Seeverkehr (globale Haftungsbegrenzung): Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 29. September 2021, 08:26 Uhr
von Nicolai Lagoni
1. Gegenstand und Zweck
Der Ursprung der Haftungsbeschränkungen in der Seeschifffahrt ist nicht vollständig geklärt. Teilweise wird er auf das Prinzip des noxae deditio des Römischen Rechts zurückgeführt, nach dem sich ein Eigentümer von der Haftung befreien konnte, wenn er die Ursache eines Schadens, beispielsweise einen Sklaven, der den Schaden verursacht hatte, dem Geschädigten übergab. Andere Autoren führen sie auf das Handelsgesetzbuch der italienischen Republik Amalfi oder das Consolat del Mar zurück, das im 14. Jahrhundert von den Königen von Aragon geschaffen wurde und dem Schiffseigentümer erlaubte, seine Haftung auf seinen Anteil am Wert des Schiffes zu beschränken. Der Grund dafür wird in Zumutbarkeitserwägungen gesehen. Seeschifffahrt ist seit jeher mit Wagnissen und Gefahren verbunden. In früheren Zeiten bestanden diese nicht nur in Unwettern oder rührten von der Konstruktion des Schiffes her, sondern hatten ihren Ursprung auch in beschränkten nautischen Kenntnissen. Dem Schiffseigentümer standen neben der Wahl des Schiffes und der Mannschaft nur wenig Mittel zur Verfügung, diese Gefahren zu verringern. Nach Verlassen des Heimathafens konnte er mit seinem Schiff frühestens wieder kommunizieren, wenn dieses einen Hafen anlief. Da es damals weder Seeversicherungen noch die Möglichkeit einer Beschränkung der Haftung durch gesellschaftsrechtliche Regelungen gab, wurde es vielfach für ungerecht angesehen, den Schiffseigentümer zusätzlich mit seinem gesamten Vermögen haften zu lassen, wenn er ein derartiges Risiko mit seinem Schiff einging. Aufgrund des Mangels an Kontrolle über Kapitän und Besatzung, wenn das Schiff auf Reisen war, wurde das Prinzip des respondeat superior weithin für unangemessen gehalten. Zudem wurde von vielen Ländern eine starke Handelsmarine lange Zeit als Zeichen der Macht begriffen und daher besonders gefördert.
Spätestens in der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in den europäischen Ländern verschiedene Varianten des französischen, englischen oder deutschen Systems von Haftungsbeschränkungen in der Seeschifffahrt. Das entsprechende französische Gesetz von 1681 begründete zwar eine persönliche Haftung des Schiffseigentümers, räumte ihm aber die Möglichkeit ein, sich von dieser zu befreien, wenn er den Geschädigten das Schiff und die Ladung übergab (sog. abandon). Nach dem englischen Responsibility of Shipowners Act von 1733 und dem Merchant Shipping Act von 1786 konnte der Schiffseigentümer seine Haftung auf den Wert des Schiffes vor Eintritt des Schadens beschränken, soweit bei ihm kein Fall von privity and knowledge vorlag. Bei Personenschäden musste nach dem Merchant Shipping Act von 1894 mindestens ein Betrag von 15 Pfund Sterling pro Tonne Schiffsraum zur Verfügung stehen (sog. Summenhaftungssystem). Nach dem deutschen Exekutionssystem haftete der Reeder nur mit dem Schiff und der verdienten Fracht und nur in Ausnahmefällen, wie etwa persönlichem Verschulden, auch persönlich. Bei dem nordamerikanischen Werthaftungssystem wurde mit dem gesamten Vermögen gehaftet, die Haftung jedoch auf den Wert des Schiffes begrenzt.
