Sachenrecht, internationales: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 13. September 2016, 12:01 Uhr

von Eva-Maria Kieninger

1. Anknüpfung an das Recht des Lageorts

Das internationale Sachenrecht bestimmt, welches materielle Recht auf einen sachenrechtlichen Vorgang anzuwenden ist. Es handelt sich um nationales Recht, das daher von Land zu Land verschieden sein kann. EG-Recht existiert nur für Spezialmaterien (vgl. z.B. die Kulturgüter-RL, RL 93/‌7), auch staatsvertragliche Regelungen sind rar.

Auf einen sachenrechtlichen Vorgang ist grundsätzlich das Recht des Landes anzuwenden, in dem sich die Sache befindet. Die dingliche Rechtslage bestimmt sich nach dem Recht des Lageorts (lex rei sitae, Situs-Regel, Belegenheitsrecht). In Deutschland wurde dies 1999 in Art. 43 EGBGB geregelt, davor galt dieser Grundsatz bereits gewohnheitsrechtlich. Auch die meisten anderen Länder knüpfen dingliche Rechte an den Lageort an (vgl. z.B. Art. 87 § 1 belg. IPRG, Art. 51 ital. IPRG, Art. 2 Abs. 1 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht, § 31 österreich. IPRG, Art. 99, 100 schweiz. IPRG, Art. 10 Abs. 1 span. Código Civil, Art. 46 portug. Código Civil, Art. 18 Abs. 1 IPRG Sloweniens, § 18 Abs. 1 estnisches IPRG, Art. 18 lettisches ZGB, Art. 1.48 litauisches ZGB, Art. 21 Abs. 1 türkisches IPRG, Art. 32, 34 IPRG Liechtensteins). Die Situs-Regel gilt auch in England und Frankreich.

Diese Grundanknüpfung wird durch Ausnahmen für bestimmte Fallgruppen ergänzt, im deutschen Kollisionsrecht in Art. 44–46 EGBGB. Sonderregelungen gelten für Kulturgüter (§§ 5, 9 des Ausführungsgesetz zum Kulturgutübereinkommen) sowie für bestimmte Finanzinstrumente nach § 17a DepotG.

Die Grundanknüpfung des Art. 43 Abs. 1 EGBGB beruft für alle sachenrechtlichen Fragen das Recht des Lageorts. Dies dient den Verkehrsinteressen, da für jeden erkennbar ist, nach welchem Recht sich dingliche Rechte bestimmen. Die Möglichkeit einer Rechtswahl wird wegen des Verkehrsschutzes überwiegend abgelehnt, teilweise wird sie mit nur relativer Wirkung zwischen den Parteien, d.h. ohne Wirkung gegenüber Dritten, zugelassen (vgl. etwa Art. 104 schweiz. IPRG, Art. 1.49 litauisches ZGB).

Art. 43 EGBGB spricht von Rechten an Sachen, also dinglichen Rechten. Dies sind zunächst solche, die absolut wirken, aber auch ein Rechtserwerb, der nur relativ wirksam oder unwirksam ist, kann hierzu zählen. Wirkt etwa ein Eigentumsvorbehalt nur gegen den Käufer, nicht aber gegen Dritte, weil bestimmte Voraussetzungen nicht beachtet wurden, handelt es sich gleichwohl um ein dingliches Recht (str.). Auch eine Regelung wie § 566 BGB (Veräußerung bricht nicht Miete) begründet eine dingliche Rechtsposition des Mieters. Das Lösungsrecht, das dem gutgläubigen Erwerber erlaubt, die Sache nur gegen Erstattung des Kaufpreises herauszugeben, ist ebenfalls hier zu nennen. Ferner ist der Besitz ein dingliches Recht i.S.d. Art. 43 EGBGB.

