Leasing und Leihe: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Franco Ferrari]]''
von ''[[Martin Schmidt-Kessel]]''
== 1. Wirtschaftlicher Zweck ==
== 1. Allgemeines ==
In seinen modernen Anfängen wurde das ''Leasing'' vor allem als absatzpolitisches Instrument verstanden, das (Groß‑)Hersteller einsetzten, um ihre Produkte an Kunden zu vermieten, denen der [[Kauf]] aufgrund fehlender Eigenmittel nur schwer möglich gewesen wäre. Daraus ergibt sich unschwer, dass das anfängliche ''Leasing'' noch als Zwei-Personen-Verhältnis ausgestaltet war und sich vor allem durch eine Absatzförderungsfunktion auszeichnete, die heute mit der Finanzierungs- und Investitionsfunktion konkurrieren muss, durch die das heutige ''Leasing'' vornehmlich charakterisiert wird. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Absatzförderungsfunktion nicht auch heute noch im Vordergrund stehen kann. Dem ist etwa so beim so genannten ''Operating-Leasing'', das bei nur kurzer Laufzeit der einzelnen Verträge von vorneherein auf Überlassung des Leasingobjekts an verschiedene Leasingnehmer angelegt ist. Diese Erscheinungsform des ''Leasing'', die einem „normalen“ Mietvertrag ([[Miete und Pacht]]) sehr nahe kommt, zeichnet sich aber nicht nur durch die Kurzfristigkeit der Nutzungsüberlassungsverträge und dem damit einhergehenden mehrfachen Einsatz des Leasingobjekts, sondern auch durch die jederzeitige Kündbarkeit des Nutzungsüberlassungsvertrag durch Leasingnehmer und ‑geber aus, also dem (grundsätzlichen) Fehlen einer Grundlaufzeit, sowie dadurch, dass der Leasinggeber, der generell die Wartung und Reparatur des Leasingobjekts übernimmt, das Investitionsrisiko trägt.
Die Leihe gehört – wie die [[Schenkung]] im [[europäisches Privatrecht|europäischen Privatrecht]] zum gesicherten Bestand [[unentgeltliche Geschäfte|unentgeltlicher Geschäfte]]. Ihr sachlicher Kern, die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, ist ebenfalls anerkannt, wobei Begriff und Konstruktion erhebliche Differenzen aufweisen, wohingegen die rechtspolitischen Divergenzen – anders als etwa bei der Schenkung – deutlich begrenzter sind.


Charakteristisch für das heutige ''Leasing'' ist jedoch nicht nur die unterschiedliche Funktion, die generell im Vordergrund steht, sondern auch die grundsätzliche Ausgestaltung als Drei-Personen-Verhältnis, also als Beziehung, an der in der Regel drei unterschiedliche Parteien beteiligt sind, nämlich der am Produkt/‌Investitionsgut interessierte Unternehmer/‌Leasingnehmer, der am Verkauf gegen Kaufpreiszahlung interessierte Hersteller/‌Lieferant und der zum Zwecke der Verschaffung der unternehmerischen Einsatzmöglichkeit des Produkts/‌Investitionsgut zwischengeschaltete Leasinggeber. Das Gesagte schließt nicht aus, dass von ''Leasing'' auch dann die Rede sein kann, wenn nur zwei Parteien beteiligt sind, wie etwa beim direkten Herstellerleasing, bei dem Hersteller und Leasinggeber identisch sind. Da jedoch bei dieser Ausgestaltung des Leasinggeschäfts einige Vorteile des ''Leasings'' verloren gehen, überrascht es kaum, dass auf diese Ausgestaltung nicht sehr oft zurückgegriffen wird.
=== a) Begriff und Abgrenzungen ===
Die Leihe ist durch die zeitlich begrenzte Sachüberlassung ohne Gegenleistung zum Gebrauch durch den Entleiher charakterisiert. Dementsprechend ist mit ihr eine Rückgabepflicht des Entleihers am Ende des Überlassungszeitraums verbunden. Die Leihe begründet regelmäßig nur eine Berechtigung zu Sachherrschaft und Nutzung, nicht jedoch ein dingliches Recht (''ususfructus'', Nießbrauch). Sie unterscheidet sich damit auch von [[Trust und Treuhand|''Trust'' und Treuhand]].


Was die Vorteile des Leasinggeschäfts angeht, so ist, was den Leasingnehmer betrifft, vor allem darauf hinzuweisen, dass dieses dem Leasingnehmer erlaubt, sich grundsätzlich teure Wirtschaftsgüter unabhängig von der Zahlung eines in der Regel hohen Kaufpreises (und demzufolge auch unabhängig von der Disponibilität von Eigenkapital) zu beschaffen. Das Leasinggeschäft erlaubt dem Leasingnehmer nämlich, statt einer einmaligen, in der Regel hohen Summe, periodisch wiederkehrende, für die gesamte Laufzeit des Geschäfts vereinbarte (und somit als klare Planungsbasis die innerbetriebliche Kalkulation erleichternde), niedrigere Summen zu zahlen. Diese Summen, die grundsätzlich steuerlich voll abzugsfähig sind, bezahlt der Leasingnehmer aus den Erträgen, die dieser durch den Einsatz der geleasten Wirtschaftsgüter erwirtschaftet, entsprechend der Regel „pay as you earn“. Insoweit schont das Leasinggeschäft also nicht nur das Eigenkapital und demzufolge die Liquidität des Leasingnehmers (was zu einem höheren Rating des Leasingnehmers führen kann), sondern es macht auch finanzielle Vorleistungen überflüssig, finanziert es sich doch selbst.
Zeitliche Begrenztheit und Rückgabepflicht unterscheiden die Leihe von der Schenkung. Wie bei allen unentgeltlichen Geschäften mangelt es freilich nicht an Versuchen, etwa über die Annahme einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung nebst Erlass des Entgelts oder über die Übertragung eines bestehenden, aber nur zu diesem Zwecke bestellten dinglichen oder obligatorischen Rechts (in der Praxis seit altersher vor allem Wohnrechte) zur Anwendung der Schenkungsregeln zu gelangen. Die Sachüberlassung unterscheidet die Leihe grundsätzlich gegenüber Dienstleistungen, wobei hier die Abgrenzung Schwierigkeiten bereitet, wenn Dienstleistungen mit Sachüberlassungen einhergehen; typischerweise wird insoweit auf den Zweck der Überlassung abgestellt bzw. darauf, in wessen Interesse die Überlassung erfolgt (wenngleich in diesem Punkt nicht immer klar differenziert wird). Die Abgrenzung von der [[Verwahrung (allgemein)|Verwahrung]] erfolgt zusätzlich über die Nutzungsberechtigung, die nur der Entleiher, nicht aber der Verwahrer hat. Die Grenze zum (unentgeltlichen) [[Darlehen]] ist bereits seit dem [[römisches Recht|römischen Recht]] nicht völlig scharf und wird in vielen Sprachen auch begrifflich nicht klar gezogen (engl.: ''loan''<nowiki>; frz.: </nowiki>''prêt''); wenn – entsprechend der römischen Differenzierung zwischen ''commodatum'' und ''mutuum'' – unterschieden wird, spricht die Berechtigung des Nutzers zur Rückerstattung anderer gleichartiger Gegenstände für das Vorliegen eines Darlehens. Das englische Recht kennt die Unterscheidung – trotz der Verwendung des Begriffs ''loan'' – ebenfalls (vgl. ''Coggs v. Barnard'' (1703) 2 Ld Raym 909: „...&nbsp;is called commodatum, because the thing is to be restored in specie“).