Im Gegensatz zu Haftungsbeschränkungen für Ladungsschäden (Seeverkehr (Gütertransportverträge)) oder Schäden der beförderten Passagiere oder an deren Gepäck (Seeverkehr (Personenbeförderungsverträge)) wirken sich globale Haftungsbeschränkungen auch gegenüber sämtlichen Dritten aus, die nicht durch einen Vertrag mit dem Schiffseigentümer verbunden sind. Sie werden von der Wissenschaft vielfach als nicht mehr zeitgemäß und daher nicht mehr zu rechtfertigen kritisiert. Das Recht entwickelt sich jedoch eher hin zu einer Erhöhung der Haftungshöchstsummen als zur Abschaffung globaler Haftungsbegrenzungen.
2. Tendenzen der Rechtsentwicklung
Eine erste Konvergenz des kontinentaleuropäischen und des englischen Systems erfolgte durch das Brüsseler Übereinkommen von 1924 über die Vereinheitlichung der Haftung von Eigentümern von Seeschiffen, das 1931 in Kraft trat. Die Haftung des Schiffseigentümers für Sachschäden Dritter, die durch den Kapitän, die Mannschaft, den Lotsen oder eine andere Person, die eine Dienstleistung am Schiff erbrachte, wird im Brüsseler Übereinkommen von 1924 auf den Wert des Schiffes und der Ladung nach dem schädigenden Ereignis begrenzt, es sei denn, es lag ein Verschulden des Schiffseigentümers vor. Im Falle von Personenschäden konnte der Schiffseigentümer seine Haftung auf 8 Pfund Sterling pro Tonne, bezogen auf die Tonnage des Schiffes, beschränken. Ziel des Brüsseler Übereinkommens war indes nicht eine neuerliche Beschränkung der Haftung des Schiffseigentümers, sondern deren Ausweitung. Aufgrund der weit verbreiteten strengen Haftungsbeschränkungen sollte das Übereinkommen die Lage verletzter Dritter verbessern. Die Höhe der Haftungssummen wurde indes bereits nach einiger Zeit für unzureichend erachtet.
Das Brüsseler Übereinkommen von 1957 erhöhte daher die Haftungshöchstsummen und vereinheitlichte die Haftung des Schiffseigentümers und – bei in rem Klagen − des Schiffes. Das Übereinkommen von 1957 regelt allein Personenschäden Dritter, Sachschäden von Gegenständen an Bord des Schiffes und Kosten einer Wrackbeseitigung. Um von der Haftungsbeschränkung zu profitieren, muss der Schiffseigentümer einen Fonds errichten, der im Falle von Sachschäden mindestens einen Betrag von 1.000 Goldfranken pro Tonne der Schiffstonnage beträgt. Bei Personenschäden sind dies mindestens 3.100 Goldfranken pro Tonne, von denen im Fall konkurrierender Personen- und Sachschäden 2.100 Goldfranken pro Tonne für Personenschäden bestimmt sind und 1.000 Goldfranken pro Tonne für Sachschäden. Einen derartigen Fonds kann alternativ nicht nur der Schiffseigentümer, sondern auch der Charterer, der Reeder und der Ausrüster errichten sowie der Kapitän und Mitglieder der Besatzung und alle anderen Bediensteten des Eigentümers, Reeders, Charterers oder Ausrüsters. Sobald von einer dieser Personen ein derartiger Fonds errichtet worden ist, sind diese von einer Haftung frei. Dies gilt bei Kapitän und Mitgliedern der Besatzung selbst im Falle von persönlichem Verschulden.
