, konkurrierende Datenbanken mit vergleichbarem Inhalt aus unabhängigen Quellen zusammenzustellen, da seinen Schutzgegenstand gerade nicht die in der Datenbank kompilierte Information als solche, sondern vielmehr allein die Investition in die Zusammenstellung, Überprüfung und Darstellung des Datenbankinhalts bildet, kann es doch in bestimmten Situationen zu unerwünschten Beschränkungen des Wettbewerbs führen (s. auch [[Geistiges Eigentum und Wettbewerbsbeschränkung]]). Dies ist insbesondere in sogenannten ''sole source data-''Situationen der Fall, wenn die eigentliche Investitionsleistung des Herstellers nicht darauf zielt, vorhandene Daten zusammenzustellen, sondern sich vielmehr auf die Generierung neuer Daten im Rahmen einer anders ausgerichteten Tätigkeit richtet (''spin off''). Denn in diesen Situationen können die zur Herstellung konkurrierender oder fortentwickelter Produkte notwendigen Daten in der Tat nur beim Hersteller der ''sole source ''Datenbank erlangt werden. Relevant ist dies vor mitgliedstaatlichen Gerichten etwa für Zusammenstellungen von Sportspielplänen unterschiedlicher Provenienz oder auch für Zugfahrpläne geworden, wobei jeweils die Hersteller der Daten im Rahmen anders gelagerter Haupttätigkeit (Veranstaltung der Sportereignisse, Bahnverkehr) auf diesem Wege letztlich versuchten, nachgelagerte Märkte zu monopolisieren. Für derartige Situationen hat der EuGH in seiner bezüglich des Datenbankherstellerrechts grundlegenden Entscheidung ''British Horseracing Board ''(EuGH Rs.&nbsp;C-203/02,'' ''Slg. 2004, I-10415) und in den parallel entschiedenen ''Marketing Fixtures ''Fällen (EuGH Rs.&nbsp;C-444/02 – ''Fixtures Marketing/ Organismos Prognostikon'','' ''Slg. 2004, I-10549; EuGH Rs.&nbsp;C-46/02 – ''Fixtures Marketing/Oy Veikkaus AB'','' ''Slg. 2004, I-10365; EuGH Rs.&nbsp;C-338/02 – ''Fixtures Marketing/Svenska Spel AB'', Slg. 2004, I-10497) durch genaue Definition der Schutzvoraussetzungen und des Schutzgegenstands gewisse Abhilfe geschaffen. Demnach sind Investitionen für die Beurteilung des Wesentlichkeitskriteriums im Rahmen der Schutzvoraussetzung und des Schutzgegenstands nur berücksichtigungsfähig, wenn sie sich auf die ''Zusammenstellung'','' Überprüfung oder Präsentation vorvorhandener Daten'' beziehen; demgegenüber wird die Generierung von Daten als solche vom Datenbankschutz nicht erfasst.
Bei der lauterkeits-, warenkennzeichen- und markenrechtlichen Beurteilung ist darum auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren- oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH Rs.&nbsp;C-210/96 – ''Gut Springenheide'', Slg. 1998 I-4657). Dabei sind soziale, kulturelle und sprachliche Umstände berücksichtbar (EuGH Rs.&nbsp;C-220/98 – ''Estée Lauder'', Slg. 2000, I-117, Rn.&nbsp;29); Erwägungsgrund 18 RL&nbsp;2005/29).


Die typischen ''sole source-''Datenbanken dürften damit künftig richtigerweise nicht länger vom Datenbankschutz profitieren, sodass insoweit die wettbewerbsadversen Effekte des Datenbankschutzrechts reduziert werden könnten. Allerdings stellen sich in dieser Hinsicht in der Praxis ersichtlich erhebliche Abgrenzungsprobleme, für die weder im Fallrecht der Mitgliedstaaten noch in der europäischen Rechtsprechung bisher abschließende Lösungen gefunden wurden. Problematisch für den Wettbewerb bleibt das Schutzrecht zudem weiterhin in Situationen, in denen sich – insbesondere aufgrund von Netzwerkeffekten – Datenbankstrukturen zum ''de facto-''Standard in bestimmten Informationsmärkten entwickeln. Der Sachverhalt in ''IMS Health ''(EuGH Rs.&nbsp;C-418/01, Slg. 2004, I-5039; [[Geistiges Eigentum und Wettbewerbsbeschränkung]]) bildet ein Beispiel: (Potentielle) Abnehmer für Informationsdienstleistungen im Bereich des Vertriebs pharmazeutischer Produkte waren aufgrund besonders hoher ''switching costs ''und bestimmter Netzwerkeffekte nicht bereit, vergleichbare Daten konkurrierender Anbieter in einer vom Standard des Marktbeherrschers abweichenden Datenbankstruktur zu akzeptieren. Diese Struktur war aber urheber- und datenbankrechtlich geschützt. Für derartige Situationen kann – aufgrund ihrer letztlich marktspezifischen Ursachen, die stets der sorgsamen ökonomischen Analyse im Einzelfall bedürfen – nicht eine Begrenzung des immaterialgüterrechtlichen Schutzgegenstands, sondern vielmehr derzeit allein die kartellrechtliche Gewährung von Zwangslizenzen aufgrund von Art.&nbsp;82 EG/102 AEUV unter bestimmten Voraussetzungen den resultierenden Beeinträchtigungen des Wettbewerbs abhelfen.
=== b) Kohärenz- und Reformfragen ===
Bereits das unverbindliche Erste Verbraucherprogramm von 1975 erkannte die Verbraucherbelange auf Gesundheitsschutz, Schutz der wirtschaftlichen Interessen, Information und auf Selbstorganisationen an. Seit dem Vertrag von Maastricht findet sich dies auch im Primärrecht (Art.&nbsp;153(1) EG/169(1) AEUV). Gleichwohl ist das seit den Achtzigern schubweise entstandene EG-Verbraucherrecht inkohärent und fragmentarisch. Es konzentriert sich teils kompromisshaft auf einzelne Problemlagen einzelner Verbraucherverträge. Eine weitgehende Vereinheitlichung von Begrifflichkeiten, Informationspflichten, Widerrufsrechten, Formvorschriften usw. wäre zu begrüßen.  


