Kauf und Kausalität: Unterschied zwischen den Seiten

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von ''[[Gebhard Rehm]]''
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== 1. Begriff ==
== 1. Zweck und Begriffsklärung ==
Beim gegenseitigen Vertragstyp des Kaufes verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer das Vollrecht und (zumindest beim Sachkauf) die tatsächliche Verfügungsmacht am Kaufgegenstand zu übertragen, der Käufer zur Zahlung eines in Geld bestehenden Kaufpreises (sowie ggf. zur Abnahme des Kaufgegenstandes). Je nach Rechtsordnung werden die geschuldeten Leistungen mit Vertragsschluss bewirkt (Eigentumsübertragung im französischen Recht) oder erfordern weitere Handlungen. Der Kaufvertrag ist damit durch das Synallagma von Kaufgegenstand (ursprünglich zumeist einer Ware) und Geld charakterisiert. Dabei sind Kaufverträge nicht auf (bewegliche oder unbewegliche) Sachen i.S. körperlicher Gegenstände beschränkt. Rechte (Forderungen, Immaterialgüterrechte, Gesellschaftsanteile) sind ebenso wie sonstige „Gegenstände“, die weder als Sache noch als Recht anzusehen sind (z.B. ''goodwill''), taugliche Objekte. Von Miete und Pacht unterscheidet sich der Kauf durch die Pflicht zur Rechtsübertragung; er erschöpft sich nicht in der bei diesen Verträgen lediglich geschuldeten Gebrauchsüberlassung. Geldzahlungspflicht statt alternativer Sachgegenleistung ist seit römischer Zeit unverzichtbarer Bestandteil eines Kaufvertrages. Beim Tausch fehlt es an einer Geldzahlungsverpflichtung: hier stehen sich gleichsam zwei Verkäufer gegenüber. Kaufrecht gilt nach überwiegender Auffassung nicht (unmittelbar), sondern lediglich kraft Verweisung wie z.B. in § 480 BGB.
''Casum sentit dominus''. Nicht jeder Schaden begründet eine Ersatzpflicht. Solange das Haftungsrecht die individuelle Verantwortlichkeit zum Gegenstand hat, gehört es überall – auch im Gemeinschaftsprivatrecht – zu den Voraussetzungen einer Ersatzpflicht, dass der Schaden der als Schädiger in Anspruch genommenen Person zugerechnet werden kann, oder genauer: deren Verhalten oder dem Verhalten eines anderen, für den sie einzustehen hat, oder einer Sache, die sie unter Kontrolle zu halten hat. Diese Zurechnung wird meist unter dem Sammelbegriff „Kausalität“ analysiert, und zwar unabhängig davon, ob es um vertragliche, quasi-vertragliche oder außervertragliche Haftung geht; letztere wird hier im Vordergrund stehen.


Umgangssprachlich als Kauf bezeichnete Transaktionen wie der Erwerb von Eintrittskarten oder die Verpflichtung von Athleten durch Sportvereine sind rechtlich entsprechend dem jeweiligen Verpflichtungsinhalt – oft als gemischt-typischer Vertrag – zu qualifizieren. So enthält der „Kauf“ von Eintrittskarten zumeist ein dienst-/‌werk- sowie mietvertragliches Element, der „Kauf“ eines Sportlers bedeutet oft die Übernahme der Schadensersatzpflichtung des Sportlers wegen Vertragsverletzung gegenüber dessen bisherigem Verein.
Diese Zurechnungsentscheidung beruht nicht auf einem objektiven, vorrechtlichen Konzept, sondern ist das Ergebnis normativer Überlegungen. Es genügt nicht, sich auf naturwissenschaftliche Ursachenzusammenhänge zu berufen oder philosophische Ansätze zu bemühen. Vielmehr ist es Aufgabe jeder Rechtsordnung, den Begriff der Kausalität mit Inhalt zu füllen. Bemerkenswert ist, dass selbst Rechtsordnungen mit zivilrechtlichen Kodifikationen dieser Aufgabe allenfalls ansatzweise mit einer gesetzlichen Regelung nachkommen und es statt dessen Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen, Zweifelsfälle zu entscheiden und daraus allgemeine Prinzipien zu gewinnen (siehe aber den Entwurf eines neuen österreichischen Schadenersatzrechts von 2005/‌07 und die [[Principles of European Tort Law|PETL]]).


== 2. Tendenzen der Rechtsentwicklung ==
Dabei hat sich eine Zweiteilung herausgebildet, die sich in nahezu allen europäischen Rechtsordnungen und auch im Gemeinschaftsprivatrecht findet: Einerseits wird gefragt, ob ein Verhalten tatsächlich Ursache des Schadens gewesen sein kann („faktische“ oder „natürliche“ Kausalität). Andererseits wird mit Hilfe verschiedener Ansätze versucht, diesen allzu weiten Kreis möglicher Ursachen mit Hilfe normativer Gesichtspunkte zu begrenzen. Da es hier um normative Erwägungen geht, sollte nicht von Kausalität (z.B. „legal causation“), sondern von Zurechnung (''scope of liability'') gesprochen werden. Umfassende Kausalitätstheorien vereinigen beide Fragen in einem Begriff, laufen indes Gefahr, die normativen Gründe für eine bestimmte Entscheidung hinter scheinbar objektiven und beschreibenden Begriffen zu verdecken. Einen einheitlichen Ansatz verfolgt auch die generalklauselartige Vorschrift im Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]] (Art. VI.-4:101 (1)): „A person causes legally relevant damage to another if the damage is to be regarded as a consequence of that person’s conduct or the source of danger for which that person is responsible.“ Die dem deutschen Recht geläufige konzeptionelle Unterscheidung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität ist den meisten europäischen Rechtsordnungen unbekannt.
Der Kauf gehört zu den theoretisch wie praktisch wichtigsten Rechtsgeschäften; er ist wissenschaftlich wie für den Laien Paradigma des Vertrages. Schon die römischen Juristen beschäftigten sich eingehend mit heute noch aktuellen Fragen des Vertragsrechts, die dogmatisch über den Kaufvertrag (''emptio venditio'') hinausweisen und legten so die Grundlagen des modernen Vertragsrechts: Zeitpunkt des Vertragsschlusses und Gefahrübergangs; Charakter als Real- oder Konsensualkontrakt; Umfang der ''essentialia negotii'', insbesondere Erfordernis eines bestimmten Preises; Wirksamkeitshindernisse z.B. bei Veräußerung einer fremden Sache; Relevanz unverhältnismäßiger Preise (Erfordernis des ''iustum pretium''), die zur Auflösbarkeit des Vertrages wegen ''[[laesio enormis]]'' führen könnten (s. auf der einen Seite bejahend Art. 934 f. ABGB; Art. 1674–1685 frz. ''Code civil''; auf der anderen Seite § 138 Abs. 2 BGB, Art. 21 OR); Kauf einer Chance; Sachmängelgewährleistung; einseitige Aufhebbarkeit des Vertrags z.B. wegen [[Irrtum]]s. Auch in jüngerer Zeit wurden zahlreiche Lehren des Vertragsrechts wie das Anfechtungsrecht oder das Recht der [[Allgemeine Geschäftsbedingungen|[Allgemeinen Geschäftsbedingungen]] primär anhand des Kaufvertrags entwickelt. Im Wirtschaftsleben ist er trotz des Aufkommens neuer Vertragstypen das bedeutsamste Umsatzgeschäft. Marktwirtschaftliche wie sozialistische Rechtsordnungen regeln das Kaufrecht eingehend. Seine historische Entwicklung spiegelt auch sich wandelnde Prioritäten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wider. Seine Anwendung auf Sklaven im [[römisches Recht|römischen Recht]], die verbreitete, wenn auch umstrittene Qualifikation mancher Eheschließungsmodi als „Kaufehe“ (''emptio puellae'') im germanischen Recht (etymologisch augenfällig noch heute der isländische Begriff für „Hochzeit“: ''brúðkaup''), die im Mittelalter rapide wachsende Ausdifferenzierung aufgrund wachsender Märkte und Kreditbeschaffungsmöglichkeiten und die etwa noch im ursprünglichen [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] große Bedeutung des Viehkaufs sind nur Beispiele für die vielfältigen Regelungsherausforderungen des Kaufrechts und beleuchten gleichzeitig wirtschaftliche und soziale Brennpunkte unterschiedlicher Epochen.