Ein weiterer Fortschritt war das Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Convention on Limitation of Liability for Maritime Claims, LLMC). Es wurde in London unterzeichnet und trat 1986 in Kraft. Die Haftungshöchstsummen wurden erneut erhöht und die Haftung für sämtliche Seeforderungen beschränkt. Begünstigt werden nicht nur Schiffseigentümer, Charterer, Reeder und Ausrüster, sondern auch sämtliche Personen, für deren Handlung, Unterlassung oder Verschulden der Schiffseigentümer oder der Berger oder Retter haftet. Gleiches gilt für den Versicherer von Haftungsverbindlichkeiten, die der Beschränkung nach der LLMC unterliegen. Begünstigt werden aber auch die an einer Bergung oder Rettung eines Schiffes beteiligten Personen. Sie können ihre Haftung in gleicher Weise wie das Schiff beschränken, das sie retten. Soweit eine dieser Personen einen Fonds errichtet, werden auch die anderen im Außenverhältnis von einer Haftung freigestellt. Wer den Fonds errichtet hat, kann jedoch Regress nehmen. Die Haftung für Personenschäden ist beschränkt, ebenso wie für Sachschäden, die an Bord oder in direktem Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes auftreten. Forderungen aufgrund der Verspätung der Beförderung von Passagieren oder Ladung sind ebenfalls erfasst, ebenso wie Schäden aufgrund der Verletzung nichtvertraglicher Rechte und Ansprüche im Zusammenhang mit Wracks. Verschiedene Forderungen sind indes generell von einer Beschränkung der Haftung ausgenommen. Dies wird im folgenden Abschnitt präzisiert. Für Personenschäden der Passagiere gilt eine Haftungshöchstsumme von 46.666 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds multipliziert mit der Anzahl der Passagiere, die das Schiff befördern darf. Überdies gilt ein Höchstbetrag von maximal 25 Millionen Sonderziehungsrechten für derartige Forderungen. Personenschäden Dritter und Ladungsschäden berechnen sich nach einer differenzierten Formel je nach der Tonnage des Schiffes. Ein Haftpflichtiger darf seine Haftung nicht beschränken, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von ihm selbst in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Ein Beispiel dafür ist das Urteil der französischen Cour de Cassation vom 20.2.2001, in dem ein solcher Fall festgestellt wurde (Groupe des Assurances Nationales – GAN and Others v. Nautiloc and Others – The “Moheli”, Dir. Mar. 2002 DMF 144).
Das am 13.5.2004 in Kraft getretene Protokoll von 1996 modifiziert das Londoner Übereinkommen von 1976 erheblich. Die Haftungshöchstsummen werden nahezu auf das Zwanzigfache des früheren Betrages erhöht und der Höchstbetrag von 25 Millionen Sonderziehungsrechten für Personenschäden von Passagieren wird abgeschafft. Die Haftung von Bergern oder Rettern hängt nicht mehr von der Tonnage des betroffenen Schiffes ab, sondern von der Tonnage ihres eigenen Schiffes. Für Arbeiten der Berger oder Retter nicht von einem Schiff aus oder ausschließlich auf dem zu rettenden Schiff, gilt ein Fixbetrag.
3. Regelungsstrukturen im Einheitsrecht
Die Haftungsbeschränkungen dienen vorrangig dem „Schiffseigentümer“ eines Seeschiffs. Unter diesen Begriff werden Eigentümer, Charterer, Reeder und Ausrüster gefasst. Überdies fallen aber auch Berger und Retter unter die summenmäßige Haftungsbegrenzung sowie die Person, für deren Handeln, Unterlassen oder Verschulden der Schiffseigentümer, Berger oder Retter haftet. Die Haftpflichtigen können ihre Haftung nur beschränken, wenn sie einen Haftungsfonds errichten. Vereinheitlicht werden darüber hinaus Ansprüche gegen den Schiffseigentümer und gegen das Schiff. Falls dies von einem Vertragsstaat nicht ausgeschlossen ist, gelten die Haftungsbeschränkungen auch zugunsten von einem Haftpflichtigen, dessen Schiff nicht unter der Flagge eines Vertragsstaates fährt, der aber vor dem Gericht eines Vertragsstaates eine Beschränkung seiner Haftung geltend macht oder im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates die Freigabe eines Schiffes oder sonstigen Vermögensgegenstandes oder einer geleisteten Sicherheit betreibt.
