Luftverkehr (Deliktische Haftung) und Ausstrahlung des europäischen Privatrechts ins chinesische Recht: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Knut B. Pißler]]''
== 1. Chinesisches Privatrecht: Historische Herkunft und Entwicklung ==
Das chinesische Recht wurde von alters her in die Form von Gesetzbüchern gegossen. Dabei verkündete jede Dynastie ein neues Gesetzbuch, welches jedoch dem der vorhergehenden Dynastie nachgebildet war. Das Gesetzbuch der ''Tang''-Dynastie (618-907), welches aus dem Jahr 651 datiert, ist das frühste erhaltene chinesische Gesetzbuch und gilt als Höhepunkt in der Gesetzgebungsgeschichte Chinas. Die materiellen Regelungen haben sich in der weiteren chinesischen Gesetzgebungsgeschichte nur unwesentlich vom Gesetzbuch der ''Tang'' fortentwickelt. So ist für den Ming-Kodex aus dem Jahr 1367, der mehrfach überarbeitet und 1397 als „Kodex der Großen Ming“ (''Da Ming Lü'') neu festgesetzt wurde, festgestellt worden, dass ein Großteil seiner Artikel aus dem ''Tang''-Kodex übernommen worden ist. Auch der letzte vormoderne Kodex, das „Gesetzbuch der Großen Qing mit Ergänzungsregeln“ (''Da Qing Lü Li''), in seiner ursprünglichen Form als „Gesetzbuch der Großen Qing“ (''Da Qing Lü'') im Jahr 1646 in Kraft gesetzt und 1740 mit den Ergänzungsregeln versehen, orientiert sich in seiner Gestalt am ''Ming''-Kodex und somit letztlich ebenfalls am Gesetzbuch der ''Tang''-Dynastie.


Zwischen den am Luftverkehr beteiligten Parteien bestehen unterschiedliche Rechtsbeziehungen. In Bezug auf die Luftbeförderung von Personen und Gütern haben internationale Konventionen eine weit reichende Rechtsvereinheitlichung herbeigeführt ([[Luftverkehr (Vertragliche Haftung)]]). Aber auch Unbeteiligte können vom Luftverkehr betroffen sein. Die Frage der deliktischen Haftung im Luftverkehr stellt sich grundsätzlich bei Flugunfällen oder bei der Verwendung von Luftfahrzeugen, wenn (unbeteiligte) Dritte geschädigt werden.
Diese Gesetzbücher haben überwiegend straf- und verwaltungsrechtlichen Charakter. Soweit privatrechtliche Grundsätze erkennbar sind, sind sie oft in ein strafrechtliches Gewandt gehüllt. Vor diesem Hintergrund wäre es falsch davon zu sprechen, dass kodifiziertes Recht im vormodernen China nicht existierte. Dieses Recht erwies sich aber bei der Berührung mit den europäischen Mächten als unzulänglich. Zumindest in den Augen der Europäer des 19. und 20. Jahrhunderts erschien das chinesische Recht auf Grund seines strafrechtlichen Charakters primitiv und barbarisch. Der Handel mit dem Ausland verlangte nach Rechtssicherheit, die aus ausländischer Sicht allein durch eine Übernahme einer Kodifikation nach europäischem Muster zu gewährleisten sei. Dies wurde schließlich zur Bedingung für die Aufnahme Chinas in den Kreis der „zivilisierten“ Nationen und für einen Verzicht auf die extraterritorialen Rechte der Kolonialmächte.


Der außervertragliche Schadenersatzanspruch kann sich naturgemäß gegen einen oder mehrere unterschiedliche Haftungssubjekte richten. Im Luftverkehr richtet sich die Haftung für Drittschäden grundsätzlich gegen den Luftfahrzeughalter. Je nach Sachverhalt kommen neben der deliktischen Haftung auch vertragliche Ansprüche in Frage.
Aber neben diesem äußeren Druck gab es auch innerhalb der ''Qing''-Regierung Befürworter einer Rechtsreform. Im 28. Jahr der Regentschaft des Kaisers ''GUANG Xu'' (1902) reichten drei hochrangige chinesische Beamte eine Throneingabe ein, in der sie vorschlugen, das chinesische Recht grundlegend zu reformieren, um mit der Entwicklung im Ausland Schritt halten zu können.


== 1. Haftung des Luftfahrzeughalters ==
Als China am Beginn des 20. Jahrhunderts also anfing, sein Privatrecht zu kodifizieren, wurde eine Studienkommission nach Europa, Japan und Amerika entsendet, um sich dort über die staatlichen und politischen Einrichtungen zu unterrichten. Der erste Entwurf eines chinesischen Zivilgesetzes wurde im August 1911 – kurz vor dem Fall der ''Qing''-Dynastie – unter der Mitarbeit von Chinesen, die in Japan, Europa und Amerika Recht studiert hatten, sowie der japanischen Berater ''MATSUOKA Yoshitada SHIDA Kotaro'' fertig gestellt. Dieser Entwurf trat jedoch nie in Kraft. Nach Gründung der Republik China gingen die Entwurfsarbeiten weiter. Als ausländische Ratgeber standen der ehemalige französische Berater der siamesischen Regierung, ''G.'' ''Padoux'', zwei japanische Berater, ''ITAKURA Matsutaru'' und ''IWATA Shin'', sowie seit 1921 ''Jean Escarra'', damals Professor für Handelsrecht an der juristischen Fakultät in Grenoble, zur Verfügung. In den Jahren 1925/26 wurde ein zweiter Entwurf eines chinesischen Zivilgesetzes erarbeitet. Die Verabschiedung dieses zweiten Entwurfs scheiterte aber an innerchinesischen Machtkämpfen. Ende 1928 wurden die Arbeiten fortgesetzt. Als ausländischer Berater fungierte weiterhin ''G. Padoux''. Das Zivilgesetz der Republik China wurde schließlich in den Jahren 1929 bis 1931 verkündet und in Kraft gesetzt.
=== a) Internationale Regelung ===
Anfang der 1930er Jahre setzten erste Bestrebungen ein, die Haftung für Schäden an Dritten auf der Erdoberfläche durch ein ausländisches Luftfahrzeug zu vereinheitlichen. Die Arbeiten mündeten im Römer Übereinkommen vom 29.5.1933 (''International Convention for the Unification of Certain Rules Relating to Damage Caused by Aircraft to Third Parties on the Surface'') welches im Brüsseler Protokoll vom 29.5.1938 (''Protocol Supplementary to the Convention for the Unification of Certain Rules Relating to Damage Caused by Aircraft to Third Parties on the Surface'') um zusätzliche Versicherungsbestimmungen ergänzt wurde. Da diese beiden Abkommen lediglich von einer handvoll Staaten ratifiziert wurden, erfolgte nach dem 2. Weltkrieg eine Revision durch die ''[[International Civil Aviation Organization]] ''(ICAO) und am 7.10.1952 wurde das neue Römer Übereinkommen unterzeichnet (''Convention on Damage Caused by Foreign Aircraft to Third Parties on the Surface''). Die Überarbeitung des Römer Übereinkommens von 1952 wurde Mitte der 70er Jahre durch die ICAO in Erwägung gezogen und führte zur Unterzeichnung des Montrealer Protokolls vom 7.10.1978 (''Protocol to amend the Convention on Damage Caused by Foreign Aircraft to Third Parties on the Surface'').


