Europäischer Bankenmarkt und Europäischer Betriebsrat: Unterschied zwischen den Seiten

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== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Begriff, Gegenstand und Zweck ==
Der europäische Bankenmarkt ist Voraussetzung und Teil des Binnenmarktziels ([[Europäischer Binnenmarkt]]) nach Art. 2 EU (1992)/3 EU (2007) der Europäischen Gemeinschaft. Sein unmittelbarer Gegenstand bezieht sich auf die Niederlassung der Kreditinstitute. Mittelbar hat daher der europäische Bankenmarkt auch wichtige Auswirkungen für einen integrierten Kapitalmarkt. Gleichwohl ist zwischen Banken- und Kapitalmarkt ([[Kapitalmarktrecht]]; [[Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit]]) zu unterscheiden, da der Kapitalmarkt die Allokation von Kapital zum Gegenstand hat, während auf dem Bankenmarkt die Vermittler dieses Allokationsvorgangs zwischen Kapitalgeber und ‑nehmer miteinander konkurrieren. Demzufolge steht im Zentrum des Europäischen Bankenmarktes der Aufbau eines europaweiten Filialnetzes auf der Grundlage von Zweigniederlassungen sowie mit Hilfe von Tochtergesellschaften, Repräsentanzen und Vertretern.
Der Betriebsrat ist eine im deutschen Sprachraum fest verankerte Einrichtung. Errichtung und Funktionen des Betriebsrates sind gesetzlich klar umschrieben: sowohl nach dem deutschen Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) als auch nach dem österreichischen Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) ist der Betriebsrat als Organ der Belegschaft, der Teilrechtspersönlichkeit zukommt, zu qualifizieren. Der Betriebsrat selbst wird von der Belegschaft gewählt und vertritt deren Interessen gegenüber dem Betriebsinhaber. Er ist in die Betriebsverfassung eingebunden. Diese regelt die Arbeitnehmer-Repräsentationsstrukturen auf Betriebs-, Unternehmens-, Konzern- und multinationaler Ebene sowie die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerschaft auf diesen Ebenen. Gemäß § 39 Abs. 1 ArbVG soll aufgrund der Bestimmungen der gesetzlichen Betriebsverfassung ein Interessenausgleich zwischen Betriebsinhaber und Belegschaft herbeigeführt werden. Der zitierten gesetzlichen Vorschrift ist zu entnehmen, dass der Interessenausgleich im Rahmen der Betriebsverfassung auf friedliche Verfahren hin ausgerichtet ist, die dem Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes dienen sollen (kooperatives Prinzip). Nahezu gleichlautend der § 2 Abs. 1 BetrVG. Dem entspricht, dass Interessengegensätze friedlich, nicht jedoch durch Rückgriff auf Arbeitskämpfe ausgetragen werden sollen (Arbeitskampfverbot im Rahmen der Betriebsverfassung). Insofern dienen die Institutionen der Betriebsverfassung auch der Erhaltung und Sicherung des Betriebsfriedens.


Die wesentlichen Impulse für seine Fortentwicklung gehen von der grenzüberschreitenden Erbringung von Finanzdienstleistungen, von der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen auf ausländischen Finanzmärkten durch Niederlassungen und von Finanztransaktionen zwischen Bankunternehmen mit grenzüberschreitenden Ausfallrisiken aus. Diesen wachsenden Herausforderungen begegnete man zunächst Anfang der siebziger Jahre mit dem Gedanken, die Errichtung und den Betrieb grenzüberschreitender Filialen zu erleichtern. Gleichwohl ließen andere wie insbesondere steuerliche Hindernisse diese Idee eines europäischen Bankenmarktes erst ab 1985 mit zunehmender Verwirklichung des [[Europäischer Binnenmarkt|europäischen Binnenmarktes]] auf der Grundlage des darauf abzielenden Weißbuchs der Kommission und der Einheitlichen Europäischen Akte von 1986 besonders dringlich und auf Finanzprodukte übertragbar erscheinen. Neben diesen wichtigen Integrationsschritten und dem Eigenkapitalstandard im Baseler Akkord, an dessen Zustandekommen sieben der zwölf Mitgliedstaaten beteiligt waren, ist schließlich als entscheidender Katalysator für den europäischen Bankenmarkt die Herstellung der Währungsunion mit der Einführung des Euro hervorzuheben, die mit der Vereinheitlichung der Notenbankinstrumentarien und ‑politik bei der [[Europäische Zentralbank|Europäischen Zentralbank]] eine neue Phase der Europäischen Integration eingeläutet hat.
Dem Personenverband „Belegschaft“ wird eine Reihe von Befugnissen verliehen, die vom Betriebsrat wahrzunehmen sind: es handelt sich im Wesentlichen um allgemeine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, etwa Recht auf Beratung, Auskunft, Information, ein allgemeines Interventionsrecht und ein allgemeines Überwachungsrecht und schließlich auch Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in sozialen, in personellen und in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Wahrnehmung der sozialen Angelegenheiten erfolgt meist durch Abschluss entsprechender [[Betriebsvereinbarung]]en.  


== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Ein dem Begriff „Betriebsrat“ funktional äquivalenter Begriff findet sich in anderen wichtigen EU-Staaten freilich nicht. Gleichwohl bestehen Arbeitnehmerrepräsentationsstrukturen auf betrieblicher Ebene etwa in Italien und in Frankreich:
Die Bankrechtskoordinierung in der Europäischen Gemeinschaft hat vom Ende der sechziger Jahre bis heute zu einer weitgehenden Harmonisierung des Bankaufsichtsrechts auf dem Europäischen Bankenmarkt geführt. Diese Entwicklung wurde unter gleichzeitiger Wahrung und Anerkennung der Zuständigkeit mitgliedstaatlicher Behörden auf der Grundlage des [[Europäischer Pass|Europäischen Pass]]es ohne Schaffung einer europäischen Bank- oder Wertpapieraufsichtsbehörde verwirklicht. Sie erstreckte sich zunächst auf eine Vereinheitlichung der Zulassungsverfahren für Banken und andere Finanzdienstleister unter der primären Aufsicht der Behörden des Herkunftslandes und wurde insbesondere im Laufe der neunziger Jahre unter dem Eindruck vom Zusammenbruch der Bank of Credit and Commerce International (BCCI)-Gruppe zu einer Kontrolle der Geschäftstätigkeiten der Banken erweitert. Letztere bezieht sich in erster Linie etwa auf Fragen der Einlagensicherung, auf die Überwachung von Großkrediten sowie Probleme im System der Solvenzaufsicht und wird durch Maßgaben für Sanierung und Liquidation komplettiert.


Auf dem Gebiet des privaten Bankrechts ist bisher keine so umfassende europaweite Regelung verwirklicht worden wie dies im Aufsichtsrecht der Fall ist. Hier werden lediglich einzelne Bereiche, namentlich der Zahlungsverkehr in mehreren Richtlinien geregelt und auf diese Weise einer vereinheitlichenden Gesetzgebung der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung eines integrierten Europäischen Bankenmarktes zugeführt. Darüber hinaus prägen Fragen des Verbraucherschutzes das Bild der Regelungsaktivitäten auf dem Gebiet des privaten europäischen Bankrechts, denen sich der Europäische Gesetzgeber seit 2002 verstärkt gewidmet hat.
In Italien gibt es keine dem deutschen Betriebsrat vergleichbare Rechtsinstitution. Insbesondere fehlen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach dem Modell der deutschen Betriebsverfassung. Allerdings wurden in den letzten Jahren von den Gewerkschaften kontrollierte betriebliche Vertretungsstrukturen errichtet. Es handelt sich um die RSU (''rappresentanza sindacali unitaria'' = betriebliche gewerkschaftliche Arbeitnehmervertretungsstrukturen). Sie stehen unter gesetzlichem Schutz (Art. 19 f. Arbeitnehmerstatut 1970), haben aber keine weitergehenden Mitbestimmungsrechte. Informations- und Beratungsrechte stehen ihnen zu, wenn dies von den zuständigen Tarifverträgen vorgesehen ist.


