Akkreditiv und Finanzinstrument: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Ulrich Drobnig]]''
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== 1. Wirtschaftliche Funktion ==
Das Akkreditiv ist ein typisches Instrument des internationalen Handelsverkehrs. Es hat sich – ohne internationale Übereinkommen und nahezu ohne nationale Gesetzgebung – „autonom“ aus der internationalen Geschäfts- und Vertragspraxis bei der Abwicklung von Überseekäufen entwickelt und spielt dort auch heute noch seine Hauptrolle. Ähnlich wie bei der [[Garantie]], mit der es auch funktional verwandt ist, sind an einem Akkreditiv mindestens drei Parteien beteiligt. Zwischen dem überseeischen Exporteur von Waren und dem inländischen Importeur steht die Akkreditivbank, die im Auftrag des Importeurs für beide Vertragsparteien handelt: Sie verspricht einerseits dem überseeischen Exporteur die im Kaufvertrag ([[Kauf]]) vereinbarte Zahlung des Kaufpreises; die Zahlungspflicht des Käufers wird also, falls dieser zahlungsunfähig oder ‑unwillig wird, durch die zusätzliche Zahlungszusage der Akkreditivbank ergänzt und damit gesichert. Diese Zahlungszusage der Akkreditivbank steht freilich unter der Bedingung, dass die ebenfalls im Kaufvertrag vereinbarten Dokumente über die Qualität und Quantität der verkauften Ware sowie ihre Verschiffung und deren Datum an den Importeur durch die Dokumente vertragsgemäß nachgewiesen wird (daher die Bezeichnung Dokumentenakkreditiv).


Trotz seiner funktionalen Verknüpfung mit dem Kaufvertrag zwischen Ex- und Importeur ist jedoch das Akkreditiv rechtlich selbständig und unabhängig von diesem Grundgeschäft; das entspricht den Interessen der Bank ebenso wie denjenigen des überseeischen Exporteurs. Art. 5 UCP (ERA) fasst dieses Leitmotiv des Akkreditivrechts in die Formel: „Banken befassen sich mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen.“ Zu diesem Grundmodell des Akkreditivs haben sich verschiedene Varianten und Ergänzungen entwickelt, auf die unter 3. eingegangen wird.
Finanzinstrument ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von am Kapitalmarkt gehandelten Instrumenten zur Geldanlage. Hierzu gehören insbesondere übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Investmentfondsanteile (Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen <nowiki>in Wertpapieren), Optionen, Terminkontrakte, Swaps, Zinsausgleichsvereinbarungen, derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken und finanzielle Differenzgeschäfte (für Details siehe Anhang&nbsp;I, Abschnitt&nbsp;C MiFID [RL&nbsp;2004/39], ähnlich z.B. auch Art.&nbsp;1 Nr.&nbsp;3 Marktmissbrauchs-RL [RL&nbsp;2003/6] und Art.&nbsp;6(2)(a) Finanzdienstleistungsfernabsatz-RL [RL&nbsp;2002/65]).</nowiki>


== 2. Quellen ==
== 1. Wertpapier ==
Das Akkreditiv ist infolge seiner außerordentlich häufigen Verwendung und im Interesse der Rationalisierung der Prüfungstätigkeit der Akkreditivbanken bereits früh und in wachsendem Maß international rationalisiert und typisiert worden. Diese Rationalisierung hat in einem Formelwerk Ausdruck gefunden, den ''Uniform Customs and Practices for Documentary Credits (Revision 2007)'' der [[Internationale Handelskammer|Internationalen Handelskammer]] in Paris – kurz UCP 600; zu deutsch: ERA 600. Dieses Regelwerk, erstmals 1933 vereinbart und seitdem fünfmal revidiert und an neue Bedürfnisse angepasst, wird heute von praktisch allen beteiligten Banken der Welt als Grundnorm vereinbart und in allen Akkreditiven für anwendbar erklärt: Eine Blüte des autonomen einheitlichen Welthandelsrechts ([[Handelsrecht]]). In einigen wenigen Ländern gibt es auch eigene Rechtsnormen, insbesondere Art.&nbsp;5 UCC in den USA, die jedoch nicht zwingend sind und praktisch durch die UCP&nbsp;600 ergänzt bzw. substituiert werden. In den großen Handelsländern Europas fehlen hingegen gesetzliche Regeln, ohne dass dies als Lücke empfunden wird.
<nowiki>Auf der Ebene des Europarechts wird der Begriff des Wertpapiers maßgeblich von der Definition der MiFID (in Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18 MiFID) bestimmt, auf die eine ganze Reihe von Richtlinien verweisen, wie z.B. Art.&nbsp;2(1)(a) Transparenz-RL [RL&nbsp;2004/109]. Für ältere Richtlinien, die noch auf die Vorgänger-RL der MiFID, die Wertpapierdienstleistungs-RL [RL&nbsp;93/22], verwiesen, wie z.B. Art.&nbsp;2 Nr.&nbsp;3 erster Spiegelstrich Marktmissbrauchs-RL [RL&nbsp;2003/6] und Art.&nbsp;2(1)(a) Prospekt-RL [RL&nbsp;2003/71], erlangt der Wertpapierbegriff der MiFID aufgrund der dynamischen Verweisung in Art.&nbsp;69 MiFID Bedeutung.</nowiki>


== 3. Varianten ==
Die MiFID stellt ausdrücklich nur auf „übertragbare Wertpapiere“ ab. Darunter werden diejenigen „Gattungen von Wertpapieren“ verstanden<nowiki>, „die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, wie a) Aktien und andere, Aktien oder Anteilen an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende, Wertpapiere sowie Aktienzertifikate; b) Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel, einschließlich Zertifikaten (Hinterlegungsscheinen) für solche Wertpapiere; c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder &#8209;erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird“ (Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18 MiFID, ähnlich auch Art.&nbsp;1(8) OGAW-RL [RL 85/611]).</nowiki>
Der Grundtypus des Akkreditivs wird häufig durch besondere Vertragsklauseln variiert und spezifiziert, um den Wünschen und besonderen Bedürfnissen der Parteien des Kaufvertrages Rechnung zu tragen. Typische ergänzende Akkreditivklauseln betreffen folgende Punkte:


Die Mitteilung an den ausländischen Exporteur über die Eröffnung des Akkreditivs erfolgt in der Regel durch die Hausbank des ausländischen Exporteurs, die sog. Avisbank. Anstelle der bloßen Mitteilung kann diese Bank das Akkreditiv aber auch ausdrücklich bestätigen; mit einer solchen Bestätigung übernimmt diese Bank zusätzlich die volle Haftung für die Honorierung des Akkreditivs, und zwar als Gesamtschuldnerin mit der eröffnenden Bank. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Bestätigung durch eine Bank im Land des Exporteurs diesen erheblich stärker sichert als das einfache, unbestätigte Akkreditiv der ausländischen Bank im Land des Importeurs; freilich erhöhen sich dadurch aber auch die Transaktionskosten.
Dieser Begriffsbestimmung ist zu entnehmen, dass es für den Wertpapierbegriff maßgebend auf die Kriterien der Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit ankommt. In Bezug auf die Übertragbarkeit bestimmt die MiFID allerdings nicht, ob nur solche Papiere erfasst werden, die frei übertragbar sind, oder auch solche, die nur durch schriftliche Abtretung oder mit Zustimmung eines Dritten übertragen werden können (z.B. Namensschuldverschreibungen). Die Notwendigkeit der standardisierten Ausgestaltung ergibt sich demgegenüber aus dem Merkmal „Gattungen“ von Wertpapieren. Das Kriterium der Handelbarkeit von Wertpapieren führt zu einer besonderen Differenzierung zwischen den übertragbaren Wertpapieren. So gibt es „übertragbare Wertpapiere“ i.S.v. Art. 4(1) Nr. 18 MiFID und als Untergruppe dazu „übertragbare Wertpapiere“, die „frei handelbar“ sind i.S.v. Art. 40(1)(II) MiFID. Diese Unterscheidung deutet darauf hin, dass es „übertragbare Wertpapiere“ geben kann, die nicht „frei handelbar“ sind. Zur Konkretisierung des Begriffs der freien Handelbarkeit stellt Art. 35 der Durchführungs-VO (VO 1287/2006) zur MiFID auf die Übertragbarkeit und diesbezügliche Restriktionen (als solche könnte etwa das Erfordernis der notariellen Form gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG angesehen werden) sowie auf Regeln über die Pflicht zur vollständigen Erbringung der Einlage (z.B. § 171 HGB für die Einlage des Kommanditisten) ab. Schließen diese Hindernisse der Handelbarkeit erst das Merkmal der „freien Handelbarkeit“ aus, folgt daraus im Umkehrschluss, dass sie nicht geeignet sind, der Einstufung eines Wertpapiers als „übertragbares“ Wertpapier entgegenzustehen.


Das Akkreditiv ist grundsätzlich unwiderruflich. In besonderen Fällen, etwa bei besonders riskanten Geschäften oder einer unsicheren Marktlage, mag die Akkreditivbank aber auch ein [[Widerrufsrecht]] vereinbaren.
Besondere Beachtung verdient die Fallgruppe in Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18(a) MiFID, da diese beispielsweise auch Anteile an Personengesellschaften einbezieht. Aufgrund des Wortlauts gelten für die von Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18(a) MiFID erfassten Anteile neben den Vorgaben der Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit, dass sie mit Aktien vergleichbar sein müssen („gleichzustellende“). Eine Vergleichbarkeit mit Aktien bedeutet, dass sie verbrieft oder doch zumindest in einer Art und Weise verkörpert sind, die eine Anwendung der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb möglich macht. Eine Vergleichbarkeit ist somit bei einem Eigentumswechsel im Wege der Zession nicht gegeben. Anteile z.B. an geschlossenen Fonds gehören daher nicht zu diesen Anteilen, da es an der Vergleichbarkeit zu Aktien und an der Standardisierung mangelt und sie in der Regel nicht geeignet sind, am Kapitalmarkt gehandelt zu werden.


Das Akkreditiv wird eingelöst, wenn der begünstigte ausländische Exporteur die nach dem Kaufvertrag erforderlichen Akkreditiv-Dokumente – insbesondere Rechnung, Prüfungszertifikate und Verschiffungsdokumente – der Akkreditivbank vorlegt. Diese hat die Dokumente, die meist in fremder Sprache abgefasst sein werden, sehr genau zu prüfen, da nur bei Vertragsmäßigkeit der Dokumente eine Einlösungspflicht gegenüber dem ausländischen Begünstigten besteht und zugleich der Vergütungsanspruch gegen den inländischen Auftraggeber fällig wird. Entsprechen die Dokumente nicht den Akkreditivbedingungen, so muss die Bank die Dokumente zurückweisen und darf das Akkreditiv nicht einlösen. Dieselben Pflichten treffen die ausländische Korrespondenzbank, wenn sie das Akkreditiv bestätigt hatte; in diesem Fall wird sich der ausländische Verkäufer an diese Bank in seinem Land wenden, um durch Einlösung des Akkreditivs den Kaufpreis zu erhalten.
Allerdings dürfte die Erstreckung des Wertpapierbegriffs auf Anteile von Personengesellschaften auf ein Übersetzungsproblem zurückgehen. Der englischsprachige Vorschlag zu Art.&nbsp;3(1) Nr.&nbsp;15 MiFID-E im Kommissionsentwurf zur MiFID vom 19.11.2002 (KOM(2002) 625 endg.) lautete wortgleich mit dem heutigen Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18 MiFID „Transferable securities means those classes of securities which are negotiable on the capital market, with the exception of instruments of payment, such as: (a) shares in companies and other securities equivalent to shares in companies, partnerships or other entities, and depositary receipts in respect of shares; …“, während die deutsche Fassung lautete: „… (a) Aktien von Unternehmen und andere Aktien von Unternehmen, Anteilen an Gesellschaften oder an anderen Unternehmensformen gleichzustellende Wertpapiere sowie Zertifikate der Wertpapiersammelbanken für derlei Anteile; …“. Diese deutschsprachige Entwurfsfassung legt eine Einbeziehung von Anteilen an Personengesellschaften weniger nahe, als der letztlich im Amtsblatt veröffentlichte deutsche Wortlaut.