Neben der Vereinheitlichung gewisser materiell- und prozessrechtlicher Fragen bezweckten die Übereinkommen den angemessenen Schadensausgleich für Drittschäden am Boden, wobei aber durch die Limitierung der Haftung die internationale Zivilluftfahrt in ihrer Entwicklung nicht behindert werden sollte. Insbesondere der Gedanke, dass durch die Haftungslimitierung die Luftfahrt als noch junger Wirtschaftszweig geschützt werden sollte, findet sich auch im Warschauer Abkommen vom 12.10.1929 (''Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr'') welches die vertragliche Haftung des Luftfrachtführers erstmals vereinheitlichte ([[Luftverkehr (Vertragliche Haftung)]]).
Es ist durch mehrere Faktoren geprägt: Erstens wurden bei seiner Ausarbeitung die Entwürfe von 1911 und 1925/26 zugrunde gelegt. Das Gesetz ist damit die Vollendung der Arbeiten, die Anfang des 20. Jahrhunderts in China begonnen wurden. Zweitens lagen den Verfassern des Gesetzes zahlreiche ausländische Kodifikationen vor: Genannt werden das [[schweizerisches Zivilgesetzbuch|schweizerische Zivilgesetzbuch]] vom 1912, das [[schweizerisches Obligationenrecht|schweizerische Obligationenrecht]] von 1881/1911, das [[russisches Zivilgesetzbuch|russische Zivilgesetzbuch]] von 1922, das japanische Zivilgesetz (1898) und Handelsgesetz (1890), das türkische Obligationenrecht und Handelsgesetz (1926) ([[Türkisches Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht]]), das siamesische Zivil- und Handelsgesetzbuch von 1923/25, der italienische Entwurf eines Handelsgesetzbuches, das brasilianische Zivilgesetz von 1916 sowie ein französisch-italienischer Entwurf eines gemeinsamen Obligationenrechts vom 1927. Vor allem aber wird dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch ein maßgeblicher Einfluss auf das Zivilgesetz zugeschrieben. Hierzu vermutet ''Karl Bünger'', dass dieser Einfluss auf die kurze Tätigkeit der deutschen juristischen Fakultät in ''Qingdao'' – Hauptort der 1898 für 99 Jahre vom Deutschen Reich gepachteten Gebietes um die Bucht von ''Jiaozhou'' – zurückzuführen sei, die für die deutsche Rechtswissenschaft geworben habe. Eine gewisse Rolle wird auch die Tatsache gespielt haben, dass Deutschland als erster europäischer Staat nach dem Ersten Weltkrieg mit der „Deutsch-chinesischen Vereinbarung zur Wiederherstellung des Friedenszustandes“ (1921) seine exterritorialen Rechte in China aufgab und damit die Republik China als gleichberechtigten Staat anerkannte.


Die Römer Haftungsübereinkommen von 1933 und von 1952 basieren auf denselben Grundsätzen, wobei jedoch das Römer Übereinkommen von 1952 in vielen Punkten genauer und detaillierter ist. Das Montrealer Protokoll von 1978 bringt vor allem höhere Haftungslimits.
Nach der Machtergreifung durch die Kommunisten auf dem chinesischen Festland im Jahr 1949 wurde das Zivilgesetz außer Kraft gesetzt. Zwischen 1949 und 1978 diente die Gesetzgebung in der Volksrepublik China primär den Grundanliegen der Sozialreform und der Machtsicherung der Kommunistischen Partei. Erst die Politik der „Reform und Öffnung“, die von ''DENG Xiaoping ''Ende des Jahres 1978 eingeleitet wurde, führte in China zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der nach Rechtssicherheit und damit nach der Verabschiedung von Gesetzen verlangte.


Das Römer Übereinkommen von 1933 wie auch das von 1952 finden grundsätzlich Anwendung, wenn ein Luftfahrzeug, das in einem Vertragsstaat registriert ist, in einem anderen Vertragsstaat einen Schaden am Boden verursacht (Art. 23 Römer Übereinkommen von 1952; Art. 20(1) Römer Übereinkommen von 1933). Der Anwendungsbereich wurde im Montrealer Protokoll von 1978 angepasst und insbesondere auch auf Fälle ausgedehnt, in denen das Luftfahrzeug zwar nicht in einem Vertragsstaat registriert ist, in denen jedoch der Luftfahrzeughalter die Hauptgeschäftsniederlassung oder seinen dauernden Aufenthalt in einem Vertragsstaat hat (Art. XII Montrealer Protokoll von 1978). Die Ereignisse des 11.9.2001 wären folglich, auch wenn die Vereinigten Staaten das Übereinkommen ratifiziert hätten, nicht in dessen Anwendungsbereich gefallen, da alle betroffenen Luftfahrzeuge in den Vereinigten Staaten registriert waren und die Schäden allesamt auf amerikanischem Boden verursacht wurden.
Das chinesische Zivilrecht besteht derzeit aus verschiedenen Gesetzen, die zusammengenommen den Regelungsbereich des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches umfassen. Zu nennen sind erstens die „Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts“ (AGZR) aus dem Jahr 1986, die wie ein [[Allgemeiner Teil]] eines umfassenden Zivilgesetzes erscheinen, aber auch Regelungen zur juristischen Person sowie zum Schuldrecht, Sachenrecht, Deliktsrecht und internationalen Privatrecht enthalten. Zweitens wurde im März 1999 das „Vertragsgesetz der Volksrepublik China“ verabschiedet, das im Oktober 1999 in Kraft getreten ist. Mit seinen 428 Paragraphen bildet es das bislang umfangreichste Regelungswerk der Volksrepublik China. Seine Verabschiedung gilt als eines der wesentlichen Gesetzgebungswerke in der Volksrepublik. Neben Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, die in einem allgemeinen Teil zusammengefasst sind, schließt das Vertragsgesetz auch einen besonderen Teil ein, in dem fünfzehn Vertragstypen geregelt sind. Ein Sachenrechtsgesetz wurde nach langen, vor allem ideologisch geprägten Diskussionen im März 2007 verabschiedet. Ehe-, Adoptions- und Erbrecht werden jeweils in eigenen Gesetzen geregelt, die zum Teil erst kürzlich revidiert wurden.


Die Haftung bei einem Flugzeugzusammenstoß ist in den Römer Übereinkommen nur rudimentär geregelt. Sie sehen vor, dass die Luftfahrzeughalter solidarisch für die Drittschäden haften (Art. 6 Römer Übereinkommen von 1933) bzw. dass alle betroffenen Luftfahrzeughalter als Verursacher der Schäden betrachtet werden und entsprechend haften sollen (Art. 7 Römer Übereinkommen von 1952). Nicht erfasst vom Übereinkommen sind jedoch Ansprüche des Luftfahrzeugeigentümers, der Crew sowie der Passagiere und Güter an Bord des einen Luftfahrzeuges gegen den Halter des anderen betroffenen Luftfahrzeuges (und umgekehrt), da diese Schäden nicht am Boden eingetreten sind (Art. 24 Römer Übereinkommen von 1952). Damit bestimmt das national anwendbare Recht die außervertragliche Haftung zwischen den Beteiligten. Eine Rechtsvereinheitlichung der Haftung bei Flugzeugzusammenstössen wurde von der ICAO versucht, jedoch nicht weiterverfolgt.
Bis zum Jahr 2010 sollen das [[Deliktsrecht: Allgemeines und lex Aquilia|Deliktsrecht]] und das [[internationales Privatrecht|internationale Privatrecht]] revidiert und zusammen mit den bereits verabschiedeten Gesetzen sowie einem einführenden Allgemeinen Teil als Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China zusammengefasst werden.