Das moderne Kaufrecht versucht, gemäß den Umständen des Vertragsschlusses und der Geschäftsgewandtheit der Parteien, den als zunehmend komplex empfundenen Lebensumständen moderner Gesellschaften durch differenzierte Regelungssegmente Rechnung zu tragen. Grundmodell der Regelung von Kaufverträgen ist – soweit vorhanden – zumeist die zivilrechtliche [[Kodifikation]]. Selbst England kennt bereits seit 1893 mit dem ''Sale of Goods Act ''(heute in der Version von 1979 gültig) ein einschlägiges Gesetz. Solche Vorschriften werden häufig durch handelsrechtliche Bestimmungen ergänzt oder modifiziert, die für Transaktionen zwischen typischerweise besonders erfahrenen Teilnehmern des Rechtsverkehrs (z.B. Kaufleute in Deutschland oder Österreich) oder bestimmte Typen von Kaufverträgen den Besonderheiten des Handelsverkehrs (Schnelligkeit, Formlosigkeit, geringere Schutzbedürftigkeit der Parteien, größerer Vertrauensschutz) Rechnung tragen. Historisch hat die regelungstechnische Ausnahme Handelskauf indes häufig eine Vorreiterrolle für das allgemeine Kaufrecht gespielt.
Erschwert wird die Analyse dadurch, dass sich die Frage nach dem Kausalnexus selten vollständig von den Elementen des Haftungstatbestandes isolieren lässt, die dieser verknüpft. Verbindungen bestehen einerseits zum Verschulden bzw. zur Pflichtverletzung. Das wird plastisch im römischen Recht, in dem die ''culpa'' im Vordergrund stand. Die römischen Juristen hatten noch keine eigene Kausalitätslehre entwickelt; der Zusammenhang zwischen Verhalten und Schaden war Sache der Auslegung des Verbs in dem jeweils einschlägigen Tatbestand (z.B. ''occidere'' für die Tötung). Es sollte bis in das 19.&nbsp;Jahrhundert dauern, bis sich moderne allgemeine Kausalitätslehren im Recht herausgebildet hatten. Auch in der deliktischen Generalklausel in Frankreich spielt die ''faute'' eine überragende Rolle, so dass haftungsbegrenzende Wertungen mitunter in diesem Zusammenhang zum Tragen kommen. Und der englische ''negligence''-Tatbestand fragt zunächst, welche Pflicht genau ein Beklagter verletzt hat, und erst dann, ob diese Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Schaden war. Verbindungen bestehen andererseits zwischen Kausalität und Schadensbegriff. Dies zeigt das Beispiel des Verlusts einer Heilungschance infolge ärztlicher Fehlbehandlung (''loss of a chance''<nowiki>; </nowiki>''perte d’une chance''): Wer den Verlust der Chance selbst als ersatzfähigen Schaden betrachtet (so vor allem Frankreich; s. auch Art.&nbsp;7.4.3(2) UNIDRIT PICC), kann die Kausalität mit Sicherheit bejahen und anteiligen Schadensersatz zusprechen. Wer hingegen den Schaden in der Verschlechterung des Gesundheitszustands sieht, muss fragen, ob diese wirklich auf dem Kunstfehler beruht oder ob sie nicht möglicherweise auch ohne diesen eingetreten wäre.


Umgekehrt tragen spätestens seit der Verbrauchsgüterkauf-RL (RL&nbsp;1999/‌44) die europäischen Rechtsordnungen der Schutzbedürftigkeit derjenigen Parteien Rechnung, die den Vertrag nicht im Rahmen einer ausgeübten beruflichen Tätigkeit schließen ([[Verbrauchsgüterkauf]]). Indes ist die Idee des [[Verbraucher und Verbraucherschutz|Verbraucherschutz]]es im Kaufrecht erheblich älter, wie das deutsche Abzahlungsgesetz von 1896 erweist. Besondere Vertriebsformen wie Kaufverträge im Haustürgeschäft und [[Fernabsatzverträge]] oder kreditfinanzierte Verbraucherkäufe unterfallen wiederum – ggf. zusätzlich zum Korpus der allgemeinen kaufrechtlichen Bestimmungen – den besonderen für diese Transaktionsmodalitäten geltenden Vorschriften. Die Sonderbestimmungen für [[Allgemeine Geschäftsbedingungen]] sind – ohne im eigentlichen Sinne Verbraucherschutzbestimmungen zu sein – oft auf Kaufverträge zugeschnitten.
Trotz dieser Querverbindungen bleiben Kausalität und Zurechnung unverzichtbare Bestandteile jedes Haftungstatbestands: Selbst in einem beweglichen System (PETL) oder einer „Kreislaufrelation“ (Grundregeln der [[Study Group on a European Civil Code|''Study Group'']] und Draft [[Common Frame of Reference|DCFR]]) können sie nicht vollständig zugunsten anderer Elemente zurücktreten.


== 3. Regelungsprobleme des Kaufrechts ==
== 2. Erste Ebene: Faktische Kausalität ==
=== a) Vertragsschluss ===
=== a) Regelungsprobleme und Tendenzen der Rechtsentwicklung ===
Entsprechend den Prinzipien des allgemeinen Vertragsrechts setzt der [[Vertragsschluss]] beim Kauf regelmäßig voraus, dass sich die Parteien über seine wesentlichen Elemente, also Parteien, Kaufgegenstand und Kaufpreis ausdrücklich oder konkludent einigen. Die Wirksamkeit des Kaufvertrages ist zumeist – und unabhängig von der sachenrechtlichen Wirkung des Kaufvertrages – nicht davon abhängig, dass der Verkäufer das Recht am Kaufgegenstand inne hat oder die Kaufsache schon existiert. Ein Doppelverkauf (der Verkäufer veräußert dieselbe Sache an zwei unterschiedliche Parteien) ist daher nicht prinzipiell unwirksam. Seine sachen- und leistungsstörungsrechtlichen Konsequenzen unterscheiden sich indes entsprechend den Wirkungen eines Kaufvertrages in der jeweiligen Rechtsordnung. Auch identifizierbare künftige Gegenstände können verkauft werden, eventuelle sachenrechtliche Wirkungen treten dann allerdings erst mit deren Entstehen ein. Der Kaufpreis unterliegt grundsätzlich der freien Disposition der Parteien. Während das Prinzip der ''[[laesio enormis]]'' in manchen Rechtsordnungen noch nachwirkt (Frankreich, Österreich), beschränkt man sich in Deutschland, der Schweiz und in den stärker marktwirtschaftlich ausgerichteten angelsächsischen Rechtsordnungen auf die Verhinderung unerträglicher Missbräuche. Preisvorschriften, die seit dem Höchstpreisedikt des römischen Kaisers ''Diokletian'' (301) zumindest in Krisenzeiten erlassen (und zumeist umgangen) wurden, sind selten geworden. Dabei ist überwiegend nicht erforderlich, dass ein Kaufpreis summenmäßig angegeben wird. Berechenbarkeit oder Bezugnahme auf Preislisten, Marktpreise etc. genügt. Zusätzlich werden die Parteien sich häufig über Umstände wie Ort und Zeit der Lieferung, Modalitäten der Kaufpreiszahlung etc. verständigen wollen und hiervon den Vertragsschluss abhängig machen. Zwingend ist eine solche Einigung freilich regelmäßig nicht. Ohne sie greift das dispositive Gesetzes- oder Fallrecht ein. Die meisten Rechtsordnungen verlangen eine Einigung über diese Nebenumstände (''accidentalia negotii'') nur, wenn eine Partei eine Verständigung hierüber für die Gegenseite ersichtlich angestrebt hat.
Alle europäischen Rechtsordnungen beginnen – häufig unausgesprochen – jede Kausalitätsprüfung mit der sog. ''conditio sine qua non''-Formel (''csqn''-Formel), die im englischen Recht – ohne Unterschied in der Sache – ''but for''-''test'', in Schottland bisweilen ''causa sine qua non'' heißt. Danach ist eine Handlung für einen Erfolg kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Diese scheinbar einfache Formel birgt eine Reihe von Problemen: (i)&nbsp;In Randbereichen enthält die ''csqn''-Formel wertende Elemente und muss auf Erfahrungswissen und Wahrscheinlichkeiten zurückgreifen, denn die gedankliche Eliminierung eines Ereignisses zieht notwendig hypothetische Überlegungen nach sich. Deutlich wird das im Fall von Unterlassungen, die nur mit einer Modifikation der Formel zu erfassen sind: Eine Unterlassung ist kausal, wenn die hinzugedachte Handlung den Erfolg verhindert hätte. (ii)&nbsp;Mit Nuancierungen in Voraussetzungen und Intensität erkennen alle Rechtsordnungen eine psychologische Beeinflussung als mögliche Begründung für den Kausalzusammenhang an. Auch derartige Fälle einer sog. „psychischen“ oder „psychisch vermittelten“ Kausalität erfordern hypothetische Überlegungen, da sich nie mit naturwissenschaftlicher Exaktheit ermitteln lässt, wie sich eine Person ohne die Beeinflussung verhalten hätte. (iii)&nbsp;Die ''csqn''-Formel versagt, wenn ein Erfolg überdeterminiert ist, d.h. wenn von zwei oder mehr unabhängigen gleichzeitigen Ereignissen eines ausgereicht hätte, um den Erfolg herbeizuführen. Doch ist das nirgends ein Grund, die Haftung zu verneinen. Die Lehre hat zur konzeptionellen Erfassung dieser Fälle den sog. „NESS-test“ (''necessary element of a sufficient set'') entwickelt: Danach werden zunächst mögliche Ursachen aus dem Geschehensablauf eliminiert; erst dann wird gefragt, ob das fragliche Ereignis notwendiges Element einer für sich hinreichenden Ursachenkette war. (iv)&nbsp;Schwierigkeiten entstehen ferner in Fällen, die unter dem Stichwort „hypothetische Kausalität“ zusammengefasst werden, wenn nämlich ein zeitlich nachfolgendes Ereignis denselben Schaden herbeigeführt hätte. Das nachfolgende Ereignis kann das Verhalten einer weiteren Person sein, es kann sich aber auch um einen Zufall oder einen Umstand aus der Sphäre des Geschädigten (z.B. Schadensanlage) handeln. Sowohl das erste wie auch das zweite Ereignis können hier hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Eine Haftpflicht kann nur normativ begründet werden; es handelt sich um ein Problem der Zurechnung und auch des Schadensbegriffs. Generalisierende Aussagen zur Lösung lassen sich kaum treffen, da die Problematik sowohl international als auch innerhalb vieler Rechtsordnungen umstritten ist. Überwiegend wird angenommen, dass eine Haftung für einen bereits entstandenen abgrenzbaren Schaden aufgrund des ersten Verhaltens bestehen bleibt. Handelt es sich jedoch um einen noch nicht abgeschlossenen Dauerschaden (Vermögensfolgeschaden), wird dem zweiten Ereignis Relevanz zugemessen: Ein zufälliges oder aus der Sphäre des Geschädigten stammendes Ereignis kann den Ersatzanspruch ab diesem Zeitpunkt entfallen lassen. Deliktisches Verhalten eines Dritten kann – ähnlich dem Fall des überbestimmten Erfolges – ab diesem Zeitpunkt zu dessen Haftung neben dem Erstschädiger führen. In den Details bleiben viele Fragen: Wie ist der Schaden exakt zu bestimmen (z.B. Zerstörung einer Sache überhaupt oder aufgrund eines konkreten Ereignisses)? Wann gilt ein Schaden als abgeschlossen (z.B. einmalige Minderung der Erwerbsfähigkeit oder dauernde Einkommensverluste)? Sollen für Körperschäden und Sachschäden dieselben Regeln gelten (bei Sachen ließe sich nach der ersten Schädigung ein reduzierter Wert ermitteln)? Für Schadensvertiefungen haftet der Erstschädiger nicht, es sei denn diese sind nach allgemeinen Regeln seinem Verhalten zuzurechnen.


