Principles of European Tort Law und Private Limited Company (in England und Wales): Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Ulrich Magnus]]''
von ''[[Heribert Hirte]]''
== 1. Gegenstand und Zweck ==
== 1. Gegenstand; Terminologie ==
Die ''Principles of European Tort Law ''(PETL) sind eine Zusammenstellung der Grundregeln, die den Haftpflichtordnungen der europäischen Staaten trotz aller Unterschiede im Einzelnen gemeinsam sind und die Basis des jeweiligen nationalen außervertraglichen Haftungsrechts bilden. Allerdings wollen die PETL nicht nur in der Art eines ''[[Restatements|Restatement]]'' den vorgefundenen Rechtsstand lediglich wiedergeben. Vielmehr wollen sie die gemeinsamen europäischen Grundlagen zu einem stimmigen Haftungssystem zusammenfügen und, soweit notwendig, fortentwickeln, um zu Haftpflichtregeln zu gelangen, die den Anforderungen moderner Gesellschaften mit ihren erheblichen, vorwiegend technischen Risikopotentialen gerecht werden.
Die ''Private Limited Company'' (nachfolgend ''Limited'') und die ''Public Limited Company'' (nachfolgend: Plc) sind die gewöhnlichen Gesellschaftsformen im englischen Geschäftsleben. Die ''Limited'' ist die in England am weitesten verbreitete Gesellschaftsform. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass eine ''Limited'' im Gegensatz zur Plc ihre Geschäftsanteile nicht der Öffentlichkeit zum Kauf anbieten kann (sec. 81 ''Financial Services and Markets Act 2000''). Rechtsquellen des englischen Gesellschaftsrechts sind das Fallrecht (''case law''), das Gesetzesrecht (''primary and secondary legislation'') einschließlich der europarechtlichen Vorgaben sowie Regeln der vom Gesetzgeber anerkannten Körperschaften (z.B. ''Financial Services Authority'' oder das ''Accounting'' ''Standards'' ''Board'').


Ähnlich wie die ''[[Principles of European Contract Law]] ''bezwecken die PETL darüber hinaus, einen Baustein für ein einheitlicheres europäisches Zivilrecht beizutragen, ganz gleich, ob dieses sich in der Form eines [[Europäisches Zivilgesetzbuch|europäischen Zivilgesetzbuchs]], über Modellgesetze oder sonstige Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts oder als Annäherung der Rechtsordnungen der europäischen Staaten bilden wird.
Die bisherigen gesetzlichen Grundlagen für ''Limited'' und Plc waren im ''Companies Act 1985'' (CA 1985) enthalten, der durch den völlig neuen, überwiegend 2008 in Kraft getretenen ''Companies Act 2006'' (CA 2006) ersetzt worden ist. Für einzelne spezielle Bereiche sind darüber hinaus weitere Gesetze zu beachten, wie etwa der ''Financial Services and Markets Act 2000'' für den Investorenschutz, der ''Business Names Act 1985'' für die Firmierung und der ''Company Directors Disqualification Act 1986'', der mögliche Betätigungsverbote für Personen in leitender Funktion von Gesellschaften regelt. Besonders wichtig ist der ''Insolvency Act 1986'' (IA 1986), der über die verschiedenen Insolvenzverfahren (''administration'', ''insolvent'' ''liquidation'') hinaus auch alle Fälle der Liquidation von Gesellschaften betrifft, ergänzt durch den ''Enterprise Act 2002'', der insbesondere die weitgehende Abschaffung der ''administrative'' ''receivership'' bei der ''floating'' ''charge'' und deren Integration in das herkömmliche Insolvenzverfahren der ''administration'' gebracht hat.


Als Ausgangspunkt liegt den PETL daher der Gedanke zugrunde, dass die zahlreichen Einzelunterschiede, die in dem wichtigen Gebiet des [[Deliktsrecht: Allgemeines und lex Aquilia|Deliktsrecht]]s zwischen den Rechten der europäischen Staaten bestehen, nicht überdecken dürfen, dass dennoch viele und starke Grundgemeinsamkeiten existieren. Diese wollen die PETL für ein künftiges Europa hervorheben und weiterentwickeln. Dabei sind die PETL von der Überzeugung getragen, dass ein einheitlicheres außervertragliches Haftungsrecht für Europa notwendig und sinnvoll ist, so wie auch in den USA allen einzelstaatlichen Besonderheiten zum Trotz ein weitgehend einheitliches ''tort law'' gelehrt, gelernt und angewendet wird.
== 2. Gründung ==
Eine englische ''Limited'' entsteht grundsätzlich mit der Ausstellung des ''certificate of incorporation ''durch den ''Registrar of Companies'', den Leiter des ''Companies House ''(sec. 15 CA 2006).


== 2. Entstehung und Vorbereitung der PETL ==
=== a) Gründungsvoraussetzungen ===
Die PETL sind das Werk einer internationalen Wissenschaftlergruppe, der ''European Group on Tort Law''. Sie wurde 1993 von dem niederländischen Universitätsprofessor und späteren Generalanwalt am ''Hoge Raad'', ''Jaap Spier'', ins Leben gerufen und umfasst 20 Wissenschaftler aus 16 Ländern. Organisatorisch wird die Gruppe maßgeblich durch das ''European Center of Tort and Insurance Law'' (ECTIL) in Wien getragen, das der österreichische Universitätsprofessor ''Helmut Koziol'', selbst Gründungsmitglied der ''European Group on Tort Law'', 1999 gegründet und aufgebaut hat. Seit 2002 besteht auch eine institutionelle Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, die der Arbeit der Gruppe zugutekommt.
Eine Gründung der ''Limited'' (wie jetzt auch der Plc) kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen (sec. 7 Abs. 1 CA 2006). Um die Eintragung ins ''Companies Register'' herbeizuführen, müssen die Gründer gemäß sec. 9 CA 2006 das ''memorandum of association'' zusammen mit einem Antrag auf Registrierung der Gesellschaft, den weiteren in sec. 9 bestimmten Dokumenten sowie einem ''statement of compliance'' einreichen. So scheint auf den ersten Blick die alte Zweiteilung zwischen ''memorandum of association'' und den ''articles of association'' fortzuleben. Freilich hat sie ihre frühere Bedeutung für die Gesellschaftsverfassung (''memorandum of association'' regeln das Außenverhältnis, ''articles of association'' das Innenverhältnis) vollkommen eingebüßt. Das ''memorandum of association'' ist als Gründungsvertrag nunmehr auf die Erklärung, eine Gesellschaft nach dem CA 2006 gründen und ihr beitreten zu wollen (und dazu bei einer Gesellschaft mit ''share capital'' zumindest einen ''share'' zu zeichnen) beschränkt. Es enthält keinerlei weitere Angaben mehr, etwa zu den ''company’s'' ''objects'', die im Übrigen gemäß sec. 31 Abs. 1 CA 2006 jetzt, vorbehaltlich von Einschränkungen in den ''articles'', als grundsätzlich unbeschränkt gelten. Das ''memorandum'' zählt daher nicht mehr zur ''company’s'' ''constitution'', die sich gemäß sec. 17, 29 CA 2006 aus den ''articles'' und den ''special resolutions'' zusammensetzt.


Die ''European Group on Tort Law'' hat die PETL 2004 veröffentlicht (ZEuP 2004, 427 ff.) und sie 2005 in einer kommentierten Fassung und in der Übersetzung in 13 Sprachen publiziert. Vorausgegangen waren intensive rechtsvergleichende Vorarbeiten, die sich in einer Serie von zehn Bänden niedergeschlagen haben, in denen die Hauptelemente des Haftungsrechts untersucht wurden. Der Vergleich umfasste dabei nicht nur die Rechtsordnungen der meisten Mitgliedstaaten der [[Europäische Union|Europäischen Union]], sondern zusätzlich auch Israels, der Schweiz, Südafrikas und der USA (jeweils ein prominenter Haftungsrechtler aus diesen Ländern ist auch Mitglied der ''European Group on Tort Law''). Die Rechtssysteme der genannten Länder zeichnen sich dadurch aus, dass sie unterschiedliche Ursprünge, Einflüsse und Rechtsquellen aufgenommen und zusammengeführt haben. Sie können daher in besonderem Maß Anregungen für die europäische Entwicklung geben, die ebenfalls vor der Aufgabe steht, aus den vorhandenen Rechtsordnungen Europas einheitlichere Regelungen zu gewinnen.
Bei der nach sec. 9 Abs. 2 lit. a CA 2006 erforderlichen Firmenbildung müssen die Vorschriften des CA 2006 (sec. 53 ff) und anderer relevanter Gesetze beachtet werden. Es gibt Firmenbestandteile, die absolut verboten sind, und auch solche, die nur mit Zustimmung des verantwortlichen Ministeriums oder der verantwortlichen Aufsichtsbehörde bzw. Vereinigung benutzt werden dürfen (z.B. alle Firmenbestandteile, die auf eine Verbindung mit öffentlichen Organen hindeuten, oder Firmenbestandteile wie ''bank'' oder ''solicitor''). Nach sec. 216 IA 1986 ist es außerdem grundsätzlich verboten, die Firma einer insolventen Gesellschaft oder eine ähnliche Firma (''prohibited'' ''names'') für eine andere Gesellschaft zu verwenden. Bei Verstößen droht eine Durchgriffshaftung der bösgläubigen Beteiligten, allerdings nur für die Schulden der neuen Gesellschaft (sec. 217 IA 1986).