Ausgenommen von einer Haftungsbeschränkung sind Ansprüche aufgrund von Bergung, Beitragsleistung zur großen Haverei, Ölverschmutzungsschäden, die sich nach dem Ölhaftungsübereinkommen richten, sowie Ansprüche gegen den Schiffseigentümer eines Reaktorschiffes wegen nuklearer Schäden, für die es besondere Regelungen über die Haftungsbeschränkungen gibt. Ausgenommen sind überdies Ansprüche der Bediensteten des Schiffseigentümers oder des Bergers oder Retters, deren Aufgaben mit dem Betrieb des Schiffes bzw. mit den Bergungs- oder Hilfeleistungen zusammenhängen, falls diese nach dem Recht, das auf den Dienstvertrag zwischen diesen Parteien Anwendung findet, nicht oder nur auf einen höheren Betrag beschränkbar sind, der den Haftungshöchstbetrag übersteigt.
Beschränkbar ist demgegenüber die Haftung für Ansprüche wegen Todes oder Körperverletzung oder wegen Verlustes oder Beschädigung von Sachen, die an Bord in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes oder mit Bergungs- oder Hilfeleistungen eintreten, sowie wegen daraus entstehender weiterer Schäden. Vom Begriff der „Beschädigung von Sachen“ werden auch die Beschädigung von Hafenanlagen, Hafenbecken, Wasserstraßen und Navigationshilfen erfasst. Beschränkbar ist auch die Haftung wegen Schäden infolge Verspätung bei der Beförderung von Gütern, Reisenden oder deren Gepäck auf See. Überdies kann die Haftung für Ansprüche wegen sonstiger Schäden, die sich aus der Verletzung nichtvertraglicher Rechte ergeben und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb des Schiffes oder mit Bergungs- oder Hilfeleistungen stehen, beschränkt werden; ferner die Haftung wegen Ansprüchen aus der Hebung, Beseitigung, Vernichtung oder Unschädlichmachung eines gesunkenen, havarierten, gestrandeten oder verlassenen Schiffes, samt allem, was sich an Bord eines solchen Schiffes befindet oder befunden hat. Beschränkt werden kann auch die Haftung aus der Beseitigung, Vernichtung oder Unschädlichmachung der Ladung des Schiffes; zudem Ansprüche einer anderen Person als des Haftpflichtigen wegen Maßnahmen, die ergriffen wurden, um Schäden, für die der Haftpflichtige seine Haftung beschränken kann, abzuwenden oder zu verringern, sowie wegen weiterer durch solche Maßnahmen entstandener Schäden.
Für die Bestimmung der Haftungshöchstsummen wird zwischen Personenschäden und Sachschäden differenziert. Bei Personenschäden ist darüber hinaus entscheidend, ob es sich um Reisende oder sonstige Personen handelt. Nach dem Londoner Haftungsbeschränkungsübereinkommen in der Fassung des Protokolls von 1996 gilt beispielsweise für die Haftung für Ansprüche wegen Todes oder der Körperverletzung von Reisenden eines Schiffes eine Haftungshöchstsumme von 175.000 Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds multipliziert mit der Anzahl der Reisenden, die das Schiff nach dem Schiffszeugnis befördern darf. Für andere Ansprüche wegen Todes oder Körperverletzung wird auf den Raumgehalt des Schiffes abgestellt. Dabei wird die nach dem Internationalen Schiffsvermessungsübereinkommen von 1969 berechnete Bruttoraumzahl zugrunde gelegt und nach der Größe des Schiffes differenziert: Für ein Schiff mit einem Raumgehalt bis zu 2.000 t gilt eine Beschränkung der Haftung auf 2 Millionen Sonderziehungsrechte. Für Schiffe bis 30.000 t erhöht sich der Betrag um 800 Sonderziehungsrechte je Tonne, für eine Größe von 30.000 bis 70.000 t werden jeweils 600 Sonderziehungsrechte je Tonne addiert. Übersteigt der Raumgehalt 70.000 t, kommen jeweils 400 Sonderziehungsrechte je Tonne hinzu. Für Sachschäden ist ein Betrag von 1 Mio. Sonderziehungsrechten bis zu einem Rauminhalt von 2.000 t entscheidend, darüber hinaus erhöht sich der Betrag für Bruttoraumgrößen von 2.001 bis 30.000 t um 400 Sonderziehungsrechte je Tonne, von 30.001 t bis 70.000 t um jeweils 300 Sonderziehungsrechte je Tonne und darüber hinaus um 200 Rechnungseinheiten je Tonne.
