Culpa in Contrahendo und Unternehmenskauf/Mergers and Acquisitions: Unterschied zwischen den Seiten

Aus HWB-EuP 2009
(Unterschied zwischen Seiten)
K (1 Version importiert)
 
K (1 Version importiert)
 
Zeile 1: Zeile 1:
von ''[[Jan von Hein]]''
von ''[[Marcus Baum]]''
== 1. Einleitung ==
== 1. Begriffsbestimmung und Grundarten ==
Die Europäisierung des Vertragsrechts, insbesondere die Arbeit am Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]], steht vor der grundlegenden Frage, welche Fälle überhaupt in das Vertragsrecht gehören und welche hingegen dem [[Deliktsrecht: Allgemeines und lex Aquilia|Deliktsrecht]] – oder gar einer sog. „dritten Spur“ zwischen Vertrag und Delikt – zuzuweisen sind. Bruchlinien zwischen den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zeigen sich insbesondere bei der Qualifikation der vorvertraglichen Haftung, der ''culpa in contrahendo'' (c.i.c.).
Unternehmenskauf und ''mergers and acquisitions'', letzteres in der Regel abgekürzt als ''M&A'', werden weitgehend synonym verwendet. Bereits dies belegt die Schwierigkeit einer exakten Begriffsbestimmung. So hebt der eine Terminus wesentlich auf das Objekt, nämlich das Unternehmen, ab, der andere kommt hingegen vollständig ohne einen Objektbezug aus und beschreibt Tätigkeiten. Das Problem des Begriffs Unternehmenskauf liegt vorwiegend darin, dass es trotz vielfältiger dogmatischer Bemühungen an einem einheitlichen und anerkannten rechtlichen Unternehmensbegriff fehlt. So definieren die Rechtsordnungen den Unternehmensbegriff jeweils mit Blick auf seinen Kontext.


== 2. Deutsches Recht ==
Für die Praxis des Unternehmenskaufes bzw. der ''mergers and acquisitions'' bereitet diese begriffliche Unschärfe keine Schwierigkeiten. Sie unterscheidet in allen europäischen Jurisdiktionen grundlegend danach, ob der Unternehmenskauf in der Form des ''asset deals'', also als Kauf der das Unternehmen repräsentierenden einzelnen Wirtschaftsgüter, oder in der Form des ''share deals'', des Kaufs von Geschäftsanteilen, vollzogen wird.
=== a) Historische Entwicklung ===
Die von ''Rudolf von Jhering''<nowiki> (JhJb.&nbsp;4 [1861] 1&nbsp;ff.) für eng begrenzte Fallgestaltungen, insbesondere die Haftung für den Vertrauensschaden des anderen Teils infolge der Anfechtung einer Willenserklärung, entwickelte c.i.c. wurde von der Rechtsprechung schon bald zu einem probaten Instrument ausgebaut, um Schwächen des deutschen Deliktsrechts zu kompensieren. So nahm das RG Anstoß daran, dass eine Kundin, die in einem Ladengeschäft von einer umfallenden Linoleumrolle schwer verletzt wird, gegen den Ladeninhaber wegen dessen Exkulpationsmöglichkeit für den Verrichtungssgehilfen nach §&nbsp;831 BGB keinen Schadensersatzanspruch haben sollte (RG 7.12.1911, RGZ&nbsp;78, 239), ein nicht nur unbilliges, sondern auch ökonomisch unsinniges Ergebnis, weil der Firmeninhaber etwaige Schäden am kostengünstigsten versichern kann. Das RG half der Klägerin, indem es die nach §&nbsp;278 BGB strikte Vertragshaftung für Erfüllungsgehilfen auf einen solchen Fall erstreckte, obwohl noch bei der Schaffung des BGB die Frage nach einer deliktischen oder vertraglichen Qualifikation der c.i.c. ausdrücklich offen gelassen worden war. Erst im Zuge der Schuldrechtsreform 2001 hat der deutsche Gesetzgeber den Versuch unternommen, durch eine Kodifikation der c.i.c. im Vertragsrecht (§&nbsp;311 Abs.&nbsp;2, 3 BGB) die europäische Rezeption deutscher Rechtsvorstellungen zu fördern. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, der Umstand, „dass das Bürgerliche Gesetzbuch keine Regelung zur c.i.c. enthält, diese aber dennoch als Rechtsinstitut durch die Rechtsprechung entwickelt worden ist … [,] macht es … nicht leicht, zukunftsweisende Entwicklungen des deutschen Rechts ausländischen Staaten zur Nachahmung zu empfehlen oder in die Europäische Rechtsentwicklung einzuführen“ (BT-Drucks. 14/6040 v.&nbsp;14.5.2001, 162).</nowiki>


=== b) Heutiges Recht ===
Beim ''asset deal'' geht das Unternehmen durch Übertragung einer Vielzahl materieller und immaterieller Vermögensbestandteile, wobei dies auch Verträge und Verbindlichkeiten sein können, vom Veräußerer auf den Erwerber über. Es kommt also zu einer Abtrennung des Unternehmens von seinem bisherigen Rechtsträger. Während das Unternehmen als solches einheitlicher Kaufgegenstand ist, muss die Übertragung nach den jeweils für die einzelnen Vermögensbestandteile des Unternehmens maßgeblichen Vorschriften als ein ganzes Bündel von einzelnen Übertragungsakten erfolgen. Der ''asset deal'' zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus. So kann das gesamte Unternehmen veräußert werden. Es können aber auch einzelne Vermögensbestandteile oder Verbindlichkeiten herausgenommen und zurückbehalten werden.
Im deutschen Recht hat die c.i.c. heute einen sehr breitgefächerten Anwendungsbereich und kommt in einer Vielzahl von Fallgruppen in Betracht. Zum einen wird auf die Haftung nach §§&nbsp;280 Abs.&nbsp;1, 311 Abs.&nbsp;2, 241 Abs.&nbsp;2 BGB zurückgegriffen, um strukturelle Defizite des deutschen materiellen Deliktsrechts auszugleichen. Anders als die romanischen Rechtsordnungen beschränkt es sich weitgehend auf die Verletzung absoluter Rechte und sieht keine generelle Haftung für primäre Vermögensschäden vor. Diese rechtspolitische Grundsatzentscheidung beruht zwar auf dem anerkennenswerten Motiv, eine übermäßige Beschränkung der Handlungsfreiheit zu verhindern, führt jedoch immer wieder zu als unbillig empfundenen Schutzdefiziten. Diese werden zum Teil im Rahmen des Deliktsrechts bewältigt, z.B. durch eine Lockerung des Vorsatzerfordernisses im Rahmen des §&nbsp;826 BGB oder durch die Erweiterung des Kreises der absoluten Rechte, z.B. in Gestalt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, in zahlreichen Fällen aber auch durch eine Ausdehnung des Vertragsrechts, insbesondere in den Fällen einer beruflichen Haftung für Auskünfte. Darüber hinaus ist die Haftung für Verrichtungsgehilfen aufgrund der bereits unter 2. a) erwähnten Exkulpationsmöglichkeit des Geschäftsherrn stark eingeschränkt. Schließlich trägt grundsätzlich der Geschädigte die volle Beweislast, wenngleich insoweit das Prozessrecht (Schadensschätzung, §&nbsp;287 ZPO) und das Richterrecht manche Milderung bereithalten (sekundäre Darlegungslast, z.B. bei der [[Produkthaftung|Produkt-]] und Arzthaftung). Vorteilhafter für das Opfer ist aber die Beweislastverteilung nach §&nbsp;280 Abs.&nbsp;1 S.&nbsp;2 BGB.