Da das Leasinggeschäft den Leasingnehmer nur für eine begrenzte Zeit an das geleaste Wirtschaftsgut bindet, begrenzt es außerdem das Risiko der Überalterung des geleasten Wirtschaftsguts. Das Leasinggeschäft ermöglicht dem Leasingnehmer aber auch sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren, übernimmt der Leasinggeber doch häufig auch über die reine Finanzierung hinausgehende Dienstleistungen.
Die mit dem Begriff der Unentgeltlichkeit verbundenen Unsicherheiten ([[Unentgeltliche Geschäfte]]) gelten ebenso für die Leihe, spielen dort jedoch wegen der Formfreiheit der Leihe sowie der grundsätzlichen Kündbarkeit auch der Miete ([[Miete und Pacht]]) eine vergleichsweise geringe praktische Rolle; dasselbe gilt für Mischsituationen. Elemente der Freigebigkeit sind häufig auch bei der Leihe erkennbar; besondere Rechtsfolgen, insbesondere Haftungsprivilegien des Verleihers sowie Unterhaltungslasten des Entleihers oder dessen strenge Haftung, werden bisweilen mit der Freigebigkeit des Verleihers gerechtfertigt. Als Voraussetzung des Geschäftstyps – wie die ''intention libérale'' im napoleonischen System der [[Schenkung]] – wird die Freigebigkeit jedoch nicht angesehen. Nebenzwecke des Verleihers spielen dementsprechend für die Einordnung als Leihe keine praktische Rolle.


Das Leasinggeschäft weist für den Leasingnehmer aber auch Nachteile auf. Diesbezüglich ist vor allem zu erwähnen, dass der Leasingnehmer selbst bei Nichtnutzung des geleasten Wirtschaftsgutes die Leasingraten zahlen muss; insoweit stellen die Leasingraten also einen Fixkostenblock dar, um den der Leasingnehmer im Grunde nicht herumkommt. Ferner kann der Leasingnehmer bei plötzlichem Geldbedarf (oder eben Nichtnutzung) das Leasinggut nicht verkaufen, bleibt das Eigentum während der Laufzeit doch beim Leasinggeber. Auch was die Kosten angeht, ist das ''Leasing'' für den Leasingnehmer nicht unbedingt vorteilhaft: da der Leasinggeber nicht nur das Ausfallrisiko kalkulieren muss, sondern sich vom Geschäft auch einen Gewinn erwartet, können die Gesamtkosten die Kosten eines fremdfinanzierten Kaufs übersteigen.
=== b) Verbindlichkeit trotz Unent&shy;geltlichkeit ===
Die Verbindlichkeit des unentgeltlichen Versprechens der Gebrauchsüberlassung wie auch der erfolgten Überlassung ist keine Selbstverständlichkeit. Mangels Formerfordernis bedarf es regelmäßig anderer Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens, dessen Feststellung sich bei unentgeltlichen Gebrauchsüberlassungen vielfach als problematisch erweist. Er lässt sich bei der Leihe, wie etwa die Figur des ''precarium'' (Bittleihe) zeigt, nicht ohne weiteres mit der Überlassung belegen, weil diese eine rechtsgeschäftliche Betätigung nicht voraussetzt. Zur Vermeidung einer übergroßen Verrechtlichung von Gefälligkeiten des Alltags werden bisweilen erhebliche Anforderungen – insbesondere hinsichtlich des Wertes der erbrachten Leistung und der bestehenden Risiken – an die Annahme eines Bindungswillens gestellt. Das frühe römische Recht hat die Leihe bis zu ihrer Anerkennung als Vertrag, die wohl in der späten Republik erfolgte, überhaupt als bloßen Akt der ''amicitia'' angesehen und allenfalls mit Mitteln der außervertraglichen Haftung geholfen. Die Unsicherheiten, die im englischen Recht hinsichtlich der Verbindlichkeit von Abreden unter einem ''bailment'' bestehen (s.u. 3.), mögen ihre Ursache ebenfalls hier haben, ohne dass sich dies im Einzelnen belegen ließe.


== 2. Definition und Erscheinungs&shy;formen ==
=== c) Leihe und Vertragsrecht ===
Eine Legaldefinition des Leasingvertrags findet sich mittlerweile in verschiedenen Rechtsordnungen. Beispielhaft sei auf das polnische Recht verwiesen, das in Art.&nbsp;709 des in der seit dem 9.12.2000 geltenden Fassung des Zivilgesetzbuches ([[Polnisches Zivilgesetzbuch]]) den Leasingvertrag definiert als den Vertrag, der einerseits den Leasinggeber im Rahmen seines Tätigkeitsbereichs zum Erwerb einer Sache von einem bestimmten Veräußerer zu den im Leasingvertrag spezifizierten Bedingungen und zur Überlassung an den Leasingnehmer für eine bestimmte Zeit, andererseits den Leasingnehmer zur Zahlung einer Geldsumme in vereinbarten Raten verpflichtet, die mindestens dem Preis oder der Vergütung für den Erwerb der Sache gleichkommt.
Wie generell bei [[Unentgeltliche Geschäfte|unentgeltlichen Geschäfte]]n besteht über die Einordnung der Leihe als Vertrag, ihre Zugehörigkeit zum Vertragsrecht und damit auch die Anwendbarkeit der vertragsrechtlichen Regeln international kein Konsens. Das trifft aufgrund der ''doctrine of consideration'' ([[Seriositätsindizien]]; [[Formerfordernisse]]) vor allem auf das englische Recht zu, nach dem auch die Verbindlichkeit des Versprechens unter einer ''deed'' nicht uneingeschränkt zum Vertragsrecht führt ([[Schenkung]]). Die Qualifikation der Gebrauchsüberlassung von Mobilien als eine Form des ''bailment'' hat freilich – anders als bei der Schenkung – zur Ausbildung eines geordneten Regelungssystems geführt. Dabei ist das Verhältnis des – hier in vielerlei Hinsicht dem kontinentalen Konzept des Realvertrags ähnlichen – ''bailment ''zum Vertragsrecht bis heute ungesichert. Verletzungen des ''bailment'' werden – bei im Einzelnen abweichender Beweislastverteilung – mit der Deliktsklage der ''conversion'' geahndet. Insoweit ist die Behandlung der Leihe derjenigen durch das republikanische römische Recht nicht unähnlich.


