Geistiges Eigentum (Erschöpfung) und Geistiges Eigentum (Kollisionsrecht): Unterschied zwischen den Seiten

Aus HWB-EuP 2009
(Unterschied zwischen Seiten)
K 1 Version importiert
 
de>Jentz
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
von ''[[Thomas Dreier]]''
von ''[[Axel Metzger]]''
== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Grundsatz der Territorialität; Schutzlandprinzip ==


Die Schutzrechte des geistigen Eigentums ([[Geistiges Eigentum (allgemein)]]) gewähren ihren Inhabern im Rahmen der ausschließlichen Befugnisse in aller Regel auch das sog. Verbreitungsrecht. Das Verbreitungsrecht ist das Recht, die Verbreitung von Gegenständen, in denen der jeweilige Schutzgegenstand (die patentierte Erfindung, das urheberrechtlich geschützte Werk, die geschützte Marke) verkörpert ist, an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Da Schutzrechte des geistigen Eigentums zugleich territorialer Natur sind, steht demjenigen, der Rechte an einem Schutzgegenstand in mehreren Ländern innehat (sei es, weil er den Schutzgegenstand in mehreren Ländern hat registrieren lassen, sei es, weil er für seine urheberrechtliche Schöpfung aufgrund des Zusammenspiels von formloser Erlangung des Schutzes und Inländerbehandlung einen weltweiten Schutz genießt), letztlich ein Bündel nationaler Verbreitungsrechte zu. Diese kann der Rechtsinhaber dann getrennt vergeben und auf diese Weise den Markt in einzelne Vertriebsgebiete partitionieren. Eine solche territoriale Marktaufteilung ist jedoch innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes kaum hinnehmbar, behindert sie doch das freie Zirkulieren von Waren. Durch die sog. Erschöpfung des Verbreitungsrechts soll nun genau das verhindert werden: Hat der Rechtsinhaber den Gegenstand, in dem der Schutzgegenstand verkörpert ist, entweder selbst oder aber mit seiner Zustimmung durch einen Dritten (z.B. einen Lizenznehmer oder einen Händler) in Verkehr gebracht, so ist die Weiterverbreitung dieses Gegenstandes in dem betreffenden Territorium auch ohne Zustimmung des Inhabers des Verbreitungsrechts zulässig. Mit anderen Worten: das Verbreitungsrecht an diesen Gegenständen ist in Bezug auf die Weiterverbreitung „verbraucht“ oder „erschöpft“.
Das Kollisionsrecht des [[Geistiges Eigentum (allgemein)|geistigen Eigentum]]s beschäftigt sich mit der Frage, welches Recht auf die Entstehung, die Inhaberschaft, den Schutzumfang und die Verletzung von [[Urheberrecht]]en, [[Patentrecht|Patenten]], Marken ([[Markenrecht]]) und anderen geistigen Eigentumsrechten ([[Geistiges Eigentum (allgemein)|Geistiges Eigentum]]) anzuwenden ist.


Im Einzelnen ergeben sich hinsichtlich der Begründung der Erschöpfungswirkung allerdings gewisse Akzentverschiebungen, je nachdem, ob es um die Erschöpfung des Verbreitungsrechts im nationalen, im europäischen oder im internationalen Bereich geht. Im ''nationalen'' Bereich, in dem ja nur ein einzelnes nationales Verbreitungsrecht in Rede steht, geht es vor allem darum, die Möglichkeit von dessen räumlicher Begrenzung einzuschränken. Zugleich sind die Abnehmer geschützter Waren ihrerseits zu schützen, könnten sie bei einer Marktaufteilung innerhalb ein und desselben Wirtschaftsgebietes doch in der Regel nicht erkennen, ob die betreffende Ware zulässig vertrieben wird oder nicht (sog. Verkehrsschutz). Dass die Erschöpfung die Zirkulationsfähigkeit der Ware unter Einschränkung der Rechte des Rechtsinhabers sichert, wird nach der Belohnungstheorie vor allem unter Hinweis darauf gerechtfertigt, dass der Rechtsinhaber beim Erstverkauf der Ware einen Preis aushandeln kann, der Gewinnmargen nachfolgender Handelsstufen mit berücksichtigt. ''Gemeinschaftsrechtlich'' steht dagegen die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen territorialer Wirkung der Rechte des geistigen Eigentums auf der einen und freiem Warenverkehr (Art. 28 EGV/‌34 AEUV) auf der anderen Seite im Vordergrund. Der EG-Vertrag hat dieses Spannungsverhältnis durchaus erkannt und in Art. 30 EGV/‌36 AEUV bekanntlich dahingehend gelöst, dass die Bestimmungen über den freien Warenverkehr Einfuhrverboten nicht entgegenstehen, die aus Gründen des gewerblichen Eigentums gerechtfertigt sind. Mit anderen Worten, der EG-Vertrag akzeptiert, dass sich aus der territorial begrenzten Geltung ausschließlicher Rechte des geistigen Eigentums Beschränkungen des freien Warenverkehrs ergeben, die nicht unter Berufung auf die Freiheit des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs beseitigt werden können. Auf dieser Grundlage sind die Voraussetzungen der sog. gemeinschaftsrechtlichen Erschöpfung dann von der Rechtsprechung entwickelt und diejenigen Fallkonstellationen herausgearbeitet worden, in denen die Geltendmachung des territorialen Verbreitungsrechts insgesamt als doch nicht gerechtfertigt erscheint. ''International'' geht es dagegen um die Frage, ob den Rechteinhabern eine territoriale Partitionierung des Weltmarktes ermöglicht werden soll oder nicht. Auf der einen Seite legt die Rhetorik eines freien Welthandels durchaus nahe, dass sich die nationalen Verbreitungsrechte auch international erschöpfen, wenn geschützte Waren in irgendeinem Staat auf der Welt durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung durch Dritte in Verkehr gebracht werden. Auf der anderen Seite besteht weltweit gerade kein einheitliches Wirtschaftsgebiet. Daher kann die Aufteilung in nationale oder regionale Märkte durchaus sinnvoll sein, lässt sich eine Preisdifferenzierung für identische Waren, die der Kaufkraft in den einzelnen Märkten Rechnung trägt und damit eine Versorgung der jeweiligen Abnehmer sicherstellt, doch nur dann vornehmen, wenn die Rechteinhaber Re-Importe von im Ausland billiger verkauften Waren in das Inland auf der Basis eines dort nicht erschöpften Verbreitungsrechts entgegentreten können.
Ausgangspunkt des Kollisionsrechts des geistigen Eigentums ist der Grundsatz der Territorialität. Geistige Eigentumsrechte wurden seit dem 14. Jahrhundert vom jeweiligen Landesherrn als territorial begrenzte „Privilegien“ vergeben. Dies galt zunächst auch für das Urheberrecht, bevor sich die Idee des formfreien Erwerbs des Urheberrechts international durchsetzen konnte. Die gewerblichen Schutzrechte hängen dagegen noch heute in der Regel von einem staatlichen Akt der Erteilung oder Registrierung ab. Die Rechtsfragen, die sich bei der Erteilung und Wahrnehmung dieser Rechte ergeben, werden traditionell nach dem Recht des Schutz gewährenden Staates, der ''lex loci protectionis'' behandelt.


== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Die Vorstellung territorial begrenzter geistiger Eigentumsrechte und der daraus abgeleiteten Kollisionsregeln liegt nach der herrschenden Auffassung auch den Staatsverträgen im Bereich des geistigen Eigentums zugrunde. Zwar regeln die Pariser Verbandsübereinkunft aus dem Jahr 1883, die Revidierte Berner Übereinkunft aus dem Jahr 1886 sowie die Nachfolgeverträge nicht ausdrücklich Fragen des anwendbaren Rechts, sondern die Gleichbehandlung ausländischer Urheber bzw. sonstiger Rechtsinhaber sowie international einheitliche Mindeststandards für den Schutz von Erfindungen, Marken und Werken der Literatur und Kunst. Die Konventionen verweisen hierfür aber mehrfach auf die „Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird“, was trotz des missverständlichen Wortlauts überwiegend als Verweis auf das Sachrecht des Schutzlandes begriffen wird.


In den Mitgliedstaaten der EU folgt die nationale Erschöpfung durchaus unterschiedlichen Traditionen. Zwar dürfte die Mehrheit der Staaten von vorneherein entweder kein Verbreitungsrecht in Bezug auf den Weiterverkauf vorgesehen haben oder insoweit schon frühzeitig, wenn nicht explizit so doch zumindest implizit, von einer Rechtserschöpfung ausgegangen sein. Demgegenüber räumte insbesondere Frankreich dem Rechtsinhaber mit dem sog. ''droit de destination'' die Möglichkeit ein, nicht nur den Erst-, sondern auch den Weiterverkauf der von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebrachten urheberrechtlich geschützten Gegenstände zu kontrollieren. In der Praxis freilich wurde auch hier die Zirkulationsfähigkeit zumeist im Wege einer angenommenen Zustimmung oder einer andernfalls unterbleibenden Rechtsverfolgung erreicht.
International verbreitet ist allerdings auch die Gegenauffassung, welche die genannten Regeln in den Konventionen als Gesamtverweisungen auf die ''lex fori ''versteht. Nach dieser Ansicht enthalten die Konventionen keine weiteren Vorgaben für das Kollisionsrecht. Der missverständliche Wortlaut der Konventionen, die im 19. Jahrhundert in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen einsetzende Anerkennung des Urheberpersönlichkeitsrechts (''droit moral'','' moral rights'') sowie der gleichzeitige Verzicht auf Formalien beim Erwerb von Urheberrechten sind die maßgeblichen Ansatzpunkte dieser Gegenauffassung, welche jedenfalls für das Urheberrecht eine Abkehr vom territorialen Ansatz und eine weltweit einheitliche Anknüpfung zentraler Rechtsfragen des Urheberrechts vorschlägt. Zusätzlichen Auftrieb hat die „universalistische“ Lehre vom Urheberrecht durch die Zunahme grenzüberschreitender Rechtsverletzungen im Internet seit der Mitte der 1990er Jahre erfahren. Weltweite Verletzungen des geistigen Eigentums lassen sich auf der Grundlage eines uneingeschränkt territorialen Ansatzes nur schwer bewältigen.


In der EU hat der EuGH in einigen recht frühen Entscheidungen der Freiheit des Warenverkehrs den Vorrang vor der weiteren territorialen Geltendmachung eines einmal vom Berechtigten ausgeübten Verbreitungsrechts eingeräumt und damit die sog. gemeinschaftsweite Erschöpfung begründet (so zunächst für das Urheberrecht EuGH Rs. 78/‌70 – ''Deutsche Grammophon'', Slg. 1971, 487; EuGH Rs. 55 und 57/‌80 – ''Musik-Vertrieb Membran GmbH/‌GEMA'', Slg. 1981, 147; für das Markenrecht EuGH Rs. 16/‌74 – ''Centrafarm BV u.a./‌Winthorp BV'', Slg. 1974, 118; für das Patentrecht EuGH Rs. 187/‌80 – ''Merck/‌Stephar and Exler'', Slg. 1981, 206; und für das Geschmacksmusterrecht EuGH Rs. 144/‌81 – ''Keurkoop/‌Nancy Kean Gifts'', Slg. 1982, 2853). Im Urheberrecht betrifft die gemeinschaftsweite Erschöpfung jedoch nur die Verbreitung körperlicher Werkexemplare. Eine Erschöpfung etwa auch der unkörperlichen Werkübermittlung im Wege der öffentlichen Wiedergabe findet hingegen nicht statt (EuGH Rs. 62/‌79 – ''Coditel I'', Slg. 1980, 881: Fall der grenzüberschreitenden Weiterleitung einer ausländischen Fernsehsendung); insoweit bleibt es dabei, dass jede einzelne der aufeinander folgenden unkörperlichen Werknutzungen der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf. Eine Reihe weiterer Entscheidungen des EuGH hat nachfolgend Einzelheiten der Voraussetzungen des Eintritts der Erschöpfungswirkung präzisiert. Eine weitere Einschränkung im Urheberrecht resultiert aus der engen Definition des Verbreitungsrechts nach Art. 4(1) RL 2001/‌29, das nach Auffassung des EuGH einen Übergang des Eigentums am konkreten Werkexemplar voraussetzt (EuGH Rs. C-1456/‌06 – ''Peek & Cloppenburg'', Slg. 2008, I-2731). Die Frage der Erschöpfung stellt sich nämlich nur dann, wenn das Verbreitungsrecht überhaupt betroffen ist.
== 2. Tendenzen der europäischen Rechtsentwicklung ==


<nowiki>Das Prinzip der gemeinschaftsweiten Erschöpfung hat nachfolgend Eingang auch in die Gesetzgebung der Gemeinschaft gefunden. Entsprechende Regelungen finden sich zum einen für die Gemeinschaftsrechte, also die Gemeinschaftsmarke (Art. 13 der VO 40/‌94 = Art. 13 VO 207/‌2009 [konsolidierte Fassung]) und das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Art. 21 VO 6/‌ 2002) sowie im Vorschlag für ein Gemeinschaftspatent (Art. 10 des Vorschlags einer Verordnung für das Gemeinschaftspatent), und zum anderen in den Harmonisierungsrichtlinien des Marken- (Art. 7 RL 2008/‌95), des Geschmacksmuster- (Art. 15 RL 98/‌71) und des Urheberrechts (Art. 3(3) und 4(2) RL 2001/‌29). Dabei ist der Eintritt der Erschöpfung im Einklang mit der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des EuGH im Markenrecht (und im Vorschlag für ein Gemeinschaftspatent), nicht hingegen im Urheber- und Geschmacksmusterrecht, insoweit beschränkt, als eine Erschöpfung selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen dann nicht eintritt, wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt, insbesondere wenn im Markenrecht der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Im Urheberrecht hingegen schreibt die RL 2001/‌29 zum einen die unterschiedliche Behandlung von körperlicher Werknutzung (dann Erschöpfung) und unkörperlicher Werknutzung (dann keine Erschöpfung) ausdrücklich fest; zum anderen bestimmt Art. 4(1) der RL 2001/‌29, dass die Erschöpfung nicht schon bei jedem Inverkehrbringen, sondern lediglich beim „Erstverkauf“ eintritt (s. EuGH Rs. C-456/‌06 – </nowiki>''Peek & Cloppenburg'', Slg. 2008, I-2073, nicht also lediglich bei einer Vermietung, s. EuGH Rs. C-61/‌97 – ''Laserdisken'', Slg. 1998, I-5171). Überdies lässt diese Richtlinie das durch die RL 92/‌100 (neu veröffentlicht als RL 2006/‌115) gewährte Vermietrecht unberührt, so dass nach deren Art. 1(2) der Erstverkauf nicht zugleich auch das ausschließliche Recht erschöpft, das einmal durch den Rechtsinhaber selbst oder mit seiner Zustimmung verkaufte Original oder Vervielfältigungsstück des geschützten Werkes zu vermieten (s. dazu EuGH Rs. C-200/‌96 – ''Metronome Musik'', Slg. 1998, I-1953).
Der Grundsatz der Territorialität geistiger Eigentumsrechte bestimmt trotz der genannten konzeptionellen und praktischen Herausforderungen die gegenwärtige Rechtsentwicklung in Europa.


