Incoterms und Informationsgesellschaft, Urheberrecht in der: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Ulrich Magnus]]''
von ''[[Thomas Dreier]]''
== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Gegenstand und Zweck ==


Die Incoterms (''International Commercial Terms'', Internationale Handelsklauseln) stellen ein Regelwerk dar, das die [[Internationale Handelskammer]] geschaffen hat, um den Inhalt für bestimmte, international besonders gebräuchliche Handelsklauseln über die Lieferung von Waren festzulegen und damit ihre weltweit einheitliche Anwendung zu ermöglichen. Solche Lieferklauseln hatten sich in der Praxis des Überseehandels entwickelt und waren dort zu Standardbedingungen geworden. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als vor allem England den Überseehandel beherrschte, hatten sie sich zu Kürzeln wie etwa CIF (''cost'','' insurance'','' freight'') oder FOB (''free on board'')'' ''verdichtet, die bei internationalen [[Warenkauf, internationaler (IPR)|Warenkäufen]] für eine Reihe von Punkten jeweils eine ganz bestimmte vertragliche Risiko- und Lastenverteilung bezeichnen. Diese Kürzel sind bis heute in der Praxis weit verbreitet. Die abgekürzten Bezeichnungen dienen der Rationalisierung. Mit lediglich drei Buchstaben (wie CIF oder FOB) wird ein ganzer Korb von Rechtsregeln umschrieben, die Lösungen für wichtige Problempunkte bei Überseekäufen, insbesondere den Risikoübergang und die Kostentragung für Versicherung und Transport der Ware, festlegen. Da jeder einzelne Incoterm diese Punkte mit jeweils anderer Lösung regelt, bieten die Incoterms den Parteien insgesamt eine breite Palette alternativer Regelungsmöglichkeiten zur Gestaltung ihrer Vertragsbeziehung. Mit der Wahl eines Incoterms und seiner Aufnahme in den Vertrag ersparen sich die Parteien die nähere Aushandlung und Ausformulierung all der zahlreichen Punkte, die im jeweiligen ''term'' geregelt sind.
Das [[Urheberrecht]] ist das Recht ''zum Schutz der Werke schöpferisch tätiger Urheber'' auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Geschützt sind als Inhaber sog. verwandter bzw. Leistungsschutzrechte darüber hinaus auch ausübende Künstler für ihre Darbietungen sowie eine Reihe von zumeist juristischen Personen, die – wie insbesondere Tonträgerhersteller, Sendeunternehmen und Filmproduzenten – im Rahmen der Werkvermittlung kaufmännisch-organisatorische Leistungen erbringen. In der Informationsgesellschaft fällt dem Urheberrecht mithin eine zentrale Rolle zu. Seit der Erfindung des Buchdrucks und der Bekämpfung des unerlaubten Büchernachdrucks hat das Urheberrecht fortwährend auf die jeweils neuen Entwicklungen der Reproduktions- und Kommunikationstechnologien reagiert (Rundfunk, Schallplatte, Magnettonband und Fotokopiergerät). Dabei folgt das Urheberrecht nicht überall der gleichen Zielsetzung: steht in kontinentaleuropäisch geprägten Rechtsordnungen der Gedanke des Schutzes des individuellen Urhebers hinsichtlich seiner persönlichkeitsrechtlichen wie auch ökonomischen Belange im Vordergrund, so gründet sich die Schutzgewähr im anglo-amerikanischen Rechtskreis weitgehend auf utilitaristische Erwägungen des Anreizes zu innovativem kreativem Schaffen.


Die Incoterms dienen aber nicht nur dem Zweck der Rationalisierung. In erster Linie wollen sie dazu beitragen, den internationalen Handel zu vereinfachen und zu erleichtern. Die Festlegung eines international einheitlichen Verständnisses von Vertragsklauseln, die in der Praxis häufig sind und sich bewährt haben, bedeutet dafür einen beachtlichen Schritt. Auch wenn die Incoterms aus sich selbst heraus nicht verbindlich sind, sondern nur sog. ''soft law'' darstellen, tragen sie zur faktischen Vereinheitlichung des internationalen Handelsrechts erheblich bei und können insoweit als Teil einer modernen ''[[Lex Mercatoria|lex mercatoria]]'' betrachtet werden. Aus der Handelspraxis entstanden, sind sie Teil dessen, was man als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“ (''Hans Großmann-Doerth'') bezeichnet hat.
Digitalisierung und Vernetzung stellen das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft jedoch vor ''Herausforderungen'', die das zuvor gekannte Maß erheblich überschreiten. Zum einen kann der Nutzer selbst Kopien zu marginalen Grenzkosten ohne jeglichen Qualitätsverlust in Originalqualität anfertigen. Zum anderen kann auch ein privater Nutzer die Werke problemlos der ganzen Welt zur Nutzung anbieten. Damit aber tritt der Nutzer, der in der analogen Welt Nachfrager und Abnehmer der Leistungen der Urheber und Produzenten war, in der digitalisierten und vernetzten Welt selbst als Anbieter auf, bricht damit in die etablierten Vermarktungsketten ein und stellt so die bisherigen Vergütungs- wie auch Anreizmechanismen in Frage. Darüber hinaus ist die Massenhaftigkeit urheberrechtlich relevanter Handlungen ein Problem sowohl für vertragliche Transaktionen als auch für die Verfolgung von Rechtsverletzungen, zumal die meisten der Handlungen im privaten Umfeld und nicht selten unter Inanspruchnahme technischer Anonymisierungsmöglichkeiten vorgenommen werden. So bleibt in der Praxis oft nur der jeweilige Internet-Service-Provider als Anspruchsgegner einer Erfolg versprechenden Rechtsverfolgung übrig, und selbst an diesem fehlt es, wenn sich die Nutzer dezentraler ''Peer-to-Peer-Filesharing''-Systeme bedienen. Für den Gesetzgeber und die Gerichte ergibt sich ein weiteres Problem aus der zunehmenden Konvergenz der Rollen der Beteiligten und folglich ihrer Nutzungshandlungen. Je ähnlicher und technisch austauschbarer diese werden, desto weniger Ansatzpunkte bieten sich für eine differenzierende Gesetzgebung, und desto schwieriger wird im digitalen Umfeld die Subsumtion unter Rechtsnormen, die im analogen Umfeld noch auf deutlich unterscheidbare Handlungen hin formuliert worden waren. Obwohl dem Urheberrecht in der Informationsgesellschaft zu Beginn mehrfach das Ableben vorausgesagt worden ist, hat es seine Bedeutung als eine der hauptsächlichen Regelungsmaterien der Informationsgesellschaft bislang jedoch nicht nur beibehalten, sondern sogar noch steigern können.


== 2. Entstehung und Entwicklung der Incoterms ==
Als Recht des geistigen Eigentums ([[Geistiges Eigentum (allgemein)]]) ist das Urheberrecht territorialer Natur. Weder auf internationaler, noch auf europäischer Ebene gibt es gegenwärtig ein einheitliches Urheberrecht. Bestehende Schutzunterschiede werden durch internationale Konventionen überbrückt (insb. die Revidierte Berner Übereinkunft, RBÜ; Aspekte der Informationsgesellschaft regelt auch das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, TRIPS, sowie insbesondere der WIPO-Urheberrechtsvertrag ([[World Intellectual Property Organization|WIPO]]), WCT, und der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, WPPT. Die [[Europäische Union|EU]] hat auf die Herausforderungen der Informationsgesellschaft für das Urheberrecht mit einer Reihe harmonisierender Richtlinien reagiert.


Die Incoterms sind erstmalig 1936 formuliert worden. Die heute in ihnen definierten dreizehn Kurzbezeichnungen waren im internationalen Warenverkehr zu jener Zeit, wie erwähnt, längst üblich. Allerdings legten die nationalen Gerichte diese vom Handel geschaffenen Klauseln nicht überall im gleichen Sinn aus, so dass sich eine gewisse nationale Zersplitterung des Verständnisses der üblich gewordenen Klauseln ergeben hatte. Das veranlasste die Internationale Handelskammer in Paris (''International Chamber of Commerce'', ICC), unter ihren nationalen Mitgliedsorganisationen zu erheben, wie diese die verbreitetsten Lieferklauseln verstanden. Auf dieser Grundlage entwickelte die ICC eine einheitliche Festlegung des Inhalts der wichtigsten Lieferklauseln des internationalen Warenverkehrs. Seit 1936 haben die Incoterms mehrere Neuauflagen (1953, 1967, 1976, 1980, 1990, 2000) erlebt, die das Regelwerk jeweils der Fortentwicklung der Handelspraxis angepasst haben. Die Neufassungen haben jedoch stets nur Einzelpunkte ergänzt oder modifiziert, nie das Grundgerüst insgesamt geändert. Gegenwärtig ist mit den Incoterms 2000 seit dem 1.1.2000 die sechste Neufassung in Kraft. Auch sie hat gegenüber der vorangehenden Fassung keine grundlegende Änderung, sondern nur einzelne Neuerungen und Ergänzungen gebracht, die freilich im Einzelfall durchaus Bedeutung gewinnen können.
== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==


== 3. Geltung der Incoterms ==
In einer ersten Reaktion nahm zunächst das europäische und später auch das internationale Urheberrecht die digitalen Schutzgegenstände der ''Computerprogramme'' ([[Softwareschutz: Urheberrecht und Patentrecht]]) und der ''Datenbanken'' ([[Datenbankschutz]]) als urheberrechtliche Schutzgegenstände auf (Programme: RL 91/‌250, Art. 10(1) TRIPS, Art. 4 WCT; Datenbanken: RL 96/‌9, Art. 10(2) TRIPS, Art. 5 WCT). Bedenken, dass es sich hierbei nicht um schöngeistige, sondern um technische Formgebungen handelt, wurden dabei ebenso hintangestellt wie die Tatsache, dass die urheberrechtliche Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers für Wettbewerber viel zu lange Markteintrittsschranken errichtet. Pläne eines speziell auf die Besonderheiten von Computerprogrammen zugeschnittenen Sonderschutzes waren Mitte der 1980er-Jahre gescheitert. Für Datenbanken hingegen betrat die EU mit ihrem zusätzlichen Investitionsschutz sui generis Neuland. Im Ergebnis wurden in beiden Fällen die zuvor stark abweichenden nationalen Regelungen der EU-Mitgliedstaaten weitestgehend vereinheitlicht. Etwa fortbestehende nationale Anforderungen an die Schöpfungshöhe sind für Computerprogramme angesichts deren heutiger Komplexität praktisch bedeutungslos; hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs des sui-generis-Schutzes für Datenbanken hat der EuGH inzwischen eine weitreichende Klärung bewirkt (EuGH Rs. C-203/‌02 – ''British Horseracing Board'', Slg. 2004, I-10415, sowie EuGH Rs. C-304/‌07 – ''Directmedia Publishing'', EuLF (Section I) 2008, 215, EuGH Rs. C-545/‌07 – ''Apis-Hristovich'', EuZW 2009, 345).