=== b) Wirksamkeit ===
Grundsätzlich hat überall der Geschädigte den Kausalzusammenhang zu beweisen. Doch reichen die nationalen Antworten auf die Frage nach dem Beweismaß von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (''more likely than not''<nowiki>; z.B. England; Schottland) mit diversen Abstufungen bis hin zu einer Überzeugung des Richters (z.B. Portugal; Deutschland). Gleichwohl wird verbreitet angenommen, dass daraus in der Praxis kaum unterschiedliche Ergebnisse folgen. Denn manche Rechtsordnungen helfen dem Geschädigten in bestimmten Fällen mit einem Anscheinsbeweis oder mit einer Beweislastumkehr, wenn er das geforderte hohe Beweismaß nicht erfüllen kann. Beweismaß und Beweislast wirken sich vor allem aus, wenn der Kausalverlauf nicht aufklärbar ist. Vielerorts sind daher Fälle der Haftung wegen bloß </nowiki>''möglicher'' Kausalität bekannt. Jeder Regelgeber steht dabei grundsätzlich vor der Wahl zwischen einem „Alles oder Nichts“-Prinzip (volle Haftung trotz nur möglicher Kausalität) oder einer anteiligen Haftung nach Verursachungswahrscheinlichkeit (Proportionalhaftung). Paradigmatisch ist der Fall der Täteralternativität: Viele Rechtsordnungen gelangen hier – etwa mit Hilfe einer widerleglichen Vermutung – zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der (somit mit dem Regressrisiko belasteten) möglichen Verursacher, wenn das Verhalten jedes potentiellen Verursachers alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt und für sich genommen ausgereicht hätte, den gesamten Schaden herbeizuführen (Deutschland; Österreich; Niederlande; Italien). Doch wird eine Haftung meist abgelehnt, wenn der Schaden auch auf Zufall beruhen könnte. Auch der Verlust einer Chance gehört in diesen Problemkomplex. Gerade im Bereich von Massenschäden und Langzeitschäden (z.B. Arzneimittelhaftung, Asbestfälle) zeigt sich, dass die Suche nach einer umfassenden befriedigenden Lösung noch nicht abgeschlossen ist. Fonds&#8209; oder Versicherungslösungen stellen Alternativmodelle dar, mit denen die Beweisschwierigkeiten vermieden werden.
Kaufverträge unterliegen den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen wie [[Geschäftsfähigkeit]] der Parteien und Gesetzes- und Sittenkonformität ([[Sitten- und Gesetzwidrigkeit von Verträgen]]). Sie können grundsätzlich formlos abgeschlossen werden, doch finden sich auf unterschiedlichen Erwägungen beruhende Formerfordernisse für bestimmte Vertragstypen. So müssen häufig Kaufverträge über Grundstücke (z.B. §&nbsp;311b Abs.&nbsp;1 BGB) und GmbH-Anteile (§&nbsp;15 Abs.&nbsp;4 dt. GmbHG) notariell beurkundet werden, in Frankreich solche Verträge, bei denen die Kaufpreiszahlungsverpflichtung einen bestimmten Betrag übersteigt (Art.&nbsp;1341 frz. ''Code civil''). Ein Formverstoß führt nicht notwendig zur Unwirksamkeit, sondern wirkt sich ggf. nur beweistechnisch aus (z.B. Art.&nbsp;1325 frz. ''Code civil''). Ein Kaufvertrag kann behördlicher Genehmigung unterliegen, etwa wenn Kulturgüter betroffen sind.


=== c) Arten ===
=== b) Ansätze der Grundregeln zum Haftungsrecht ===
Je nach Gegenstand bzw. Vertragsgestaltung werden mehrere Arten von Kaufverträgen unterschieden. Neben der Differenzierung zwischen Sach- und Rechtskauf finden sich Sondervorschriften zum Viehkauf (angesichts der modernen Wirtschaftsentwicklung mit abnehmender Bedeutung), Kauf nach bzw. auf Probe oder zum Vorkauf, der insbesondere in Frankreich eine besondere praktische Bedeutung hat, um die mit dem Kaufvertrag verbundene Rechtsübertragung ggf. aufzuschieben. Gegenstand eines Kaufvertrags kann auch ein Unternehmen sein ([[Unternehmenskauf/Mergers and Acquisitions|Unternehmenskauf/‌''Mergers and Acquisitions'']]). Rechtstechnisch kann sowohl das (gesamte) Vermögen des Unternehmens (Sachen, Rechte und sonstige Gegenstände) (''asset deal'') als auch die Berechtigung des Unternehmensinhabers (Gesellschaftsanteile) (''share deal'') Gegenstand des Kaufvertrages sein. ''Asset deal'' und ''share deal ''unterscheiden sich oft steuerlich (Aufdeckung stiller Reserven, Veräußerungsbesteuerung), aber auch vertragsrechtlich, weil beim ''share deal'' der Unternehmensinhaber, beim ''asset deal'' das Unternehmen selbst Vertragspartner ist und je nach Kaufgegenstand besondere Formerfordernisse gelten können. Konsequenzen kann die konkrete Gestaltung auch für Leistungsstörungen haben, weil beim ''share deal'' im Ausgangspunkt nur für die Existenz der Rechte am Unternehmen, nicht aber die Mangelfreiheit des Unternehmensvermögens gehaftet wird. Ein Anteilskauf ist meist nur dann Unternehmenskauf, wenn nach dem Parteiwillen das Unternehmen als Kaufgegenstand im Vordergrund steht. Das ist zumindest dann der Fall, wenn praktisch alle Anteile erworben werden. Werklieferungsverträge, bei denen der Veräußerer die Kaufsache aus eigenen Materialien selbst herstellt, unterliegen mittlerweile zumeist dem Kaufrecht.
Allenfalls implizit ist die ''csqn''-Formel der wertenden allgemeinen Zurechnungsregel des DCFR zu entnehmen. Ergänzt wird diese Regel um zwei Vorschriften für Schädigermehrheiten (Art.&nbsp;VI.-4:102&nbsp;f.): Im Fall ihres Zusammenwirkens gelten alle potentiellen Schädiger als ursächlich. Im Fall der Täteralternativität (auch bei Massenschäden) besteht eine widerlegliche Vermutung der Ursächlichkeit jedes einzelnen potentiellen Täters; können diese sich nicht entlasten, haften sie als Gesamtschuldner.


=== d) Pflichten der Parteien und Leistungsstörungen ===
Die Art.&nbsp;3:101 bis 3:106 PETL enthalten demgegenüber ungewöhnlich ausführliche, zum Teil innovative Regeln zur faktischen Kausalität: Sie verankern einleitend ausdrücklich die ''csqn''-Formel und ergänzen für den Fall eines überbestimmten Erfolges, dass jede Aktivität, die für sich hinreichend gewesen wäre, den Schaden zu derselben Zeit herbeizuführen, als Ursache gilt. Es folgt eine Reihe von Vorschriften für Fallgruppen, in denen die ''csqn''-Formel nicht ausreicht, weil ein Verhalten nicht kausal in ihrem Sinne war oder weil sich die Kausalität nicht aufklären lässt. In der Frage der hypothetischen Kausalität greifen die PETL die Differenzierung zwischen endgültig und unumkehrbar eingetretenen Schäden einerseits und Dauerschäden andererseits auf: Bei endgültigen Schäden wird das nachfolgende Ereignis nur soweit für beachtlich erklärt, wie dadurch ein zusätzlicher Schaden herbeigeführt wird; unabhängig davon kann das zweite Ereignis die Schadensberechnung beeinflussen (z.B. geringe Lebenserwartung). Bei Dauerschäden gelten ab dem Zeitpunkt der Ersatzursache beide Aktivitäten als ursächlich für den fortlaufend eintretenden Schaden. Ist der Kausalverlauf nicht aufklärbar, entscheiden sich die PETL für ein System der Anteilshaftung nach Wahrscheinlichkeiten: Dies gilt im Fall der Täteralternativität ebenso wie im Fall der Opferalternativität und schafft somit auch ein Modell zur Bewältigung von Massenschäden. Unsichere Ursachen aus der Sphäre des Geschädigten (einschließlich Zufall) wirken nach dem Grad ihrer Wahrscheinlichkeit anspruchsmindernd.
Der Verkäufer hat dem Käufer das Vollrecht am Kaufgegenstand (Sacheigentum, Rechtsinhaberschaft) und den Besitz an der Sache zu verschaffen, der Käufer dem Verkäufer den Kaufpreis zu zahlen. Wie die Rechtsinhaberschaft, soweit sachenrechtlich erforderlich, konkret zu übertragen ist, bestimmt sich nach den einschlägigen – ggf. sachenrechtlichen – Bestimmungen jeder Rechtsordnung (z.B. §§&nbsp;929&nbsp;ff. BGB für bewegliche Sachen, §§&nbsp;413, 398&nbsp;ff. BGB für Rechte; §§&nbsp;873, 925 BGB für Grundstücke). Zumindest im Anwendungsbereich der Verbrauchsgüterkauf-RL schuldet der Verkäufer außerdem zwingend die Mangelfreiheit der Kaufsache. Dabei können Mängel in Abweichungen von der vertraglich vereinbarten, vorausgesetzten oder gewöhnlichen Beschaffenheit (Sachmängel) als auch in der Belastung mit Rechten Dritter (Rechtsmängel) bestehen. Auch außerhalb dieses Regelungsrahmens ist die Mängelgewährleistung der Regelfall. Beim Rechtskauf haftet der Verkäufer regelmäßig nur für den Bestand des Rechts, ohne zusätzliche Vereinbarung aber nicht für seine Bonität. Der Käufer schuldet Kaufpreiszahlung in der von den Parteien bestimmten Weise und die Abnahme der Kaufsache. Allgemein treffen die Vertragsparteien je nach Rechtsordnung Nebenpflichten in unterschiedlicher Intensität. Während §§&nbsp;241 Abs.&nbsp;2, 311 Abs.&nbsp;3 BGB im deutschen Recht [[Treu und Glauben]] (§&nbsp;242 BGB) in bezug auf Aufklärungs- und Schutzpflichten der Vertragsparteien für die vorvertragliche und vertragsbegleitende Situation konkretisieren, sind etwa englische Juristen bei der Annahme solcher Nebenpflichten eher zurückhaltend.