Auch in anderen europäischen Rechtsordnungen finden sich Legaldefinitionen; so liest man etwa in §&nbsp;361 des estnischen Schuldrechtsgesetzes vom 26.9.2001, dass der Leasingvertrag der Vertrag ist, „durch den sich der Leasinggeber verpflichtet vom einem vom Leasingnehmer ausgesuchten Verkäufer einen bestimmten Gegenstand (das Leasingobjekt) zu kaufen und dem Leasingnehmer die Nutzung zu überlassen, während der Leasingnehmer verpflichtet ist, eine Geldsumme für die Nutzung zu zahlen.“ Im Ergebnis ähnliche Definitionen finden sich nunmehr auch im mazedonischen (vgl. Art.&nbsp;2 des Leasinggesetzes vom 31.12.2002), rumänischen (vgl. Art.&nbsp;1 der ''Leasing''-Anordnung vom 28.8. 1997), russischen (vgl. Art.&nbsp;665 des russischen Zivilgesetzbuches) und serbischen Recht (vgl. Art.&nbsp;2 des Leasinggesetzes vom 27.5.2003).
== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Wie bei der [[Schenkung]] und den übrigen Typen [[Unentgeltliche Geschäfte|unentgeltlicher Geschäfte]] lässt sich für die Leihe eine Tendenz zu Abweichungen von den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts zugunsten des Verleihers feststellen. Dabei fehlt es jedoch anders als bei der Schenkung an einer einheitlichen Linie. Zu nennen sind vor allem die besonderen Anforderungen an den Rechtsbindungswillen, die erleichterte und in der Regel jederzeit mögliche Kündbarkeit, sowie Beschränkungen der Pflichten des Verleihers und der Rechtsbehelfe des Entleihers. Nationale Rechtsetzungsaktivitäten aus jüngerer Zeit setzen kaum neue Akzente; vielmehr beruhen die Regeln der allermeisten Mitgliedstaaten strukturell bis heute auf den seit der späten Republik entwickelten Regeln des [[römisches Recht|römischen Recht]]s (vgl. für England ''Coggs v. Barnard ''(1703) 2 Ld Raym 909). Eine Erhebung zur Praxis des Leihverkehrs von Kunstwerken zwischen Museen hat gezeigt, dass sie ungeachtet aller Unterschiede im Detail gut funktioniert.


Die Existenz verschiedener Legaldefinitionen erlaubt jedoch nicht, von einem offensichtlichen Trend in Richtung normativer Typisierung des ''Leasings'' zu sprechen. In vielen europäischen Rechtsordnungen, wie etwa in der deutschen, italienischen, österreichischen, schweizerischen und spanischen, ist der Leasingvertrag nämlich trotz seiner Verkehrstypizität und weiten Verbreitung auch weiterhin ein Innominatvertrag, also ein zumindest aus zivilrechtlicher (nicht aber unbedingt auch aus steuer- bzw. bilanzrechtlicher) Sicht normativ vom Gesetzgeber nicht aufgegriffener Vertrag. Vorteilhaft ist dies insoweit, als dies es erlaubt, eine – flexible – Umschreibung auszuarbeiten, unter die die verschiedenen von der Praxis entwickelten Erscheinungsformen des ''Leasing'' subsumiert werden können. Auf der anderen Seite führt aber gerade diese Flexibilität zum Fehlen einer allgemein anerkannten, einheitlichen Definition, was unter anderem dazu führt, dass auch die zivilrechtliche Einordnung des Leasingvertrags nicht einheitlich ausfällt. So ist der Leasingvertrag bisweilen als Mietvertrag, als herkömmlicher Sachkauf, als Ratenkaufvertrag, als Rechtskauf, etc. qualifiziert worden. Fraglich ist jedoch, ob sich diese klassischen (und doch eher rigiden) Vertragstypen für die rechtliche Einordnung des Leasingvertrags eignen. Angesichts der unterschiedlichen Funktionen des ''Leasings'' und der Vielfalt der möglichen Ausgestaltungen des Verhältnisses dieser Funktionen zueinander, ist dies wohl auszuschließen. Dies ist der Grund, warum in der Lehre immer mehr Stimmen laut werden, die im Leasingvertrag einen Vertrag sui generis sehen. Diese Theorie vermag aber nicht nur den möglichen Ausgestaltungen des Verhältnisses der Funktionen des ''Leasing'' zueinander und somit auch der Vielfalt der Erscheinungsformen desselben Rechnung zu tragen; sie ist auch am besten dazu geeignet, die mittlerweile nicht mehr zu bestreitende Eigenständigkeit des ''Leasing'' (im Verhältnis zu Kauf, Miete, etc.) hervorzuheben, die im Rahmen anderer Theorien hingegen untergeht.
== 3. Ausgestaltung im Einzelnen ==
Die rechtsvergleichend bislang wenig behandelte Leihe hat ihren rechtspraktischen Anwendungsbereich vor allem bei der vorübergehenden Überlassung von hochwertigen Gegenständen wie Kunstgegenständen oder Investitionsgütern ohne Entgelt. Bei geringwertigen Gütern fehlt es hingegen regelmäßig an einem Willen der Parteien zu einer rechtlichen Bindung; die Billigung des Verleihers genügt dann, eine vorübergehende Besitzberechtigung des Entleihers sowie einen Behaltensgrund für seine Gebrauchsvorteile zu kreieren. Auch als verbindlicher Vertrag ist die Leihe jedoch formfrei begründbar, so dass die Grenzziehung zur reinen Gefälligkeit erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Das englische Recht ordnet die Leihe von Mobilien als ''bailment'' ein und ermöglicht so jedenfalls nach verbreiteter Auffassung eine Verbindlichkeit von Nebenabreden ab Überlassung auch ohne ''consideration''.