== 3. Überblick über den Inhalt ==
=== b) ''Companies House'' ===
Die PETL umfassen insgesamt 36 Einzelartikel, die sich auf sechs Titel und – in einer weiteren Untergliederung – auf zehn Kapitel aufteilen. Die Vorschriften regeln die wesentlichen allgemeinen Fragen des [[Deliktsrecht: Allgemeines und lex Aquilia|Deliktsrecht]]s, d.h. die Voraussetzungen und Folgen der deliktischen Haftung. Mit der Folge der Schadensersatzhaftung ([[Schadensersatz]]) erfassen sie allerdings einen Bereich, der auch im Vertragsrecht eine große Rolle spielt. Hier sind damit Regeln gefordert, die sowohl für das Deliktsrecht als auch das Vertragsrecht verwendbar sind. Die PETL behandeln in ihrem Titel I die Grundnorm, die die zentralen Haftungselemente zusammenfasst, in Titel II die Voraussetzungen der Haftung, nämlich Schaden und Kausalität. Titel III umfasst mit den Grundlagen der Haftung das Verschulden, die strikte Haftung und die Haftung für andere. Titel IV betrifft Einreden, die zum Haftungsausschluss oder zur Haftungsreduktion führen können. Titel V regelt die Haftung mehrerer Schädiger und Titel VI die Rechtsbehelfe und darunter insbesondere die Schadensersatzbemessung.
Das ''Companies House'' ist für die Registrierung von Gesellschaften bei der Gründung zuständig. Außerdem prüft und bewahrt es die ihm von den Gesellschaften übermittelten Dokumente und Informationen auf. Jedermann kann, ohne ein besonderes Interesse nachzuweisen, über das ''Companies House'' die wichtigsten Informationen zu jeder Gesellschaft leicht erhalten, wie etwa die Satzung einer ''Limited'', die letzten Jahresabschlüsse, die Namen der ''directors'' und etwaige Sicherungsrechte an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens (''charges'').


== 4. Leitende Grundsätze ==
=== c) Satzung: ''articles of association'' ===
Es ist das Anliegen der PETL, nicht nur sehr abstrakte Generalprinzipien des Haftungsrechts zu formulieren, sondern Regelungen zu fixieren, die auch in einem europäischen oder nationalen Gesetz enthalten sein könnten. Dabei gehen die PETL in der Detailliertheit der Vorschriften und in der Regelungsdichte über viele nationale [[Kodifikation]]en des Deliktsrechts hinaus, insbesondere etwa über die recht rudimentäre Regelung im französischen ''[[Code civil]]''. Andererseits streben sie keineswegs an, alle denkbaren Situationen zu regeln, für die sich einheitliche Regelungen finden oder denken lassen, oder gar die Kasuistik etwa des englischen Deliktsrechts zu normieren. Vielmehr beschränken sie sich auf die zentralen, allgemeinen Fragen des außervertraglichen Haftungsrechts.
Wie bereits gesagt, besteht die Satzung einer englischen Gesellschaft nicht mehr aus dem ''memorandum of association'', sondern nur noch aus den ''articles''. Die ''articles of association'' regeln dabei nach wie vor in erster Linie das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der ''Limited''. Dort wird festgelegt, wie die ''Limited'' geführt werden soll und welche Funktionen die Gesellschafter auf die ''directors'' übertragen. Wenn bei der Gründung der Gesellschaft keine ''articles'' beim ''Companies'' ''House'' mitregistriert werden, gelten automatisch die neuen ''model'' ''articles'' (verfügbar unter <nowiki>http://www.opsi.gov.uk/‌si/‌si2008/‌uksi_20083229_en_1</nowiki> <nowiki>[zuletzt abgerufen am 3.7.2009]), </nowiki>die jetzt speziell auf die verschiedenen Gesellschaftsformen des ''Companies'' ''Act'' (''Limited'', Plc) zugeschnitten worden (früher bekannt als ''Table'' ''A'' mit Geltung für alle ''companies''). Die ''model'' ''articles'' für die ''Limited'' finden sich als Schedule 1 der ''Companies'' (''Model Articles'') ''Regulations'' ''2008''. Zur Behandlung früher Memorandumsregelungen mit Satzungsfunktion siehe im Übrigen sec. 28 CA 2006.


Ein Charakteristikum der PETL ist eine erhebliche Anzahl von Vorschriften, die nicht selbst die Lösung einer bestimmten Frage des Deliktsrechts festlegen, sondern die Interessen, Abwägungsgesichtspunkte und Wertungsfaktoren angeben, die für die Entscheidung maßgebend sind. Die PETL folgen damit methodisch recht weitgehend einem sog. beweglichen System, wie es vor allem der Österreicher ''Walter Wilburg'' in den 1940er und 1950er Jahren entwickelt hat. Dieses System trägt dem Umstand Rechnung, dass gerade das Deliktsrecht mit seiner Vielgestaltigkeit und seiner überall ausgeprägten Neigung zur Kasuistik erhebliche Flexibilität braucht. Der Rechtsanwender hat nach dieser Methode die einzelnen Wertungs- und Abwägungselemente je nach ihrer Stärke und Bedeutung zu gewichten, um nach ihrer Abwägung zu einer dem Einzelfall angemessenen Lösung zu gelangen. So gilt etwa für den Vorwurf der Fahrlässigkeit der Maßstab des Verhaltens „einer vernünftigen Person unter den gegebenen Umständen“ (Art.&nbsp;4:102(1) PETL). Um diesen sehr abstrakten Maßstab zu konkretisieren, bestimmt die Vorschrift dann weiter, dass das Maß der Sorgfaltsanforderungen und damit der Fahrlässigkeitsvorwurf „insbesondere … von der Natur und dem Wert der betroffenen geschützten Interessen, von der Gefährlichkeit der Aktivität, von der von einer sie durchführenden Person zu erwartenden Sachkunde, von der Vorhersehbarkeit des Schadens, vom Naheverhältnis oder der besonderen Beziehung zwischen den Betroffenen sowie von der Verfügbarkeit und den Kosten vorbeugender oder alternativer Verhaltensweisen“ abhängt. Diese Einzelelemente sind wie in einem System kommunizierender Röhren zu berücksichtigen: Je gefährlicher eine Aktivität ist und je größere Sachkunde von ihrem Veranstalter zu erwarten ist, desto höher sind die Sorgfaltsanforderungen und desto größer dürfen auch die mit ihnen verbundenen Kosten sein. Ein solches bewegliches System wirft sicherlich die Frage nach der hinreichenden Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit von Entscheidungen auf. Sie ist damit zu beantworten, dass die Gerichte in Europa in der Praxis vielfach, wenn nicht regelmäßig nach dieser Methode verfahren, wenn sie z.B. über Kausalfragen entscheiden oder Verkehrssicherungspflichten, ''duties of care'', ''obligations de sécurité'' für zahllose unterschiedliche und immer wieder neue Deliktsrechtssituationen entwickeln. Sie tun dies freilich oft, ohne die zugrunde gelegten Wertungsfaktoren alle deutlich anzusprechen. Die PETL versuchen, dieses im Deliktsrecht wohl unvermeidliche Verfahren offenzulegen und damit rationaler Kontrolle zugänglich zu machen.
== 3. Organisationsverfassung ==
=== a) Geschäftsführer ''(directors)'' ===
Die Rechtsstellung der Geschäftsführer (''directors'') ist in den sec. 154 ff. des CA 2006 gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführung einer ''Limited'' obliegt sowohl nach ''[[common'' ''law'' als auch nach den ''articles'' normalerweise den Geschäftsführern/‌''directors'' und wird von diesen als Kollektiv – das ''board'' ''of'' ''directors'' – ausgeübt (z.B. Art. 3'' ''Schedule 1). Eine ''Limited'' muss mindestens einen Geschäftsführer/‌''director'' haben (sec. 154 Abs. 1 CA 2006). In den meisten ''articles of'' ''association'' ist festgelegt, dass der ''board of directors ''bestimmte Befugnisse einzelnen Geschäftsführern delegieren oder einen Hauptgeschäftsführer (''managing director'') benennen darf, dem alle Geschäftsführungsfunktionen übertragen werden (z.B. Art. 5 Schedule 1).


In der Sache folgen die PETL einer traditionellen Vorstellung von den Aufgaben des Deliktsrechts. Im Vordergrund steht der Gedanke der persönlichen Verantwortlichkeit des Einzelnen. Wer den Schaden eines anderen verursacht hat, soll ihn ersetzen, wenn ein hinreichender Verantwortungsgrund besteht (Art.&nbsp;1:101). Die Sanktionsdrohung der persönlich verantworteten Haftung hat zugleich einen gewissen präventiv wirkenden und verhaltenssteuernden Effekt, sichert aber andererseits, dass hinreichend verantwortliches Verhalten haftungsfrei bleibt, selbst wenn es zu Schäden anderer führt. Wegen der Bedeutung dieses Verantwortlichkeitsprinzips in einer Gesellschaft sprechen sich die PETL dafür aus, das Deliktsrecht beizubehalten und es nicht durch ein System des vollständigen Versicherungsschutzes zu ersetzen.
Der CA 2006 schreibt keine besonderen Qualifikationsmerkmale für Geschäftsführer von ''Limiteds'' vor (vgl. sec. 154 ff., 157). Geschäftsführer müssen nicht unbedingt natürliche Personen (sec. 155 Abs.&nbsp;1 – aber mindestens eine natürliche Person erforderlich) und auch nicht Gesellschafter sein. Insolvenzschuldner (''bankrupts'') (sec. 11 ''Company Directors Disqualification Act 1986'') und Personen, denen gerichtlich die Eignung für das Amt des Geschäftsführers entzogen worden ist (sec. 2-4 und sec. 6-9 ''Company Directors Disqualification Act 1986''), dürfen nicht zu Geschäftsführern bestellt werden.