Das Leistungsstörungsregime war bis vor einigen Jahren rechtsvergleichend vermutlich der markanteste Unterschied zwischen den ''[[common law]]''- und den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen. Während letztere in römischer Tradition einen Schadensersatzanspruch bei Sachmängeln nur im Ausnahmefall gewährten (arglistiges Verschweigen eines Fehlers bzw. Nichteinhaltung einer Zusicherung) und den Käufer ansonsten auf Rücktritt (Wandelung) und Minderung verwiesen, galt etwa im englischen Recht schon seit jeher der Grundsatz, dass Sachmängel dieselben Rechte wie allgemeine Vertragsverletzungen (Nichterfüllung, Verzug) auslösen. Das deutsche und niederländische Recht haben sich mittlerweile vom römischen System gelöst und folgen nun ebenfalls dem „unitarischen“ System, in dem die Haftung für Sachmängelgewährleistung dem allgemeinen Leistungsstörungsregime folgt, während etwa das französische, italienische und spanische Recht noch dem zweigleisigen Ansatz folgen.
=== c) Gemeinschaftsprivatrecht ===
Zur Prüfung der Kausalität gehen die Gemeinschaftsgerichte in allen haftungsrechtlichen Zusammenhängen, teils ausdrücklich, teils implizit, von der ''csqn''-Formel als erstem Schritt aus. In Rechtsakten wird die Kausalität allenfalls als Tatbestandsmerkmal erwähnt, aber in ihren Voraussetzungen nicht näher umschrieben. Beispielsweise verlangt die Produkthaftungs-RL (RL&nbsp;85/‌374) einen Kausalnexus zwischen Schaden und Fehler des Produkts und ergänzt, dass eine Mitverursachung durch einen Dritten, nicht aber durch den Geschädigten unbeachtlich ist. Ein weiteres wichtiges Beispiel ist die rudimentäre Regelung in Art.&nbsp;4 Umwelthaftungs-RL (RL&nbsp;2004/‌35).


Erfüllt der Verkäufer seine Verpflichtungen nicht, so steht dem Käufer üblicherweise eine Reihe von Rechtsbehelfen zu Gebote, die z.T. auf das [[römisches Recht|römische Recht]] zurückgehen. So kann er [[Erfüllung und ihre Surrogate|Erfüllung]] (im englischen Recht nur unter den besonderen Voraussetzungen für ''specific performance''), Nachbesserung oder Nachlieferung verlangen, vom Vertrag zurücktreten und Kaufpreisrückzahlung verlangen, [[Schadensersatz]] geltend machen oder den Kaufpreis mindern ([[Minderung]]). Der Verkäufer seinerseits ist ebenfalls rücktritts- und schadensersatzberechtigt, wenn der Käufer seine Pflichten nicht erfüllt. Während eine Schadensersatzpflicht bei [[Nichterfüllung]] in einer Reihe von Rechtsordnungen nur bei schuldhafter Verletzung der Leistungspflicht eintritt (Verschuldenshaftung, z.B. §&nbsp;280 Abs.&nbsp;1 BGB), tritt etwa in England eine Garantiehaftung ein, die nur im Falle höherer Gewalt entfällt. Die Haftung für Leistungsstörungen kann außerhalb des [[Verbrauchsgüterkauf]]s weitgehend ausgeschlossen oder begrenzt werden. Zumindest im Bereich handelsrechtlicher Käufe kann die Haftung des Verkäufers ausgeschlossen sein, wenn der Käufer die Mangelhaftigkeit der Ware nicht rechtzeitig rügt.
== 3. Zweite Ebene: Zurechnung ==
Die ''csqn''-Formel führt zu einer Vielzahl gleichwertiger Ursachen; sogar das Verhalten des Opfers lässt sich mit ihrer Hilfe als kausal für den Schaden bezeichnen. Erforderlich ist somit in einem zweiten Schritt eine wertende Eingrenzung, um zu ermitteln, ob ein Schaden ''suite directe'' (Frankreich) oder ''too remote'' (England) ist. Und obwohl in Belgien die ''csqn''-Formel immer wieder als das einzige Kausalitätskriterium genannt wird, kommt auch dort die Rechtsprechung nicht ohne diesen zweiten Schritt aus. In allen nationalen Rechtsordnungen, in den Grundregeln wie auch im Gemeinschaftsprivatrecht fällt auf dieser Ebene die eigentliche Entscheidung über den Nexus zwischen Verhalten und Schaden.


Kaufrechtliche Pflichtverletzungen, die gleichzeitig ein Deliktdarstellen, begründen auch einen entsprechenden Anspruch. Während diese Ansprüche in Deutschland konkurrierend geltend gemacht werden können, gilt nach französischer Doktrin der Grundsatz (Prinzip des ''non-cumul''), dass der Kläger sich alternativ auf die vertragsrechtliche oder deliktsrechtliche Anspruchsgrundlage beschränken muss.
=== a) Kriterien auf nationaler Ebene ===
So groß die Einigkeit über die Notwendigkeit dieses zweiten Schritts ist, so vielfältig und uneinheitlich sind die dafür angebotenen Kriterien. Unter ihnen lässt sich kein herrschender europäischer Ansatz ausmachen, doch dürften andererseits die Unterschiede im Ergebnis geringer ausfallen als die Differenzen in der konzeptionellen Herleitung. Folgende Kriterien, von denen allerdings nicht eines als stets maßgeblich oder vorrangig betrachtet werden kann, ragen heraus und sind zugleich Ausdruck einer Tendenz weg von generalisierenden Zurechnungstheorien: (i)&nbsp;Wahrscheinlichkeit. Als zurechenbar gelten im Allgemeinen nur Schadensfolgen, die – so die ständige Rechtsprechung in Deutschland – „im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolges geeignet sind“ (Adäquanztheorie). Adäquanzerwägungen werden auch in anderen Rechtsordnungen angestellt, insbesondere in Österreich und der Schweiz, aber z.B. auch in Portugal sowie mit anderer Nuancierung in Frankreich. (ii) Schutzzweckerwägungen (''scope of the rule''<nowiki>; </nowiki>''relativité aquilienne''). Der Schaden muss vom Schutzzweck der verletzten Norm bzw. Verhaltenspflicht umfasst sein (z.B. Niederlande; Deutschland; England). (iii)&nbsp;Vorhersehbarkeit (''foreseeability''). Insbesondere dominiert dieses Kriterium die englische Rechtsprechung; es ist aber auch in anderen Rechtsordnungen relevant, nicht zuletzt klingt es in der Adäquanztheorie mit. Im Detail geht mit der Vorhersehbarkeitsprüfung ein beträchtlicher Wertungsspielraum einher, beispielsweise was die Beurteilungsperspektive oder den Bezugspunkt der Beurteilung angeht. (iv)&nbsp;Verschuldensform. Vorsätzlich verursachte Schäden sind immer zurechenbar. Bei grob fahrlässigem Verhalten besteht verbreitet eine größere Neigung, die Zurechenbarkeit zu bejahen oder durch Beweiserleichterungen zu helfen. (v)&nbsp;Rechtmäßiges Alternativverhalten. Nicht zurechenbar (bzw. nach englischem Recht schon nicht kausal verursacht) ist grundsätzlich ein Schaden, der ebenso bei sorgfältigem Verhalten des Schädigers eingetreten wäre; doch gibt es Ausnahmen je nach Gewicht und Inhalt der verletzten Pflicht (z.B. Selbstbestimmungsrecht des nicht ordnungsgemäß aufgeklärten Patienten). (vi)&nbsp;Art des Schadens und der Haftung (so ausdrücklich Art.&nbsp;6:98 BW). Generalisierend lässt sich sagen, dass Personenschäden eher zugerechnet werden als Sach&#8209; und reine Vermögensschäden. Im Bereich der Personenschäden kann grundsätzlich nicht einmal eine besondere Prädisposition des Geschädigten (und damit ein unwahrscheinlicher Verlauf) den Schädiger entlasten (sog. ''eggshell skull-rule''). Unterschiede können auch zwischen Verschuldenshaftung und strikter Haftung bestehen, denn schließlich sollen bestimmte Vorschriften der Gefährdungshaftung (z.B. Atomenergie) gerade unwahrscheinliche Schadensfälle erfassen. (vii)&nbsp;„Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs“. Unter dieser, unglücklichen, Bezeichnung werden Fälle erörtert, in denen ein Dritter, das Opfer oder aber ein zufälliges Ereignis auf den vom Schädiger in Gang gesetzten Geschehensablauf einwirkt. Im Einzelfall können die Lösungen der nationalen Rechtsordnungen voneinander abweichen. Der Versuch, diese Fälle in einer eigenen Kategorie zusammenzufassen, erweist sich jedoch nicht als hilfreich und irreführend. Die Auswirkungen des zweiten Ereignisses auf die Zurechnung zum Erstschädiger sind vielmehr nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen. So stellt die Handlung eines Dritten üblicherweise gerade keine „Unterbrechung“ dar, wenn sich in ihr ein vom Erstschädiger geschaffenes Risiko realisiert. Vorsatz des Dritten oder die Unvorhersehbarkeit seines Verhaltens können die Zurechnung zum Erstschädiger hindern – sofern dieser nicht gerade die Schädigung zu verhindern hatte. Bei einer Mitwirkung des Opfers besteht eine Überlappung mit der Problematik des [[Mitverschulden (Mitverantwortlichkeit) des Geschädigten|Mitverschuldens]]. Höhere Gewalt wird vielerorts als Grund angesehen, die Zurechnung zu verneinen (z.B. Frankreich; Schweiz). (viii)&nbsp;Bisweilen ziehen sich Gerichte bei der Zurechnungsentscheidung auf allgemeine Billigkeitserwägungen (''policy considerations'') zurück, beispielsweise um ein allgemein erwünschtes Verhalten (z.B. Hilfe bei Unglücksfällen) zu ermutigen.