Angesichts des soeben Gesagten kann der Leasingvertrag daher als ein Gebrauchsüberlassungsvertrag eigener Art angesehen werden, dessen Kerngehalt – auch im Lichte der oben zitierten Legaldefinitionen – darin besteht, dass der Leasinggeber dem Leasingnehmer ein Wirtschaftsgut für eine im Voraus bestimmte Mindestvertragsdauer gegen Zahlung von periodisch wiederkehrenden Leasingraten zum Gebrauch überlässt.
Wenn keine besondere Vereinbarung getroffen wurde und den Abreden keine Dauer für die Gebrauchsüberlassung zu entnehmen ist, sind die Parteien regelmäßig frei darin, die Leihe jederzeit zu beenden. Der Entleiher bleibt typischerweise auch dann frei, wenn eine bestimmte Zeit für die Überlassung vereinbart worden ist. Darüberhinaus besteht häufig ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Aber auch wenn die Parteien von diesen Regeln abweichen, bleibt es bei der Formfreiheit des Leihvertrags.  


Dieser Definition des ''Leasing'' im weiten Sinne, unter die auch das eingangs genannte ''Operating-Leasing'' fällt, das eigentlich nur eine Sonderform der Miete darstellt, wird grundsätzlich eine Definition des ''Leasing'' im engeren Sinne gegenübergestellt, die mit der des Finanzierungsleasing übereinstimmt. Danach ist (Finanzierungs&#8209;)Leasingvertrag der Vertrag, der den Leasinggeber dazu verpflichtet, mit einem Dritten einen Liefervertrag über ein in der Regel vom Leasingnehmer genauer bestimmtes Leasingobjekt abzuschließen, das der Leasinggeber sodann dem Leasingnehmer zu liefern und für eine im Voraus vereinbarte und unkündbare Mindestlaufzeit zum Gebrauch zu überlassen hat, während er den Leasingnehmer zur Zahlung der als Entgelt für die Finanzierung, die Lieferung und die Gebrauchsüberlassung des Leasingobjektes vereinbarten Leasingraten verpflichtet, die generell zur vollständigen Amortisation für den Leasinggeber führen. Kann diese vollständige Amortisation (von vorneherein) nicht über die Zahlung der Leasingraten erreicht werden, dann wird oft die Pflicht zu einer Abschlusszahlung im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung vertraglich vorgesehen, die im Umfang den zu dem Zeitpunkt der Vertragsbeendigung noch ausstehenden Aufwendungen (und Gewinnerwartungen) des Leasinggebers entspricht. Die Vollamortisation kann aber auch durch Übernahme seitens des Leasingnehmers einer Restwertgarantie erreicht werden kann.
Die Pflichten des Verleihers werden häufig erheblich eingeschränkt. Insbesondere beschränken sich die Qualitätsanforderungen an die überlassene Sache nicht selten darauf, dass die Sache keine vom Verleiher gezielt verschwiegenen Mängel aufweisen darf. Besondere Schwierigkeiten bereitet typischerweise die angemessene Verteilung der Unterhaltungskosten für die verliehene Sache: Grundgedanke ist hier regelmäßig, dass den Verleiher keine Pflicht trifft, die Sache dauerhaft in gebrauchsfähigem Zustand zu halten, während umgekehrt den Entleiher gewisse Unterhaltungs- und Fürsorgepflichten treffen; die eigentliche Sachfrage ist letztlich deren Abgrenzung von einer eine Miete ([[Miete und Pacht]]) begründenden Gegenleistung, die über die Kosten der dauernden Gebrauchsvorteile hinausgeht. Teilweise finden sich auch der Schenkung vergleichbare Beschränkungen der Rechtsbehelfe des Entleihers, ohne dass jedoch eine in gleicher Weise klare Linie erkennbar wäre.


Unter die oben erwähnte Definition des (Finanzierungs&#8209;)''Leasing'' lassen sich die meisten Erscheinungsformen des ''Leasing'' subsumieren, und dies unabhängig von den Kriterien, die zur Unterscheidung der verschiedenen Erscheinungsformen herangezogen werden (wie etwa dem Amortisationsgrad während der Mindestlaufzeit; dem Gegenstand des Leasingvertrags; der Identität zwischen Leasinggeber und Lieferant; etc.), die im Grunde aber nicht so sehr auf genau auseinander zu haltenden Unterschieden in der Rechtsstruktur als vielmehr auf Erfahrungswerten ruht. Oft sind die für die verschiedenen Erscheinungsformen des ''Leasings'' gebrauchten Begriffe nur „Praktiker-Schlagworte zur Benennung verschiedener empirischer Erscheinungsformen des Leasinggeschäfts“ (''Michael Martinek''), die einer mit unterschiedlicher Rechtsstruktur zusammenhängen Rechtfertigung entbehren.
Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Entleihers wirkt teilweise noch die römische ''custodia''-Haftung mit ihrer Anknüpfung an den ''diligentissimus pater familias ''fort; sie wird vielfach mit dem Utilitätsprinzip, also der strikten Haftung desjenigen begründet, der aus dem Innehaben der Sache einen Vorteil zieht. Sie entspricht aber auch einer verbreiteten Spielart der Verschuldenshaftung, wie sie etwa in Frankreich oder unter dem Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]], den [[Principles of European Contract Law|PECL]] oder den [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT PICC]] für die ''obligations de résultat'' gilt: Die Entlastung von der Pflicht zur Rückgabe der unbeschädigten Sache ist hier nur für solche Geschehnisse möglich, die außerhalb des Kontrollbereichs des Entleihers liegen, also bei höherer Gewalt'' ''(''force majeure''); der in allen Rechtsordnungen bekannte Ausschluss einer Haftung für die gewöhnliche Abnutzung der geliehenen Sache hat daher bei der Leihe eine größere Bedeutung. Dogmatisch kommt es für den Haftungsstandard darauf an, welche Pflicht als verletzt angesehen wird, diejenige zum sorgfältigen Umgang (dann auch Entlastung bei Störungen aus der Risikosphäre des Entleihers) oder diejenige zur Rückgabe in einwandfreiem Zustand (dann lediglich Entlastung bei Störungen, die ''beyond control ''sind). Die Auffassungen der europäischen Rechtsordnungen divergieren hier, wobei rechtspolitisch neben dem Utilitätsprinzip teilweise auf die Freigebigkeit des Verleihers verwiesen wird.  