In der deutschen rechtsvergleichenden Literatur ist man sich heute darin einig, dass jedenfalls die Haftung für Integritätsverletzungen (Linoleumrollen- und Salatblattfälle, vgl. BGH 28.1.1976, BGHZ&nbsp;66,&nbsp;51) bei einer funktionalen Betrachtung eigentlich dem Deliktsrecht zuzuordnen ist. Versuche, eine solche Einordnung vor der Schuldrechtsreform de lege lata zu erreichen, insbesondere durch eine Ausdehnung der Verkehrssicherungspflichten, scheiterten jedoch. Mit der Einordnung der Anbahnung eines Vertrages unter §&nbsp;311 Abs.&nbsp;2 Nr.&nbsp;2 BGB ist derartigen Ansätzen im deutschen Recht gegenwärtig der Boden entzogen.
Während bei einer natürlichen Person als Unternehmensträger der Unternehmenskauf stets im Wege des ''asset deals'' stattfinden muss, kommt bei juristischen Personen oder Personengesellschaften als Unternehmensträgern alternativ der Unternehmenskauf in Form des ''share deals'' in Betracht. Dabei werden die Geschäftsanteile an einem Unternehmen abgetreten. Sowohl Kauf wie auch Übertragung richten sich daher nur auf einen Gegenstand. Es besteht Einigkeit, dass nicht jede [[Abtretung]] eines Geschäftsanteils, der nur einen geringen Teil des Unternehmens repräsentiert, als Unternehmenskauf anzusehen ist. Mit Sicherheit liegt ein Unternehmenskauf bei Übertragung sämtlicher Anteile an einem Unternehmen, d.h. bei einem völligen Wechsel des Unternehmensträgers vor. Von einem Unternehmenskauf wird auch dann ausgegangen, wenn Anteile in Höhe eines Prozentsatzes übertragen werden, der dem neuen Eigner unternehmerischen Einfluss ermöglicht. In der Regel ist dies bei einer Übertragung von mehr als 50&nbsp;% der Anteile der Fall.


Während in den Linoleumrollen- und Gemüseblatt-Fällen der in der Sache deliktische Charakter der Haftung aus c.i.c. offenkundig ist, existieren weitere Fallgruppen, in denen dies weniger eindeutig bejaht werden kann. Hier sind insbesondere die Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen und die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten zu nennen. Diese sind eher „vertragsnah“, wenngleich ihre genaue dogmatische Einordnung und ihre Reichweite im Einzelfall vielfach immer noch umstritten sind.
Ob ein Unternehmenskauf in der Form eines ''asset deals'' oder eines ''share deals'' durchgeführt wird, bestimmen häufig steuerliche Präferenzen, und zwar sowohl solche auf der Seite des Veräußerers, wie auch solche auf der Seite des Erwerbers. Der ''asset deal'' wird zudem dann gewählt, wenn der Erwerber entweder bekannte Risiken des Unternehmens nicht mit übernehmen oder aber die Übernahme unerkannter Risiken ausschließen möchte.


== 3. Andere europäische Rechtsordnungen ==
Unternehmenskäufe in der Form des ''share deals'' kommen als sog. private Kaufangebote (''private M&A'') und als öffentliche Kaufangebote (''public M&A)'' vor. Während bei einer ''private M&A''-Transaktion der Kauf eines Unternehmens durch den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages mit einem überschaubaren Kreis von, jedenfalls aber namentlich bekannten Anteilseignern erfolgt, vollzieht sich der Unternehmenskauf bei ''public M&A''-Transaktionen im Wege öffentlicher Übernahmeangebote über die Börsen.
Nur wenige Rechtsordnungen, wie z.B. Österreich, folgen dem deutschen Vorbild. Andere, wie z.B. Italien, kennen zwar das Institut der c.i.c.; die genaue dogmatische Einordnung als vertragliche oder deliktische Haftung ist aber vielfach umstritten. Zahlreiche Rechtsordnungen, insbesondere Frankreich, lösen die in Deutschland der c.i.c. zugewiesenen Fälle mit Hilfe des Deliktsrechts.


Eine eigenständige Lösung findet sich in den ''[[common law]]'' Rechtsordnungen, z.B. im englischen Recht. Das englische Vertragsrecht kennt kein allgemeines Prinzip von Treu und Glauben, sondern nur eine Vielzahl zum Teil funktional äquivalenter Einzelinstitute (z.B. ''estoppel'', ''duress'', ''misrepresentation'', ''mistake''). Insbesondere eine Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen wird wegen der damit verbundenen Einschränkung der Vertragsfreiheit sehr skeptisch betrachtet. Ferner werden die Möglichkeiten der Parteien zur Selbstvorsorge (Vorvertrag, ''letter of intent'') deutlich stärker akzentuiert als im deutschen Recht. Auch im angloamerikanischen Recht wird aber aufgrund der ökonomischen Analyse des Rechts zunehmend erkannt, dass der Schutz von Investitionen, die eine Partei bereits im Verhandlungsstadium erbracht hat, insbesondere bei komplexen Projekten durchaus effizienzsteigernd sein kann. In der englischen Literatur wird zum Teil befürwortet, Fälle, in denen eine Partei im Vertrauen auf das Zustandekommen eines Vertrags Aufwendungen erbracht hat, bereicherungsrechtlich zu lösen (''unjust enrichment''). Dem wird jedoch entgegengehalten, dass es der Sache nach eher um den Ausgleich eines Vertrauensschadens auf Seiten der abschlusswilligen Partei gehe als um die Rückabwicklung einer Bereicherung der abbruchswilligen Partei. Vereinzelt wird auch nach französischem Vorbild für eine deliktsrechtliche Bewältigung des Abbruchs von Vertragsverhandlungen plädiert; doch lässt sich dieser Ansatz nur schwer in das englische Deliktsrecht einfügen, das im Gegensatz zur Generalklausel des französischen ''[[Code civil]]'' durch eine Vielzahl nur historisch verständlicher Einzeltatbestände geprägt ist.
== 2. Rechtsvereinheitlichung – Gründe und Ausprägung ==
Angesichts der häufig europa-, ja sogar weltweiten Tätigkeit der Unternehmen in Europa mag es zunächst überraschen, aber es gibt kein europäisches Recht des Unternehmenskaufs, insbesondere auch nicht aufgrund von Akten europäischer Rechtssetzung (zu Unternehmenskauf und Einheitsrecht s.u. 3.). Unternehmenskauf und ''M&A'' sind auch nicht Gegenstand europäischer Vereinheitlichungsprojekte. Zur Erklärung wird angeführt, dass jedes Unternehmen, auch ein global agierender Konzern, seinen juristischen Sitz in einem bestimmten Land hat und damit einer Rechtsordnung angehört. Das ist richtig und gilt im Ergebnis im Übrigen auch für die [[Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea)|Europäische Aktiengesellschaft (SE)]]. Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse, in deren Folge das kombinierte Unternehmen Sitze in zwei Staaten hat, stellen eher politische denn rechtliche Ausnahmen dar. Auch diese – so bezeichnete – Nationalität der Unternehmen ist aber kein zwingender Grund für die Zurückhaltung bei der Rechtssetzung. Entscheidend dürfte sein, dass auch schon ohne Akte zwischen-staatlicher oder europäischer Rechtssetzung in der Praxis die Unternehmenskaufverträge in den europäischen Jurisdiktionen, gleich welchem materiellen Recht sie unterstehen, weitgehend vereinheitlicht sind, dies durch eine Übernahme angelsächsischer Standards.