== 4. Parallelen zur Garantie ==
Eine gegenüber der MiFID und der auf sie verweisenden Richtlinien etwas andere Nuancierung erfährt der Wertpapierbegriff dagegen etwa im Rahmen der Übernahme-RL (RL&nbsp;2004/25). Dort steht bei der Bestimmung des Begriffs Wertpapier vor allem die Beteiligung an einem Unternehmen im Vordergrund.
Trotz unterschiedlicher Zwecke und Anwendungsfelder fallen bei der Ausgestaltung von Akkreditiv und [[Garantie]] einige Übereinstimmungen ins Auge: Das gilt namentlich für die Abstraktion dieses Zahlungsinstruments von dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis (oben&nbsp;1.). Dieser Vorteil für die Bank und den Begünstigten birgt zugleich allerdings auch – wie bei der Garantie – ein erhebliches Gefahrenpotential in sich, nämlich den Missbrauch eines Akkreditivs. Die Praxis bestätigt diese Befürchtung. Gleichwohl schweigen die Richtlinien für Akkreditive zu diesem kritischen Punkt. Immerhin besteht Einigkeit darüber, dass die Akkreditivbank unter Berufung auf einen Rechtsmissbrauch durch den Akkreditiv-Gläubiger die Leistung verweigern kann. Ein Rechtsmissbrauch liegt sicher vor, wenn ein Grundverhältnis entweder überhaupt fehlt oder weggefallen ist; oder wenn statt der Vertragsleistung ein ''aliud'' geliefert worden ist (z.B. Steine statt Kaffee). Der Rechtsmissbrauch muss auch liquide beweisbar sein. Diese Kriterien entsprechen weitgehend denjenigen für einen Missbrauch einer Garantie.


Die Verwandtschaft zwischen Akkreditiv und Garantie wird auch dadurch bestätigt, dass eine leicht angepasste Sonderform des Akkreditivs, nämlich der sog. ''stand-by letter of credit'', eine international anerkannte Art einer Garantie bildet (s. [[Garantie]] unter&nbsp;2.).
Insgesamt lässt sich aus einer systematischen Betrachtung auf Ebene des Europarechts die Schlussfolgerung ziehen, dass der europarechtliche Wertpapierbegriff im Bereich des Eigenkapitals auf Aktiengesellschaften ausgerichtet ist, nicht aber auf kleinere (Personen&#8209;)Gesellschaften und dass als Wertpapiere im Sinne des Europarechts im Allgemeinen nur solche Wertpapiere gelten, die Teil des Effektengiroverkehrs sein können, bei denen sich also die Eigentumsverhältnisse nach der Eintragung auf einem Konto richten (zur Entmaterialisierung und Verwahrung von Wertpapieren [[Verwahrung (Wertpapiere)]]).


== 5. Künftige Entwicklung ==
Das letztgenannte Kriterium spielt auch im Rahmen verschiedener Versuche zur internationalen Vereinheitlichung des Wertpapierbegriffs eine entscheidende Rolle. So definiert etwa die ''Hague Convention on the law applicable to certain rights in respect of securities held with an intermediary'' vom 5.7.2006 in Art.&nbsp;1(1)(a) den Begriff ''securities'' als „any shares, bonds or other financial instruments or financial assets (other than cash), or any interest therein.“ Der ''Explanatory Report'' hebt aber hervor, dass zu dieser sehr weiten Definition eine weitere Bedingung hinzukommen muss: „… and must in addition be of a kind capable of being credited to a securities account with an intermediary“. Auch in der UNIDROIT ''Draft convention on substantive rules regarding intermediated securities'' vom Oktober 2008 wird die Eintragung auf einem Konto als wichtiges Kriterium für den Wertpapierbegriff angesehen. Art.&nbsp;1(a) definiert ''securities'' als „any shares, bonds or other financial instruments or financial assets (other than cash) or any interest therein, which are capable of being credited to a securities account…“. Insgesamt lässt sich daher konstatieren, dass die Möglichkeit, am Effektengiroverkehr teilzunehmen, international als wichtiges Abgrenzungskriterium für den Wertpapierbegriff angesehen wird.
Die im Akkreditivgeschäft tätigen Banken in der ganzen Welt haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie durch die fortlaufende Anpassung ihrer allgemein akzeptierten „Geschäftsbedingungen“ ([[Allgemeine Geschäftsbedingungen]]) den praktischen Herausforderungen und Entwicklungen des überseeischen Handelsverkehrs gerecht werden können. Gesetzliche Regelungen erscheinen daher weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene erforderlich.
 
== 2. Geldmarktinstrument ==
Für die Definition des Begriffs Geldmarktinstrument gibt es im Europarecht verschiedene Ansätze. So wählt die MiFID eine beispielhafte Aufzählung zur Illustrierung dessen, was erfasst werden soll (Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;19 MiFID). Danach sind Geldmarktinstrumente die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten, wie Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und ''Commercial Papers'', mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten. Einen anderen Ansatz wählt dagegen z.B. die OGAW-RL, die Geldmarktinstrumente als solche Instrumente definiert, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, liquide sind und deren Wert jederzeit genau bestimmt werden kann (Art.&nbsp;1(9) OGAW-RL).
 