Das Lageortsrecht bestimmt die möglichen Formen dinglicher Rechte, die Voraussetzungen für ihr Entstehen, ihren Inhalt, ihre Übertragung einschließlich möglicher Übergabesurrogate und ihr Erlöschen. Es bestimmt auch, ob eine Sache beweglich oder unbeweglich ist und was sonderrechtsunfähiger Bestandteil einer Sache oder Zubehör ist. Manche IPR-Gesetze enthalten entsprechende Aufzählungen des Anwendungsbereichs (vgl. etwa Art. 94 belg. IPRG und Art. 2 Abs. 4 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht). Soweit es allerdings schon für das Kollisionsrecht auf diese Fragen ankommt, also ein Kollisionsrecht etwa zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterscheidet, entscheidet dieses Kollisionsrecht über die Einordnung. Das deutsche Kollisionsrecht geht grundsätzlich vom Sachbegriff des § 90 BGB aus.

Nach dem Lageortsrecht richtet sich auch die Frage, ob der Eigentumsübergang abstrakt oder kausal erfolgt. Geht das Eigentum mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts über, ist dieses selbständig nach der Rom I-VO (VO 593/‌2008) anzuknüpfen. Ist es wirksam, geht das Eigentum über, auch wenn das Vertragsstatut die Wirksamkeit des Kausalgeschäfts für den Eigentumsübergang nicht verlangt. Das Kausalgeschäft reicht nicht, wenn das Vertragsstatut den Eigentumserwerb mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts vorsieht, aber das Lageortsrecht noch ein dingliches Rechtsgeschäft verlangt. Ferner sind die Geschäftsfähigkeit (Art. 7 EGBGB), Form (Art. 11 EGBGB) und Vertretung bei einem dingliche Rechtsgeschäft gesondert anzuknüpfen.

Der Übergang dinglicher Rechte aufgrund eines Gesamtstatuts, etwa des Erb- oder Ehegüterstatuts, vollzieht sich grundsätzlich unabhängig vom Lageortsrecht, es sei denn, das Lageortsrecht lässt die dingliche Rechtsfolge nicht zu (vgl. auch § 19 estn. IPRG). So hat ein Vindikationslegat (Vermächtnis mit unmittelbarer dinglicher Wirkung) in Deutschland keine dingliche Wirkung, sondern führt nur zu einem schuldrechtlichen Anspruch, wie er nach § 2174 BGB besteht (BGH 28.9.1994, NJW 1995, 58, 59).

Das Lageortsrecht bestimmt auch die Voraussetzungen für den Erwerb vom Nichtberechtigten (ausdrücklich Art. 6 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht) und eine Genehmigung einer solchen Verfügung, auch wenn diese einem anderen Recht unterlag. Auch eine Eigentumsvermutung unterliegt dem Recht des Lageorts. Es legt auch den Inhalt dinglicher Rechte fest (vgl. etwa Art. 94 § 1 Nr. 2 belg. IPRG, Art. 31 Abs. 2 österreich. IPRG, Art. 100 Abs. 2 schweiz. IPRG). Damit unterliegen auch dingliche Ansprüche, wie Unterlassungs- oder Abwehransprüche oder solche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses dem Lageortsrecht.

In zeitlicher Hinsicht ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die dingliche Rechtsfolge eintritt, also beim Rechtserwerb das letzte Tatbestandsmerkmal vollendet ist (vgl. auch Art. 33 Abs. 1 österreich. IPRG, Art. 87 § 1 Abs. 2 belg. IPRG, Art. 2 Abs. 5 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht).

Nach deutschem internationalem Sachenrecht ist ein Renvoi zu beachten, es ist also auch das IPR des Lageorts zu prüfen, anders als etwa nach niederländischem Recht (vgl. Art. 1 Abs. 3 Wet conflictenrecht goederenrecht). Wegen der weiten Verbreitung der Situs-Regel ist eine Rück- oder Weiterverweisung freilich unwahrscheinlich, aber dann möglich, wenn das ausländische Recht für bestimmte Materien eine Sonderanknüpfung vorsieht.