== 4. ''Acquis communautaire'' ==
Für die Dominanz der angelsächsischen Standards werden in der Literatur eine Reihe von Gründen angeführt. Dabei kann jeder dieser Gründe kritisch diskutiert werden, als Bündel von Gründen wirken sie aber mit Sicherheit. Es wird angeführt, dass in kontinentaleuropäischen Ländern keine Kultur des Unternehmenskaufs bestehe. Dies lässt sich empirisch dadurch belegen, dass noch am Ende der achtziger Jahre vier von fünf Unternehmensübernahmen in Europa in Großbritannien stattgefunden haben. Diese fehlende Kultur habe eine Offenheit für angelsächsische Vorbilder zur Folge. Weiter wird die – jedenfalls bisherige – überragende Bedeutung der angelsächsischen Kapitalmärkte bei gleichzeitig zum Teil erheblicher Fremdfinanzierung der Unternehmenskäufe angeführt. Diese Dominanz kam bislang zum einen dadurch zum Ausdruck, dass Volumina ab einer bestimmten Größe leichter in London oder New York beschafft werden konnten. Zum anderen zeigte sie sich in der Kreativität dieser Märkte bei der Entwicklung und Strukturierung neuer Finanzierungsprodukte. Von diesen Möglichkeiten kann am einfachsten profitiert werden, wenn der Unternehmenskaufvertrag den Standards dieser Märkte, d.h. eben angelsächsischen Standards, entspricht. Andernfalls müssen die angelsächsischen Finanzierer erst über umfangreiche ''legal opinions'' davon überzeugt werden, dass auch auf der Basis anderer Standards ihren berechtigten (Sicherungs)-interessen Rechnung getragen werden kann. Wenn, wie häufig, der Unternehmenskaufvertrag und die Finanzierungsverträge parallel verhandelt werden, scheidet dies schon aus zeitlichen Gründen aus und es bleibt in der Praxis nur der Weg über den Unternehmenskaufvertrag angelsächsischen Standards.
Die Haftung für die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten kann im ''acquis communautaire'' nicht eindeutig dem Vertragsrecht zugeordnet werden, da z.B. auch in Richtlinien auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts, wie in der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL&nbsp;2005/29), [[Informationspflichten (Verbrauchervertrag)|Informationspflichten zugunsten der Verbraucher]] festgelegt werden. Die Informationspflichten im ''acquis'' dienen nicht nur einem Individualinteresse der aufzuklärenden Partei, sondern auch dem Allgemeininteresse an einer Herstellung von Markttransparenz. Auch die Rechtsfolgen einer Verletzung von Informationspflichten in den Fällen, in denen es nicht zu einem späteren Vertragsschluss kommt, sind auf der Gemeinschaftsebene nicht eindeutig dem vertraglichen oder deliktischen Bereich zugewiesen.


Eine für die deutsche Rechtspraxis zentrale Rolle spielt die c.i.c. im [[Vergaberecht]]. Art.&nbsp;2(7) der Sektorenrechtsmittel-RL (RL&nbsp;92/13) sieht eine Beweiserleichterung zugunsten desjenigen Bieters vor, der durch Verstöße gegen das Vergaberecht einer „echten Chance“ beraubt worden ist, den Zuschlag in einem Vergabeverfahren zu erhalten. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgabe in §&nbsp;126 S.&nbsp;1 GWB als eigenständige Anspruchsgrundlage umgesetzt. Hierbei handelt es sich aber rechtstechnisch nicht um eine Verschuldens-, sondern gerade um eine verschuldensunabhängige Haftung. Die Vorschrift setzt ferner ein Überschreiten der Schwellenwerte nach §§&nbsp;102&nbsp;ff. GWB voraus und begrenzt den möglichen Schadensersatz auf die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an einem Vergabeverfahren. Da weitergehende Ansprüche auf Schadensersatz ausdrücklich unberührt bleiben (§&nbsp;126 S.&nbsp;2 GWB), hat sich in der deutschen Rechtsprechung im Ergebnis nicht geändert, dass Kläger ihren Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften ganz überwiegend nicht auf das harmonisierte Vergaberecht, sondern auf §&nbsp;311 Abs.&nbsp;2 BGB stützen. Auch das Vergaberecht bietet folglich keinen Anhaltspunkt für eine Europäisierung der c.i.c.
Als Vorteil des ''[[common law]]'' gegenüber dem ''civil law'' wird betrachtet, dass es jenem an einer ausgefeilten Dogmatik fehle und dadurch praxisgerechte Lösungen leichter darstellbar seien, auch wenn der angebliche Gegensatz von Dogmatik und Praxis nicht jeden überzeugen mag. Angeführt wird weiter die Historie einer Vielzahl erfolgreich durchgeführter komplexer Transaktionen, die einen entsprechenden Erfahrungsschatz bedeute, jedenfalls aber eine unübersehbare Zahl von ''termini technici'', die in Form von Anglizismen die ''lingua franca'' des Unternehmenskaufs bilden.