== 3. Anteil an einem Organismus für gemeinsame Anlagen ==
<nowiki>Zu Finanzinstrumenten zählt die MiFID auch die Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen, sie enthält dazu jedoch selbst keine Definition. Zu unterscheiden sind „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ gemäß Art.&nbsp;1(2)OGAW-RL und einfache „Organismen für gemeinsame Anlagen“. Erstere werden durch die OGAW-RL reguliert. Das Europarecht kennt aber auch weitere Formen der Organismen für gemeinsame Anlagen, insbesondere auch solche, die nicht „auf Gemeinschaftsebene koordiniert worden sind“ (siehe etwa Erwägungsgrund&nbsp;15 und Art.&nbsp;2(1)(h) MiFID), „OGAW des geschlossenen Typs“ (Art.&nbsp;2(1) 1.&nbsp;Spiegelstrich OGAW-RL) und „Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs“ (Art. 2(1)(o) Prospekt-RL [RL&nbsp;2003/71]). Sowohl die Prospekt-RL, als auch die Transparenz-RL beschäftigen sich mit Organismen für gemeinsame Anlagen im Allgemeinen. Art.&nbsp;2(1) (p) Prospekt-RL definiert „Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen“ als „Wertpapiere, die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen begeben werden und die Rechte der Anteilsinhaber am Vermögen dieses Organismus verbriefen“. Ganz ähnlich definiert Art.&nbsp;2(1)(h) Transparenz-RL „Anteilsscheine eines Organismus für gemeinsame Anlagen“ als „die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen ausgegebenen Wertpapiere, die die Rechte der Anteilsinhaber am Vermögen eines solchen Organismus verbriefen“. Wichtig dabei ist, dass hiermit nicht nur solche Organismen erfasst sind, die in Wertpapiere investieren und damit Gegenstand der OGAW-RL sind, sondern allgemein alle Organismen für gemeinsame Anlagen, sofern sie Anteile bzw. Anteilsscheine ausgeben. Diese Anteilsscheine bzw. Anteile werden als „Wertpapiere“ definiert, wobei diese Definition nicht in Konflikt mit dem Wertpapierbegriff der MiFID gerät, da sich dieser gemäß Art.&nbsp;4(1) Nr.&nbsp;18 MiFID nur auf „übertragbare Wertpapiere“ bezieht. Es liegt nahe, unter die Definitionen in der Prospekt- und Transparenz-RL (jedenfalls nach ihrem Wortlaut) auch Anteile an geschlossenen Fonds zu fassen. Man könnte zwar auch hier auf den Tatbestand der „Verbriefung“ abstellen, den beide Definitionen enthalten, dies ist aber angesichts der englischen Fassung, die den Ausdruck </nowiki>''representing ''enthält, nicht zwingend.
 
== 4. Terminkontrakt ==
Die MiFID und andere Richtlinien verwenden zwar den Begriff des Terminkontrakts sowie z.T. auch den des Termingeschäfts, eine gesonderte Definition dieses Begriffs enthalten sie jedoch nicht. Aus den Aufzählungen in Anhang&nbsp;I Abschnitt&nbsp;C Nr.&nbsp;4-7 MiFID lässt sich lediglich entnehmen, dass es sich dabei um einen Derivatkontrakt handelt („und alle anderen Derivatkontrakte“). Üblicherweise bezeichnen Terminkontrakte bzw. Futures standardisierte Termingeschäfte, bei denen sich der Verkäufer zur Lieferung und der Käufer zur Abnahme einer festgelegten, standardisierten Menge eines bestimmten Finanzinstruments zu einem vorab bestimmten Preis zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt verpflichten. Bei einem Terminkontrakt wird dementsprechend der Preis für ein Finanzinstrument bereits in der Gegenwart festgelegt, die eigentliche Transaktion findet jedoch erst in einem Zeitpunkt in der Zukunft statt.
 
Die Standardisierung bietet im Vergleich zu außerbörslich stattfindenden Termingeschäften, bei denen die einzelnen Vertragsbestandteile individuell ausgehandelt werden und somit von Geschäft zu Geschäft verschieden sind (''forwards''), wesentliche Vorteile. Sie ermöglicht es, am Terminmarkt eingenommene Verkaufs- oder Kaufpositionen jederzeit durch entsprechende Gegengeschäfte glattzustellen. Auf diese Weise kann die tatsächliche Erfüllung (Lieferung und Abnahme), die meist gar nicht erwünscht ist, vermieden werden. Übrig bleiben dann nur die sich aus den unterschiedlichen Kursen ergebenden Differenzen (Gewinne bzw. Verluste).
 
== 5. Option ==
Auch für den Begriff der Option enthalten die MiFID und andere Richtlinien keine eigenständige Definition, setzen sie vielmehr voraus, wie z.B. die MiFID in ihrem Anhang&nbsp;I Abschnitt&nbsp;C Nr.&nbsp;4-7. Als Option wird im Rahmen des Kapitalmarkts ein gegen Zahlung einer Prämie erworbenes Recht bezeichnet, eine bestimmte Menge eines Basisobjekts zu einem fixierten Basispreis innerhalb einer bestimmten Frist (''American Option'') oder zum Ende der Optionsfrist (''European'' ''Option'') zu kaufen (Kauf-/''Call'' ''Option'') oder zu verkaufen (Verkaufs-/''Put'' ''Option''). Der Verkäufer (Stillhalter) der Option verpflichtet sich, bei Ausübung der Option durch den Käufer zu den vereinbarten Bedingungen jederzeit zu liefern oder abzunehmen. Für diese Verpflichtung erhält der Stillhalter eine Prämie. Basisobjekte können alle denkbaren am Kapitalmarkt gehandelten Kassainstrumente (Instrumente, bei denen der Preis unmittelbar auf einem Markt bestimmt wird) sein, aber auch z.B. Terminkontrakte. Börsengehandelte Optionen sind in ihren wesentlichen Elementen standardisiert. Diese Elemente sind: die Qualität des zugrunde liegenden Instruments (Basisobjekts), die Einheit bzw. Menge des Basiswerts, die Art der Ausübungsmöglichkeit (''American''/''European Option''), der Basispreis, das Verfallsdatum und die Art der Lieferung (physische Lieferung oder sog. ''cash'' ''settlement''). Nur der Käufer der Option kann entscheiden, ob und wann eine Option ausgeübt werden soll. Übt er sie nicht innerhalb der Optionsfrist aus, so verfällt sie. Der Optionsverkäufer (Stillhalter) unterwirft sich bei Geschäftsabschluss im Voraus dem Optionskäufer hinsichtlich des Zeitpunktes der Geschäftserfüllung. Dafür erhält er eine Optionsprämie – auch wenn die Option nicht ausgeübt wird. Die Höhe der Optionsprämie richtet sich nach dem Angebot und der Nachfrage, wird aber maßgeblich vom Kurs des Basisobjekts und seiner Volatilität – die mittlere Schwankungsbreite des Basisobjekts –, der Laufzeit, der Entwicklung der Zinssätze und bei Aktienoptionen nach anstehenden Dividendenausschüttungen beeinflusst. Da der Optionskäufer nicht die Option ausüben muss, gehören Optionsgeschäfte zu den bedingten Termingeschäften. Optionen werden an Terminbörsen aber auch im außerbörslichen Handel (over the counter, OTC) gehandelt. Letzterer dient insbesondere dem Handel nicht standardisierter Optionen. Deren Vorteil liegt für die Vertragsparteien darin, dass sie auf die jeweiligen Bedürfnisse individuell zugeschnitten werden können. Allerdings geht damit zugleich auch eine Einschränkung ihrer Fungibilität einher.
 