2. Lageortswechsel

Bei beweglichen Sachen kann sich der Lageort verändern, so dass es zu einem Statutenwechsel kommen kann (conflit mobile). Man unterscheidet den schlichten Statutenwechsel, bei dem der sachenrechtliche Tatbestand bereits vollendet ist, wenn die Sache die Grenze überschreitet, und den qualifizierten Statutenwechsel, bei dem der sachenrechtliche Tatbestand noch nicht im Ausgangsland abgeschlossen ist (offener Tatbestand). Bei noch nicht vollendetem Rechtserwerb entscheidet das neue Lageortsrecht (vgl. etwa Art. 21 Abs. 3 türk. IPRG).

a) Schlichter Statutenwechsel

Bei einem schlichten Statutenwechsel bleiben die an der Sache begründeten Rechte bestehen (Art. 43 Abs. 2 EGBGB, Art. 5 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht, Art. 18 Abs. 2 lettisches ZGB). Ihr Inhalt richtet sich dann nach dem neuen Lageortsrecht, dies regelt ausdrücklich etwa Art. 100 Abs. 2 schweiz. IPRG, § 31 Abs. 2 österreich. IPRG. So bestimmt dieses Recht beispielsweise, unter welchen Bedingungen ein Eigentümer die Herausgabe seiner Sache verlangen oder welche Rechte er gegen Störungen seines Eigentums geltend machen kann. Ist ein dingliches Recht am neuen Lageort unbekannt, müssen seine Wirkungen in die neue Rechtsordnung eingepasst werden. Dabei wird die Sache mit der sachenrechtlichen Prägung übernommen, die sie unter der Geltung des alten Statuts empfangen hat. Jedoch kann das fremde Recht nur nach Maßgabe eines funktionsäquivalenten inländischen Sachenrechtstyps ausgeübt werden, so dass die Wirkungen des Rechtsinstituts an das neue Lageortsrecht angepasst werden müssen (Transposition). So wird etwa eine italienische Autohypothek in Deutschland nach den Regeln der deutschen Sicherungsübereignung verwertet (BGH 11.3.1991, NJW 1991, 1415, 1416). Dabei kann freilich das Problem entstehen, dass unter dem neuen Statut dem Rechtsinhaber eine größere Rechtsmacht als unter dem Ausgangsstatut zukommt; dies sollte durch geschickte Anpassung möglichst vermieden werden.

Entscheidend ist, dass das nach ausländischem Recht entstandene dingliche Recht nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung des neuen Lageorts steht. Dingliche Rechte können nur dann Wirkungen entfalten, wenn sie selbst und ihre Wirkungen mit der neuen Rechtsordnung verträglich sind. Dies bestimmt Art. 43 Abs. 2 EGBGB (s. auch Art. 5 S. 2 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht, § 18 Abs. 2 estn. IPRG). Insbesondere bei Sicherungsrechten können hier Probleme entstehen, da insofern die Voraussetzungen vor allem hinsichtlich der Publizität divergieren. Im Ausland wird vielfach das Faustpfandprinzip strikt durchgehalten oder eine Registrierung von Sicherungsrechten verlangt. Daher werden eine Sicherungsübereignung und ein Eigentumsvorbehalt des deutschen Rechts, die publizitätslos für Dritte nicht erkennbar begründet werden können, im Ausland oft nicht anerkannt, wenn das ausländische Recht eine Registrierung erfordert oder dem Faustpfandprinzip folgt. So wurde eine Sicherungsübereignung nach deutschem Recht nach dem Grenzübertritt nach Österreich nicht anerkannt (OGH 14.12.1983, IPRax 1985, 165). Nach Schweizer Recht, das eine Registrierung des Eigentumsvorbehalts verlangt (Art. 715 ZGB), bleibt ein Eigentumsvorbehalt nur in den ersten drei Monaten gültig (Art. 102 Abs. 2, 3 IPRG), allerdings kann er einem gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden.