== 4. Neuere Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Auf Grundlage des Grünbuchs zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM(2006) 744 endg.) strebt die Europäische Kommission gegenwärtig eine umfassende Konsolidierung und Reform der oben genannten RL&nbsp;85/577, 93/13 und 97/7 und 1999/44 in einer Richtlinie über Rechte der Verbraucher an (KOM(2008) 614 endg.). Der von ihr gewünschte Wechsel von der Mindest- zur Vollharmonisierung wird allerdings mit Skepsis aufgenommen, da er zu einer Verringerung des Schutzniveaus und einer Versteinerung des Verbraucherrechts führen könnte. Freilich wurde das Prinzip der Mindestharmonisierung bereits durchbrochen bei den Richtlinien zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, zu unlauteren Geschäftspraktiken und der neuen zum Verbraucherkredit.
Aufgrund der vorstehend geschilderten Probleme wird das Datenbankschutzrecht, das ursprünglich von der Europäischen Gemeinschaft sogar als Modell eines weltweiten Datenbankschutzes intendiert war, mittlerweile teilweise sehr kritisch beurteilt. Im globalen Maßstab haben sich vergleichbare Schutzinstrumentarien im Sinne eines genuinen Immaterialgüterrechts für Datenbankhersteller bisher nicht durchgesetzt; vielmehr steht in der Regel der urheberrechtliche Schutz von Datenbanken noch ganz im Vordergrund. Wenn überhaupt, werden im Rahmen von Gesetzgebungsprojekten außerhalb der EU derzeit auf nationaler Ebene eher flexible Ansätze ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes verfolgt. Die Einführung eines eigenständigen Schutzinstruments für Datenbanken im internationalen Recht ist nach derzeitigem Stand ebenfalls nicht absehbar.


Auch die [[Europäische Kommission]] konstatierte in ihrem ersten Evaluierungsbericht zum europäischen Datenbankschutzrecht von 2005, dass das ''sui generis-''Recht seine Zielsetzung, die europäische Datenbankindustrie durch Setzung rechtlicher Anreize effektiv zu fördern, verfehlt habe. Als Optionen für die weitere Entwicklung im Gemeinschaftsrecht wurden eine vollkommene Aufhebung der Richtlinie, eine Aufhebung des ''sui generis-''Datenbankschutzes, eine Überarbeitung der Richtlinienbestimmungen oder die Beibehaltung des ''status quo ''erwogen. Einzig realistisch dürften insoweit in mittelfristiger Perspektive die dritte und vierte Alternative sein. Insbesondere gilt es angesichts der Vielzahl der in der Datenbank-RL enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, in wesentlichen Teilbereichen noch die weitere Entwicklung im Fallrecht des EuGH abzuwarten (siehe zuletzt EuGH Rs. C-304/07 – ''Directmedia Publishing GmbH/Albert-Ludwigs-Universität Freiburg'', EuLF (Section I) 2008, 215; EuGH Rs. C-545/07 – ''Apis-Hristovich EOOD/ Lakorda AD'', EuZW 2009, 345).
Ein weiteres Regelungserfordernis liegt bei den Rechtsfolgen und der (grenzüberschreitenden) Rechtsdurchsetzung. Insbesondere im Fall der Streuschäden hat der einzelne Verbraucher keinen hinreichenden Anreiz, selbst zu klagen. Die [[Europäische Kommission]] plant darum eine europaweite Sammelklage für Verstöße gegen Verbraucherschutz- und Kartellvorschriften der EU ([[Verbandsklage]]).  


''De lege ferenda ''werden in der Literatur bestimmte Änderungen der Bestimmungen über das ''sui generis-''Recht angeregt. So wäre unter anderem das Verhältnis des neuen Leistungsschutzrechts zu Instrumenten des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes auf nationaler Ebene im Sinne einer Anordnung strikter Subsidiarität zu klären. Daneben sollten insbesondere die Schrankenbestimmungen des gemeinschaftsrechtlichen Datenbankschutzes zumindest den weiter gezogenen Schrankenoptionen im Rahmen des europäischen Urheberrechts angepasst, zum Teil wohl auch zwingend statt lediglich optional ausgestaltet werden.  
== 4. Einheitsrecht ==
Über die EU hinaus bestehen keine ernsthaften internationalen Regeln zum Verbraucherschutz, sondern nur Empfehlungen und Berichte (etwa der OECD). Mit der Förderung und dem Schutz der wirtschaftlichen Verbraucherinteressen befasst sich die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9.4.1985 über Richtlinien für den Verbraucherschutz. Es handelt sich aber um allgemeine, unverbindliche Zielvorgaben. Das CISG nimmt gemäß Art.&nbsp;2(a) Verträge aus, die den Kauf von Waren „für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt“ betreffen ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]). Diese positive Definition ist enger als die gemeinschaftsrechtliche (s.o.).  