== 5. Prinzipien des Vertragsrechts und Gemeinsamer Referenzrahmen ==
Von wesentlicher Bedeutung für die Vereinheitlichung des eigentlichen Unternehmenskaufvertrages ist, dass, ausgehend von den Vorstellungen angelsächsischer Investmentbanken, die Abläufe eines Unternehmenskaufs bzw. einer ''M&A''-Transaktion zwischenzeitlich in Europa weitgehend harmonisiert sind. Bereits bei relativ kleinen Volumina werden von der Veräußererseite ein oder mehrere ''M&A''-Berater oder eine oder mehrere Investmentbanken zur Koordination des Verkaufsprozesses eingeschaltet. Dies mit dem Ziel, den bestmöglichen Verkaufspreis bei bestmöglichen Bedingungen der Veräußerung zu erzielen. Jedenfalls ab einer gewissen Größe wird der Veräußerer anstreben, den Verkaufsprozess als ein Bieterverfahren zu organisieren, um, wenn möglich, bis zum Stadium der Endverhandlung der einzelnen Vertragskonditionen unter mehreren Angeboten wählen zu können. Mit gewissen Abweichungen folgen die Prozesse dann demselben Muster. In einer frühen Phase wird als Grundlage für den Austausch von Informationen über die Zielgesellschaft (das ''target'') eine Vertraulichkeitsvereinbarung (ein ''non-disclosure agreement'' oder ''confidentiality agreement'') zwischen dem Veräußerer oder seinem Vertreter und dem bzw. den potentiellen Erwerbern unterzeichnet. Der Veräußerer wird regelmäßig anstreben, dass Verletzungen der Vertraulichkeitsverpflichtung durch Vertragsstrafen sanktioniert sind. In der Folge kommt es in verschiedenen Stufen zum Austausch weiterer Informationen, häufig zunächst über ein von der Verkäuferseite vorbereitetes Informationsmemorandum (''offering memorandum''). Dieser erste Informationsaustausch mündet in einer Absichtsvereinbarung (''letter of intent'' oder ''memorandum of understanding''), die in unterschiedlichem Detailgrad jedenfalls wirtschaftliche Eckpunkte des künftigen Unternehmenskaufvertrages festlegt und die Grundlage für eine eingehendere ''due diligence-''Prüfung der Zielgesellschaft bietet, ohne dass sich aus ihr ein einklagbarer Anspruch auf den Abschluss des Hauptvertrages ergeben würde. Der potentielle Erwerber wird anstreben, sich in der Absichtsvereinbarung das Recht auf exklusive Vertragsverhandlungen für eine bestimmte Zeit einräumen zu lassen. Das konfligiert mit dem Interesse des Veräußerers an einem Bieterverfahren.  
Eine größere Übereinstimmung mit deutschen Rechtsvorstellungen findet sich hingegen im Bereich des europäischen „soft law“, d.h. in den Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts ([[Principles of European Contract Law|PECL]]). Art.&nbsp;2:301 PECL sieht eine Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen vor, wenn eine Partei entgegen den Geboten von Treu und Glauben handelt, d.h. insbesondere in Verhandlungen eintritt oder diese fortsetzt, ohne tatsächlich mit der anderen Partei eine Vereinbarung erzielen zu wollen (Art.&nbsp;2:301(2),(3) PECL). Eine inhaltlich weitgehend deckungsgleiche Regelung enthalten die [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT ''Principles of International Commercial Contracts'']] (Art.&nbsp;2.1.15). Ferner sollen nach beiden Regelwerken die Parteien zur vertraulichen Behandlung von Informationen verpflichtet sein, zu denen sie im Verlauf der Vertragsverhandlungen Zugang erlangt haben (Art.&nbsp;2:302 PECL; Art.&nbsp;2.1.16 UNIDROIT PICC). Trotz der Kongruenz mit zwei wichtigen Fallgruppen der c.i.c. im deutschen Recht bleibt indessen festzuhalten, dass nicht nur die Regelung der von den Prinzipien erfassten Fallgestaltungen im Vergleich zum Grad der Ausdifferenzierung des deutschen Rechts rudimentären Charakter hat. Hinzu kommt, dass praktisch wichtige Fallgruppen wie die vorvertragliche Haftung für Integritätsverletzungen überhaupt nicht erfasst werden. Insgesamt hat die c.i.c. in den PECL und den UNIDROIT PICC folglich einen deutlich schmaleren Anwendungsbereich als im deutschen Recht. Dem Vorbild der PECL und UNIDROIT PICC folgt die 2009 vorgelegte Outline Edition eines Gemeinsamen Referenzrahmens (DCFR), der in Buch&nbsp;II, Kap.&nbsp;3 Regeln über vorvertragliche Verhaltenspflichten enthält (Art.&nbsp;II.-3:301(3) DCFR, Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen; Art.&nbsp;II.-3:302 DCFR, vertrauliche Behandlung von Informationen). Ferner regeln Art.&nbsp;II.-3:101-107 DCFR Informationspflichten, die im Wesentlichen auf dem verbraucherschutzrechtlichen Acquis basieren; Art.&nbsp;II.-3:201 DCFR soll die Korrektur von Eingabefehlern im Fernabsatz ermöglichen. All diese Pflichten werden in Buch&nbsp;II über das Vertragsrecht, nicht in Buch&nbsp;VI, d.h. bei den außervertraglichen Schuldverhältnissen, geregelt.


== 6. Internationales Privat- und Verfahrensrecht ==
Ursprünglich ausgehend vom kaufrechtlichen Grundsatz ''caveat emptor'' des US-amerikanischen Rechts handelt es sich bei der ''due diligence-''Prüfung im Rahmen von Unternehmenskäufen ab einer bestimmten Größe in allen europäischen Staaten zwischenzeitlich um eine Verkehrssitte. Die Organe des Käufers können auf sie schon deshalb nicht verzichten, weil sie andernfalls ein persönliches Haftungsrisiko eingehen. Im Rahmen der ''due diligence'' prüft der potentielle Erwerber die Zielgesellschaft eingehend unter technischen, wirtschaftlichen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Gesichtspunkten. Sofern Veräußerer und Käufer auch nach der ''due diligence ''wechselseitig zufriedenstellende Kaufpreisvorstellungen haben, folgt die Phase der eigentlichen Verhandlung und Ausarbeitung des Unternehmenskaufvertrages, die zu dessen Unterzeichnung, dem ''signing'', führt. In der Regel erst einige Wochen bzw. möglicherweise sogar Monate später, wenn entweder die Finanzierung gesichert und/oder aufschiebende Bedingungen, insbesondere die Kartellfreigabe eingetreten sind, kommt es dann zum ''closing'' als dem Vollzug des Unternehmenskaufvertrages.  
Für die Behandlung der c.i.c. im europäischen IPR und IZVR ist das Urteil des [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] in der Rechtssache ''Tacconi'' aus dem Jahre 2002 grundlegend (EuGH Rs.&nbsp;C-334/00, Slg.&nbsp;2002, I-7357). In diesem Fall ging es vereinfacht darum, dass eine italienische Klägerin (Tacconi) eine deutsche Beklagte (HWS) in Anspruch nahm, weil die Beklagte angeblich entgegen Treu und Glauben Vertragsverhandlungen mit der Gegenseite abgebrochen hatte. Es stellte sich folglich die Frage, ob Tacconi die HWS am Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;1 EuGVO (VO&nbsp;44/ 2001), am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;3 EuGVO oder gar nur an ihrem allgemeinen Gerichtsstand nach Art.&nbsp;2 EuGVO verklagen konnte. Der EuGH bekräftigte zunächst seine ständige Rechtsprechung, der zufolge die Begriffe „Vertrag“ und „unerlaubte Handlung“ i.S.d. Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;1,&nbsp;3 EuGVO autonom auszulegen seien, d.h. es kam nicht auf die dogmatische Einordnung der c.i.c. im deutschen oder italienischen Recht an. Ferner hob er hervor, dass der Begriff des Vertrages i.S.d. Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;1 EuGVO allein eine Situation erfasse, in der eine „von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung“ vorliege. Diese Voraussetzung verneinte der EuGH in Bezug auf eine gesetzliche Haftung für den Abbruch von Vertragsverhandlungen. Damit war der Anwendungsbereich des Art.&nbsp;5 Nr.&nbsp;1 EuGVO verschlossen. Darüber hinaus ließ sich der EuGH nicht darauf ein, die Haftung aus c.i.c. als sui generis zu qualifizieren und einer irgendwie gearteten „dritten Spur“ zuzuordnen, was allein den Wohnsitzgerichtsstand (Art.&nbsp;2 EuGVO) übrig gelassen hätte. Vielmehr zog er nach der Ablehnung einer vertraglichen Qualifikation den Deliktsgerichtsstand als Auffangtatbestand heran, so dass die Klage wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen im ''forum delicti commissi'' erhoben werden konnte. Die Entscheidung in der Sache Tacconi reflektiert eine schon früher erkennbare geringe Toleranz des EuGH gegenüber einer allzu großzügigen Ausdehnung des Vertragsrechts durch die Mitgliedstaaten. Dahinter steht das Bestreben, den Beklagten davor zu schützen, sich unfreiwillig dem Gerichtsstand am Erfüllungsort zu unterwerfen, obwohl er diese Rechtsfolge seines Handelns nicht vorhersehen konnte. Auf der Linie der Tacconi-Entscheidung liegt auch die Rom&nbsp;II-VO (VO&nbsp;864/ 2007), die Ansprüche aus c.i.c. als außervertraglich qualifiziert ([[Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]).