Ein weiterer zentraler Grundsatz der PETL ist das Ausgleichsprinzip (Art.&nbsp;10:101). Schadensersatz soll den entstandenen Schaden in vollem Umfang ausgleichen. Weitergehenden, strafähnlichen Funktionen des privaten Haftungsrechts erteilen die PETL aber eine Absage. Vorschriften, die primär pönale Funktionen verfolgen, wie sie etwa den Regeln über ''punitive damages'' in den USA eigen sind, finden sich in den PETL nicht. Nach ihnen dient das Deliktsrecht dem Schadensausgleich zwischen individuellen Parteien, nicht wie in den USA zum Teil auch der Verfolgung öffentlicher Interessen, die der Private als quasi-öffentlicher Ankläger wahrnehmen kann und auch soll.
Die Bestellung der ersten Geschäftsführer einer ''Limited'' wird durch die Ausstellung des ''certificate of incorporation'' wirksam (sec. 16 Abs.&nbsp;6 CA 2006). Später richtet sie sich nach den ''articles of association''. Neue Geschäftsführer werden im Regelfall durch Beschluss der Gesellschafterversammlung oder des ''board of directors'' bestellt (Art.&nbsp;17 Schedule 1).


Anders als viele nationale Rechte bekennen sich die PETL zu einer echten Mehrspurigkeit des Haftungsrechts. Nicht ein primärer oder gar alleiniger Haftungsgrund vermag die Verantwortung für Schäden zu rechtfertigen. Die PETL sehen die Haftung aus Verschulden nicht mehr als den Regelfall und die Haftung aus Gefährdung ([[Gefährdungshaftung]]) als Ausnahme an. Vielmehr stehen beide als gleichwertige Alternativen nebeneinander und werden noch um den weiteren Haftungsgrund der Einstandspflicht für andere ergänzt (Art.&nbsp;1:101).
Die gesetzlich geregelte Abberufung von Geschäftsführern erfolgt regelmäßig durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung (sec. 168 CA 2006). Das kann nicht durch die ''articles of association'' oder vertraglich ausgeschlossen werden, was den Gesellschaftern die Oberherrschaft über jegliche Gesellschaft sichert.


== 5. Einzelheiten ==
Die Geschäftsführer leiten die ''Limited''. Dem ''board of directors'' obliegt im Außenverhältnis die Vertretung der Gesellschaft. Diese organschaftliche Vertretung war bisher ausschließlich eine gesetzliche Gesamtvertretung. Die Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Personen konnte nur auf Basis rechtsgeschäftlicher Vollmacht (''actual authority'') erfolgen. Da sec. 40 Abs.&nbsp;1 CA 2006 jetzt aber nur noch von den ''directors'', nicht mehr vom ''board of directors'' spricht, könnte sich die Rechtslage insoweit geändert haben und jedem einzelnen ''director'' organschaftliche Vertretungsmacht zukommen (siehe Palmer‘s Company Law: Annotated Guide to the CA 2006, sec. 40, Note to subsection 1).
=== a) Grundnorm ===
Für eine Deliktsrechtskodifikation ist es nicht ganz ungewöhnlich, mit einer Generalnorm zu beginnen, die die wesentlichen Haftungsvoraussetzungen enthält und die zentrale Haftungsnorm darstellt. Auch die PETL stellen eine Grundnorm an ihren Anfang (Art.&nbsp;1:101), verfahren aber etwas anders als z.B. Art. 1382 ''Code civil'', §&nbsp;1295 ABGB oder §&nbsp;823 BGB. Die Grundnorm der PETL nennt überblicksmäßig die wesentlichen Verantwortungsgründe, die zu einer Haftung führen können, nämlich Verschulden, Schaffung einer besonderen Gefährdung und Einstandspflicht für andere. Ferner macht die Vorschrift auch klar, dass Schaden und Kausalität unerlässliche Haftungsvoraussetzungen sind. Die Einzelheiten der Haftung ergeben sich aber erst aus den folgenden konkreteren Vorschriften.


=== b) Schaden und geschützte Interessen ===
Im Innenverhältnis besteht die Pflicht der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft, etwaige Einschränkungen ihrer Befugnisse in den ''articles'' zu berücksichtigen, was in sec. 39 CA 2006 aber nicht mehr ausdrücklich festgeschrieben wird (anders noch sec. 35 Abs.&nbsp;3 CA 1985).
Die Schadensersatzhaftung tritt nach den PETL wie nach jedem Deliktsrecht nur ein, wenn ein Schaden entstanden ist. Den ersatzfähigen Schaden zu definieren und damit die Interessen und Positionen zu umschreiben, die das Deliktsrecht schützen soll, gehört zu den Kernaufgaben jeder Deliktsrechtsordnung. Während der Schaden selbst nur sehr selten gesetzlich definiert wird (Ausnahme: §&nbsp;1293 ABGB), finden sich in einigen Rechtsordnungen Umschreibungen der absolut geschützten Rechte und Interessen wie z.B. in §&nbsp;823 Abs.&nbsp;1 BGB. Einige Rechtsordnungen verwenden hier auch das Erfordernis der Rechtswidrigkeit, das andere als eigenständiges Element gar nicht kennen. Die PETL (Art.&nbsp;2:102) definieren die rechtlich geschützten Interessen eingehend und stellen eine Hierarchie unter ihnen auf, die sich zwar nicht in ausdrücklichen gesetzlichen Formulierungen, wohl aber in der Rechtsprechung vieler Länder findet. Es ist kaum überraschend, dass die personenbezogenen Rechtsgüter Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Menschenwürde und Freiheit an der Spitze stehen und den umfassendsten Schutz genießen. Ein begrenzterer, gleichwohl weitreichender Schutz kommt Eigentumsrechten, auch Immaterialgüterrechten zu. Der Schutz reiner Vermögensinteressen fällt dagegen geringer aus und hängt von Faktoren wie einer Nähebeziehung zwischen den Parteien, der Schädigungsabsicht, aber auch von den berechtigten Interessen des Schädigers an der eigenen Bewegungsfreiheit und der Wahrnehmung der eigenen Rechte ab.


Im Einklang insbesondere mit internationalen Konventionen zum Umweltschutz sind auch Aufwendungen zur Abwehr eines drohenden Schadens bereits ein ersatzfähiger Schaden, sofern sie gerechtfertigt, zur Vorbeugung also vernünftigerweise erforderlich waren (Art.&nbsp;2:104 PETL).
Die allgemeinen Pflichten der Geschäftsführer richteten sich traditionell nach ''[[common law]]''. Sie bestehen nicht nur für Geschäftsführer, sondern immer auch für sog. „Schattengeschäftsführer“ (''shadow directors''), d.h. „persons in accordance to whose instructions the directors are accustomed to act“, zu denen insbesondere herrschende Gesellschafter, ''parent companies'', ggf. aber auch übermäßig mitregierende Banken gehören. Ursprünglich schuldeten Geschäftsführer, ähnlich wie die ''trustees'' eines ''trusts'' ([[Trust und Treuhand|''Trust'' und Treuhand]]), einer englischen Gesellschaft nur Treuepflichten (''fiduciary duties'' genannt). Dies bedeutet vor allem, dass die Geschäftsführer immer im Interesse der Gesellschaft handeln müssen („to act bona fide in the best interests of the company“). Das Gesellschaftsinteresse wird im englischen Recht grundsätzlich ''monistisch'' bestimmt und entspricht dem Interesse der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit. Bei unvermeidbarer Insolvenz treten die Interessen der Gläubiger an die Stelle derjenigen der Gesellschafter, was auch eine gesellschaftsrechtliche Haftung zugunsten der Gläubiger für Fehlverhalten in der Krise begründen kann.


=== c) Kausalität ===
Seit Anfang des 20.&nbsp;Jahrhunderts haften Geschäftsführer nicht nur bei Verletzung von Treuepflichten, sondern auch für Sorgfaltspflichtverletzungen. Für die Begründung dieser Haftung der Geschäftsführer gilt der gemischt objektivsubjektive Fahrlässigkeitsmaßstab, wonach Geschäftsführer zum einen die Anforderungen erfüllen müssen, die allgemein und normalerweise an Geschäftsführer gestellt werden, zum anderen aber auch ihren besonderen persönlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen genügen.
Neben dem Schaden ist die [[Kausalität]] unerlässliche Voraussetzung jeder Deliktshaftung. Sie kann zu außerordentlich schwierigen Fragen führen, deren Lösung zum Teil seit römischen Zeiten umstritten ist. Die nationalen Kodifikationen verlangen zwar stets einen Ursachenzusammenhang, regeln seine Einzelheiten aber nicht. Umso reichhaltiger ist dafür gewöhnlich die Rechtsprechung zu den zahlreichen Kausalproblemen. Die PETL stellen für viele dieser Probleme erstmals kodifizierte Regeln vor. Ausgangspunkt ist die ''conditio sine qua non''-Regel: der Kausalzusammenhang ist grundsätzlich nur gegeben, wenn der Schaden ohne die Aktivität des Schädigers nicht eingetreten wäre (Art.&nbsp;3:101 PETL). Bei konkurrierenden Ursachen sehen die PETL jede als Ursache an (Art.&nbsp;3:102). Zu innovativen Lösungen gelangen die PETL in bestimmten Fällen unsicherer Kausalität: Der Schädiger soll dann nicht – wie in den meisten Rechtsordnungen – entweder voll oder gar nicht haften. Vielmehr erscheint hier eine anteilige Haftung als angemessen, die sich nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad der Verursachung richtet. Die PETL sehen diese Regel für den Fall vor, dass unsicher ist, ob und welcher von mehreren Schädigern ursächlich geworden ist, oder dass unsicher ist, welches von mehreren Opfern der feststehende Schädiger denn geschädigt hat (Art.&nbsp;3:103).