Ein solcherart reformiertes Datenbankschutzrecht könnte im weltweiten Vergleich dann doch noch gewissen Modellcharakter entfalten, zumal in anderen nationalen Rechtsordnungen – wie etwa im US-amerikanischen Recht – die Kumulation unterschiedlichster Schutzsysteme (wie technische Schutzmaßnahmen, vertragsrechtliche Schutzmöglichkeiten, Nachahmungsschutz) zu einer durchaus unübersichtlichen Rechtslage geführt hat, die ihrerseits teils hochproblematische Rückwirkungen auf die Wettbewerbsfreiheit im Bereich unterschiedlicher Informationsmärkte aufweist.
Allerdings greift dieser Anwendungsausschluss nicht, wenn der Verkäufer vor oder bei Vertragsschluss weder wusste noch wissen musste, dass die Waren für einen solchen Gebrauch gekauft wurden. Dieses kognitive Element enthält das Gemeinschaftsrecht wegen der unterschiedlichen Stoßrichtung gerade nicht: Das EG-Schutzrecht mit seinem subjektiv-persönlich anknüpfenden Schutzzweck soll Ungleichheiten ausgleichen und erfordert im Unterschied zu den handelsrechtlichen Erfordernissen keine Publizität und keinen Vertrauensschutz (zur Kollisionsfrage mit dem CISG siehe [[Verbrauchsgüterkauf]]). Eine subjektive Schutzklausel zugunsten von Unternehmern konnte sich darum auch bei Art.&nbsp;6 Rom&nbsp;I-VO nicht durchsetzen (anders noch KOM(2005) 650 endg.). Die [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT PICC]] nehmen Verbraucherverträge durch die Erfassung der rein internationalen „Handelsverträge“ indirekt aus. Die [[Principles of European Contract Law|PECL]] haben den Verbraucherschutz fast gänzlich ausgeblendet, was der DCFR unter Berücksichtung des diesbezüglichen ''acquis communautaire'' heilt.


==Literatur==
== Literatur==
''Viola Bensinger'','' ''Sui-generis-Schutz für Datenbanken, Die EG-Datenbankrichtlinie vor dem Hintergrund des nordischen Rechts, 1999; ''Jens L. Gaster'','' ''Der Rechtsschutz von Datenbanken: Kommentar zur Richtlinie 96/9/EG; mit Erläuterungen zur Umsetzung in das deutsche und österreichische Recht, 1999; ''Matthias Leistner'','' ''Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, Eine Untersuchung zur Richtlinie 96/9/EG und zu ihrer Umsetzung in das deutsche Urheberrechtsgesetz, 2000; ''Mark J. Davison'', The legal protection of databases, 2003; ''Guido Westkamp'','' ''Der Schutz von Datenbanken und Informationssammlungen im britischen und deutschen Recht, 2003; ''Andreas Wiebe'','' Andreas Leupold ''(Hg.), Recht der elektronischen Datenbanken, Rechtsschutz, Vertragsgestaltung, Haftung, 2004; ''Martin Vogel'','' ''§§&nbsp;87a&nbsp;ff. UrhG, in: Gerhard Schricker (Hg.), Urheberrecht, 3.&nbsp;Aufl. 2006; ''Matthias Leistner'','' ''“Last exit withdrawal”? Die Zukunft des europäischen Datenbankschutzes nach der EuGH-Entscheidung in Sachen BHB v. Hill und dem Evaluierungsbericht der Kommission, Kommunikation und Recht 2007, 457&nbsp;ff.;'' Estelle Derclaye'','' ''The legal protection of databases, A comparative analysis, 2008; ''Matthias Leistner'', The protection of databases,'' ''in: Estelle Derclaye (Hg.), Research Handbook on the Future of EU Copyright, 2009, 427&nbsp;ff.  
''Norbert Reich'', ''Hans-W. Micklitz'', Europäisches Verbraucherrecht, 4.&nbsp;Aufl. 2003; ''Hannes Rösler'', Europäisches Konsumentenvertragsrecht: Grundkonzeption, Prinzipien und Fortentwicklung, 2004; ''idem'', 30 Jahre Verbraucherpolitik in Europa: Rechtsvergleichende, programmatische und institutionelle Faktoren, Zeitschrift für Rechtsvergleichung 2005, 134&nbsp;ff.; ''Stephen Weatherill'', EU Consumer Law and Policy, 2.&nbsp;Aufl. 2005; ''Geraint G. Howells'', ''Stephen Weatherill'', Consumer Protection Law, 2.&nbsp;Aufl. 2005; ''Jean Calais-Auloy'', ''Frank Steinmetz'', Droit de la consommation, 7.&nbsp;Aufl. 2006; ''Bettina Heiderhoff'', Gemeinschaftsprivatrecht, 2.&nbsp;Aufl. 2007; ''Hannes Rösler'', Primäres EU-Verbraucherrecht: Vom Römischen Vertrag bis zum Vertrag von Lissabon, Europarecht 2008, 800&nbsp;ff.; ''Hans Schulte-Nölke'', ''Christian Twigg-Flesner'', ''Martin Ebers ''(Hg.), EC Consumer Law Compendium: The Consumer Acquis and its transposition in the Member States, 2008; ''Hans W. Micklitz'','' Norbert Reich'', Crónica de una muerte anunciada: The Commission Proposal for a “Directive on Consumer Rights”, Common Market Law Review 46 (2009) 471&nbsp;ff.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]

Version vom 14. September 2016, 13:31 Uhr

von Hannes Rösler

1. Gegenstand und Zweck

Der gemeinschaftsrechtliche Verbraucherschutz ist einer der hauptsächlichen Impulsgeber für die Modernisierung des Privatrechts. Regelmäßig bestimmt das durch Richtlinien vorgegebene Recht den Schutz von Personen, die zu privaten Zwecken ein Rechtsgeschäft mit professionellen Parteien abschließen. Dieser personell-typisierte Dualismus geht zurück auf die industrielle Revolution, die zur Ausdifferenzierung von Massenproduktion und ‑distribution auf der einen und Massenkonsumtion auf der anderen Seite geführt hat. Während nun in der Produktions- und Anbietersphäre die gebündelte „Rationalisierung“ und die instrumentelle Vernunft vorherrschen, bestehen in der Sphäre des privaten Endabnehmers von Sach- und Dienstleistungen nach Erkenntnissen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaft, Verhaltens- und Hirnforschung Zweifel am Handeln als vollrationaler, gleichwertiger Geschäftspartner.