Haftungssubjekt ist grundsätzlich der Luftfahrzeughalter (''operator'', Art. 2 Römer Übereinkommen von 1952; Art. 4 Römer Übereinkommen von 1933). Der Halter und der registrierte bzw. wirtschaftliche Eigentümer des Luftfahrzeuges sind, vor allem bei den heutzutage üblichen Finanzierungsmodellen, regelmäßig nicht identisch.
== 2. Rechtsberatung ==
Bereits bei der Kodifikation des chinesischen Privatrechts am Ende der ''Qing''-Dynastie hat sich der Gesetzgeber ausländischer Berater bedient, um sich über mögliche Regelungsvorbilder im Ausland zu informieren. Diese Beratung hat sich nach der Ausrufung der Volksrepublik China fortgesetzt. Waren es zunächst die sowjetischen Berater, die den Chinesen beim Aufbau eines [[sozialistisches Recht|sozialistischen Recht]]s helfen sollten, sind seit Einführung der Politik der „Reform und Öffnung“ im Jahr 1978 eine Vielzahl von nationalen und internationalen Beratern tätig. Zu nennen ist etwa die Weltbank, die ''Asian Development Bank'', die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit aus Deutschland und eine Vielzahl US-amerikanischer Institutionen.


Der Luftfahrzeughalter unterliegt einer Gefährdungshaftung (Art. 2 Römer Übereinkommen von 1933; Art. 1(1) Römer Übereinkommen von 1952; [[Gefährdungshaftung]]). Er haftet, sofern der Schaden nachgewiesen und einem Luftfahrzeug zurechenbar ist, das sich im Flug befand (''in flight''). Damit ist grundsätzlich der Start- und Landevorgang, nicht jedoch das sog. Taxiing, d.h. der Rollverkehr von Flugzeugen auf dem Flughafen vom Übereinkommen erfasst. Bei Mit- oder Alleinverschulden des Geschädigten entfällt die Haftung oder sie wird entsprechend reduziert (Art. 6(1) Römer Übereinkommen von 1952; Art. 3 Römer Übereinkommen von 1933).
Bei der Rechtsberatung ist jedoch zu bemerken, dass die Berater nicht unmittelbar am Entwurf neuer Regelungen beteiligt sind, die dann vom chinesischen Gesetzgeber übernommen werden. Ihre Rolle beschränkt sich auf die eines Ideenlieferanten. Der chinesische Gesetzgeber legt Wert auf eine autonom chinesische Form der Gesetzgebung, so dass Aussagen darüber, welchem ausländischen Vorbild er den Vorzug gegeben hat, von ihm nicht getroffen werden. Da außerdem verschiedene Institutionen in der Beratung tätig sind, ist es schwierig, den Erfolg der Beratungsarbeit zu messen oder gar festzustellen, welchem ausländischen Vorbild der chinesische Gesetzgeber im konkreten Fall gefolgt ist. Rückschlüsse lassen sich aber mit Hilfe von Materialien ziehen, die seit einiger Zeit vom chinesischen Gesetzgeber nach Verabschiedung eines Gesetzes veröffentlicht werden. Diese enthalten zum Teil nämlich Übersetzungen ausländischer Kodifikationen, die im Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung gefunden haben. In der chinesischen Rechtswissenschaft ist es inzwischen auch durchaus üblich, chinesische Rechtsinstitute rechtsvergleichend anhand ausländischer Vorbilder zu erklären, so dass dadurch in einem gewissen Umfang Einblick gewährt wird.


Die Haftung des Luftfahrzeughalters ist pro Vorfall und abgestuft nach dem Gewicht des Luftfahrzeuges limitiert. Ursprünglich wurde die Haftungslimitierung in Poincaré-Franken ausgedrückt (Art. 11 Römer Übereinkommen von 1952; Art. 8 Römer Übereinkommen von 1933). Im Montrealer Protokoll von 1978 wurden die Limits erhöht sowie in Sonderziehungsrechten (SZR) des Internationalen Währungsfonds festgesetzt. Ein Sonderziehungsrecht entspricht in etwa EUR 1,11 (Stand Juli 2009). Die Haftungslimits reichen von SZR 300.000 für ein Luftfahrzeug von 2.000 kg oder weniger bis SZR 2,5 Mio. für ein Luftfahrzeug von über 30.000 kg, wobei zu den SZR 2,5 Mio. jeweils pro weiteres Kilogramm SZR 65 dazugerechnet werden müssen. Bei der Tötung oder Verletzung von Personen sind pro getötete oder verletzte Person höchstens SZR 125.000 zu entrichten (Art. III Protokoll von Montreal von 1978).
== 3. Beispiele für ausländische Einflüsse ==
Bei den Entwurfsarbeiten zum Vertragsgesetz, welches im Jahr 1999 verabschiedet wurde, wurden erstmals relativ umfassend die Materialien veröffentlicht, welche dem chinesischem Gesetzgeber vorlagen. Ein vom Zivilrechtsbüro des Rechtssetzungsausschusses des Nationalen Volkskongresses herausgegebenes Buch führt beispielsweise zu den jeweiligen Paragraphen des Vertragsgesetzes die ausländischen Rechtsnormen an, an denen man sich bei den Entwurfsarbeiten orientiert hat oder die man doch zumindest zur Kenntnis genommen hat. Darunter finden sich – häufig an erster Stelle angeführt – das deutsche [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]], der französische ''[[Code civil]]'', der italienische ''[[Codice civile]]'', aber auch das japanische und taiwanische Zivilgesetz und der US-amerikanische UCC. Im Hinblick auf das internationale Einheitsrecht wurden das UN-Kaufrecht ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]) und die [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT PICC]] berücksichtigt. Dass die [[Principles of European Contract Law|PECL]], deren chinesische Übersetzung erst im Jahr 1999 veröffentlicht wurde, keine Berücksichtigung finden konnten, ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Entwurfsarbeiten zum Vertragsgesetz bereits im Jahr 1993 begannen und ein erster Entwurf bereits im Januar 1995 fertig gestellt wurde.