=== d) Verschuldenshaftung ===
Mit dem CA 2006 wurden die Pflichten der Direktoren umfassend einer gesetzlichen Regelung zugeführt (sec. 170&nbsp;ff.), die freilich auf dem bisherigen ''[[common law]]'' aufbaut. Auch für die Rechtsfolgen (z.B. ''constructive trust'' betreffs zu Unrecht durch Ausnutzung einer ''corporate opportunity'' erlangter Gewinne bleibt das ''common law'' zuständig. Nach dem ''statutory law'' richten sich die wichtigen Vorschriften zur Begrenzung von Insidergeschäften (sec. 188&nbsp;ff. CA 2006), denen in einem fokussierten Haftungssystem auch eine tragende Gläubigerschutzfunktion zukommt. Außerdem sind Geschäftsführer verpflichtet, bestimmte Gesellschaftsregister zu führen und das ''Companies House ''vorschriftsgemäß und regelmäßig zu informieren, u.a. die erforderlichen Jahresberichte und &#8209;abschlüsse einzureichen. Für die Verletzung dieser Pflichten können die Geschäftsführer auch strafrechtlich verfolgt werden. Auch der Gesellschaft drohen erhebliche Konsequenzen bis zur Streichung aus dem Gesellschaftsregister. Die Bestellung eines ''Company Secretary'', der nach altem Recht eine tragende Rolle bei Erfüllung dieser Pflichten innehatte, ist bei der ''Private Limited'' nicht mehr verpflichtend (sec. 270 CA 2006).
Für den Haftungsgrund des Verschuldens bewegen sich die PETL auf vertrautem Grund. Der vorsätzlich oder fahrlässig handelnde Schädiger muss den Schaden wiedergutmachen. Für den Fahrlässigkeitsvorwurf gilt der erwähnte objektive Standard des Verhaltens einer vernünftigen Person unter den gegebenen Umständen (Art.&nbsp;4:102). Die auch schon erwähnten Wertungsfaktoren geben näheren Anhalt, um die Sorgfaltsanforderungen im konkreten Fall zu bestimmen. Bemerkenswert ist eine relativ weitgehende Pflicht zur Schadensverhinderung, die nicht nur aus gesetzlichen Vorgaben, vorangegangenem gefährdendem Tun oder einer besonderen Beziehung zwischen den Beteiligten folgen kann, sondern auch dann, „wenn die Schwere des Schadens einerseits und der geringe Aufwand zur Schadensvermeidung andererseits dafür sprechen“ (Art.&nbsp;4:103). Wer leicht helfen kann, gravierenden Schaden von anderen abzuwenden, soll dazu auch zivilrechtlich verpflichtet sein.


Im Einklang mit dem englischen Recht, aber im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsordnungen legen die PETL keine feste Altersgrenze für die Deliktsfähigkeit fest, sondern passen den Sorgfaltsmaßstab an Alter, Behinderung oder sonstige besondere Umstände flexibel an (Art.&nbsp;4:102(2)).
Eine wichtige Rolle für den Gläubigerschutz in der englischen ''Limited'' spielt das Insolvenzrecht. Vor allem ist das einfache Antragsrecht der Gläubiger bedeutend, für das nach sec. 123 Abs.&nbsp;1 lit.&nbsp;a IA 1986 Verzug mit unstreitiger Schuld über GBP&nbsp;750,- nach Setzung einer dreiwöchigen Frist genügt. Mit Stellung des Insolvenzantrags werden – vorbehaltlich gerichtlicher Genehmigung und ungeachtet der Kenntnis der Geschäftsführer – sämtliche Dispositionen über Gesellschaftsvermögen unwirksam (sec. 127 IA 1986). In der Liquidation einer Gesellschaft kann der ''liquidator'' direkt gegen Geschäftsführer wegen ''wrongful'' ''trading'' vorgehen, die, obwohl sie wussten (oder hätten wissen müssen), dass die Gesellschaft keine realistische Überlebenschance hatte (sec. 214 Abs.&nbsp;2 lit.&nbsp;b IA 1986), trotzdem notwendige Maßnahmen nicht vorgenommen haben. Zusätzlich kann ein ''liquidator'' einen Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer auch wegen ''fraudulent'' ''trading'' geltend machen (sec. 213 IA 1986). ''Fraudulent'' ''trading'' stellt eine Straftat dar und bedeutet, dass die Geschäftsführer die Gesellschaft mit dem Ziel geführt haben, die Gläubiger der Gesellschaft zu betrügen. In Fällen vorsätzlichen Gläubigerbetrugs besteht außerdem ein Ausgleichsanspruch nach sec. 423 IA 1986, der unter Umständen auch von den geschädigten Gläubigern direkt geltend gemacht werden kann. Die fallrechtliche Durchgriffshaftung unter der ''fraud'' ''exception'' kommt heutzutage in der englischen Praxis für Zwecke des Gläubigerschutzes nicht mehr zur Anwendung (''Yukong Line/‌Rendsburg''<nowiki> (No 2) [1998] 4 All ER 82 (Comm.)).</nowiki>


Die PETL erlauben schließlich eine Umkehr der Beweislast für das Verschulden, um damit solche erheblichen Risiken aufzufangen, die noch nicht die Grenze zur verschuldensunabhängigen Haftung überschreiten, sie aber doch fast erreichen (Art.&nbsp;4:201). Bedeutung hat die Beweislastumkehr vor allem für die besondere Unternehmenshaftung, die die PETL in Art.&nbsp;4:202 vorschreiben. Bei Schäden, die durch das Unternehmen oder seine Erzeugnisse verursacht werden, muss das Unternehmen nachweisen, dass es alle gebotene Sorgfalt eingehalten hat, wenn es nicht haften will. Die Vorschrift gilt außerhalb der strikten Produkthaftung, für die die Produkthaftungsrichtlinie mit ihren nationalen Umsetzungen anwendbar bleibt (s. Art.&nbsp;5:101&nbsp;(4)). Die Unternehmenshaftung der PETL folgt aber Grundgedanken der Richtlinie über die Verteilung der von Unternehmen geschaffenen Risiken sowie auch einem entsprechenden Reformvorschlag zum Schweizer Recht.
=== b) Gesellschafterversammlung und Gesellschafterbeschlüsse ===
Das oberste Organ in englischen Gesellschaften ist die Gesellschafterversammlung. Sie entscheidet über Satzungsänderungen und kann die Gesellschaft im Innen und sogar im Außenverhältnis umfassend binden. Sie kann jederzeit die Geschäftsführung an sich ziehen oder Einzelweisungen erteilen. Die Vorschriften zur Gesellschafterversammlung und den Gesellschafterbeschlüssen für die ''Private Limited'' wurden im CA 2006 erheblich dereguliert (sec. 281&nbsp;ff.). Gesellschafterversammlungen müssen nur noch in der Plc grundsätzlich einmal jährlich abgehalten werden (sec. 336 CA 2006). Auch die wichtige ''unanimous consent doctrine ''gilt unverändert fort, wie der Vorbehalt in sec. 281 Abs.&nbsp;4 CA 2006 klarstellt (siehe ''Palmer’s'' a.a.O., sec. 281, Note to subsection 4).


=== e) Gefährdungshaftung ===
Gesellschafterbeschlüsse bedürfen einer einfachen Mehrheit (''ordinary'' ''resolution'') oder in besonderen Fällen (z.B. bei Satzungsänderungen) einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen (''special'' ''resolutions'') (sec. 282, 283 CA 2006). Das Konzept der ''extraordinary'' ''resolution'' wurde aufgegeben.
Die PETL enthalten zu diesem wichtigen Bereich eine Generalklausel, die eine Haftung statuiert, wenn sich Risiken „außergewöhnlich gefährlicher Aktivitäten“ verwirklichen (Art.&nbsp;5:101). Außergewöhnlich gefährlich sind Aktivitäten, wenn sie trotz aller Sorgfalt voraussehbar entweder sehr wahrscheinlich oder sehr große Schäden verursachen. Allerdings gilt diese Regel nicht, wenn die Aktivität allgemein üblich ist. Damit statuieren die PETL insbesondere keine Gefährdungshaftung für Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr. Der Hintergrund dafür ist die englische und weitgehend auch die niederländische Auffassung, dass in diesem Bereich die – freilich scharfe – Verschuldenshaftung genüge. Die PETL sehen allerdings vor, dass nationale oder übernationale Regelungen eine weitergehende Gefährdungshaftung festlegen dürfen. Dieser Kompromiss kann jedoch als Wegweiser für ein künftiges europäisches Deliktsrecht nicht befriedigen.


=== f) Einstandshaftung für andere ===
=== c) Minderheitenschutz ===
Ein praktisch sehr wichtiger Bereich umfasst die Haftung für andere, insbesondere die Haftung des Geschäftsherrn für seine Leute ([[Haftung für andere]]). Die PETL schreiben hier eine strikte Einstandspflicht des Geschäftsherrn vor, wenn seine Leute zumindest fahrlässig Schaden angerichtet haben (Art.&nbsp;6.102). Verschuldens- und Gefährdungshaftung werden also miteinander gekoppelt.
Einzelne Minderheitsgesellschafter können im Namen der Gesellschaft klagen (''derivative action'', d.h. ''actio pro societate''), typischerweise gegen einen betrügerischen Geschäftsführer, der durch die Mehrheitsgesellschafter geschützt wird, oder gegen die Mehrheitsgesellschafter, die sich aus Gesellschaftsmitteln bereichert haben. Diese seit langem durch das Fallrecht anerkannte Art von Klagen ist durch sec. 260&nbsp;ff. CA 2006 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Solche Klagen haben in der bisherigen Praxis allerdings selten Erfolg.