Eine der Ursachen liegt auch im Folgenden: Der Konsument tätigt Geschäfte mit meist jeweils geringen Transaktionsvolumina, die übermäßige Geistesanstrengungen – etwa bezüglich Allgemeiner Geschäftsbedingungen und weiterer nicht preis- und leistungsrelevanter Faktoren – unter dem Gesichtspunkt der Kosten-Nutzen-Relation kaum sinnvoll erscheinen lassen. Dies ist bei der Unternehmensseite aufgrund der Bündelungsvorteile genau umgekehrt (repeat player). Zudem wird ein rationaler Geschäftsabschluss durch Werbung, Vertriebsumstände und – mit einigen Abstrichen – die Wirkkraft der Marke erschwert. Darum stößt ein reines Informationsmodell, das nur auf den Ausgleich von Asymmetrien durch Informationspflichten setzt, an seine Grenzen.

Als Impulsgeber wirkt der Verbraucherschutz insofern, als sich die moderne Konsumgesellschaft und der daran anknüpfende Schutzgedanke erst mit Beginn der 1960er Jahre herausformte. (Wegmarke ist Präsident John F. Kennedys Erklärung „Consumers, by definition, include us all“ von 1962). Daher berücksichtigten ältere Gesetzeswerke und der Vertrag von Rom aus dem Jahre 1957 den Verbrauchergedanken im Großen und Ganzen kaum. Allerdings bestehen zum einen enge Verwandtschaften zu klassischen Bereichen – etwa zu den Begrenzungen der Privatautonomie durch das einzelfallabhängige Irrtums- und Sittenwidrigkeitsrecht. Zum anderen lassen sich Vorläufer bis auf ältere Markt- und Berufsordnungen nachzeichnen.

Das Verbraucherprivatrecht ist durch seinen typisierenden Ansatz charakterisiert. Es antwortet auf neue strukturelle Herausforderungen und gesteigerte Ungleichgewichte vor, während und nach Abschluss von Massengeschäften. Dazu gehören angesichts der transnationalen Verkehrs- und Kommunikationswege insbesondere Auslands- und Distanzgeschäfte. Kennzeichnenderweise reagiert der Gemeinschaftsgesetzgeber erstens nicht mit Vorschriften, die sich auf grenzüberschreitende Geschäfte beschränken. Vielmehr sind die Rechtsakte der Gemeinschaft zur Verhinderung von völliger Rechtszersplitterung gleichermaßen auf Inlands- wie Auslandssachverhalte anwendbar. Zweitens orientiert sich das Sekundärrecht marktfunktional teils an der Realität, teils aber auch am Wunschbild eines leistungsfähigen, wettbewerbsstimulierenden Verbraucherbinnenmarktes, der „für die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität in der ganzen Gemeinschaft unerlässlich ist“ (vgl. EuGH Rs. C-168/05 – Mostaza Claro, Slg. 2006, I-10421, Rn. 37). Diese beiden Charakteristika unterscheiden das Gemeinschaftsprivatrecht etwa vom völkerrechtlichen UN-Kaufrecht (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)), das teils an die Tradition der lex mercatoria anknüpft.

Etwa 80 % des Gemeinschaftsvertragsrechts stammt bislang aus dem Bereich des Konsumentenschutzes. Dabei werden mit dem Informations-, Schutz- und Organisationsansatz grob drei Konzepte verknüpft. Das Informationskonzept und das an Bedeutung gewinnende Schutzkonzept verbinden die vertragsrechtlichen Richtlinien über Haustürgeschäfte (RL 85/577), Verbraucherkredite (RL 87/102, wobei die neue RL 2008/48 bis Mai 2010 umzusetzen ist, Verbraucherkreditrecht der Gemeinschaft; Verbraucherkredit (Regelungsgrundsätze)), den Fernabsatz (RL 97/7, Fernabsatzverträge), den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen (RL 2002/65), den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (RL 2008/122 Teilzeitwohnrechteverträge (Teilzeitnutzungsrechte)), Pauschalreisen (RL 90/314 Reisevertrag (Pauschalreisen)), missbräuchliche Vertragsklauseln in Verbraucherverträgen (RL 93/13) (Allgemeine Geschäftsbedingungen) und den Verbrauchsgüterkauf (RL 1999/44). Einen privatrechtlichen Abnehmerschutz gewährt auch die Produkthaftungs-RL (RL 85/374) unterstützt durch das Produktsicherheitsrecht (Produkthaftung).