Die Incoterms sind kein staatlich gesetztes und damit kein automatisch geltendes Recht. Ihre Verfasser haben keine Legitimation, objektives Recht zu setzen. Andererseits stellen die Incoterms nach überwiegender Ansicht im Ganzen auch keine Handelsbräuche dar, die bereits kraft Gewohnheitsrechts gelten und mangels abweichender Parteivereinbarung zu beachten sind. Der gewohnheitsrechtlichen Geltung des gesamten Regelwerks steht zum einen entgegen, dass die Kaufvertragsparteien stets einen einzelnen Incoterm aus dem Angebot der dreizehn alternativen Klauseln aussuchen müssen. Keine dieser Klauseln kann von selbst für den Vertrag gelten. Einer Geltung als Handelsbrauch steht zum andern auch die häufige Änderung von Einzelheiten entgegen. Sofern die Parteien einen Incoterm gewählt haben, können allerdings einzelne seiner Regeln, die seit langem unverändert geblieben sind, inzwischen als Handelsbrauch anzusehen sein, der dann mit der jeweiligen Klausel verbunden ist.
Eine zweite Reaktion nahm sich dann der eingangs geschilderten ''Probleme von Digitalisierung und Vernetzung'' an. Historisch wohl einmalig ging die Initiative hier von der internationalen Ebene aus (beginnend mit den beiden WIPO-Verträgen von 1996, gefolgt von der RL 2001/‌29 zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft im Jahr 2001. Die EU hat darüber hinausgehend durch ihre horizontale, alle Werke und die wichtigsten verwandten Schutzrechte erfassende Harmonisierung des Vervielfältigungsrechts, des Rechts der öffentlichen Wiedergabe und des Verbreitungsrechts sowie die Schaffung des Ausschließlichkeitsrechts des Einstellens in öffentlich zugängliche Netze (sog. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) eine weitgehende Angleichung der nationalen Rechte der Mitgliedstaaten erreicht. Allerdings belässt insbesondere der Begriff der ''öffentlichen'' Wiedergabe den Gerichten der Mitgliedstaaten nach wie vor einen in der Praxis nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum, den auch der EuGH allenfalls nur punktuell zu konkretisieren vermag (EuGH Rs. C-306/‌05 – ''SGAE'', Slg. 2006, I-11519: Hotelvideo in den Gästezimmern als öffentliche Wiedergabe i.S.v. Art. 3(1) der RL 2001/‌29; zum Begriff der Vervielfältigung EuGH Rs. 5/‌08 v. 16.7. 2009 − ''Infopaq''). Vor allem aber haben sich die Mitgliedstaaten hinsichtlich der die Ausschließlichkeitsrechte begrenzenden ''Schrankenbestimmungen'' nur auf einen zwar abschließenden, mit einer Ausnahme die Mitgliedstaaten jedoch nicht verpflichtenden Katalog von insgesamt zwanzig weiteren Schranken verständigen können. Auch hinsichtlich der Durchsetzung technischer Schutzmechanismen gegenüber urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen belässt die RL 2001/‌29 den Mitgliedstaaten einen nicht geringen Entscheidungsspielraum. Da die Reichweite des urheberrechtlichen Schutzes in der Praxis weitgehend über die Schrankenbestimmungen und künftig auch mittels technischer Schutzmechanismen bestimmt wird, kann von einer echten Rechtsvereinheitlichung im Bereich des europäischen Urheberrechts mithin nach wie vor nicht gesprochen werden.


Der Charakter der Incoterms als Angebot dreizehn unterschiedlicher, aber gleichberechtigter Alternativen hat die notwendige Folge, dass die von der ICC gegebene einheitliche Festlegung für jeden Einzelterm nur gilt, wenn die Parteien einen bestimmten Incoterm wirksam in ihrem Vertrag vereinbart haben. Damit stellen die Incoterms der Sache nach international vereinheitlichtes AGB-Recht ([[Allgemeine Geschäftsbedingungen]]) dar, das nur Geltung erlangt, wenn die Parteien einen ''term ''gewählt haben. Eine Pflicht zur Wahl eines Incoterms besteht in keinem Fall. Eine der Klauseln der Incoterms kommt nur zum Zug, wenn und weil die Parteien von ihrer Nützlichkeit und praktischen Eignung, kurz ihrer Qualität überzeugt waren und sie deshalb in den Vertrag aufgenommen haben.
Das lässt den Mitgliedstaaten auch weiterhin Raum für nationale Alleingänge. Genannt sei hier nur Frankreich, das im Rahmen seiner späten Umsetzung der Richtlinie bislang unbekannte Sonderregelungen hinsichtlich der Kompatibilität technischer Schutzmechanismen eingeführt hat. Oder Deutschland, das mit seinem Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (sog. zweiter Korb) auf eine Öffnung von Archivbeständen für die digitale und vernetzte Verwertung hingewirkt, zwei neue Schranken zugunsten von Wissenschaft und Forschung geschaffen und nicht zuletzt das Vergütungssystem für die Privatkopie neu geregelt hat, dessen Auswirkungen vor allem im digitalen Bereich von Bedeutung sind (Abgabepflicht von Druckern, PCs usw.). Neben diesen legislatorischen Sonderwegen legen auch die Gerichte der Mitgliedstaaten die in Art. 12 ff. der E‑Commerce-RL (RL 2000/‌31) nur lückenhaft geregelte und überdies in ihren urheberrechtlichen Auswirkungen unklare Haftungsfreistellung von Internet-Service-Providern durchaus unterschiedlich aus, indem sie auf die jeweiligen nationalen Grundsätze der Haftung mittelbarer Rechtsverletzer zurückgreifen und diese für das Urheberrecht im Internet weiterentwickeln. Einzelne Mitgliedstaaten suchen darüber hinaus auch neue Lösungswege, wie etwa Frankreich, das eine zunächst freiwillige Mitwirkung der ''Service-Provider'' bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen zugleich gesetzlich festschreiben will. Ein gemeinsames Konzept fehlt in der EU also bislang, was zum Teil auch der Tatsache geschuldet ist, dass trotz zweier Entscheidungen des EuGH (Rs. C-275/‌06 − ''Promusicae'', Slg. 2008, I-271 sowie Rs. C-557/‌07 − ''LSG'', EWS 2009, 192) noch unklar ist, in welchem Umfang geltgendes EG-Datenschutzrecht die Speicherung und Weitergabe von Verfkehrsdatgen erlaubt die erforderlich sind, um den Inhaber einer IP-Adresse festzustellen. Ob der Wettbewerb nationaler Systeme tatsächlich effizient ist oder aber umgekehrt das Funktionieren des [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarktes]] über Gebühr beeinträchtigt, lässt sich gegenwärtig nur schwer abschätzen.


Ob die Parteien einen Incoterm wirksam in den Vertrag einbezogen haben, richtet sich nicht nach den Incoterms selbst, sondern nach dem dafür maßgebenden Recht, das vorrangig aus internationalem [[Einheitsrecht]] wie dem UN-Kaufrecht (CISG) ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]), im Übrigen aus dem Recht folgt, auf das das [[internationales Privatrecht|internationale Privatrecht]] des befassten Gerichts verweist. Für die Einbeziehung ist grundsätzlich ein Hinweis auf die Incoterms notwendig. Vereinbaren die Parteien z.B. nur „FOB Hamburg“, dann fehlt ein ausdrücklicher Hinweis auf die Incoterms. Es ist unklar, ob diese FOB-Klausel mit dem Inhalt gelten soll, den die Incoterms 2000 festlegen, ob eine frühere Version der Incoterms maßgebend sein soll oder ob auch nur das nationale Verständnis der FOB-Klausel entscheidend sein soll, das von den Festlegungen der ICC abweichen kann. In Deutschland und weiteren Ländern, aber längst nicht überall versteht man „FOB (Verschiffungshafen)“ heute allerdings als eine stillschweigende Bezugnahme auf die Incoterms, und zwar auf die Version, die bei Vertragsschluss in Kraft war. Allerdings empfiehlt die ICC in ihren Vorbemerkungen zu den Incoterms nachdrücklich, Formulierungen wie „FOB Hamburg“ den Zusatz „Incoterms 2000“ (oder der gewünschten Version) hinzuzusetzen, um Streitigkeiten über die Einbeziehungsfrage vorzubeugen.
Eine vergleichsweise große Unsicherheit besteht schließlich gegenwärtig noch im Hinblick darauf, unter welchen Voraussetzungen das Wettbewerbsrecht (Art. 81, 82 EGV/‌101, 102 AEUV) die Ausübung von urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechten in dynamischen digitalen Informationsmärkten beschränken soll (vgl. nur EuG Rs. T-201/‌04 – ''Microsoft'', Slg. 2007, II-3601).