Die Frage der internationalen Erschöpfung hingegen ist von Art.&nbsp;6 TRIPS ausdrücklich offen gelassen worden. Jedenfalls kann die Entscheidung eines WTO-Mitgliedstaates, sich im nationalen Recht für oder auch gegen die internationale Erschöpfungswirkung zu entscheiden, nach überwiegender Ansicht nicht Gegenstand eines Streitschlichtungsverfahrens sein. Während kleinere Staaten zumindest im Urheberrecht einer internationalen Erschöpfung zuneigen, bestehen die USA in ihren bilateralen Handelsabkommen darauf, dass die Handelspartner die internationale Erschöpfung in ihrem nationalen Recht ausschließen. Auch der [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] hat sich in einer markenrechtlichen Entscheidung – anders als noch zuvor der EFTA-Gerichtshof – für alle Mitgliedstaaten verbindlich gegen die internationale Erschöpfung entschieden (EuGH Rs.&nbsp;C-355/‌96 – ''Silhouette'', Slg. 1998, I-4799 und nachfolgend EuGH Rs.&nbsp;C-173/‌98 – ''Sebago'', Slg. 1999, I-4103). Das ist in Art.&nbsp;4(2) der RL&nbsp;2001/‌29 inzwischen auch für das Urheberrecht ausdrücklich festgeschrieben (zur insoweit ebenfalls zwingenden Geltung für die Mitgliedstaaten s. EuGH Rs.&nbsp;C-479/‌04 – ''Laserdisken/‌Kulturministeriet'', Slg. 2006, I-8089). Allerdings schließt die fehlende internationale Erschöpfung nicht aus, dass in der Importweigerung im Einzelfall ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung i.S.v. Art.&nbsp;82 EGV/‌ 102 AEUV liegen kann (EuG, Rs.&nbsp;T-198/‌98 – ''Micro Leader'', Slg. 1999, II-3989). Im Zuge der AIDS-Krise haben sich die WTO-Mitglieder schließlich darauf verständigt, dass dem Import von im Herkunftsland unter einer Zwangslizenz hergestellten generischen Arzneimitteln ein Verbot der internationalen Erschöpfung jedenfalls im Ergebnis ebenso wenig entgegengehalten werden kann wie die in Art.&nbsp;31 TRIPS enthaltene räumliche Beschränkung der Wirkung von Zwangslizenzen auf das Herstellungsland.
Das Territorialitätsprinzip bildet den Ausgangspunkt der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in der Europäischen Gemeinschaft. Der [[Europäischer Gerichtshof|EuGH]] hat den Grundsatz im Jahr 2006 in einer den grenzüberschreitenden Rundfunk betreffenden Entscheidung als gemeinschaftsrechtliches Prinzip für den Bereich des Urheberrechts anerkannt (EuGH Rs.&nbsp;C-192/‌04 – ''Lagardère''/''SPRE'', Slg.&nbsp;2005, I-7199, Rn.&nbsp;15). Ein Jahr später folgte die Legislative mit der Verabschiedung von Art.&nbsp;8 der Rom&nbsp;II-VO (VO&nbsp;864/‌ 2007) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, nach dessen Abs.&nbsp;1 auf Verletzungen geistiger Eigentumsrechte das Recht des Staates anzuwenden ist, „''für den'' der Schutz beansprucht wird“. Die Rom&nbsp;II-VO schließt die Rechtswahl für die Folgen von Rechtsverletzungen in Art.&nbsp;8(3) ausdrücklich aus und ist damit einem besonders strengen Verständnis der Territorialität verpflichtet. Bezieht man den Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts gemäß Art.&nbsp;15 Rom&nbsp;II-VO in die Betrachtung mit ein, so wird deutlich, dass nicht nur die Verletzungsfolgen, sondern auch der „Grund der Haftung“ sowie etwaige „Haftungsausschlussgründe“ von Art.&nbsp;8 mit umfasst sind, so dass auch der Schutzumfang der geistigen Eigentumsrechte sowie die gesetzlichen Schranken der Immaterialgüterrechte der Vorschrift der Schutzlandanknüpfung gemäß Art.&nbsp;8 unterfallen.


Von den bereits genannten Einzelfragen in Bezug auf die Voraussetzungen einmal abgesehen (insbesondere wann „berechtigte Gründe“ vorliegen, die es im Marken- und ggf. auch im Patentrecht rechtfertigen könnten, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb von ihm oder mit seiner Zustimmung innerhalb der Gemeinschaft in Verkehr gebrachter Waren widersetzt; siehe EuGH Rs. C-59/‌08 – ''Copad'', ZfRV 2009, 66), dürfte Raum für divergierende nationale Rechtsentwicklungen vor allem hinsichtlich zweier Fragenkreise verbleiben. Zum einen ist in einer Reihe von Mitgliedstaaten für das Urheberrecht die Frage aufgetaucht, inwieweit der Inhaber von Urheberrechten den Handel mit „gebrauchter“ Software kontrollieren kann, wenn die Software dem Ersterwerber nicht auf einem materiellen Datenträger verkörpert übergeben, sondern online zugespielt wird oder wenn es sich lediglich um Volumenlizenzen zum Onlineabruf handelt. Zum anderen mögen nationale Rechte die Frage unterschiedlich beantworten, ob das Verbreitungsrecht in Bezug auf ein und denselben Gegenstand einheitlich anzusehen ist, oder ob – und inwieweit – es für verschiedene Vertriebswege aufgespalten werden kann. Dort, wo letzteres möglich ist, kann Erschöpfung dann auch nur hinsichtlich eines Teils, nicht hingegen auch hinsichtlich der übrigen Teile und damit des Verbreitungsrechts insgesamt eintreten (so hat etwa in Deutschland der BGH entschieden, dass der Vertrieb eines Buches in einem Buchclub das Recht von dessen Verbreitung im Sortimentbuchhandel nicht erschöpft, siehe BGH 21.11. 1958, GRUR 1959, 200, 202; anders hingegen bei Vertrieb über Kaffeefilialen, siehe BGH 8.11.1989, GRUR 1990, 669; auch einen gesonderten Vertriebsweg für sog. ''Original-Equipment-Manufacturer (OEM)-Software'', d.h. Software, die als Grundausstattung zusammen mit einem PC vertrieben wird, hat der BGH abgelehnt mit der Folge, dass die Erwerber billigerer OEM-Versionen diese auch ohne Verbindung mit einem Computer zustimmungsfrei weitervertreiben dürfen; siehe BGH 6.7.2000, GRUR 2001, 153).
Die Anerkennung gemeinschaftsweiter Immaterialgüterrechte, insbesondere [[Gemeinschaftsmarke]]n und [[Gemeinschaftsgeschmacksmuster]], stehen der territorialen Konzeption der geistigen Eigentumsrechte nicht entgegen. Für diese ist die Gemeinschaft insgesamt als das maßgebliche Schutzland anzusehen. Für die wenigen, nicht auf Gemeinschaftsebene geregelten Rechtsfragen betreffend die Verletzung gemeinschaftsweiter Schutzrechte sieht Art.&nbsp;8(2) der Rom&nbsp;II-VO eine Anknüpfung an das Recht des Handlungsorts vor. Art.&nbsp;8(2) regelt jedoch nur die Anknüpfung für diejenigen Rechtsfragen, für welche das Gemeinschaftsrecht, beispielsweise die VO&nbsp;40/‌94, konsolidiert durch VO&nbsp;207/‌2009, über die Gemeinschaftsmarke, keine Regelungen bereithält.