Hauptsächlich mit Art. 6 Rom I-VO (VO 593/ 2008) und Art. 15-17 Brüssel I-VO (VO 44/2001) bestehen begünstigende Sondervorschriften im Internationalen Privat- und Prozessrecht (Verbraucherverträge (IPR und IZPR)). Für das anwendbare Recht bei Produkthaftungsansprüchen gilt dagegen Art. 5 Rom II-VO (VO 864/2007). Die erwähnte kollektive Interessenvertretung (Organisationsansatz) ist nur in einigen Bereichen Erfolg versprechend: Die Unterlassungsklagen-RL (RL 98/27) schafft Klagerechte für Verbraucherverbände und die VO 2006/2004 sieht die Kooperation zwischen ihnen vor. Für grenzüberschreitende Streitsachen gelten nach RL 2002/8 gemeinsame Mindestvorschriften über die Prozesskostenhilfe.

Die RL 2000/31 zum elektronischen Geschäftsverkehr sieht nur teilweise Sondervorschriften für den Verbraucher vor. Zudem schafft VO 261/2004 für sämtliche Fluggäste Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen bei Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung. Zu beachten sind schließlich die kundenschützenden Gemeinschaftsrechtsakte zum Versicherungs-, Bank-, Anleger-, Datenschutz- und Telekommunikationsrecht. Die Dienstleistungs-RL (RL 2006/123) sieht den Verbraucherschutz nur indirekt und ganz am Rande vor.

Grundlegend zur Erhaltung von effektiver Wahlfreiheit sind die Vorschriften zum fairen Wettbewerb (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken [RL 2005/29]; </nowiki> Unlauterer Wettbewerb (Grundlagen); Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung [RL 2006/ 114] ; Geschäftspraktiken, aggressive; Werbung, irreführende; Werbung, vergleichende). Ergänzt werden sie durch spezielle Werbevorschriften z.B. in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (RL 89/552 in der Fassung der RL 2007/65) und über Tabakprodukte (RL 2003/33) (Werbung für Tabakprodukte). Auch die Maßnahmen gegen Wettbewerbsbeschränkungen dienen in diesem weiteren Sinne den Konsumentenbelangen.

2. Tendenzen der Rechtsentwicklung

a) Querschnittsmaterie

Damit sind vielseitige Überschneidungen angesprochen. Sie sind Ausdruck einer Querschnittseigenschaft, die dazu zwingt, den Verbraucherschutz bei zahlreichen Maßnahmen horizontal zu berücksichtigen (Art. 153(2) EG/12 AEUV). Aus dem öffentlichen Recht (einschließlich des Strafrechts) sind die Bereiche der technischen Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, Produktkennzeichnung, Preisangaben (RL 98/6) und des Gesundheitsschutzes (Art. 152 EG/168 AEUV) von Bedeutung. Vorliegend geht es dagegen um die Richtlinien des Verbraucherprivatrechts: Sie dienen – schon wegen der Kompetenzgrundlagen – vorrangig der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes ohne Wettbewerbsverzerrungen (Art. 95 EG/114 AEUV), aber ebenfalls der Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Art. 3(1)(t), 95(3) und 153 EG bzw. Art. 4(2)(f), 12, 114(3) und 169 AEUV) (Auslegung des Gemeinschaftsrechts). Diese doppelfunktionalen Richtlinien weisen also typischerweise einen doppelten Begründungsstrang auf.

b) Definition des Verbrauchergeschäfts

Der privatrechtliche Verbraucherschutz (im engeren Sinne) braucht zur Erhöhung der Rechtssicherheit und zur Verhinderung von Beweisproblemen klare situations- und personenbezogene Abgrenzungen. Neben dem spezifischen sachlichen Anwendungsbereich jeder Richtlinie lauten die personellen Voraussetzungen fast durchgängig wie folgt: Verbraucher ist jede natürliche Person, die zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugewiesen werden kann (so bereits modellhaft Art. 2 der Haustürwiderrufs-RL; begrifflich fehlgehend meint Art. 2(4) Pauschalreise-RL den Buchenden).

Sein Vertragspartner muss notwendigerweise ein Gewerbetreibender sein. Dieser Gegenpart ist spiegelbildlich jede natürliche oder juristische Person, die im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt (z.B. Art. 2(c) Klausel-RL). Insofern kristallisieren sich zwei einheitliche und strikte Typenbegriffe heraus. Freilich macht davon – der noch auf die sechziger Jahre zurückgehende – Art. 15(1) Brüssel I-VO eine Ausnahme, indem er zumindest vom Wortlaut her juristische Personen als Verbraucher nicht ausschließt (Verbraucherverträge (IPR und IZPR)). Letzteres gilt – mit geringer Bedeutung – auch bei Art. 9(b) Produkthaftungs-RL.

Auf nationaler Ebene bestehen beim Verbraucherschutzkonzept und ‑begriff größere Abweichungen. Bei den Mindestharmonisierungsrichtlinien dürfen die Mitgliedstaaten zur Schaffung eines höheren nationalen Schutzstandards den geschützten Personenkreis erweitern. Vielfach bemühen sich die Mitgliedstaaten um eine stringente, systembildende und vergleichsweise enge Definition des Verbrauchers im oben aufgezeigten Sinne (z.B. Art. 7:5 Abs. 1 BW; vertragsartübergreifend: Art. 3 Abs. 1 lit. a Codice del consumo und § 13 BGB).

Der französische Code de la consommation weist als Gegenmodell eine uneinheitliche Begriffswahl auf: Teils wird der Verbraucher mit dem Kunden gleichgesetzt, teils lediglich als nichtberuflich Handelnder definiert. Überwiegend ist die Festlegung der Schutzsubjekte der Rechtsprechung überlassen. Dabei werden juristische Personen nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Letzteres gilt auch in Spanien nach Art. 1 Abs. 2, Abs. 3 Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios von 1984, in Österreich nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) sowie nach belgischem, dänischem und griechischem Recht. Das deutsche, italienische, niederländische, polnische und schwedische Recht nehmen dagegen juristische Person aus; ebenso Art. I.-1:105(1) DCFR.

