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Aktuelle Version vom 29. September 2021, 14:45 Uhr
von Oliver Remien
1. Bedeutung Adressat und Struktur
Die Warenverkehrsfreiheit der Art. 23 ff. EG/28 AEUV umfasst neben der Zollunion der Art. 25 ff. EG/30 AEUV das Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und von Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art. 28 und 29 EG/34 und 35 AEUV. Letzteres war grundlegend für die Entwicklung der Grundfreiheiten allgemein, die Warenverkehrsfreiheit hatte insoweit Schrittmacherfunktion. Sie wird als in der Praxis bedeutsamste Grundfreiheit bezeichnet, ist inzwischen jedoch konsolidiert und tritt in der aktuellen Rechtsprechungsentwicklung hinter den anderen Grundfreiheiten zurück. Sie richtet sich an die Mitgliedstaaten, auch an die Gemeinschaft, wohl nicht an Private. Auch wenn der EuGH früher ausgeführt hat, dass „Vereinbarungen zwischen Privaten … in keinem Fall von den zwingenden Bestimmungen über den freien Warenverkehr abweichen dürfen“ (EuGH Rs. 58/80 – Dansk Supermarket, Slg. 1981, 181; EuGH Rs. 78/80 – Deutsche Grammophon, Slg. 1971, 487), so bezieht sich doch die Warenverkehrsfreiheit nur auf staatliche Maßnahmen, nicht aber auf Verhaltensweisen von Unternehmen (EuGH Rs. 311/85 – VVR, Slg. 1987, 3801; EuGH Rs. 65/86 – Bayer, Slg. 1988, 5249). Die Privatautonomie würde sonst zu stark eingeschränkt. Ein staatliches Handeln liegt jedoch vor, wenn das Verhalten Privater vom Staat aktiv veranlasst wurde und dem Staat zuzurechnen ist (EuGH Rs. 249/81 – Buy Irish, Slg. 1982, 4005). Nach Ansicht des EuGH erwachsen aus der Warenverkehrsfreiheit in Verbindung mit dem Grundsatz der Gemeinschaftstreue nach Art. 10 EG auch Unterbindungspflichten gegenüber Handlungen Privater, welche die Grundfreiheiten beeinträchtigen (EuGH Rs. C-265/95 Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-6959; EuGH Rs. C-112/00 – Schmidberger, Slg. 2003, I-5659). Sekundäres Gemeinschaftsrecht kann an der Warenverkehrsfreiheit zu messen sein.
Ware ist eine bewegliche körperliche Sache, die Geldwert besitzt und damit Gegenstand von Handelsgeschäften sein kann (EuGH Rs. 7/68 – Kunstschätze, Slg. 1968, 633, 642). Darunter fallen auch Elektrizität (EuGH Rs. C-393/92 – Almelo, Slg. 1994, I-1477), Trägermaterialien wie CDs, DVDs, Videokassetten (EuGH Rs. 60/84 und 61/84 – Cinéthèque, Slg. 1985, 2605) oder Abfall (EuGH Rs. C-2/90 – Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-4431). Dienstleistungen, etwa Reisen (EuGH Rs. 311/85 – Vlaamse Reisebureaus, Slg. 1987, 3801) und Know-How, oder Kapital wie Aktien, Forderungen und Zahlungsmittel unterliegen hingegen der Dienstleistungsfreiheit bzw. Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit. Die Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit erfolgt trotz der Subsidiaritätsklausel des Art. 50(1) EG/57(1) AEUV nach dem Schwerpunkt. Bei Grundstücken können Erwerbsbeschränkungen gegen die Niederlassungsfreiheit, vor allem aber die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Erfasst werden gemäß Art. 23(2) EG/28(2) AEUV Waren, die aus den Mitgliedstaaten stammen oder sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden (EuGH Rs. 7/68 – Kunstschätze, Slg. 1968, 634; EuGH Rs. C-2/90 Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-4431). Besondere Regeln gestatten zum Teil Art. 296 EG/346 AEUV für militärische und Art. 32 ff. EG/38 ff AEUV für landwirtschaftliche Waren. Reine Inlandssachverhalte werden nicht erfasst, doch ist der EuGH hier sehr großzügig. Auf die Staatsangehörigkeit Beteiligter kommt es wohl nicht an.