Insbesondere bei kleinen Luftfahrzeugen stehen die Haftungslimits in keinem Verhältnis zum Schadenspotenzial des Luftfahrzeuges. So verursachte im April 2002 das Kleinflugzeug Rockwell Commander 112 TC mit einem Fluggewicht von rund 1300 kg beim Aufprall in das Hochhaus Pirelli in Mailand einen Sach- und Personenschaden von über EUR 50 Mio. bei mehr als 150 Geschädigten und drei Toten (einschließlich des Piloten). Wenn, wie in einem solchen Fall, die Schadenssumme die Haftungslimits übersteigt, werden die Personenschäden im Verhältnis zu den Sachschäden bevorzugt behandelt (Art. 8(3) Römer Übereinkommen von 1933; Art. 14(b) Römer Übereinkommen von 1952; Art. IV Montrealer Protokoll von 1978). So sieht z.B. das Römer Übereinkommen von 1933 vor, dass nur ein Drittel der Haftungssumme für den Ersatz von Sachschäden und die übrigen zwei Drittel für Personenschäden verwendet werden. Sind ausschließlich Personenschäden oder Sachschäden zu verzeichnen, werden die Forderungen verhältnismäßig herabgesetzt (Art. 14(a) Römer Übereinkommen von 1952 und Art. IV Montreal Protokoll von 1978; Art. 9 Römer Übereinkommen von 1933). Diese Verteilung hat immer unter Berücksichtigung der maximalen Haftungssumme für Personenschäden zu erfolgen.
Obwohl keine umfassende Studie dazu vorliegt, welchen Vorbildern der chinesische Gesetzgeber in den einzelnen Regelungen des Vertragsgesetzes gefolgt ist, kann doch festgestellt werden, dass dem Gesetz nicht durchgängig ein Vorbild zugrunde liegt. Vielmehr wurde das Gesetz aus Einzelregelungen zusammengestellt, die in unterschiedlichen ausländischen Vorbildern vorgefunden wurden. Soweit internationales Einheitsrecht vorlag, hat ihm der chinesischen Gesetzgeber häufig den Vorzug gegeben, weil sich dieses erstens als modernstes Vorbild präsentierte und sich zweitens weitgehend der Lagerkämpfe entzog, welche in China zwischen Rechtswissenschaftlern ausgetragen wird, die in verschiedenen Ländern außerhalb Chinas ihre Ausbildung genossen haben und daher für eine Übernahme des Rechts dieses Landes eintreten.


Die Haftungslimitierung entfällt nur in wenigen Fällen (Art. 12 Römer Übereinkommen von 1952; Art. 14 Römer Übereinkommen von 1933). Ein qualifiziertes Verschulden, welches im Ansatz an dasjenige des Warschauer Abkommens von 1929 bzw. von 1955 erinnert, führt zur unlimitierten Haftung des Luftfahrzeughalters. Der mangelhafte Versicherungsschutz oder ein sog. Schwarzflug sind weitere Gründe für eine unlimitierte Haftung (Art. 12(2) Römer Übereinkommen von 1955; Art. 14(b) Römer Übereinkommen von 1933).
Beim chinesischen Sachenrechtsgesetz, welches im Jahr 2007 verabschiedet wurde, zeigt sich ein deutlicher Einfluss des kontinental-europäischen Rechts vor allem in der Diskussion über bestimmte Rechtsinstitute. In der Rechtswissenschaft wurde ausführlich debattiert, ob man dem deutschen Trennungs- und Abstraktionsprinzip oder dem französischen Einheitsprinzip folgen sollte. Der Gesetzgeber hat sich schließlich dafür entschieden, das Konsensprinzip verbunden mit einem Kundgabeakt (Eintragung bzw. Übergabe) zu normieren, wie dies bereits in den AGZR aus dem Jahr 1986 vorgesehen war. Damit folgt China (wohl auch beeinflusst durch eine entsprechende Regelung im Zivilgesetz der ehemaligen DDR) einem Mittelweg, nämlich der Lehre vom ''titulus'' und ''modus'' aus dem römisch-gemeinen Recht, wie dies in Europa Österreich, die Niederlande und Spanien tun. Im Hinblick auf das Publizitätsprinzip hat sich der chinesische Gesetzgeber bei unbeweglichen Sachen für das deutsche Eintragungsprinzip (mit konstitutiver Wirkung) und gegen das Transkriptionsprinzip entschieden, bei dem die Eintragung nur dazu dient, das Recht Dritten entgegensetzen zu können.


Die rechtzeitige Geltendmachung der Ansprüche setzt einerseits eine Notifikation des Anspruches innerhalb von sechs Monaten seit dem Vorfall voraus (Art. 10 Römer Übereinkommen von 1933; Art. 19 Römer Übereinkommen von 1952). Andererseits ist die absolute Verjährungsfrist von 3 Jahren wie auch die relative Verjährungsfrist zu beachten. Diese wurde im Römer Übereinkommen von 1952 von ursprünglich einem Jahr auf zwei verlängert (Art. 17(1) Römer Übereinkommen von 1933; Art. 21(1) Römer Übereinkommen von 1952).
== 4. Einfluss des europäischen Rechts auf chinesische Rechtswissenschaft ==
In der chinesischen Rechtswissenschaft ist ebenfalls ein deutlicher Einfluss des europäischen Rechts spürbar. Dies zeigt sich etwa in Lehrbüchern, wenn in einen rechtsvergleichenden Einstieg zu einem bestimmten Rechtsinstitut des chinesischen Rechts Vorbilder des deutschen und französischem Rechts sowie in jüngerer Literatur nunmehr auch des Einheitsrechts zitiert werden.


Im Römer Übereinkommen von 1952 findet sich nur noch der Gerichtsstand des Schadensortes (Art. 20(1) Römer Übereinkommen von 1952). Im älteren Übereinkommen konnte der Kläger noch zwischen dem Ort der Schadensverursachung und dem Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Beklagten wählen (Art. 16 Römer Übereinkommen von 1933).
Allmählich entwickelt sich in der Volksrepublik China das Genre einer rechtswissenschaftlichen Kommentar'''literatur.''' Das Zitieren im Allgemeinen und von Gerichtsentscheidungen im Besonderen ist jedoch (noch) nicht üblich, so dass zurzeit offen ist, ob die Rechtswissenschaft in China dazu übergehen wird, auch ausländische Gerichtsentscheidungen (etwa aus Deutschland) heranzuziehen, wie man dies beispielsweise in Kommentaren zum koreanischen Zivilgesetz vorfindet.
 
Konzeptionell neu war für diese Zeit, dass das Römer Übereinkommen von 1933 eine Versicherungspflicht einführte (Art. 12 Römer Übereinkommen von 1933). Die Einreden der Haftpflichtversicherung wurden zudem im Brüsseler Protokoll von 1938 eingeschränkt und blieben es auch in den Folgeinstrumenten. Aus heutiger Sicht ist die Versicherungspflicht für den Luftfahrzeughalter oder den Luftfrachtführer verbreitet. Auf europäischer Ebene ist die Versicherungspflicht für Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber in der VO 785/‌2004 vorgesehen. Zudem wird in vielen Staaten wie auch in der EU (s. VO 2407/‌92) die Erteilung der Betriebsgenehmigung an eine angemessene Versicherung geknüpft. Schließlich verlangt auch das Montrealer Übereinkommen von 28.5.1999 (''Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr''), dass die Vertragsstaaten ihre Luftfrachtführer dazu verpflichten, sich angemessen zu versichern ([[Luftverkehr (Vertragliche Haftung)]]).
 