Eine absolute Haftungshöchstsumme besteht nach dem Protokoll zum Londoner Haftungsbeschränkungsübereinkommen von 1996 nicht. In der Fassung von 1976 ist eine solche indes für Ansprüche von Reisenden vorgesehen. Danach haftet der Haftpflichtige bei aus demselben Ereignis entstandenen Ansprüchen wegen des Todes oder der Körperverletzung von Reisenden eines Schiffes maximal bis zu einem Betrag von 25 Mio. Sonderziehungsrechten.
Das Recht des Haftpflichtigen zur Haftungsbeschränkung entfällt, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die von dem Haftpflichtigen entweder vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Diese Formulierung hat aus dem Luftrecht, wo sie in Art. 25 des Warschauer Übereinkommens in der Fassung des Haager Protokolls von 1955 enthalten ist, Eingang in das Seerecht gefunden.
Unabhängig davon, ob es einen oder mehrere Haftpflichtige gibt, können die Haftungshöchstbeträge nur einmal in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Die Haftung sämtlicher Haftpflichtiger wird daher beschränkt, wenn einer von ihnen einen Haftungsfonds errichtet. Sobald der Fonds errichtet ist, kann derjenige, der einen Anspruch gegen den Fonds geltend gemacht hat, für diesen Anspruch kein Recht mehr gegen das sonstige Vermögen eines Haftpflichtigen geltend machen.
Im Verhältnis zwischen Londoner Haftungsbeschränkungsübereinkommen und anderen Haftungsbeschränkungen etwa aufgrund der Haag-Visby-Regeln (Seeverkehr (Gütertransportverträge)) oder des Athener Übereinkommens (Seeverkehr (Personenbeförderungsverträge)) besteht keine Ausschließlichkeit. Vielmehr bestehen diese Regelungen nebeneinander und können unabhängig voneinander im jeweiligen Fall anwendbar sein.
4. Europäische Vereinheitlichungsprojekte
Die meisten Mitgliedstaaten haben das Londoner Haftungsbeschränkungsübereinkommen entweder in der ursprünglichen Fassung von 1976 oder in der Fassung des Protokolls von 1996 ratifiziert und in nationales Recht umgesetzt. Aufgrund der bereits erwähnten Divergenz der Haftungshöchstsummen zwischen diesen beiden Fassungen gibt es seit 2005 Überlegungen der EU-Kommission, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, das Protokoll von 1996 zu ratifizieren. Darüber hinaus wird erwogen, das Protokoll von 1996 auch in das Gemeinschaftsrecht umzusetzen. Dies würde eine gemeinschaftsinterne Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs in Fragen der LLMC bedeuten.
Ziel der Kommission ist es überdies, das Recht der Schiffseigentümer aus Nichtvertragsstaaten, sich auf die Haftungsbeschränkung zu berufen, in bestimmten Fällen, wie insbesondere bei grober Fahrlässigkeit, aufzuheben. Des Weiteren sollen alle Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaates und fremde Schiffe, die in Gemeinschaftsgewässer einlaufen, über eine finanzielle Sicherheitsleistung, wie eine Versicherung oder eine Bankkaution, verfügen.
Literatur
Jürgen Basedow, Der Transportvertrag, 1987; Lord Mustill, “Ships are different – or are they?“, Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly 1993, 490; Hans-Jürgen Puttfarken, Seehandelsrecht, 1997; Rolf Herber, Seehandelsrecht, 1999; Heinz Prüssmann, Dieter Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000; Christopher Hill, Maritime Law, 6. Aufl. 2003; Richard Williams, Jeremy Farr, Limitation of Liability for Maritime Claims, 4. Aufl. 2005.