Rechtsvergleichend wird die Frage unterschiedlich beantwortet, inwieweit Irrtümer ein Lösungsrecht vom Vertrag begründen. Dabei legt das englische Recht vergleichsweise großen Wert auf Transaktionsstabilität und so ermöglicht ein einseitiger [[Irrtum]] nur unter engen Voraussetzungen (''[[undue influence]]''-Doktrin) eine [[Vertragsaufhebung]]. Hier wirkt der Grundsatz des ''caveat emptor'' (''let the buyer beware'') stärker als in Kontinentaleuropa nach. Dagegen gewähren die kontinentalen Rechtsordnungen unter Berufung auf die Privatautonomie und das Ideal der irrtumsfreien Willensbildung in weiterem Umfang ein Anfechtungsrecht. Dabei ist aber der Wertungsvorrang eines spezifischen Leistungsstörungsregimes vor diesen allgemeinen Rechtsbehelfen zu beachten, so dass ein Irrtum des Käufers über die Qualität der Kaufsache regelmäßig kein Lösungsrecht außerhalb der Mängelgewährleistung begründet.
=== b) Ansätze der Grundregeln zum Haftungsrecht ===
Nach beiden Regelwerken hat der Anwender einen großen Wertungsspielraum. Der DCFR gibt – abgesehen von einer Verankerung der ''eggshell skull-rule'' in Art.&nbsp;VI.-4:101&nbsp;(2) – keine Indizien, wann ein Schaden zuzurechnen ist, sondern lässt die erforderliche Wertung in dem Begriff der „consequence“ aufgehen. Konkrete Ergebnisse lassen sich damit nicht vorhersagen. Wiederum weisen die PETL eine höhere Regelungsdichte auf, bleiben aber im Vergleich zu der äußerst detaillierten Regelung der faktischen Kausalität vage. Unter der Überschrift „Haftungsumfang“ zählt Art.&nbsp;3:201 PETL (nicht abschließend) fünf Wertungsgesichtspunkte auf, die auch den nationalen Rechtsordnungen in unterschiedlichem Ausmaß vertraut sind: Vorhersehbarkeit, Natur und Wert der geschützten Interessen, Haftungsgrund, Ausmaß des allgemeinen Lebensrisikos sowie Schutzzweck der verletzten Norm. Welche Maßstäbe den Anwender dieses beweglichen Systems leiten sollen, teilen die PETL nicht mit.


=== e) Eigentumserwerb ===
=== c) Gemeinschaftsprivatrecht ===
Die Wirkungen eines Kaufvertrags auf die Eigentumszuordnung an einer Sache bzw. Inhaberschaft an einem Recht lassen sich grob in drei Kategorien gliedern. Im deutschen Recht entfaltet er wegen des Trennungsprinzips keine sachenrechtlichen, sondern nur schuldrechtliche Wirkungen. Dagegen überträgt der Verkäufer bereits mit Kaufvertragsschluss im französischen Recht (Art.&nbsp;1138, 1583 frz. ''Code civil'') das Eigentum. Ähnliches gilt zumindest theoretisch im englischen Recht für Waren gemäß sec. 1 Abs.&nbsp;1, 17, 18 Nr.&nbsp;1 des ''Sale of Goods Act 1979''). In vielen anderen Rechtsordnungen (Art.&nbsp;3:84, 3:90 BW; Art.&nbsp;424&nbsp;f. ABGB; Art.&nbsp;609 Abs.&nbsp;2, 1095 S.&nbsp;2 span. ''Código Civil'') bewirkt ein Kaufvertrag ohne Übergabe zwar keinen Eigentumsübergang, hat jedoch als notwendiger Erwerbstitel Verfügungscharakter. Das schweizerische Recht variiert diese Wirkungen, indem es nur beim Forderungskauf wie das deutsche Recht zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft unterscheidet (Art.&nbsp;165 OR).
Die Gemeinschaftsgerichte haben nicht einen mitgliedstaatlichen Ansatz übernommen, sondern wenden einzelfallorientiert verschiedene Kriterien nebeneinander an, um den erforderlichen „unmittelbaren Kausalzusammenhang“ zu ermitteln. Teils wird dieses Vorgehen als unklar kritisiert. Im Vordergrund stehen die Begriffe der Vorhersehbarkeit und der Unmittelbarkeit. Die Unmittelbarkeit ist ein ausfüllungsbedürftiges, wertendes Kriterium. In diese Wertung fließen auch Schutzzweckerwägungen ein. Meist betreffen die Urteile reine Vermögensschäden; diese werden eher restriktiv zugerechnet. Schwierige, bislang nur partiell gelöste Zurechnungsprobleme können sich aus dem Nebeneinander von Handeln eines Mitgliedstaats und der Gemeinschaft ergeben (z.B. gestuftes Verwaltungshandeln).


== 4. Einheitsrecht ==
== 4. Einheitsrecht ==
Angesichts der überragenden wirtschaftlichen Bedeutung des Kaufvertragsrechts überrascht es nicht, dass es auch international und rechtsvergleichend eine Vorreiterrolle spielt. Frühe Rechtsvereinheitlichungsbestrebungen bezogen sich – lange bevor andere Rechtsmaterien in das Blickfeld potentieller Harmonisierung gerieten – auf den grenzüberschreitenden Warenkauf.  
Auch haftungsrechtliche Konventionen setzen Kausalität lediglich als Tatbestandsmerkmal voraus, umschreiben sie aber nicht näher. Beispielhaft erwähnt seien zur Atomhaftung das Pariser Übereinkommen, zur [[Umwelthaftung]] das Ölverschmutzungsübereinkommen und zur Luftverkehrshaftung das Montrealer Übereinkommen ([[Luftverkehr (Vertragliche Haftung)]]). Ausdrücklich geregelt ist im Sinne einer Unbeachtlichkeit – allenfalls vereinzelt das Zusammentreffen mehrerer Ursachen.
 
Die rechtsvergleichenden Vorarbeiten ''Ernst Rabels'' mündeten zunächst in das Haager Übereinkommen vom 15.6.1955 (allerdings nur von wenigen Staaten ratifiziert) und das Haager Einheitskaufrecht (in Deutschland: EAG und EKG), das mangels Ratifikation durch die USA, die UdSSR, ihre Verbündeten und die Entwicklungsländer allerdings scheiterte. Ein in Zeiten des Kalten Krieges bemerkenswerter Erfolg war dagegen dem UN-Kaufrechtsübereinkommen v. 11.4.1980 (CISG) beschieden, das mittlerweile in über 70 Vertragsstaaten weltweit in Kraft getreten ist; ab dem 1.8.2009 auch in Japan als letztem der großen Industrieländer außer Großbritannien ([[Warenkauf, internationaler (Einheitsrecht)]]). In seinem Anwendungsbereich verdrängt es das nationale Recht, wenn die Parteien es nicht ausdrücklich abbedingen oder die Vertragsstaaten einen zulässigen Vorbehalt eingelegt haben. Auf der Basis breiter rechtsvergleichender Vorarbeiten und einer Verbindung von ''[[common law]]''- mit ''civil law''-Konzepten regelt das CISG vor allem den Abschluss des Kaufvertrags, die Pflichten der Vertragsparteien und Rechtsbehelfe bei deren Verletzung. Dagegen verzichtet es darauf, angesichts der zu großen nationalen Unterschiede die Wirksamkeitsvoraussetzungen und sachenrechtlichen Wirkungen des Kaufvertrages zu harmonisieren. Das grundsätzlich nicht auf Verbraucherverträge anwendbare und vom Gedanken der Formfreiheit getragene CISG bezweckt, den Parteien mit Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten bzw. internationalprivatrechtlicher Verweisung auf das Recht eines Vertragsstaats (vgl. Art.&nbsp;1 CISG) größtmögliche Freiheit bei der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen einzuräumen, sie allerdings auch an den Erfordernissen von Treu und Glauben festzuhalten. Der im internationalen Handel wegen der schwierigen Rückabwicklung besonders lästige Rechtsbehelf der Vertragsaufhebung wird an strikte Voraussetzungen geknüpft, so dass die Parteien regelmäßig auf einen (verschuldensfreien) Schadensersatzanspruch verwiesen sind. Die [[Verjährung]] wird im CISG selbst nicht geregelt, allerdings sind einige Staaten der UN-Verjährungskonvention beigetreten. Das CISG hat die Kodifikation des Kaufrechts in so unterschiedlichen Transformationsstaaten wie China und Estland wie auch die Verbrauchsgüterkauf-RL und die dadurch notwendig gewordenen Reformen in den Mitgliedstaaten der [[Europäische Union|EU]] maßgeblich beeinflusst und damit eine erhebliche Rückwirkung auf das nationale Recht vieler Staaten erzielt. Es ist ein außergewöhnliches Beispiel für den Einfluss der Rechtsvergleichung auf nationale Rechtsordnungen.
 