== 3. Einzelausgestaltung ==
== 4. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht und Vereinheitlichungsprojekte ==
Was die Einzelausgestaltung des ''Leasing'' angeht, ist zunächst anzumerken, dass der Leasingvertrag grundsätzlich formfrei geschlossen werden kann, was aber nicht ausschließt, das in einigen Rechtsordnungen ein generelles Schriftformerfordernis für Leasingverträge existiert, wie etwa in Polen (vgl. Art.&nbsp;709 Abs.&nbsp;2 ZGB). Zu beachten ist aber immer, dass auch in den Rechtsordnungen, die keine generelle Schriftform verlangen, die grundsätzliche Formfreiheit durch Verbraucherschutzgesetze (wie etwa dem schweizerischen Konsumkreditgesetz) bzw. Verbraucherschutzvorschriften eingeschränkt wird, die in den EU-Mitgliedstaaten auf sekundäres Gemeinschaftsrecht zurückgehen, etwa auf die RL&nbsp;87/‌ 102 vom 22.12.1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit. Aber selbst dann, wenn der Leasingnehmer kein Verbraucher ist, kann der Leasingvertrag bestimmten Formerfordernissen unterstehen. Dem ist etwa so bei Immobilienleasingverträgen, die oft der Schriftform – wenn nicht sogar der notariellen Form – bedürfen; in einigen Rechtsordnungen müssen sich auf Immobilien beziehende Leasingverhältnisse sogar in das Grundbuch eingetragen werden (wie etwa in Rumänien).
Ein Einheitsrecht der Leihe gibt es bislang nicht. Die Bücher&nbsp;I-III des ''Draft [[Common Frame of Reference]]'' schließen eine Anwendung auf die Leihe ebenso wenig aus wie die weiten Vertragsbegriffe der ''[[Principles of European Contract Law]]'' und der [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT'' Principles of International Commercial Contracts'']], obwohl deren Regeln deutlich auf entgeltliche Geschäfte zugeschnitten sind. Anders als zur Schenkung enthält der DCFR zur Leihe keine besonderen Regeln; ein entsprechender Entwurf zu ''gratuitous use'' konnte aus Zeitgründen nicht mehr berücksichtigt werden. Dieser Entwurf schränkt zunächst die Bindung des Verleihers dadurch ein, dass kein Rechtsbindungswille vermutet wird, solange der Verleiher die Sache noch nicht überlassen hat und erweitert die Rechte des Verleihers bei Willensmängeln. Begrenzten Pflichten des Verleihers entsprechen weitreichende Kündigungsmöglichkeiten sowie eine Beschränkung der Rechtsbehelfe des Entleihers. Der Entleiher schuldet hinsichtlich der Sache nur ''reasonable care'', während sich die Rückgabeverpflichtung auf den tatsächlichen Zustand der Sache beschränkt. Der Entwurf sieht – nach letztem Stand – eine entsprechende Anwendung der Regeln auf das Sachdarlehen vor.
 
Was die Hauptpflichten der Vertragsparteien des (Finanzierungs&#8209;)Leasingvertrags angeht, zeichnen sich die Rechtsordnungen vor allem durch Gemeinsamkeiten aus, selbst wenn im Detail durchaus Unterschiede bestehen: der Leasinggeber muss das vom Leasingnehmer ausgewählte Leasingobjekt erwerben, wodurch er seiner Vorfinanzierungspflicht nachkommt, und es dem Leasingnehmer für die (in manchen Rechtsordnungen gesetzlich festgelegte Mindest&#8209;)Vertragszeit zum freien Gebrauch überlassen; Eigentümer bleibt somit der Leasinggeber, der (nach Übergabe des Leasingobjekts) aber nicht die mit dem Eigentum verbundenen Risiken trägt. Der Leasinggeber schließt nämlich grundsätzlich die Haftung für vertragswidrige Lieferung und Sachmängel der Ware aus. Wenn dieser Ausschluss mittels Verwendung von [[Allgemeine Geschäftsbedingungen|AGB]] erfolgt, ist zunächst die Gültigkeit derselben zu untersuchen, die auch davon abhängt, ob der Leasingnehmer ein Verbraucher ist oder nicht. Ist er das nicht, so ist der Haftungsausschluss grundsätzlich dann zulässig, wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer alle Mängelrechte bzw. die Ermächtigung zur Ausübung derselben bedingungslos abgetreten hat, der Leasingnehmer also nicht rechtlos gestellt ist.
 
Der Leasingnehmer ist hingegen verpflichtet, die vereinbarten Leasingraten zu den periodisch wiederkehrenden Terminen zu zahlen, das Leasingobjekt während der Vertragslaufzeit in ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und es entsprechend seiner Bestimmung zu gebrauchen. Die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Leasingraten entfällt selbst bei zufälliger Wertminderung, Verschlechterung oder gar Vernichtung des Leasingobjekts grundsätzlich nicht; der Leasingnehmer trägt also – solange der Vertrag besteht – auch die Preisgefahr. Von der Pflicht zur Ratenzahlung ist der Leasingnehmer jedoch grundsätzlich dann befreit, wenn ihm das Leasingobjekt überhaupt nicht übergeben wird, fehlt es in diesem Fall doch an der Vertragsgrundlage.
 
Kommt der Leasingnehmer seiner Kardinalpflicht (Zahlung der Leasingraten) nicht nach, so sehen die verschiedenen Rechtsordnungen bisweilen unterschiedliche Rechtsfolgen vor, wie etwa der möglichen Kündigung nach abgelaufener Nachfrist oder die Möglichkeit der Kündigung, ohne weitere Erfordernisse, bei Verletzung der Zahlungspflicht in zwei aufeinander folgenden Monaten.
 
Was das Vertragsende angeht, so ist anzumerken, dass dieses zwar mit Zeitablauf, Kündigung und Vertragsaufhebung eintritt, nicht jedoch mit Vollamortisation. Ist der Leasingvertrag beendet, ist der Leasingnehmer – vorbehaltlich der Ausübung einer vereinbarten Kaufoption – zur Rückgabe des Leasingobjekts verpflichtet. Erfüllt der Leasingnehmer diese Pflicht nicht, muss er die Leasingraten trotz eventuell bereits erfolgter Amortisation der Aufwendungen des Leasinggebers auch weiterhin zahlen.
 
== 4. Rechtsvereinheitlichung ==
Obwohl das (Finanzierungs&#8209;)''Leasing'' in den verschiedenen Rechtsordnungen ähnlich definiert wird, lassen sich Unterschiede in der rechtlichen Ausgestaltung finden. Im internationalen Rechtsverkehr führen diese Unterschiede zu Rechtsunsicherheit hinsichtlich der anwendbaren Vorschriften und stehen somit der Entwicklung des internationalen ''Leasings'' im Wege. Mit dem Ziel, ebendiesen Hemmnissen entgegenzuwirken, ist nach mehrjährigen Vorarbeiten am 28.5.1988 die Konvention von Ottawa über Internationales Finanzierungsleasing verabschiedet worden, die mittlerweile in neun Staaten in Kraft getreten ist.
 