== 7. Ausblick  ==
Teil eines so standardisierten Prozesses ist auch ein standardisierter Unternehmenskaufvertrag.  
Die außervertragliche Qualifikation der c.i.c. im europäischen Kollisionsrecht hat nicht zur Ausklammerung vorvertraglicher Pflichten aus dem DCFR geführt. Ein solcher Schluss wäre wegen der engen funktionalen Beziehung vieler Fallkonstellationen der c.i.c. (Aufklärungspflichten, Abbruch von Vertragsverhandlungen) zum Vertragsrecht auch nicht sachgerecht gewesen. Überdies erkennt die Rom&nbsp;II-VO die sachlichen Verbindungen zumindest auf der Ebene der Anknüpfung an, indem sie letztere akzessorisch vornimmt ([[Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]). Diesem Wertungsmodell entspräche es, wenn der endgültige DCFR auch Fragen z.B. der vorvertraglichen Aufklärung oder des Verhandelns nach Treu und Glauben in Bezug auf die die Parteien treffenden Verhaltenspflichten inhaltlich erfassen würde, den Mitgliedstaaten aber keine genaue dogmatische Einordnung der Haftungsfolgen bei Pflichtverstößen als deliktisch oder vertraglich vorgäbe. Die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung muss unter einer solchen Offenheit des endgültigen DCFR nicht leiden, weil die in Art.&nbsp;12(1) Rom&nbsp;II-VO verankerte akzessorische Anknüpfung in der Regel zu einem kollisionsrechtlichen Gleichlauf vertraglicher und außervertraglicher Rechtsbehelfe führen wird. Die eindeutig „vertragsfernen“ Fallgruppen der deutschen c.i.c. (Integritätsverletzungen, „Gemüseblattfälle“) zählen hingegen bei funktional-rechtsvergleichender Betrachtung nicht zum europäischen Vertragsrecht.


==Literatur==
Dieser beginnt in der Regel mit einer mehr oder weniger ausführlichen Präambel. Es folgt bisweilen ein ausführlicher Teil von Definitionen anschließend im [[Vertrag]] verwendeter Termini. Zu Beginn des eigentlichen Vertrages stehen die Beschreibung des Kaufgegenstandes, bei einem ''asset deal'' konkretisiert durch umfangreiche Vertragsanlagen, und die Regelungen für dessen Übertragung. Es folgt der umfangreichste und in der Aushandlung regelmäßig problematischste Teil des Vertrages, nämlich die Gewährleistungsregelungen. Mehrseitige Garantiekataloge, meist in der Form von selbstständigen Garantieversprechen, sind in allen Jurisdiktionen keine Seltenheit. Im Rahmen des Garantiekatalogs lässt sich der Erwerber vom Veräußerer eine Vielzahl für ihn kauf- und bewertungsrelevanter Umstände, u.a. zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen, zu wesentlichen Verträgen, zu Versicherungen, zu Grundstücken, zu gewerblichen Schutzrechten, zu Kunden bzw. Lieferanten, zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, zu arbeitsrechtlichen Verhältnissen, zu Verbindlichkeiten, zu Bilanzen und zum Verschuldungsgrad verschuldungsunabhängig zusichern. Wiederum angelsächsischen Vorbildern folgend sind die einzelnen Garantietexte aus Sicht kontinentaleuropäischer Juristen häufig voller Pleonasmen und Abseitigkeiten. Dies dürfte genauso auf fehlende [[Kodifikation]]en im angelsächsischen Rechtskreis zurückzuführen sein, wie darauf, dass die Musterdokumentationen für Unternehmenskaufverträge in den großen Rechtsanwaltskanzleien kontinuierlich aufgrund praktischer Erfahrungen in pathologischen Fällen fortgeschrieben werden. In der Praxis beherrschen die Muster bisweilen die beratenden Juristen mehr als diese die Muster. Insbesondere bei mittelständischen Veräußerern erweisen sich die verbal umfangreichen Kataloge, unabhängig von ihrem sachlichen Gehalt, aufgrund ihrer schieren Länge gelegentlich als echte „''deal killer''“. Um dann doch noch zu einem Abschluss zu kommen, wird zum Teil deutlich von den vereinheitlichten Standards abgewichen.
''Hans Stoll'', Tatbestände und Funktionen der Haftung für Culpa in Contrahendo, in: Festschrift für Ernst von Caemmerer, 1978, 435&nbsp;ff.; ''Tomasz Giaro'', Culpa in contrahendo, in: Ulrich Falk, Heinz Mohnhaupt (Hg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, 2000, 113&nbsp;ff.; ''Johannes Hager'', Die culpa in contrahendo in den UNIDROIT-Prinzipien und den Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts aus der Sicht des deutschen Bürgerlichen Rechts, in: Jürgen Basedow (Hg.), Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht, 2000, 67&nbsp;ff.; ''Joachim Dietrich'', Classifying precontractual liability, Legal Studies 21 (2001) 153&nbsp;ff.; ''Paula Giliker'', A role for tort in pre-contractual negotiations?, International and Commercial Law Quarterly 52 (2003) 969&nbsp;ff.; ''Jan Dirk Harke'', Irrtum und culpa in contrahendo in den Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 14 (2006) 326&nbsp;ff.; ''Thomas Wilhelmsson'', ''Christian Twigg-Flesner'', Pre-contractual information duties in the acquis communautaire, European Review of Contract Law 2006, 441&nbsp;ff.; ''Volker Emmerich'', §&nbsp;311, Rn.&nbsp;50&nbsp;ff., in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.&nbsp;2, 5.&nbsp;Aufl. 2007; ''Rabih Monzer'', Les effets de la mondialisation sur la responsabilité précontractuelle, Revue internationale de droit comparé, 2007, 523&nbsp;ff.; ''Alan Schwartz'', ''Robert E. Scott'', Precontractual Liability and Preliminary Agreements, Harvard Law Review 120 (2007) 661&nbsp;ff.
 
Breiten Raum in den Verträgen nehmen in der Regel auch die Rechtsfolgenregelungen für die Garantieverletzungen ein. Diese sind Regelungen über Haftungshöchstbeträge (''caps''), Bagatellgrenzen und Freigrenzen.
 
Ebenfalls primär durch angelsächsische Vorbildfunktion zu erklären ist die zunehmende Zahl von Freistellungsverpflichtungen des Verkäufers, sog. ''indemnities'', für vom Käufer als besonders wesentlich betrachtete Sachverhalte. Es handelt sich zumeist um Zusagen zur vollständigen Erfüllung bzw. Rückstellung von Steuerverbindlichkeiten und zur Umwelthaftung. Jedenfalls aus der Sicht des deutschen Rechts könnten diese Sachverhalte auch problemlos über den Garantiekatalog abgedeckt werden. Eine aus Sicht kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen an sich unnötige Regelung stellen auch die Garantieversprechen des Käufers dar. Hier garantiert der Käufer u.a., dass er tatsächlich besteht und bei Abschluss des [[Vertrag]]es wirksam vertreten ist.
 
Insgesamt weisen Unternehmenskaufverträge in den europäischen Rechtsordnungen einen hohen Standardisierungs- und Vereinheitlichungsgrad auf. Dieser führt allerdings nicht dazu, dass die Standards statisch wären. Im Gegenteil schlagen sich Änderungen der Standards schnell und dann in allen europäischen Jurisdiktionen nieder.
 