=== b) Nationale Regelungen ===
Die Römer Übereinkommen von 1933 und 1952 sowie die Protokolle von 1938 und 1978 wurden lediglich von wenigen Staaten ratifiziert und haben daher eine geringe praktische Bedeutung erlangt. Das jeweils anwendbare nationale Recht ist folglich nicht nur im innerstaatlichen Kontext, sondern trotz Vereinheitlichungsbestrebungen auch in vielen international gelagerten Fällen für die Beurteilung von Schadenersatzansprüchen entscheidend.
 
In einer Vielzahl von Ländern bestehen eigens auf den Luftverkehr ausgerichtete Regelwerke, welche die Haftung für Bodenschäden regeln. Die entsprechenden Haftungsordnungen wie auch deren Anwendungsbereich unterscheiden sich jedoch erheblich. Während zum Beispiel Belgien als Vertragsstaat des Römer Abkommens von 1952 dieses ins nationale Recht transponiert hat, richtet sich die Haftung für Bodenschäden in Holland nach den allgemeinen haftpflichtrechtlichen Regeln, die eine Verschuldenshaftung vorsehen. Deutschland dagegen, wie ein Großteil anderer Länder auch, sieht eine strenge Erfolgshaftung vor. Auch die Festlegung von Haftungshöchstgrenzen ist nicht einheitlich. So kennen zum Beispiel das Vereinigte Königreich, Finnland oder auch die Schweiz keine Haftungsobergrenze, wohingegen Deutschland oder Italien Haftungsgrenzen festlegen, die nach dem Gewicht des Luftfahrzeuges gestaffelt sind.
 
Die Problematik der gleichmäßigen und fairen Verteilung der limitierten Haftungssumme oder einer beschränkten Haftpflichtversicherungssumme an eine Vielzahl von Geschädigten wird aus verfahrensrechtlicher Sicht selten geregelt. In Anlehnung an das Seerecht stellt das italienische Recht ein Verfahren (''procedura di limitazione'') zur Verfügung, das vom Luftfahrzeughalter oder der Versicherung eingeleitet werden kann, in welchem die Aktivseite (Haftungslimit) und die Passivseite (Schadenersatzforderungen) festgestellt werden. Aufgrund des vom Richter erstellten Verteilplanes werden die Schadenersatzansprüche der Geschädigten aus der limitierten Haftungs- oder Versicherungssumme anteilmäßig befriedigt.
 
Unabhängig von der anwendbaren Rechtsordnung ist der Gerichtsstand am Ort des Schadenseintrittes bzw. des Unfallortes allgemein akzeptiert.
 
=== c) Der Modernisierungsprozess ===
Da den Römer Übereinkommen und den Protokollen kein Erfolg beschieden und die Akzeptanz der Staatengemeinschaft gering war, begann die ICAO im Jahre 2000 sich mit der Modernisierung des Abkommens zu befassen. Die Ereignisse des 11.9.2001 gaben diesem Projekt eine neue Dynamik und dem Risiko des Terrorismus wurde nach „9/‌11“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
 
Das Resultat der Anstrengungen der ICAO sind zwei Konventionsentwürfe, die zwischen der Haftung für terroristische Handlungen und widerrechtliche Übergriffe (''The Unlawful Interference Convention'') und der Haftung für Umstände ohne widerrechtliche Übergriffe (''The General Risk Convention'') unterscheiden.
 
Die ''Unlawful Interference Convention'' geht im Grundsatz von einer strikten Erfolgshaftung des Luftfahrzeughalters aus. Dabei wird nicht mehr wie in den Römer Haftungsübereinkommen vorausgesetzt, dass ein ausländisches Luftfahrzeug den Schaden verursacht, sondern es wird an die ''Internationalität des'' ''Fluges'' angeknüpft. Die Haftung des Luftfahrzeughalters ist nach dem Gewicht des Luftfahrzeuges abgestuft und beträgt für ein Luftfahrzeug von über 500.000 kg maximal SZR 700 Mio. Da dieses Instrument Entschädigungen bei Vorkommnissen mit einer Tragweite des 11.9.2001 regeln soll, wird die limitierte Haftung des Luftfahrzeughalters um ein zusätzliches Entschädigungssystem (''Supplementary Compensation Mechanism'') ergänzt. Für die zusätzliche Entschädigungsstufe soll eine Organisation gegründet werden, die durch Beiträge der Luftfahrzeughalter finanziert wird. Eine ähnliche zweistufige Aufteilung der Entschädigungszahlungen und Kanalisierung der Haftung findet sich im Seerecht in der HNS – Konvention von 1996 für Schäden beim Transport von gefährlichen und schädlichen Substanzen oder auch in der CLC- und Fund-Konvention für Ölverschmutzungsschäden ([[Meeresverschmutzung, Entschädigung]]).
 
Die vorherrschende Kritik an der ''Unlawful Interference Convention'' besteht darin, dass die Luftfahrzeughalter in erster Linie Opfer der terroristischen Angriffe sind und trotz dieses Umstandes für die durch die Terroristen verursachten Schäden einstehen müssen. Die Kritiker bemängeln, dass in einem solchen Fall die betroffenen Staaten und Regierungen für den Schadensausgleich besorgt sein sollten.
 
Die ''General Risk Convention'' knüpft wie die ''Unlawful Interference Convention'' an die Internationalität des Fluges an und ist anwendbar, wenn kein widerrechtlicher Übergriff i.S. der ''Unlawful Interference Convention'' vorliegt. Das zweistufige Haftungssystem der ''General Risk Convention'' ist dem Montrealer Übereinkommen von 1999 entlehnt ([[Luftverkehr (Vertragliche Haftung)]]): Der Luftfahrzeughalter haftet zunächst kausal bis zu einer Haftungsobergrenze, sofern kein (Mit‑)Verschulden des Geschädigten vorliegt. Darüber hinaus entfällt seine Haftpflicht, wenn er beweisen kann, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden oder das seiner Hilfspersonen verursacht wurde. Die Haftung über die Haftungsobergrenze hinaus entfällt auch, wenn der Schaden ausschließlich auf das Verschulden eines Dritten zurückzuführen ist. Anders als in der ''Unlawful Interference Convention'' ist kein zusätzlicher Entschädigungsmechanismus vorgesehen.
 
An der Diplomatischen Konferenz vom 20.4.-2.5.2009 in Montreal wurden die endgültigen Fassungen der zwei Übereinkommen verabschiedet und zur Ratifikation freigegeben. Die ''General Risk Conve''ntion wird 60 Tage nach der Ratifikation durch 35 Staaten in Kraft treten, die ''Unlawful Interference Convention'' 180 Tage nach der Ratifikation durch 55 Staaten, sofern diese Staaten zusammen ein gewisses Passagiervolumen erreichen.
 
== 2. Weitere Haftpflichtige ==
Außer dem Luftfahrzeughalter können je nach Sachlage weitere Haftpflichtige zur Verantwortung gezogen werden. Beispielhaft kommen Produkthaftungsfälle oder Handlungen und Unterlassungen der Flugsicherung in Frage.
 