Ein ebenfalls zu nennender Bestimmungsfaktor für die neuere Entwicklung im Europäischen Bankenmarkt ist der Zuwachs an branchenübergreifend tätigen Finanzkonglomeraten, deren Allfinanzkonzepte schon allein unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Risikobeurteilung eine homogene Gesamtaufsicht erfordert. Schließlich sind auf dem Europäischen Bankenmarkt aktuell Regelungsinitiativen zur Bekämpfung der Terrorismusgefahr zu verzeichnen, die sich insbesondere gegen Geldwäsche sowie gegen Terrorismusfinanzierung richten.
Nach französischem Recht können die Arbeitnehmer sowohl durch die Personalvertreter (''délégues syndicale'', deren hauptsächliche Aufgabe es ist, die Betriebsleitung über die Beschwerden der Belegschaft zu unterrichten) als auch durch den Betriebsausschuss (''comité d’entreprise'') vertreten werden. Ein Betriebsausschuss ist in Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten zu bilden. Die Zahl der Ausschussmitglieder richtet sich nach der Größe der Unternehmensbelegschaft. Die Mitglieder werden für eine Dauer von zwei Jahren gewählt. Der Geschäftsführer oder Verwaltungsratsvorsitzende des Unternehmens ist zugleich auch Betriebsausschussvorsitzender (hier zeigt sich ein markanter Unterschied zwischen dem deutschen Betriebsrat und dem französischen Betriebsausschuss). Der französische Betriebsausschuss ist für die Leitung der den Arbeitnehmern angebotenen arbeitgeberfinanzierten sozialen und kulturellen Aktivitäten verantwortlich. Weiters ist er in regelmäßigen Abständen über die Unternehmenslage zu unterrichten und zu den entsprechenden Fragen anzuhören (Art. L 431 f. ''Code du travail''). In Unternehmen, die aus mehreren Betrieben bestehen, wählen die Arbeitnehmer in der Regel sowohl einen Unternehmensausschuss (''comité central d’entreprise'') als auch einen Betriebsausschuss (''comité d’etablissement''); in Unternehmenskonzernen kann ein zusätzlicher Konzernausschuss (''comité de groupe'') errichtet werden (diesen Organen entspricht der deutsche Gesamtbetriebsrat bzw. der österreichische Zentralbetriebsrat; der deutsche Konzernbetriebsrat bzw. die österreichische Konzernvertretung).


== 3. Regelungsstrukturen ==
Im Vereinigten Königreich gibt es bislang keine Institute, die dem deutschen Betriebsrat auch nur annähernd nahekommen. Allerdings wird dieser Mitgliedstaat die Vorgaben der RL 2002/14, welche die Pflicht der Unterrichtung und Anhörung sowie der Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsehen, zu beachten haben.  
Die Integration des europäischen Bankenmarktes basiert vor allem auf den [[Grundfreiheiten (allgemeine Grundsätze)|Grundfreiheiten]] der [[Niederlassungsfreiheit|Niederlassungs-]], [[Dienstleistungsfreiheit|Dienstleistungs-]] und der [[Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit]] gemäß Art. 43 EG/49 AEUV, Art. 49 EG/56 AEUV und Art. 56 EG/63 AEUV, die den Ausbau eines europaweiten Filialnetzes und die grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienstleistungen an Einzelpersonen im In- oder Ausland mit ihrem Gegenstandsbereich erfassen. Aus diesem Grundansatz bei den Grundfreiheiten und der Binnenmarktidee sind die Herkunftslandkontrolle ([[Herkunftslandprinzip]]) und der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Aufsichtsmaßnahmen zu folgern. Er ist wesentlicher Baustein einer dezentralisierten Aufsicht im Wege mitgliedstaatlicher Umsetzung der Richtlinien.


Richtlinien kommt bei der Integration des europäischen Bankenmarktes für die Aufhebung von diskriminierenden Beschränkungen eine erhebliche Bedeutung zu, so dass sich die Koordinierung im europäischen Bankenmarkt im Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EU (1992)/ 221 EU (2007) vollzieht, das ein Zusammenwirken von Ministerrat und Parlament erfordert. Eine Fortsetzung und Vertiefung der Integrationsmaßnahmen im Hinblick auf den Europäischen Bankenmarkt erfolgte auf der Grundlage des Aktionsplans für Finanzdienstleistungen (''Financial Services Action Plan''). Letzterer sollte als Programmdokument nach seiner strategischen Zielsetzung einen einheitlichen Firmenkundenmarkt gewährleisten, offenere und sicherere Privatkundenmärkte schaffen und die Aufsichtsregeln und Überwachung modernisieren. Das in Anbetracht der Defizite des Mitentscheidungsverfahrens von dem vom Rat eingesetzten Ausschuss der Weisen unter Vorsitz von ''Baron Lamfalussy'' vorgeschlagene vierstufige Ausschussverfahren kommt mit bis 2005 sukzessive geänderten Ausschussstrukturen analog auch im Banken- und Versicherungsbereich zur Anwendung.
== 2. Geschichtliche Entwicklung des „Betriebsrat“ ==
Der erste rechtspolitische Vorschlag zur Regelung der selbständigen betrieblichen Interessenvertretung wurde in der Frankfurter Nationalversammlung als Minderheitsentwurf zur Reichsgewerbeordnung vorgelegt. Er zielte auf die Einrichtung von Fabrikausschüssen mit beratender Funktion ab. Die Nationalversammlung wurde allerdings aufgelöst, ehe sie ein neues, nationales Gewerbe- und Arbeitsrecht beraten konnte. Jahre später schritten einzelne Unternehmer zur Tat und gründeten in ihren Unternehmungen Arbeiterausschüsse, denen sie nach und nach eine Reihe von Mitwirkungsaufgaben übertrugen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts schuf der Gesetzgeber die ersten Grundlagen für Mitwirkungsorgane der Belegschaft (1891 GewO-Novelle im Deutschen Reich; 1896 das Gesetz über die Errichtung von Genossenschaften beim Bergbau in Österreich). Mittlerweile hatten sich in vielen Industriebetrieben bereits Vertrauensmännerorganisationen auf freiwilliger Basis ohne besondere Rechtsgrundlagen auf Initiative meist gewerkschaftlicher Funktionäre gebildet.  


Nachdem der Aktionsplan mittlerweile weitgehend abgearbeitet ist, legte die Kommission 2005 ein Grünbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 2005-2010 (KOM(2005) 177 endg.) zur Diskussion und Konsultation vor, dem noch in demselben Jahr ein Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik für die Jahre 2005-2010 (KOM (2005) 629 endg.) folgte.
Einen qualitativen Sprung bedeutete indes das Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst vom 5.12.1916 (RGBl. 1916, 1333). Durch dieses Gesetz wurden nämlich erstmals reichsweit obligatorische Arbeiter- und Angestelltenausschüsse in Betrieben mit mehr als 50 Arbeitnehmern eingerichtet.


== 4. Richtlinien zur Integration des Europäischen Bankenmarktes ==
Infolge der Novemberrevolution 1918 wurde das System zur Gestaltung der sozialen Beziehungen erstmals mit der „Verordnung über Tarifverträge, Arbeiter- und Angestellten-Ausschüsse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten vom 23.12.1918“ gesetzlich neu geordnet. Die umfassende Anerkennung einer gleichberechtigten Mitbestimmung erfolgte schließlich durch die Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919 (RGBl. 1919, 1383). Art. 165 dieser Verfassung regelte ein System der Mitbestimmung auf Unternehmensebene und in der Gesamtwirtschaft. Umgesetzt wurde freilich davon nur sehr wenig.
Entscheidend haben zur Integration des Europäischen Bankenmarktes insbesondere die Richtlinien auf dem Gebiet des Bankrechts beigetragen, die die Koordinierung der Mitgliedstaaten im Bankensektor erheblich vorangetrieben haben. Hierbei sind verschiedene betroffene Regelungsfelder zu unterscheiden:


So sind als wichtige strukturbestimmende Richtlinie für die Anfangsphase der Integration die erste Bankrechtskoordinierungs-RL von 1977 (RL 77/780) und die zweite Bankrechtskoordinierungs-RL von 1989 (RL 89/646) zu nennen. Beide Richtlinien vereinheitlichen die Zulassungs- und Aufsichtsmöglichkeiten für europaweit tätige Kreditunternehmen. Die erstgenannte Richtlinie enthält eine Definition des Begriffs des Kreditinstituts sowie die Voraussetzungen für die Aufnahme und Ausübung von deren Tätigkeit. Die Zweite Bankrechtskoordinierungs-RL bedeutete dann für die Verwirklichung des Europäischen Bankenmarktes einen gewissen Durchbruch. Im Anschluss an das Weißbuch der Kommission zur Vollendung des Binnenmarktes von 1985 bringt sie mit der Einführung der Herkunftslandkontrolle, bei der die Zulassung im Herkunftsland einem [[Europäischer Pass|Europäischen Pass]] gleichkommt, wesentliche Erleichterungen für das grenzüberschreitende Bankengeschäft. Flankiert wird sie von der Eigenmittel-RL (RL 89/299) sowie der Solvabilitäts-RL (RL 89/647), die für eine Bankentätigkeit in den Mitgliedstaaten eine bestimmte Ausstattung mit Eigenmitteln bzw. eine bestimmte Relation zwischen Aktiva und außerbilanzmäßigen Geschäften voraussetzen.
Nachdem in Österreich bereits im Jahre 1919 ein Betriebsrätegesetz erlassen worden war, wurde auch im Deutschen Reich ein entsprechendes Betriebsrätegesetz verabschiedet (Gesetz vom 4.2.1920, RGBl. 1920, 147). Der im zuletzt zitierten Gesetz geregelte Betriebsrat wurde zwar gegen Repressalien der Arbeitgeber geschützt, besaß jedoch nur eingeschränkte Mitspracherechte, vor allem in personellen und sozialen Angelegenheiten. Das Betriebsrätegesetz 1920 sah erstmals auch eine Beteiligung von Arbeitnehmer-Vertretern im Aufsichtsrat vor. Das hierzu ergangene Ausführungsgesetz (Gesetz vom 15.2.1922, RGBl. 1922, 209) enthielt unter anderem den Grundsatz, dass für die in den Aufsichtsrat entsandten Betriebsratsmitglieder die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für die übrigen Aufsichtsratsmitglieder gelten.