Nur eine vermutete Verschuldenshaftung trifft dagegen aufsichtspflichtige Eltern oder Betreuer geistig Behinderter (Art.&nbsp;6:101). Der Nachweis sorgfältiger Beaufsichtigung entlastet den Pflichtigen von der Haftung für Schäden, die Minderjährige oder geistig Behinderte schuldhaft oder schuldlos verursacht haben.
Minderheitsgesellschafter können nach sec. 994 CA 2006 aber auch ein Ersuchen (''petition'') um Abhilfe an das Gericht richten, wenn die Gesellschaft in einer Art und Weise geführt wird, die unbillig ist und die Interessen der Minderheitsgesellschafter verletzt (''unfair prejudice''). In der Praxis wird eine solche ''petition'' besonders oft genutzt, um einem Minderheitsaktionär die Austrittsmöglichkeit aus der ''Limited'' zu geben, in der er von den Mehrheitsgesellschaftern benachteiligt wird.


=== g) Haftungsentlastung ===
== 4. Finanzverfassung ==
Weder die Verschuldenshaftung noch die [[Gefährdungshaftung]] kommt ohne eine Reihe von Entlastungsgründen aus, die zum völligen Haftungsausschluss oder einer Haftungsreduktion führen können. Zu diesen Gründen rechnen in erster Linie Notwehr und Einwilligung (Art.&nbsp;7:101), aber auch ein Mitverschulden oder sonstige Umstände aus der Sphäre des Geschädigten, die zu beachten wären, wenn er der Schädiger wäre (Art.&nbsp;8:101). Im Rahmen der Gefährdungshaftung entlasten ferner außergewöhnliche Naturereignisse sowie Handlungen Dritter, sofern sie weder voraussehbar noch abwendbar waren. Je nach dem Gewicht des äußeren Einflusses einerseits und des Schadensumfangs andererseits kann sich eine vollständige oder nur teilweise Entlastung für den Schädiger ergeben (Art.&nbsp;7:102).
Der CA 2006 legt für ''Limiteds'' kein Mindestkapital (''minimum alloted share capital'') fest. Eine ''Limited'' kann auch von einem Gesellschafter gegründet werden, der einen einzigen Geschäftsanteil zu GBP&nbsp;1,- oder auch nur einen Penny hält. Vor diesem Hintergrund hat das Verbot der Unterpariemission kaum praktische Bedeutung. Insbesondere steht es ''debt/‌equity swaps'' auch bei kriselnden Gesellschaften nicht im Weg (''Re Mercantile Trading Co'','' Schroeders’s Case'' (1871) L.R. 11 Eq. 13 (HL)). Geschäftsanteile müssen nicht unbedingt für Bargeld, sondern können auch gegen Sacheinlagen (''money’s worth''), auch durch Erbringung von Dienstleistungen, zugeteilt werden. Die Bewertung von Sacheinlagen in einer ''Limited'', für die keine gesetzlichen Regeln gelten, wird grundsätzlich den Geschäftsführern der ''Limited'' überlassen. Die grundsätzlich bestehenden Bezugsrechte der Gesellschafter (sec. 561 CA 2006) können ohne Weiteres durch die ''articles'' ausgeschlossen werden (sec. 567 (1) CA 2006). Die Kapitalaufbringung der ''Limited'' ist durch den CA 2006 noch weiter dereguliert worden. So können bei entsprechender Verankerung in der Gesellschaftsverfassung (''articles'') auch allein durch die Geschäftsführer neue Anteile ausgegeben (''alloted'') werden (sec. 550 CA 2006). Das Kapital einer ''Limited'' kann sich aus mehreren Klassen von Geschäftsanteilen zusammensetzen, etwa aus Stammanteilen (''ordinary'' ''shares'') und Vorzugsanteilen (''preference'' ''shares''). Die Rechte, die mit verschiedenen Anteilsklassen verbunden sind, werden in den ''articles of association'' festgelegt.


=== h) Schadensersatzregeln ===
Auch wenn es keine strenge Kapitalaufbringung kennt, so verlangt das englische Recht doch Kapitalerhaltung, also im Grundsatz wie das deutsche die Bindung des eingebrachten Kapitals (''capital maintenance''): Dazu beschränkt es Rückflüsse auf konsolidierte Gewinne (sec. 830 CA 2006, also keine „Privatentnahmen“). Das gilt auch für den – grundsätzlich zulässigen – Rückkauf eigener Anteile (sec. 692 CA 2006). Freilich laufen die Kapitalerhaltungsvorschriften einschließlich der ''[[common law]]''-Regeln gegen verdeckte Gewinnausschüttungen (''Aveling Barford'') bei den typischerweise niedrigen Kapitalziffern i.d.R. ins Leere. Auch ist die Kapitalherabsetzung bei der ''Limited ''jetzt schon mit bloßem ''solvency'' ''test'' möglich (sec. 642 ff. CA 2006), während das Verbot der ''financial assistance'' bei der ''Limited'' sogar vollkommen gestrichen wurde (siehe sec. 677&nbsp;ff. CA 2006).
Ausführlicher als viele nationale Kodifikationen regeln die PETL die Ersatzfolge (Art.&nbsp;10:101&nbsp;ff.). Die Bemessung des Ersatzumfangs wird für Vermögensschäden und immaterielle Schäden gesondert geregelt.


Materielle Schäden sind grundsätzlich so konkret wie möglich zu berechnen. Besteht ein Markt für die geschädigte Position, kommt aber auch eine abstrakte Berechnung nach dem Marktpreis in Betracht. Bei Körperschäden (Art.&nbsp;10:202) erhält der Verletzte auch dann Ersatz für eine Minderung der Erwerbsfähigkeit, wenn er diese Fähigkeit, wie etwa ein den Haushalt führender Ehegatte, nicht zu konkreten Einnahmen genutzt hatte. Beim Tod des Ernährers haben nicht nur die gesetzlich Unterhaltsberechtigten, sondern alle tatsächlich unterhaltenen Personen einen Unterhaltsanspruch gegen den Schädiger. Für Sachschäden (Art.&nbsp;10:203) ist in erster Linie die Wertminderung maßgebend. Wählt der Geschädigte aber die Wiederherstellung, ohne damit seine Pflicht zur Schadensminderung zu verletzen, dann kann er auch die Wiederherstellungskosten verlangen. Auch der Verlust der Sachnutzung, dessen Ersatz in Europa keineswegs einheitlich behandelt wird, ist auszugleichen.
Die Übertragung von ''Limited''-Anteilen bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Eine spezielle ''stock'' ''transfer'' form muss vom Käufer und Verkäufer ausgefüllt und zusammen mit dem ''share'' ''certificate'' des Verkäufers an die ''Limited'' übergeben werden. Der ''company'' ''secretary'' veranlasst dann, dass die Geschäftsführer die Transaktion und Änderung des Gesellschafterregisters genehmigen. Nach Eintragung der Änderung wird dem neuen Besitzer ein neues Zertifikat für seinen Geschäftsanteil ausgestellt.


Nichtvermögensschäden folgen aus der Verletzung der persongebundenen Rechtsgüter (körperliche Integrität, Würde, Freiheit, Persönlichkeitsrecht) und sind auch nur bei ihrer Beeinträchtigung zu ersetzen (Art.&nbsp;10:301). Die PETL billigen ferner nahen Angehörigen eines Getöteten oder sehr schwer Verletzten ein eigenes Schmerzensgeld zu.
Vermögensgegenstände, die der Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen überlassen wurden, sollen den Gläubigern zur Verfügung stehen. Daher darf das Kapital nur unter besonderen Voraussetzungen an Gesellschafter zurückgezahlt oder zum Erwerb eigener Geschäftsanteile genutzt werden. Da bei vielen ''Limiteds'' das ''issued capital'' GBP&nbsp;1,- beträgt, haben diese Regeln faktisch kaum Gläubigerschutzfunktionen.


Für viele Rechtsordnungen ungewöhnlich, erlaubt Art.&nbsp;10:401 PETL in sehr engen Ausnahmefällen eine Herabsetzung des Schadensersatzbetrags, wenn „im Hinblick auf die finanzielle Lage der Parteien die volle Ersatzpflicht eine erdrückende Belastung für den Beklagten bedeuten würde“.
== 5. Sonstiger Gläubiger und Investorenschutz ==
Die Offenlegungspflichten gelten als „Gegenleistung“ für die beschränkte Haftung und sollen Gläubigern und der Öffentlichkeit ermöglichen, ihre Geschäftspartner besser einschätzen zu können. Jedermann kann sich über das ''Companies House'', bei dem alle wichtigen Informationen, Formulare sowie Jahresabschlüsse, Berichte der Geschäftsführung usw. eingereicht werden, über die Verhältnisse einer ''Limited'' informieren. Bei Insolvenzanträgen, Bestellungen von Liquidatoren, Änderungen der ''articles of association'' und dem ''memorandum of association'', der Bestellung bzw. Abbestellung von Geschäftsführen und der Änderung des ''registered office'' werden Gläubiger normalerweise auch durch Anzeigen in englischen Tageszeitungen benachrichtigt. Einzureichen sind insbesondere der Jahresabschluss (''annual accounts''), ggf. samt Konzernabschluss, dazu Berichte der Geschäftsführer und ''auditors'' sowie der Jahresbericht (''annual'' ''return'').