=== a) Produkthaftung ===
In der Luftfahrt hat die [[Produkthaftung]], das „Einstehen müssen“ für ein fehlerhaftes Produkt, zunehmende Bedeutung erlangt, was sich auch in der entsprechenden Anzahl Gerichtsfälle niederschlägt. Entwicklungs-, Konstruktions- oder auch Fabrikationsfehler können schadensursächlich sein. Im europäischen Bereich hat über die Produkthaftungs-Richtlinie (RL 85/‌374) eine gewisse Harmonisierung mit der Einführung einer Erfolgshaftung stattgefunden. International besteht keine Rechtsvereinheitlichung, in einer Vielzahl von Staaten ist jedoch die Produkthaftung besonders geregelt. Der Kreis der Anspruchsberechtigten aus Produkthaftung ist breiter als nur die Drittgeschädigten am Boden und kann insbesondere den Luftfahrzeugeigentümer, die Flugzeuginsassen wie auch die Besatzung umfassen.
 
=== b) Haftung für die Flugsicherung ===
Der Luftverkehr ist in hohem Masse von der Flugsicherung abhängig. Funktioniert sie nicht oder schlecht, kann sie die Ursache für Unfälle und Schäden sein. Die Flugsicherung wird in der Regel als hoheitliche Tätigkeit des Staates verstanden, welche jedoch aus heutiger Sicht einer Privatisierung zugänglich ist. Gestützt auf Art. 28 der Chicago Konvention von 1944 ([[International Civil Aviation Organization|ICAO]]) sind die Vertragsstaaten dieser Konvention grundsätzlich für die Erbringung der Flugsicherungsdienste verantwortlich. Im Lichte dieses Verständnisses erhellt, dass die Haftung für Handlungen oder Unterlassungen der Flugsicherung oft den Regeln der allgemeinen Staatshaftung unterliegt.
 
Eine allfällige Haftung beurteilt sich nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht, da bisher keine Rechtsvereinheitlichung in diesem Bereich erreicht wurde, obwohl diesbezügliche Bemühungen der ICAO bestanden. Die Diskussion um eine Rechtsvereinheitlichung hat durch die Initiative der Europäischen Gemeinschaft, einen Single European Sky (SES) zu errichten, neuen Auftrieb erhalten. Bei einem funktionalen Luftraumblock oder bei der Wahrnehmung von Flugsicherungsaufgaben durch ausländische Flugsicherungen, werden nämlich Dienstleistungen nicht nur innerhalb der Staatsgrenzen ausgeübt, sondern darüber hinaus. Obwohl zwischen Staaten, wie dies im Flugzeugzusammenstoß bei Überlingen im Sommer 2002 deutlich zu Tage trat, die Delegation von Flugsicherungsaufgaben im grenznahen Bereich nicht neu ist, wird mit der EU-Initiative in eine neue Dimension vorgestoßen. In diesem Zusammenhang stellen sich nämlich nicht nur komplexe Fragen zu den anwendbaren (Staats‑)Haftungsregeln gegenüber Privaten, sondern auch zum Regress zwischen den betroffenen Staaten.


==Literatur==
==Literatur==
''Francis Schubert'', Warsaw Claims and ATC liability, Annals of Air and Space Law XXII-I (1997) 237 ff.; ''Francis Schubert'', The liability of Air Navigation Services in the Single European Sky, Annals of Air and Space Law XXVIII (2003) 57 ff.; ''Walter Schwenk'', ''Elmar Giemulla'', Handbuch des Luftverkehrsrechts, 2005; ''I.H.'' ''Ph. Diederiks-Verschoor'', An Introduction to Air Law, 2006; ''Michael Chatzipanagiotis'', Liability Aspects of Air Traffic Services Provision, Annals of Air and Space Law XXXII (2007) 326 ff.; ''Michael Milde'', International Air Law and ICAO, 2008; ''Michael Milde'', Liability for Damage Caused by Aircraft on the Surface, Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht 57 (2008) 532 ff.; ''Christopher M. Shawcross'','' Peter Martin'','' K.M. Beaumont'', Air Law, Bde. 1 und 2 (Loseblatt).
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Aktuelle Version vom 8. September 2021, 12:17 Uhr

von Knut B. Pißler

1. Chinesisches Privatrecht: Historische Herkunft und Entwicklung

Das chinesische Recht wurde von alters her in die Form von Gesetzbüchern gegossen. Dabei verkündete jede Dynastie ein neues Gesetzbuch, welches jedoch dem der vorhergehenden Dynastie nachgebildet war. Das Gesetzbuch der Tang-Dynastie (618-907), welches aus dem Jahr 651 datiert, ist das frühste erhaltene chinesische Gesetzbuch und gilt als Höhepunkt in der Gesetzgebungsgeschichte Chinas. Die materiellen Regelungen haben sich in der weiteren chinesischen Gesetzgebungsgeschichte nur unwesentlich vom Gesetzbuch der Tang fortentwickelt. So ist für den Ming-Kodex aus dem Jahr 1367, der mehrfach überarbeitet und 1397 als „Kodex der Großen Ming“ (Da Ming Lü) neu festgesetzt wurde, festgestellt worden, dass ein Großteil seiner Artikel aus dem Tang-Kodex übernommen worden ist. Auch der letzte vormoderne Kodex, das „Gesetzbuch der Großen Qing mit Ergänzungsregeln“ (Da Qing Lü Li), in seiner ursprünglichen Form als „Gesetzbuch der Großen Qing“ (Da Qing Lü) im Jahr 1646 in Kraft gesetzt und 1740 mit den Ergänzungsregeln versehen, orientiert sich in seiner Gestalt am Ming-Kodex und somit letztlich ebenfalls am Gesetzbuch der Tang-Dynastie.

Diese Gesetzbücher haben überwiegend straf- und verwaltungsrechtlichen Charakter. Soweit privatrechtliche Grundsätze erkennbar sind, sind sie oft in ein strafrechtliches Gewandt gehüllt. Vor diesem Hintergrund wäre es falsch davon zu sprechen, dass kodifiziertes Recht im vormodernen China nicht existierte. Dieses Recht erwies sich aber bei der Berührung mit den europäischen Mächten als unzulänglich. Zumindest in den Augen der Europäer des 19. und 20. Jahrhunderts erschien das chinesische Recht auf Grund seines strafrechtlichen Charakters primitiv und barbarisch. Der Handel mit dem Ausland verlangte nach Rechtssicherheit, die aus ausländischer Sicht allein durch eine Übernahme einer Kodifikation nach europäischem Muster zu gewährleisten sei. Dies wurde schließlich zur Bedingung für die Aufnahme Chinas in den Kreis der „zivilisierten“ Nationen und für einen Verzicht auf die extraterritorialen Rechte der Kolonialmächte.

Aber neben diesem äußeren Druck gab es auch innerhalb der Qing-Regierung Befürworter einer Rechtsreform. Im 28. Jahr der Regentschaft des Kaisers GUANG Xu (1902) reichten drei hochrangige chinesische Beamte eine Throneingabe ein, in der sie vorschlugen, das chinesische Recht grundlegend zu reformieren, um mit der Entwicklung im Ausland Schritt halten zu können.