<nowiki>Nach dem Durchbruch bei der Zulassungsfrage lag in der Folge das Augenmerk des Richtliniengebers zunächst auf der Einlagensicherung (Einlagensicherungs-RL [RL&nbsp;94/19] vom 30.5. 1994). Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf ein Sicherungssystem mit einem Umfang von mindestens EUR 20.000,- zielt auf den Schutz der Einlagen der Bankkunden und die Gewährleistung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Stabilität des Finanzsystems. Eine Verschärfung hat hier im Zuge der Finanzkrise die Richtlinie zur Änderung der Einlagensicherungsrichtlinie vom 11.3.2009 (RL&nbsp;2009/14) gebracht, die eine Erhöhung der Mindestgarantie auf EUR 50.000,- vorsieht. Insbesondere in Anbetracht mehrerer Bankenkrisen oder &#8209;zusammenbrüche (BCCI, Herstatt) ergänzt die RL&nbsp;92/121 die Solvabilitäts-RL für eine bessere Kontrolle von Großkrediten, indem sie in Art.&nbsp;3(1) eine Meldepflicht für Großkredite festlegt, die 10&nbsp;% der Eigenmittel oder mehr beträgt und als zulässige Obergrenze für Großkredite nach Art.&nbsp;4(1) 25&nbsp;% des Eigenkapitals statuiert. Als weitere Vorsichtsmaßnahmen sind die Kapitaladäquanz-RL (RL&nbsp;93/6) von 1992 zu nennen, die zwar primär an Wertpapierfirmen gerichtet ist, aber auch auf Kreditinstitute anzuwenden ist, deren Effektengeschäft 5&nbsp;% ihres gesamten Geschäftsvolumens übersteigt. Im Zentrum der Richtlinie steht die Festlegung einheitlicher Eigenkapitalanforderungen für wertpapierspezifische Risiken. Im Zuge einer weiteren Verfeinerung und teilweisen Verschärfung der Bankenaufsicht wurden 1998 im Anschluss an den Zusammenbruch der Barings Bank die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, die Solvabilitäts-RL und die Kapitaladäquanz-RL geändert. Zeitlich parallel wurden im Rahmen der Kapitaladäquanz-RL zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen auch interne Risikomanagementsysteme (sogenanntes </nowiki>''value at risk model'') der Unternehmen anerkannt, um den Baseler Eigenkapitalvorschriften insbesondere der Neuregelung Basel II Rechnung zu tragen. Die Umsetzung dieser Neuregelung sollte auf europäischer Ebene durch eine Novellierung der Kapitaladäquanz-RL (RL&nbsp;2006/49) die Anwendung von Basel II ab 2007 gewährleisten. Im Interesse einer verbesserten Übersichtlichkeit wurden die dargelegten aufsichtsrechtlichen Bankrechtskoordinierungs-, Eigenmittel-, Solvabilitäts-, Großkredite- (RL 92/121), Einlagensicherungs- sowie die jeweiligen Änderungsrichtlinien im Rahmen der SLIM-Initiative (''Simpler Legislation for the Internal Market'') von der Kommission in einer konsolidierten umfassenden Banken-RL (RL&nbsp;2000/12) von 2000 ohne inhaltliche Änderungen zu einer einheitlichen Richtlinie zusammengefasst. Im Zuge der Finanzkrise ab 2007 wurde der Entwurf einer „Richtlinie hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement“ der Kommission zur Überprüfung und Neuordnung dieses Finanzmarktrahmens am 6.5.2009 vom Europäischen Parlament verabschiedet, um die Aufsicht über grenzüberschreitend tätige Bankengruppen, die Qualität des Bankenkapitals, das Liquiditätsrisikomanagement und das Risikomanagement für verbriefte Produkte zu verbessern. Darüber hinaus hat auf aufsichtsrechtlichem Gebiet die zunehmende Gefährdung der Finanzmärkte aufgrund von wachsenden Finanzkonglomeraten zur Verabschiedung der Finanzkonglomerate-RL (RL&nbsp;2002/87) von 2002 geführt, die mit spezifischen Methoden zur Solvenzberechnung und auf Finanzkonglomerate abgestimmte Risikobeurteilungsmöglichkeiten den besonderen Gefahren einer Mehrfachbelegung des haftenden Eigenkapitals (sog. ''double'' oder ''excessive gearing'') in einer sektorübergreifenden Finanzgruppe Rechnung trägt. Schließlich richtet sich die Erste Geldwäsche-RL (RL&nbsp;91/308), modifiziert durch die RL 2001/97 gegen die Geldwäsche und die spätere RL 2005/60 weitergehend gegen eine Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
In der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus setzte das im Jahr 1934 verabschiedete Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG) vom 20.1.1934 (RGBl. I 45) das Betriebsrätegesetz außer Kraft. (Dies erfolgte auch in Österreich mit Verordnung vom 9.7.1938).


<nowiki>Neben dem Aufsichtsrecht nimmt das Recht des Zahlungsverkehrs breiten Raum im binnenmarktrelevanten Bankrecht ein, da der unbeschränkte Zahlungsverkehr die Grundvoraussetzung für die Geschäftstätigkeit gemeinschaftsweit agierender Banken ist. Den Anfang machte hier die Richtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen (Überweisungs-RL [RL&nbsp;97/5]) von 1997, die durch die verbindliche Regelung von Gebühren für innergemeinschaftliche Zahlungen und für innerstaatliche Überweisungen in der VO 2560/2001 ergänzt wurde. Ebenso betreffen die RL&nbsp;2000/28 und RL&nbsp;2000/46 mit der Ausgabe elektronischen Geldes durch Kreditinstitute und Nicht-Kreditinstitute wichtige Fragen des Zahlungsverkehrs. Eine ganz herausragende Bedeutung für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr hat schließlich der am 28.1.2008 gestartete einheitliche Euro-Zahlungsverkehrsraum, der </nowiki>''Single Euro Payments Area'' (''SEPA''), an dessen Rechtsrahmen die Kommission seit 2001 arbeitet. Rechtliche Grundlage ist nunmehr die Zahlungsdienste-RL (RL&nbsp;2007/64) vom 13.11. 2007 (''Payment Services Directive'') mit Umsetzungsfrist bis zum 1.11.2009, die die Einführung moderner und umfassender Vorschriften vorsieht und für alle Zahlungsdienstleistungen in der Europäischen Union gelten wird. Auf diesem Wege sollen grenzüberschreitende Zahlungen so einfach, effizient und sicher wie „nationale“ Zahlungen innerhalb eines Mitgliedstaats und die Zahlungsverkehrsmärkte für neue Anbieter geöffnet werden.
Der Neuanfang nach 1945 brachte in Deutschland die Wiederherstellung der Betriebsverfassung durch das Besatzungsrecht: aufgrund des Kontrollratsgesetzes Nr.&nbsp;22 vom 10.4.1946 wurde zwar die Errichtung von Betriebsräten gestattet, allerdings brachte das Gesetz keine ausdrücklich verankerten Mitbestimmungsrechte. In Österreich bildeten sich unmittelbar nach 1945 spontan in den Betrieben Vertrauensmännerausschüsse, die sich zunächst am Betriebsrätegesetz 1919 orientierten. Erst mit Gesetz vom 28.3.1947 (BRG 1947) wurde ein neues Betriebsrätegesetz geschaffen, das an die Grundgedanken des Betriebsrätegesetzes 1919 anknüpfte. Das Gesetz aus 1947 wurde mehrfach geändert. Weitere wesentliche Änderungen wurden 1973 durch die Einbindung der Grundsätze des Betriebsrätegesetzes 1947 in das neu erlassene Arbeitsverfassungsgesetz gesetzlich vorgesehen. Seit dem Inkrafttreten des ArbVG wurde auch das Betriebsverfassungsrecht vielfach novelliert (z.B ArbVG-Novelle 1986).  


Abgesehen von den wettbewerbsbezogenen Zielsetzungen, sind abschließend noch weitere Richtlinien, die den Europäischen Bankenmarkt regeln und dem Verbraucherschutz zugeordnet werden können, zu nennen. Besonders wichtig sind Fragen des Verbraucherschutzes insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen. So überrascht es nicht, dass bei den einschlägigen verbraucherschützenden Maßnahmen eine Richtlinie über den [[Fernabsatzverträge|Fernabsatz]] von Finanzdienstleistungen (RL&nbsp;2002/65) sowie Arbeiten zum Hypothekarkredit von besonderer Bedeutung sind.
Schon im November 1949 forderte die Bundestagsmehrheit die deutsche Bundesregierung auf, den Entwurf eines Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) vorzulegen. Dieser wurde – mit Änderungen – am 19.7.1952 als BetrVG vom Bundestag verabschiedet. Das Gesetz trat am 11.11.1952 in Kraft. Substantielle Änderungen dieses Gesetzes wurden erst durch die Verabschiedung des BetrVG 1972 vorgesehen.
 