== 3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht ==
Nicht durchsetzen konnte sich die [[Europäische Kommission]] mit ihrem Vorschlag, in die Rom&nbsp;I-VO (VO&nbsp;593/‌2008) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht eine besondere Vorschrift über das auf Lizenzverträge mangels Rechtswahl anzuwendende Recht aufzunehmen. Insoweit bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften in Art.&nbsp;4 der Rom&nbsp;I-VO.


Einzelheiten des Konzepts der Rechtserschöpfung betreffen zunächst Fragen der Voraussetzungen des Erschöpfungseintritts, also insbesondere die Frage, wann im Sinne der gemeinschaftsweiten Erschöpfung von einem „Inverkehrbringen“ gesprochen werden kann. Das ist nach Auffassung des EuGH insbesondere bei einer lediglich konzerninternen Weitergabe in der Regel nicht, wohl aber bei einer konzernexternen Weitergabe der Fall (vgl. EuGH Rs.&nbsp;16/‌74 – ''Centrafarm BV u.a./‌Winthorp BV'', Slg. 1974, 118; EuGH Rs.&nbsp;119/‌75 – ''Terrapin/‌Terranova'', Slg. 1976, 1039; EuGH Rs.&nbsp;144/‌81 – ''Keurkoop/‌Nancy Kean Gifts'', Slg. 1982, 2853), sowie dann nicht, wenn der geschützte Gegenstand im Ausland im Wege einer Zwangslizenz in Verkehr gebracht worden ist (EuGH Rs.&nbsp;19/‌84 – ''Pharmon/‌Hoechst'', Slg. 1985, 2281). Auch ist zu klären, bei welchen Ausgestaltungen der Nutzungsrechtseinräumung von einem „Verkauf“ des betreffenden Gegenstandes gesprochen werden kann (siehe EuGH Rs.&nbsp;C-61/‌97 – ''Laserdisken'', Slg. 1998, I-5171: kein Verkauf bei bloßem Vermieten; EuGH Rs. C-456/‌06 – ''Peek & Cloppenburg'', Slg. 2008, I-2731: reine Gebrauchsüberlassung und Ausstellung zu kommerziellen Zwecken kein Inverkehrbringen).
== 3. Einzelne Kollisionsregeln ==


Auch die Frage des Inverkehrbringens „in der Gemeinschaft“ bedarf angesichts zum Teil unterschiedlicher nationaler Auffassungen im Hinblick auf einen reinen Export und den bloßen Transit der Klärung (zur Erstreckung auch auf das Angebot bzw. den Verkauf von Originalmarkenwaren, die den zollrechtlichen Status von Nichtgemeinschaftswaren haben, s. EuGH Rs.&nbsp;C-405/‌03 – ''Class International'', Slg. 2005, I-8735). Im Übrigen erfasst die Erschöpfungswirkung auch Vorgänge in den Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) bzw. erstreckt sich auf diese (s. Art.&nbsp;65(2) i.V.m. Anhang XVII Punkt 4 des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum; s. dazu für das Markenrecht EuGH Rs.&nbsp;C-16/‌03 ''Peak Holding'', Slg. 2004, I-11313).
Bei genauerer Betrachtung zerfällt die Frage nach dem auf geistige Eigentumsrechte anwendbaren Recht in mehrere Einzelaspekte, für die jeweils eigene Kollisionsregeln zu beachten sind. Für einzelne Aspekte kann dabei auf die einheitlichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zurückgegriffen werden, für andere Aspekte sind die – zumeist nicht kodifizierten Regeln des [[internationales Privatrecht|internationalen Privatrechts]] der Mitgliedstaaten maßgeblich.


Gleich mehrfach hat der EuGH Gelegenheit gehabt, die Antwort auf die Frage zu konkretisieren, unter welchen Umständen sich der Inhaber einer Marke dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels mit oder ohne Veränderungen der inneren und/‌oder äußeren Originalverpackung widersetzen kann (zu Einzelheiten vgl. zuletzt EuGH Rs. C-276/‌05 – ''The Wellcome Foundation'', Mitt. 2009, 72; EuGH Rs.&nbsp;C-348/‌04 – ''Boehringer Ingelheim u.a.'', Slg. 2007, I-3391 und zuvor EuGH Rs.&nbsp;C-143/‌00 – ''Boehringer Ingelheim u.a.'', Slg. 2002, I-3759; EuGH Rs.&nbsp;C-379/‌97 – ''Upjohn'', Slg. 1999, I-6927; EuGH verb. Rs.&nbsp;C-427/‌93, C-429/‌93 und C-436/‌93 – ''Bristol-Myers Squibb u.a.'', Slg. 1996, I-3457; zur patentrechtlichen Erschöpfung insoweit s. EuGH Rs.&nbsp;C-267/‌95 und C-268/‌95 – ''Merck/‌Primecrown und Beecham/‌Europharm'', Slg. 1996, I-6285). Dabei sind auch eine Reihe von Fragen der Beweislast geklärt worden (s. dazu neben den genannten Urteilen auch EuGH Rs.&nbsp;C-244/‌00 – ''Van Doren'', Slg. 2003, I-3051).
Für alle Fragen, die das Entstehen geistiger Eigentumsrechte betreffen, erfolgt die Anknüpfung nach überwiegender Auffassung nach dem Schutzlandprinzip, d.h., es ist das Recht des Staates maßgeblich, für den Schutz beansprucht wird. Dieses entscheidet darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte geistige Leistung geschützt ist, also insbesondere, ob eine amtliche Prüfung der gesetzlichen Schutzvoraussetzungen erforderlich ist oder ob die bloße Registrierung oder der Akt der Schöpfung als solcher für die Schutzgewährung ausreichen. Handelt es sich um einen Sachverhalt, bei dem die Nutzung von geistigen Eigentumsrechten in mehreren Staaten in Frage steht, so sind die betreffenden Rechte nebeneinander anzuwenden („Mosaikbetrachtung“).


Auch hinsichtlich der Reichweite der Erschöpfungswirkung hat der EuGH einige Punkte klären können, etwa dass sich die Zustimmung zum Inverkehrbringen immer nur auf konkrete in Verkehr gebrachte Exemplare erstreckt und aufgrund einer solchen Zustimmung Erschöpfung nicht etwa in Bezug auf alle Waren aus der Produktion eintritt (EuGH Rs.&nbsp;C-173/‌98 – ''Sebago'', Slg. 1999, I-4103); dass sich durch den Erstverkauf nicht zugleich auch das Vermietrecht an der verkauften Sache erschöpft (EuGH Rs.&nbsp;C-200/‌96 – ''Metronome Musik'', Slg. 1998, I-1953); und dass sich durch die Erlaubnis, eine Datenbank zu konsultieren, nicht zugleich das Recht erschöpft, die Entnahme und die Weiterverwendung des Inhalts dieses Vervielfältigungsstücks zu kontrollieren (EuGH Rs.&nbsp;C-203/‌02 – ''The British Horseracing Board u.a.'', Slg. 2004, I-10415).
Weitgehend unumstritten ist die Maßgeblichkeit der ''lex loci protectionis'' für die Bestimmung des Schutzumfangs. Das Recht des Schutzlandes bestimmt die dem Rechtsinhaber eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte sowie die Schranken des gewährten Schutzes, etwa den Umfang der Privatkopiefreiheit oder des Zitatrechts im Urheberrecht oder Vorbenutzungsrechte im Patentrecht sowie die Schutzdauer der Immaterialgüterrechte. Bei entsprechender Auslegung von Art.&nbsp;15 der Rom&nbsp;II-VO kann diese Anknüpfung nunmehr dem Gemeinschaftsrecht entnommen werden.