Neben mengenmäßigen Beschränkungen – gänzliche oder teilweise Untersagung der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr (EuGH Rs. 2/73 – Geddo/Ente Nazionale Risi, Slg. 1973, 865) – werden von der Warenverkehrsfreiheit sog. Maßnahmen gleicher Wirkung erfasst. Dies sind nicht nur formal diskriminierende Regelungen wie Einfuhrgenehmigungen, Grenzkontrollen, Anmeldepflichten usw. Vielmehr hat der EuGH die weit reichende bekannte Dassonville-Formel entwickelt – „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“ (EuGH Rs. 8/74 – Dassonville, Slg. 1974, 837) –, die auch für die anderen Grundfreiheiten wegweisend war. Die Grundfreiheiten wurden damit zum allgemeinen Beschränkungsverbot. Dass eine Beeinträchtigung bereits eingetreten ist oder eine Schwelle der Spürbarkeit erreicht, ist danach nicht erforderlich, auch nicht die Verfolgung handelspolitischer Ziele durch die Maßnahme. Etikettierung-, Verpackungs- und Bezeichnungsvorschriften (Reinheitsgebot für Bier) aber auch vieles mehr werden damit erfasst, in den sunday trading cases gerieten sogar britische Sonntagsverkaufsverbote in das Visier der Warenverkehrsfreiheit. Diese Weite des Beschränkungsverbots hat der EuGH in Keck einzufangen gesucht. Nach dieser Entscheidung zum Verbot des Verkaufs unter dem Einstandspreis ist „entgegen der bisherigen Rechtsprechung die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten … zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren“ (EuGH verb. Rs. C-267 und 268/91 – Keck, Slg. 1993, I-6097). Dies hat Bedeutung für die Reichweite der Grundfreiheitenkontrolle. Die Abgrenzung zwischen produktbezogenen Maßnahmen und vertriebsbezogenen „Verkaufsmodalitäten“ ist allerdings schwierig. Produktmodalitäten sind jedenfalls Vorschriften zu Bezeichnung, Form, Abmessung, Gewicht, Zusammensetzung, Aufmachung, Etikettierung und Verpackung von Produkten. Werbebeschränkungen für Apotheken (EuGH Rs. C-292/92 – Hünermund, Slg. 1993, I-6097) und ein Vertriebsverbot für Säuglingsmilchpulver außerhalb von Apotheken wurden als Verkaufsmodalitäten angesehen (EuGH Rs. C-391/92 Kommission/Griechenland, Slg. 1995, I-1621), ein Fernsehwerbeverbot bezüglich für Kinder bestimmter Dinosaurierzeitschriften hingegen nicht (EuGH verb. Rs. C-34-36/95 – De Agostini, Slg. 1997, I-3843). Führt ein Zugabenverbot für Käufer von Zeitschriften dazu, dass der Vertrieb einer Zeitschrift mit Preisrätsel verboten ist, so geht dieses Vertriebsverbot über eine Verkaufsmodalität hinaus (EuGH Rs. C-368/95 – Familiapress, Slg. 1997, I-3689). Diskriminierende Verkaufsmodalitäten fallen auch nach Keck klar in den Anwendungsbereich. Ein grenzüberschreitendes Versandhandelsverbot für zugelassene Arzneimittel soll in- und ausländische Arzneimittel in ungleicher Weise betreffen und daher Art. 28 EG/34 AEUV berühren (EuGH Rs. C-322/01 – Deutscher Apothekenverband/0800 Doc Morris, Slg. 2003, I-144887).
Eine Rechtfertigung des Eingriffs in die Warenverkehrsfreiheit ist nach Art. 30 EG/36 AEUV sowie bei nicht diskriminierenden Maßnahmen nach der Cassis de Dijon-Formel möglich. Nach letzterer müssen „Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen ergeben, … hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes.“ Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als „Schranken-Schranke“ greift die Rechtfertigung jedoch nur, wenn die Maßnahmen geeignet und erforderlich sind. Der EuGH ist hier insbesondere hinsichtlich der Berufung auf den Verbraucherschutz eher streng, indem er von dem vielzitierten „Leitbild des mündigen Verbrauchers“ ausgeht und weitergehenden Schutz für nicht erforderlich erklärt. Auch die Grundrechte können bei der Rechtfertigung eine Rolle spielen.
Bei der Warenverkehrsfreiheit erfasst Art. 28 EG/34 AEUV die Einfuhrfreiheit, während die Ausfuhrfreiheit hier im Gegensatz zu anderen Grundfreiheiten in Art. 29 EG/35 AEUV speziell geregelt wird. Die Ausfuhrfreiheit wurde nach ständiger Rechtsprechung vom EuGH bisher nicht als weites Beschränkungsverbot verstanden, sondern erfasste nur Maßnahmen, die spezifische Beschränkungen der Ausfuhrströme bezwecken oder bewirken und damit unterschiedliche Bedingungen für Binnen- und Außenhandel schaffen, so dass national ein besonderer Vorteil erlangt wird (EuGH Rs. 15/79 – Groenveld, Slg. 1979, 649; EuGH Rs. 251/83 – Haug-Adrion, Slg. 1984, 4277). Dies kann mit der Möglichkeit politischer Partizipation erklärt werden. In der Sache Gysbrechts ist diese Rechtsprechung von der Generalanwältin aber angegriffen worden; der Gerichtshof nahm dann dort ohne sich zu der Problematik klar in allgemeiner Art zu äußern an, dass ein nationales Verbot sich bei Fernverkäufen vor Ablauf der Widerrufsfrist nach Fernabsatzrecht die Kreditkartennummer angeben zu lassen, die Ausfuhren stärker als den inländischen Markt betreffe und eine nicht gerechtfertigte Beschränkung sei (EuGH Rs. C-205/07 – Gysbrechts, EuZW 2009, 115).