Ausgangspunkt der einheitlichen Regelung, die genauso lückenhaft ist wie die jeder anderen Einheitssachrechtskonvention und sich lediglich mit einigen, wenn auch wichtigen, Rechtsfragen auseinandersetzt, ist die Definition des Finanzierungsleasinggeschäfts (Art.&nbsp;1), das definiert wird als ein Dreiparteiengeschäft über einen nicht vornehmlich für den persönlichen Gebrauch des Leasingnehmers zu verwendenden (und von letzterem bestimmten) Leasinggegenstand, den der Leasinggeber im Hinblick auf einen zu schließenden oder bereits geschlossenen Leasingvertrag von einem von Leasingnehmer ausgewählten Lieferanten erwirbt und dem Leasingnehmer gegen Zahlung von Leasingraten zur Nutzung überlässt, die unter Berücksichtigung insbesondere der Abschreibung der gesamten Kosten des Leasinggegenstands oder eines wesentlichen Teils derselben zu berechnen sind. Ebendieses Erfordernis schließt aus, dass das ''Operating-Leasing'' der Konvention unterliegen kann, ist diese Art von Leasinggeschäft doch von vorneherein nicht auf die Amortisation des Leasinggegenstandes ausgerichtet.
 
Zur Anwendung der Konvention reicht es jedoch nicht aus, dass ein Finanzierungsleasinggeschäft im oben erwähnten Sinne vorliegt. Es muss sich auch um ein internationales Geschäft handeln, wobei die verlangte Internationalität von der Niederlassung des Leasingnehmers und &#8209;gebers in verschiedenen Staaten abhängt. Außerdem wird verlangt, dass alle Staaten, in denen die am Leasinggeschäft Beteiligten ihre Niederlassung haben, zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsschlüsse Vertragsstaaten der Konvention sind. Ist dem nicht so, kann die Konvention aber dennoch zur Anwendung kommen, solange sowohl der Liefervertrag als auch der Leasingvertrag dem Recht eines Vertragsstaats unterliegen (Art.&nbsp;3).
 
Hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Parteien ist vor allem zu erwähnen, dass die Konvention zum einen den Leasinggeber gesetzlich von jeder Haftung für vom Leasinggegenstand verursachte Personen- und Sachschäden (Art.&nbsp;8(1)(b)) befreit, zum anderen, dass sie dem Leasingnehmer einen Direktanspruch gegen den Lieferanten einräumt (Art.&nbsp;10), um dem Umstand entgegenzuwirken, dass Leasingverträge grundsätzlich Haftungsfreizeichnungsklauseln zugunsten des Leasinggebers enthalten. Ferner sieht die Konvention ausdrücklich vor, dass die Pflichten des Lieferanten aus dem Liefervertrag auch gegenüber dem Leasingnehmer gelten, als wäre dieser selbst Vertragspartner, was den Leasingnehmer jedoch nicht berechtigt, den Liefervertrag selbst zu kündigen oder aufzuheben (Art.&nbsp;10).
 
Erwähnenswert sind auch die Vorschriften, die sich mit der Nichterfüllung der Leasinggeber- (Art.&nbsp;12) und Leasingnehmerpflichten (Art.&nbsp;13) beschäftigen, sowie die Vorschrift bezüglich der Vollstreckungsfestigkeit des dinglichen Rechts des Leasinggebers am Leasinggegenstand.
 
Anzumerken ist letztendlich, dass die Konvention abdingbar ist (Art.&nbsp;5): sie kann als Ganzes mittels einer Vereinbarung zwischen allen Beteiligten (Lieferant; Leasinggeber und &#8209;nehmer) ausgeschlossen werden. Die Parteien können in ihren Beziehungen untereinander aber auch von den meisten Bestimmungen abweichen oder deren Wirkung ändern.


==Literatur==
==Literatur==
''Herbert Kronke'', Finanzierungsleasing in rechtsvergleichender Sicht, Archiv für die civilistische Praxis 190 (1990) 383&nbsp;ff.; ''Michael Martinek'','' ''Moderne Vertragstypen, Bd.&nbsp;1, Leasing und Factoring, 1991; ''Daniel Girsberger'', Grenzüberschreitendes Finanzierungsleasing: Internationales Vertrags-, Sachen- und Insolvenzrecht, 1997; ''Eric Garrido'', Le cadre économique et réglementaire du crédit-bail, 2002; ''Eckhard Wolf'','' Hans-Georg Eckert'', Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht und Leasingrechts, 9.&nbsp;Aufl. 2004; ''Mauro Bussani'', I contratti moderni: Factoring, franchising, leasing, 2005; ''Marco Torsello'', La disciplina uniforme del ''leasing'' finanziario internazionale, in: Aldo Berlinguer (Hg.), Finanziamento e internazionalizzazione di impresa, 2007, 187&nbsp;ff.; ''Friedrich Graf von Westphalen'' (Hg.), Der Leasingvertrag, 6.&nbsp;Aufl. 2007; ''Thomas Ackermann'', ''Michael'' ''Martinek'' (Hg.), Handbuch des Leasingrechts, 2.&nbsp;Aufl. 2008.
''Werner Lorenz'', Entgeltliche und unentgeltliche Geschäfte, in: Festschrift für Max Rheinstein, Bd.&nbsp;II, 1969, 547&nbsp;ff.; ''Reinhard Zimmermann'', The Law of Obligations, 1996, 188&nbsp;ff.; ''Jan Dirk Harke'', Freigiebigkeit und Haftung, 2006; ''Philip Haellmigk'', Die Leihe in der französischen, englischen und deutschen Rechtsordnung – unter besonderer Berücksichtigung der Kunstleihe, 2009.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Leasing]]
[[en:Gratuitous_Use]]

Version vom 28. September 2021, 18:03 Uhr

von Martin Schmidt-Kessel

1. Allgemeines

Die Leihe gehört – wie die Schenkung – im europäischen Privatrecht zum gesicherten Bestand unentgeltlicher Geschäfte. Ihr sachlicher Kern, die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, ist ebenfalls anerkannt, wobei Begriff und Konstruktion erhebliche Differenzen aufweisen, wohingegen die rechtspolitischen Divergenzen – anders als etwa bei der Schenkung – deutlich begrenzter sind.

a) Begriff und Abgrenzungen

Die Leihe ist durch die zeitlich begrenzte Sachüberlassung ohne Gegenleistung zum Gebrauch durch den Entleiher charakterisiert. Dementsprechend ist mit ihr eine Rückgabepflicht des Entleihers am Ende des Überlassungszeitraums verbunden. Die Leihe begründet regelmäßig nur eine Berechtigung zu Sachherrschaft und Nutzung, nicht jedoch ein dingliches Recht (ususfructus, Nießbrauch). Sie unterscheidet sich damit auch von Trust und Treuhand.