== 6. ''Swap'' ==
Ein'' Swap'' (engl.: Tausch) ist eine gegenseitige Vereinbarung über den Austausch von Zahlungsverpflichtungen mit dem Ziel, von den Kostenvorteilen des jeweils anderen Geschäftspartners, den dieser auf dem jeweils anderen Markt genießt, zu profitieren und dadurch einen Finanzierungs- oder Zins- bzw. Renditevorteil zu erlangen. Von Bedeutung sind insbesondere Zins- und Währungsswaps. Bei Zinsswaps vereinbaren die Vertragspartner für eine festgelegte Laufzeit den Tausch von Zinsverpflichtungen bzw. Zinseinkünften auf einen bestimmten Kapitalbetrag. Bei Währungsswaps werden für einen bestimmten Kapitalbetrag Währungen und die mit der Kapitalbedienung verbundenen Verpflichtungen oder Erträge getauscht. Bei Abschluss des ''Swaps'' wird vereinbart, dass am Ende seiner Laufzeit die Währungen zurückgetauscht werden, wobei in der Regel der Rücktauschkurs bereits fest vereinbart wird.


==Literatur==
==Literatur==
''Éric A. Caprioli'', Le crédit documentaire, 1992; ''Raymond Jack'','' Ali Malek'', ''David Quest'', Documentary credits, 3.&nbsp;Aufl. 2001;'' Rafael Marimón Durá'', El crédito documentario irrevocable, 2001; ''Roeland Bertrams'', Bank guarantees in international trade, 3.&nbsp;Aufl. 2004;'' International Chamber of Commerce'', Commentary on UCP 600 (ICC Publication no.&nbsp;680, 2007);'' Peter Ellinger'', ''Dora Neo'', The law and practice of documentary letters of credit, 2007; ''Matti S. Kurkela'', Letters of credit and bank guarantees under international trade law, 2.&nbsp;Aufl. 2008; ''Rolf A. Schütze'', Das Dokumentenakkreditiv im Internationalen Handelsverkehr, 6.&nbsp;Aufl. 2008.
''Alfred'' ''Hueck'', ''Claus-Wilhelm Canaris'', Recht der Wertpapiere, 12.&nbsp;Aufl. 1986; ''Ulrich Meyer-Cording'', ''Tim'' ''Drygala'', Wertpapierrecht, 3.&nbsp;Aufl. 1995; ''Hans''-''Wilhelm'' ''Ruland'', Effekten, 3.&nbsp;Aufl. 2004; ''Hans''-''Peter'' ''Burghof'', ''Sabine Henke'', ''Bernd Rudolph'', ''Philipp J. Schönbucher'', ''Daniel Sommer'', Kreditderivate, 2.&nbsp;Aufl. 2005; ''Christian Hee'', ''Lutz'' ''Hofmann'', Wetterderivate, 2006; ''Eilis Ferran'', Principles of Corporate Finance Law'', ''2008; ''Hans Brox'', ''Martin Henssler'', Handelsrecht: Mit Grundzügen des Wertpapierrechts, 20.&nbsp;Aufl. 2009; ''Bernd'' ''Rudolph'', ''Klaus'' ''Schäfer'', Derivative Finanzmarktinstrumente, 2.&nbsp;Aufl. 2009.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]

Version vom 31. August 2021, 19:07 Uhr

von Christoph Kumpan

Finanzinstrument ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von am Kapitalmarkt gehandelten Instrumenten zur Geldanlage. Hierzu gehören insbesondere übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Investmentfondsanteile (Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren), Optionen, Terminkontrakte, Swaps, Zinsausgleichsvereinbarungen, derivative Instrumente für den Transfer von Kreditrisiken und finanzielle Differenzgeschäfte (für Details siehe Anhang I, Abschnitt C MiFID [RL 2004/39], ähnlich z.B. auch Art. 1 Nr. 3 Marktmissbrauchs-RL [RL 2003/6] und Art. 6(2)(a) Finanzdienstleistungsfernabsatz-RL [RL 2002/65]).

1. Wertpapier

Auf der Ebene des Europarechts wird der Begriff des Wertpapiers maßgeblich von der Definition der MiFID (in Art. 4(1) Nr. 18 MiFID) bestimmt, auf die eine ganze Reihe von Richtlinien verweisen, wie z.B. Art. 2(1)(a) Transparenz-RL [RL 2004/109]. Für ältere Richtlinien, die noch auf die Vorgänger-RL der MiFID, die Wertpapierdienstleistungs-RL [RL 93/22], verwiesen, wie z.B. Art. 2 Nr. 3 erster Spiegelstrich Marktmissbrauchs-RL [RL 2003/6] und Art. 2(1)(a) Prospekt-RL [RL 2003/71], erlangt der Wertpapierbegriff der MiFID aufgrund der dynamischen Verweisung in Art. 69 MiFID Bedeutung.