Die Kaufrechtsvereinheitlichung im Rahmen der EU beruht bislang vor allem auf ihrer Zuständigkeit für den [[Verbraucher und Verbraucherschutz|Verbraucherschutz]]. Neben der unmittelbar einschlägigen Verbrauchsgüterkauf-RL wurde das Vertragsrecht – wenn auch nicht spezifisch auf den Kaufvertrag bezogen – durch die Haustürwiderrufs-RL (RL&nbsp;85/‌577), die Fernabsatz-RL (RL&nbsp;97/‌7), die Klausel-RL (RL&nbsp;93/‌ 13), die Teilzeitwohnrechte-RL (RL&nbsp;94/‌47) und die E&#8209;Commerce-RL (RL&nbsp;2000/‌31) teilweise vereinheitlicht, doch sind weitere Harmonisierungsschritte u.a. durch den ''[[Common Frame of Reference]]'' bzw. ein ähnliches optionales europäisches Vertragsrecht absehbar.
 
Optionalen Charakter haben auch die sog. [[UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts|UNIDROIT'' Principles of International Commercial Contracts'']] von 2004. Gleichzeitig dienen sie als Vorbild für nationale Gesetzgeber. Einen im internationalen Handel nicht zu unterschätzenden Einfluss haben schließlich die sog. [[Incoterms]], die kraft Vereinbarung durch die Parteien deren Leistungspflichten konkretisieren.


==Literatur==
==Literatur==
''Ernst Rabel'', Das Recht des Warenkaufs, Bd.&nbsp;I, 1936, Bd.&nbsp;II, 1958; ''Karl Otto Scherner'', Kauf, in: Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann (Hg.) Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd.&nbsp;2, 1984., Sp.&nbsp;675&nbsp;ff.;'' John Honnold'', Documentary History of the Uniform Law for International Sales, 1989; ''Reinhard Zimmermann'', The Law of Obligations, 1996, 230&nbsp;ff., 271&nbsp;ff., 293&nbsp;ff.; ''Michael Bridge'', The International Sale of Goods, 1999; ''Dieter Martiny'', Warenkauf, in: Christoph Reithmann, idem, Internationales Vertragsrecht, 2004, 556&nbsp;ff.; ''Viola Heutger'', Ein gemeineuropäisches Kaufrecht?, 2007; ''Ingeborg Schwenzer'','' Peter Schlechtriem ''(Hg.), Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5.&nbsp;Aufl. 2008; ''Peter Huber'', Comparative Sales Law, in: Mathias Reimann, Reinhard Zimmermann (Hg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2008, 937&nbsp;ff.
''Herbert L.A. Hart'','' Tony Honoré'', Causation in the Law, 2.&nbsp;Aufl. 1985; ''Reinhard Zimmermann'', The Law of Obligations, 1996, 988&nbsp;ff.; ''Christian v.&nbsp;Bar'', Gemeineuropäisches Deliktsrecht, Bd.&nbsp;II, 1999, Rn.&nbsp;411&nbsp;ff.; ''Jaap Spier'' (Hg.), Unification of Tort Law: Causation, 2000; ''Wolfgang Wurmnest'', Grundzüge eines europäischen Haftungsrechts: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des Gemeinschaftsrechts, 2003, 159&nbsp;ff.; ''Lars Klöhn'', „Wertende Kausalität“ im Spiegel von Rechtsvergleichung, Rechtsdogmatik und Rechtsökonomik, Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft 105 (2006) 455&nbsp;ff.; ''Martin Schmidt-Kessel'', Reform des Schadenersatzrechts, Bd.&nbsp;I, 2006, 72&nbsp;f., 76, 90, 144&nbsp;ff.; ''Cees van Dam'', European Tort Law, 2006, Nr.&nbsp;1101&nbsp;ff.; ''Luboš Tichý'' (Hg.), Causation in Law, 2007; ''Bénédict Winiger'','' Helmut Koziol'','' Bernhard A. Koch'','' Reinhard Zimmermann'' (Hg.), Digest of European Tort Law, Bd.&nbsp;I: Essential Cases on Natural Causation, 2007; ''Helmut Koziol'','' Reiner Schulze'' (Hg.), Tort Law of the European Community, 2008, 47&nbsp;ff., 335&nbsp;ff., 354&nbsp;f., 378&nbsp;ff., 413&nbsp;ff., 465&nbsp;ff., 498&nbsp;ff., 533&nbsp;ff., 543&nbsp;ff., 569&nbsp;ff.


[[Kategorie:A–Z]]
[[Kategorie:A–Z]]
[[en:Sale]]
[[en:Causation]]

Version vom 8. September 2021, 12:11 Uhr

von Jens Kleinschmidt

1. Zweck und Begriffsklärung

Casum sentit dominus. Nicht jeder Schaden begründet eine Ersatzpflicht. Solange das Haftungsrecht die individuelle Verantwortlichkeit zum Gegenstand hat, gehört es überall – auch im Gemeinschaftsprivatrecht – zu den Voraussetzungen einer Ersatzpflicht, dass der Schaden der als Schädiger in Anspruch genommenen Person zugerechnet werden kann, oder genauer: deren Verhalten oder dem Verhalten eines anderen, für den sie einzustehen hat, oder einer Sache, die sie unter Kontrolle zu halten hat. Diese Zurechnung wird meist unter dem Sammelbegriff „Kausalität“ analysiert, und zwar unabhängig davon, ob es um vertragliche, quasi-vertragliche oder außervertragliche Haftung geht; letztere wird hier im Vordergrund stehen.

Diese Zurechnungsentscheidung beruht nicht auf einem objektiven, vorrechtlichen Konzept, sondern ist das Ergebnis normativer Überlegungen. Es genügt nicht, sich auf naturwissenschaftliche Ursachenzusammenhänge zu berufen oder philosophische Ansätze zu bemühen. Vielmehr ist es Aufgabe jeder Rechtsordnung, den Begriff der Kausalität mit Inhalt zu füllen. Bemerkenswert ist, dass selbst Rechtsordnungen mit zivilrechtlichen Kodifikationen dieser Aufgabe allenfalls ansatzweise mit einer gesetzlichen Regelung nachkommen und es statt dessen Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen, Zweifelsfälle zu entscheiden und daraus allgemeine Prinzipien zu gewinnen (siehe aber den Entwurf eines neuen österreichischen Schadenersatzrechts von 2005/‌07 und die PETL).

Dabei hat sich eine Zweiteilung herausgebildet, die sich in nahezu allen europäischen Rechtsordnungen und auch im Gemeinschaftsprivatrecht findet: Einerseits wird gefragt, ob ein Verhalten tatsächlich Ursache des Schadens gewesen sein kann („faktische“ oder „natürliche“ Kausalität). Andererseits wird mit Hilfe verschiedener Ansätze versucht, diesen allzu weiten Kreis möglicher Ursachen mit Hilfe normativer Gesichtspunkte zu begrenzen. Da es hier um normative Erwägungen geht, sollte nicht von Kausalität (z.B. „legal causation“), sondern von Zurechnung (scope of liability) gesprochen werden. Umfassende Kausalitätstheorien vereinigen beide Fragen in einem Begriff, laufen indes Gefahr, die normativen Gründe für eine bestimmte Entscheidung hinter scheinbar objektiven und beschreibenden Begriffen zu verdecken. Einen einheitlichen Ansatz verfolgt auch die generalklauselartige Vorschrift im Draft DCFR (Art. VI.-4:101 (1)): „A person causes legally relevant damage to another if the damage is to be regarded as a consequence of that person’s conduct or the source of danger for which that person is responsible.“ Die dem deutschen Recht geläufige konzeptionelle Unterscheidung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität ist den meisten europäischen Rechtsordnungen unbekannt.

Erschwert wird die Analyse dadurch, dass sich die Frage nach dem Kausalnexus selten vollständig von den Elementen des Haftungstatbestandes isolieren lässt, die dieser verknüpft. Verbindungen bestehen einerseits zum Verschulden bzw. zur Pflichtverletzung. Das wird plastisch im römischen Recht, in dem die culpa im Vordergrund stand. Die römischen Juristen hatten noch keine eigene Kausalitätslehre entwickelt; der Zusammenhang zwischen Verhalten und Schaden war Sache der Auslegung des Verbs in dem jeweils einschlägigen Tatbestand (z.B. occidere für die Tötung). Es sollte bis in das 19. Jahrhundert dauern, bis sich moderne allgemeine Kausalitätslehren im Recht herausgebildet hatten. Auch in der deliktischen Generalklausel in Frankreich spielt die faute eine überragende Rolle, so dass haftungsbegrenzende Wertungen mitunter in diesem Zusammenhang zum Tragen kommen. Und der englische negligence-Tatbestand fragt zunächst, welche Pflicht genau ein Beklagter verletzt hat, und erst dann, ob diese Pflichtverletzung kausal für den eingetretenen Schaden war. Verbindungen bestehen andererseits zwischen Kausalität und Schadensbegriff. Dies zeigt das Beispiel des Verlusts einer Heilungschance infolge ärztlicher Fehlbehandlung (loss of a chance; perte d’une chance): Wer den Verlust der Chance selbst als ersatzfähigen Schaden betrachtet (so vor allem Frankreich; s. auch Art. 7.4.3(2) UNIDRIT PICC), kann die Kausalität mit Sicherheit bejahen und anteiligen Schadensersatz zusprechen. Wer hingegen den Schaden in der Verschlechterung des Gesundheitszustands sieht, muss fragen, ob diese wirklich auf dem Kunstfehler beruht oder ob sie nicht möglicherweise auch ohne diesen eingetreten wäre.

Trotz dieser Querverbindungen bleiben Kausalität und Zurechnung unverzichtbare Bestandteile jedes Haftungstatbestands: Selbst in einem beweglichen System (PETL) oder einer „Kreislaufrelation“ (Grundregeln der Study Group und Draft DCFR) können sie nicht vollständig zugunsten anderer Elemente zurücktreten.