Als China am Beginn des 20. Jahrhunderts also anfing, sein Privatrecht zu kodifizieren, wurde eine Studienkommission nach Europa, Japan und Amerika entsendet, um sich dort über die staatlichen und politischen Einrichtungen zu unterrichten. Der erste Entwurf eines chinesischen Zivilgesetzes wurde im August 1911 – kurz vor dem Fall der Qing-Dynastie – unter der Mitarbeit von Chinesen, die in Japan, Europa und Amerika Recht studiert hatten, sowie der japanischen Berater MATSUOKA Yoshitada SHIDA Kotaro fertig gestellt. Dieser Entwurf trat jedoch nie in Kraft. Nach Gründung der Republik China gingen die Entwurfsarbeiten weiter. Als ausländische Ratgeber standen der ehemalige französische Berater der siamesischen Regierung, G. Padoux, zwei japanische Berater, ITAKURA Matsutaru und IWATA Shin, sowie seit 1921 Jean Escarra, damals Professor für Handelsrecht an der juristischen Fakultät in Grenoble, zur Verfügung. In den Jahren 1925/26 wurde ein zweiter Entwurf eines chinesischen Zivilgesetzes erarbeitet. Die Verabschiedung dieses zweiten Entwurfs scheiterte aber an innerchinesischen Machtkämpfen. Ende 1928 wurden die Arbeiten fortgesetzt. Als ausländischer Berater fungierte weiterhin G. Padoux. Das Zivilgesetz der Republik China wurde schließlich in den Jahren 1929 bis 1931 verkündet und in Kraft gesetzt.

Es ist durch mehrere Faktoren geprägt: Erstens wurden bei seiner Ausarbeitung die Entwürfe von 1911 und 1925/26 zugrunde gelegt. Das Gesetz ist damit die Vollendung der Arbeiten, die Anfang des 20. Jahrhunderts in China begonnen wurden. Zweitens lagen den Verfassern des Gesetzes zahlreiche ausländische Kodifikationen vor: Genannt werden das schweizerische Zivilgesetzbuch vom 1912, das schweizerische Obligationenrecht von 1881/1911, das russische Zivilgesetzbuch von 1922, das japanische Zivilgesetz (1898) und Handelsgesetz (1890), das türkische Obligationenrecht und Handelsgesetz (1926) (Türkisches Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht), das siamesische Zivil- und Handelsgesetzbuch von 1923/25, der italienische Entwurf eines Handelsgesetzbuches, das brasilianische Zivilgesetz von 1916 sowie ein französisch-italienischer Entwurf eines gemeinsamen Obligationenrechts vom 1927. Vor allem aber wird dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch ein maßgeblicher Einfluss auf das Zivilgesetz zugeschrieben. Hierzu vermutet Karl Bünger, dass dieser Einfluss auf die kurze Tätigkeit der deutschen juristischen Fakultät in Qingdao – Hauptort der 1898 für 99 Jahre vom Deutschen Reich gepachteten Gebietes um die Bucht von Jiaozhou – zurückzuführen sei, die für die deutsche Rechtswissenschaft geworben habe. Eine gewisse Rolle wird auch die Tatsache gespielt haben, dass Deutschland als erster europäischer Staat nach dem Ersten Weltkrieg mit der „Deutsch-chinesischen Vereinbarung zur Wiederherstellung des Friedenszustandes“ (1921) seine exterritorialen Rechte in China aufgab und damit die Republik China als gleichberechtigten Staat anerkannte.

Nach der Machtergreifung durch die Kommunisten auf dem chinesischen Festland im Jahr 1949 wurde das Zivilgesetz außer Kraft gesetzt. Zwischen 1949 und 1978 diente die Gesetzgebung in der Volksrepublik China primär den Grundanliegen der Sozialreform und der Machtsicherung der Kommunistischen Partei. Erst die Politik der „Reform und Öffnung“, die von DENG Xiaoping Ende des Jahres 1978 eingeleitet wurde, führte in China zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, der nach Rechtssicherheit und damit nach der Verabschiedung von Gesetzen verlangte.

Das chinesische Zivilrecht besteht derzeit aus verschiedenen Gesetzen, die zusammengenommen den Regelungsbereich des deutschen bürgerlichen Gesetzbuches umfassen. Zu nennen sind erstens die „Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts“ (AGZR) aus dem Jahr 1986, die wie ein Allgemeiner Teil eines umfassenden Zivilgesetzes erscheinen, aber auch Regelungen zur juristischen Person sowie zum Schuldrecht, Sachenrecht, Deliktsrecht und internationalen Privatrecht enthalten. Zweitens wurde im März 1999 das „Vertragsgesetz der Volksrepublik China“ verabschiedet, das im Oktober 1999 in Kraft getreten ist. Mit seinen 428 Paragraphen bildet es das bislang umfangreichste Regelungswerk der Volksrepublik China. Seine Verabschiedung gilt als eines der wesentlichen Gesetzgebungswerke in der Volksrepublik. Neben Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, die in einem allgemeinen Teil zusammengefasst sind, schließt das Vertragsgesetz auch einen besonderen Teil ein, in dem fünfzehn Vertragstypen geregelt sind. Ein Sachenrechtsgesetz wurde nach langen, vor allem ideologisch geprägten Diskussionen im März 2007 verabschiedet. Ehe-, Adoptions- und Erbrecht werden jeweils in eigenen Gesetzen geregelt, die zum Teil erst kürzlich revidiert wurden.

Bis zum Jahr 2010 sollen das Deliktsrecht und das internationale Privatrecht revidiert und zusammen mit den bereits verabschiedeten Gesetzen sowie einem einführenden Allgemeinen Teil als Zivilgesetzbuch der Volksrepublik China zusammengefasst werden.

2. Rechtsberatung

Bereits bei der Kodifikation des chinesischen Privatrechts am Ende der Qing-Dynastie hat sich der Gesetzgeber ausländischer Berater bedient, um sich über mögliche Regelungsvorbilder im Ausland zu informieren. Diese Beratung hat sich nach der Ausrufung der Volksrepublik China fortgesetzt. Waren es zunächst die sowjetischen Berater, die den Chinesen beim Aufbau eines sozialistischen Rechts helfen sollten, sind seit Einführung der Politik der „Reform und Öffnung“ im Jahr 1978 eine Vielzahl von nationalen und internationalen Beratern tätig. Zu nennen ist etwa die Weltbank, die Asian Development Bank, die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit aus Deutschland und eine Vielzahl US-amerikanischer Institutionen.

Bei der Rechtsberatung ist jedoch zu bemerken, dass die Berater nicht unmittelbar am Entwurf neuer Regelungen beteiligt sind, die dann vom chinesischen Gesetzgeber übernommen werden. Ihre Rolle beschränkt sich auf die eines Ideenlieferanten. Der chinesische Gesetzgeber legt Wert auf eine autonom chinesische Form der Gesetzgebung, so dass Aussagen darüber, welchem ausländischen Vorbild er den Vorzug gegeben hat, von ihm nicht getroffen werden. Da außerdem verschiedene Institutionen in der Beratung tätig sind, ist es schwierig, den Erfolg der Beratungsarbeit zu messen oder gar festzustellen, welchem ausländischen Vorbild der chinesische Gesetzgeber im konkreten Fall gefolgt ist. Rückschlüsse lassen sich aber mit Hilfe von Materialien ziehen, die seit einiger Zeit vom chinesischen Gesetzgeber nach Verabschiedung eines Gesetzes veröffentlicht werden. Diese enthalten zum Teil nämlich Übersetzungen ausländischer Kodifikationen, die im Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung gefunden haben. In der chinesischen Rechtswissenschaft ist es inzwischen auch durchaus üblich, chinesische Rechtsinstitute rechtsvergleichend anhand ausländischer Vorbilder zu erklären, so dass dadurch in einem gewissen Umfang Einblick gewährt wird.