Eine weitere Frage geht dahin, ob die Erschöpfung ausnahmsweise auch andere Ausschließlichkeitsrechte als das Verbreitungsrecht erfasst, wenn deren Geltendmachung die mit der Erschöpfungswirkung beabsichtigte freie Handel- und Zirkulierbarkeit unterbinden oder doch zumindest beeinträchtigen würde. Der EuGH hat das in einem Fall zumindest im Ergebnis bejaht, in dem der Inhaber eines Bildzeichens an Form und Verpackung der Ware den Vertrieb von Waren, an denen das Zeichenrecht erschöpft war, durch Dritte dadurch zu unterbinden suchte, dass er gegen deren Werbung für das fragliche Produkt sein Urheberrecht an der äußeren Erscheinung der Ware in Form des Vervielfältigungsrechts geltend machte (EuGH Rs.&nbsp;C-337/‌95 – ''Dior/‌Evora'', Slg. 1997, I-6013). Ähnliche Fälle sind auch denkbar hinsichtlich zustimmungspflichtiger Vervielfältigungshandlungen, die der Zweiterwerber eines Computerprogramms, an dem Erschöpfung des Verbreitungsrechts eingetreten ist, vornehmen muss, wenn er mit dem Programm arbeiten will. Eine generelle Lösung für eine derartige „Annex“-Erschöpfung steht jedoch noch aus.
Dagegen wird die Anknüpfung der ersten Inhaberschaft von geistigen Eigentumsrechten in Europa uneinheitlich behandelt. Einige Rechtsordnungen, etwa Deutschland und Österreich, beurteilen die Frage, wer als Urheber oder Erfinder anzusehen ist, nach dem Recht des jeweiligen Schutzlandes. Ein solcher Ansatz hat den Vorzug, die rechtspolitischen Entscheidungen der nationalen Gesetzgeber im Hinblick auf die Zuordnung der Rechte territorial zu begrenzen. Der Ansatz verhindert beispielsweise, dass die Zuordnung von Urheberrechten an in abhängiger Beschäftigung geschaffenen Werken zum Arbeitgeber auch jenseits der Staaten zu beachten ist, welche der angelsächsischen „work made for hire“-Doktrin anhängen. Von Nachteil ist dagegen die Komplexität der Mosaikbetrachtung. Andere Staaten, unter ihnen Frankreich, die Niederlande und die USA, folgen für die Frage der ersten Inhaberschaft der universalistischen Theorie von der weltweit einheitlichen Anknüpfung am Recht des Ursprungslandes, im Sinne des Landes der Erstveröffentlichung. Freilich lässt sich die Lösung nicht konsequent durchhalten, wenn es um das Urheberpersönlichkeitsrecht geht. Dieses müsste bei strenger Anwendung des Ursprungslandprinzips für in den USA zuerst veröffentlichte Werke abhängiger Urheber weltweit dem Arbeitgeber zuerkannt werden. Die französischen Gerichte behelfen sich in dieser Situation damit, das „droit moral“ als Teil des französischen ordre public letztlich doch territorial begrenzt in Frankreich zur Anwendung zu bringen. Der universalistische Ansatz ist deshalb nur auf den ersten Blick einfacher zu handhaben als der territoriale, nicht aber in der konkreten Falllösung.


Schließlich kann der Eintritt der Erschöpfungswirkung nicht auf vertraglichem Wege mit Wirkung auch gegenüber Dritten ausgeschlossen werden (s. dazu EuGH Rs.&nbsp;C-16/‌03 – ''Peak Holding'', Slg. 2004, I-11313). Umgekehrt freilich kann dann, wenn keine Erschöpfung eintritt, die vertragliche Zustimmung zum Import erteilt werden (und zwar durchaus auch konkludent, s. EuGH verb. Rs.&nbsp;C-414/‌99, C-415/‌99 und C-416/‌99 – ''Zino Davidoff und Levi Strauss'', Slg. 2001, I-8691).
Im Vertragsrecht gilt es die Frage der Übertragbarkeit von Schutzrechten von den sonstigen Fragen des Vertragsrechts zu unterscheiden. Das Urheberrecht oder Teilaspekte des Urheberrechts sind in den kontinentaleuropäischen Systemen zum Teil als unübertragbar ausgestaltet. Die kollisionsrechtliche Behandlung dieser Regeln folgt in den Staaten, die das Recht des Ursprungslandes auf die erste Inhaberschaft anwenden, ebenfalls dem Recht des Ursprungslandes. Dagegen wenden die Staaten, welche die ''lex loci protectionis'' für die erste Inhaberschaft heranziehen, auch für die Übertragbarkeit das Recht des Schutzlandes heran. Für alle sonstigen Fragen des Vertragsrechts finden dagegen die normalen Vorschriften des internationalen Vertragsrechts Anwendung, wie sie sich in der Rom&nbsp;I-VO finden.


== 4. Vereinheitlichungsprojekte ==
Die Folgen der Verletzung geistiger Eigentumsrechte, also die aus der Verletzung resultierenden Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Entschädigung, Gewinnherausgabe usw., wurden in Europa bislang uneinheitlich behandelt. Die überwiegende Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen, einschließlich Deutschland, Italien, Österreich und England, knüpften auch für diese Aspekte am Recht des Schutzlandes an. Andere Rechtsordnungen, etwa das französische und das portugiesische Recht, stellten dagegen auf die Regeln des internationalen Deliktsrechts ab. Die praktischen Unterschiede der beiden Ansätze waren im Ergebnis meist vernachlässigbar, weil eine Verletzung geistiger Eigentumsrechte wegen des Territorialitätsprinzips außerhalb des Schutzlandes bereits konzeptionell ausschied, so dass der Handlungsort regelmäßig im Schutzland lag. Unterschiede ergaben sich dann allein im Hinblick auf die Rechtswahlfreiheit für die Folgen der Verletzungen, die im internationalen Deliktsrecht mancher Staaten gewährt wurde, während eine solche Rechtswahl bei konsequenter Anwendung der ''lex loci protectionis'' ausschied. Diese Streitfrage dürfte sich im Hinblick auf die Regelung in Art.&nbsp;8 der Rom II-VO jedoch für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft erübrigt haben.