In Italien gab es keine mit dem deutschen Betriebsrat vergleichbaren Arbeitnehmervertretungsstrukturen. Ursprüngliches Vertretungsorgan war die sog ''commissione interna''. Solche Kommissionen wurden erstmals in den großen norditalienischen Betrieben ab 1901 gebildet. In den Jahren 1908 bis 1914 wurde diese Institution insbesondere durch Vorschriften der Tarifverträge generalisiert. Eine entsprechende gesetzliche Regelung konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Die genannten Vertretungen wurden ab 1925 durch das faschistische Regime und die faschistischen Gewerkschaften abgebaut. Aber schon nach dem Sturz des Regimes 1943 wurde die ''commissione interna'' wieder eingeführt. Diese hatte auch typische gewerkschaftliche Funktionen wahrzunehmen. In den Jahren 1947 und 1953 wurden jedoch diese Funktionen der ''commissione interna'' entzogen. Gleichwohl blieb die ''commissione'' wichtigstes Organ der Belegschaften. Die ''commissione interna'' schloss nämlich häufig – ohne Rechtsgrundlage – mit dem Arbeitgeber Firmenkollektivverträge ab. Im Zusammenhang mit dem heißen Herbst 1969 entstanden neue Repräsentationsstrukturen, etwa der Delegierten- oder Fabrikrat (''consiglio dei delegati – consiglio di fabbrica''); schließlich haben sich in der Praxis die RSU durchgesetzt. Aufgrund gewerkschaftlicher Kompetenzübertragung können die RSU Abkommen über betriebliche Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber abschließen. Die Mitglieder der RSU werden zu zwei Dritteln von den Arbeitnehmern und zu einem Drittel von Gewerkschaftsvertretern gewählt.
 
== 3. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
=== a) Entstehungsgeschichte ===
Das seit Gründung der europäischen Verträge erfolgende Zusammenwachsen der Mitgliedstaaten der EU zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum erfordert neue Rechtsstrukturen, insbesondere auch die Vereinheitlichung von Rechtsinstituten, um nationale Alleingänge und die Beibehaltung von Barrieren abzubauen. Die Errichtung von Betriebsräten bzw. von funktional äquivalenten Arbeitnehmer-Repräsentationsstrukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten ist zwar aus der Sicht der betroffenen Belegschaften von besonderer Bedeutung. Allerdings können Betriebsräte dann bedeutungslos werden, wenn eine Unternehmung mit Sitz im Ausland Betriebsstätten im Inland betreibt. Die gesetzlichen Bestimmungen der Betriebsverfassung mit entsprechender Normierung des Betriebsrates greifen in diesem Fall nur im Inland. Das grenzüberschreitende Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland wird daher die Arbeitnehmervertreter der im Inland gelegenen Betriebsstätten nicht ohne Weiteres über Betriebsänderungen und Betriebsschließungen informieren und anhören. Diese Arbeitnehmer sind insoweit schutzlos. Gerade um diese Schutzlosigkeit zu vermeiden, wurden die Institutionen der europäischen Gemeinschaft tätig. So wurde der Europäische Betriebsrat ins Leben gerufen und durch eine entsprechende Richtlinie geregelt. Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie umzusetzen, damit das aufgezeigte Schutzdefizit der Arbeitnehmer von europaweit tätigen Unternehmen beseitigt wird.
 
Ein erster Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Mitbestimmungsrechts wurde schon im Jahre 1970 vorgelegt (ABl. 1970 C 124/1&nbsp;ff). Im Jahre 1980 gab es einen zweiten Anlauf zur Schaffung eines Europäischen Betriebsrates für Gesellschaften mit Betriebsstätten in verschiedenen Mitgliedstaaten. Insbesondere sah dieser Vorschlag für transnationale Unternehmen Informations- und Konsultationspflichten vor, die gegenüber den Arbeitnehmervertretungen zu erfüllen waren (Vredeling-RL ABl. 1980 C 297/3&nbsp;ff und geänderter Vorschlag ABl. 1983 C 217/3&nbsp;ff). Ein dritter Versuch über eine Richtlinie betreffend die Einsetzung von europäischen Betriebsräten zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. 1991 C 39/10&nbsp;f.; geänderter Entwurf in ABl. 1991 C 336/11&nbsp;ff.) blieb ohne Erfolg.
 
Die hier kurz beschriebenen Vorschläge scheiterten am Einstimmigkeitsprinzip und dem Widerstand insbesondere Großbritanniens. Durch den Vertrag von Maastricht trat in Hinblick auf den Europäischen Betriebsrat eine grundsätzliche Änderung ein. Durch diesen Vertrag wurden unter Ausschluss des Vereinigten Königreichs Möglichkeiten geschaffen, sozialpolitische Maßnahmen zu ergreifen. Der Vertrag selbst stattete den EG-Vertrag mit dem 1993 in Kraft getretenen Sozialabkommen aus, dessen Art.&nbsp;2 eine Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ermöglichte. Auf dieser Grundlage erging die RL&nbsp;94/45 des Rates vom 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen. Der Termin, bis zu dem die Mitgliedstaaten die genannte Richtlinie umzusetzen hatten, war der 22.9.1996. Deutschland kam dieser Pflicht durch das Gesetz über Europäische Betriebsräte vom 28.10.1996 nach; Österreich mit der Einfügung der §§&nbsp;171-207 in das ArbVG; Italien mit der Verabschiedung des Legislativdekrets Nr.&nbsp;74/2002; Großbritannien mit Wirkung zum 15.1.2000 (''Transnational Information and Consultation of Employees Regulations 1999''); für Frankreich ist Art.&nbsp;L. 432.1 ''Code du travail'' einschlägig.
 
=== b) Grundlagen und Definition ===
Die RL&nbsp;94/45 selbst schreibt nicht vor, wie der Europäische Betriebsrat im Einzelnen auszugestalten ist und welche Aufgaben er wahrzunehmen hat. Wie in Nr.&nbsp;9 der Erwägungsgründe der hier relevanten Richtlinie unter anderem ausgeführt wird, wird von der Richtlinie keine verbindliche Organisation festgelegt. Die Richtlinie geht vielmehr vom Grundsatz der Autonomie der Sozialpartner aus (Nr.&nbsp;15 der Erwägungsgründe der Richtlinie) und überlässt es den Arbeitnehmervertretern und der Unternehmensleitung, sich auf die ihnen zweckmäßig erscheinende Regelung zu einigen (Europäischer Betriebsrat kraft Vereinbarung). Die entsprechende Vereinbarung kann vorsehen, dass ein Europäischer Betriebsrat mit bestimmten Befugnissen errichtet wird (Art.&nbsp;6(2)). Es kann jedoch auch beschlossen werden, dass anstelle eines Europäischen Betriebsrats ein oder mehrere Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren geschaffen werden, die auf die besonderen Verhältnisse des Unternehmens bzw. der Unternehmungsgruppe zugeschnitten werden (Art.&nbsp;6 (3)). Die Parteien können auch beschließen, dass weder ein Europäischer Betriebsrat errichtet noch ein anderes Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren vereinbart wird (Art.&nbsp;5(4)).
 
Die Richtlinie bezieht sich auf gemeinschaftsweit tätige Unternehmen und Unternehmensgruppen und sieht für diese die Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter vor. Hierzu ist ein Europäischer Betriebsrat oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu errichten.
 
Schließlich definiert die zitierte Richtlinie sowohl den Begriff des „gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens“ sowie den Begriff der „gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe“. Demnach ist ein gemeinschaftsweit operierendes Unternehmen ein solches mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten und mit jeweils 150 Arbeitnehmern in jeweils mindestens 2&nbsp;Mitgliedstaaten (Art.&nbsp;2 (1)(a)). Eine Unternehmensgruppe besteht der Richtlinie zufolge aus einem herrschenden Unternehmen und den von diesem abhängigen Unternehmen, wobei die Unternehmensgruppe folgende Voraussetzungen erfüllen muss: (a) sie beschäftigt mindestens 1.000 Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten; (b) sie umfasst mindestens zwei der Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten; und (c) ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen beschäftigt mindestens 150 Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat und ein weiteres der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen auch mindestens 150 Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat (Art.&nbsp;2 (2)(b) und (c)).
 
=== c) Einrichtung des Europäischen Betriebsrates oder Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ===
Das Verfahren zur Einrichtung des Europäischen Betriebsrates oder Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer wird in der Richtlinie näher ausgestaltet (Art.&nbsp;4&nbsp;ff.). Grundstrukturen dieses Verfahrens sind das'' ''besondere Verhandlungsgremium und die zentrale Leitung.
 
Die zentrale Leitung wird von der Richtlinie als zentrale Unternehmensleitung eines gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens bzw. als zentrale Unternehmensleitung des herrschenden Unternehmens einer Unternehmensgruppe'' ''definiert. Die zentrale Leitung ist dafür verantwortlich, dass die Voraussetzungen geschaffen und die Mittel bereitgestellt werden, damit für gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen der Europäische Betriebsrat eingesetzt oder das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer geschaffen werden kann. Die zentrale Leitung hat von sich aus oder auf schriftlichen Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern oder ihren Vertretern aus mindestens 2 Betrieben die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrates zu betreiben oder die Schaffung eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens in die Wege zu leiten.
 