Das deutsche Recht ist bei der Anerkennung ausländischer dinglicher Rechte großzügig. Da die Sicherungsrechte des deutschen Rechts publizitätslos bestellt werden können, ist die Anerkennung von besitzlosen Sicherheiten ohne Weiteres möglich. So wurde ein französisches Registerpfandrecht (BGH 20.3.1963, BGHZ 39, 173, 175) genauso anerkannt wie die italienische Autohypothek (BGH 11.3.1991, NJW 1991, 1415, 1416). Auch ein Lösungsrecht kann in Deutschland geltend gemacht werden (vgl. BGH 8.4.1987, BGHZ 100, 321, 325 m.w.N.).

Bei der Behandlung von Sicherungsrechten bei Grenzübertritten kann auch das Europarecht relevant werden, vor allem die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 EG/‌34 AEUV) und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG/‌63 AEUV; Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit). Wird eine Kreditsicherheit nach dem Grenzübertritt ins Ausland nicht anerkannt, so kann das den Export von Waren behindern und damit eine Beschränkung der Grundfreiheiten darstellen, die allerdings durch zwingende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann. Solche Gründe können der Schutz von Gläubigern und gutgläubigen Erwerbern und, allgemeiner, das Festhalten an einer bestimmten sachenrechtlichen Ordnung sein, wobei die Beschränkung verhältnismäßig sein muss. Rechtsprechung zu diesem Fragenkreis existiert allerdings nicht.

Kann ein Recht wegen Unverträglichkeit nicht ausgeübt werden, lebt es nach einem erneuten Grenzübertritt in der ursprünglichen Form wieder auf, es ruht nur und erlischt nicht. Die Unverträglichkeit eines auf der Sache lastenden Rechts mit dem neuen Lageortsrecht hat also keinen Reinigungseffekt, die Sache wird nicht von dieser Belastung befreit. Dies gilt freilich nur, soweit nicht in der Zwischenzeit relevante Tatbestände stattfanden, die auf das dingliche Recht einwirkten, etwa ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb.

b) Offene Tatbestände

Bei einem offenen, noch nicht abgeschlossenen Tatbestand entscheidet das neue Lageortsrecht darüber, ob es zum Rechtserwerb kommt. Dieses Recht regelt auch, wie Vorgänge, die noch in einem anderen Land stattfanden, berücksichtigt werden. Bei Verbringung der Sache nach Deutschland bestimmt Art. 43 Abs. 3 EGBGB, dass solche Vorgänge so zu behandeln sind, als seien sie in Deutschland geschehen, ebenso Art. 102 Abs. 1 schweiz. IPRG, § 18 Abs. 3 estn. IPRG. Die Vorschrift gilt nur, wenn die Sache in das Inland gelangt, und kann nicht allseitig ausgebaut werden. Es bleibt dem jeweiligen Staat überlassen, wie er dies handhabt.

Durch den Statutenwechsel allein tritt keine Heilung eines bereits fehlgeschlagenen Rechtserwerbs ein. War z.B. nach dem alten Statut ein gutgläubiger Erwerb gescheitert, so führt der Statutenwechsel allein nicht zum Rechtserwerb, auch wenn das neue Recht geringere Anforderungen stellt und danach das Geschehen einen Erwerb ermöglicht hätte.

Bedeutung hat Art. 43 Abs. 3 EGBGB vor allem bei mehraktigen Tatbeständen und der Ersitzung. Ferner soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein Eigentumsvorbehalt, der im ursprünglichen Lagestaat nur mit relativer Wirkung vereinbart wurde, beim Grenzübertritt nach Deutschland absolute Wirkung erhalten, weil er erst dort seine Wirkungen entfalten soll, wie im sog. „Strickmaschinenfall“ (BGH 2.2.1966, BGHZ 45, 95).

c) Internationaler Versendungskauf und Transitgüter

Abgesehen von Art. 43 Abs. 3 EGBGB enthält das deutsche internationale Sachenrecht keine Sonderregeln für den internationalen Versendungskauf. Zunächst ist das Recht des Absendestaates und nach Grenzübertritt das Recht des Bestimmungslandes für die dingliche Rechtslage maßgeblich. Das Schweizer Recht sieht vor, dass der Eigentumsvorbehalt an einer zur Ausfuhr bestimmten Sache sich nach dem Recht des Bestimmungslandes richtet (Art. 103 IPRG), eine entsprechende Wahlmöglichkeit sieht auch das niederländische Recht vor (Art. 3 Abs. 2 Wet conflictenrecht goederenrecht).