Der zunächst von der Rechtsprechung des EuGH entwickelte und nachfolgend in den Gesetzgebungsakten der Gemeinschaft auf dem Gebiet des geistigen Eigentums verankerte Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung ist längst fester Bestandteil des ''acquis communautaire''. Die Frage der internationalen Erschöpfung ist vom EuGH ebenfalls hinreichend geklärt worden. Einer weiteren Vereinheitlichung bedarf es insoweit also nicht. Allenfalls in Einzelfragen wird der EuGH künftig angerufen werden, insbesondere wo es um die Reichweite der Ausnahmen von der Erschöpfungswirkung im Marken&#8209; und künftig vielleicht auch im Patentrecht geht.
Die Forderung, den Grundsatz der Territorialität zumindest ausnahmsweise für die Fälle der weltweiten Verletzung geistiger Eigentumsrechte im Internet einzuschränken, wird in der Literatur in zunehmendem Maße erhoben. Entsprechende Forderungen haben bislang aber keinen Widerhall in Gesetzgebung und Rechtsprechung gefunden.
 
== 4. Internationale Entwicklung ==
 
Auf internationaler Ebene ist es bislang nicht zur Verabschiedung von Instrumenten zum Kollisionsrecht der geistigen Eigentumsrechte gekommen. Die [[World Intellectual Property Organization|WIPO]] hat das Thema seit den 1990er Jahren zwar auf mehreren Tagungen und Treffen behandelt. Konkrete Vorschläge für eine international einheitliche Regelung der Fragen des anwendbaren Rechts sind hierbei aber nicht zustande gekommen.
 
Einen sachrechtlichen Ansatz verfolgt die im Jahr 1999 von der WIPO und der Pariser Union zum Schutz des geistigen Eigentums verabschiedete „Joint Recommendation Concerning the Protection of Marks, and Other Industrial Property Rights in Signs, on the Internet“, welche für Markenrechtsstreitigkeiten im Internet eine einheitliche Auslegung der nationalen Markenrechtsgesetze empfiehlt, um auf diese Weise zu einer Beilegung von Konflikten über die Nutzung von Kennzeichen im Internet zu gelangen.
 
Maßgeblichen Einfluss auf die künftige internationale Entwicklung dürften die vom ''American Law Institute'' im Jahr 2007 verabschiedeten Vorschläge für die international-privatrechtliche Behandlungen von geistigen Eigentumsrechten erlangen (''Intellectual Property: Principles Governing Jurisdiction'','' Choice of Law'','' and Judgments in Transnational Disputes'', 2007). Die ALI''-Principles'' gehen für die Verletzung von geistigen Eigentumsrechten im Grundsatz von der Anwendung des Rechts des Schutzlandes aus und sehen Ausnahmen nur für Fälle „ubiquitärer“ Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten im Internet vor. Für diese Fälle stellen die ALI''-Principles'' allerdings auf das Recht am Sitz des Klägers ab, soweit dort die maßgebliche Investition getätigt wurde, was in vielen Fällen auf die Anwendung US-amerikanischen Rechts hinauslaufen wird, weil dort zahlreiche global agierende Unternehmen der verschiedenen Technologie- und Unterhaltungsindustrien ihren Sitz haben. Die von der ''European Max-Planck Group for Conflict of Laws in Intellectual Property'' (CLIP) erarbeiteten Prinzipien stellen bei ubiquitären Verletzungen dagegen primär auf das Recht am Sitz des Beklagten ab. Die Veröffentlichung der CLIP''-Principles'' ist für 2010 angekündigt.


==Literatur==
==Literatur==
''Ulrich Joos'', Die Erschöpfungslehre im Urheberrecht, 1991;'' Hanns Ullrich'', Technology Protection According to TRIPS, in: Friedrich-Karl Beier, Gerhard Schricker (Hg.), From GATT to TRIPS, 1996, 357&nbsp;ff.; ''Rolf Sack'', Die Erschöpfung von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten nach europäischem Recht, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1999, 193&nbsp;ff.; ''Carl Baudenbacher'', Erschöpfung der Immaterialgüterrechte in der EFTA und die Rechtslage in der EU, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2000, 584&nbsp;ff.; ''Andreas Leßmann'', Erschöpfung von Patentrechten bei Konzernvertrieb, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2000, 741&nbsp;ff.; ''Christina Koppe'', Die urheberrechtliche Erschöpfung: Eine Analyse der Konsumtionsnorm unter besonderer Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des BGH sowie des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 2004; ''Morton Douglas'', Die markenrechtliche Erschöpfung beim Parallelimport von Arzneimitteln, 2005; ''Peter Ganea'', Ökonomische Aspekte der urheberrechtlichen Erschöpfung, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2005, 102&nbsp;ff.; ''Silke von Lewinski'', International Exhaustion of the Distribution Right under EC Copyright Law?, European Intellectual Property Review 27 (2005) 233&nbsp;ff.; ''Christian von Kraack'', TRIPS oder Patentschutz weltweit, 2006; ''Andreas Wiebe'', The Principle of Exhaustion in European Copyright Law and the Distinction Between Digital Goods and Digital Services, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil 2009, 114&nbsp;ff.
''Eugen Ulmer'', Die Immaterialgüterrechte im internationalen Privatrecht, 1975; ''Haimo Schack'', Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, 1979; ''James J. Fawcett'', ''Paul Torremans'','' ''Intellectual Property and Private International Law, 1998; ''Marta Pertegás Sender'', Cross-border Enforcement of Patent Rights, 2002; ''Mireille van Eechoud'', Choice of Law in Copyright and Related Rights, 2003; ''Jürgen Basedow'','' Josef Drexl'','' Annette Kur'','' Axel Metzger ''(Hg.), Intellectual Property in the Conflict of Laws, 2004; ''Jürgen Basedow'','' Axel Metzger'', Lex loci protectionis europea – Anmerkungen zu Art.&nbsp;8 des Vorschlags der EG-Kommission für eine „Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht“ („Rom&nbsp;II“), in: Festschrift für Mark Moiseevic Boguslavskij, 2004, 153&nbsp;ff.; ''Josef Drexl'', ''Annette Kur ''(Hg.), Intellectual Property and Private International Law, 2005; ''Josef Drexl'', Internationales Immaterialgüterrecht, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.&nbsp;11, 4.&nbsp;Aufl. 2006; ''André Lucas'','' Henri-Jacques Lucas'', Traité de la propriété littéraire et artistique, 3.&nbsp;Aufl. 2006.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Intellectual_Property_(Exhaustion_of_Rights)]]
[[en:Intellectual_Property_(PIL)]]

Version vom 28. September 2021, 16:59 Uhr

von Axel Metzger

1. Grundsatz der Territorialität; Schutzlandprinzip

Das Kollisionsrecht des geistigen Eigentums beschäftigt sich mit der Frage, welches Recht auf die Entstehung, die Inhaberschaft, den Schutzumfang und die Verletzung von Urheberrechten, Patenten, Marken (Markenrecht) und anderen geistigen Eigentumsrechten (Geistiges Eigentum) anzuwenden ist.

Ausgangspunkt des Kollisionsrechts des geistigen Eigentums ist der Grundsatz der Territorialität. Geistige Eigentumsrechte wurden seit dem 14. Jahrhundert vom jeweiligen Landesherrn als territorial begrenzte „Privilegien“ vergeben. Dies galt zunächst auch für das Urheberrecht, bevor sich die Idee des formfreien Erwerbs des Urheberrechts international durchsetzen konnte. Die gewerblichen Schutzrechte hängen dagegen noch heute in der Regel von einem staatlichen Akt der Erteilung oder Registrierung ab. Die Rechtsfragen, die sich bei der Erteilung und Wahrnehmung dieser Rechte ergeben, werden traditionell nach dem Recht des Schutz gewährenden Staates, der lex loci protectionis behandelt.