Die MiFID stellt ausdrücklich nur auf „übertragbare Wertpapiere“ ab. Darunter werden diejenigen „Gattungen von Wertpapieren“ verstanden, „die auf dem Kapitalmarkt gehandelt werden können, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, wie a) Aktien und andere, Aktien oder Anteilen an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende, Wertpapiere sowie Aktienzertifikate; b) Schuldverschreibungen oder andere verbriefte Schuldtitel, einschließlich Zertifikaten (Hinterlegungsscheinen) für solche Wertpapiere; c) alle sonstigen Wertpapiere, die zum Kauf oder Verkauf solcher Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die anhand von übertragbaren Wertpapieren, Währungen, Zinssätzen oder ‑erträgen, Waren oder anderen Indizes oder Messgrößen bestimmt wird“ (Art. 4(1) Nr. 18 MiFID, ähnlich auch Art. 1(8) OGAW-RL [RL 85/611]).

Dieser Begriffsbestimmung ist zu entnehmen, dass es für den Wertpapierbegriff maßgebend auf die Kriterien der Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit ankommt. In Bezug auf die Übertragbarkeit bestimmt die MiFID allerdings nicht, ob nur solche Papiere erfasst werden, die frei übertragbar sind, oder auch solche, die nur durch schriftliche Abtretung oder mit Zustimmung eines Dritten übertragen werden können (z.B. Namensschuldverschreibungen). Die Notwendigkeit der standardisierten Ausgestaltung ergibt sich demgegenüber aus dem Merkmal „Gattungen“ von Wertpapieren. Das Kriterium der Handelbarkeit von Wertpapieren führt zu einer besonderen Differenzierung zwischen den übertragbaren Wertpapieren. So gibt es „übertragbare Wertpapiere“ i.S.v. Art. 4(1) Nr. 18 MiFID und als Untergruppe dazu „übertragbare Wertpapiere“, die „frei handelbar“ sind i.S.v. Art. 40(1)(II) MiFID. Diese Unterscheidung deutet darauf hin, dass es „übertragbare Wertpapiere“ geben kann, die nicht „frei handelbar“ sind. Zur Konkretisierung des Begriffs der freien Handelbarkeit stellt Art. 35 der Durchführungs-VO (VO 1287/2006) zur MiFID auf die Übertragbarkeit und diesbezügliche Restriktionen (als solche könnte etwa das Erfordernis der notariellen Form gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG angesehen werden) sowie auf Regeln über die Pflicht zur vollständigen Erbringung der Einlage (z.B. § 171 HGB für die Einlage des Kommanditisten) ab. Schließen diese Hindernisse der Handelbarkeit erst das Merkmal der „freien Handelbarkeit“ aus, folgt daraus im Umkehrschluss, dass sie nicht geeignet sind, der Einstufung eines Wertpapiers als „übertragbares“ Wertpapier entgegenzustehen.

Besondere Beachtung verdient die Fallgruppe in Art. 4(1) Nr. 18(a) MiFID, da diese beispielsweise auch Anteile an Personengesellschaften einbezieht. Aufgrund des Wortlauts gelten für die von Art. 4(1) Nr. 18(a) MiFID erfassten Anteile neben den Vorgaben der Übertragbarkeit, Standardisierung und Handelbarkeit, dass sie mit Aktien vergleichbar sein müssen („gleichzustellende“). Eine Vergleichbarkeit mit Aktien bedeutet, dass sie verbrieft oder doch zumindest in einer Art und Weise verkörpert sind, die eine Anwendung der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb möglich macht. Eine Vergleichbarkeit ist somit bei einem Eigentumswechsel im Wege der Zession nicht gegeben. Anteile z.B. an geschlossenen Fonds gehören daher nicht zu diesen Anteilen, da es an der Vergleichbarkeit zu Aktien und an der Standardisierung mangelt und sie in der Regel nicht geeignet sind, am Kapitalmarkt gehandelt zu werden.

Allerdings dürfte die Erstreckung des Wertpapierbegriffs auf Anteile von Personengesellschaften auf ein Übersetzungsproblem zurückgehen. Der englischsprachige Vorschlag zu Art. 3(1) Nr. 15 MiFID-E im Kommissionsentwurf zur MiFID vom 19.11.2002 (KOM(2002) 625 endg.) lautete wortgleich mit dem heutigen Art. 4(1) Nr. 18 MiFID „Transferable securities means those classes of securities which are negotiable on the capital market, with the exception of instruments of payment, such as: (a) shares in companies and other securities equivalent to shares in companies, partnerships or other entities, and depositary receipts in respect of shares; …“, während die deutsche Fassung lautete: „… (a) Aktien von Unternehmen und andere Aktien von Unternehmen, Anteilen an Gesellschaften oder an anderen Unternehmensformen gleichzustellende Wertpapiere sowie Zertifikate der Wertpapiersammelbanken für derlei Anteile; …“. Diese deutschsprachige Entwurfsfassung legt eine Einbeziehung von Anteilen an Personengesellschaften weniger nahe, als der letztlich im Amtsblatt veröffentlichte deutsche Wortlaut.

Eine gegenüber der MiFID und der auf sie verweisenden Richtlinien etwas andere Nuancierung erfährt der Wertpapierbegriff dagegen etwa im Rahmen der Übernahme-RL (RL 2004/25). Dort steht bei der Bestimmung des Begriffs Wertpapier vor allem die Beteiligung an einem Unternehmen im Vordergrund.