Da Unternehmenskaufverträge weitgehend Regelungen in Bereichen treffen, die der privatautonomen Abrede der Parteien offenstehen, und zudem die angelsächsischen Vorbildern entsprechenden Unternehmenskaufverträge anstreben, in sich geschlossene und von den allgemeinen Grundsätzen der jeweiligen nationalen Rechtordnungen autonome Regelungen darzustellen, wird in der Praxis die Frage welcher Rechtsordnung der Unternehmenskaufvertrag untersteht, häufig bis zum Schluss zurückgestellt.
 
== 3. Unternehmenskauf und Einheitsrecht ==
Wie erwähnt, ist der Unternehmenskauf trotz seiner erheblichen Bedeutung nicht Gegenstand von Vereinheitlichungsüberlegungen. Auch bestehendes Einheitsrecht, so etwa das CISG ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]), findet nur sehr eingeschränkt Anwendung.  
 
Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass das CISG keine Anwendung auf den Unternehmenskauf findet, sofern es sich um einen ''share deal'' handelt. Dies wird damit begründet, dass es sich bei einem Gesellschaftsanteil nicht um eine Sache, sondern um ein Mitgliedschafts- bzw. Beteiligungsrecht handelt und der Kauf von Rechten nicht unter das CISG fällt. Es wird mit Recht darauf hingewiesen, dass dies keineswegs zwingend ist. So betrachte das deutsche Recht, was die Regelungen über Gewährleistungen angeht, einen Unternehmenskauf als Sachkauf. Bei einem Unternehmenskauf im Wege des ''asset deals'' soll das CISG Anwendung finden, wenn – was allerdings wohl nur theoretisch ist – der warenkaufrechtliche Teil und der andere Teil in getrennten Verträgen vereinbart werden. Dann gilt für den warenkaufrechtlichen Teil eindeutig das CISG. Wird hingegen ein einziger [[Vertrag]] verabredet, wie in der Praxis wohl immer, ist die Rechtslage unübersichtlich. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass das CISG nicht anwendbar ist. Im Unternehmenskaufvertrag erfolgt deshalb häufig eine ausdrückliche Klarstellung des Gewollten.
 
== Literatur==
''Hanno Merkt'', Internationaler Unternehmenskauf, 2003; ''Gerhard Picot'' (Hg.), Unternehmenskauf und Restrukturierung, 2004; ''Wolfgang'' ''Hölters'' (Hg.), Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, 2005; ''Hans-Joachim Holzapfel'','' Reinhard Pöllath'', Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 2008; ''Hermann Knott'','' Werner Mielke'', Unternehmenskauf, 2008.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]

Version vom 31. August 2021, 19:08 Uhr

von Marcus Baum

1. Begriffsbestimmung und Grundarten

Unternehmenskauf und mergers and acquisitions, letzteres in der Regel abgekürzt als M&A, werden weitgehend synonym verwendet. Bereits dies belegt die Schwierigkeit einer exakten Begriffsbestimmung. So hebt der eine Terminus wesentlich auf das Objekt, nämlich das Unternehmen, ab, der andere kommt hingegen vollständig ohne einen Objektbezug aus und beschreibt Tätigkeiten. Das Problem des Begriffs Unternehmenskauf liegt vorwiegend darin, dass es trotz vielfältiger dogmatischer Bemühungen an einem einheitlichen und anerkannten rechtlichen Unternehmensbegriff fehlt. So definieren die Rechtsordnungen den Unternehmensbegriff jeweils mit Blick auf seinen Kontext.

Für die Praxis des Unternehmenskaufes bzw. der mergers and acquisitions bereitet diese begriffliche Unschärfe keine Schwierigkeiten. Sie unterscheidet in allen europäischen Jurisdiktionen grundlegend danach, ob der Unternehmenskauf in der Form des asset deals, also als Kauf der das Unternehmen repräsentierenden einzelnen Wirtschaftsgüter, oder in der Form des share deals, des Kaufs von Geschäftsanteilen, vollzogen wird.

Beim asset deal geht das Unternehmen durch Übertragung einer Vielzahl materieller und immaterieller Vermögensbestandteile, wobei dies auch Verträge und Verbindlichkeiten sein können, vom Veräußerer auf den Erwerber über. Es kommt also zu einer Abtrennung des Unternehmens von seinem bisherigen Rechtsträger. Während das Unternehmen als solches einheitlicher Kaufgegenstand ist, muss die Übertragung nach den jeweils für die einzelnen Vermögensbestandteile des Unternehmens maßgeblichen Vorschriften als ein ganzes Bündel von einzelnen Übertragungsakten erfolgen. Der asset deal zeichnet sich durch hohe Flexibilität aus. So kann das gesamte Unternehmen veräußert werden. Es können aber auch einzelne Vermögensbestandteile oder Verbindlichkeiten herausgenommen und zurückbehalten werden.

Während bei einer natürlichen Person als Unternehmensträger der Unternehmenskauf stets im Wege des asset deals stattfinden muss, kommt bei juristischen Personen oder Personengesellschaften als Unternehmensträgern alternativ der Unternehmenskauf in Form des share deals in Betracht. Dabei werden die Geschäftsanteile an einem Unternehmen abgetreten. Sowohl Kauf wie auch Übertragung richten sich daher nur auf einen Gegenstand. Es besteht Einigkeit, dass nicht jede Abtretung eines Geschäftsanteils, der nur einen geringen Teil des Unternehmens repräsentiert, als Unternehmenskauf anzusehen ist. Mit Sicherheit liegt ein Unternehmenskauf bei Übertragung sämtlicher Anteile an einem Unternehmen, d.h. bei einem völligen Wechsel des Unternehmensträgers vor. Von einem Unternehmenskauf wird auch dann ausgegangen, wenn Anteile in Höhe eines Prozentsatzes übertragen werden, der dem neuen Eigner unternehmerischen Einfluss ermöglicht. In der Regel ist dies bei einer Übertragung von mehr als 50 % der Anteile der Fall.

Ob ein Unternehmenskauf in der Form eines asset deals oder eines share deals durchgeführt wird, bestimmen häufig steuerliche Präferenzen, und zwar sowohl solche auf der Seite des Veräußerers, wie auch solche auf der Seite des Erwerbers. Der asset deal wird zudem dann gewählt, wenn der Erwerber entweder bekannte Risiken des Unternehmens nicht mit übernehmen oder aber die Übernahme unerkannter Risiken ausschließen möchte.

Unternehmenskäufe in der Form des share deals kommen als sog. private Kaufangebote (private M&A) und als öffentliche Kaufangebote (public M&A) vor. Während bei einer private M&A-Transaktion der Kauf eines Unternehmens durch den Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages mit einem überschaubaren Kreis von, jedenfalls aber namentlich bekannten Anteilseignern erfolgt, vollzieht sich der Unternehmenskauf bei public M&A-Transaktionen im Wege öffentlicher Übernahmeangebote über die Börsen.