Zeitliche Begrenztheit und Rückgabepflicht unterscheiden die Leihe von der Schenkung. Wie bei allen unentgeltlichen Geschäften mangelt es freilich nicht an Versuchen, etwa über die Annahme einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung nebst Erlass des Entgelts oder über die Übertragung eines bestehenden, aber nur zu diesem Zwecke bestellten dinglichen oder obligatorischen Rechts (in der Praxis seit altersher vor allem Wohnrechte) zur Anwendung der Schenkungsregeln zu gelangen. Die Sachüberlassung unterscheidet die Leihe grundsätzlich gegenüber Dienstleistungen, wobei hier die Abgrenzung Schwierigkeiten bereitet, wenn Dienstleistungen mit Sachüberlassungen einhergehen; typischerweise wird insoweit auf den Zweck der Überlassung abgestellt bzw. darauf, in wessen Interesse die Überlassung erfolgt (wenngleich in diesem Punkt nicht immer klar differenziert wird). Die Abgrenzung von der Verwahrung erfolgt zusätzlich über die Nutzungsberechtigung, die nur der Entleiher, nicht aber der Verwahrer hat. Die Grenze zum (unentgeltlichen) Darlehen ist bereits seit dem römischen Recht nicht völlig scharf und wird in vielen Sprachen auch begrifflich nicht klar gezogen (engl.: loan; frz.: prêt); wenn – entsprechend der römischen Differenzierung zwischen commodatum und mutuum – unterschieden wird, spricht die Berechtigung des Nutzers zur Rückerstattung anderer gleichartiger Gegenstände für das Vorliegen eines Darlehens. Das englische Recht kennt die Unterscheidung – trotz der Verwendung des Begriffs loan – ebenfalls (vgl. Coggs v. Barnard (1703) 2 Ld Raym 909: „... is called commodatum, because the thing is to be restored in specie“).

Die mit dem Begriff der Unentgeltlichkeit verbundenen Unsicherheiten (Unentgeltliche Geschäfte) gelten ebenso für die Leihe, spielen dort jedoch wegen der Formfreiheit der Leihe sowie der grundsätzlichen Kündbarkeit auch der Miete (Miete und Pacht) eine vergleichsweise geringe praktische Rolle; dasselbe gilt für Mischsituationen. Elemente der Freigebigkeit sind häufig auch bei der Leihe erkennbar; besondere Rechtsfolgen, insbesondere Haftungsprivilegien des Verleihers sowie Unterhaltungslasten des Entleihers oder dessen strenge Haftung, werden bisweilen mit der Freigebigkeit des Verleihers gerechtfertigt. Als Voraussetzung des Geschäftstyps – wie die intention libérale im napoleonischen System der Schenkung – wird die Freigebigkeit jedoch nicht angesehen. Nebenzwecke des Verleihers spielen dementsprechend für die Einordnung als Leihe keine praktische Rolle.

b) Verbindlichkeit trotz Unent­geltlichkeit

Die Verbindlichkeit des unentgeltlichen Versprechens der Gebrauchsüberlassung wie auch der erfolgten Überlassung ist keine Selbstverständlichkeit. Mangels Formerfordernis bedarf es regelmäßig anderer Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens, dessen Feststellung sich bei unentgeltlichen Gebrauchsüberlassungen vielfach als problematisch erweist. Er lässt sich bei der Leihe, wie etwa die Figur des precarium (Bittleihe) zeigt, nicht ohne weiteres mit der Überlassung belegen, weil diese eine rechtsgeschäftliche Betätigung nicht voraussetzt. Zur Vermeidung einer übergroßen Verrechtlichung von Gefälligkeiten des Alltags werden bisweilen erhebliche Anforderungen – insbesondere hinsichtlich des Wertes der erbrachten Leistung und der bestehenden Risiken – an die Annahme eines Bindungswillens gestellt. Das frühe römische Recht hat die Leihe bis zu ihrer Anerkennung als Vertrag, die wohl in der späten Republik erfolgte, überhaupt als bloßen Akt der amicitia angesehen und allenfalls mit Mitteln der außervertraglichen Haftung geholfen. Die Unsicherheiten, die im englischen Recht hinsichtlich der Verbindlichkeit von Abreden unter einem bailment bestehen (s.u. 3.), mögen ihre Ursache ebenfalls hier haben, ohne dass sich dies im Einzelnen belegen ließe.

c) Leihe und Vertragsrecht

Wie generell bei unentgeltlichen Geschäften besteht über die Einordnung der Leihe als Vertrag, ihre Zugehörigkeit zum Vertragsrecht und damit auch die Anwendbarkeit der vertragsrechtlichen Regeln international kein Konsens. Das trifft aufgrund der doctrine of consideration (Seriositätsindizien; Formerfordernisse) vor allem auf das englische Recht zu, nach dem auch die Verbindlichkeit des Versprechens unter einer deed nicht uneingeschränkt zum Vertragsrecht führt (Schenkung). Die Qualifikation der Gebrauchsüberlassung von Mobilien als eine Form des bailment hat freilich – anders als bei der Schenkung – zur Ausbildung eines geordneten Regelungssystems geführt. Dabei ist das Verhältnis des – hier in vielerlei Hinsicht dem kontinentalen Konzept des Realvertrags ähnlichen – bailment zum Vertragsrecht bis heute ungesichert. Verletzungen des bailment werden – bei im Einzelnen abweichender Beweislastverteilung – mit der Deliktsklage der conversion geahndet. Insoweit ist die Behandlung der Leihe derjenigen durch das republikanische römische Recht nicht unähnlich.