== 6. Zukunft ==
''Limiteds'' können ihren Gläubigern Sicherungsrechte (''charges'') am Gesellschaftsvermögen geben. Eine ''charge'' kann entweder eine Belastung sein, die sich auf einen bestimmten Vermögensgegenstand bezieht (''fixed'' ''charge''), oder eine „schwebende“ Belastung (''floating'' ''charge'') über eine Klasse von Vermögensgegenständen (z.B. ein Warenlager oder das gesamte Gesellschaftsvermögen). Die Gesellschaft kann über einen gesicherten Vermögensgegenstand nicht ohne die Mitwirkung des Inhabers des Sicherungsrechts verfügen. Bei der ''floating'' ''charge'' kann die Gesellschaft über einzelne Vermögensgegenstände in ihrem täglichen Geschäft frei verfügen. Der Gläubiger hat zunächst keine Zugriffsrechte auf bestimmte Vermögensgegenstände, bis ein vertraglich geregelter Umstand eintritt, wodurch die ''floating charge'' in eine konkrete Belastung eines oder mehrerer bestimmter Vermögensgegenstände umgewandelt wird (''the floating charge ''‘''crystallises''’).
Die ''Principles of European Tort Law'' stehen in Europa in einem gewissen Konkurrenzkampf. Auch die ''[[Study Group on a European Civil Code]] ''hat einen Entwurf für ein Europäisches Deliktsrecht ausgearbeitet und ihn jetzt in den ''Draft [[Common Frame of Reference]]'' eingefügt, mit dem ein Gemeinschaftsinstrument für das [[Europäisches Privatrecht|Europäische Privatrecht]] vorbereitet werden soll. Freilich unterscheiden sich die beiden Deliktsrechtsvorschläge in der Sache nur wenig, in der Form jedoch deutlich. Der Entwurf der ''Study Group'' bevorzugt einen wesentlich kasuistischeren Regelungsstil. Die sachliche Übereinstimmung beider Entwürfe spricht jedoch dafür, dass hier konsensfähige Lösungen gefunden wurden, die tatsächlich den Boden für ein einheitlicheres europäisches Deliktsrecht der Zukunft bereiten.


==Literatur==
'''Literatur.''' ''Peter Millet'', ''Alistair Alcock'' (Hg.), Gore Brown on Companies, 2&nbsp;Bde., 50.&nbsp;Aufl.&nbsp;2004; ''Horst Eidenmüller'' (Hg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; ''Roy Goode'', Principles of Corporate Insolvency, 3.&nbsp;Aufl. 2005; ''Alexander Schall'', Englischer Gläubigerschutz bei der Limited in Deutschland, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 2005, 965&nbsp;ff.; ''idem'', The UK Limited Company Abroad, European Business Law Review 16 (2005) 1534&nbsp;ff.; ''Heribert Hirte'', ''Thomas Bücker'' (Hg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2.&nbsp;Aufl. 2006; ''Alexander Schall'', Anspruchsgrundlagen gegen Direktoren und Gesellschafter einer Limited nach englischem Recht, Deutsches Steuerrecht 2006, 1229&nbsp;ff.; ''Paul Davies'', Gower and Davies‘ Principles of Modern Company Law, 8.&nbsp;Aufl. 2008; ''Clemens Just'', Die englische Limited in der Praxis, 3.&nbsp;Aufl. 2008; ''Geoffrey Morse'' (Hg.), Palmer‘s Company Law (Loseblatt).
''Jaap Spier'', The European Group on Tort Law, in: Helmut Koziol, Barbara C. Steininger (Hg.), European Tort Law 2002, 2003, 541&nbsp;ff.; ''Helmut Koziol'','' ''Die „Principles of European Tort Law“ der „European Group of Tort Law“, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 12 (2004) 234&nbsp;ff.; ''Ulrich Magnus'', Vergleich der Vorschläge zum Europäischen Deliktsrecht, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 12 (2004) 562&nbsp;ff.; ''Reinhard Zimmermann'', Principles of European Contract Law and Principles of European Tort Law, in: Helmut Koziol, Barbara C. Steininger (Hg.), European Tort Law 2003, 2004, 2&nbsp;ff.; ''European Group on Tort Law'', Principles of European Tort Law, Text and Commentary, Wien 2005; ''Nils Jansen'', Principles of European Tort Law? Grundwertungen und Systembildung im europäischen Haftungsrecht, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 70 (2006) 732&nbsp;ff.; ''Roger van den Bergh'','' Louis Visscher''<nowiki>, The Principles of European Tort Law: The Right Path to Harmonisation?, German Working Papers in Law and Economics, Bd. 2006, Art.&nbsp;8 <www. bepress.com/‌gwp/‌default/‌vol2006/‌issl/‌art8> [zuletzt abgerufen am 3.7.2009]); </nowiki>''Gerhard Wagner'', The Project of Harmonizing European Tort Law, in: Helmut Koziol, Barbara C. Steininger (Hg.), European Tort Law 2005, 2006, 650&nbsp;ff.; ''Helmut Koziol'', ''Reiner Schulze'' (Hg.), Tort Law of the European Community, 2008.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Principles_of_European_Tort_Law_(PETL)]]
[[en:Private_Limited_Company_(England_and_Wales)]]

Version vom 23. November 2021, 22:44 Uhr

von Heribert Hirte

1. Gegenstand; Terminologie

Die Private Limited Company (nachfolgend Limited) und die Public Limited Company (nachfolgend: Plc) sind die gewöhnlichen Gesellschaftsformen im englischen Geschäftsleben. Die Limited ist die in England am weitesten verbreitete Gesellschaftsform. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass eine Limited im Gegensatz zur Plc ihre Geschäftsanteile nicht der Öffentlichkeit zum Kauf anbieten kann (sec. 81 Financial Services and Markets Act 2000). Rechtsquellen des englischen Gesellschaftsrechts sind das Fallrecht (case law), das Gesetzesrecht (primary and secondary legislation) einschließlich der europarechtlichen Vorgaben sowie Regeln der vom Gesetzgeber anerkannten Körperschaften (z.B. Financial Services Authority oder das Accounting Standards Board).

Die bisherigen gesetzlichen Grundlagen für Limited und Plc waren im Companies Act 1985 (CA 1985) enthalten, der durch den völlig neuen, überwiegend 2008 in Kraft getretenen Companies Act 2006 (CA 2006) ersetzt worden ist. Für einzelne spezielle Bereiche sind darüber hinaus weitere Gesetze zu beachten, wie etwa der Financial Services and Markets Act 2000 für den Investorenschutz, der Business Names Act 1985 für die Firmierung und der Company Directors Disqualification Act 1986, der mögliche Betätigungsverbote für Personen in leitender Funktion von Gesellschaften regelt. Besonders wichtig ist der Insolvency Act 1986 (IA 1986), der über die verschiedenen Insolvenzverfahren (administration, insolvent liquidation) hinaus auch alle Fälle der Liquidation von Gesellschaften betrifft, ergänzt durch den Enterprise Act 2002, der insbesondere die weitgehende Abschaffung der administrative receivership bei der floating charge und deren Integration in das herkömmliche Insolvenzverfahren der administration gebracht hat.

2. Gründung

Eine englische Limited entsteht grundsätzlich mit der Ausstellung des certificate of incorporation durch den Registrar of Companies, den Leiter des Companies House (sec. 15 CA 2006).

a) Gründungsvoraussetzungen

Eine Gründung der Limited (wie jetzt auch der Plc) kann durch eine oder mehrere Personen erfolgen (sec. 7 Abs. 1 CA 2006). Um die Eintragung ins Companies Register herbeizuführen, müssen die Gründer gemäß sec. 9 CA 2006 das memorandum of association zusammen mit einem Antrag auf Registrierung der Gesellschaft, den weiteren in sec. 9 bestimmten Dokumenten sowie einem statement of compliance einreichen. So scheint auf den ersten Blick die alte Zweiteilung zwischen memorandum of association und den articles of association fortzuleben. Freilich hat sie ihre frühere Bedeutung für die Gesellschaftsverfassung (memorandum of association regeln das Außenverhältnis, articles of association das Innenverhältnis) vollkommen eingebüßt. Das memorandum of association ist als Gründungsvertrag nunmehr auf die Erklärung, eine Gesellschaft nach dem CA 2006 gründen und ihr beitreten zu wollen (und dazu bei einer Gesellschaft mit share capital zumindest einen share zu zeichnen) beschränkt. Es enthält keinerlei weitere Angaben mehr, etwa zu den company’s objects, die im Übrigen gemäß sec. 31 Abs. 1 CA 2006 jetzt, vorbehaltlich von Einschränkungen in den articles, als grundsätzlich unbeschränkt gelten. Das memorandum zählt daher nicht mehr zur company’s constitution, die sich gemäß sec. 17, 29 CA 2006 aus den articles und den special resolutions zusammensetzt.