Die Incoterms räumen ihrerseits konkreteren vertraglichen Abmachungen der Parteien sowie Handelsbräuchen, z.B. auch örtlichen Hafenusancen, jedoch den Vorrang ein. Die Incoterms greifen insoweit nur subsidiär ein, wenn sich aus den Abmachungen oder Bräuchen nichts Abweichendes ergibt. Auch zwingendes nationales Recht geht den Incoterms vor, während dispositives nationales Recht hinter ihnen zurücksteht.
== 3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht ==


== 4. Reichweite der Incoterms ==
Die Harmonisierung des europäischen Urheberrechts in der Informationsgesellschaft kommt ganz bewusst dem Wunsch der Rechtsinhaber entgegen, den durch Digitalisierung und Vernetzung hervorgerufenen Kontrollverlust durch ein möglichst hohes Schutzniveau auszugleichen. Das wird im Wesentlichen durch einen weitgehend lückenlosen Ausschließlichkeitsschutz unter Einschluss des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung geschützter Werke und Leistungen im Netz gewährleistet, der auch die von den einzelnen Nutzern vorgenommenen Handlungen weitgehend dem Zustimmungserfordernis der Rechteinhaber unterwirft. Der Gegensatz von Urheberrecht und Copyright steht dem nicht entgegen. Damit kommt dann aber den urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen eine entscheidende Rolle für den Zuschnitt des Ausschließlichkeitsschutzes zu. Sie sind von früheren, punktuellen Ausnahmeregelungen zum Dreh- und Angelpunkt für einen gerechten und effizienten Ausgleich widerstreitender Interessen geworden. Zum einen neigt der Gesetzgeber dazu, den Raum für die digitale Privatkopie weiter einzuengen. Zum anderen droht die Gefahr, dass allzu eng gefasste Schrankenbestimmungen den Wettbewerb hinsichtlich informationeller Mehrwertprodukte und ‑dienstleistungen unterbinden, die auf vorbestehendem urheberrechtlich geschütztem Material aufsetzen. Die in diesem Zusammenhang weitgehend offene Frage, inwieweit dem Eigentumsschutz aufgrund der Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK, nationale Verfassungsrechte) Grenzen zu setzen sind, wird von den einzelnen nationalen Gerichten je nach nationaler Verfassungsrechtstradition und umso unterschiedlicher beantwortet, je mehr oder weniger das nationale Recht von dem Schrankenkatalog der RL 2001/‌29 Gebrauch gemacht hat. Vor allem aber wird der gesetzgeberische Handlungs- wie auch der richterliche Auslegungsspielraum durch den international verbindlichen und nachfolgend ins europäische Recht übernommenen sog. Dreistufentest (Art. 13 TRIPS; Art. 5(5) RL 2001/‌29) umrissen. Danach dürfen Mitgliedstaaten nur dann Schrankenbestimmungen einführen, wenn es sich (i) nur um bestimmte Sonderfälle handelt, die (ii) weder die normale Verwertung der Werke beeinträchtigen, noch (iii) die berechtigten Interessen der Urheber unzumutbar verletzen. Ursprünglich gedacht als Sicherung dagegen, dass die Vertragspartner internationaler Konventionen die Verpflichtung zur Gewähr der Ausschließlichkeitsrechte auf dem Umweg über allzu weitreichende Schrankenbestimmungen unterlaufen, ist der Dreistufentest zuletzt zunehmend von den Rechteinhabern reklamiert worden, um unliebsamen Schrankenbestimmungen entgegenzutreten. Allerdings finden sich zunehmend auch kritische Stimmen, die den Dreistufentest vielmehr als Garanten für einen fairen Ausgleich von Eigentums- und Zugangsinteressen verstanden wissen wollen.


Die Incoterms richten sich ausschließlich an Parteien eines Kaufvertrags und behandeln einige besondere Pflichten aus diesem Vertragsverhältnis. Dazu gehören allerdings auch Verpflichtungen, die sich auf den Transport und die Versicherung der Ware und damit auf andere Verträge im Zusammenhang mit der Warenlieferung beziehen. Die Incoterms legen für diesen praktisch ausgesprochen wichtigen Bereich fest, ob und welche der beiden Kaufvertragsparteien zum Abschluss dieser Verträge verpflichtet ist und wer die entsprechenden Kosten zu tragen hat. Zum Teil bestimmen die Incoterms auch, welchen Inhalt der Transport- und Versicherungsvertrag haben muss, worauf also die Kaufvertragspartei, die zum Abschluss dieser Verträge verpflichtet ist, bei deren Abschluss mit dem Beförderer und Versicherer zu achten und was sie sicherzustellen hat. Dagegen legen die Incoterms weder fest, wie der Kaufvertrag zustande kommt, noch, welche Rechte eine Partei hat, wenn die andere den Vertrag verletzt. Auch die Frage des Eigentumsübergangs richtet sich nicht nach den Incoterms, sondern nach dem dafür maßgebenden nationalen Recht ([[Eigentumsübertragung (beweglicher Sachen)|Eigentumsübertragung]]).
Darüber hinaus gewährt das EU-Recht in Übereinstimmung mit den beiden WIPO-Verträgen einen weitreichenden Schutz gegen die Umgehung technischer Schutzmechanismen (Zugangskontrollen; Kopiersperren) einschließlich der Herstellung und des Vertriebs von Umgehungsmitteln. Auf diese Weise werden Geschäftsmodelle abgesichert, die auf Produktdiversifizierung (unterschiedliche Zugangs‑ und Nutzungsbedingungen bei unterschiedlichen Zahlungsmodellen, von Abonnementsgebühren für bestimmte Werkpakete bis hin zu ''pay-per-use''-Angeboten) und Preisdifferenzierung abstellen. Im Einzelnen sind allerdings noch einige Fragen hinsichtlich der Voraussetzungen und der Reichweite des Schutzes offen und mithin der Interpretation durch die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten zugänglich. Kritiker sehen in dem rechtlichen Umgehungsschutz eine staatliche Sanktionierung privater Gesetzgebung durch marktmächtige Anbieter. Dadurch werde zum einen die vom Gesetzgeber in den Urheberrechtsschranken vorgenommene Abwägung der urheberrechtlichen Eigentums- mit den Zugangsinteressen der Allgemeinheit weitgehend außer Kraft gesetzt. Zum anderen entstehe durch die zusätzlichen Zugangs- und Nutzungsbeschränkungen ein ineffizienter sog. ''deadweight loss''. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass Preisdifferenzierung und Produktdifferenzierung sowohl die Marktnachfrage besser abschöpfen als auch zu einer besseren Versorgung der Verbraucher führen. Wo technische Schutzmechanismen – wie insbesondere im Bereich der Musik – versagen, bleibt den Rechteinhabern kaum anderes übrig, als die Rechtsverfolgung zu verstärken, wenn sie sich nicht auf alternative Geschäftsmodelle (Werbefinanzierung; Mehrwertdienste) verlegen wollen oder können. Zugleich könnte der rechtliche Schutz gegen die unautorisierte Umgehung Vorbildcharakter weit über das Urheberrecht hinaus haben. Schon jetzt nutzt etwa die Automobilindustrie Skalenvorteile, die durch die Herstellung nur eines einheitlichen Motors entstehen, der dann mittels eines eingebetteten Computerprogramms auf unterschiedliche Leistungsstärken gedrosselt wird.


Da die Incoterms längst nicht alle kaufvertraglichen Fragen behandeln, sondern nur eine Teilregelung enthalten, bedarf es neben ihrer Vereinbarung stets einer weiteren Rechtsordnung, um sonstige kaufvertragliche Probleme zu regeln. Diese Rechtsordnung kann und wird häufig das CISG, im Übrigen das kollisionsrechtlich berufene Recht sein, das den Parteien gewöhnlich die Wahl einer bestimmten Rechtsordnung erlauben wird. Die Incoterms verdrängen diese Ordnung, die für den Kaufvertrag grundsätzlich gilt, nur so weit wie sie reichen, lassen sie aber im Übrigen in Kraft. Speziell mit dem CISG sind die Incoterms in Inhalt und Terminologie so weit aufeinander abgestimmt, dass sie sich nahtlos ergänzen. Die Incoterms erlauben gegenüber der allgemeinen Regelung im CISG Variationen des Zeitpunkts und Ortes des Gefahrübergangs und schaffen zum Teil ergänzende Pflichten, die zu den im CISG geregelten Pflichten hinzutreten. Die Geltung des CISG im Übrigen berühren die Incoterms dagegen nicht. Insbesondere bedeuten sie keinen – stillschweigenden – Ausschluss des CISG.
Schließlich sei darauf verwiesen, dass das Recht der in der Praxis so wichtigen Lizenzierung von Schutzrechten in der EU bislang nicht vereinheitlicht ist. Noch immer treffen hier gänzlich unterschiedliche Konzeptionen der freien Übertragbarkeit des Copyright auf der einen und die persönlichkeitsrechtliche Bindung des Urheberrechts auf der anderen Seite unversöhnlich aufeinander. Zugleich hat sich die Praxis selbst beholfen und nicht nur ausdifferenzierte Vertragsarten für die proprietäre Vermarktung entwickelt, sondern sich des Urheberrechts auch bedient, um nicht-proprietäre Vermarktungsformen zu etablieren (''Open Source;'' ''Open Content;'' ''Creative Commons''), um auf diese Weise in der Informationsgesellschaft für die Schaffung eines Fundus frei zugänglichen und ohne Restriktionen verwertbaren urheberrechtlich geschützten Materials zu sorgen.


Da die Incoterms wie AGB zu betrachten sind, unterliegen sie prinzipiell der Inhaltskontrolle für vorformulierte Standardbedingungen nach dem anwendbaren nationalen Recht für [[Allgemeine Geschäftsbedingungen]] (das CISG regelt die AGB-Kontrolle ebenfalls nicht). Wegen der weltweiten Anerkennung und Verbreitung der Incoterms dürfte es allerdings so gut wie ausgeschlossen sein, dass einzelne Regelungen in den Incoterms oder gar ganze ''terms'' dem nationalen Verdikt der Unangemessenheit und AGB-Widrigkeit verfallen. Allenfalls wenn eine Partei den Inhalt einer Klausel standardmäßig verändert, mag dieser Fall in Betracht kommen.
== 4. Vereinheitlichungsprojekte ==


Die Incoterms sind weder verbindlich noch gar zwingend. Die Parteien können ihren Inhalt jederzeit einverständlich abändern und etwa Klauseln, die für den Kauf über See gedacht sind, für andere Transportarten verwenden oder Einzelregelungen eines Einzelterms modifizieren oder ergänzen. Allerdings sollten die erprobten und bewährten Klauseln nur dann abgeändert oder anders als vorgesehen verwendet werden, wenn dafür eine deutliche Notwendigkeit besteht und die Änderung oder anderweitige Verwendung inhaltlich klar und eindeutig ist und nicht Anlass zu Zweifelsfragen und damit Streit zwischen den Parteien bietet.
Von den sieben urheberrechtlichen Richtlinien des ''acquis communautaire'' betreffen drei explizit Fragen des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (RL 91/‌250: Computerprogramme; RL 96/‌9: Datenbanken; RL 2001/‌29: Informationsgesellschaft). Hinzuzunehmen ist noch die übergreifende, alle Rechte des geistigen Eigentums erfassende Durchsetzungs-RL (RL 2004/‌ 48), in der die zivilrechtlichen Rechtsfolgen der Unterlassung, Beseitigung, des Schadenersatzes einschließlich der Beweissicherung, Beweisermittlung und Auskunftsverpflichtung weitgehend harmonisiert sind. Ist damit grundsätzlich sowohl die analoge wie die digitale Werkverwertung angesprochen, so ist für die Rechtsverfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Netz vor allem das Verhältnis des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs gegenüber Internet-Service-Providern und datenschutzrechtlichen Vorgaben noch unklar (auch der EuGH hat hier einstweilen erst den Rahmen staatlicher Handlungsmöglichkeiten abgesteckt, Rs. C-275/‌06 – ''Promusicae'', Slg. 2008, I-271 sowie EuGH Rs. C-557/‌07 – ''LSG'', EWS 2009, 192).