2. Privatrechtsnormen und Warenverkehrsfreiheit
Privatrechtlich früh in Erscheinung getreten ist die Warenverkehrsfreiheit im Bereich des gewerblichen und geistigen Eigentums dadurch, dass der EuGH aus ihr den Grundsatz der gemeinschaftsweiten Erschöpfung hergeleitet hat (EuGH Rs. 78/70 – Deutsche Grammophon, Slg. 1971, 487; EuGH Rs. 119/75 – Terrapin, Slg. 1976, 1039): Das Schutzrecht kann nicht benutzt werden, um hinsichtlich eines in einem anderen Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten Gegenstandes den Vertrieb im Inland zu verbieten. Ein einheitlicher Markt nämlich könnte sonst nicht erreicht werden. Die Warenverkehrsfreiheit kann dabei auch die Modifikation von Beweisregeln bezüglich des Inverkehrbringens gebieten (EuGH Rs. C-244/00 – Van Doren, Slg. 2003, I-3051). Eine mitgliedstaatliche Wahl zwischen gemeinschaftsweiter und internationaler Erschöpfung hat der EuGH im Markenrecht abgelehnt (EuGH Rs. C-355/96 – Silhouette, Slg. 1998, I-4799). Die Übertragung eines nationalen Schutzrechts nur für einen Teil der Gemeinschaft ist jedoch – wenn nicht wettbewerbswidrig – nicht nichtig und hindert das nationale Verbietungsrecht des Inhabers nicht (EuGH Rs. C-9/93 – Ideal-Standard, Slg. 1994, I-2789). Auch Urheber- und Lauterkeitsrecht können nicht zur Marktaufteilung benutzt werden (EuGH Rs. C-58/80 – Dansk Supermarket, Slg. 1981, 181). Ferner sind im Lauterkeitsrecht aus der Warenverkehrsfreiheit zeitweise weitreichende Folgerungen gezogen worden (EuGH Rs. C-126/91 – Yves Rocher, Slg. 1993, I-2361; EuGH Rs. C-362/88 – GB-INNO-BM, Slg. 1990, I-667). Dies ist durch die Keck-Rechtsprechung zu den Verkaufsmodalitäten aber zu einem guten Teil überholt, nämlich soweit die Norm nur vertriebsbezogen wirkt. Indes kann bei anderer Fallgestaltung Lauterkeitsrecht auch produktbezogen wirken und damit eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit darstellen, dann nämlich, wenn es die Gestaltung des importierten Produktes selber verböte (vgl. EuGH C-315/92 – Clinique, Slg. 1994, I-317; EuGH Rs. C-470/93 – Mars, Slg. 1995, I-1923). Die Bezeichnung „Lifting“ als irreführend ist nicht beanstandet, sondern der Einschätzung des mitgliedstaatlichen Gerichts überlassen worden, Ermittlung der Irreführung durch Sachverständigengutachten oder Verbraucherbefragung ist zulässig (EuGH Rs. C-220/98 – Estée Lauder, Slg. 2000, I-117). Das Verbot des Verkaufs mit nur einer äußerst niedrigen Gewinnspanne ist Verkaufsmodalität (EuGH Rs. C-63/94 – Belgapom, Slg. 1995, I-2467).