Auch bei Transitgütern, also Sachen, die auf dem Transport vom Absende- ins Bestimmungsland dritte Staaten durchqueren (res in transitu), hat der deutsche Gesetzgeber mangels praktischer Bedeutung auf eine Sonderregelung verzichtet und auf die Ausweichklausel des Art. 46 EGBGB verwiesen, denn zumeist wird über Waren auf dem Transport mittels eines Orderpapiers verfügt, so dass das Recht des Wertpapierlageorts entscheidet (s.u. 3.). Im ausländischen IPR werden Verfügungen über res in transitu vielfach an das Recht des Bestimmungslands angeknüpft (vgl. etwa Art. 88 belg. IPRG, Art. 101 schweiz. IPRG, Art. 52 ital. IPRG, Art. 21 türk. IPRG, § 20 Abs. 1 estn. IPRG, dessen Abs. 2 auch eine Rechtswahl zugunsten des Herkunftsstaatsrechts oder des auf den Vertrag anwendbaren Rechts erlaubt, die allerdings Rechte Dritter nicht berührt; ferner Art. 8 niederl. Wet conflictenrecht goederenrecht). Dagegen beruft das spanische Recht das Recht des Versendungsorts, möglich ist allerdings die Wahl des Rechts des Bestimmungsorts (Art. 10 Abs. 1 S. 3 Código Civil).

3. Sonderregeln

In Deutschland sieht Art. 44 EGBGB eine besondere Kollisionsnorm für Auswirkungen, die von einem Grundstück ausgehen, vor. Für diese Emissionen sollen die Kollisionsnormen des Deliktsrechts gelten, um einen Gleichklang herzustellen, so auch § 18 Abs. 4 estn. IPRG. Damit sind die Regelungen der Rom II-VO (VO 864/‌‌2007) berufen, die allerdings ohnehin meistens unmittelbar gelten und Art. 44 EGBGB weitgehend verdrängen (Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)).

Für Transportmittel eignet sich wegen des häufigen Lageortswechsels die Anknüpfung an das Belegenheitsrecht nicht. Art. 46 Abs. 1 EGBGB sieht daher für Luftfahrzeuge, Schiffe und Eisenbahnmaterial eine Anknüpfung an den Herkunftsstaat vor. Bei Luftfahrzeugen ist das das Recht der Staatszugehörigkeit, die nach Art. 17 des Chicagoer Abkommens vom 7.12.1944 über die Internationale Zivilluftfahrt durch die Registrierung, in Deutschland in der Luftfahrzeugrolle, bestimmt wird. Rechte an Wasserfahrzeugen unterliegen dem Recht des Staats der Registereintragung und, falls eine solche nicht besteht, dem Recht des Heimathafens oder des Heimatorts. Bei Eisenbahnmaterial wird an das Recht des Zulassungsstaats angeknüpft. Ähnliche Regelungen existieren auch in anderen Ländern (z.B. § 22 estn. IPRG, § 33 österreich. IPRG, Art. 10 Abs. 2 S. 1 span. Código Civil, Art. 22 türk. IPRG, für Schiffe und Luftfahrzeuge Art. 2 Abs. 2, 3 niederländisches Wet conflictenrecht goederenrecht), ferner beruft Art. 89 belg. IPRG für alle Beförderungsmittel, die in ein öffentliches Register eingetragen sind, das Recht des Staates, in dem die Eintragung erfolgte.