Gedacht sind die Incoterms nur für den Handel mit Waren. Darunter sind bewegliche Sachen in demselben Sinn zu verstehen, den auch das CISG mit diesem Begriff verbindet. In der Einleitung zu den Incoterms 2000 weist die ICC darauf hin, dass Computersoftware keine körperlich greifbare Ware sei. Die Incoterms bezögen sich daher nicht auf sie. Für Standardcomputerprogramme, die abgepackt in großen Stückzahlen verkauft werden, wird das aber kaum gelten können. Jedenfalls können die Parteien für derartige Käufe ohne weiteres die Geltung eines Incoterms vereinbaren.
An neueren Maßnahmen hat die Kommission im Bereich der [[Verwandte Schutzrechte|verwandten Schutzrechten]] eine Verlängerung der ''Schutzdauer'' von Darbietungen ''ausübender Künstler'' auf 95 Jahre angekündigt, um diesen für ihre Lebensdauer einen Anteil an den Erlösen, insbesondere der digitalen Verwertung, zu sichern; dass eine solche Verlängerung in der Praxis jedoch vor allem den Produzenten zugutekommen dürfte, solange nicht entsprechend auch das Urhebervertragsrecht harmonisiert wird, wird dabei – möglicherweise auch bewusst – übersehen. Angekündigt ist weiterhin ein nochmaliger Versuch, nach bereits mehrmaligem Scheitern die ''Abgaben für die Privatkopie'' gemeinschaftsweit zu regeln, um insbesondere im Hinblick auf digitale Vervielfältigungs‑ und Speichermedien innerhalb der Gemeinschaft gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Hinsichtlich der grenzüberschreitenden ''Lizenzierung von Rechten für die Online-Verwertung von Musikwerken'' hat die [[Europäische Kommission]] 2005 eine Empfehlung formuliert. Damit sucht sie das bisherige System von Gegenseitigkeitsverträgen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften aufzubrechen und auf eine europaweite Lizenzierungsmöglichkeit wie auch auf echten Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften hinzuwirken. Dass die Verwertungsgesellschaften damit zu Lasten der Nachfrager künftig nicht mehr als einheitlicher Lizenzgeber für das gesamte weltweite Musikrepertoire fungieren können, dass es auf europäischer Ebene zu einem Konzentrationsprozess zu Lasten kleinerer Gesellschaften sowie der von diesen repräsentierten Autoren kommen dürfte und dass die erhöhten Transaktionskosten entweder zu Lasten der Urheber oder aber zu Lasten der Verbraucher gehen, wird dabei offensichtlich in Kauf genommen. Eine vergleichbare Empfehlung von der Abteilung Informationsgesellschaft will unter dem Titel „Content Online“ Handlungsvorschläge und Empfehlungen für nationale Gesetzgeber in den Bereichen Musik, Film und digitale Bibliothek aufstellen. Dabei geht es auch um die Interoperabilität von technischen Schutzmechanismen und Systemen des digitalen Rechtemanagements sowie um alternative Modelle zur Unterbindung der illegalen Werknutzung im Netz.


Obwohl weitgehend im Seehandel entstanden und für den Schiffstransport gedacht, sind die Incoterms heute nicht nur für den Warenverkehr per Schiff, sondern auch für alle anderen Transportarten verwendbar. Allerdings ist dabei auf die einzelne Klausel zu achten. Einige der Klauseln sind nach wie vor nur geeignet, wenn die Ware mit dem Schiff transportiert werden muss (die Klauseln FAS, FOB, CFR, CIF, DES und DEQ).
Insgesamt lässt sich dabei ein Strategiewechsel feststellen. War zunächst noch beabsichtigt, im Wege fortschreitender Teilharmonisierung eine immer vollständigere Übereinstimmung der materiellen nationalen Urheberrechte der Mitgliedstaaten zu erreichen, die zuletzt vielleicht sogar die Schaffung eines Gemeinschaftsurheberrechts ermöglicht hätte, setzt die Kommission jetzt weniger auf abstrakte Rechtsangleichung mittels verbindlicher Richtlinien, sondern sucht vielmehr direkt auf die zu regulierenden Märkte einzuwirken. Dabei bedient sich die Kommission des Instruments der Empfehlungen, mit dem zugleich die Mitgliedstaaten bei der Willensbildung weitgehend ausgeschaltet werden.


Die Incoterms eignen sich keineswegs nur für den internationalen Warenhandel. Sie sind ebenso im internen Handel verwendbar, sofern der Vertrag erfordert, dass die Waren transportiert werden müssen. Auch in diesen reinen Inlandsfällen werden die Incoterms deshalb häufig verwendet. Grundsätzlich sind die Incoterms für den Warenhandel zwischen Kaufleuten gedacht. Sie setzen aber nicht voraus, dass Kaufleute im technischen Sinn beteiligt sind. Auch Privatleute können sich für ihre Kaufgeschäfte der Incoterms bedienen.
Für die im ''Internet'' oft grenzüberschreitenden Streitfälle von Bedeutung ist weiterhin der deliktische ''Gerichtsstand'' nach Art. 5(3) EuGVO ([[Zuständigkeit, internationale]]), demzufolge eine unerlaubte Handlung den Gerichtsstand des Ortes begründet, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Nach einer Entscheidung des EuGH zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten, deren Grundsätze nach allgemeiner Auffassung auch für das Urheberrecht Geltung beanspruchen, ist das jeder Mitgliedstaat, in dem es zu einer Verletzung ausschließlicher Rechte kommt. Allerdings kann der Verletzte den gesamten durch eine Verletzung eingetretenen Schaden nur am Beklagtenwohnsitz einklagen; in den übrigen Staaten ist er dagegen auf den jeweiligen im betreffenden Staat eingetretenen Teilschaden beschränkt (EuGH Rs. C-68/‌93 – ''Shevill'', Slg. 1995, I-415).


== 5. Auslegung der Incoterms ==
Hinsichtlich des auf grenzüberschreitende Verletzungen ''anwendbaren Rechts'' ([[Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)]]) ist nach der Rom II-VO (VO 864/‌2007) in Art. 8(1) für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht desjenigen Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Damit wird das traditionelle Schutzlandprinzip festgeschrieben, ohne dass allerdings näher spezifiziert wäre, welche der einzelnen verletzungsrelevanten Fragen dem Urheberstatut unterfallen (in den Mitgliedstaaten unterschiedlich beantwortet wird insbesondere die Frage, ob sich die erste Urheberschaft nach dem Recht des Ursprungs- oder nach dem Recht des Schutzlandes bestimmt). Um einer allzu weitreichenden Anwendung ausländischer Rechte in Fällen internationaler Abrufbarkeit geschützter Werke im Internet zu begegnen, werden in der Literatur zumeist Einschränkungen vorgeschlagen, die statt der nur theoretischen Abrufmöglichkeit darauf abstellen, ob das betreffende Werk auch tatsächlich zum Abruf im betreffenden Land eingestellt worden ist. Für grenzüberschreitende Verträge sieht die Rom I-VO (VO 593/‌2008) vor, dass vorbehaltlich einer Rechtswahl durch die Parteien gemäß Art. 3 und nach Art. 4(2) der Vertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (falls der Vertrag nicht als Vertrag über eine Dienstleistung zu qualifizieren ist, auf den nach Art. 4(1)(b) das Recht desjenigen Staates zur Anwendung kommt, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat). Worin die für den Vertrag charakteristische Leistung im Einzelnen zu sehen ist, ist in der Rom I-VO nicht näher umschrieben. Hier wird man je nach ausschließlicher oder nichtausschließlicher und je nach Bestehen einer Ausübungspflicht differenzieren müssen. Besteht ein Vertrag aus einem Bündel von Rechten und Verpflichtungen, die mehr als einer der spezifizierten Vertragsarten zugeordnet werden können, so sollte die charakteristische Leistung des Vertrags nach ihrem Schwerpunkt bestimmt werden (Erwägungsgrund 19). Auch hier ist absehbar, dass erst der EuGH die insoweit nur in groben Linien angelegte Rechtsvereinheitlichung wird vollenden können. Siehe zu Frage des IPR im Übrigen [[Geistiges Eigentum (Kollisionsrecht)]].
 
Obwohl die Incoterms Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichstehen, sind sie nicht wie private Willenserklärungen, sondern ähnlich wie gesetzliche Vorschriften objektiv und nach ihrem Zweck international einheitlich auszulegen ([[Auslegung des internationalen Einheitsrechts]]). Einige ihrer Begriffe sind zudem in der Einleitung zu den Incoterms und den Präambeln zu den einzelnen ''terms'' näher erläutert. Ergeben sich Auslegungszweifel, ist die englische Originalfassung heranzuziehen.
 
Es sollte nicht übersehen werden, dass der jeweilige Incoterm stets mit einer möglichst präzisen Ortsangabe versehen werden muss. Erst aus ihr ergibt sich, wo die Ware zu liefern, zu verschiffen oder wohin sie zu transportieren ist. Ist die Angabe unpräzise, dann geben einige Incoterms Auslegungsregeln für ihre Konkretisierung (z.B. DEQ, DDU und DDP jeweils unter A.3a). Fehlt die notwendige Ortsangabe ganz und kann sie auch weder konkludent aus dem Vertrag noch aus Parteigepflogenheiten oder Handelsbrauch erschlossen werden, dann geht der jeweilige Incoterm ins Leere.
 
== 6. Inhalt ==
 
Im Kern geht es den Incoterms darum, in dreizehn gleichwertigen Varianten den Ort der Lieferung und des damit verbundenen Risikoübergangs sowie den Punkt des Übergangs der sonstigen Kosten und Lasten so präzise wie möglich festzulegen. Alle dreizehn Incoterms sind nach demselben Muster aufgebaut. Sie unterscheiden zwischen den Pflichten des Verkäufers (geregelt unter A. 1–10) und den spiegelbildlichen Pflichten des Käufers (unter B. 1–10). Für beide Seiten werden in stets gleicher Reihenfolge stets dieselben zehn Punkte geregelt. Ihnen ist eine erklärende Präambel vorangestellt, die den wesentlichen Zweck der jeweiligen Klausel und zum Teil auch einzelne Begriffe erläutert. Damit wird den Parteien die Wahl eines bestimmten Incoterm für ihren Vertrag erheblich erleichtert. Mit dieser Wahl ist stets ein ganz bestimmtes Risiko- und Kostenpotential verbunden, das jede Seite bei ihrer Gesamtkalkulation des Kaufgeschäfts zu berücksichtigen hat.
 