Bei der nach sec. 9 Abs. 2 lit. a CA 2006 erforderlichen Firmenbildung müssen die Vorschriften des CA 2006 (sec. 53 ff) und anderer relevanter Gesetze beachtet werden. Es gibt Firmenbestandteile, die absolut verboten sind, und auch solche, die nur mit Zustimmung des verantwortlichen Ministeriums oder der verantwortlichen Aufsichtsbehörde bzw. Vereinigung benutzt werden dürfen (z.B. alle Firmenbestandteile, die auf eine Verbindung mit öffentlichen Organen hindeuten, oder Firmenbestandteile wie bank oder solicitor). Nach sec. 216 IA 1986 ist es außerdem grundsätzlich verboten, die Firma einer insolventen Gesellschaft oder eine ähnliche Firma (prohibited names) für eine andere Gesellschaft zu verwenden. Bei Verstößen droht eine Durchgriffshaftung der bösgläubigen Beteiligten, allerdings nur für die Schulden der neuen Gesellschaft (sec. 217 IA 1986).

b) Companies House

Das Companies House ist für die Registrierung von Gesellschaften bei der Gründung zuständig. Außerdem prüft und bewahrt es die ihm von den Gesellschaften übermittelten Dokumente und Informationen auf. Jedermann kann, ohne ein besonderes Interesse nachzuweisen, über das Companies House die wichtigsten Informationen zu jeder Gesellschaft leicht erhalten, wie etwa die Satzung einer Limited, die letzten Jahresabschlüsse, die Namen der directors und etwaige Sicherungsrechte an Gegenständen des Gesellschaftsvermögens (charges).

c) Satzung: articles of association

Wie bereits gesagt, besteht die Satzung einer englischen Gesellschaft nicht mehr aus dem memorandum of association, sondern nur noch aus den articles. Die articles of association regeln dabei nach wie vor in erster Linie das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern und der Limited. Dort wird festgelegt, wie die Limited geführt werden soll und welche Funktionen die Gesellschafter auf die directors übertragen. Wenn bei der Gründung der Gesellschaft keine articles beim Companies House mitregistriert werden, gelten automatisch die neuen model articles (verfügbar unter http://www.opsi.gov.uk/‌si/‌si2008/‌uksi_20083229_en_1 [zuletzt abgerufen am 3.7.2009]), die jetzt speziell auf die verschiedenen Gesellschaftsformen des Companies Act (Limited, Plc) zugeschnitten worden (früher bekannt als Table A mit Geltung für alle companies). Die model articles für die Limited finden sich als Schedule 1 der Companies (Model Articles) Regulations 2008. Zur Behandlung früher Memorandumsregelungen mit Satzungsfunktion siehe im Übrigen sec. 28 CA 2006.

3. Organisationsverfassung

a) Geschäftsführer (directors)

Die Rechtsstellung der Geschäftsführer (directors) ist in den sec. 154 ff. des CA 2006 gesetzlich geregelt. Die Geschäftsführung einer Limited obliegt sowohl nach [[common law als auch nach den articles normalerweise den Geschäftsführern/‌directors und wird von diesen als Kollektiv – das board of directors – ausgeübt (z.B. Art. 3 Schedule 1). Eine Limited muss mindestens einen Geschäftsführer/‌director haben (sec. 154 Abs. 1 CA 2006). In den meisten articles of association ist festgelegt, dass der board of directors bestimmte Befugnisse einzelnen Geschäftsführern delegieren oder einen Hauptgeschäftsführer (managing director) benennen darf, dem alle Geschäftsführungsfunktionen übertragen werden (z.B. Art. 5 Schedule 1).

Der CA 2006 schreibt keine besonderen Qualifikationsmerkmale für Geschäftsführer von Limiteds vor (vgl. sec. 154 ff., 157). Geschäftsführer müssen nicht unbedingt natürliche Personen (sec. 155 Abs. 1 – aber mindestens eine natürliche Person erforderlich) und auch nicht Gesellschafter sein. Insolvenzschuldner (bankrupts) (sec. 11 Company Directors Disqualification Act 1986) und Personen, denen gerichtlich die Eignung für das Amt des Geschäftsführers entzogen worden ist (sec. 2-4 und sec. 6-9 Company Directors Disqualification Act 1986), dürfen nicht zu Geschäftsführern bestellt werden.

Die Bestellung der ersten Geschäftsführer einer Limited wird durch die Ausstellung des certificate of incorporation wirksam (sec. 16 Abs. 6 CA 2006). Später richtet sie sich nach den articles of association. Neue Geschäftsführer werden im Regelfall durch Beschluss der Gesellschafterversammlung oder des board of directors bestellt (Art. 17 Schedule 1).

Die gesetzlich geregelte Abberufung von Geschäftsführern erfolgt regelmäßig durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung (sec. 168 CA 2006). Das kann nicht durch die articles of association oder vertraglich ausgeschlossen werden, was den Gesellschaftern die Oberherrschaft über jegliche Gesellschaft sichert.

Die Geschäftsführer leiten die Limited. Dem board of directors obliegt im Außenverhältnis die Vertretung der Gesellschaft. Diese organschaftliche Vertretung war bisher ausschließlich eine gesetzliche Gesamtvertretung. Die Vertretung der Gesellschaft durch einzelne Personen konnte nur auf Basis rechtsgeschäftlicher Vollmacht (actual authority) erfolgen. Da sec. 40 Abs. 1 CA 2006 jetzt aber nur noch von den directors, nicht mehr vom board of directors spricht, könnte sich die Rechtslage insoweit geändert haben und jedem einzelnen director organschaftliche Vertretungsmacht zukommen (siehe Palmer‘s Company Law: Annotated Guide to the CA 2006, sec. 40, Note to subsection 1).

Im Innenverhältnis besteht die Pflicht der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft, etwaige Einschränkungen ihrer Befugnisse in den articles zu berücksichtigen, was in sec. 39 CA 2006 aber nicht mehr ausdrücklich festgeschrieben wird (anders noch sec. 35 Abs. 3 CA 1985).

Die allgemeinen Pflichten der Geschäftsführer richteten sich traditionell nach common law. Sie bestehen nicht nur für Geschäftsführer, sondern immer auch für sog. „Schattengeschäftsführer“ (shadow directors), d.h. „persons in accordance to whose instructions the directors are accustomed to act“, zu denen insbesondere herrschende Gesellschafter, parent companies, ggf. aber auch übermäßig mitregierende Banken gehören. Ursprünglich schuldeten Geschäftsführer, ähnlich wie die trustees eines trusts (Trust und Treuhand), einer englischen Gesellschaft nur Treuepflichten (fiduciary duties genannt). Dies bedeutet vor allem, dass die Geschäftsführer immer im Interesse der Gesellschaft handeln müssen („to act bona fide in the best interests of the company“). Das Gesellschaftsinteresse wird im englischen Recht grundsätzlich monistisch bestimmt und entspricht dem Interesse der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit. Bei unvermeidbarer Insolvenz treten die Interessen der Gläubiger an die Stelle derjenigen der Gesellschafter, was auch eine gesellschaftsrechtliche Haftung zugunsten der Gläubiger für Fehlverhalten in der Krise begründen kann.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts haften Geschäftsführer nicht nur bei Verletzung von Treuepflichten, sondern auch für Sorgfaltspflichtverletzungen. Für die Begründung dieser Haftung der Geschäftsführer gilt der gemischt objektivsubjektive Fahrlässigkeitsmaßstab, wonach Geschäftsführer zum einen die Anforderungen erfüllen müssen, die allgemein und normalerweise an Geschäftsführer gestellt werden, zum anderen aber auch ihren besonderen persönlichen Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen genügen.

Mit dem CA 2006 wurden die Pflichten der Direktoren umfassend einer gesetzlichen Regelung zugeführt (sec. 170 ff.), die freilich auf dem bisherigen common law aufbaut. Auch für die Rechtsfolgen (z.B. constructive trust betreffs zu Unrecht durch Ausnutzung einer corporate opportunity erlangter Gewinne bleibt das common law zuständig. Nach dem statutory law richten sich die wichtigen Vorschriften zur Begrenzung von Insidergeschäften (sec. 188 ff. CA 2006), denen in einem fokussierten Haftungssystem auch eine tragende Gläubigerschutzfunktion zukommt. Außerdem sind Geschäftsführer verpflichtet, bestimmte Gesellschaftsregister zu führen und das Companies House vorschriftsgemäß und regelmäßig zu informieren, u.a. die erforderlichen Jahresberichte und ‑abschlüsse einzureichen. Für die Verletzung dieser Pflichten können die Geschäftsführer auch strafrechtlich verfolgt werden. Auch der Gesellschaft drohen erhebliche Konsequenzen bis zur Streichung aus dem Gesellschaftsregister. Die Bestellung eines Company Secretary, der nach altem Recht eine tragende Rolle bei Erfüllung dieser Pflichten innehatte, ist bei der Private Limited nicht mehr verpflichtend (sec. 270 CA 2006).