Die Vorstellung territorial begrenzter geistiger Eigentumsrechte und der daraus abgeleiteten Kollisionsregeln liegt nach der herrschenden Auffassung auch den Staatsverträgen im Bereich des geistigen Eigentums zugrunde. Zwar regeln die Pariser Verbandsübereinkunft aus dem Jahr 1883, die Revidierte Berner Übereinkunft aus dem Jahr 1886 sowie die Nachfolgeverträge nicht ausdrücklich Fragen des anwendbaren Rechts, sondern die Gleichbehandlung ausländischer Urheber bzw. sonstiger Rechtsinhaber sowie international einheitliche Mindeststandards für den Schutz von Erfindungen, Marken und Werken der Literatur und Kunst. Die Konventionen verweisen hierfür aber mehrfach auf die „Rechtsvorschriften des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird“, was trotz des missverständlichen Wortlauts überwiegend als Verweis auf das Sachrecht des Schutzlandes begriffen wird.

International verbreitet ist allerdings auch die Gegenauffassung, welche die genannten Regeln in den Konventionen als Gesamtverweisungen auf die lex fori versteht. Nach dieser Ansicht enthalten die Konventionen keine weiteren Vorgaben für das Kollisionsrecht. Der missverständliche Wortlaut der Konventionen, die im 19. Jahrhundert in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen einsetzende Anerkennung des Urheberpersönlichkeitsrechts (droit moral, moral rights) sowie der gleichzeitige Verzicht auf Formalien beim Erwerb von Urheberrechten sind die maßgeblichen Ansatzpunkte dieser Gegenauffassung, welche jedenfalls für das Urheberrecht eine Abkehr vom territorialen Ansatz und eine weltweit einheitliche Anknüpfung zentraler Rechtsfragen des Urheberrechts vorschlägt. Zusätzlichen Auftrieb hat die „universalistische“ Lehre vom Urheberrecht durch die Zunahme grenzüberschreitender Rechtsverletzungen im Internet seit der Mitte der 1990er Jahre erfahren. Weltweite Verletzungen des geistigen Eigentums lassen sich auf der Grundlage eines uneingeschränkt territorialen Ansatzes nur schwer bewältigen.

2. Tendenzen der europäischen Rechtsentwicklung

Der Grundsatz der Territorialität geistiger Eigentumsrechte bestimmt trotz der genannten konzeptionellen und praktischen Herausforderungen die gegenwärtige Rechtsentwicklung in Europa.

Das Territorialitätsprinzip bildet den Ausgangspunkt der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in der Europäischen Gemeinschaft. Der EuGH hat den Grundsatz im Jahr 2006 in einer den grenzüberschreitenden Rundfunk betreffenden Entscheidung als gemeinschaftsrechtliches Prinzip für den Bereich des Urheberrechts anerkannt (EuGH Rs. C-192/‌04 – Lagardère/‌SPRE, Slg. 2005, I-7199, Rn. 15). Ein Jahr später folgte die Legislative mit der Verabschiedung von Art. 8 der Rom II-VO (VO 864/‌ 2007) über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, nach dessen Abs. 1 auf Verletzungen geistiger Eigentumsrechte das Recht des Staates anzuwenden ist, „für den der Schutz beansprucht wird“. Die Rom II-VO schließt die Rechtswahl für die Folgen von Rechtsverletzungen in Art. 8(3) ausdrücklich aus und ist damit einem besonders strengen Verständnis der Territorialität verpflichtet. Bezieht man den Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts gemäß Art. 15 Rom II-VO in die Betrachtung mit ein, so wird deutlich, dass nicht nur die Verletzungsfolgen, sondern auch der „Grund der Haftung“ sowie etwaige „Haftungsausschlussgründe“ von Art. 8 mit umfasst sind, so dass auch der Schutzumfang der geistigen Eigentumsrechte sowie die gesetzlichen Schranken der Immaterialgüterrechte der Vorschrift der Schutzlandanknüpfung gemäß Art. 8 unterfallen.

Die Anerkennung gemeinschaftsweiter Immaterialgüterrechte, insbesondere Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, stehen der territorialen Konzeption der geistigen Eigentumsrechte nicht entgegen. Für diese ist die Gemeinschaft insgesamt als das maßgebliche Schutzland anzusehen. Für die wenigen, nicht auf Gemeinschaftsebene geregelten Rechtsfragen betreffend die Verletzung gemeinschaftsweiter Schutzrechte sieht Art. 8(2) der Rom II-VO eine Anknüpfung an das Recht des Handlungsorts vor. Art. 8(2) regelt jedoch nur die Anknüpfung für diejenigen Rechtsfragen, für welche das Gemeinschaftsrecht, beispielsweise die VO 40/‌94, konsolidiert durch VO 207/‌2009, über die Gemeinschaftsmarke, keine Regelungen bereithält.

Nicht durchsetzen konnte sich die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag, in die Rom I-VO (VO 593/‌2008) über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht eine besondere Vorschrift über das auf Lizenzverträge mangels Rechtswahl anzuwendende Recht aufzunehmen. Insoweit bleibt es bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften in Art. 4 der Rom I-VO.

3. Einzelne Kollisionsregeln

Bei genauerer Betrachtung zerfällt die Frage nach dem auf geistige Eigentumsrechte anwendbaren Recht in mehrere Einzelaspekte, für die jeweils eigene Kollisionsregeln zu beachten sind. Für einzelne Aspekte kann dabei auf die einheitlichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zurückgegriffen werden, für andere Aspekte sind die – zumeist nicht kodifizierten Regeln – des internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten maßgeblich.

Für alle Fragen, die das Entstehen geistiger Eigentumsrechte betreffen, erfolgt die Anknüpfung nach überwiegender Auffassung nach dem Schutzlandprinzip, d.h., es ist das Recht des Staates maßgeblich, für den Schutz beansprucht wird. Dieses entscheidet darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte geistige Leistung geschützt ist, also insbesondere, ob eine amtliche Prüfung der gesetzlichen Schutzvoraussetzungen erforderlich ist oder ob die bloße Registrierung oder der Akt der Schöpfung als solcher für die Schutzgewährung ausreichen. Handelt es sich um einen Sachverhalt, bei dem die Nutzung von geistigen Eigentumsrechten in mehreren Staaten in Frage steht, so sind die betreffenden Rechte nebeneinander anzuwenden („Mosaikbetrachtung“).

Weitgehend unumstritten ist die Maßgeblichkeit der lex loci protectionis für die Bestimmung des Schutzumfangs. Das Recht des Schutzlandes bestimmt die dem Rechtsinhaber eingeräumten Ausschließlichkeitsrechte sowie die Schranken des gewährten Schutzes, etwa den Umfang der Privatkopiefreiheit oder des Zitatrechts im Urheberrecht oder Vorbenutzungsrechte im Patentrecht sowie die Schutzdauer der Immaterialgüterrechte. Bei entsprechender Auslegung von Art. 15 der Rom II-VO kann diese Anknüpfung nunmehr dem Gemeinschaftsrecht entnommen werden.