2. Rechtsvereinheitlichung – Gründe und Ausprägung

Angesichts der häufig europa-, ja sogar weltweiten Tätigkeit der Unternehmen in Europa mag es zunächst überraschen, aber es gibt kein europäisches Recht des Unternehmenskaufs, insbesondere auch nicht aufgrund von Akten europäischer Rechtssetzung (zu Unternehmenskauf und Einheitsrecht s.u. 3.). Unternehmenskauf und M&A sind auch nicht Gegenstand europäischer Vereinheitlichungsprojekte. Zur Erklärung wird angeführt, dass jedes Unternehmen, auch ein global agierender Konzern, seinen juristischen Sitz in einem bestimmten Land hat und damit einer Rechtsordnung angehört. Das ist richtig und gilt im Ergebnis im Übrigen auch für die Europäische Aktiengesellschaft (SE). Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse, in deren Folge das kombinierte Unternehmen Sitze in zwei Staaten hat, stellen eher politische denn rechtliche Ausnahmen dar. Auch diese – so bezeichnete – Nationalität der Unternehmen ist aber kein zwingender Grund für die Zurückhaltung bei der Rechtssetzung. Entscheidend dürfte sein, dass auch schon ohne Akte zwischen-staatlicher oder europäischer Rechtssetzung in der Praxis die Unternehmenskaufverträge in den europäischen Jurisdiktionen, gleich welchem materiellen Recht sie unterstehen, weitgehend vereinheitlicht sind, dies durch eine Übernahme angelsächsischer Standards.

Für die Dominanz der angelsächsischen Standards werden in der Literatur eine Reihe von Gründen angeführt. Dabei kann jeder dieser Gründe kritisch diskutiert werden, als Bündel von Gründen wirken sie aber mit Sicherheit. Es wird angeführt, dass in kontinentaleuropäischen Ländern keine Kultur des Unternehmenskaufs bestehe. Dies lässt sich empirisch dadurch belegen, dass noch am Ende der achtziger Jahre vier von fünf Unternehmensübernahmen in Europa in Großbritannien stattgefunden haben. Diese fehlende Kultur habe eine Offenheit für angelsächsische Vorbilder zur Folge. Weiter wird die – jedenfalls bisherige – überragende Bedeutung der angelsächsischen Kapitalmärkte bei gleichzeitig zum Teil erheblicher Fremdfinanzierung der Unternehmenskäufe angeführt. Diese Dominanz kam bislang zum einen dadurch zum Ausdruck, dass Volumina ab einer bestimmten Größe leichter in London oder New York beschafft werden konnten. Zum anderen zeigte sie sich in der Kreativität dieser Märkte bei der Entwicklung und Strukturierung neuer Finanzierungsprodukte. Von diesen Möglichkeiten kann am einfachsten profitiert werden, wenn der Unternehmenskaufvertrag den Standards dieser Märkte, d.h. eben angelsächsischen Standards, entspricht. Andernfalls müssen die angelsächsischen Finanzierer erst über umfangreiche legal opinions davon überzeugt werden, dass auch auf der Basis anderer Standards ihren berechtigten (Sicherungs)-interessen Rechnung getragen werden kann. Wenn, wie häufig, der Unternehmenskaufvertrag und die Finanzierungsverträge parallel verhandelt werden, scheidet dies schon aus zeitlichen Gründen aus und es bleibt in der Praxis nur der Weg über den Unternehmenskaufvertrag angelsächsischen Standards.

Als Vorteil des common law gegenüber dem civil law wird betrachtet, dass es jenem an einer ausgefeilten Dogmatik fehle und dadurch praxisgerechte Lösungen leichter darstellbar seien, auch wenn der angebliche Gegensatz von Dogmatik und Praxis nicht jeden überzeugen mag. Angeführt wird weiter die Historie einer Vielzahl erfolgreich durchgeführter komplexer Transaktionen, die einen entsprechenden Erfahrungsschatz bedeute, jedenfalls aber eine unübersehbare Zahl von termini technici, die in Form von Anglizismen die lingua franca des Unternehmenskaufs bilden.

Von wesentlicher Bedeutung für die Vereinheitlichung des eigentlichen Unternehmenskaufvertrages ist, dass, ausgehend von den Vorstellungen angelsächsischer Investmentbanken, die Abläufe eines Unternehmenskaufs bzw. einer M&A-Transaktion zwischenzeitlich in Europa weitgehend harmonisiert sind. Bereits bei relativ kleinen Volumina werden von der Veräußererseite ein oder mehrere M&A-Berater oder eine oder mehrere Investmentbanken zur Koordination des Verkaufsprozesses eingeschaltet. Dies mit dem Ziel, den bestmöglichen Verkaufspreis bei bestmöglichen Bedingungen der Veräußerung zu erzielen. Jedenfalls ab einer gewissen Größe wird der Veräußerer anstreben, den Verkaufsprozess als ein Bieterverfahren zu organisieren, um, wenn möglich, bis zum Stadium der Endverhandlung der einzelnen Vertragskonditionen unter mehreren Angeboten wählen zu können. Mit gewissen Abweichungen folgen die Prozesse dann demselben Muster. In einer frühen Phase wird als Grundlage für den Austausch von Informationen über die Zielgesellschaft (das target) eine Vertraulichkeitsvereinbarung (ein non-disclosure agreement oder confidentiality agreement) zwischen dem Veräußerer oder seinem Vertreter und dem bzw. den potentiellen Erwerbern unterzeichnet. Der Veräußerer wird regelmäßig anstreben, dass Verletzungen der Vertraulichkeitsverpflichtung durch Vertragsstrafen sanktioniert sind. In der Folge kommt es in verschiedenen Stufen zum Austausch weiterer Informationen, häufig zunächst über ein von der Verkäuferseite vorbereitetes Informationsmemorandum (offering memorandum). Dieser erste Informationsaustausch mündet in einer Absichtsvereinbarung (letter of intent oder memorandum of understanding), die in unterschiedlichem Detailgrad jedenfalls wirtschaftliche Eckpunkte des künftigen Unternehmenskaufvertrages festlegt und die Grundlage für eine eingehendere due diligence-Prüfung der Zielgesellschaft bietet, ohne dass sich aus ihr ein einklagbarer Anspruch auf den Abschluss des Hauptvertrages ergeben würde. Der potentielle Erwerber wird anstreben, sich in der Absichtsvereinbarung das Recht auf exklusive Vertragsverhandlungen für eine bestimmte Zeit einräumen zu lassen. Das konfligiert mit dem Interesse des Veräußerers an einem Bieterverfahren.

Ursprünglich ausgehend vom kaufrechtlichen Grundsatz caveat emptor des US-amerikanischen Rechts handelt es sich bei der due diligence-Prüfung im Rahmen von Unternehmenskäufen ab einer bestimmten Größe in allen europäischen Staaten zwischenzeitlich um eine Verkehrssitte. Die Organe des Käufers können auf sie schon deshalb nicht verzichten, weil sie andernfalls ein persönliches Haftungsrisiko eingehen. Im Rahmen der due diligence prüft der potentielle Erwerber die Zielgesellschaft eingehend unter technischen, wirtschaftlichen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Gesichtspunkten. Sofern Veräußerer und Käufer auch nach der due diligence wechselseitig zufriedenstellende Kaufpreisvorstellungen haben, folgt die Phase der eigentlichen Verhandlung und Ausarbeitung des Unternehmenskaufvertrages, die zu dessen Unterzeichnung, dem signing, führt. In der Regel erst einige Wochen bzw. möglicherweise sogar Monate später, wenn entweder die Finanzierung gesichert und/oder aufschiebende Bedingungen, insbesondere die Kartellfreigabe eingetreten sind, kommt es dann zum closing als dem Vollzug des Unternehmenskaufvertrages.