Einen Kontrahierungszwang von Elektrizitätsversorgungsunternehmen, der sich auf Umweltstrom aus dem Inland beschränkte, hat der EuGH trotz Diskriminierung ausländischer Anbieter gebilligt, offenbar aus Umweltschutzgesichtspunkten (EuGH Rs. C-379/98 – PreussenElektra, Slg. 2001, I-2099, Rn. 73 f.). Preisregelungen sieht der EuGH wohl als Verkaufsmodalität, bei Höchst- und Mindestpreisregelungen war er schon früh zurückhaltend (EuGH Rs. 82/77 – van Tiggele, Slg. 1978, 25; differenzierend EuGH Rs. C-177/82 – van de Haar, Slg. 1984, 1797), bei der Buchpreisbindung wurden Bestimmungen zu importierten oder reimportierten Büchern als Verstoß angesehen (schon EuGH Rs. 229/83 – Leclerc, Slg. 1985, 1; neuestens EuGH Rs. C-531/07 – LIBRO). Interessante Entwicklungen zur Preisbestimmung zeigen sich auch bei der Dienstleistungsfreiheit. Eine deutsche Regelung, die das gerichtliche Mahnverfahren auf Forderungen in inländischer Währung beschränkte, wurde nicht als indirekte Diskriminierung (des französischen Verkäufers) aufgrund der Staatsangehörigkeit angesehen, wenn die Vertragsparteien die Währung frei wählen können und die ordentlichen Verfahren zur Verfügung stehen (EuGH Rs. 22/80 – Boussac, Slg. 1980, 3427 zu Art. 12 EG/18 AEUV), der Ausschluss des italienischen Mahnverfahrens bei erforderlicher Zustellung im Ausland wurde als in seiner Wirkung zu ungewiss und zu mittelbar angesehen als dass er die Ausfuhrfreiheit beschränken könne (EuGH Rs. C-412/97 – ED Srl/ Fenocchio, Slg. 1999, I-3845). Zum Kaufrecht ist die nach der französischen Rechtsprechung zu Art. 1643 Code civil zwingende Sachmängelhaftung zwischen Kaufleuten, die nicht der gleichen Branche angehören, nicht als Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit angesehen worden (EuGH Rs. C-339/89 – Alsthom Atlantique, Slg. 1991, I-107). Eine Aufklärungspflicht im Rahmen vorvertraglicher Beziehungen über Schwierigkeiten mit Garantieleistungen bei parallelimportierten Motorrädern (EuGH Rs. C-93/92 – CMC Motorradcenter, Slg. 1993, I-5009) wurde als in ihrer Wirkung zu mittelbar und daher nicht als Handelsbehinderung gesehen. Zur Kontrolle von AGB finden sich in der Literatur einige Überlegungen. Eine Untersuchungspflicht bei Importen wegen Produkthaftung kann vielleicht eine Beschränkung darstellen, die Beurteilung der Produkthaftung unter dem Gesichtspunkt der Warenverkehrsfreiheit ist strittig, doch ist in dem Sektor eine Rechtsangleichung erfolgt. Im Bereich der Kreditsicherung ist der EuGH zurückhaltend (EuGH Rs. 69/85 – Krantz, Slg. 1990, I-583), die Literatur zum Teil aber fordernd. Der Vorbehalt der Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten nach Art. 295 EG/345 AEUV schließt eine Einwirkung der Warenverkehrsfreiheit wohl jedenfalls nicht aus. Wenn ein Statutenwechsel infolge der Kollisionsregel lex rei sitae zum Untergang einer Kreditsicherheit führt, so liegt eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit nahe, denn auch Verkaufsmodalitätenregelungen sind diskriminierungsfrei anzuwenden. Eine Rechtfertigung ist zwar nicht ausgeschlossen, doch ist zunächst eine großzügige Transposition des importierten Sicherungsrechts in die neue Rechtsordnung zu erwägen und ist in der Praxis oft geeignet, Probleme für den Binnenmarkt zu vermeiden. Auch beim Import besitz- und publizitätsloser Sicherungsrechte etwa des deutschen Rechts in strengere andere Länder ist zu prüfen, ob nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht eine gewisse Duldung oder eine Anpassungsfrist zur Registrierung ausreicht. Einige Autoren haben die situs-Regel auch allgemein unter Berufung auf insbesondere die Warenverkehrsfreiheit anzugreifen versucht und Rechtswahlfreiheit gefordert. Aus der Sicht des Binnenmarktes bietet sich der Sektor der Kreditsicherheiten für eine legislative Rechtsangleichung wegen seiner Bedeutung und der Komplexität der Grundfreiheitenerwägungen geradezu an. Einzelne hypothekenrechtliche Regelungen sind bereits im Lichte der Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit betrachtet worden. Da Privatrechtsnormen nur selten den freien Verkehr der Ware selbst, sondern eher dessen Modalitäten betreffen, ist die Wirkung der Warenverkehrsfreiheit hier bisher gering.
Literatur
Eva-Maria Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Binnenmarkt: Zum Einfluß der Warenverkehrsfreiheit auf das nationale und internationale Sachenrecht der Mitgliedstaaten, 1996; Peter von Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht: Sachenrecht und Insolvenzrecht unter dem EG-Vertrag, 1996; Malcolm Jarvis, Peter Oliver, Free Movement of Goods in the European Community, 4. Aufl. 2002; Oliver Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG-Vertrages, 2003; Anne Röthel, Internationales Sachenrecht im Binnenmarkt, Juristenzeitung 2003, 1027 ff.; Torsten Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht, 2004; Astrid Epiney, Freiheit des Warenverkehrs, in: Dirk Ehlers (Hg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 2. Aufl. 2005; Catherine Barnard, The Substantive Law of the EU, 2. Aufl. 2007.