Verhandlungspartner der zentralen Leitung ist das besondere Verhandlungsgremium, in das Arbeitnehmervertreter zu entsenden sind. Das Verfahren für die Wahl oder Benennung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums wird von den Mitgliedstaaten festgelegt (§&nbsp;11 EBRG; §§&nbsp;179, 180 BetrVG).
 
Das besondere Verhandlungsgremium setzt sich aus mindestens 3 und höchstens 17 Mitgliedern zusammen. Hierbei ist insb. sicherzustellen: (a) die Vertretung durch ein Mitglied für jeden Mitgliedstaat; (b) die Anzahl der zusätzlichen Mitglieder im Verhältnis zur Zahl der in den Betrieben, dem herrschenden Unternehmen oder den abhängigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer.  
 
Aufgabe des'' ''besonderen Verhandlungsgremiums ist es, mit der zentralen Leitung in einer schriftlichen Vereinbarung den Tätigkeitsbereich, die Zusammensetzung, die Befugnisse und die Mandatsdauer des Europäischen Betriebsrates oder die Durchführungsmodalitäten eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer festzulegen (Art.&nbsp;5(2) und (3)).
 
Die zentrale Leitung beruft zu diesem Zweck eine Sitzung mit dem besonderen Verhandlungsgremium ein. Hierbei ist insb. festzulegen: (a) die von der Vereinbarung betroffenen Unternehmen der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe oder Betriebe des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens; (b) die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrates, die Anzahl der Mitglieder, die Sitzverteilung und die Mandatsdauer; (c) die Befugnisse und das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren des Europäischen Betriebsrates; (d) Ort, Häufigkeit und Dauer der Sitzungen des Europäischen Betriebsrates; (e) die für den Europäischen Betriebsrat bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel; (f) die Laufzeit der Vereinbarung und das bei ihrer Neuausverhandlung anzuwendende Verfahren (Art.&nbsp;6(1) und (2)).
 
Die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium können in schriftlicher Form den Beschluss fassen, dass anstelle eines Europäischen Betriebsrates ein oder mehrere Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren geschaffen werden (Art.&nbsp;6(3)).
 
Gemäß Art.&nbsp;11(2) der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Angaben der Beschäftigtenzahl auf Anfrage der Parteien, auf die die Richtlinie Anwendung findet, von den Unternehmen vorgelegt werden (i.d.S. EuGH Rs.&nbsp;C-440/00 – ''Kühne und Nagel'','' ''Slg. 2004, I-787; EuGH Rs.&nbsp;C-349/01 – ''Anker'','' ''Slg. 2004, I-6803).
 
Von Bedeutung ist schließlich die Übergangsvorschrift des Art.&nbsp;13 der Richtlinie. Danach gilt diese Richtlinie nicht für gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen, in denen zur Umsetzungsfrist (22.9. 1996) oder zu einem früheren Termin bereits eine für alle Arbeitnehmer geltende Vereinbarung besteht, in der eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vorgesehen ist (Art.&nbsp;13(1)). Laufen diese Vereinbarungen aus, so können die betreffenden Parteien gemeinsam beschließen, sie weiter anzuwenden.
 
=== d) Subsidiäre Vorschriften ===
Die Richtlinie sieht subsidiär die Errichtung des Europäischen Betriebsrats von Gesetzes wegen vor. Die Voraussetzung dafür ist, dass (a) die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fassen; (b) die zentrale Leitung die Aufnahme von Verhandlungen binnen 6 Monaten nach dem ersten Antrag (also dem Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern) verweigert; und/ oder (c) binnen drei Jahren nach dem entspre-chenden Antrag noch keine Vereinbarung zwischen der zentralen Leitung und dem besonderen Verhandlungsgremium zustande kommt.
 
Damit will der Gesetzgeber vermeiden, dass die zentrale Leitung die Etablierung eines Europäischen Betriebsrates blockiert.
 
Gemäß den subsidiären Vorschriften nach Art.&nbsp;7 der Richtlinie gelten im Hinblick auf die gesetzliche Einsetzung des Europäischen Betriebsrates (also des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes) folgende wesentliche Regelungen: Der Europäische Betriebsrat setzt sich aus den Arbeitnehmern des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe zusammen, die von den Arbeitnehmervertretern aus ihrer Mitte oder, in Ermangelung solcher Vertreter, von der Gesamtheit der Arbeitnehmer gewählt oder benannt werden. Die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates werden entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewählt oder benannt. Der Europäische Betriebsrat kraft Gesetzes besteht aus mindestens 3 und höchstens 30 Mitgliedern. Wenn es die Zahl der Mitglieder rechtfertigt, wählt der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Ausschuss (höchstens 3 Mitglieder). Bei der Wahl oder Benennung der Mitglieder des Europäischen Betriebsrates sind folgende Punkte sicherzustellen: (a) zunächst die Vertretung durch ein Mitglied für jeden Mitgliedstaat; (b) die Anzahl der zusätzlichen Mitglieder im Verhältnis zur Zahl der in den Betrieben des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens, in dem herrschenden Unternehmen oder in den abhängigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer; (c) die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrates ist der zentralen Leitung mitzuteilen; (d) vier Jahre nach der gesetzlich vorgesehenen Einrichtung des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes hat dieser zu prüfen, ob ein Europäischer Betriebsrat kraft Vereinbarung errichtet werden soll oder aber weiterhin die subsidiären Vorschriften angewendet werden sollen; (e) der Europäische Betriebsrat kraft Gesetzes ist befugt, einmal jährlich mit der zentralen Leitung zum Zweck der Unterrichtung und Anhörung, auf der Grundlage eines von der zentralen Leitung vorgelegten Berichts, über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe zusammentreten; (f) treten außergewöhnliche Umstände ein, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, insbesondere bei Verlegung oder Schließung von Unternehmen, hat der engere Ausschuss das Recht, darüber informiert und auf Antrag von der zentralen Leitung angehört zu werden; (g) die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates informieren die Arbeitnehmervertreter bzw. die Belegschaft der Betriebe oder der zur gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen über Inhalt und Ergebnisse der gemäß den subsidiären Vorschriften durchgeführten Unterrichtung und Anhörung.
 
== 4. Schlussbemerkung ==
Die hier thematisierte RL&nbsp;94/45 betreffend die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats ist Grundlage weiterer Richtlinie der EG betreffend die Mitbestimmung von Arbeitnehmern. So etwa die RL&nbsp;2001/86 vom 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer und die RL&nbsp;2002/14 vom 11.3.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Damit soll sichergestellt werden, dass grenzüberschreitende Unternehmungen und Unternehmensgruppen sämtlichen Arbeitnehmern dieser Unternehmen und Unternehmensgruppen ein Minimum an Mitwirkungsrechten eingeräumt wird und damit die soziale Dimension der EU weiter vertieft wird.


==Literatur==
==Literatur==
''Stefan Griller ''(Hg.), Banken im Binnenmarkt, 1992; ''Marc Dassesse'','' Stuart Issacs'','' Graham Penn'', EC Banking Law, 2.&nbsp;Aufl. 1994; ''Ross Cranston'' (Hg.), The Single Market and The Law of Banking, 2.&nbsp;Aufl. 1995; ''Blanche Sousi-Roubi'', Droit bancaire européen, 1995; ''Thomas Wernicke'', Privates Bankvertragsrecht im EG-Binnenmarkt, 1996; ''John Anthony Usher'', The law of money and financial services in the EC, 2.&nbsp;Aufl. 2000; ''Norbert Horn'','' ''Europäisches Finanzmarktrecht, 2003; ''Klaus J. Hopt'','' Eddy Wymeersch'','' ''European Company and Financial Law, 4.&nbsp;Aufl. 2007; ''Peter Troberg'','' Doris Kolassa'','' ''in: Herbert Schimansky, Hermann-Josef Bunte, Hans-Jürgen Lwowski (Hg.), Bankrechts-Handbuch, Bd.&nbsp;II, 3.&nbsp;Aufl. 2007, §&nbsp;135; ''Despina Mavromati'','' ''The Law of Payment Services in the EU, 2008.
''Meinhard Heinze'', Der Europäische Betriebsrat in Österreich und Deutschland, in: Festschrift für Theodor Tomandl, 1998, 139&nbsp;ff.; ''Detlev Joost'', Europäischer Betriebsrat, in: Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd.&nbsp;3, 2.&nbsp;Aufl. 2000, 1834&nbsp;ff.; ''Martin Henssler'', ''Axel Braun'' (Hg.), Arbeitsrecht in Europa, 2003, 286&nbsp;ff., 427&nbsp;ff.; ''Franco Carinci'','' Paolo Tosi'','' Tiziano Treu'', Diritto del lavoro, Bd.&nbsp;1, 5.&nbsp;Aufl. 2006, 124&nbsp;ff.; ''Hartmut Oetker'', ''Claudia Schubert'', Europäisches Betriebsverfassungsrecht, Teil B 8300, in: Hartmut Oetker, Ulrich Preis (Hg.), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS) (Loseblatt).