Dagegen wird die Anknüpfung der ersten Inhaberschaft von geistigen Eigentumsrechten in Europa uneinheitlich behandelt. Einige Rechtsordnungen, etwa Deutschland und Österreich, beurteilen die Frage, wer als Urheber oder Erfinder anzusehen ist, nach dem Recht des jeweiligen Schutzlandes. Ein solcher Ansatz hat den Vorzug, die rechtspolitischen Entscheidungen der nationalen Gesetzgeber im Hinblick auf die Zuordnung der Rechte territorial zu begrenzen. Der Ansatz verhindert beispielsweise, dass die Zuordnung von Urheberrechten an in abhängiger Beschäftigung geschaffenen Werken zum Arbeitgeber auch jenseits der Staaten zu beachten ist, welche der angelsächsischen „work made for hire“-Doktrin anhängen. Von Nachteil ist dagegen die Komplexität der Mosaikbetrachtung. Andere Staaten, unter ihnen Frankreich, die Niederlande und die USA, folgen für die Frage der ersten Inhaberschaft der universalistischen Theorie von der weltweit einheitlichen Anknüpfung am Recht des Ursprungslandes, im Sinne des Landes der Erstveröffentlichung. Freilich lässt sich die Lösung nicht konsequent durchhalten, wenn es um das Urheberpersönlichkeitsrecht geht. Dieses müsste bei strenger Anwendung des Ursprungslandprinzips für in den USA zuerst veröffentlichte Werke abhängiger Urheber weltweit dem Arbeitgeber zuerkannt werden. Die französischen Gerichte behelfen sich in dieser Situation damit, das „droit moral“ als Teil des französischen ordre public letztlich doch territorial begrenzt in Frankreich zur Anwendung zu bringen. Der universalistische Ansatz ist deshalb nur auf den ersten Blick einfacher zu handhaben als der territoriale, nicht aber in der konkreten Falllösung.

Im Vertragsrecht gilt es die Frage der Übertragbarkeit von Schutzrechten von den sonstigen Fragen des Vertragsrechts zu unterscheiden. Das Urheberrecht oder Teilaspekte des Urheberrechts sind in den kontinentaleuropäischen Systemen zum Teil als unübertragbar ausgestaltet. Die kollisionsrechtliche Behandlung dieser Regeln folgt in den Staaten, die das Recht des Ursprungslandes auf die erste Inhaberschaft anwenden, ebenfalls dem Recht des Ursprungslandes. Dagegen wenden die Staaten, welche die lex loci protectionis für die erste Inhaberschaft heranziehen, auch für die Übertragbarkeit das Recht des Schutzlandes heran. Für alle sonstigen Fragen des Vertragsrechts finden dagegen die normalen Vorschriften des internationalen Vertragsrechts Anwendung, wie sie sich in der Rom I-VO finden.

Die Folgen der Verletzung geistiger Eigentumsrechte, also die aus der Verletzung resultierenden Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Entschädigung, Gewinnherausgabe usw., wurden in Europa bislang uneinheitlich behandelt. Die überwiegende Mehrheit der europäischen Rechtsordnungen, einschließlich Deutschland, Italien, Österreich und England, knüpften auch für diese Aspekte am Recht des Schutzlandes an. Andere Rechtsordnungen, etwa das französische und das portugiesische Recht, stellten dagegen auf die Regeln des internationalen Deliktsrechts ab. Die praktischen Unterschiede der beiden Ansätze waren im Ergebnis meist vernachlässigbar, weil eine Verletzung geistiger Eigentumsrechte wegen des Territorialitätsprinzips außerhalb des Schutzlandes bereits konzeptionell ausschied, so dass der Handlungsort regelmäßig im Schutzland lag. Unterschiede ergaben sich dann allein im Hinblick auf die Rechtswahlfreiheit für die Folgen der Verletzungen, die im internationalen Deliktsrecht mancher Staaten gewährt wurde, während eine solche Rechtswahl bei konsequenter Anwendung der lex loci protectionis ausschied. Diese Streitfrage dürfte sich im Hinblick auf die Regelung in Art. 8 der Rom II-VO jedoch für die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft erübrigt haben.

Die Forderung, den Grundsatz der Territorialität zumindest ausnahmsweise für die Fälle der weltweiten Verletzung geistiger Eigentumsrechte im Internet einzuschränken, wird in der Literatur in zunehmendem Maße erhoben. Entsprechende Forderungen haben bislang aber keinen Widerhall in Gesetzgebung und Rechtsprechung gefunden.

4. Internationale Entwicklung

Auf internationaler Ebene ist es bislang nicht zur Verabschiedung von Instrumenten zum Kollisionsrecht der geistigen Eigentumsrechte gekommen. Die WIPO hat das Thema seit den 1990er Jahren zwar auf mehreren Tagungen und Treffen behandelt. Konkrete Vorschläge für eine international einheitliche Regelung der Fragen des anwendbaren Rechts sind hierbei aber nicht zustande gekommen.

Einen sachrechtlichen Ansatz verfolgt die im Jahr 1999 von der WIPO und der Pariser Union zum Schutz des geistigen Eigentums verabschiedete „Joint Recommendation Concerning the Protection of Marks, and Other Industrial Property Rights in Signs, on the Internet“, welche für Markenrechtsstreitigkeiten im Internet eine einheitliche Auslegung der nationalen Markenrechtsgesetze empfiehlt, um auf diese Weise zu einer Beilegung von Konflikten über die Nutzung von Kennzeichen im Internet zu gelangen.

Maßgeblichen Einfluss auf die künftige internationale Entwicklung dürften die vom American Law Institute im Jahr 2007 verabschiedeten Vorschläge für die international-privatrechtliche Behandlungen von geistigen Eigentumsrechten erlangen (Intellectual Property: Principles Governing Jurisdiction, Choice of Law, and Judgments in Transnational Disputes, 2007). Die ALI-Principles gehen für die Verletzung von geistigen Eigentumsrechten im Grundsatz von der Anwendung des Rechts des Schutzlandes aus und sehen Ausnahmen nur für Fälle „ubiquitärer“ Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten im Internet vor. Für diese Fälle stellen die ALI-Principles allerdings auf das Recht am Sitz des Klägers ab, soweit dort die maßgebliche Investition getätigt wurde, was in vielen Fällen auf die Anwendung US-amerikanischen Rechts hinauslaufen wird, weil dort zahlreiche global agierende Unternehmen der verschiedenen Technologie- und Unterhaltungsindustrien ihren Sitz haben. Die von der European Max-Planck Group for Conflict of Laws in Intellectual Property (CLIP) erarbeiteten Prinzipien stellen bei ubiquitären Verletzungen dagegen primär auf das Recht am Sitz des Beklagten ab. Die Veröffentlichung der CLIP-Principles ist für 2010 angekündigt.

Literatur

Eugen Ulmer, Die Immaterialgüterrechte im internationalen Privatrecht, 1975; Haimo Schack, Zur Anknüpfung des Urheberrechts im internationalen Privatrecht, 1979; James J. Fawcett, Paul Torremans, Intellectual Property and Private International Law, 1998; Marta Pertegás Sender, Cross-border Enforcement of Patent Rights, 2002; Mireille van Eechoud, Choice of Law in Copyright and Related Rights, 2003; Jürgen Basedow, Josef Drexl, Annette Kur, Axel Metzger (Hg.), Intellectual Property in the Conflict of Laws, 2004; Jürgen Basedow, Axel Metzger, Lex loci protectionis europea – Anmerkungen zu Art. 8 des Vorschlags der EG-Kommission für eine „Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht“ („Rom II“), in: Festschrift für Mark Moiseevic Boguslavskij, 2004, 153 ff.; Josef Drexl, Annette Kur (Hg.), Intellectual Property and Private International Law, 2005; Josef Drexl, Internationales Immaterialgüterrecht, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 11, 4. Aufl. 2006; André Lucas, Henri-Jacques Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 3. Aufl. 2006.