Art. 46 Abs. 2 S. 1 EGBGB nimmt allerdings gesetzliche Sicherungsrechte von dieser Anknüpfung aus und unterwirft ihr Entstehen und ihren Inhalt dem Recht der gesicherten Forderung, während der Rang der Sicherungsrechte sich nach dem Lageort bestimmt (Art. 45 Abs. 2 S. 2 EGBGB). Für Straßenfahrzeuge hat der deutsche Gesetzgeber auf eine Sonderanknüpfung verzichtet, so dass die Grundanknüpfung an das Recht des jeweiligen Lageorts gilt (vgl. auch Art. 10 Abs. 2 S. 2 span. Código Civil).

Die Ausweichklausel des Art. 46 EGBGB ermöglicht eine Sonderanknüpfung, wenn zu einem anderen Recht eine wesentlich engere Verbindung besteht. Sie ist sehr zurückhaltend anzuwenden und kommt nur in Betracht, wenn eine extrem sachferne Rechtsordnung berufen ist. Anwendungsfälle können Verfügungen innerhalb von Reisegruppen oder der Eigentumserwerb des Versicherers bei gestohlenen Gütern sein (vgl. § 13 Abs. 7 der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) a.F./‌A.2.10.3 AKB 2008). Das niederländische Recht sieht für diesen Fall die Anknüpfung an das Recht des Versicherungsvertrags vor (Art. 7 Abs. 2 Wet conflictenrecht goederenrecht), während andere Verfügungen des Eigentümers bei unfreiwilligem Besitzverlust und unbekanntem Aufenthaltsort sich nach dem Recht des letzten Aufenthaltsortes richten (Art. 7 Abs. 1 Wet conflictenrecht goederenrecht). Ein Einfallstor für eine Rechtswahl stellt Art. 46 EGBGB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dar. Auch eine an sich wünschenswerte Anknüpfung an den Registrierungsort für Rechte an Kraftfahrzeugen kann nicht auf Art. 46 EGBGB gestützt werden.

Bei Wertpapieren, für die nicht § 17a DepotG gilt, bestimmt das Lageortsrecht über das Recht am Papier, also die dingliche Zuordnung des Wertpapiers (Wertpapiersachstatut, lex cartae sitae), während sich das verbriefte Recht aus dem Papier (Wertpapierrechtsstatut, Hauptstatut) nach dem Forderungsstatut oder bei verbrieften Sachen- oder Mitgliedschaftsrechten nach dem Sachenrechts- oder Gesellschaftsstatut richtet (vgl. auch etwa § 91 belg. IPRG).

Literatur

Ulrich Drobnig, Entwicklungstendenzen des deutschen internationalen Sachenrechts, in: Festschrift für Gerhard Kegel, 1977, 141 ff.; Karl F. Kreuzer, Die Inlandswirksamkeit fremder besitzloser vertraglicher Mobiliarsicherheiten: die italienische Autohypothek und das US-amerikanische mortgage an Luftfahrzeugen, Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts 1993, 157 ff.; Eva-Maria Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, 1996; Karl F. Kreuzer, Die Vollendung der Kodifikation des deutschen Internationalen Privatrechts durch das Gesetz zum Internationalen Privatrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse und Sachen vom 21.5.1999, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 65 (2001) 383 ff.; Wolfgang Lehr, Eigentumsvorbehalt als Sicherungsmittel im Exportgeschäft, Recht der internationalen Wirtschaft 2000, 747 ff.; Thomas Pfeiffer, Der Stand des Internationalen Sachenrechts nach seiner Kodifikation, Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts 2000, 270 ff.; Hans Stoll, Zur gesetzlichen Regelung des internationalen Sachenrechts in Art. 43–46 EGBGB, Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts 2000, 259 ff.; Julia Rakob, Ausländische Mobiliarsicherungsrechte im Inland, 2001; Klaus Schurig, Statutenwechsel und die neuen Normen des deutschen internationalen Sachenrechts, in: Festschrift für Hans Stoll, 2001, 577 ff.; Barbara Graham-Siegenthaler, Kreditsicherungsrechte im internationalen Rechtsverkehr, 2005.

Abgerufen von Sachenrecht, internationales – HWB-EuP 2009 am 28. März 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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