Unter den folgenden Überschriften legen die Incoterms für jeden ''term'' jeweils gesondert fest, wen von beiden Parteien bei jedem Einzelpunkt in welchem Umfang welche Pflicht trifft: 1. Lieferung vertragsgemäßer Ware/‌Zahlung des Kaufpreises; 2. Lizenzen, Genehmigungen und Formalitäten; 3. Beförderungs- und Versicherungsvertrag; 4. Lieferung; 5. Gefahrenübergang; 6. Kostenteilung; 7. Benachrichtigung des Käufers/‌Verkäufers; 8. Liefernachweis, Transportdokument oder entsprechende elektronische Mitteilung; 9. Prüfung – Verpackung – Kennzeichnung; 10. Sonstige Verpflichtungen.
 
In ihrem Aufbau und Regelungsgehalt sind die Incoterms als ein Kontinuum angelegt, das die mit dem Kaufgeschäft verbundenen Zusatzlasten – die Aus- und Einfuhrkosten, die Transport- und Versicherungskosten etc. – von der Seite des Käufers allmählich auf die Seite des Verkäufers verschiebt. Die dreizehn Klauseln sind dazu in vier Gruppen (E-, F-, C- und D-Klauseln) unterteilt, die zwischen der Abholklausel (EXW), bei der der Käufer die Ware beim Verkäufer abzuholen hat, und der Ankunftsklausel, bei der der Verkäufer die Ware dem Käufer sozusagen vollständig vor die Tür stellen muss (DDP), alle denkbaren Abstufungen vorsehen.
 
Die E‑Gruppe enthält nur einen Incoterm: EXW = ''Ex works'' = Ab Werk (…benannter Ort). Diese reine Abholklausel belastet den Käufer am stärksten. Der Käufer muss die Ware am vereinbarten Lieferort abholen, wo sie ihm der Verkäufer nur unverpackt zur Verfügung zu stellen hat. Alles Übrige – Aufladen, Freimachung für den Ex- und Import, Transport und Versicherung – ist Sache des Käufers. Die Gefahr geht mit der Lieferung (dem Bereitstellen) bzw. mit dem Ablauf der dafür vereinbarten Zeit auf den Käufer über.
 
Gegenüber der Klausel EXW verschieben die drei F-Klauseln FCA, FAS und FOB die Lasten bereits deutlich zugunsten des Käufers. Im Rahmen dieser Klauseln hat der Verkäufer die Ware für den Export freizumachen und die entsprechenden Kosten zu tragen. Er muss die Ware ferner, soweit erforderlich, für den Transport verpacken und hat sie auf eigene Kosten bis zu ihrem vereinbarten Abgangsort, beim Seetransport bis zum Schiff zu transportieren, das der Käufer auf eigene Kosten zu besorgen hat, der auch alle weiter entstehenden Kosten und Lasten, z.B. für die Durchfuhr durch andere Länder, tragen muss. Unter den F-Klauseln eignet sich die Klausel FCA = ''Free carrier'' = Frei Frachtführer (…benannter Ort) für jede Transportart. Der Verkäufer muss bei ihr die Ware dem Frachtführer übergeben und ggfs. aufladen. Damit geht auch die Gefahr auf den Käufer über. Um den Frachtvertrag und eine Transportversicherung hat sich der Käufer zu kümmern und die Kosten dafür zu tragen. Nur für den Schiffstransport eignen sich die Klauseln FAS und FOB. Die Klausel FAS = ''Free alongside ship'' = Frei Längsseite Schiff (…benannter Verschiffungshafen) entspricht der FCA-Klausel, verlangt aber, dass der Verkäufer die Ware an der Längsseite des vorgesehenen Transportschiffs im Verschiffungshafen bereitstellt. Dann gehen auch erst das Risiko und die Last der anfallenden Kosten auf den Käufer über. Diesen Zeitpunkt des Risiko- und Kostenübergangs verschiebt die häufig verwendete Klausel FOB = ''Free on board'' = Frei an Bord (…benannter Verschiffungshafen) noch etwas weiter zugunsten des Käufers. Bei FOB muss der Verkäufer die Ware an Bord des Schiffes liefern. Die Gefahr und die Kostenlast geht auf den Käufer erst über, wenn die Ware – erstmals – die Reling des Schiffes überschreitet.
 
Eine weitere deutliche Verbesserung für den Käufer bringen die vier C-Klauseln mit sich. Die Lieferung hat zwar wie unter den F-Klauseln zu erfolgen; auch die Gefahr geht wie nach den F-Klauseln am Abgangsort auf den Käufer über. Ebenso folgt die Verteilung der Freimachungskosten dem Gefahrübergang. Der Verkäufer hat nunmehr aber zusätzlich die Kosten des Transports bis zum Bestimmungsort/‌-hafen zu tragen und zum Teil den Transport auch zu versichern. Der Punkt, an dem die Gefahr übergeht, und der Punkt, an dem die Kostenlast für Transport und ggfs. Versicherung auf den Käufer übergeht, decken sich bei den C-Klauseln im Gegensatz zu den anderen Klauseln nicht. Die C-Klauseln werden daher auch als Zweipunktklauseln im Unterschied zu den übrigen Einpunktklauseln bezeichnet. Innerhalb der C-Klauseln gelten CFR und CIF für Waren, die mit dem Schiff zu transportieren sind, CPT und CIP für alle Transportarten. CFR = ''Cost'','' freight'' = Kosten und Fracht (…benannter Bestimmungshafen) bedeutet, dass der Verkäufer alle Transportkosten bis zum Bestimmungshafen der Ware tragen muss. Die Gefahr geht jedoch nach wie vor mit Überschreiten der Schiffsreling im Verschiffungshafen auf den Käufer über. Die Klausel CIF = ''Cost'','' insurance'','' freight'' = Kosten, Versicherung, Fracht (…benannter Bestimmungshafen) erweitert die Pflichten des Verkäufers unter der CFR-Klausel noch um die Pflicht, die Ware zugunsten des Käufers für den Transport angemessen zu versichern und die Kosten auch dafür zu tragen. CIF ist der wohl am meisten gebräuchliche Incoterm. Die Klausel CPT = ''Cost paid to'' = Frachtfrei (…benannter Bestimmungsort) entspricht der Klausel CFR, gilt jedoch für alle Transportarten und lässt die Gefahr bei der Lieferung (Übergabe) der Ware an den ersten selbständigen Beförderer auf den Käufer übergehen. Die Klausel CIP = ''Cost'','' insurance paid'' = Frachtfrei versichert (…benannter Bestimmungsort) übernimmt die Regelung der CIF-Klausel für alle Transportarten.
 
Die für den Käufer komfortabelste Gruppe sind die D-Klauseln. Umgekehrt belasten sie den Verkäufer am stärksten. Sie stellen Ankunftsklauseln dar. Der Lieferort liegt bei ihnen gewöhnlich nicht mehr im Land des Verkäufers, sondern im Land des Käufers. Der Verkäufer muss die Ware dorthin schaffen und insoweit die Transportkosten und alle im Übrigen bis dahin anfallenden Kosten übernehmen. Dazu gehören nun auch Kosten für die Durchfuhr durch andere Länder. Auch die Gefahr geht erst mit der Lieferung am vereinbarten Lieferort auf den Käufer über. Von den fünf D-Klauseln eignen sich DES und DEQ nur für mit dem Schiff transportierte Waren, DAF, DDU und DDP dagegen für alle Transportarten. Die Klausel DAF = ''Delivered at frontier'' = geliefert Grenze (…benannter Ort) verpflichtet den Verkäufer, die Ware am vereinbarten Grenzort unentladen und für die Ausfuhr freigemacht zur Verfügung zu stellen. Um die Entladung, Einfuhr und den Weitertransport muss sich der Käufer kümmern. Die gleiche Regelung trifft die Klausel DES = ''Delivered ex ship'' = geliefert ab Schiff (…benannter Bestimmungshafen) für den Schiffstransport. Es ist Sache des Käufers, die Ware aus dem Schiff im Bestimmungshafen zu entladen, sie für den Import freizumachen und weiterzubefördern. Bei der Klausel DEQ = ''Delivered ex quai'' = geliefert am Kai (…benannter Bestimmungshafen) hat dagegen der Verkäufer für die Entladung der Ware zu sorgen und die Ware am Kai bereitzustellen. Die Einfuhrfreimachung bleibt aber Sache des Käufers. Die Klausel DDU = ''Delivered duty unpaid'' = geliefert unverzollt (…benannter Bestimmungsort) verpflichtet den Verkäufer zur Lieferung am vereinbarten Ort und zur Freimachung für den Export und etwaige Durchfuhren. Lieferung bedeutet nur, die Ware unentladen am Lieferort fristgerecht zur Verfügung zu stellen. Alles Weitere hat dann der Käufer zu erledigen und die Kosten dafür zu tragen. Auch noch die Restpflichten des Käufers, die Ware für den Import freizumachen und ggfs. Einfuhrzoll zu zahlen, entfallen unter der Klausel DDP = ''Delivered duty paid'' = geliefert verzollt (…benannter Bestimmungsort). Lediglich die Entladung fällt dem Käufer hier zur Last. Diese Klausel stellt für den Käufer die bequemste, für den Verkäufer die belastendste Variante dar.
 
== 7. Zukunft ==
 
Für die Erleichterung des internationalen Warenverkehrs leisten die Incoterms bemerkenswerte Dienste. Sie ergänzen die bisherigen staatlichen Bemühungen zur Vereinheitlichung des internationalen Handelsrechts auf eine sinnvolle, den Parteiinteressen besonders angemessene Weise. Die rasche Anpassung der Incoterms an Veränderungen der Handelspraxis, etwa an den Containerverkehr und die Nutzung elektronischer Kommunikation, hat gewährleistet, dass sie ihre praktische Nützlichkeit bewahrt haben. Ihre institutionelle Verankerung bei der ICC sichert, dass sie auch künftigen Veränderungen rasch und flexibel angepasst werden können. Gegenwärtig bereitet die ICC schon die nächste Neufassung vor. Diese Incoterms 3000 werden weiteren technischen Neuerungen Rechnung tragen und in ihrem Wortlaut auch etwas benutzerfreundlicher ausfallen. Sie dürften voraussichtlich 2010 verabschiedet werden.