Insgesamt lässt sich aus einer systematischen Betrachtung auf Ebene des Europarechts die Schlussfolgerung ziehen, dass der europarechtliche Wertpapierbegriff im Bereich des Eigenkapitals auf Aktiengesellschaften ausgerichtet ist, nicht aber auf kleinere (Personen‑)Gesellschaften und dass als Wertpapiere im Sinne des Europarechts im Allgemeinen nur solche Wertpapiere gelten, die Teil des Effektengiroverkehrs sein können, bei denen sich also die Eigentumsverhältnisse nach der Eintragung auf einem Konto richten (zur Entmaterialisierung und Verwahrung von Wertpapieren Verwahrung (Wertpapiere)).

Das letztgenannte Kriterium spielt auch im Rahmen verschiedener Versuche zur internationalen Vereinheitlichung des Wertpapierbegriffs eine entscheidende Rolle. So definiert etwa die Hague Convention on the law applicable to certain rights in respect of securities held with an intermediary vom 5.7.2006 in Art. 1(1)(a) den Begriff securities als „any shares, bonds or other financial instruments or financial assets (other than cash), or any interest therein.“ Der Explanatory Report hebt aber hervor, dass zu dieser sehr weiten Definition eine weitere Bedingung hinzukommen muss: „… and must in addition be of a kind capable of being credited to a securities account with an intermediary“. Auch in der UNIDROIT Draft convention on substantive rules regarding intermediated securities vom Oktober 2008 wird die Eintragung auf einem Konto als wichtiges Kriterium für den Wertpapierbegriff angesehen. Art. 1(a) definiert securities als „any shares, bonds or other financial instruments or financial assets (other than cash) or any interest therein, which are capable of being credited to a securities account…“. Insgesamt lässt sich daher konstatieren, dass die Möglichkeit, am Effektengiroverkehr teilzunehmen, international als wichtiges Abgrenzungskriterium für den Wertpapierbegriff angesehen wird.

2. Geldmarktinstrument

Für die Definition des Begriffs Geldmarktinstrument gibt es im Europarecht verschiedene Ansätze. So wählt die MiFID eine beispielhafte Aufzählung zur Illustrierung dessen, was erfasst werden soll (Art. 4(1) Nr. 19 MiFID). Danach sind Geldmarktinstrumente die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelten Gattungen von Instrumenten, wie Schatzanweisungen, Einlagenzertifikate und Commercial Papers, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten. Einen anderen Ansatz wählt dagegen z.B. die OGAW-RL, die Geldmarktinstrumente als solche Instrumente definiert, die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, liquide sind und deren Wert jederzeit genau bestimmt werden kann (Art. 1(9) OGAW-RL).

3. Anteil an einem Organismus für gemeinsame Anlagen

Zu Finanzinstrumenten zählt die MiFID auch die Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen, sie enthält dazu jedoch selbst keine Definition. Zu unterscheiden sind „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ gemäß Art. 1(2)OGAW-RL und einfache „Organismen für gemeinsame Anlagen“. Erstere werden durch die OGAW-RL reguliert. Das Europarecht kennt aber auch weitere Formen der Organismen für gemeinsame Anlagen, insbesondere auch solche, die nicht „auf Gemeinschaftsebene koordiniert worden sind“ (siehe etwa Erwägungsgrund 15 und Art. 2(1)(h) MiFID), „OGAW des geschlossenen Typs“ (Art. 2(1) 1. Spiegelstrich OGAW-RL) und „Organismen für gemeinsame Anlagen eines anderen als des geschlossenen Typs“ (Art. 2(1)(o) Prospekt-RL [RL 2003/71]). Sowohl die Prospekt-RL, als auch die Transparenz-RL beschäftigen sich mit Organismen für gemeinsame Anlagen im Allgemeinen. Art. 2(1) (p) Prospekt-RL definiert „Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen“ als „Wertpapiere, die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen begeben werden und die Rechte der Anteilsinhaber am Vermögen dieses Organismus verbriefen“. Ganz ähnlich definiert Art. 2(1)(h) Transparenz-RL „Anteilsscheine eines Organismus für gemeinsame Anlagen“ als „die von einem Organismus für gemeinsame Anlagen ausgegebenen Wertpapiere, die die Rechte der Anteilsinhaber am Vermögen eines solchen Organismus verbriefen“. Wichtig dabei ist, dass hiermit nicht nur solche Organismen erfasst sind, die in Wertpapiere investieren und damit Gegenstand der OGAW-RL sind, sondern allgemein alle Organismen für gemeinsame Anlagen, sofern sie Anteile bzw. Anteilsscheine ausgeben. Diese Anteilsscheine bzw. Anteile werden als „Wertpapiere“ definiert, wobei diese Definition nicht in Konflikt mit dem Wertpapierbegriff der MiFID gerät, da sich dieser gemäß Art. 4(1) Nr. 18 MiFID nur auf „übertragbare Wertpapiere“ bezieht. Es liegt nahe, unter die Definitionen in der Prospekt- und Transparenz-RL (jedenfalls nach ihrem Wortlaut) auch Anteile an geschlossenen Fonds zu fassen. Man könnte zwar auch hier auf den Tatbestand der „Verbriefung“ abstellen, den beide Definitionen enthalten, dies ist aber angesichts der englischen Fassung, die den Ausdruck representing enthält, nicht zwingend.

4. Terminkontrakt

Die MiFID und andere Richtlinien verwenden zwar den Begriff des Terminkontrakts sowie z.T. auch den des Termingeschäfts, eine gesonderte Definition dieses Begriffs enthalten sie jedoch nicht. Aus den Aufzählungen in Anhang I Abschnitt C Nr. 4-7 MiFID lässt sich lediglich entnehmen, dass es sich dabei um einen Derivatkontrakt handelt („und alle anderen Derivatkontrakte“). Üblicherweise bezeichnen Terminkontrakte bzw. Futures standardisierte Termingeschäfte, bei denen sich der Verkäufer zur Lieferung und der Käufer zur Abnahme einer festgelegten, standardisierten Menge eines bestimmten Finanzinstruments zu einem vorab bestimmten Preis zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt verpflichten. Bei einem Terminkontrakt wird dementsprechend der Preis für ein Finanzinstrument bereits in der Gegenwart festgelegt, die eigentliche Transaktion findet jedoch erst in einem Zeitpunkt in der Zukunft statt.