3. Beispiele für ausländische Einflüsse

Bei den Entwurfsarbeiten zum Vertragsgesetz, welches im Jahr 1999 verabschiedet wurde, wurden erstmals relativ umfassend die Materialien veröffentlicht, welche dem chinesischem Gesetzgeber vorlagen. Ein vom Zivilrechtsbüro des Rechtssetzungsausschusses des Nationalen Volkskongresses herausgegebenes Buch führt beispielsweise zu den jeweiligen Paragraphen des Vertragsgesetzes die ausländischen Rechtsnormen an, an denen man sich bei den Entwurfsarbeiten orientiert hat oder die man doch zumindest zur Kenntnis genommen hat. Darunter finden sich – häufig an erster Stelle angeführt – das deutsche BGB, der französische Code civil, der italienische Codice civile, aber auch das japanische und taiwanische Zivilgesetz und der US-amerikanische UCC. Im Hinblick auf das internationale Einheitsrecht wurden das UN-Kaufrecht (Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)) und die UNIDROIT PICC berücksichtigt. Dass die PECL, deren chinesische Übersetzung erst im Jahr 1999 veröffentlicht wurde, keine Berücksichtigung finden konnten, ist wohl darauf zurückzuführen, dass die Entwurfsarbeiten zum Vertragsgesetz bereits im Jahr 1993 begannen und ein erster Entwurf bereits im Januar 1995 fertig gestellt wurde.

Obwohl keine umfassende Studie dazu vorliegt, welchen Vorbildern der chinesische Gesetzgeber in den einzelnen Regelungen des Vertragsgesetzes gefolgt ist, kann doch festgestellt werden, dass dem Gesetz nicht durchgängig ein Vorbild zugrunde liegt. Vielmehr wurde das Gesetz aus Einzelregelungen zusammengestellt, die in unterschiedlichen ausländischen Vorbildern vorgefunden wurden. Soweit internationales Einheitsrecht vorlag, hat ihm der chinesischen Gesetzgeber häufig den Vorzug gegeben, weil sich dieses erstens als modernstes Vorbild präsentierte und sich zweitens weitgehend der Lagerkämpfe entzog, welche in China zwischen Rechtswissenschaftlern ausgetragen wird, die in verschiedenen Ländern außerhalb Chinas ihre Ausbildung genossen haben und daher für eine Übernahme des Rechts dieses Landes eintreten.

Beim chinesischen Sachenrechtsgesetz, welches im Jahr 2007 verabschiedet wurde, zeigt sich ein deutlicher Einfluss des kontinental-europäischen Rechts vor allem in der Diskussion über bestimmte Rechtsinstitute. In der Rechtswissenschaft wurde ausführlich debattiert, ob man dem deutschen Trennungs- und Abstraktionsprinzip oder dem französischen Einheitsprinzip folgen sollte. Der Gesetzgeber hat sich schließlich dafür entschieden, das Konsensprinzip verbunden mit einem Kundgabeakt (Eintragung bzw. Übergabe) zu normieren, wie dies bereits in den AGZR aus dem Jahr 1986 vorgesehen war. Damit folgt China (wohl auch beeinflusst durch eine entsprechende Regelung im Zivilgesetz der ehemaligen DDR) einem Mittelweg, nämlich der Lehre vom titulus und modus aus dem römisch-gemeinen Recht, wie dies in Europa Österreich, die Niederlande und Spanien tun. Im Hinblick auf das Publizitätsprinzip hat sich der chinesische Gesetzgeber bei unbeweglichen Sachen für das deutsche Eintragungsprinzip (mit konstitutiver Wirkung) und gegen das Transkriptionsprinzip entschieden, bei dem die Eintragung nur dazu dient, das Recht Dritten entgegensetzen zu können.

4. Einfluss des europäischen Rechts auf chinesische Rechtswissenschaft

In der chinesischen Rechtswissenschaft ist ebenfalls ein deutlicher Einfluss des europäischen Rechts spürbar. Dies zeigt sich etwa in Lehrbüchern, wenn in einen rechtsvergleichenden Einstieg zu einem bestimmten Rechtsinstitut des chinesischen Rechts Vorbilder des deutschen und französischem Rechts sowie in jüngerer Literatur nunmehr auch des Einheitsrechts zitiert werden.

Allmählich entwickelt sich in der Volksrepublik China das Genre einer rechtswissenschaftlichen Kommentarliteratur. Das Zitieren im Allgemeinen und von Gerichtsentscheidungen im Besonderen ist jedoch (noch) nicht üblich, so dass zurzeit offen ist, ob die Rechtswissenschaft in China dazu übergehen wird, auch ausländische Gerichtsentscheidungen (etwa aus Deutschland) heranzuziehen, wie man dies beispielsweise in Kommentaren zum koreanischen Zivilgesetz vorfindet.

Literatur

Karl Bünger, Das neue chinesische BGB: Seine Entstehungsgeschichte und Systematik, Blätter für Internationales Privatrecht 1931, Sp. 258 ff.; Ping-Sheung Foo, Introduction, in: The Civil Code of the Republic of China, Bd. I-V, 1931 (übersetzt von Ching-Lin HSIA, James L.E. CHOW, Liu CHIEH, Yukon CHANG); Karl Bünger, Zivil- und Handelsgesetzbuch sowie Wechsel- und Scheckgesetz von China, 1934; Jean Escarra, Le droit Chinois, 1936; Ulrich Manthe, Bürgerliches Recht und Bürgerliches Gesetzbuch in der Volksrepublik China, in: Jahrbuch für Ostrecht 28 (1987) 11 ff.; Robert Heuser, Einführung in die chinesische Rechtskultur, 2. Aufl. 2002; Dahan Huang, The UNIDROIT Principles and their influence in the modernisation of Contract Law in the People’s Republic of China, Uniform Law Review 2003, 107 ff.; Xiaoyan Baumann, Das neue chinesische Sachenrecht, 2006; Oliver Simon, Bericht der chinesischen Studienkommission aus dem Jahr 1906 über ihren Besuch in Deutschland, Zeitschrift für Chinesisches Recht 2006, 77 ff.; Hinrich Julius, Gebhard M. Rehm, Das chinesische Sachenrechtsgesetz tritt in Kraft, Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft 106 (2007) 367 ff.; Hinrich Julius, Institutionalisierte rechtliche Zusammenarbeit: Die Erfahrung der GTZ in China, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 72 (2008) 55 ff.

Abgerufen von Luftverkehr (Deliktische Haftung) – HWB-EuP 2009 am 20. April 2024.

Nutzungshinweise

Das Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, als Printwerk im Jahr 2009 erschienen, ist unter <hwb-eup2009.mpipriv.de> als Online-Ausgabe frei zugänglich gemacht.

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