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Version vom 28. September 2021, 16:06 Uhr

von Ulrich Runggaldier

1. Begriff, Gegenstand und Zweck

Der Betriebsrat ist eine im deutschen Sprachraum fest verankerte Einrichtung. Errichtung und Funktionen des Betriebsrates sind gesetzlich klar umschrieben: sowohl nach dem deutschen Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) als auch nach dem österreichischen Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) ist der Betriebsrat als Organ der Belegschaft, der Teilrechtspersönlichkeit zukommt, zu qualifizieren. Der Betriebsrat selbst wird von der Belegschaft gewählt und vertritt deren Interessen gegenüber dem Betriebsinhaber. Er ist in die Betriebsverfassung eingebunden. Diese regelt die Arbeitnehmer-Repräsentationsstrukturen auf Betriebs-, Unternehmens-, Konzern- und multinationaler Ebene sowie die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmerschaft auf diesen Ebenen. Gemäß § 39 Abs. 1 ArbVG soll aufgrund der Bestimmungen der gesetzlichen Betriebsverfassung ein Interessenausgleich zwischen Betriebsinhaber und Belegschaft herbeigeführt werden. Der zitierten gesetzlichen Vorschrift ist zu entnehmen, dass der Interessenausgleich im Rahmen der Betriebsverfassung auf friedliche Verfahren hin ausgerichtet ist, die dem Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes dienen sollen (kooperatives Prinzip). Nahezu gleichlautend der § 2 Abs. 1 BetrVG. Dem entspricht, dass Interessengegensätze friedlich, nicht jedoch durch Rückgriff auf Arbeitskämpfe ausgetragen werden sollen (Arbeitskampfverbot im Rahmen der Betriebsverfassung). Insofern dienen die Institutionen der Betriebsverfassung auch der Erhaltung und Sicherung des Betriebsfriedens.

Dem Personenverband „Belegschaft“ wird eine Reihe von Befugnissen verliehen, die vom Betriebsrat wahrzunehmen sind: es handelt sich im Wesentlichen um allgemeine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte, etwa Recht auf Beratung, Auskunft, Information, ein allgemeines Interventionsrecht und ein allgemeines Überwachungsrecht und schließlich auch Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in sozialen, in personellen und in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Wahrnehmung der sozialen Angelegenheiten erfolgt meist durch Abschluss entsprechender Betriebsvereinbarungen.

Ein dem Begriff „Betriebsrat“ funktional äquivalenter Begriff findet sich in anderen wichtigen EU-Staaten freilich nicht. Gleichwohl bestehen Arbeitnehmerrepräsentationsstrukturen auf betrieblicher Ebene etwa in Italien und in Frankreich:

In Italien gibt es keine dem deutschen Betriebsrat vergleichbare Rechtsinstitution. Insbesondere fehlen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach dem Modell der deutschen Betriebsverfassung. Allerdings wurden in den letzten Jahren von den Gewerkschaften kontrollierte betriebliche Vertretungsstrukturen errichtet. Es handelt sich um die RSU (rappresentanza sindacali unitaria = betriebliche gewerkschaftliche Arbeitnehmervertretungsstrukturen). Sie stehen unter gesetzlichem Schutz (Art. 19 f. Arbeitnehmerstatut 1970), haben aber keine weitergehenden Mitbestimmungsrechte. Informations- und Beratungsrechte stehen ihnen zu, wenn dies von den zuständigen Tarifverträgen vorgesehen ist.

Nach französischem Recht können die Arbeitnehmer sowohl durch die Personalvertreter (délégues syndicale, deren hauptsächliche Aufgabe es ist, die Betriebsleitung über die Beschwerden der Belegschaft zu unterrichten) als auch durch den Betriebsausschuss (comité d’entreprise) vertreten werden. Ein Betriebsausschuss ist in Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten zu bilden. Die Zahl der Ausschussmitglieder richtet sich nach der Größe der Unternehmensbelegschaft. Die Mitglieder werden für eine Dauer von zwei Jahren gewählt. Der Geschäftsführer oder Verwaltungsratsvorsitzende des Unternehmens ist zugleich auch Betriebsausschussvorsitzender (hier zeigt sich ein markanter Unterschied zwischen dem deutschen Betriebsrat und dem französischen Betriebsausschuss). Der französische Betriebsausschuss ist für die Leitung der den Arbeitnehmern angebotenen arbeitgeberfinanzierten sozialen und kulturellen Aktivitäten verantwortlich. Weiters ist er in regelmäßigen Abständen über die Unternehmenslage zu unterrichten und zu den entsprechenden Fragen anzuhören (Art. L 431 f. Code du travail). In Unternehmen, die aus mehreren Betrieben bestehen, wählen die Arbeitnehmer in der Regel sowohl einen Unternehmensausschuss (comité central d’entreprise) als auch einen Betriebsausschuss (comité d’etablissement); in Unternehmenskonzernen kann ein zusätzlicher Konzernausschuss (comité de groupe) errichtet werden (diesen Organen entspricht der deutsche Gesamtbetriebsrat bzw. der österreichische Zentralbetriebsrat; der deutsche Konzernbetriebsrat bzw. die österreichische Konzernvertretung).

Im Vereinigten Königreich gibt es bislang keine Institute, die dem deutschen Betriebsrat auch nur annähernd nahekommen. Allerdings wird dieser Mitgliedstaat die Vorgaben der RL 2002/14, welche die Pflicht der Unterrichtung und Anhörung sowie der Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorsehen, zu beachten haben.

2. Geschichtliche Entwicklung des „Betriebsrat“

Der erste rechtspolitische Vorschlag zur Regelung der selbständigen betrieblichen Interessenvertretung wurde in der Frankfurter Nationalversammlung als Minderheitsentwurf zur Reichsgewerbeordnung vorgelegt. Er zielte auf die Einrichtung von Fabrikausschüssen mit beratender Funktion ab. Die Nationalversammlung wurde allerdings aufgelöst, ehe sie ein neues, nationales Gewerbe- und Arbeitsrecht beraten konnte. Jahre später schritten einzelne Unternehmer zur Tat und gründeten in ihren Unternehmungen Arbeiterausschüsse, denen sie nach und nach eine Reihe von Mitwirkungsaufgaben übertrugen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts schuf der Gesetzgeber die ersten Grundlagen für Mitwirkungsorgane der Belegschaft (1891 GewO-Novelle im Deutschen Reich; 1896 das Gesetz über die Errichtung von Genossenschaften beim Bergbau in Österreich). Mittlerweile hatten sich in vielen Industriebetrieben bereits Vertrauensmännerorganisationen auf freiwilliger Basis ohne besondere Rechtsgrundlagen auf Initiative meist gewerkschaftlicher Funktionäre gebildet.

Einen qualitativen Sprung bedeutete indes das Gesetz über den Vaterländischen Hilfsdienst vom 5.12.1916 (RGBl. 1916, 1333). Durch dieses Gesetz wurden nämlich erstmals reichsweit obligatorische Arbeiter- und Angestelltenausschüsse in Betrieben mit mehr als 50 Arbeitnehmern eingerichtet.

Infolge der Novemberrevolution 1918 wurde das System zur Gestaltung der sozialen Beziehungen erstmals mit der „Verordnung über Tarifverträge, Arbeiter- und Angestellten-Ausschüsse und Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten vom 23.12.1918“ gesetzlich neu geordnet. Die umfassende Anerkennung einer gleichberechtigten Mitbestimmung erfolgte schließlich durch die Weimarer Reichsverfassung vom 11.8.1919 (RGBl. 1919, 1383). Art. 165 dieser Verfassung regelte ein System der Mitbestimmung auf Unternehmensebene und in der Gesamtwirtschaft. Umgesetzt wurde freilich davon nur sehr wenig.

Nachdem in Österreich bereits im Jahre 1919 ein Betriebsrätegesetz erlassen worden war, wurde auch im Deutschen Reich ein entsprechendes Betriebsrätegesetz verabschiedet (Gesetz vom 4.2.1920, RGBl. 1920, 147). Der im zuletzt zitierten Gesetz geregelte Betriebsrat wurde zwar gegen Repressalien der Arbeitgeber geschützt, besaß jedoch nur eingeschränkte Mitspracherechte, vor allem in personellen und sozialen Angelegenheiten. Das Betriebsrätegesetz 1920 sah erstmals auch eine Beteiligung von Arbeitnehmer-Vertretern im Aufsichtsrat vor. Das hierzu ergangene Ausführungsgesetz (Gesetz vom 15.2.1922, RGBl. 1922, 209) enthielt unter anderem den Grundsatz, dass für die in den Aufsichtsrat entsandten Betriebsratsmitglieder die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie für die übrigen Aufsichtsratsmitglieder gelten.

In der Zeit der Herrschaft des Nationalsozialismus setzte das im Jahr 1934 verabschiedete Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit (AOG) vom 20.1.1934 (RGBl. I 45) das Betriebsrätegesetz außer Kraft. (Dies erfolgte auch in Österreich mit Verordnung vom 9.7.1938).