2. Tendenzen der Rechtsentwicklung

Wie bei der Schenkung und den übrigen Typen unentgeltlicher Geschäfte lässt sich für die Leihe eine Tendenz zu Abweichungen von den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts zugunsten des Verleihers feststellen. Dabei fehlt es jedoch anders als bei der Schenkung an einer einheitlichen Linie. Zu nennen sind vor allem die besonderen Anforderungen an den Rechtsbindungswillen, die erleichterte und in der Regel jederzeit mögliche Kündbarkeit, sowie Beschränkungen der Pflichten des Verleihers und der Rechtsbehelfe des Entleihers. Nationale Rechtsetzungsaktivitäten aus jüngerer Zeit setzen kaum neue Akzente; vielmehr beruhen die Regeln der allermeisten Mitgliedstaaten strukturell bis heute auf den seit der späten Republik entwickelten Regeln des römischen Rechts (vgl. für England Coggs v. Barnard (1703) 2 Ld Raym 909). Eine Erhebung zur Praxis des Leihverkehrs von Kunstwerken zwischen Museen hat gezeigt, dass sie ungeachtet aller Unterschiede im Detail gut funktioniert.

3. Ausgestaltung im Einzelnen

Die rechtsvergleichend bislang wenig behandelte Leihe hat ihren rechtspraktischen Anwendungsbereich vor allem bei der vorübergehenden Überlassung von hochwertigen Gegenständen wie Kunstgegenständen oder Investitionsgütern ohne Entgelt. Bei geringwertigen Gütern fehlt es hingegen regelmäßig an einem Willen der Parteien zu einer rechtlichen Bindung; die Billigung des Verleihers genügt dann, eine vorübergehende Besitzberechtigung des Entleihers sowie einen Behaltensgrund für seine Gebrauchsvorteile zu kreieren. Auch als verbindlicher Vertrag ist die Leihe jedoch formfrei begründbar, so dass die Grenzziehung zur reinen Gefälligkeit erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Das englische Recht ordnet die Leihe von Mobilien als bailment ein und ermöglicht so – jedenfalls nach verbreiteter Auffassung – eine Verbindlichkeit von Nebenabreden ab Überlassung auch ohne consideration.

Wenn keine besondere Vereinbarung getroffen wurde und den Abreden keine Dauer für die Gebrauchsüberlassung zu entnehmen ist, sind die Parteien regelmäßig frei darin, die Leihe jederzeit zu beenden. Der Entleiher bleibt typischerweise auch dann frei, wenn eine bestimmte Zeit für die Überlassung vereinbart worden ist. Darüberhinaus besteht häufig ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes. Aber auch wenn die Parteien von diesen Regeln abweichen, bleibt es bei der Formfreiheit des Leihvertrags.

Die Pflichten des Verleihers werden häufig erheblich eingeschränkt. Insbesondere beschränken sich die Qualitätsanforderungen an die überlassene Sache nicht selten darauf, dass die Sache keine vom Verleiher gezielt verschwiegenen Mängel aufweisen darf. Besondere Schwierigkeiten bereitet typischerweise die angemessene Verteilung der Unterhaltungskosten für die verliehene Sache: Grundgedanke ist hier regelmäßig, dass den Verleiher keine Pflicht trifft, die Sache dauerhaft in gebrauchsfähigem Zustand zu halten, während umgekehrt den Entleiher gewisse Unterhaltungs- und Fürsorgepflichten treffen; die eigentliche Sachfrage ist letztlich deren Abgrenzung von einer eine Miete (Miete und Pacht) begründenden Gegenleistung, die über die Kosten der dauernden Gebrauchsvorteile hinausgeht. Teilweise finden sich auch der Schenkung vergleichbare Beschränkungen der Rechtsbehelfe des Entleihers, ohne dass jedoch eine in gleicher Weise klare Linie erkennbar wäre.

Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Entleihers wirkt teilweise noch die römische custodia-Haftung mit ihrer Anknüpfung an den diligentissimus pater familias fort; sie wird vielfach mit dem Utilitätsprinzip, also der strikten Haftung desjenigen begründet, der aus dem Innehaben der Sache einen Vorteil zieht. Sie entspricht aber auch einer verbreiteten Spielart der Verschuldenshaftung, wie sie etwa in Frankreich oder unter dem Draft DCFR, den PECL oder den UNIDROIT PICC für die obligations de résultat gilt: Die Entlastung von der Pflicht zur Rückgabe der unbeschädigten Sache ist hier nur für solche Geschehnisse möglich, die außerhalb des Kontrollbereichs des Entleihers liegen, also bei höherer Gewalt (force majeure); der in allen Rechtsordnungen bekannte Ausschluss einer Haftung für die gewöhnliche Abnutzung der geliehenen Sache hat daher bei der Leihe eine größere Bedeutung. Dogmatisch kommt es für den Haftungsstandard darauf an, welche Pflicht als verletzt angesehen wird, diejenige zum sorgfältigen Umgang (dann auch Entlastung bei Störungen aus der Risikosphäre des Entleihers) oder diejenige zur Rückgabe in einwandfreiem Zustand (dann lediglich Entlastung bei Störungen, die beyond control sind). Die Auffassungen der europäischen Rechtsordnungen divergieren hier, wobei rechtspolitisch neben dem Utilitätsprinzip teilweise auf die Freigebigkeit des Verleihers verwiesen wird.

4. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht und Vereinheitlichungsprojekte

Ein Einheitsrecht der Leihe gibt es bislang nicht. Die Bücher I-III des Draft Common Frame of Reference schließen eine Anwendung auf die Leihe ebenso wenig aus wie die weiten Vertragsbegriffe der Principles of European Contract Law und der UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, obwohl deren Regeln deutlich auf entgeltliche Geschäfte zugeschnitten sind. Anders als zur Schenkung enthält der DCFR zur Leihe keine besonderen Regeln; ein entsprechender Entwurf zu gratuitous use konnte aus Zeitgründen nicht mehr berücksichtigt werden. Dieser Entwurf schränkt zunächst die Bindung des Verleihers dadurch ein, dass kein Rechtsbindungswille vermutet wird, solange der Verleiher die Sache noch nicht überlassen hat und erweitert die Rechte des Verleihers bei Willensmängeln. Begrenzten Pflichten des Verleihers entsprechen weitreichende Kündigungsmöglichkeiten sowie eine Beschränkung der Rechtsbehelfe des Entleihers. Der Entleiher schuldet hinsichtlich der Sache nur reasonable care, während sich die Rückgabeverpflichtung auf den tatsächlichen Zustand der Sache beschränkt. Der Entwurf sieht – nach letztem Stand – eine entsprechende Anwendung der Regeln auf das Sachdarlehen vor.

Literatur

Werner Lorenz, Entgeltliche und unentgeltliche Geschäfte, in: Festschrift für Max Rheinstein, Bd. II, 1969, 547 ff.; Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, 188 ff.; Jan Dirk Harke, Freigiebigkeit und Haftung, 2006; Philip Haellmigk, Die Leihe in der französischen, englischen und deutschen Rechtsordnung – unter besonderer Berücksichtigung der Kunstleihe, 2009.