==Literatur==
==Literatur==
''Frédéric Eisemann'', Die Incoterms im internationalen Warenkaufrecht, 1967;'' Jürgen Basedow'', Die Incoterms und der Container oder wie man kodifizierte Usancen reformiert, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 43 (1979) 116 ff.;'' Frédéric Eisemann'', ''Werner Melis'', Incoterms 1980, 1982; ''Jan Ramberg'', Incoterms 2000, ICC Publication No. 620, 1999; ''Jens Bredow'','' Bodo Seiffert'', Incoterms 2000, 2000; ''Burghard Piltz'', Incoterms 2000, Recht der Internationalen Wirtschaft 2000, 485 ff.; ''Wolfgang Lehr'', Die neuen Incoterms 2000, Versicherungsrecht 2000, 548 ff.; ''Ulrich Magnus'','' Jan Lüsing'', CISG und INCOTERMS, Leistungsverzug und Fixgeschäft, Internationales Handelsrecht 2007, 1 ff.; ''Adolf Baumbach'','' Klaus J. Hopt'', ''Hanno Merkt'', Handelsgesetzbuch, 34. Aufl. 2009.
''Charles Clark'', The answer to the machine is in the machine, in: P. Bernt Hugenholtz (Hg.), The Future of Copyright in a Digital Environment, 1996, 139&nbsp;ff.; ''Mihály Ficsor'', Copyright for the Digital Era: The WIPO Internet Treaties, 1997; ''Michel M. Walter'' (Hg.), Europäisches Urheberrecht, 2001; ''Stefan Bechtold'', Vom Urheber&#8209; zum Informationsrecht: Implikationen des Digital Rights Management, 2002; ''Michel M. Walter'', Updating and consolidation of the acquis: The Future of European Copyright, 2002 (http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/docs/2002-06-santiago-speech-walter_en.pdf <nowiki>[zuletzt abgerufen am 14.7. 2009]<!-- linkaktualisiert 14.3.2016 jj-->); </nowiki>''Stefan Bechtold'', Kommentierung der Richtlinie 2001/‌29/‌EG, in: Thomas Dreier, P. Bernt Hugenholtz (Hg.), Concise European Copyright Law, 2006, 343&nbsp;ff.; ''Lucie Guibault'', ''Guido Westkamp'','' Thomas Rieber-Mohn'', ''P. Bernt Hugenholtz'', ''Mireille van Eechoud'', ''Natali Helberger'', ''Lennert Steijger'', ''Mara Rossini'', ''Nicole Dufft'', ''Philipp Bohn'', Study on the Implementation and Effect in Member States' Laws of Directive 2001/‌29/‌EC on the Harmonisation of Certain Aspects of Copyright and Related Rights in the Information Society, report to the European Commission, DG Internal Market, 2007 (http://www.ivir.nl/‌publications/‌guibault/‌Infosoc_report_2007.pdf, zuletzt abgerufen am 14.7.2009); ''Lawrence Lessig'', Free Culture, 2004; ''Tilman Lüder'', The Next Ten Years in E.U. Copyright: Making Markets Work, Fordham Intellectual Property Media & Entertainment Law Journal 18 (2007) 3&nbsp;ff. (http:/‌/‌law.fordham.edu/‌publications/‌article.ihtml?pubID=200&id=2576, zuletzt abgerufen am 14.7.2009); ''Guido Westkamp'', Country Reports on the Implementation of Directive 2001/‌29/‌EC in the Member States, 2007 (http://www.ivir.nl/‌publications/‌guibault/‌InfoSoc_Study_2007.pdf, zuletzt abgerufen am 14.7.2009).


[[Kategorie:A–Z]]
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Version vom 12. September 2016, 11:47 Uhr

von Thomas Dreier

1. Gegenstand und Zweck

Das Urheberrecht ist das Recht zum Schutz der Werke schöpferisch tätiger Urheber auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Geschützt sind als Inhaber sog. verwandter bzw. Leistungsschutzrechte darüber hinaus auch ausübende Künstler für ihre Darbietungen sowie eine Reihe von zumeist juristischen Personen, die – wie insbesondere Tonträgerhersteller, Sendeunternehmen und Filmproduzenten – im Rahmen der Werkvermittlung kaufmännisch-organisatorische Leistungen erbringen. In der Informationsgesellschaft fällt dem Urheberrecht mithin eine zentrale Rolle zu. Seit der Erfindung des Buchdrucks und der Bekämpfung des unerlaubten Büchernachdrucks hat das Urheberrecht fortwährend auf die jeweils neuen Entwicklungen der Reproduktions- und Kommunikationstechnologien reagiert (Rundfunk, Schallplatte, Magnettonband und Fotokopiergerät). Dabei folgt das Urheberrecht nicht überall der gleichen Zielsetzung: steht in kontinentaleuropäisch geprägten Rechtsordnungen der Gedanke des Schutzes des individuellen Urhebers hinsichtlich seiner persönlichkeitsrechtlichen wie auch ökonomischen Belange im Vordergrund, so gründet sich die Schutzgewähr im anglo-amerikanischen Rechtskreis weitgehend auf utilitaristische Erwägungen des Anreizes zu innovativem kreativem Schaffen.

Digitalisierung und Vernetzung stellen das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft jedoch vor Herausforderungen, die das zuvor gekannte Maß erheblich überschreiten. Zum einen kann der Nutzer selbst Kopien zu marginalen Grenzkosten ohne jeglichen Qualitätsverlust in Originalqualität anfertigen. Zum anderen kann auch ein privater Nutzer die Werke problemlos der ganzen Welt zur Nutzung anbieten. Damit aber tritt der Nutzer, der in der analogen Welt Nachfrager und Abnehmer der Leistungen der Urheber und Produzenten war, in der digitalisierten und vernetzten Welt selbst als Anbieter auf, bricht damit in die etablierten Vermarktungsketten ein und stellt so die bisherigen Vergütungs- wie auch Anreizmechanismen in Frage. Darüber hinaus ist die Massenhaftigkeit urheberrechtlich relevanter Handlungen ein Problem sowohl für vertragliche Transaktionen als auch für die Verfolgung von Rechtsverletzungen, zumal die meisten der Handlungen im privaten Umfeld und nicht selten unter Inanspruchnahme technischer Anonymisierungsmöglichkeiten vorgenommen werden. So bleibt in der Praxis oft nur der jeweilige Internet-Service-Provider als Anspruchsgegner einer Erfolg versprechenden Rechtsverfolgung übrig, und selbst an diesem fehlt es, wenn sich die Nutzer dezentraler Peer-to-Peer-Filesharing-Systeme bedienen. Für den Gesetzgeber und die Gerichte ergibt sich ein weiteres Problem aus der zunehmenden Konvergenz der Rollen der Beteiligten und folglich ihrer Nutzungshandlungen. Je ähnlicher und technisch austauschbarer diese werden, desto weniger Ansatzpunkte bieten sich für eine differenzierende Gesetzgebung, und desto schwieriger wird im digitalen Umfeld die Subsumtion unter Rechtsnormen, die im analogen Umfeld noch auf deutlich unterscheidbare Handlungen hin formuliert worden waren. Obwohl dem Urheberrecht in der Informationsgesellschaft zu Beginn mehrfach das Ableben vorausgesagt worden ist, hat es seine Bedeutung als eine der hauptsächlichen Regelungsmaterien der Informationsgesellschaft bislang jedoch nicht nur beibehalten, sondern sogar noch steigern können.

Als Recht des geistigen Eigentums (Geistiges Eigentum (allgemein)) ist das Urheberrecht territorialer Natur. Weder auf internationaler, noch auf europäischer Ebene gibt es gegenwärtig ein einheitliches Urheberrecht. Bestehende Schutzunterschiede werden durch internationale Konventionen überbrückt (insb. die Revidierte Berner Übereinkunft, RBÜ; Aspekte der Informationsgesellschaft regelt auch das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, TRIPS, sowie insbesondere der WIPO-Urheberrechtsvertrag (WIPO), WCT, und der WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger, WPPT. Die EU hat auf die Herausforderungen der Informationsgesellschaft für das Urheberrecht mit einer Reihe harmonisierender Richtlinien reagiert.

2. Tendenzen der Rechtsentwicklung

In einer ersten Reaktion nahm zunächst das europäische und später auch das internationale Urheberrecht die digitalen Schutzgegenstände der Computerprogramme (Softwareschutz: Urheberrecht und Patentrecht) und der Datenbanken (Datenbankschutz) als urheberrechtliche Schutzgegenstände auf (Programme: RL 91/‌250, Art. 10(1) TRIPS, Art. 4 WCT; Datenbanken: RL 96/‌9, Art. 10(2) TRIPS, Art. 5 WCT). Bedenken, dass es sich hierbei nicht um schöngeistige, sondern um technische Formgebungen handelt, wurden dabei ebenso hintangestellt wie die Tatsache, dass die urheberrechtliche Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers für Wettbewerber viel zu lange Markteintrittsschranken errichtet. Pläne eines speziell auf die Besonderheiten von Computerprogrammen zugeschnittenen Sonderschutzes waren Mitte der 1980er-Jahre gescheitert. Für Datenbanken hingegen betrat die EU mit ihrem zusätzlichen Investitionsschutz sui generis Neuland. Im Ergebnis wurden in beiden Fällen die zuvor stark abweichenden nationalen Regelungen der EU-Mitgliedstaaten weitestgehend vereinheitlicht. Etwa fortbestehende nationale Anforderungen an die Schöpfungshöhe sind für Computerprogramme angesichts deren heutiger Komplexität praktisch bedeutungslos; hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs des sui-generis-Schutzes für Datenbanken hat der EuGH inzwischen eine weitreichende Klärung bewirkt (EuGH Rs. C-203/‌02 – British Horseracing Board, Slg. 2004, I-10415, sowie EuGH Rs. C-304/‌07 – Directmedia Publishing, EuLF (Section I) 2008, 215, EuGH Rs. C-545/‌07 – Apis-Hristovich, EuZW 2009, 345).