2. Erste Ebene: Faktische Kausalität

a) Regelungsprobleme und Tendenzen der Rechtsentwicklung

Alle europäischen Rechtsordnungen beginnen – häufig unausgesprochen – jede Kausalitätsprüfung mit der sog. conditio sine qua non-Formel (csqn-Formel), die im englischen Recht – ohne Unterschied in der Sache – but for-test, in Schottland bisweilen causa sine qua non heißt. Danach ist eine Handlung für einen Erfolg kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Diese scheinbar einfache Formel birgt eine Reihe von Problemen: (i) In Randbereichen enthält die csqn-Formel wertende Elemente und muss auf Erfahrungswissen und Wahrscheinlichkeiten zurückgreifen, denn die gedankliche Eliminierung eines Ereignisses zieht notwendig hypothetische Überlegungen nach sich. Deutlich wird das im Fall von Unterlassungen, die nur mit einer Modifikation der Formel zu erfassen sind: Eine Unterlassung ist kausal, wenn die hinzugedachte Handlung den Erfolg verhindert hätte. (ii) Mit Nuancierungen in Voraussetzungen und Intensität erkennen alle Rechtsordnungen eine psychologische Beeinflussung als mögliche Begründung für den Kausalzusammenhang an. Auch derartige Fälle einer sog. „psychischen“ oder „psychisch vermittelten“ Kausalität erfordern hypothetische Überlegungen, da sich nie mit naturwissenschaftlicher Exaktheit ermitteln lässt, wie sich eine Person ohne die Beeinflussung verhalten hätte. (iii) Die csqn-Formel versagt, wenn ein Erfolg überdeterminiert ist, d.h. wenn von zwei oder mehr unabhängigen gleichzeitigen Ereignissen eines ausgereicht hätte, um den Erfolg herbeizuführen. Doch ist das nirgends ein Grund, die Haftung zu verneinen. Die Lehre hat zur konzeptionellen Erfassung dieser Fälle den sog. „NESS-test“ (necessary element of a sufficient set) entwickelt: Danach werden zunächst mögliche Ursachen aus dem Geschehensablauf eliminiert; erst dann wird gefragt, ob das fragliche Ereignis notwendiges Element einer für sich hinreichenden Ursachenkette war. (iv) Schwierigkeiten entstehen ferner in Fällen, die unter dem Stichwort „hypothetische Kausalität“ zusammengefasst werden, wenn nämlich ein zeitlich nachfolgendes Ereignis denselben Schaden herbeigeführt hätte. Das nachfolgende Ereignis kann das Verhalten einer weiteren Person sein, es kann sich aber auch um einen Zufall oder einen Umstand aus der Sphäre des Geschädigten (z.B. Schadensanlage) handeln. Sowohl das erste wie auch das zweite Ereignis können hier hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Eine Haftpflicht kann nur normativ begründet werden; es handelt sich um ein Problem der Zurechnung und auch des Schadensbegriffs. Generalisierende Aussagen zur Lösung lassen sich kaum treffen, da die Problematik sowohl international als auch innerhalb vieler Rechtsordnungen umstritten ist. Überwiegend wird angenommen, dass eine Haftung für einen bereits entstandenen abgrenzbaren Schaden aufgrund des ersten Verhaltens bestehen bleibt. Handelt es sich jedoch um einen noch nicht abgeschlossenen Dauerschaden (Vermögensfolgeschaden), wird dem zweiten Ereignis Relevanz zugemessen: Ein zufälliges oder aus der Sphäre des Geschädigten stammendes Ereignis kann den Ersatzanspruch ab diesem Zeitpunkt entfallen lassen. Deliktisches Verhalten eines Dritten kann – ähnlich dem Fall des überbestimmten Erfolges – ab diesem Zeitpunkt zu dessen Haftung neben dem Erstschädiger führen. In den Details bleiben viele Fragen: Wie ist der Schaden exakt zu bestimmen (z.B. Zerstörung einer Sache überhaupt oder aufgrund eines konkreten Ereignisses)? Wann gilt ein Schaden als abgeschlossen (z.B. einmalige Minderung der Erwerbsfähigkeit oder dauernde Einkommensverluste)? Sollen für Körperschäden und Sachschäden dieselben Regeln gelten (bei Sachen ließe sich nach der ersten Schädigung ein reduzierter Wert ermitteln)? Für Schadensvertiefungen haftet der Erstschädiger nicht, es sei denn diese sind nach allgemeinen Regeln seinem Verhalten zuzurechnen.

Grundsätzlich hat überall der Geschädigte den Kausalzusammenhang zu beweisen. Doch reichen die nationalen Antworten auf die Frage nach dem Beweismaß von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (more likely than not; z.B. England; Schottland) mit diversen Abstufungen bis hin zu einer Überzeugung des Richters (z.B. Portugal; Deutschland). Gleichwohl wird verbreitet angenommen, dass daraus in der Praxis kaum unterschiedliche Ergebnisse folgen. Denn manche Rechtsordnungen helfen dem Geschädigten in bestimmten Fällen mit einem Anscheinsbeweis oder mit einer Beweislastumkehr, wenn er das geforderte hohe Beweismaß nicht erfüllen kann. Beweismaß und Beweislast wirken sich vor allem aus, wenn der Kausalverlauf nicht aufklärbar ist. Vielerorts sind daher Fälle der Haftung wegen bloß möglicher Kausalität bekannt. Jeder Regelgeber steht dabei grundsätzlich vor der Wahl zwischen einem „Alles oder Nichts“-Prinzip (volle Haftung trotz nur möglicher Kausalität) oder einer anteiligen Haftung nach Verursachungswahrscheinlichkeit (Proportionalhaftung). Paradigmatisch ist der Fall der Täteralternativität: Viele Rechtsordnungen gelangen hier – etwa mit Hilfe einer widerleglichen Vermutung – zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der (somit mit dem Regressrisiko belasteten) möglichen Verursacher, wenn das Verhalten jedes potentiellen Verursachers alle sonstigen Voraussetzungen erfüllt und für sich genommen ausgereicht hätte, den gesamten Schaden herbeizuführen (Deutschland; Österreich; Niederlande; Italien). Doch wird eine Haftung meist abgelehnt, wenn der Schaden auch auf Zufall beruhen könnte. Auch der Verlust einer Chance gehört in diesen Problemkomplex. Gerade im Bereich von Massenschäden und Langzeitschäden (z.B. Arzneimittelhaftung, Asbestfälle) zeigt sich, dass die Suche nach einer umfassenden befriedigenden Lösung noch nicht abgeschlossen ist. Fonds‑ oder Versicherungslösungen stellen Alternativmodelle dar, mit denen die Beweisschwierigkeiten vermieden werden.

b) Ansätze der Grundregeln zum Haftungsrecht

Allenfalls implizit ist die csqn-Formel der wertenden allgemeinen Zurechnungsregel des DCFR zu entnehmen. Ergänzt wird diese Regel um zwei Vorschriften für Schädigermehrheiten (Art. VI.-4:102 f.): Im Fall ihres Zusammenwirkens gelten alle potentiellen Schädiger als ursächlich. Im Fall der Täteralternativität (auch bei Massenschäden) besteht eine widerlegliche Vermutung der Ursächlichkeit jedes einzelnen potentiellen Täters; können diese sich nicht entlasten, haften sie als Gesamtschuldner.

Die Art. 3:101 bis 3:106 PETL enthalten demgegenüber ungewöhnlich ausführliche, zum Teil innovative Regeln zur faktischen Kausalität: Sie verankern einleitend ausdrücklich die csqn-Formel und ergänzen für den Fall eines überbestimmten Erfolges, dass jede Aktivität, die für sich hinreichend gewesen wäre, den Schaden zu derselben Zeit herbeizuführen, als Ursache gilt. Es folgt eine Reihe von Vorschriften für Fallgruppen, in denen die csqn-Formel nicht ausreicht, weil ein Verhalten nicht kausal in ihrem Sinne war oder weil sich die Kausalität nicht aufklären lässt. In der Frage der hypothetischen Kausalität greifen die PETL die Differenzierung zwischen endgültig und unumkehrbar eingetretenen Schäden einerseits und Dauerschäden andererseits auf: Bei endgültigen Schäden wird das nachfolgende Ereignis nur soweit für beachtlich erklärt, wie dadurch ein zusätzlicher Schaden herbeigeführt wird; unabhängig davon kann das zweite Ereignis die Schadensberechnung beeinflussen (z.B. geringe Lebenserwartung). Bei Dauerschäden gelten ab dem Zeitpunkt der Ersatzursache beide Aktivitäten als ursächlich für den fortlaufend eintretenden Schaden. Ist der Kausalverlauf nicht aufklärbar, entscheiden sich die PETL für ein System der Anteilshaftung nach Wahrscheinlichkeiten: Dies gilt im Fall der Täteralternativität ebenso wie im Fall der Opferalternativität und schafft somit auch ein Modell zur Bewältigung von Massenschäden. Unsichere Ursachen aus der Sphäre des Geschädigten (einschließlich Zufall) wirken nach dem Grad ihrer Wahrscheinlichkeit anspruchsmindernd.

c) Gemeinschaftsprivatrecht

Zur Prüfung der Kausalität gehen die Gemeinschaftsgerichte in allen haftungsrechtlichen Zusammenhängen, teils ausdrücklich, teils implizit, von der csqn-Formel als erstem Schritt aus. In Rechtsakten wird die Kausalität allenfalls als Tatbestandsmerkmal erwähnt, aber in ihren Voraussetzungen nicht näher umschrieben. Beispielsweise verlangt die Produkthaftungs-RL (RL 85/‌374) einen Kausalnexus zwischen Schaden und Fehler des Produkts und ergänzt, dass eine Mitverursachung durch einen Dritten, nicht aber durch den Geschädigten unbeachtlich ist. Ein weiteres wichtiges Beispiel ist die rudimentäre Regelung in Art. 4 Umwelthaftungs-RL (RL 2004/‌35).