Die Standardisierung bietet im Vergleich zu außerbörslich stattfindenden Termingeschäften, bei denen die einzelnen Vertragsbestandteile individuell ausgehandelt werden und somit von Geschäft zu Geschäft verschieden sind (forwards), wesentliche Vorteile. Sie ermöglicht es, am Terminmarkt eingenommene Verkaufs- oder Kaufpositionen jederzeit durch entsprechende Gegengeschäfte glattzustellen. Auf diese Weise kann die tatsächliche Erfüllung (Lieferung und Abnahme), die meist gar nicht erwünscht ist, vermieden werden. Übrig bleiben dann nur die sich aus den unterschiedlichen Kursen ergebenden Differenzen (Gewinne bzw. Verluste).

5. Option

Auch für den Begriff der Option enthalten die MiFID und andere Richtlinien keine eigenständige Definition, setzen sie vielmehr voraus, wie z.B. die MiFID in ihrem Anhang I Abschnitt C Nr. 4-7. Als Option wird im Rahmen des Kapitalmarkts ein gegen Zahlung einer Prämie erworbenes Recht bezeichnet, eine bestimmte Menge eines Basisobjekts zu einem fixierten Basispreis innerhalb einer bestimmten Frist (American Option) oder zum Ende der Optionsfrist (European Option) zu kaufen (Kauf-/Call Option) oder zu verkaufen (Verkaufs-/Put Option). Der Verkäufer (Stillhalter) der Option verpflichtet sich, bei Ausübung der Option durch den Käufer zu den vereinbarten Bedingungen jederzeit zu liefern oder abzunehmen. Für diese Verpflichtung erhält der Stillhalter eine Prämie. Basisobjekte können alle denkbaren am Kapitalmarkt gehandelten Kassainstrumente (Instrumente, bei denen der Preis unmittelbar auf einem Markt bestimmt wird) sein, aber auch z.B. Terminkontrakte. Börsengehandelte Optionen sind in ihren wesentlichen Elementen standardisiert. Diese Elemente sind: die Qualität des zugrunde liegenden Instruments (Basisobjekts), die Einheit bzw. Menge des Basiswerts, die Art der Ausübungsmöglichkeit (American/European Option), der Basispreis, das Verfallsdatum und die Art der Lieferung (physische Lieferung oder sog. cash settlement). Nur der Käufer der Option kann entscheiden, ob und wann eine Option ausgeübt werden soll. Übt er sie nicht innerhalb der Optionsfrist aus, so verfällt sie. Der Optionsverkäufer (Stillhalter) unterwirft sich bei Geschäftsabschluss im Voraus dem Optionskäufer hinsichtlich des Zeitpunktes der Geschäftserfüllung. Dafür erhält er eine Optionsprämie – auch wenn die Option nicht ausgeübt wird. Die Höhe der Optionsprämie richtet sich nach dem Angebot und der Nachfrage, wird aber maßgeblich vom Kurs des Basisobjekts und seiner Volatilität – die mittlere Schwankungsbreite des Basisobjekts –, der Laufzeit, der Entwicklung der Zinssätze und bei Aktienoptionen nach anstehenden Dividendenausschüttungen beeinflusst. Da der Optionskäufer nicht die Option ausüben muss, gehören Optionsgeschäfte zu den bedingten Termingeschäften. Optionen werden an Terminbörsen aber auch im außerbörslichen Handel (over the counter, OTC) gehandelt. Letzterer dient insbesondere dem Handel nicht standardisierter Optionen. Deren Vorteil liegt für die Vertragsparteien darin, dass sie auf die jeweiligen Bedürfnisse individuell zugeschnitten werden können. Allerdings geht damit zugleich auch eine Einschränkung ihrer Fungibilität einher.

6. Swap

Ein Swap (engl.: Tausch) ist eine gegenseitige Vereinbarung über den Austausch von Zahlungsverpflichtungen mit dem Ziel, von den Kostenvorteilen des jeweils anderen Geschäftspartners, den dieser auf dem jeweils anderen Markt genießt, zu profitieren und dadurch einen Finanzierungs- oder Zins- bzw. Renditevorteil zu erlangen. Von Bedeutung sind insbesondere Zins- und Währungsswaps. Bei Zinsswaps vereinbaren die Vertragspartner für eine festgelegte Laufzeit den Tausch von Zinsverpflichtungen bzw. Zinseinkünften auf einen bestimmten Kapitalbetrag. Bei Währungsswaps werden für einen bestimmten Kapitalbetrag Währungen und die mit der Kapitalbedienung verbundenen Verpflichtungen oder Erträge getauscht. Bei Abschluss des Swaps wird vereinbart, dass am Ende seiner Laufzeit die Währungen zurückgetauscht werden, wobei in der Regel der Rücktauschkurs bereits fest vereinbart wird.

Literatur

Alfred Hueck, Claus-Wilhelm Canaris, Recht der Wertpapiere, 12. Aufl. 1986; Ulrich Meyer-Cording, Tim Drygala, Wertpapierrecht, 3. Aufl. 1995; Hans-Wilhelm Ruland, Effekten, 3. Aufl. 2004; Hans-Peter Burghof, Sabine Henke, Bernd Rudolph, Philipp J. Schönbucher, Daniel Sommer, Kreditderivate, 2. Aufl. 2005; Christian Hee, Lutz Hofmann, Wetterderivate, 2006; Eilis Ferran, Principles of Corporate Finance Law, 2008; Hans Brox, Martin Henssler, Handelsrecht: Mit Grundzügen des Wertpapierrechts, 20. Aufl. 2009; Bernd Rudolph, Klaus Schäfer, Derivative Finanzmarktinstrumente, 2. Aufl. 2009.

Abgerufen von Akkreditiv – HWB-EuP 2009 am 25. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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