In Frankreich erfasst der Verbraucherschutz weitgehend auch Unternehmer, die atypische Verträge abschließen (Cour de Cassation, Cass. civ. 1re 5.3.2002, Bull. civ. IV, no. 78, 60; gegen den „non-professionnel“ im Gemeinschaftsrecht EuGH Rs. C-361/89 – Di Pinto, Slg. 1991, I-1189). Dagegen ist das deutsche Recht selbst bei den Geschäften zur Existenzgründung streng: Personen, die im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln, sind Unternehmer i.S.d. § 14 BGB (BGH 24.2.2005, BGHZ 162, 253; ebenso für Art. 15-17 Brüssel I-VO EuGH Rs. C-269/95 – Benincasa, Slg. 1997, I-3767). Entgegengesetzt bejaht Art. 1 Abs. 3 österreich. KSchG hier eine Verbrauchertätigkeit. Als weitere Besonderheit des deutschen Rechts kann auch ein Angestellter ein Verbraucher i.S.d. § 13 BGB sein. Dafür darf der Geschäftszweck nicht einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet sein.

Hinsichtlich der privat-gewerblich gemischten Geschäfte enthalten Art. I.-1:105(1) DCFR sowie § 1 Abs. 1 schwed. Verbraucherkaufgesetz (Konsumentköplag) von 1990 eine Klarstellung: Erfasst sind auch Verträge, die zwischen Gewerbetreibenden und einem Verbraucher „hauptsächlich“ zu dessen privatem Zweck abgeschlossen werden. Die deutschen Gerichte prüfen hier, welche Nutzung überwiegt (OLG Celle 11.8.2004, NJW-RR 2004, 1645). Das Gemeinschaftsrecht hilft bei der Frage nur bedingt. Nicht durchsetzen konnte sich bei der Verbrauchsgüterkauf-RL eine Erfassung von Geschäften, die teilweise zu gewerblichen Zwecken erfolgen (KOM(95) 520 endg. hatte diese Erweiterung noch vorgeschlagen). Nur Art. 9(b)(ii) Produkthaftungs-RL erwähnt das Kriterium der Hauptsächlichkeit. Dagegen muss bei der Brüssel I-VO der beruflich-gewerbliche Zweck „nebensächlich“ und von einer ganz untergeordneten Rolle sein (so EuGH Rs. C- 464/01 – Gruber, Slg. 2005, I-439; Verbraucherverträge (IPR und IZPR)).

c) Integrations- oder Exklusionslösung bei der Umsetzung?

Das Verbraucherrecht ist heute integraler Bestandteil des Privatrechts. Der rechtssystematisch überzeugende Standort ist darum die Hauptkodifikation (Kodifikation). Dass die Integration keinen „Systembruch“ mit sich bringen muss, belegen der DCFR, das Burgerlijk Wetboek und das BGB. Letzteres enthält seit 2000 bzw. 2002 fast sämtliche Verbrauchervorschriften (vorrangig §§ 13, 241a, 310 Abs. 3, 312 ff., 355 ff., 474 ff., 481 ff., 491 ff., 499 ff., 505, 506, 661a BGB). Vormals fand sich der Verbraucherschutz in einer Reihe von Sondergesetzen. Diese Zweispurigkeit setzte bereits 1894 mit dem Abzahlungsgesetz ein, und zwar nicht zuletzt aus Furcht, andernfalls das bürgerlichrechtliche Leitbild der Gleichheit und Selbstbestimmung aller Rechtssubjekte zu beschädigen. Doch diese Sorge ist unberechtigt. Das modernisierte BGB regelt systemkonform neben dem Bürger-Bürger-Rechtsverhältnis, dem professionellen b2b (ergänzt um das HGB) nun auch das spezielle b2c-Geschäft.

Da hier das Recht nicht neu erfunden werden muss, kann das allgemeine Privatrecht an verbraucherrechtliche Erfordernisse durch ein höheres Schutzniveau angepasst und damit spezialisiert werden. Neben der klaren Sichtbarkeit des Verbraucherschutzes bietet die Einbeziehungslösung als weiteren Vorzug eine Rechtsvereinfachung gegenüber den in den Mitgliedstaaten überwiegend inselhaften Einzelgesetzen: Sie verhindert Überlappungen, stärkt die Rechtssicherheit und Effizienz. Zudem zwingt die Integration zu einer klareren dogmatischen Herausarbeitung des Verhältnisses zum Willensmängelrecht, fahrlässiger Aufklärungspflichtverletzung und (sonstigem) Schwächerenschutz.

Die gegenwärtigen Verbrauchergesetzbücher kommen dagegen ohne Bezugnahme auf den Hauptkodex kaum aus. So stellt der 1993 erlassene Code de la Consommation ein Sammelgesetz dar. Ähnliches gilt für den Codice del consumo von 2005 (ebenfalls mit Verbrauchsgüterkauf) und das österreich. KSchG von 1979 (der Verbrauchsgüterkauf findet sich dagegen überwiegend im ABGB). Der Code de la Consommation vereint die bestehenden Verbraucherschutzvorschriften als codification administrative. Dies erklärt, warum die besagten divergierenden Verbraucherdefinitionen schlicht tradiert wurden. Verbrauchergesetzbücher solcher Couleur sind ein Kompromiss zwischen voller Anerkennung in der Kernkodifikation und (formaler) Zersplitterung. Letztere ist für das englische Recht kennzeichnend mit seiner bolt on-Umsetzung. Hier wurden einfach die Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994 (später 1999) zur Umsetzung der RL 93/13 neben den Unfair Contract Terms Act 1977 gestellt. Allerdings wurden zur Umsetzung der RL 1999/44 der Sale of Goods Act 1979 und zwei weitere Gesetze aktualisiert.