Eine wichtige Rolle für den Gläubigerschutz in der englischen Limited spielt das Insolvenzrecht. Vor allem ist das einfache Antragsrecht der Gläubiger bedeutend, für das nach sec. 123 Abs. 1 lit. a IA 1986 Verzug mit unstreitiger Schuld über GBP 750,- nach Setzung einer dreiwöchigen Frist genügt. Mit Stellung des Insolvenzantrags werden – vorbehaltlich gerichtlicher Genehmigung und ungeachtet der Kenntnis der Geschäftsführer – sämtliche Dispositionen über Gesellschaftsvermögen unwirksam (sec. 127 IA 1986). In der Liquidation einer Gesellschaft kann der liquidator direkt gegen Geschäftsführer wegen wrongful trading vorgehen, die, obwohl sie wussten (oder hätten wissen müssen), dass die Gesellschaft keine realistische Überlebenschance hatte (sec. 214 Abs. 2 lit. b IA 1986), trotzdem notwendige Maßnahmen nicht vorgenommen haben. Zusätzlich kann ein liquidator einen Schadenersatzanspruch gegen die Geschäftsführer auch wegen fraudulent trading geltend machen (sec. 213 IA 1986). Fraudulent trading stellt eine Straftat dar und bedeutet, dass die Geschäftsführer die Gesellschaft mit dem Ziel geführt haben, die Gläubiger der Gesellschaft zu betrügen. In Fällen vorsätzlichen Gläubigerbetrugs besteht außerdem ein Ausgleichsanspruch nach sec. 423 IA 1986, der unter Umständen auch von den geschädigten Gläubigern direkt geltend gemacht werden kann. Die fallrechtliche Durchgriffshaftung unter der fraud exception kommt heutzutage in der englischen Praxis für Zwecke des Gläubigerschutzes nicht mehr zur Anwendung (Yukong Line/‌Rendsburg (No 2) [1998] 4 All ER 82 (Comm.)).

b) Gesellschafterversammlung und Gesellschafterbeschlüsse

Das oberste Organ in englischen Gesellschaften ist die Gesellschafterversammlung. Sie entscheidet über Satzungsänderungen und kann die Gesellschaft im Innen und sogar im Außenverhältnis umfassend binden. Sie kann jederzeit die Geschäftsführung an sich ziehen oder Einzelweisungen erteilen. Die Vorschriften zur Gesellschafterversammlung und den Gesellschafterbeschlüssen für die Private Limited wurden im CA 2006 erheblich dereguliert (sec. 281 ff.). Gesellschafterversammlungen müssen nur noch in der Plc grundsätzlich einmal jährlich abgehalten werden (sec. 336 CA 2006). Auch die wichtige unanimous consent doctrine gilt unverändert fort, wie der Vorbehalt in sec. 281 Abs. 4 CA 2006 klarstellt (siehe Palmer’s a.a.O., sec. 281, Note to subsection 4).

Gesellschafterbeschlüsse bedürfen einer einfachen Mehrheit (ordinary resolution) oder in besonderen Fällen (z.B. bei Satzungsänderungen) einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen (special resolutions) (sec. 282, 283 CA 2006). Das Konzept der extraordinary resolution wurde aufgegeben.

c) Minderheitenschutz

Einzelne Minderheitsgesellschafter können im Namen der Gesellschaft klagen (derivative action, d.h. actio pro societate), typischerweise gegen einen betrügerischen Geschäftsführer, der durch die Mehrheitsgesellschafter geschützt wird, oder gegen die Mehrheitsgesellschafter, die sich aus Gesellschaftsmitteln bereichert haben. Diese seit langem durch das Fallrecht anerkannte Art von Klagen ist durch sec. 260 ff. CA 2006 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt worden. Solche Klagen haben in der bisherigen Praxis allerdings selten Erfolg.

Minderheitsgesellschafter können nach sec. 994 CA 2006 aber auch ein Ersuchen (petition) um Abhilfe an das Gericht richten, wenn die Gesellschaft in einer Art und Weise geführt wird, die unbillig ist und die Interessen der Minderheitsgesellschafter verletzt (unfair prejudice). In der Praxis wird eine solche petition besonders oft genutzt, um einem Minderheitsaktionär die Austrittsmöglichkeit aus der Limited zu geben, in der er von den Mehrheitsgesellschaftern benachteiligt wird.

4. Finanzverfassung

Der CA 2006 legt für Limiteds kein Mindestkapital (minimum alloted share capital) fest. Eine Limited kann auch von einem Gesellschafter gegründet werden, der einen einzigen Geschäftsanteil zu GBP 1,- oder auch nur einen Penny hält. Vor diesem Hintergrund hat das Verbot der Unterpariemission kaum praktische Bedeutung. Insbesondere steht es debt/‌equity swaps auch bei kriselnden Gesellschaften nicht im Weg (Re Mercantile Trading Co, Schroeders’s Case (1871) L.R. 11 Eq. 13 (HL)). Geschäftsanteile müssen nicht unbedingt für Bargeld, sondern können auch gegen Sacheinlagen (money’s worth), auch durch Erbringung von Dienstleistungen, zugeteilt werden. Die Bewertung von Sacheinlagen in einer Limited, für die keine gesetzlichen Regeln gelten, wird grundsätzlich den Geschäftsführern der Limited überlassen. Die grundsätzlich bestehenden Bezugsrechte der Gesellschafter (sec. 561 CA 2006) können ohne Weiteres durch die articles ausgeschlossen werden (sec. 567 (1) CA 2006). Die Kapitalaufbringung der Limited ist durch den CA 2006 noch weiter dereguliert worden. So können bei entsprechender Verankerung in der Gesellschaftsverfassung (articles) auch allein durch die Geschäftsführer neue Anteile ausgegeben (alloted) werden (sec. 550 CA 2006). Das Kapital einer Limited kann sich aus mehreren Klassen von Geschäftsanteilen zusammensetzen, etwa aus Stammanteilen (ordinary shares) und Vorzugsanteilen (preference shares). Die Rechte, die mit verschiedenen Anteilsklassen verbunden sind, werden in den articles of association festgelegt.

Auch wenn es keine strenge Kapitalaufbringung kennt, so verlangt das englische Recht doch Kapitalerhaltung, also im Grundsatz wie das deutsche die Bindung des eingebrachten Kapitals (capital maintenance): Dazu beschränkt es Rückflüsse auf konsolidierte Gewinne (sec. 830 CA 2006, also keine „Privatentnahmen“). Das gilt auch für den – grundsätzlich zulässigen – Rückkauf eigener Anteile (sec. 692 CA 2006). Freilich laufen die Kapitalerhaltungsvorschriften einschließlich der common law-Regeln gegen verdeckte Gewinnausschüttungen (Aveling Barford) bei den typischerweise niedrigen Kapitalziffern i.d.R. ins Leere. Auch ist die Kapitalherabsetzung bei der Limited jetzt schon mit bloßem solvency test möglich (sec. 642 ff. CA 2006), während das Verbot der financial assistance bei der Limited sogar vollkommen gestrichen wurde (siehe sec. 677 ff. CA 2006).

Die Übertragung von Limited-Anteilen bedarf nicht der notariellen Beurkundung. Eine spezielle stock transfer form muss vom Käufer und Verkäufer ausgefüllt und zusammen mit dem share certificate des Verkäufers an die Limited übergeben werden. Der company secretary veranlasst dann, dass die Geschäftsführer die Transaktion und Änderung des Gesellschafterregisters genehmigen. Nach Eintragung der Änderung wird dem neuen Besitzer ein neues Zertifikat für seinen Geschäftsanteil ausgestellt.

Vermögensgegenstände, die der Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen überlassen wurden, sollen den Gläubigern zur Verfügung stehen. Daher darf das Kapital nur unter besonderen Voraussetzungen an Gesellschafter zurückgezahlt oder zum Erwerb eigener Geschäftsanteile genutzt werden. Da bei vielen Limiteds das issued capital GBP 1,- beträgt, haben diese Regeln faktisch kaum Gläubigerschutzfunktionen.

5. Sonstiger Gläubiger und Investorenschutz

Die Offenlegungspflichten gelten als „Gegenleistung“ für die beschränkte Haftung und sollen Gläubigern und der Öffentlichkeit ermöglichen, ihre Geschäftspartner besser einschätzen zu können. Jedermann kann sich über das Companies House, bei dem alle wichtigen Informationen, Formulare sowie Jahresabschlüsse, Berichte der Geschäftsführung usw. eingereicht werden, über die Verhältnisse einer Limited informieren. Bei Insolvenzanträgen, Bestellungen von Liquidatoren, Änderungen der articles of association und dem memorandum of association, der Bestellung bzw. Abbestellung von Geschäftsführen und der Änderung des registered office werden Gläubiger normalerweise auch durch Anzeigen in englischen Tageszeitungen benachrichtigt. Einzureichen sind insbesondere der Jahresabschluss (annual accounts), ggf. samt Konzernabschluss, dazu Berichte der Geschäftsführer und auditors sowie der Jahresbericht (annual return).

Limiteds können ihren Gläubigern Sicherungsrechte (charges) am Gesellschaftsvermögen geben. Eine charge kann entweder eine Belastung sein, die sich auf einen bestimmten Vermögensgegenstand bezieht (fixed charge), oder eine „schwebende“ Belastung (floating charge) über eine Klasse von Vermögensgegenständen (z.B. ein Warenlager oder das gesamte Gesellschaftsvermögen). Die Gesellschaft kann über einen gesicherten Vermögensgegenstand nicht ohne die Mitwirkung des Inhabers des Sicherungsrechts verfügen. Bei der floating charge kann die Gesellschaft über einzelne Vermögensgegenstände in ihrem täglichen Geschäft frei verfügen. Der Gläubiger hat zunächst keine Zugriffsrechte auf bestimmte Vermögensgegenstände, bis ein vertraglich geregelter Umstand eintritt, wodurch die floating charge in eine konkrete Belastung eines oder mehrerer bestimmter Vermögensgegenstände umgewandelt wird (the floating charge crystallises’).

Literatur. Peter Millet, Alistair Alcock (Hg.), Gore Brown on Companies, 2 Bde., 50. Aufl. 2004; Horst Eidenmüller (Hg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Roy Goode, Principles of Corporate Insolvency, 3. Aufl. 2005; Alexander Schall, Englischer Gläubigerschutz bei der Limited in Deutschland, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 2005, 965 ff.; idem, The UK Limited Company Abroad, European Business Law Review 16 (2005) 1534 ff.; Heribert Hirte, Thomas Bücker (Hg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006; Alexander Schall, Anspruchsgrundlagen gegen Direktoren und Gesellschafter einer Limited nach englischem Recht, Deutsches Steuerrecht 2006, 1229 ff.; Paul Davies, Gower and Davies‘ Principles of Modern Company Law, 8. Aufl. 2008; Clemens Just, Die englische Limited in der Praxis, 3. Aufl. 2008; Geoffrey Morse (Hg.), Palmer‘s Company Law (Loseblatt).