Der Neuanfang nach 1945 brachte in Deutschland die Wiederherstellung der Betriebsverfassung durch das Besatzungsrecht: aufgrund des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 vom 10.4.1946 wurde zwar die Errichtung von Betriebsräten gestattet, allerdings brachte das Gesetz keine ausdrücklich verankerten Mitbestimmungsrechte. In Österreich bildeten sich unmittelbar nach 1945 spontan in den Betrieben Vertrauensmännerausschüsse, die sich zunächst am Betriebsrätegesetz 1919 orientierten. Erst mit Gesetz vom 28.3.1947 (BRG 1947) wurde ein neues Betriebsrätegesetz geschaffen, das an die Grundgedanken des Betriebsrätegesetzes 1919 anknüpfte. Das Gesetz aus 1947 wurde mehrfach geändert. Weitere wesentliche Änderungen wurden 1973 durch die Einbindung der Grundsätze des Betriebsrätegesetzes 1947 in das neu erlassene Arbeitsverfassungsgesetz gesetzlich vorgesehen. Seit dem Inkrafttreten des ArbVG wurde auch das Betriebsverfassungsrecht vielfach novelliert (z.B ArbVG-Novelle 1986).

Schon im November 1949 forderte die Bundestagsmehrheit die deutsche Bundesregierung auf, den Entwurf eines Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) vorzulegen. Dieser wurde – mit Änderungen – am 19.7.1952 als BetrVG vom Bundestag verabschiedet. Das Gesetz trat am 11.11.1952 in Kraft. Substantielle Änderungen dieses Gesetzes wurden erst durch die Verabschiedung des BetrVG 1972 vorgesehen.

In Italien gab es keine mit dem deutschen Betriebsrat vergleichbaren Arbeitnehmervertretungsstrukturen. Ursprüngliches Vertretungsorgan war die sog commissione interna. Solche Kommissionen wurden erstmals in den großen norditalienischen Betrieben ab 1901 gebildet. In den Jahren 1908 bis 1914 wurde diese Institution insbesondere durch Vorschriften der Tarifverträge generalisiert. Eine entsprechende gesetzliche Regelung konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Die genannten Vertretungen wurden ab 1925 durch das faschistische Regime und die faschistischen Gewerkschaften abgebaut. Aber schon nach dem Sturz des Regimes 1943 wurde die commissione interna wieder eingeführt. Diese hatte auch typische gewerkschaftliche Funktionen wahrzunehmen. In den Jahren 1947 und 1953 wurden jedoch diese Funktionen der commissione interna entzogen. Gleichwohl blieb die commissione wichtigstes Organ der Belegschaften. Die commissione interna schloss nämlich häufig – ohne Rechtsgrundlage – mit dem Arbeitgeber Firmenkollektivverträge ab. Im Zusammenhang mit dem heißen Herbst 1969 entstanden neue Repräsentationsstrukturen, etwa der Delegierten- oder Fabrikrat (consiglio dei delegati – consiglio di fabbrica); schließlich haben sich in der Praxis die RSU durchgesetzt. Aufgrund gewerkschaftlicher Kompetenzübertragung können die RSU Abkommen über betriebliche Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber abschließen. Die Mitglieder der RSU werden zu zwei Dritteln von den Arbeitnehmern und zu einem Drittel von Gewerkschaftsvertretern gewählt.

3. Tendenzen der Rechtsentwicklung

a) Entstehungsgeschichte

Das seit Gründung der europäischen Verträge erfolgende Zusammenwachsen der Mitgliedstaaten der EU zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum erfordert neue Rechtsstrukturen, insbesondere auch die Vereinheitlichung von Rechtsinstituten, um nationale Alleingänge und die Beibehaltung von Barrieren abzubauen. Die Errichtung von Betriebsräten bzw. von funktional äquivalenten Arbeitnehmer-Repräsentationsstrukturen in den einzelnen Mitgliedstaaten ist zwar aus der Sicht der betroffenen Belegschaften von besonderer Bedeutung. Allerdings können Betriebsräte dann bedeutungslos werden, wenn eine Unternehmung mit Sitz im Ausland Betriebsstätten im Inland betreibt. Die gesetzlichen Bestimmungen der Betriebsverfassung mit entsprechender Normierung des Betriebsrates greifen in diesem Fall nur im Inland. Das grenzüberschreitende Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland wird daher die Arbeitnehmervertreter der im Inland gelegenen Betriebsstätten nicht ohne Weiteres über Betriebsänderungen und Betriebsschließungen informieren und anhören. Diese Arbeitnehmer sind insoweit schutzlos. Gerade um diese Schutzlosigkeit zu vermeiden, wurden die Institutionen der europäischen Gemeinschaft tätig. So wurde der Europäische Betriebsrat ins Leben gerufen und durch eine entsprechende Richtlinie geregelt. Die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie umzusetzen, damit das aufgezeigte Schutzdefizit der Arbeitnehmer von europaweit tätigen Unternehmen beseitigt wird.

Ein erster Vorschlag zur Schaffung eines europäischen Mitbestimmungsrechts wurde schon im Jahre 1970 vorgelegt (ABl. 1970 C 124/1 ff). Im Jahre 1980 gab es einen zweiten Anlauf zur Schaffung eines Europäischen Betriebsrates für Gesellschaften mit Betriebsstätten in verschiedenen Mitgliedstaaten. Insbesondere sah dieser Vorschlag für transnationale Unternehmen Informations- und Konsultationspflichten vor, die gegenüber den Arbeitnehmervertretungen zu erfüllen waren (Vredeling-RL ABl. 1980 C 297/3 ff und geänderter Vorschlag ABl. 1983 C 217/3 ff). Ein dritter Versuch über eine Richtlinie betreffend die Einsetzung von europäischen Betriebsräten zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen (ABl. 1991 C 39/10 f.; geänderter Entwurf in ABl. 1991 C 336/11 ff.) blieb ohne Erfolg.

Die hier kurz beschriebenen Vorschläge scheiterten am Einstimmigkeitsprinzip und dem Widerstand insbesondere Großbritanniens. Durch den Vertrag von Maastricht trat in Hinblick auf den Europäischen Betriebsrat eine grundsätzliche Änderung ein. Durch diesen Vertrag wurden unter Ausschluss des Vereinigten Königreichs Möglichkeiten geschaffen, sozialpolitische Maßnahmen zu ergreifen. Der Vertrag selbst stattete den EG-Vertrag mit dem 1993 in Kraft getretenen Sozialabkommen aus, dessen Art. 2 eine Richtlinie über die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ermöglichte. Auf dieser Grundlage erging die RL 94/45 des Rates vom 22.9.1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen. Der Termin, bis zu dem die Mitgliedstaaten die genannte Richtlinie umzusetzen hatten, war der 22.9.1996. Deutschland kam dieser Pflicht durch das Gesetz über Europäische Betriebsräte vom 28.10.1996 nach; Österreich mit der Einfügung der §§ 171-207 in das ArbVG; Italien mit der Verabschiedung des Legislativdekrets Nr. 74/2002; Großbritannien mit Wirkung zum 15.1.2000 (Transnational Information and Consultation of Employees Regulations 1999); für Frankreich ist Art. L. 432.1 Code du travail einschlägig.

b) Grundlagen und Definition

Die RL 94/45 selbst schreibt nicht vor, wie der Europäische Betriebsrat im Einzelnen auszugestalten ist und welche Aufgaben er wahrzunehmen hat. Wie in Nr. 9 der Erwägungsgründe der hier relevanten Richtlinie unter anderem ausgeführt wird, wird von der Richtlinie keine verbindliche Organisation festgelegt. Die Richtlinie geht vielmehr vom Grundsatz der Autonomie der Sozialpartner aus (Nr. 15 der Erwägungsgründe der Richtlinie) und überlässt es den Arbeitnehmervertretern und der Unternehmensleitung, sich auf die ihnen zweckmäßig erscheinende Regelung zu einigen (Europäischer Betriebsrat kraft Vereinbarung). Die entsprechende Vereinbarung kann vorsehen, dass ein Europäischer Betriebsrat mit bestimmten Befugnissen errichtet wird (Art. 6(2)). Es kann jedoch auch beschlossen werden, dass anstelle eines Europäischen Betriebsrats ein oder mehrere Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren geschaffen werden, die auf die besonderen Verhältnisse des Unternehmens bzw. der Unternehmungsgruppe zugeschnitten werden (Art. 6 (3)). Die Parteien können auch beschließen, dass weder ein Europäischer Betriebsrat errichtet noch ein anderes Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren vereinbart wird (Art. 5(4)).

Die Richtlinie bezieht sich auf gemeinschaftsweit tätige Unternehmen und Unternehmensgruppen und sieht für diese die Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter vor. Hierzu ist ein Europäischer Betriebsrat oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu errichten.