Insgesamt sind die Divergenzen des gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Verbraucherrechts unübersehbar – und dies, obwohl eine sehr intensive Vorprägung besteht, denn die Gemeinschaft ist hier zum entscheidenden Impulsgeber geworden. Bedauerlicherweise haben die Verbrauchergesetze nicht zu einer stärkeren Vereinheitlichung geführt. Dies hängt teils mit der mangelnden (horizontalen) Kohärenz des Gemeinschaftsrechts zusammen. Darum läge in einer europaweiten Verbraucherrechtsrichtlinie, ‑verordnung oder ‑modellgebung eine große Chance sowohl für die inhaltliche Verdichtung des Gemeinschaftsrechts als auch für die Rechtssicherheit der beteiligten Verkehrskreise.

3. Schutzkonzept des Gemeinschaftsrechts

a) Informationsmodell und andere Instrumente

Die beträchtliche Macht der Verbraucher zur Steuerung des Marktsystems geht fehl bei falschen oder unvollständigen Informationen (Informationspflichten (Verbrauchervertrag)). Informierte Verbraucher fungieren darum nicht als Gegner der Wirtschaftsseite, sondern – wie die Informationsökonomie unterstrichen hat – als Partner im Marktgeschehen. Der Qualitäts- und Preiswettbewerb soll (gerade in liberalisierten Märkten) durch verbraucherseitige Transparenz- und Autonomieerhöhung gefördert werden, etwa durch Vertrauensbildung zum Wechsel bewährter Konsumgewohnheiten, Anbieter, Marken oder Tarife. Davon profitieren der seriöse Marktanbieter und – von mehr fairem Wettbewerb – letztendlich die Verbraucher. Auch darum sind verlässliche Informationen und seriöse Vertriebspraktiken schon im Vorfeld durch das Lauterkeitsrecht zu gewährleisten.

Bei den Verbrauchervertragsrichtlinien setzt die Gemeinschaft in beträchtlichem Umfang auf die Informationsversorgung – etwa im Reise- und Time-Sharing-Recht. Damit gilt der Grundsatz des geringsten bzw. verhältnismäßigen Eingriffs in die Vertragsautonomie zugunsten eines verständigen Verbrauchers. Angesichts der Unübersichtlichkeiten und Asymmetrien sind aber unterstützend weitere vertragsrechtliche Instrumente erforderlich, die einen intensiveren Eingriff in den Grundsatz der Vertragstreue bedeuten. Hervorzuheben sind die Situations-, Vertragstypus- und Abwesenheitswiderrufsrechte nach den Richtlinien über Haustürgeschäfte, Time-Sharing sowie neuerdings auch Verbraucherkredit und den beiden zum Fernabsatz. Von größter Bedeutung sind die vertragsartübergreifende Klauselkontrolle und die Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf und Garantien mit ihren zahlreichen halbzwingenden Vorschriften, die Kernbereiche des Zivilrechts europäisieren. Die Gemeinschaft argumentiert hierzu mit dem Verbrauchervertrauen in den Binnenmarkt, das es zu stärken gelte (z.B. Erwägungsgrund 5 Verbrauchsgüterkauf-RL).

Der Grat zur Bevormundung und Überforderung ist oft schmal. Ohnehin bleibt „der“ europäische Verbraucher eine Fiktion z.B. angesichts von unterschiedlicher Erfahrung, Ausbildung und Geisteskraft. Grundsätzliches Ziel der Gemeinschaft ist die Förderung von effektiver Wahlfreiheit durch Informationen und von Entscheidungsspielräumen durch Weitung der Marktgrenzen. Das EuGH-Grundlagenurteil Cassis de Dijon verdeutlicht dieses zweite Standbein des Verbraucherrechts: Es spricht sich gegen übertrieben vorsorglichen mitgliedstaatlichen Verbraucherschutz und für die Durchsetzung der Warenverkehrsfreiheit aus (EuGH Rs. 120/78, Slg. 1979, 649; zum Informationsmodell auch EuGH Rs. C 362/88 – GB-INNO-BM, Slg. 1990, I-667).

Bei der lauterkeits-, warenkennzeichen- und markenrechtlichen Beurteilung ist darum auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren- oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH Rs. C-210/96 – Gut Springenheide, Slg. 1998 I-4657). Dabei sind soziale, kulturelle und sprachliche Umstände berücksichtbar (EuGH Rs. C-220/98 – Estée Lauder, Slg. 2000, I-117, Rn. 29); Erwägungsgrund 18 RL 2005/29).

b) Kohärenz- und Reformfragen

Bereits das unverbindliche Erste Verbraucherprogramm von 1975 erkannte die Verbraucherbelange auf Gesundheitsschutz, Schutz der wirtschaftlichen Interessen, Information und auf Selbstorganisationen an. Seit dem Vertrag von Maastricht findet sich dies auch im Primärrecht (Art. 153(1) EG/169(1) AEUV). Gleichwohl ist das seit den Achtzigern schubweise entstandene EG-Verbraucherrecht inkohärent und fragmentarisch. Es konzentriert sich teils kompromisshaft auf einzelne Problemlagen einzelner Verbraucherverträge. Eine weitgehende Vereinheitlichung von Begrifflichkeiten, Informationspflichten, Widerrufsrechten, Formvorschriften usw. wäre zu begrüßen.