3. Zweite Ebene: Zurechnung

Die csqn-Formel führt zu einer Vielzahl gleichwertiger Ursachen; sogar das Verhalten des Opfers lässt sich mit ihrer Hilfe als kausal für den Schaden bezeichnen. Erforderlich ist somit in einem zweiten Schritt eine wertende Eingrenzung, um zu ermitteln, ob ein Schaden suite directe (Frankreich) oder too remote (England) ist. Und obwohl in Belgien die csqn-Formel immer wieder als das einzige Kausalitätskriterium genannt wird, kommt auch dort die Rechtsprechung nicht ohne diesen zweiten Schritt aus. In allen nationalen Rechtsordnungen, in den Grundregeln wie auch im Gemeinschaftsprivatrecht fällt auf dieser Ebene die eigentliche Entscheidung über den Nexus zwischen Verhalten und Schaden.

a) Kriterien auf nationaler Ebene

So groß die Einigkeit über die Notwendigkeit dieses zweiten Schritts ist, so vielfältig und uneinheitlich sind die dafür angebotenen Kriterien. Unter ihnen lässt sich kein herrschender europäischer Ansatz ausmachen, doch dürften andererseits die Unterschiede im Ergebnis geringer ausfallen als die Differenzen in der konzeptionellen Herleitung. Folgende Kriterien, von denen allerdings nicht eines als stets maßgeblich oder vorrangig betrachtet werden kann, ragen heraus und sind zugleich Ausdruck einer Tendenz weg von generalisierenden Zurechnungstheorien: (i) Wahrscheinlichkeit. Als zurechenbar gelten im Allgemeinen nur Schadensfolgen, die – so die ständige Rechtsprechung in Deutschland – „im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolges geeignet sind“ (Adäquanztheorie). Adäquanzerwägungen werden auch in anderen Rechtsordnungen angestellt, insbesondere in Österreich und der Schweiz, aber z.B. auch in Portugal sowie mit anderer Nuancierung in Frankreich. (ii) Schutzzweckerwägungen (scope of the rule; relativité aquilienne). Der Schaden muss vom Schutzzweck der verletzten Norm bzw. Verhaltenspflicht umfasst sein (z.B. Niederlande; Deutschland; England). (iii) Vorhersehbarkeit (foreseeability). Insbesondere dominiert dieses Kriterium die englische Rechtsprechung; es ist aber auch in anderen Rechtsordnungen relevant, nicht zuletzt klingt es in der Adäquanztheorie mit. Im Detail geht mit der Vorhersehbarkeitsprüfung ein beträchtlicher Wertungsspielraum einher, beispielsweise was die Beurteilungsperspektive oder den Bezugspunkt der Beurteilung angeht. (iv) Verschuldensform. Vorsätzlich verursachte Schäden sind immer zurechenbar. Bei grob fahrlässigem Verhalten besteht verbreitet eine größere Neigung, die Zurechenbarkeit zu bejahen oder durch Beweiserleichterungen zu helfen. (v) Rechtmäßiges Alternativverhalten. Nicht zurechenbar (bzw. nach englischem Recht schon nicht kausal verursacht) ist grundsätzlich ein Schaden, der ebenso bei sorgfältigem Verhalten des Schädigers eingetreten wäre; doch gibt es Ausnahmen je nach Gewicht und Inhalt der verletzten Pflicht (z.B. Selbstbestimmungsrecht des nicht ordnungsgemäß aufgeklärten Patienten). (vi) Art des Schadens und der Haftung (so ausdrücklich Art. 6:98 BW). Generalisierend lässt sich sagen, dass Personenschäden eher zugerechnet werden als Sach‑ und reine Vermögensschäden. Im Bereich der Personenschäden kann grundsätzlich nicht einmal eine besondere Prädisposition des Geschädigten (und damit ein unwahrscheinlicher Verlauf) den Schädiger entlasten (sog. eggshell skull-rule). Unterschiede können auch zwischen Verschuldenshaftung und strikter Haftung bestehen, denn schließlich sollen bestimmte Vorschriften der Gefährdungshaftung (z.B. Atomenergie) gerade unwahrscheinliche Schadensfälle erfassen. (vii) „Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs“. Unter dieser, unglücklichen, Bezeichnung werden Fälle erörtert, in denen ein Dritter, das Opfer oder aber ein zufälliges Ereignis auf den vom Schädiger in Gang gesetzten Geschehensablauf einwirkt. Im Einzelfall können die Lösungen der nationalen Rechtsordnungen voneinander abweichen. Der Versuch, diese Fälle in einer eigenen Kategorie zusammenzufassen, erweist sich jedoch nicht als hilfreich und irreführend. Die Auswirkungen des zweiten Ereignisses auf die Zurechnung zum Erstschädiger sind vielmehr nach den allgemeinen Regeln zu beurteilen. So stellt die Handlung eines Dritten üblicherweise gerade keine „Unterbrechung“ dar, wenn sich in ihr ein vom Erstschädiger geschaffenes Risiko realisiert. Vorsatz des Dritten oder die Unvorhersehbarkeit seines Verhaltens können die Zurechnung zum Erstschädiger hindern – sofern dieser nicht gerade die Schädigung zu verhindern hatte. Bei einer Mitwirkung des Opfers besteht eine Überlappung mit der Problematik des Mitverschuldens. Höhere Gewalt wird vielerorts als Grund angesehen, die Zurechnung zu verneinen (z.B. Frankreich; Schweiz). (viii) Bisweilen ziehen sich Gerichte bei der Zurechnungsentscheidung auf allgemeine Billigkeitserwägungen (policy considerations) zurück, beispielsweise um ein allgemein erwünschtes Verhalten (z.B. Hilfe bei Unglücksfällen) zu ermutigen.

b) Ansätze der Grundregeln zum Haftungsrecht

Nach beiden Regelwerken hat der Anwender einen großen Wertungsspielraum. Der DCFR gibt – abgesehen von einer Verankerung der eggshell skull-rule in Art. VI.-4:101 (2) – keine Indizien, wann ein Schaden zuzurechnen ist, sondern lässt die erforderliche Wertung in dem Begriff der „consequence“ aufgehen. Konkrete Ergebnisse lassen sich damit nicht vorhersagen. Wiederum weisen die PETL eine höhere Regelungsdichte auf, bleiben aber im Vergleich zu der äußerst detaillierten Regelung der faktischen Kausalität vage. Unter der Überschrift „Haftungsumfang“ zählt Art. 3:201 PETL (nicht abschließend) fünf Wertungsgesichtspunkte auf, die auch den nationalen Rechtsordnungen in unterschiedlichem Ausmaß vertraut sind: Vorhersehbarkeit, Natur und Wert der geschützten Interessen, Haftungsgrund, Ausmaß des allgemeinen Lebensrisikos sowie Schutzzweck der verletzten Norm. Welche Maßstäbe den Anwender dieses beweglichen Systems leiten sollen, teilen die PETL nicht mit.

c) Gemeinschaftsprivatrecht

Die Gemeinschaftsgerichte haben nicht einen mitgliedstaatlichen Ansatz übernommen, sondern wenden einzelfallorientiert verschiedene Kriterien nebeneinander an, um den erforderlichen „unmittelbaren Kausalzusammenhang“ zu ermitteln. Teils wird dieses Vorgehen als unklar kritisiert. Im Vordergrund stehen die Begriffe der Vorhersehbarkeit und der Unmittelbarkeit. Die Unmittelbarkeit ist ein ausfüllungsbedürftiges, wertendes Kriterium. In diese Wertung fließen auch Schutzzweckerwägungen ein. Meist betreffen die Urteile reine Vermögensschäden; diese werden eher restriktiv zugerechnet. Schwierige, bislang nur partiell gelöste Zurechnungsprobleme können sich aus dem Nebeneinander von Handeln eines Mitgliedstaats und der Gemeinschaft ergeben (z.B. gestuftes Verwaltungshandeln).

4. Einheitsrecht

Auch haftungsrechtliche Konventionen setzen Kausalität lediglich als Tatbestandsmerkmal voraus, umschreiben sie aber nicht näher. Beispielhaft erwähnt seien zur Atomhaftung das Pariser Übereinkommen, zur Umwelthaftung das Ölverschmutzungsübereinkommen und zur Luftverkehrshaftung das Montrealer Übereinkommen (Luftverkehr (Vertragliche Haftung)). Ausdrücklich geregelt ist – im Sinne einer Unbeachtlichkeit – allenfalls vereinzelt das Zusammentreffen mehrerer Ursachen.

Literatur

Herbert L.A. Hart, Tony Honoré, Causation in the Law, 2. Aufl. 1985; Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, 988 ff.; Christian v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, Bd. II, 1999, Rn. 411 ff.; Jaap Spier (Hg.), Unification of Tort Law: Causation, 2000; Wolfgang Wurmnest, Grundzüge eines europäischen Haftungsrechts: Eine rechtsvergleichende Untersuchung des Gemeinschaftsrechts, 2003, 159 ff.; Lars Klöhn, „Wertende Kausalität“ im Spiegel von Rechtsvergleichung, Rechtsdogmatik und Rechtsökonomik, Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft 105 (2006) 455 ff.; Martin Schmidt-Kessel, Reform des Schadenersatzrechts, Bd. I, 2006, 72 f., 76, 90, 144 ff.; Cees van Dam, European Tort Law, 2006, Nr. 1101 ff.; Luboš Tichý (Hg.), Causation in Law, 2007; Bénédict Winiger, Helmut Koziol, Bernhard A. Koch, Reinhard Zimmermann (Hg.), Digest of European Tort Law, Bd. I: Essential Cases on Natural Causation, 2007; Helmut Koziol, Reiner Schulze (Hg.), Tort Law of the European Community, 2008, 47 ff., 335 ff., 354 f., 378 ff., 413 ff., 465 ff., 498 ff., 533 ff., 543 ff., 569 ff.