Eine zweite Reaktion nahm sich dann der eingangs geschilderten Probleme von Digitalisierung und Vernetzung an. Historisch wohl einmalig ging die Initiative hier von der internationalen Ebene aus (beginnend mit den beiden WIPO-Verträgen von 1996, gefolgt von der RL 2001/‌29 zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft im Jahr 2001. Die EU hat darüber hinausgehend durch ihre horizontale, alle Werke und die wichtigsten verwandten Schutzrechte erfassende Harmonisierung des Vervielfältigungsrechts, des Rechts der öffentlichen Wiedergabe und des Verbreitungsrechts sowie die Schaffung des Ausschließlichkeitsrechts des Einstellens in öffentlich zugängliche Netze (sog. Recht der öffentlichen Zugänglichmachung) eine weitgehende Angleichung der nationalen Rechte der Mitgliedstaaten erreicht. Allerdings belässt insbesondere der Begriff der öffentlichen Wiedergabe den Gerichten der Mitgliedstaaten nach wie vor einen in der Praxis nicht unerheblichen Entscheidungsspielraum, den auch der EuGH allenfalls nur punktuell zu konkretisieren vermag (EuGH Rs. C-306/‌05 – SGAE, Slg. 2006, I-11519: Hotelvideo in den Gästezimmern als öffentliche Wiedergabe i.S.v. Art. 3(1) der RL 2001/‌29; zum Begriff der Vervielfältigung EuGH Rs. 5/‌08 v. 16.7. 2009 − Infopaq). Vor allem aber haben sich die Mitgliedstaaten hinsichtlich der die Ausschließlichkeitsrechte begrenzenden Schrankenbestimmungen nur auf einen zwar abschließenden, mit einer Ausnahme die Mitgliedstaaten jedoch nicht verpflichtenden Katalog von insgesamt zwanzig weiteren Schranken verständigen können. Auch hinsichtlich der Durchsetzung technischer Schutzmechanismen gegenüber urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen belässt die RL 2001/‌29 den Mitgliedstaaten einen nicht geringen Entscheidungsspielraum. Da die Reichweite des urheberrechtlichen Schutzes in der Praxis weitgehend über die Schrankenbestimmungen und künftig auch mittels technischer Schutzmechanismen bestimmt wird, kann von einer echten Rechtsvereinheitlichung im Bereich des europäischen Urheberrechts mithin nach wie vor nicht gesprochen werden.

Das lässt den Mitgliedstaaten auch weiterhin Raum für nationale Alleingänge. Genannt sei hier nur Frankreich, das im Rahmen seiner späten Umsetzung der Richtlinie bislang unbekannte Sonderregelungen hinsichtlich der Kompatibilität technischer Schutzmechanismen eingeführt hat. Oder Deutschland, das mit seinem Zweiten Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (sog. zweiter Korb) auf eine Öffnung von Archivbeständen für die digitale und vernetzte Verwertung hingewirkt, zwei neue Schranken zugunsten von Wissenschaft und Forschung geschaffen und nicht zuletzt das Vergütungssystem für die Privatkopie neu geregelt hat, dessen Auswirkungen vor allem im digitalen Bereich von Bedeutung sind (Abgabepflicht von Druckern, PCs usw.). Neben diesen legislatorischen Sonderwegen legen auch die Gerichte der Mitgliedstaaten die in Art. 12 ff. der E‑Commerce-RL (RL 2000/‌31) nur lückenhaft geregelte und überdies in ihren urheberrechtlichen Auswirkungen unklare Haftungsfreistellung von Internet-Service-Providern durchaus unterschiedlich aus, indem sie auf die jeweiligen nationalen Grundsätze der Haftung mittelbarer Rechtsverletzer zurückgreifen und diese für das Urheberrecht im Internet weiterentwickeln. Einzelne Mitgliedstaaten suchen darüber hinaus auch neue Lösungswege, wie etwa Frankreich, das eine zunächst freiwillige Mitwirkung der Service-Provider bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen zugleich gesetzlich festschreiben will. Ein gemeinsames Konzept fehlt in der EU also bislang, was zum Teil auch der Tatsache geschuldet ist, dass trotz zweier Entscheidungen des EuGH (Rs. C-275/‌06 − Promusicae, Slg. 2008, I-271 sowie Rs. C-557/‌07 − LSG, EWS 2009, 192) noch unklar ist, in welchem Umfang geltgendes EG-Datenschutzrecht die Speicherung und Weitergabe von Verfkehrsdatgen erlaubt die erforderlich sind, um den Inhaber einer IP-Adresse festzustellen. Ob der Wettbewerb nationaler Systeme tatsächlich effizient ist oder aber umgekehrt das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes über Gebühr beeinträchtigt, lässt sich gegenwärtig nur schwer abschätzen.

Eine vergleichsweise große Unsicherheit besteht schließlich gegenwärtig noch im Hinblick darauf, unter welchen Voraussetzungen das Wettbewerbsrecht (Art. 81, 82 EGV/‌101, 102 AEUV) die Ausübung von urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechten in dynamischen digitalen Informationsmärkten beschränken soll (vgl. nur EuG Rs. T-201/‌04 – Microsoft, Slg. 2007, II-3601).

3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht

Die Harmonisierung des europäischen Urheberrechts in der Informationsgesellschaft kommt ganz bewusst dem Wunsch der Rechtsinhaber entgegen, den durch Digitalisierung und Vernetzung hervorgerufenen Kontrollverlust durch ein möglichst hohes Schutzniveau auszugleichen. Das wird im Wesentlichen durch einen weitgehend lückenlosen Ausschließlichkeitsschutz unter Einschluss des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung geschützter Werke und Leistungen im Netz gewährleistet, der auch die von den einzelnen Nutzern vorgenommenen Handlungen weitgehend dem Zustimmungserfordernis der Rechteinhaber unterwirft. Der Gegensatz von Urheberrecht und Copyright steht dem nicht entgegen. Damit kommt dann aber den urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen eine entscheidende Rolle für den Zuschnitt des Ausschließlichkeitsschutzes zu. Sie sind von früheren, punktuellen Ausnahmeregelungen zum Dreh- und Angelpunkt für einen gerechten und effizienten Ausgleich widerstreitender Interessen geworden. Zum einen neigt der Gesetzgeber dazu, den Raum für die digitale Privatkopie weiter einzuengen. Zum anderen droht die Gefahr, dass allzu eng gefasste Schrankenbestimmungen den Wettbewerb hinsichtlich informationeller Mehrwertprodukte und ‑dienstleistungen unterbinden, die auf vorbestehendem urheberrechtlich geschütztem Material aufsetzen. Die in diesem Zusammenhang weitgehend offene Frage, inwieweit dem Eigentumsschutz aufgrund der Informationsfreiheit (Art. 10 EMRK, nationale Verfassungsrechte) Grenzen zu setzen sind, wird von den einzelnen nationalen Gerichten je nach nationaler Verfassungsrechtstradition und umso unterschiedlicher beantwortet, je mehr oder weniger das nationale Recht von dem Schrankenkatalog der RL 2001/‌29 Gebrauch gemacht hat. Vor allem aber wird der gesetzgeberische Handlungs- wie auch der richterliche Auslegungsspielraum durch den international verbindlichen und nachfolgend ins europäische Recht übernommenen sog. Dreistufentest (Art. 13 TRIPS; Art. 5(5) RL 2001/‌29) umrissen. Danach dürfen Mitgliedstaaten nur dann Schrankenbestimmungen einführen, wenn es sich (i) nur um bestimmte Sonderfälle handelt, die (ii) weder die normale Verwertung der Werke beeinträchtigen, noch (iii) die berechtigten Interessen der Urheber unzumutbar verletzen. Ursprünglich gedacht als Sicherung dagegen, dass die Vertragspartner internationaler Konventionen die Verpflichtung zur Gewähr der Ausschließlichkeitsrechte auf dem Umweg über allzu weitreichende Schrankenbestimmungen unterlaufen, ist der Dreistufentest zuletzt zunehmend von den Rechteinhabern reklamiert worden, um unliebsamen Schrankenbestimmungen entgegenzutreten. Allerdings finden sich zunehmend auch kritische Stimmen, die den Dreistufentest vielmehr als Garanten für einen fairen Ausgleich von Eigentums- und Zugangsinteressen verstanden wissen wollen.

Darüber hinaus gewährt das EU-Recht in Übereinstimmung mit den beiden WIPO-Verträgen einen weitreichenden Schutz gegen die Umgehung technischer Schutzmechanismen (Zugangskontrollen; Kopiersperren) einschließlich der Herstellung und des Vertriebs von Umgehungsmitteln. Auf diese Weise werden Geschäftsmodelle abgesichert, die auf Produktdiversifizierung (unterschiedliche Zugangs‑ und Nutzungsbedingungen bei unterschiedlichen Zahlungsmodellen, von Abonnementsgebühren für bestimmte Werkpakete bis hin zu pay-per-use-Angeboten) und Preisdifferenzierung abstellen. Im Einzelnen sind allerdings noch einige Fragen hinsichtlich der Voraussetzungen und der Reichweite des Schutzes offen und mithin der Interpretation durch die nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten zugänglich. Kritiker sehen in dem rechtlichen Umgehungsschutz eine staatliche Sanktionierung privater Gesetzgebung durch marktmächtige Anbieter. Dadurch werde zum einen die vom Gesetzgeber in den Urheberrechtsschranken vorgenommene Abwägung der urheberrechtlichen Eigentums- mit den Zugangsinteressen der Allgemeinheit weitgehend außer Kraft gesetzt. Zum anderen entstehe durch die zusätzlichen Zugangs- und Nutzungsbeschränkungen ein ineffizienter sog. deadweight loss. Befürworter hingegen verweisen darauf, dass Preisdifferenzierung und Produktdifferenzierung sowohl die Marktnachfrage besser abschöpfen als auch zu einer besseren Versorgung der Verbraucher führen. Wo technische Schutzmechanismen – wie insbesondere im Bereich der Musik – versagen, bleibt den Rechteinhabern kaum anderes übrig, als die Rechtsverfolgung zu verstärken, wenn sie sich nicht auf alternative Geschäftsmodelle (Werbefinanzierung; Mehrwertdienste) verlegen wollen oder können. Zugleich könnte der rechtliche Schutz gegen die unautorisierte Umgehung Vorbildcharakter weit über das Urheberrecht hinaus haben. Schon jetzt nutzt etwa die Automobilindustrie Skalenvorteile, die durch die Herstellung nur eines einheitlichen Motors entstehen, der dann mittels eines eingebetteten Computerprogramms auf unterschiedliche Leistungsstärken gedrosselt wird.