Auf Grundlage des Grünbuchs zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM(2006) 744 endg.) strebt die Europäische Kommission gegenwärtig eine umfassende Konsolidierung und Reform der oben genannten RL 85/577, 93/13 und 97/7 und 1999/44 in einer Richtlinie über Rechte der Verbraucher an (KOM(2008) 614 endg.). Der von ihr gewünschte Wechsel von der Mindest- zur Vollharmonisierung wird allerdings mit Skepsis aufgenommen, da er zu einer Verringerung des Schutzniveaus und einer Versteinerung des Verbraucherrechts führen könnte. Freilich wurde das Prinzip der Mindestharmonisierung bereits durchbrochen bei den Richtlinien zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, zu unlauteren Geschäftspraktiken und der neuen zum Verbraucherkredit.

Ein weiteres Regelungserfordernis liegt bei den Rechtsfolgen und der (grenzüberschreitenden) Rechtsdurchsetzung. Insbesondere im Fall der Streuschäden hat der einzelne Verbraucher keinen hinreichenden Anreiz, selbst zu klagen. Die Europäische Kommission plant darum eine europaweite Sammelklage für Verstöße gegen Verbraucherschutz- und Kartellvorschriften der EU (Verbandsklage).

4. Einheitsrecht

Über die EU hinaus bestehen keine ernsthaften internationalen Regeln zum Verbraucherschutz, sondern nur Empfehlungen und Berichte (etwa der OECD). Mit der Förderung und dem Schutz der wirtschaftlichen Verbraucherinteressen befasst sich die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9.4.1985 über Richtlinien für den Verbraucherschutz. Es handelt sich aber um allgemeine, unverbindliche Zielvorgaben. Das CISG nimmt gemäß Art. 2(a) Verträge aus, die den Kauf von Waren „für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt“ betreffen (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)). Diese positive Definition ist enger als die gemeinschaftsrechtliche (s.o.).

Allerdings greift dieser Anwendungsausschluss nicht, wenn der Verkäufer vor oder bei Vertragsschluss weder wusste noch wissen musste, dass die Waren für einen solchen Gebrauch gekauft wurden. Dieses kognitive Element enthält das Gemeinschaftsrecht wegen der unterschiedlichen Stoßrichtung gerade nicht: Das EG-Schutzrecht mit seinem subjektiv-persönlich anknüpfenden Schutzzweck soll Ungleichheiten ausgleichen und erfordert im Unterschied zu den handelsrechtlichen Erfordernissen keine Publizität und keinen Vertrauensschutz (zur Kollisionsfrage mit dem CISG siehe Verbrauchsgüterkauf). Eine subjektive Schutzklausel zugunsten von Unternehmern konnte sich darum auch bei Art. 6 Rom I-VO nicht durchsetzen (anders noch KOM(2005) 650 endg.). Die UNIDROIT PICC nehmen Verbraucherverträge durch die Erfassung der rein internationalen „Handelsverträge“ indirekt aus. Die PECL haben den Verbraucherschutz fast gänzlich ausgeblendet, was der DCFR unter Berücksichtung des diesbezüglichen acquis communautaire heilt.

Literatur

Norbert Reich, Hans-W. Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, 4. Aufl. 2003; Hannes Rösler, Europäisches Konsumentenvertragsrecht: Grundkonzeption, Prinzipien und Fortentwicklung, 2004; idem, 30 Jahre Verbraucherpolitik in Europa: Rechtsvergleichende, programmatische und institutionelle Faktoren, Zeitschrift für Rechtsvergleichung 2005, 134 ff.; Stephen Weatherill, EU Consumer Law and Policy, 2. Aufl. 2005; Geraint G. Howells, Stephen Weatherill, Consumer Protection Law, 2. Aufl. 2005; Jean Calais-Auloy, Frank Steinmetz, Droit de la consommation, 7. Aufl. 2006; Bettina Heiderhoff, Gemeinschaftsprivatrecht, 2. Aufl. 2007; Hannes Rösler, Primäres EU-Verbraucherrecht: Vom Römischen Vertrag bis zum Vertrag von Lissabon, Europarecht 2008, 800 ff.; Hans Schulte-Nölke, Christian Twigg-Flesner, Martin Ebers (Hg.), EC Consumer Law Compendium: The Consumer Acquis and its transposition in the Member States, 2008; Hans W. Micklitz, Norbert Reich, Crónica de una muerte anunciada: The Commission Proposal for a “Directive on Consumer Rights”, Common Market Law Review 46 (2009) 471 ff.

Abgerufen von Datenbankschutz – HWB-EuP 2009 am 20. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

Die hier veröffentlichten Artikel unterliegen exklusiven Nutzungsrechten der Rechteinhaber des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht und des Verlages Mohr Siebeck; sie dürfen nur für nichtkommerzielle Zwecke genutzt werden. Nutzer dürfen auf die öffentlich frei zugänglich gemachten Artikel zugreifen, diese herunterladen, Ausdrucke anfertigen und Kopien der Dateien anfertigen. Weiterhin dürfen Nutzer die Artikel auszugsweise übersetzen und im Rahmen von wissenschaftlicher Arbeit zitieren, sofern folgende Anforderungen erfüllt werden:

  • Nutzung zu nichtkommerziellen Zwecken
  • Erhalt der Text-Integrität des Artikels und seiner Bestandteile
  • Zitieren der Fundstelle gemäß wissenschaftlichen Standards unter Angabe von Autoren, Stichworttitel, Werkname, Jahr der Veröffentlichung (siehe Zitiervorschlag).