Schließlich definiert die zitierte Richtlinie sowohl den Begriff des „gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens“ sowie den Begriff der „gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe“. Demnach ist ein gemeinschaftsweit operierendes Unternehmen ein solches mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten und mit jeweils 150 Arbeitnehmern in jeweils mindestens 2 Mitgliedstaaten (Art. 2 (1)(a)). Eine Unternehmensgruppe besteht der Richtlinie zufolge aus einem herrschenden Unternehmen und den von diesem abhängigen Unternehmen, wobei die Unternehmensgruppe folgende Voraussetzungen erfüllen muss: (a) sie beschäftigt mindestens 1.000 Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten; (b) sie umfasst mindestens zwei der Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten; und (c) ein der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen beschäftigt mindestens 150 Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat und ein weiteres der Unternehmensgruppe angehörendes Unternehmen auch mindestens 150 Arbeitnehmer in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 2 (2)(b) und (c)).

c) Einrichtung des Europäischen Betriebsrates oder Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer

Das Verfahren zur Einrichtung des Europäischen Betriebsrates oder Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer wird in der Richtlinie näher ausgestaltet (Art. 4 ff.). Grundstrukturen dieses Verfahrens sind das besondere Verhandlungsgremium und die zentrale Leitung.

Die zentrale Leitung wird von der Richtlinie als zentrale Unternehmensleitung eines gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens bzw. als zentrale Unternehmensleitung des herrschenden Unternehmens einer Unternehmensgruppe definiert. Die zentrale Leitung ist dafür verantwortlich, dass die Voraussetzungen geschaffen und die Mittel bereitgestellt werden, damit für gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen der Europäische Betriebsrat eingesetzt oder das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer geschaffen werden kann. Die zentrale Leitung hat von sich aus oder auf schriftlichen Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern oder ihren Vertretern aus mindestens 2 Betrieben die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrates zu betreiben oder die Schaffung eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens in die Wege zu leiten.

Verhandlungspartner der zentralen Leitung ist das besondere Verhandlungsgremium, in das Arbeitnehmervertreter zu entsenden sind. Das Verfahren für die Wahl oder Benennung der Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums wird von den Mitgliedstaaten festgelegt (§ 11 EBRG; §§ 179, 180 BetrVG).

Das besondere Verhandlungsgremium setzt sich aus mindestens 3 und höchstens 17 Mitgliedern zusammen. Hierbei ist insb. sicherzustellen: (a) die Vertretung durch ein Mitglied für jeden Mitgliedstaat; (b) die Anzahl der zusätzlichen Mitglieder im Verhältnis zur Zahl der in den Betrieben, dem herrschenden Unternehmen oder den abhängigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer.

Aufgabe des besonderen Verhandlungsgremiums ist es, mit der zentralen Leitung in einer schriftlichen Vereinbarung den Tätigkeitsbereich, die Zusammensetzung, die Befugnisse und die Mandatsdauer des Europäischen Betriebsrates oder die Durchführungsmodalitäten eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer festzulegen (Art. 5(2) und (3)).

Die zentrale Leitung beruft zu diesem Zweck eine Sitzung mit dem besonderen Verhandlungsgremium ein. Hierbei ist insb. festzulegen: (a) die von der Vereinbarung betroffenen Unternehmen der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe oder Betriebe des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens; (b) die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrates, die Anzahl der Mitglieder, die Sitzverteilung und die Mandatsdauer; (c) die Befugnisse und das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren des Europäischen Betriebsrates; (d) Ort, Häufigkeit und Dauer der Sitzungen des Europäischen Betriebsrates; (e) die für den Europäischen Betriebsrat bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel; (f) die Laufzeit der Vereinbarung und das bei ihrer Neuausverhandlung anzuwendende Verfahren (Art. 6(1) und (2)).

Die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium können in schriftlicher Form den Beschluss fassen, dass anstelle eines Europäischen Betriebsrates ein oder mehrere Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren geschaffen werden (Art. 6(3)).

Gemäß Art. 11(2) der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Angaben der Beschäftigtenzahl auf Anfrage der Parteien, auf die die Richtlinie Anwendung findet, von den Unternehmen vorgelegt werden (i.d.S. EuGH Rs. C-440/00 – Kühne und Nagel, Slg. 2004, I-787; EuGH Rs. C-349/01 – Anker, Slg. 2004, I-6803).

Von Bedeutung ist schließlich die Übergangsvorschrift des Art. 13 der Richtlinie. Danach gilt diese Richtlinie nicht für gemeinschaftsweit operierende Unternehmen und Unternehmensgruppen, in denen zur Umsetzungsfrist (22.9. 1996) oder zu einem früheren Termin bereits eine für alle Arbeitnehmer geltende Vereinbarung besteht, in der eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vorgesehen ist (Art. 13(1)). Laufen diese Vereinbarungen aus, so können die betreffenden Parteien gemeinsam beschließen, sie weiter anzuwenden.

d) Subsidiäre Vorschriften

Die Richtlinie sieht subsidiär die Errichtung des Europäischen Betriebsrats von Gesetzes wegen vor. Die Voraussetzung dafür ist, dass (a) die zentrale Leitung und das besondere Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluss fassen; (b) die zentrale Leitung die Aufnahme von Verhandlungen binnen 6 Monaten nach dem ersten Antrag (also dem Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern) verweigert; und/ oder (c) binnen drei Jahren nach dem entspre-chenden Antrag noch keine Vereinbarung zwischen der zentralen Leitung und dem besonderen Verhandlungsgremium zustande kommt.

Damit will der Gesetzgeber vermeiden, dass die zentrale Leitung die Etablierung eines Europäischen Betriebsrates blockiert.

Gemäß den subsidiären Vorschriften nach Art. 7 der Richtlinie gelten im Hinblick auf die gesetzliche Einsetzung des Europäischen Betriebsrates (also des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes) folgende wesentliche Regelungen: Der Europäische Betriebsrat setzt sich aus den Arbeitnehmern des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe zusammen, die von den Arbeitnehmervertretern aus ihrer Mitte oder, in Ermangelung solcher Vertreter, von der Gesamtheit der Arbeitnehmer gewählt oder benannt werden. Die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates werden entsprechend den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten gewählt oder benannt. Der Europäische Betriebsrat kraft Gesetzes besteht aus mindestens 3 und höchstens 30 Mitgliedern. Wenn es die Zahl der Mitglieder rechtfertigt, wählt der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Ausschuss (höchstens 3 Mitglieder). Bei der Wahl oder Benennung der Mitglieder des Europäischen Betriebsrates sind folgende Punkte sicherzustellen: (a) zunächst die Vertretung durch ein Mitglied für jeden Mitgliedstaat; (b) die Anzahl der zusätzlichen Mitglieder im Verhältnis zur Zahl der in den Betrieben des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens, in dem herrschenden Unternehmen oder in den abhängigen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer; (c) die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrates ist der zentralen Leitung mitzuteilen; (d) vier Jahre nach der gesetzlich vorgesehenen Einrichtung des Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes hat dieser zu prüfen, ob ein Europäischer Betriebsrat kraft Vereinbarung errichtet werden soll oder aber weiterhin die subsidiären Vorschriften angewendet werden sollen; (e) der Europäische Betriebsrat kraft Gesetzes ist befugt, einmal jährlich mit der zentralen Leitung zum Zweck der Unterrichtung und Anhörung, auf der Grundlage eines von der zentralen Leitung vorgelegten Berichts, über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven des gemeinschaftsweit operierenden Unternehmens oder der gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe zusammentreten; (f) treten außergewöhnliche Umstände ein, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, insbesondere bei Verlegung oder Schließung von Unternehmen, hat der engere Ausschuss das Recht, darüber informiert und auf Antrag von der zentralen Leitung angehört zu werden; (g) die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates informieren die Arbeitnehmervertreter bzw. die Belegschaft der Betriebe oder der zur gemeinschaftsweit operierenden Unternehmensgruppe gehörenden Unternehmen über Inhalt und Ergebnisse der gemäß den subsidiären Vorschriften durchgeführten Unterrichtung und Anhörung.

4. Schlussbemerkung

Die hier thematisierte RL 94/45 betreffend die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats ist Grundlage weiterer Richtlinie der EG betreffend die Mitbestimmung von Arbeitnehmern. So etwa die RL 2001/86 vom 8.10.2001 zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer und die RL 2002/14 vom 11.3.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft. Damit soll sichergestellt werden, dass grenzüberschreitende Unternehmungen und Unternehmensgruppen sämtlichen Arbeitnehmern dieser Unternehmen und Unternehmensgruppen ein Minimum an Mitwirkungsrechten eingeräumt wird und damit die soziale Dimension der EU weiter vertieft wird.

Literatur

Meinhard Heinze, Der Europäische Betriebsrat in Österreich und Deutschland, in: Festschrift für Theodor Tomandl, 1998, 139 ff.; Detlev Joost, Europäischer Betriebsrat, in: Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, Bd. 3, 2. Aufl. 2000, 1834 ff.; Martin Henssler, Axel Braun (Hg.), Arbeitsrecht in Europa, 2003, 286 ff., 427 ff.; Franco Carinci, Paolo Tosi, Tiziano Treu, Diritto del lavoro, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, 124 ff.; Hartmut Oetker, Claudia Schubert, Europäisches Betriebsverfassungsrecht, Teil B 8300, in: Hartmut Oetker, Ulrich Preis (Hg.), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS) (Loseblatt).