Teil eines so standardisierten Prozesses ist auch ein standardisierter Unternehmenskaufvertrag.

Dieser beginnt in der Regel mit einer mehr oder weniger ausführlichen Präambel. Es folgt bisweilen ein ausführlicher Teil von Definitionen anschließend im Vertrag verwendeter Termini. Zu Beginn des eigentlichen Vertrages stehen die Beschreibung des Kaufgegenstandes, bei einem asset deal konkretisiert durch umfangreiche Vertragsanlagen, und die Regelungen für dessen Übertragung. Es folgt der umfangreichste und in der Aushandlung regelmäßig problematischste Teil des Vertrages, nämlich die Gewährleistungsregelungen. Mehrseitige Garantiekataloge, meist in der Form von selbstständigen Garantieversprechen, sind in allen Jurisdiktionen keine Seltenheit. Im Rahmen des Garantiekatalogs lässt sich der Erwerber vom Veräußerer eine Vielzahl für ihn kauf- und bewertungsrelevanter Umstände, u.a. zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen, zu wesentlichen Verträgen, zu Versicherungen, zu Grundstücken, zu gewerblichen Schutzrechten, zu Kunden bzw. Lieferanten, zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften, zu arbeitsrechtlichen Verhältnissen, zu Verbindlichkeiten, zu Bilanzen und zum Verschuldungsgrad verschuldungsunabhängig zusichern. Wiederum angelsächsischen Vorbildern folgend sind die einzelnen Garantietexte aus Sicht kontinentaleuropäischer Juristen häufig voller Pleonasmen und Abseitigkeiten. Dies dürfte genauso auf fehlende Kodifikationen im angelsächsischen Rechtskreis zurückzuführen sein, wie darauf, dass die Musterdokumentationen für Unternehmenskaufverträge in den großen Rechtsanwaltskanzleien kontinuierlich aufgrund praktischer Erfahrungen in pathologischen Fällen fortgeschrieben werden. In der Praxis beherrschen die Muster bisweilen die beratenden Juristen mehr als diese die Muster. Insbesondere bei mittelständischen Veräußerern erweisen sich die verbal umfangreichen Kataloge, unabhängig von ihrem sachlichen Gehalt, aufgrund ihrer schieren Länge gelegentlich als echte „deal killer“. Um dann doch noch zu einem Abschluss zu kommen, wird zum Teil deutlich von den vereinheitlichten Standards abgewichen.

Breiten Raum in den Verträgen nehmen in der Regel auch die Rechtsfolgenregelungen für die Garantieverletzungen ein. Diese sind Regelungen über Haftungshöchstbeträge (caps), Bagatellgrenzen und Freigrenzen.

Ebenfalls primär durch angelsächsische Vorbildfunktion zu erklären ist die zunehmende Zahl von Freistellungsverpflichtungen des Verkäufers, sog. indemnities, für vom Käufer als besonders wesentlich betrachtete Sachverhalte. Es handelt sich zumeist um Zusagen zur vollständigen Erfüllung bzw. Rückstellung von Steuerverbindlichkeiten und zur Umwelthaftung. Jedenfalls aus der Sicht des deutschen Rechts könnten diese Sachverhalte auch problemlos über den Garantiekatalog abgedeckt werden. Eine aus Sicht kontinentaleuropäischer Rechtsordnungen an sich unnötige Regelung stellen auch die Garantieversprechen des Käufers dar. Hier garantiert der Käufer u.a., dass er tatsächlich besteht und bei Abschluss des Vertrages wirksam vertreten ist.

Insgesamt weisen Unternehmenskaufverträge in den europäischen Rechtsordnungen einen hohen Standardisierungs- und Vereinheitlichungsgrad auf. Dieser führt allerdings nicht dazu, dass die Standards statisch wären. Im Gegenteil schlagen sich Änderungen der Standards schnell und dann in allen europäischen Jurisdiktionen nieder.

Da Unternehmenskaufverträge weitgehend Regelungen in Bereichen treffen, die der privatautonomen Abrede der Parteien offenstehen, und zudem die angelsächsischen Vorbildern entsprechenden Unternehmenskaufverträge anstreben, in sich geschlossene und von den allgemeinen Grundsätzen der jeweiligen nationalen Rechtordnungen autonome Regelungen darzustellen, wird in der Praxis die Frage welcher Rechtsordnung der Unternehmenskaufvertrag untersteht, häufig bis zum Schluss zurückgestellt.

3. Unternehmenskauf und Einheitsrecht

Wie erwähnt, ist der Unternehmenskauf trotz seiner erheblichen Bedeutung nicht Gegenstand von Vereinheitlichungsüberlegungen. Auch bestehendes Einheitsrecht, so etwa das CISG (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)), findet nur sehr eingeschränkt Anwendung.

Weitgehend Einigkeit besteht darüber, dass das CISG keine Anwendung auf den Unternehmenskauf findet, sofern es sich um einen share deal handelt. Dies wird damit begründet, dass es sich bei einem Gesellschaftsanteil nicht um eine Sache, sondern um ein Mitgliedschafts- bzw. Beteiligungsrecht handelt und der Kauf von Rechten nicht unter das CISG fällt. Es wird mit Recht darauf hingewiesen, dass dies keineswegs zwingend ist. So betrachte das deutsche Recht, was die Regelungen über Gewährleistungen angeht, einen Unternehmenskauf als Sachkauf. Bei einem Unternehmenskauf im Wege des asset deals soll das CISG Anwendung finden, wenn – was allerdings wohl nur theoretisch ist – der warenkaufrechtliche Teil und der andere Teil in getrennten Verträgen vereinbart werden. Dann gilt für den warenkaufrechtlichen Teil eindeutig das CISG. Wird hingegen ein einziger Vertrag verabredet, wie in der Praxis wohl immer, ist die Rechtslage unübersichtlich. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass das CISG nicht anwendbar ist. Im Unternehmenskaufvertrag erfolgt deshalb häufig eine ausdrückliche Klarstellung des Gewollten.

Literatur

Hanno Merkt, Internationaler Unternehmenskauf, 2003; Gerhard Picot (Hg.), Unternehmenskauf und Restrukturierung, 2004; Wolfgang Hölters (Hg.), Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, 2005; Hans-Joachim Holzapfel, Reinhard Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 2008; Hermann Knott, Werner Mielke, Unternehmenskauf, 2008.

Abgerufen von Culpa in Contrahendo – HWB-EuP 2009 am 25. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

Die hier veröffentlichten Artikel unterliegen exklusiven Nutzungsrechten der Rechteinhaber des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht und des Verlages Mohr Siebeck; sie dürfen nur für nichtkommerzielle Zwecke genutzt werden. Nutzer dürfen auf die öffentlich frei zugänglich gemachten Artikel zugreifen, diese herunterladen, Ausdrucke anfertigen und Kopien der Dateien anfertigen. Weiterhin dürfen Nutzer die Artikel auszugsweise übersetzen und im Rahmen von wissenschaftlicher Arbeit zitieren, sofern folgende Anforderungen erfüllt werden:

  • Nutzung zu nichtkommerziellen Zwecken
  • Erhalt der Text-Integrität des Artikels und seiner Bestandteile
  • Zitieren der Fundstelle gemäß wissenschaftlichen Standards unter Angabe von Autoren, Stichworttitel, Werkname, Jahr der Veröffentlichung (siehe Zitiervorschlag).