Schließlich sei darauf verwiesen, dass das Recht der in der Praxis so wichtigen Lizenzierung von Schutzrechten in der EU bislang nicht vereinheitlicht ist. Noch immer treffen hier gänzlich unterschiedliche Konzeptionen der freien Übertragbarkeit des Copyright auf der einen und die persönlichkeitsrechtliche Bindung des Urheberrechts auf der anderen Seite unversöhnlich aufeinander. Zugleich hat sich die Praxis selbst beholfen und nicht nur ausdifferenzierte Vertragsarten für die proprietäre Vermarktung entwickelt, sondern sich des Urheberrechts auch bedient, um nicht-proprietäre Vermarktungsformen zu etablieren (Open Source; Open Content; Creative Commons), um auf diese Weise in der Informationsgesellschaft für die Schaffung eines Fundus frei zugänglichen und ohne Restriktionen verwertbaren urheberrechtlich geschützten Materials zu sorgen.

4. Vereinheitlichungsprojekte

Von den sieben urheberrechtlichen Richtlinien des acquis communautaire betreffen drei explizit Fragen des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (RL 91/‌250: Computerprogramme; RL 96/‌9: Datenbanken; RL 2001/‌29: Informationsgesellschaft). Hinzuzunehmen ist noch die übergreifende, alle Rechte des geistigen Eigentums erfassende Durchsetzungs-RL (RL 2004/‌ 48), in der die zivilrechtlichen Rechtsfolgen der Unterlassung, Beseitigung, des Schadenersatzes einschließlich der Beweissicherung, Beweisermittlung und Auskunftsverpflichtung weitgehend harmonisiert sind. Ist damit grundsätzlich sowohl die analoge wie die digitale Werkverwertung angesprochen, so ist für die Rechtsverfolgung von Urheberrechtsverletzungen im Netz vor allem das Verhältnis des urheberrechtlichen Auskunftsanspruchs gegenüber Internet-Service-Providern und datenschutzrechtlichen Vorgaben noch unklar (auch der EuGH hat hier einstweilen erst den Rahmen staatlicher Handlungsmöglichkeiten abgesteckt, Rs. C-275/‌06 – Promusicae, Slg. 2008, I-271 sowie EuGH Rs. C-557/‌07 – LSG, EWS 2009, 192).

An neueren Maßnahmen hat die Kommission im Bereich der verwandten Schutzrechten eine Verlängerung der Schutzdauer von Darbietungen ausübender Künstler auf 95 Jahre angekündigt, um diesen für ihre Lebensdauer einen Anteil an den Erlösen, insbesondere der digitalen Verwertung, zu sichern; dass eine solche Verlängerung in der Praxis jedoch vor allem den Produzenten zugutekommen dürfte, solange nicht entsprechend auch das Urhebervertragsrecht harmonisiert wird, wird dabei – möglicherweise auch bewusst – übersehen. Angekündigt ist weiterhin ein nochmaliger Versuch, nach bereits mehrmaligem Scheitern die Abgaben für die Privatkopie gemeinschaftsweit zu regeln, um insbesondere im Hinblick auf digitale Vervielfältigungs‑ und Speichermedien innerhalb der Gemeinschaft gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Lizenzierung von Rechten für die Online-Verwertung von Musikwerken hat die Europäische Kommission 2005 eine Empfehlung formuliert. Damit sucht sie das bisherige System von Gegenseitigkeitsverträgen zwischen den nationalen Verwertungsgesellschaften aufzubrechen und auf eine europaweite Lizenzierungsmöglichkeit wie auch auf echten Wettbewerb zwischen den Verwertungsgesellschaften hinzuwirken. Dass die Verwertungsgesellschaften damit zu Lasten der Nachfrager künftig nicht mehr als einheitlicher Lizenzgeber für das gesamte weltweite Musikrepertoire fungieren können, dass es auf europäischer Ebene zu einem Konzentrationsprozess zu Lasten kleinerer Gesellschaften sowie der von diesen repräsentierten Autoren kommen dürfte und dass die erhöhten Transaktionskosten entweder zu Lasten der Urheber oder aber zu Lasten der Verbraucher gehen, wird dabei offensichtlich in Kauf genommen. Eine vergleichbare Empfehlung von der Abteilung Informationsgesellschaft will unter dem Titel „Content Online“ Handlungsvorschläge und Empfehlungen für nationale Gesetzgeber in den Bereichen Musik, Film und digitale Bibliothek aufstellen. Dabei geht es auch um die Interoperabilität von technischen Schutzmechanismen und Systemen des digitalen Rechtemanagements sowie um alternative Modelle zur Unterbindung der illegalen Werknutzung im Netz.

Insgesamt lässt sich dabei ein Strategiewechsel feststellen. War zunächst noch beabsichtigt, im Wege fortschreitender Teilharmonisierung eine immer vollständigere Übereinstimmung der materiellen nationalen Urheberrechte der Mitgliedstaaten zu erreichen, die zuletzt vielleicht sogar die Schaffung eines Gemeinschaftsurheberrechts ermöglicht hätte, setzt die Kommission jetzt weniger auf abstrakte Rechtsangleichung mittels verbindlicher Richtlinien, sondern sucht vielmehr direkt auf die zu regulierenden Märkte einzuwirken. Dabei bedient sich die Kommission des Instruments der Empfehlungen, mit dem zugleich die Mitgliedstaaten bei der Willensbildung weitgehend ausgeschaltet werden.

Für die im Internet oft grenzüberschreitenden Streitfälle von Bedeutung ist weiterhin der deliktische Gerichtsstand nach Art. 5(3) EuGVO (Zuständigkeit, internationale), demzufolge eine unerlaubte Handlung den Gerichtsstand des Ortes begründet, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Nach einer Entscheidung des EuGH zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten, deren Grundsätze nach allgemeiner Auffassung auch für das Urheberrecht Geltung beanspruchen, ist das jeder Mitgliedstaat, in dem es zu einer Verletzung ausschließlicher Rechte kommt. Allerdings kann der Verletzte den gesamten durch eine Verletzung eingetretenen Schaden nur am Beklagtenwohnsitz einklagen; in den übrigen Staaten ist er dagegen auf den jeweiligen im betreffenden Staat eingetretenen Teilschaden beschränkt (EuGH Rs. C-68/‌93 – Shevill, Slg. 1995, I-415).

Hinsichtlich des auf grenzüberschreitende Verletzungen anwendbaren Rechts (Außervertragliche Schuldverhältnisse (IPR)) ist nach der Rom II-VO (VO 864/‌2007) in Art. 8(1) für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht desjenigen Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Damit wird das traditionelle Schutzlandprinzip festgeschrieben, ohne dass allerdings näher spezifiziert wäre, welche der einzelnen verletzungsrelevanten Fragen dem Urheberstatut unterfallen (in den Mitgliedstaaten unterschiedlich beantwortet wird insbesondere die Frage, ob sich die erste Urheberschaft nach dem Recht des Ursprungs- oder nach dem Recht des Schutzlandes bestimmt). Um einer allzu weitreichenden Anwendung ausländischer Rechte in Fällen internationaler Abrufbarkeit geschützter Werke im Internet zu begegnen, werden in der Literatur zumeist Einschränkungen vorgeschlagen, die statt der nur theoretischen Abrufmöglichkeit darauf abstellen, ob das betreffende Werk auch tatsächlich zum Abruf im betreffenden Land eingestellt worden ist. Für grenzüberschreitende Verträge sieht die Rom I-VO (VO 593/‌2008) vor, dass vorbehaltlich einer Rechtswahl durch die Parteien gemäß Art. 3 und nach Art. 4(2) der Vertrag dem Recht des Staates unterliegt, in dem die Partei, welche die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (falls der Vertrag nicht als Vertrag über eine Dienstleistung zu qualifizieren ist, auf den nach Art. 4(1)(b) das Recht desjenigen Staates zur Anwendung kommt, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat). Worin die für den Vertrag charakteristische Leistung im Einzelnen zu sehen ist, ist in der Rom I-VO nicht näher umschrieben. Hier wird man je nach ausschließlicher oder nichtausschließlicher und je nach Bestehen einer Ausübungspflicht differenzieren müssen. Besteht ein Vertrag aus einem Bündel von Rechten und Verpflichtungen, die mehr als einer der spezifizierten Vertragsarten zugeordnet werden können, so sollte die charakteristische Leistung des Vertrags nach ihrem Schwerpunkt bestimmt werden (Erwägungsgrund 19). Auch hier ist absehbar, dass erst der EuGH die insoweit nur in groben Linien angelegte Rechtsvereinheitlichung wird vollenden können. Siehe zu Frage des IPR im Übrigen Geistiges Eigentum (Kollisionsrecht).

Literatur

Charles Clark, The answer to the machine is in the machine, in: P. Bernt Hugenholtz (Hg.), The Future of Copyright in a Digital Environment, 1996, 139 ff.; Mihály Ficsor, Copyright for the Digital Era: The WIPO Internet Treaties, 1997; Michel M. Walter (Hg.), Europäisches Urheberrecht, 2001; Stefan Bechtold, Vom Urheber‑ zum Informationsrecht: Implikationen des Digital Rights Management, 2002; Michel M. Walter, Updating and consolidation of the acquis: The Future of European Copyright, 2002 (http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/docs/docs/2002-06-santiago-speech-walter_en.pdf [zuletzt abgerufen am 14.7. 2009]<!-- linkaktualisiert 14.3.2016 jj-->); Stefan Bechtold, Kommentierung der Richtlinie 2001/‌29/‌EG, in: Thomas Dreier, P. Bernt Hugenholtz (Hg.), Concise European Copyright Law, 2006, 343 ff.; Lucie Guibault, Guido Westkamp, Thomas Rieber-Mohn, P. Bernt Hugenholtz, Mireille van Eechoud, Natali Helberger, Lennert Steijger, Mara Rossini, Nicole Dufft, Philipp Bohn, Study on the Implementation and Effect in Member States' Laws of Directive 2001/‌29/‌EC on the Harmonisation of Certain Aspects of Copyright and Related Rights in the Information Society, report to the European Commission, DG Internal Market, 2007 (http://www.ivir.nl/‌publications/‌guibault/‌Infosoc_report_2007.pdf, zuletzt abgerufen am 14.7.2009); Lawrence Lessig, Free Culture, 2004; Tilman Lüder, The Next Ten Years in E.U. Copyright: Making Markets Work, Fordham Intellectual Property Media & Entertainment Law Journal 18 (2007) 3 ff. (http:/‌/‌law.fordham.edu/‌publications/‌article.ihtml?pubID=200&id=2576, zuletzt abgerufen am 14.7.2009); Guido Westkamp, Country Reports on the Implementation of Directive 2001/‌29/‌EC in the Member States, 2007 (http://www.ivir.nl/‌publications/‌guibault/‌InfoSoc_Study_2007.pdf, zuletzt abgerufen am 14.7.2009).

Abgerufen von Incoterms – HWB-EuP 2009 am 28. März 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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